CLIMCYC: Simulation des Übergangs zwischen Glazial und Interglazial mit einem komplexen Erdsystemmodell 1 1 1 1 1 1 2 U. Mikolajewicz , L. Bengtsson , M. Gröger , E. Maier-Reimer , G. Schurgers , M. Vizcaíno , & A. Winguth 1 2 Max Planck Institute for Meteorology, Bundesstrasse 55, D-20146 Hamburg Center for Climatic Research, Department of Atmospheric and Oceanic Sciences, University of Wisconsin, 1225 W. Dayton St,Madison, WI 53706, USA [email protected]; http://www.mpimet.mpg.de/de/depts/oam/odyn/deklim.html Überblick Änderungen in der Insolation von 132 - 112 ka v.H. Klimaprognosen mittels numerischer Modelle sind gerade auf längeren Zeitskalen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Die Erforschung langwierigerer Klimaprozesse ist für ein umfassendes Verständnis des Klimasystems jedoch unumgänglich. So zeigen Klimarekonstruktionen aus der geologischen Vergangenheit auf ein breites Spektrum möglicher Klimazustände. Die abrupten Umschwünge zwischen den klimatischen Extremsituationen während der letzten Eiszeit, wie sie in Eisbohrkernen oder marinen und limnischen Sedimenten dokumentiert sind, lassen zudem ein stark nichtlineares Verhalten einzelner Klimasubsysteme (z.B. Ozeanzirkulation) vermuten. Ziel dieses Teilprojektes ist es, mittels transienter und Gleichgewichtssimulationen sowie unter Berücksichtigung aller relevanten Klima-Einflussfaktoren, in denen ausschließlich die solare Einstrahlung, wie sie sich aus den Erdbahnparametern ergibt, vorgegeben wird, vergangene Umschwünge und Klimazustände zu simulieren. Dadurch können die verantwortlichen Mechanismen und steuernden Faktoren identfiziert werden. [mm/month] MIS 30 6 25 20 15 10 5 control run 0 8 [DEG.C] Ziel ist die Erstellung eines Erdsystemmodells, welches alle wesentlichen Komponenten des Klimasystems (s. u.) umfasst. Da gerade während der kritischen Klimaübergangsphasen interne Rückkopplungsmechanismen zwischen einzelnen Klimasubsytemen eine Schlüsselrolle einnehmen, werden in diesem Projekt ausschließlich dynamische, interaktive und komplexe 3-D Modelle verwendet. Der hieraus resultierende hohe Rechenaufwand wird durch Verwendung eines periodisch synchronen Kopplungschemas in erträglichen Grenzen gehalten. Dieser Zeitraum umfasst das letzte Interglazial (EEM-Warmzeit) und den Wechsel zum anschließenden Glazial. Der Übergang ist daher besonders geeignet, um zu testen, inwieweit das Modell klimarelevante Rückkopplungsmechanismen simulieren kann. Das Modell besteht gegenwärtig aus den gekoppelten Atmosphäre-Ozean-Vegetations-Modellen. Um das Ausmaß eventueller Vegetations-Feedbacks abzuschätzen, werden die Experimente einmal mit zugeschalteter Vegetation durchgeführt (ECHAM/LSG/LPJ) und einmal ohne (ECHAM/LSG). Die Zeitserien unten zeigen klimatische Änderungen in ausgewählten Regionen der Erde. MIS 5e EEM Warmzeit Precipitation Sahara Der mittlere Graph zeigt die bodennahe Lufttemperatur in Nordamerika (48°-65°N, 65°-126°W) während der Sommermonate. Beide Modelle zeigen nur geringe Unterschiede während der ersten 10.000 Simulationsjahre. Deutliche Unterschiede stellen sich jedoch im weiteren Verlauf der Abkühlungsphase ab etwa 122 ka ein. N-America control run 2 0 [fract.] 0.35 0.3 Vegetationbedeckung simuliert mit dem Vegetationsmodell LPJ (2000 Jahresmittel von 126-124 ka (oben); 116-114 ka (unten). Die stärksten Unterschiede werden in Nordamerika, Nordwestafrika und im nördlichen Asien registriert. Summer-temperature 6 4 Regional führen die Änderungen in der Insolation zu einer deutlichen Zunahme der Jahresmittel-Niederschläge (oberer Graph) gegenüber den beiden (sehr nahe bei einander liegenden) GleichgewichtsKontrollexperimenten unter heutigen Randbedingungen. Dieser Effekt ist im Vegetations-Experiment deutlich stärker ausgeprägt, da hier die simulierte Vegetation die Albedo gegenüber dem ungekoppelten ECHAM/LSG Modell deutlich reduziert und so den Monsunregen verstärkt. MIS 5d control run 0.25 Summer-Albedo N-America 0.2 0.15 -132 -128 -124 -120 ka B.P. ECHAM/LSG/LPJ -116 -112 ECHAM/LSG Die stärkere Abkühlung im ECHAM/LSG/LPJ Modell ist in erster Linie auf eine unterschiedliche Albedo zurückzuführen (unterer Graph). Diese steigt im Vegetationsmodell stärker, wenn mit zunehmender Abkühlung die dunkleren Waldflächen reduziert und durch hellere Grass- bzw. Schneeflächen ersetzt werden (s.a. rechts). 125k 115k [fract.] Das letzte Interglazial - 125k Der Übergang ins Glazial - 115k Die folgenden Abbildungen beziehen sich auf den mittleren Klimazustand zwischen 126 - 124k Die folgenden Abbildungen beziehen sich auf den mittleren Klimazustand zwischen 116 - 114k Nordsommer Nordwinter In dieser Periode ist ein wärmeres Klima auf der Nordhalbkugel in vielen geologischen Klimaarchiven belegt. Die Exzentrizität und die Erdschiefe waren leicht erhöht und das Perihelion fand im Nordsommer statt. Insgesamt resultiert hieraus eine stärkere Sonneneinstrahlung während des Nordsommers, sowie eine Verstärkung (Schwächung) des saisonalen Zyklusses auf der Nordhalbkugel (Südhalbkugel). Abgesehen von Zentralafrika und Südasien, wo Änderungen im Niederschlag und in der Wolkenbildung eine Abkühlung von 2 bis 3°C verursachen, ist es auf der gesamten Nordhemisphäre, sowie auf den Kontinenten der Südhemisphäre wärmer geworden (Nordsommer; Abbildung 1). Die stärksten Erwärmungen treten jeweils über den Kontinenten auf. Im Nordwinter (unten) zeigt sich südlich von 30°N eine leichte Abkühlung. Die relativ starke Erwärmung in den hohen nördlichen Breiten ist hauptsächlich auf eine Reduzierung der Meereis-Mächtigkeit zurückzuführen. Im Jahresmittel heben sich die saisonalen bzw. monatlichen Anomalien nahezu auf (siehe Abbildung 2b). Die Änderungen in den Erdbahnparametern bewirken hier eine Schwächung der Jahreszeiten-Kontraste im Vergleich zum 125k Experiment. Grob gesehen werden dieselben klimatischen Änderungsmuster registriert; allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen. In erster Linie kommt es zu einer deutlichen Abkühlung während des Nordsommers auf der Nordhalbkugel sowie auf allen Kontinenten (Abbildung 1). Lediglich über dem mittleren Afrika sind positive Temperaturanomalien zu beobachten. Der Sommer-Monsun über Asien und Nordafrika ist deutlich schwächer. In den borealen Region Nordamerikas und Asiens sowie in den Tropen Afrikas wird ein starker Rückgang der Vegetation registriert. Über fast allen Kontinenten werden geringere Niederschläge beobachtet. Abb.1: Temperatur Anomalie (125k - ctrl) Nordwinter Abb.1 Temperatur Anomalie (115k - ctrl) Abb.2: Meereis-Mächtigkeit (115k - ctrl) 0 Land-Albedo60-90 60 -90 degr.N Abb.3: Land-Albedo N Abb. 2b: zonal gemittelte Insolations Anomalien (125k - ctrl) Insgesamt gesehen, sind aufgrund der unterschiedlichen Wärmekapazitäten die beobachteten Änderungen auf den Kontinenten (mit Maximalwerten über 6°C) weitaus größer als die Oberflächentemperaturen in den Ozeanen (Abbildung 2a): Im Jahresmittel zeigt sich eine Erwärmung für die meisten Gebiete nördlich von 30° Süd. Im nördlichen atlantischen Ozean ist die Erwärmung etwas moderater als im Pazifik, da hier ein Teil der warmen Oberflächenwässer konvektiv in die tieferen Schichten des Atlantiks abgleitet werden. Unterhalb 2500 m ist der Atlantik rund 0.25 - 0.5°C wärmer geworden. ECHAM/LSG/LPJ ECHAM/LSG 0.6 0.6 0.5 0.5 0.4 0.4 [fract.] Abb. 2a: Jahresmittel SST Anomalie (125k - ctrl) 0.3 100 [mm/month] Die Temperaturanomalien haben auch weiträumige Änderungen in den globalen Niederschlagsmustern zur Folge. Die stärksten Anomalien treten über Nordafrika und Indien auf, was auf einen sehr stark ausgeprägten nördlichen Sommer-Monsun zurückzuführen ist. Im Gebiet der heutigen Sahara übersteigen die Niederschläge des gekoppelten ECHAM/LSG/LPJ Modells, jene des ECHAM/LSG Modells, während der Monate August und September um mehr als das 2-fache (Abbildung 3). Nordsommer 0.2 ECHAM/LSG/LPJ 80 ECHAM/LSG/ 60 control run ECHAM/LSG/LPJ 40 ECHAM/LSG/ 20 0 0.3 115k control run 125k 125k 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Month Abb. 3: Niederschlag über der Sahara (20-26° N, 8°E-8° W) 2 4 6 8 month 10 12 0.2 2 4 6 8 month 10 12 Der Übergang zu einem kälteren Klima des nachfolgenden Glazialzyklusses zeigt sich auch in einer deutlichen Zunahme der Meereis -Mächtigkeit (Abbildung 2). Der Eiszuwachs ist am stärksten in den arktischen Meeren im Bereich des angrenzenden Nordpazifiks, wo regional ein Zuwachs von mehr als 10 m erreicht wird. Auch im Nordpazifik akkumuliert mehr Eis - die Eisgrenze verschiebt sich nach Süden. In den hohen Breiten des Atlantiks fallen die Änderungen dagegen weitaus moderater aus. Ein nach wie vor starkes atlantisches Overturning und stabile Tiefenkonvektion im Nordatlantik halten eine starken Wämetransport aufrecht, welcher der Eisbildung entgegenwirkt. Lediglich im Bereich der Ross - See und stellenweise rund um die Antarktis ist eine deutliche Abnahme der Meereis-Mächtigkeit zu beobachten. Dies steht im Zusammenhang mit einer verstärkten Tiefenkonvektion in diesen Gebieten. Ein anderer sehr wichtiger Faktor, neben den Variationen der Sonneneinstrahlung beim Übergang zu einem kälteren Klima, sind interne Rückkopplungseffekte, welche den Strahlungshaushalt der Erde beeinflussen können. Abbildung 3 zeigt die gemittelte Land-Albedo auf der Nordhemisphäre zwischen 60° und 90°N. Kritisch für die jährliche Eisbilanz sind die Schmelzphasen während der Sommermonate. Hier zeigen beide Modelle eine höhere Albedo im Vergleich zum Kontrollauf (blaue Linie), was einerseits auf ausgedehntere hellere Schneeflächen hindeutet und andererseits das astronomische Klimasignal verstärkt, d.h ein kälteres Klima begünstigt. Der umgekehrte Effekt ist im 125k Experiment zu beobachten (rote Linie). Obwohl beide Kontrolläufe nur geringfügige Unterschiede aufweisen (schwarze Linie) ist der Klima-Rückkopplungseffekt, sowohl im 115k als auch im 125k Experiment beim gekoppelten ECHAML/LSG/LPJ Modell deutlich stärker.