40 zett 1–09 medien- und informationszentrum das zusammenwirken von bild und geste symbolisiert geformtes dasein* Der Nachlass der Theaterschaffenden, Malerin und Illustratorin Georgette Boner (1903–1998) wurde der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK geschenkt und in den letzten Monaten in der Datenbank Sammlungen/Archive des Medienund Informationszentrums (MIZ) online zugänglich gemacht. Von Peter K. Jakob** Besonders wertvoll am Nachlass von Georgette Boner ist die umfangreiche Dokumentation zu Michael Tschechow (1891– 1955), dem noch heute für die Theaterausbildung wichtigen russischen Schauspieler und Schauspiellehrer. Texte, Programmhefte, Presseberichte und Fotos zeugen von der engen Zusammenarbeit mit ihm in den 1930er-Jahren. Daneben sind auch Beiträge von Tschechow-SchülerInnen wie Beatrice Straight (der Tochter der Dartington-Stifterin), Deirdre Hurstdu Prey, Hurd Hatfield und der jüngeren Generation eingeflossen. An diesen Zeugnissen lässt sich die Wirkung Michael Tschechows, angefangen bei seiner Moskauer Zeit vor 1926 bis in die 1990er-Jahre, nachvollziehen. Michael Tschechow, Georgette Boner und Ravi Shankar auf einem Ausflug nach Chartres 1931. Ein symbolträchtiges Foto: Georgette Boner als Vermittlerin zwischen moderner russischer Schauspielkunst, westeuropäischem Erbe und Indien, wo ihre Schwester Alice Boner lebte und Georgette Boner mehrmals hinreiste. Als im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs das Chekhov Theatre Studio in die USA verlegt wird, kehrt Georgette Boner 1939 in die Schweiz zurück und gibt am Bühnenstudio von Pauline Treichler (dem Vorläufer der Schauspielakademie Zürich) Schauspielunterricht. Mit Robert Faesi bearbeitet sie den Text „Die schwarze Spinne“ von Jeremias Gotthelf, Willy Burkhard schreibt die Musik dazu. Als Oper hat das Werk 1949 am Stadttheater Zürich Premiere. Mit Michael Tschechow pflegt sie weiterhin Kontakt und übersetzt nach seinem Tod 1955 seine Schriften. Neben Ausschnitten aus Georgette Boners Schaffen als Malerin und Buch-Illustratorin sowie Dokumentationen ihrer zahlreichen Ausstellungen ist auch die Korrespondenz Boners mit Robert Faesi und Willy Burkhard zum gemeinsamen Projekt „Die Schwarze Spinne“ von grossem Interesse. Sie zeigt, wie Georgette Boner in der Schweiz der Nachkriegsjahre die Idee einer transdisziplinären Verbindung von Wort, Archivierung in Zusammenarbeit mit dem ipf Rhythmus/Musik und psychologischer Geste im Theater zu Als Georgette Boner 1998 stirbt, hinterlässt sie ein breitgerealisieren versuchte. fächertes Lebenswerk. Die Schweizerische Nationalbibliothek verzeichnet beinahe 30 Publikationen, an denen Georgette Von Zürich nach Zürich Boner als Autorin, Herausgeberin und Illustratorin beteiligt Georgette Boner bekundet schon ab 1917 als Gymnasiastin war. Als Betreuerin des Nachlasses ihrer Schwester Alice Boan der Höheren Töchterschule Zürich ihre Begeisterung für ner zur indischen Kunst war sie auch eng mit dem Museum Schauspiel und Bild, davon zeugen ihre gemalten Bilder zur Rietberg Zürich verbunden. Ihr Grossneffe, Dr. Ambros Boner, Premiere der Oper „Arlecchino“ von Feruccio Busoni in Züschenkte 2008 dem Institute for the Performing Arts and Film rich und ein Fotoalbum über die jährlichen Schülerinnen(ipf ) die Teile des Nachlasses von Georgette Boner, die vor theater. Noch gibt es keine Schauspielakademie in Zürich. So allem den Bereich Theater betreffen. Dank der Boner-Stiftung studiert sie Germanistik, inszeniert Studententheater, nimmt für Kunst und Kultur konnte im Rahmen eines ipf-Projekts der Schauspielunterricht bei Max Reinhart in Wien sowie bei FerNachlass ab Oktober 2008 archivgerecht aufgearbeitet und in dinand Gregori in Berlin und schreibt eine Dissertation zu der Datenbank Sammlungen/Archive online erfasst werden. „Arthur Schnitzlers Frauengestalten“. Heute ist der Nachlass Georgette Boner für weitere NachforIn Paris arbeitet sie 1929 bei Georges Pitoëff im Théâtre des schungen zugänglich. Arts (u.a. mit mehrstöckigen Simultanbühnen) und eröffnet Verzeichnis zum Nachlass Georgette Boner: http://miz.zhdk.ch (suchen nach 1931 die „Deutsche Bühne Paris“. Im gleichen Jahr beginnt „Georgette Boner“) Georgette Boner die Zusammenarbeit mit Michael Tschechow als Co-Direktorin des Théâtre Tchekhoff Paris. Sie be- ** Peter K. Jakob hat im Rahmen eines Projektauftrags den Nachlass Georgette Boner für das MIZ-Archiv aufgearbeitet ([email protected]). gleitet ihn nach Riga, Kaunas (Litauen) und 1935 auf eine USA-Tournee und hält Vorträge an seiner Schauspielschule in * Der Titel ist ein Zitat aus einem Buch von Georgette Boner: Georgette Boner, Bilder, Texte, Theater, Zürich 1996, S. 111. Dartington, England.