Thema des Monats FA SSA DE Sichtbares Brummen Die Fassade des Unterwerks in Zürich /Schweiz sollte das Brummen des Stroms sichtbar machen. Dieses kühne Vorhaben gelang mit gelochten Kassetten aus Zinkblech. Text: Frank Neumann | Fotos: Rheinzink / Roger Frei Thema des Monats www.dachbaumagazin.de ▴▴Im Detail: Ein Schweizer Künstler hat den »Guckkasten« mit einer Spiegelinstallation veredelt ▴▴Nachts scheint die gelochte Fassade im Licht der Laternen zu summen. Lediglich der »Guckkasten« erlaubt Einblicke in die spannungsgeladene Unterwelt S trom brummt, und dieses Brummen haben wir mit der irisierenden Fassade sichtbar gemacht“, erklärt Stefanie Wögrath vom Büro Illiz Architektur. Zusammen mit ihren Partnerinnen Sabrina Mehlan und Petra Meng hatte sie 2010 den Wettbewerb für das neue Unterwerk in Zürich-Oerlikon gewonnen. Und um das „Brummen“ des Stroms sichtbar zu machen, montierten die Klempner eine Fassadenbekleidung aus gelochten Zinkblech-Kassetten, die in über 650 unterschiedlichen Ausführungen zum Einsatz kamen. 14 Unterwerk im Untergrund Das Unterwerk, wie Umspannwerke in der Schweiz genannt werden, dient als Ersatz für eine Freiluftschaltanlage, die 1949 errichtet wurde und die Anforderungen an ein modernes Stromnetz mittelfristig nicht mehr erfüllen konnte. Da sich das Areal inmitten eines der größten innerstädtischen Stadtumbaugebiete der Schweiz befindet, verlegten die Architektinnen das Unterwerk in die Erde. Mit drei Untergeschossen reicht es an seiner tiefsten Stelle 15 m unter den Grundwasserspiegel und musste, dachbau magazin 11 | 2016 um ein Aufschwimmen zuverlässig zu verhindern, entsprechend schwer gebaut werden. So verfügt das in Stahlbetonbauweise errichtete Unterwerk über eine 2 m dicke Bodenplatte und eine doppelschalige Außenwand, deren Zwischenraum mit Kies gefüllt wurde. Die unterirdischen Bauteile sind in WU-Beton ausgeführt. Die doppelschalige Außenwand ist zudem im dritten Untergeschoss begehbar, um jederzeit die Dichtigkeit des Gebäudes überprüfen zu können. Das dritte Untergeschoss dient als Kabelkeller und beherbergt die Ölwannen, die eventuell aus den Trafos auslaufendes Öl auffangen und so die Verschmutzung der Umwelt verhindern sollen. Im zweiten Untergeschoss befinden sich eine 22-kV-Anlage sowie 50-MVA-Trafos und das Herzstück des Neubaus, die 150-kV-Hochspannungsschaltanlage. Sie ist in einer 13 m hohen Schaltanlagenhalle untergebracht, die im zweiten Untergeschoss beginnt, sich einige Meter über die Erdoberfläche erhebt und durch einen überdimensionalen „Guckkasten“ von außen eingesehen werden kann. Diesen Einblick hat der Schweizer Künstler Yves Netzhammer in Szene gesetzt, indem er die begrenzenden Wände des „Guckkastens“ mit einer multimedialen Spiegelinstallation verkleidete. Von außen bildet der großflächig verglaste Haupteingang das architektonische Pendant zum „Guckkasten“. Beide sind ebenso mit grün eingefärbtem Beton umrahmt wie der 8 m hohe unterirdische Ausstellungsweg, der Besuchern über weitere Gucklöcher Einblicke in die Welt der Stromtransformation gewährt – immer begleitet von einem dezenten Netzbrummen. dachbau magazin 11 | 2016 Der Netzstützpunkt Überirdisch beherbergt der Neubau ein zweigeschossiges Werkhofgebäude, das den Monteuren des Stromversorgers ewz als Stützpunkt für ihre Montage- und Servicearbeiten am elektrischen Verteilnetz der Stadt dient. Im Erdgeschoss befinden sich neben dem Haupteingang auch noch die Stellplätze für die Montageautos, Lagerräume und eine Werkstatt, während im ersten Obergeschoss die Büros sowie ein Besprechungs-, ein Schulungs- und ein Aufenthaltsraum zur Verfügung stehen. »» 15 Thema des Monats Kassetten mit Lochmuster ▴▴Ein unterirdischer Ausstellungsweg gewährt den Besuchern des Unterwerks über diverse Gucklöcher Einblicke in die Welt der Stromtransformation Als Bekleidung für die vorgehängte hinterlüftete Fassadenkonstruktion wählten die Architektinnen Titanzink von Rheinzink, denn „wir wollten ein robustes, langlebiges Material, das zudem den von uns gewünschten, optisch irisierenden Effekt ermöglicht“, erläutert Stefanie Wögrath, die sich für die Oberflächenqualität prePatina schiefergrau entschied. Die Ausführung der Elemente basiert auf dem Kassetten-System des Herstellers und wurde von den Architektinnen zusammen mit dem Fassadenbauer entwickelt. Es handelt sich dabei um großflächige Profile, die zur Stabilisierung an allen vier Seiten mit Kantungen versehen werden, sich schnell montieren lassen und objektbezogen gefertigt werden können. Beim Unterwerk Zürich wurde ein großer Teil der Kassetten mit einem Lochmuster versehen, um das hör- und fühlbare Brummen des Stroms zu visualisieren. Dies ist durch vier verschiedene Modultypen erreicht worden, die mit unterschiedlichen Lochungsdichten ausgestattet und in einem vorgegebenen Muster an der Fassade montiert wurden. Die Kassetten wurden als 1,2 mm dicke Tafeln (größtes Format: 1000 × 4000 mm) auf die Baustelle geliefert und vom Klempnerbetrieb vor Ort – passend für die jeweilige Montagestelle – zugeschnitten, gestanzt, geklinkt und ringsherum gekantet. Über 650 Elementtypen ▴▴Im Obergeschoss dienen die Faltläden der Lochfassade als Sonnenschutz 16 dachbau magazin 11 | 2016 ▴▴Falttore und -läden präsentieren die überirdische Nutzung des Gebäudes „Die Ausführung erforderte im Vorfeld einen großen Planungsaufwand, weil es so viele unterschiedliche Kassettengrößen gab“, erklärt Walter Wyss von der Fassadentechnik Ammann & Thürlemann AG. Insgesamt mussten die Handwerker über 650 verschiedene Elementtypen realisieren. Jeder Positionstyp musste für die maßgerechte Produktion einzeln aufgezeichnet werden. „Eine weitere Herausforderung war es, die Kassetten trotz des teilweise sehr hohen Lochanteils zu stabilisieren“, berichtet Walter Wyss weiter. Erreicht wurde dies, indem bei Bedarf auf der Rückseite QuerVerstrebungen eingeklebt wurden. Die Fertigmaße der Kassetten betrugen in der Höhe 435 mm und variierten in der Breite zwischen 850 und 3000 mm. Bei der Herstellung der Kantenprofile mussten die Klempner berücksichtigen, dass die Rückkantungen umlaufend eine maximale Tiefe von 25 mm aufweisen durften. In Kombination mit entspre- chend schmalen Fugen (15 mm) soll damit vermieden werden, dass sich Vögel in der Fassade einnisten können. Die Befestigung der Kassetten erfolgte mit Dichtschrauben verdeckt in den Fugen, wobei durch die Anordnung von Langlöchern die temperaturbedingte Längenänderung des Zinkblechs berücksichtigt wurde. Ein riesiger Werkzeugkasten Rund 20,6 t Titanzink wurden bei der Bekleidung der Gebäudehülle des neuen Unterwerks in Zürich verarbeitet. Die schiefergrauen Kassetten hüllen das gesamte Gebäude ein und laufen über Tore, Fenster und geschlossene Fassadenflächen sowie lüftungstechnische Einbauten und Schutzeinrichtungen hinweg. Nachts lassen sie das Gebäude als geschlossenen, dunklen Monolithen erscheinen, dessen Oberfläche im Licht der Laternen zu summen scheint. Lediglich der „Guckkasten“ erlaubt Einblicke in die spannungsgeladene Unterwelt. Werktags jedoch öffnet er sich wie ein überdimensionaler Werkzeugkasten und präsentiert mit Falttoren und Faltläden die überirdische Nutzung. BESTE SERVICEQUALITÄT IST KEIN ZUFALL. SIE WURDE UNS IN DIE WIEGE GELEGT. Nutzen Sie die persönliche Beratung unserer gelernten Dachdecker. ■ S TECK BRIEF Objekt / Standort: Unterwerk CH-8050 Zürich Bauherr: ewz Verteilnetze CH-8050 Zürich Architekten: illiz architektur GmbH CH-8032 Zürich www.illiz.eu Generalplanung: Pöyry Schweiz AG CH-8048 Zürich Fassadenarbeiten: Ammann & Thürlemann AG Fassadentechnik CH-9524 Zuzwil Produkt: Titanzink in der Oberflächenqualität prePatina schiefergrau Hersteller: Rheinzink GmbH & Co. KG D-45711 Datteln www.rheinzink.de dachbau magazin 11 | 2016 Bei Fragen rund um Freispiegeloder Notentwässerung von Flachdächern, besonderen Einbausituationen, Berechnungen oder Vorschriften beraten Sie speziell ausgebildete Fachleute von Sita. 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