Fortbildungsreihe im Rahmen des Medical Tribune Kolloquiums KOLLOQUIUM Gefäße SPEZIAL In Zusammenarbeit mit der Landesärztekammer Hessen Supplement vom 18.11.2005 Wie in der Praxis vorgehen? PAVK – oft stumm, prognostisch aber höchst gefährlich Professor Dr. med. Curt Diehm, SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Heidelberg Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) wird nach wie vor unterdiagnostiziert, die betroffenen Patienten sind unterbehandelt, und diese Markerkrankheit wird in ihrer prognostischen Bedeutung unterschätzt. Die PAVK selbst führt zwar nur selten zum Tode, doch ihre Prognose ist dennoch schlecht. Denn Betroffene haben häufig auch eine kardio- bzw. zerebrovaskuläre Erkrankung, d.h., sie sterben meist am Herzinfarkt oder Schlaganfall. Deshalb haben die Früherkennung und die effektive Behandlung, insbesondere mit einem Thrombozytenfunktionshemmer, entscheidende Bedeutung. Ein Fall aus der Praxis Ein 64-jähriger Patient, bei dem seit vielen Jahren ein metabolisches Syndrom mit arterieller Hypertonie, Dyslipidämie und Typ-2-Diabetes bekannt ist, stellt sich beim Hausarzt wegen Schmerzen im Bereich des rechten Beines vor. Dabei handele es sich um krampfartige Schmerzen im rechten Unterschenkel, die nach einer Gehstrecke von ca. 150 Metern aufträten. Er müsse dann kurz stehen bleiben, dann könne er zunächst weitergehen, müsse jedoch nach einigen Hundert Metern erneut eine Pause einlegen. Die schmerzfreie Gehstrecke habe in den letzten Wochen weiter abgenommen. Außerdem verspüre er in den letzten Tagen vermehrt Dyspnoe bei körperlicher Anstrengung. Typische Stenokardien werden verneint. Klinischer Befund Patient in gutem AZ und EZ. Herzaktion regelmäßig, Herztöne rein. Bei der Lungenauskultation vereinzelte feinblasige nicht klingende RGs über beiden Lungenunterfeldern. Die peripheren Fußpulse sind beidseits nicht tastbar. Über der Arteria femoralis rechts lässt sich ein Strömungsgeräusch auskultieren. Dopplersonographisch wird der Knöchel-ArmIndex bestimmt. Dieser ergibt einen Wert von 0,6 am rechten Bein. Somit ist die Diagnose PAVK gesichert. Das linke Bein war im Normbereich. Bei der anschließenden Angiographie finden sich ausgeprägte diffuse Veränderungen im Bereich beider Beine ohne Möglichkeit für eine operative bzw. interventionelle Therapie. Da die angegebene Symptomatik der Belastungsdyspnoe eine kardiale Ursache vermuten lässt und auskultatorisch feinblasige RGs als Hinweis auf 3 CMEPunkte! Fortbildung PAVK eine beginnende Lungenstauung vorhanden sind, wird ein EKG abgeleitet. Dabei ergeben sich eindeutige Hinweise auf einen nicht mehr ganz frischen ausgedehnten Vorderwandinfarkt mit R-Verlust, angedeuteter ST-Hebung und terminalen T-Negativierungen über den Brustwandableitungen. Auch bei der Farbdopplerechokardiographie findet sich eine ausgedehnte Hypo- bis Akinesie im Vorderwandspitzenbereich mit höhergradiger Einschränkung der linksventrikulären Pumpfunktion. Die daraufhin durchgeführte Koronarangiographie zeigt eine proximale subtotale Stenose des Ramus interventricularis anterior, die dilatiert und mit einem Stent versorgt wird. Bei einer späteren Echokardiographiekontrolle findet sich eine leichte Besserung bezüglich der linksventrikulären Pumpfunktion. Bei der Farbdopplersonographie der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien zeigen sich ausgeprägte arteriosklerotische Wandveränderungen, jedoch ohne Nachweis einer hämodynamisch relevanten Stenose. Die medikamentöse Dauertherapie des Patienten umfasst folgende Medikamente: Clopidogrel, ACEHemmer, CSE-Hemmer, Betablocker und Metformin in Kombination mit einem Basalinsulin. Stets EKG ableiten! Der dargestellte Fall zeigt exemplarisch, dass es sich bei der Atherothrombose meist um eine generalisierte Erkrankung handelt, auch wenn sich die Erkrankung primär nur an einem Organ – Gehirn, Herz oder Beinarterien – manifestiert. Deshalb sollte auch bei PAVK-Patienten immer ein EKG abgeleitet werden. Gelegentlich finden sich schon im Ruhe-EKG Hinweise für eine KHK im Sinne von Infarktnarben. Bei einem unauffälligen Ruhe-EKG sollte – soweit möglich – eine Ergometrie angestrebt werden. Doch wegen der Claudicatio-Symptomatik ist oft eine Ausbelastung nicht möglich, so dass evtl. eine pharmakologische Stressechokardiographie durchgeführt werden sollte. Ergeben sich dabei Hinweise für eine hämodynamisch wirksame koronare Herzerkrankung, sollte immer eine Koronarangiographie angestrebt werden. Nicht selten ist man überrascht, wie ausgeprägt bzw. fortgeschritten die KHK bereits ist. 2 Die KHK-Diagnostik mittels Anamnese ist bei PAVK-Patienten deshalb erschwert, weil die Claudicatio-Symptomatik eine stärkere Belastung des Herzens verhindert, d.h., die Ischämieschwelle mit der Angabe von Stenokardien wird nicht erreicht. getABI-Studie: Fast jeder Fünfte betroffen Wie sehr die PAVK unterschätzt, unterdiagnostiziert und untertherapiert wird, zeigen die Ergebnisse einer großen bundesweiten Beobachtungsstudie. Diese getABI(German Epidemiological Trial on Ankle Brachial Index)-Studie lieferte erstmals zuverlässige Daten zur Prävalenz und Inzidenz so- Ergebnisse der getABI-Studie • 36,5 % der Studienteilnehmer weisen mindestens eine der Manifestationen der Atherosklerose (Herz, Gehirn, Beinarterien) auf. • Die Häufigkeit der PAVK ist höher als bislang angenommen und liegt bei 18 %, wobei jüngere Frauen seltener und ältere Männer häufiger betroffen sind. • Die Prävalenz der PAVK nimmt in Abhängigkeit vom Lebensalter und von der Zahl der Begleiterkrankungen/Risikofaktoren deutlich zu. • Patienten mit PAVK haben häufig gleichzeitig auch einen Diabetes mellitus, eine arterielle Hypertonie oder Dyslipidämie. • Die verschiedenen Manifestationsformen der Atherosklerose treten häufig gemeinsam auf. • Das Risiko, frühzeitig zu versterben, ist für Patienten mit PAVK drastisch erhöht. Nach einer einjährigen Beobachtung waren in der Gruppe der PAVK-Patienten bereits 2,8 % verstorben, in der Gruppe der Patienten ohne PAVK dagegen nur 0,9 %. Für die Inzidenz schwerwiegender kardialer Ereignisse ergab sich nach einem Jahr bei PAVK eine mehr als doppelt so hohe Rate (6,0 % mit PAVK, 2,6 % ohne PAVK). • Neben der PAVK sind vor allem Alter, Rauchen, Diabetes und ein erhöhter Homocysteinwert starke Prädiktoren für eine erhöhte Mortalität. 1-Jahres-Mortalität bei Patienten mit und ohne PAVK in der getABI-Studie 4 Gesamtmortalität (%) wohl der symptomatischen als auch der asymptomatischen PAVK (s. Kasten). Eingeschlossen wurden 6880 Patienten über 65 Jahre aus 344 Arztpraxen (Studienleiter Prof. Dr. Curt Diehm für das Steering Committee, statistische Auswertung von Prof. Dr. rer. nat. Hans-Joachim Trampisch, Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie der Ruhruniversität Bochum). Die Basisdiagnostik der PAVK wurde mit der Bestimmung des Knöchel- Arm-Index (ABI, Ankle Brachial Index) per Dopplersonde durchgeführt. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass 28 % der Patienten mit einer PAVK innerhalb von fünf Jahren nach der Diagnosestellung sterben. So ist die allgemeine Lebenserwartung bei PAVK um fast zehn Jahre vermindert, d.h., die Erkrankung verkürzt die Lebenserwartung auch dann, wenn sie nicht symptomatisch ist (getABI Study group, VASA 2002; 31: 241-248). Allgemein gilt: Je kürzer die schmerzfreie Gehstrecke, desto kürzer ist die Lebenserwartung. Die Hälfte der Patienten mit Claudicatio intermittens stirbt an den Folgen einer KHK, ein Viertel an zerebrovaskulären Komplikationen und ein Viertel an nicht vaskulären Erkrankungen. Insgesamt ist die Überlebensprognose von Patienten mit symptomatischer PAVK schlechter als von Patienten mit kolorektalem Karzinom oder Bronchialkarzinom. 3 2,8 2 1 1,3 0,9 0 Alle Patienten Odds-Ratio (95%-CI): 3,0 adjustiert* 2,0 Ohne PAVK (2,0 4,7) (1,3 3,3) Mit PAVK * nach Alter, Geschlecht, Rauchstatus, Diabetes, art. Hypertonie, Fettstoffwechselstörung, Homocystein, Vorgeschichte schwerwiegender kardio- oder zerebrovaskulärer Ereignisse nach Diehm C. et al., Antithrombozytäre Therapie bei PAVK, Med Klin 2004; 99: Suppl I: 14–20 Patienten (%) keine Symptome auftreten. Nicht selten ist dann der akute Herztod das erste Symptom der Erkrankung. Bei allen Patienten mit entsprechenden Risikofaktoren sollte im Rahmen des Check-ups immer nach einer PAVK gefahndet werden. Als einfache Untersuchungsmethode bietet sich die Bestimmung des Knöchel-Arm-Index an. Dabei wird dopplersonographisch der Blutdruck am Knöchel und am Arm gemessen und daraus das Verhältnis gebildet. Bei Diabetikern gelingt oft die Druckmessung am Knöchel nicht, weil die Arterien wegen einer Mediasklerose nicht komprimierbar sind. Dann bietet sich als Alternative die Druckmessung im Bereich ABI: routinemäßig als Check-up der Arteria dorsalis pedis an. Als pathologisch gelHäufig verläuft die PAVK klinisch stumm, z.T. ten Werte des Knöchel- Arm-Index von ³ 0,9. Bei weil sich bereits entsprechende Kollateralen gebil- einem Wert < 0,4 besteht bereits eine kritische Exdet haben. Viele ältere Patienten passen ihr Geh- tremitätenischämie. verhalten aber auch der Erkrankung an, so dass Entsprechende Studien haben gezeigt, dass zwischen dem Knöchel-Arm-Index und dem Überleben eine strenge 5-Jahres-Mortalitätsrate bei PAVK im Vergleich zu Tumorkrankheiten inverse Korrelation besteht, d.h., je niedriger der ABI, umso höher 80 86 ist das Mortalitätsrisiko. Nach entsprechenden Studienergebnis60 sen ist bei einem ABI < 0,8 allein 40 das Schlaganfallrisiko 5,7-fach er38 28 20 höht (Tsai et al.: Ankle Brachial 18 15 Index and 7-Year Ischemic Stroke 0 Incidence. Stroke 2001; 32: 17-21). Morbus PAVK RektumLungenkrebs Brustkrebs Hodgkin und Kolon50 % aller PAVK-Patienten hakarzinom ben gleichzeitig eine relevante nach Diehm C. et al., Antithrombozytäre Therapie bei PAVK, Med Klin 2004; 99: Suppl I: 14–20 KHK, bei einer kritischen Extre- 3 Fortbildung PAVK mitätenischämie sind es sogar 90 %. Bei Nachweis einer PAVK sollten deshalb auch die anderen Gefäßregionen sorgfältig untersucht werden. Bezüglich des Herzens empfiehlt sich zunächst eine Ergometrie, evtl. auch eine Stressechokardiographie oder Myokardszintigraphie. Ergeben sich dabei Hinweise für eine hämodynamisch wirksame koronare Herzerkrankung, ist eine weiterführende invasive Diagnostik mittels Koronarangiographie indiziert. Im Hinblick auf zerebrovaskuläre Komplikationen sollte immer eine Dopplersonographie-Untersuchung der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien durchgeführt werden. Aber auch die Nieren sind bei PAVK-Patienten gefährdet. So findet sich bei ca. 40 % der PAVK-Patienten eine mehr als 50%ige Nierenarterienstenose. Zunächst die Claudicatio lindern Bei der Therapie der PAVK geht es zunächst einmal darum, bei symptomatischen Patienten die ischämiebedingten Claudicatio-Beschwerden zu lindern. Während die Wirkung so genannter durchblutungsfördernder Substanzen sehr umstritten ist, ist das Gehtraining unverzichtbar. Um die Möglichkeiten einer etwaigen Revaskularisation mittels Ballondilatation oder Bypassoperation zu nutzen, empfiehlt es sich, PAVK-Patienten nach der Diagnosestellung einem Angiologen vorzustellen. Dieser wird dann in Abhängigkeit vom Stadium der Erkrankung weiterführende diagnostische Maßnahmen wie z.B. die Angiographie veranlassen, um im Einzelfall über die optimale Therapie entscheiden zu können. Thrombozyten stehen im Mittelpunkt Bei der Pathogenese und Progression der Arteriosklerose kommt den Thrombozyten eine entscheidende Bedeutung zu; denn die rupturierte arteriosklerotische Plaque führt zur Aktivierung und Aggregation der Blutplättchen, was letztendlich zu einer Thrombusbildung im Sinne einer Atherothrombose führt. Dies wiederum bewirkt eine weitere Einengung bzw. einen Verschluss des Gefäßes. Angesichts dieser Pathogenese und der ernsten Prognose der Erkrankung steht bei der Therapie der PAVK neben der KorSystolischer rektur der Blutdruck Risikofakam Knöchel toren eine ABI = Systolischer Blutdruck optimale am Oberarm Thrombozytenfunktionshemmung im Vordergrund. Sie ist die entscheidende Impressum 4 Medical Tribune Fortbildung © 2005 Medical Tribune Verlagsgesellschaft mbH Verlag: Medical Tribune Verlagsgesellschaft mbH Alle in „Medical Tribune Fortbildung“ veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil der „Medical Tribune Fortbildung“ darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Geschäftsleitung: Dr. Wolfgang Hartmann (Vorsitz) Gerhard Stock Marketingleitung: Dr. Klaus Bußmann Herausgeberin: Dr. med. Ulrike Hennemann Chefredakteurin: Dr. med. Sonja Kempinski (V.i.S.d.P.) Schriftleitung: Prof. Dr. med. Ernst-Gerhard Loch Vorsitzender der Akademie für ärztliche Fortbildung und Weiterbildung der LÄK Hessen Autor: Prof. Dr. Curt Diehm, SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach, Abteilung Innere Medizin / Gefäßmedizin, Guttmannstr. 1, 76307 Karlsbad Layout und Herstellung: Hannelore Schell (Leitung), Stefan Daun, Katharina Diete, Nora Göbel, Mira Metz, Andrea Schmuck Druck: Dierichs Druck + Media GmbH Frankfurter Str. 168, D-34121 Kassel Mit freundlicher Unterstützung des Unternehmens Bristol-Myers Squibb PAVK-Risikofaktorenmanagement auf einen Blick Einstellen des Nikotinabusus • Raucher entwickeln zwei- bis dreimal häufiger eine PAVK als Nichtraucher • PAVK-Patienten, die den Nikotinabusus fortsetzen, haben eine ausgeprägte Progression der Artherothrombose • Die Gehstrecke bei Claudicatio-Patienten und die prospektiven Amputationsraten korrelieren direkt mit der Fortsetzung des Nikotinabusus Optimale Einstellung des Diabetes mellitus • Nüchternzucker: 80–120 mg/dl • Postprandial: < 160 mg/dl • Hämoglobin A1c: < 7,0 Normalisierung des Übergewichts: Ziel-BMI: 18,5–24,9 Hyperlipoproteinämie • PAVK-Patienten haben hohes LDL-Cholesterin, hohe Triglyzeride und niedriges HDL-Cholesterin • Wie bei KHK-Patienten sollte das LDL-Cholesterin < 100 mg/dl betragen Behandlung der arteriellen Hypertonie • Auch bei PAVK muss der Bluthochdruck konsequent eingestellt werden (Zielblutdruck 130/80 mmHg) • Ideale Antihypertensiva: ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten, Betablocker, AT-Antagonisten • Betablocker verschlechtern bei Claudicatio die Gehleistung nicht Quelle: Diehm C. et al., Antithrombozytäre Therapie bei PAVK, Med Klin 2004; 99: Suppl I: 14–20 sekundärpräventive Maßnahme, da sie nicht nur das Krankheitsgeschehen an den Beinarterien, sondern auch an den Koronararterien und den hirnversorgenden Arterien bremst. Deshalb steht die medikamentöse Thrombozytenfunktionshemmung auch als ein Muss in den offiziellen Leitlinien der angiologischen Fachgesellschaft (DGA-Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der AVK. VASA 2001; 30: Suppl. 57: 16). Die günstige Wirkung einer Thrombozytenfunktionshemmung bei PAVK-Patienten konnte erstmals in der Antiplatelet Trialist’s Collaboration belegt werden. Im Rahmen einer Metaanalyse wurden die Ergebnisse von 287 Studien zur Thrombozytenfunktionshemmung, in denen überwiegend ASS eingesetzt wurde, bei insgesamt 200 000 Patienten ausgewertet, von denen insgesamt über 9000 Patienten an einer symptomatischen PAVK erkrankt waren. Die Gesamtauswertung zeigte, dass durch eine solche Thrombozytenfunktionshemmung das Risiko für schwere vaskuläre Komplikationen (Myokardinfarkt, Schlaganfall, vaskulär bedingter Tod) signifikant um 23 %, d.h. von 7,1 % auf 5,3 % gesenkt wird (BMJ 2002; 324: 71–86). Schutz für alle Gefäße Seit einigen Jahren steht für die effektive Thrombozytenfunktionshemmung neben ASS auch Clopidogrel zur Verfügung. Während ASS seine thrombozytenfunktionshemmende Wirkung über eine Hemmung der Thromboxansynthese entfaltet, hemmt Clopidogrel die ADP-induzierte Plättchenaggregation. Ein Vergleich der beiden thrombozytenfunktionshemmenden Substanzen wurde in der CAPRIE-Studie (Clopidogrel versus Aspirin in Patients at Risk of Ischaemic Events) durchgeführt. Im Rahmen dieser Studie wurden 19 185 Patienten mit symptomatischer, koronarer, zerebraler oder peripherer Gefäßerkrankung bis zu drei Jahre lang mit einer dieser beiden Substanzen behandelt. Im Gesamtkollektiv konnte durch Clopidogrel die Ereignisrate für vaskuläre Komplikationen (kombinierter, primärer Endpunkt: Myokardinfarkt, ischämischer Schlaganfall, vaskulär bedingter Tod) signifikant um 8,7 % stärker gesenkt werden als durch ASS (p = 0.043) (CAPRIE-Studie: Lancet 1996; 348: 1329–1339). Der Benefit unter Clopidogrel war allerdings in der Subgruppe der 6452 PAVK-Patienten größer als 5 Fortbildung PAVK im Gesamtkollektiv. Bei diesen Patienten konnte durch Clopidogrel das Risiko für den primären Endpunkt signifikant um fast 24 %, nämlich von 4,9 % auf 3,7 % im Vergleich zu ASS gesenkt werden (p = 0.0028). Nach den Ergebnissen dieser Studie bietet Clopidogrel insbesondere bei PAVK-Patienten einen verbesserten Schutz vor kardio- und zerebrovaskulären Ereignissen. Somit empfiehlt sich gerade bei PAVK-Patienten die Gabe dieser Substanz im Rahmen der Sekundärprävention, zumal Clopidogrel für diese Indikation im Unterschied zu ASS zugelassen ist. Diabetiker sind Hochrisiko-Patienten Zu den Hochrisiko-Patienten für ein kardiovaskuläres bzw. zerebrovaskuläres Ereignis gehören insbesondere Diabetiker; denn der Diabetes mellitus gilt als KHK- Äquivalent, d.h., Diabetiker ohne Myokardinfarkt haben eine ebenso schlechte Prognose wie Nichtdiabetiker nach einem Myokardinfarkt. Die besondere vaskuläre Gefährdung des Diabetikers ergibt sich daraus, dass die Insulinresistenz und der daraus resultierende Hyperinsulinismus auch die Thrombozytenfunktion beeinflusst. Deshalb findet sich bei Diabetikern eine verstärkte Thrombozytenaktivierung. Darüber hinaus kommt es bei Diabetikern zu Wechselwirkungen zwischen Thrombozyten, Leukozyten und Endothelzellen, und zwar in Form eines inflammatorischen Prozesses. Die Inflammation ist ein wichtiger Faktor bei der Progression und Manifestation der Atherothrombose. Die dabei beteiligten proinflammato- rischen Substanzen sind die Zytokine Interleukin-6 und Tumor-Nekrose-Faktor alpha. Klinische Untersuchungen haben gezeigt, dass Patienten, bei denen eine Erhöhung der entsprechenden Entzündungsmediatoren wie das C-reaktive Protein nachweisbar ist, besonders für eine Plaqueruptur gefährdet sind. Darüber hinaus gehen erhöhte CRP-Spiegel bei Patienten mit einer atherothrombotischen Erkrankung mit einem ungünstigeren klinischen Verlauf einher (Mario di Napoli: C-reactive protein in ischaemic stroke. Stroke 2001; 32: 917-924). Neben seiner thrombozytenfunktionshemmenden Wirkung scheint Clopidogrel auch den Entzündungsprozess günstig zu beeinflussen; denn es senkt den CRP-Spiegel (Deepak Vivekananthan et al., Am J Cardiol 2004; 94: 358–360). Ihr Weg zum zertifizierten Punkt Der Gesetzgeber verpflichtet seit 2004 die Vertragsärzte, alle fünf Jahre gegenüber der KV den Nachweis zu erbringen, dass sie ihrer Fortbildungspflicht nachgekommen sind (§ 95d SGB V). Als ein Nachweis gilt das Fortbildungszertifikat der Ärztekammern. Dabei wird auch die „strukturierte interaktive Fortbildung“ über Print-, Onlineund audiovisuelle Medien mit einer nachgewiesenen Qualifizierung und Auswertung des Lernerfolgs in Schriftform (Kategorie D) anerkannt. 6 Und so sammeln Sie Punkte: 1. Den Fortbildungsbeitrag studieren 2. Die Fragen beantworten 3. Unter der Internetadresse www. medical-tribune.de/fortbildung (Passwort: doc) die Antworten ankreuzen und abschicken Die Auswertung des Antwortbogens sowie die Bestätigung von zwei Fortbildungspunkten (wenn 70 bis 99 % der Fragen richtig beantwortet wurden) bzw. von drei Fortbildungspunkten (100 % richtig) werden Ihnen von uns per Fax übermittelt. Sammeln Sie die Bestätigungen und senden Sie diese – wenn Sie die für Ihren Kammerbezirk erforderliche Gesamtpunktzahl erreicht haben – an die Landesärztekammer, die das Fortbildungszertifikat ausstellt. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg!