Herbsttagung am 6. Oktober 2012 im Schönstattzentrum Baesweiler-Puffendorf ___________________________________________________________________________ Im Herbst der Volksparteien? Ursachen für die wachsende Instabilität des politischen Systems Referent: Armin Großek Um 9.50 Uhr eröffnete der Vorsitzende Willi Carlitz die Tagung und begrüßte die 40 Teilnehmer. Anschließend führte Pfarrer Kaiser mit dem Geistlichen Wort in das Thema der Tagung ein. Karl Frey, stellvertretender Vorsitzender, stellte den Referenten vor: Mit Armin Großek haben wir erstmals einen Angehörigen der jüngeren Generation eingeladen. Als Student der politischen Wissenschaften und der Geschichte bereitet er sich zurzeit auf sein Staatsexamen vor. Er ist Kreisgeschäftsführer der Jungen Union in Düren-Jülich, Mitglied der CDU und seit der letzten Kommunalwahl im Gemeinderat Niederzier. In seinem Vortrag, gestützt auf eine sehr beeindruckende Powerpoint-Präsentation, stellte der Referent zunächst seine These, dass der Niedergang der Volksparteien zu einer wachsenden Instabilität des politischen Systems führt, vor. Im Folgenden untersuchte er dieses Phänomen genauer. Als Indikatoren für die Instabilität nannte er zum einen die starken Schwankungen in den Umfragewerten und zum anderen die vielen außerordentlichen Wahlen, im Februar 2011 in Hamburg, im März 2012 im Saarland, im Mai 2012 in Schleswig-Holstein und in NRW. Ein weiterer Faktor, der die Instabilität befördert, ist der Niedergang der Volksparteien. Wie definiert sich "Volkspartei"? Die Mitgliederschaft ist heterogen; weder Klasse, noch Religion oder Landesmannschaft sind eindeutig einer Partei zuzuordnen. Das Programm der Parteien ist möglichst weitmaschig angelegt, um auf diese Weise so viele Wählerstimmen wie möglich zu erhalten. Volksparteien erreichen auf Dauer 35 % Stimmenanteil bei Wahlen. 1 % aller Wähler ist Mitglied einer Volkspartei und 10 % der Mitglieder sind als Funktionäre in der Partei aktiv. Anhand grafischer Darstellungen, die die Bundestagswahlergebnisse von CDU/CSU und SPD seit 1949 darstellen, lässt sich der Abwärtstrend für beide Parteien eindeutig nachweisen. Die CDU/CSU stieg von gut 30 % im Jahre 1949 auf ihr bisher bestes Ergebnis 1957 mit 50 %, um dann bis 1994 zwischen 40 und 50 % zu liegen.1998 fiel sie dann auf 35%, wo sie bis 2009 blieb. Die SPD stieg von unter 30 % 1949 auf ihr bestes Wahlergebnis 1972 mit 45 % und fiel dann ab auf ca. 34 %, kam bei einem Zwischenhoch 1989 auf etwas über 40 %, um dann abzufallen; 2009 landete sie bei ca. 23 %. Auch die Mandatsanteile der Volksparteien im Bundestag gingen zwischen 1949 und 2009 kontinuierlich zurück, besonders bei der SPD. Die Mobilisierungsfähigkeit sowie die Mitgliederentwicklung liegen bei den Volksparteien ebenfalls in der Abwärtsentwicklung. Einen weiteren Aspekt sprach der Referent mit der Darstelleng des Zusammenhangs zwischen Milieu und Volksparteien an. Es gibt wechselseitige Beziehungen zwischen den sozialmoralischen Milieus und deren politisch-organisierten Vertretern. Ein Milieu kann dabei gleichzeitig von mehreren Parteien vertreten werden, sowie mehrere Milieus durch eine Partei vertreten werden können, was dann einer Volkspartei entspricht. Es können sich auch neue Milieus bilden, z. B. die Linksalternativen, wobei sich Milieus in ihrer Bindekraft unterscheiden. Der Referent ging dann auf die kath. Kirche und die CDU ein und stellte heraus, dass das kath. Milieu immer noch an der Seite der CDU steht, die Intensität der Bindung aber nachgelassen hat, u. a. weil die Modernisierung der CDU das Verhältnis belastet. Außerdem verliert der Glaube allgemein in der Gesellschaft an Bedeutung (siehe nachlassende Kirchenbesuche). Der Glaube wird individueller, der Einfluss von Naturreligionen und asiatischen Ansichten nimmt zu, während die kirchliche Deutungshoheit abnimmt. Allerdings werden christliche Werte und die christliche Tradition weiter für bedeutend gehalten. Auch die Politik der Grünen wurde vom Referenten unter dem Aspekt "Die Grünen und der Protestantismus" untersucht. Sie entstanden aus der Friedensbewegung, den Umwelt- und Naturschützern, sozialistischen und kommunistischen Gruppierungen sowie Feministinnen. Als ihre Themen sehen sie den Schutz der Umwelt, die Abschaffung der Kernkraft, den Pazifismus, Gerechtigkeit in der Welt und persönliche Freiheit an. Interessant ist die Feststellung, dass der Stimmenanteil der Nationalsozialisten bei der Wahl am 31. Juli 1932 in den vorwiegend protestantischen Gebieten Deutschlands mit teilweise mehr als 50 % sehr viel höher war als der in katholisch geprägten Gegenden Deutschlands mit einem Anteil von unter 30 %. Als Fazit aus seinen Untersuchungen gab der Referent an: Die Volksparteien verlieren an Einfluss. Die Milieubindungen zu den Parteien verschieben sich. Die Stabilität des politischen Systems leidet darunter. Die katholische Kirche verliert an Bedeutung, aber christliche Werte bleiben wichtig. Die CDU wird es schwer haben, den Spagat zwischen konservativen und christlichen Werten zu bewerkstelligen. Die Grünen dominieren das protestantische Milieu. Diese ist aber nicht stark und nicht gut organisiert. Nach kurzer Pause schloss sich eine lebhafte Diskussion an, in der aus Zeitgründen nicht alle Wortmeldungen berücksichtigt werden konnten. Bei der nächsten Versammlung m 27. April 2013 soll daher für die Aussprache mehr Zeit eingeplant werden. Um 12.15 Uhr feierte Herr Prälat Poll mit uns die Hl. Messe, begleitet von Frau Contzen als Organistin. Zum Abschluss der Tagung trafen sich die Teilnehmer zum gemeinsamen Mittagessen im Speisesaal, wobei sich noch einmal die Gelegenheit zum Gedankenaustausch bot. Gisela Küster, Geschäfts- und Schriftführerin