KLEINARCHITEKTEN, BUDENHEIM P 2 Unternehmenszentrale Vier Geschosse Holz für Lübeck Das neue Büro- und Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Lübeck ist ein viergeschossiger Komplex in Holzskelettbauweise und als Passivhaus konzipiert. Das Brandschutzkonzept erlaubte es, die Holzbauteile sichtbar zu belassen. 18 mikado 1 – 2.2015 Projekt 2 Büro- und Verwaltungsgebäude Das prägende Element der viergeschossigen Unternehmenszentrale der Stadtwerke in Lübeck ist Holz. Innen und außen. Unternehmenszentrale: Vier Geschosse Holz für Lübeck 18 Steckbrief20 Tragwerk: Gelungene Kombination in Holz 22 Fazit: Bewusst mit Holz gebaut 27 S ◂◂Der viergeschossige Komplex für die Stadtwerke Lübeck ist als Passivhaus konzipiert ie ist fertig: die viergeschossige Unternehmenszentrale der Stadtwerke Lübeck. Zum Jahreswechsel 2014/15 zogen die rund 450 Mitarbeiter von ihren alten Standorten in die neuen 256 Büros in der Geniner Straße und freuen sich auf eine angenehme Arbeitsatmosphäre mit viel sichtbarem Holz. Mit 51 000 m³ umbautem Raum und einer Geschossfläche von etwa 13 850 m² ist das neue Büro- und Verwaltungsgebäude derzeit europaweit einer der größten Holzbauten seiner Art. Um für den Neubau ein bestmögliches Ergebnis zu erreichen, lobte die Gesellschaft gemeinsam mit dem Projektsteuerungsbüro ipc Dr. Talkenberger GmbH einen Teilnahmewettbewerb aus. Das dar- aus hervorgegangene Verhandlungsverfahren konnte die Ed. Züblin AG für sich entscheiden. L-förmige Baukörper umschließen einen Innenhof Als Totalunternehmer zeichnete Züblin für alle Leistungsphasen der HOAI ab der Genehmigungsplanung verantwortlich, vom Bauantrag über die Werkplanung bis hin zur Bauteilproduktion. Im Herbst 2013 erfolgte die Grundsteinlegung für den schlüsselfertig zu erstellenden Bürobau. Der Entwurf des Architekturbüros Klein aus Budenheim sah ein viergeschossiges Gebäude in Holzskelettbauweise im Passivhausstandard vor. Es setzt sich aus zwei L-förmigen Isometrie MERK TIMBER Die Gebäude-Isometrie zeigt die verschiedenen Bauteil-„Typen“: Treppenhäuser und gebäudehohe Brandwände in Stahlbeton (blau), Holzrahmenbau-Elemente der Gebäudehülle (rot), BS-Holz-Stützen und -Unterzüge des Holzskeletts (gelb). Die BSPDeckenelemente sind der Übersichtlichkeit halber nicht eingezeichnet www.mikado-online.de 19 Steckbrief Thema des Monats Ingenieurholzbau Bauvorhaben: Büro- und Verwaltungsgebäude Stadtwerke Lübeck Bauweise: Holzskelett-Konstruktion, kombiniert mit Stahlbeton und Mauerwerk Energiestandard: Passivhaus Energetische Gesamtbetrachtung: Energie-Plus-Gebäude Bauzeit: Holzbau: Januar bis April 2014 ED. ZÜBLIN AG, JENA / TOBIAS MASCHKE, JENA Fertigstellung: Dezember 2014 Bruttogrundrissfläche: 13 856 m² Bruttorauminhalt: 51 000 m³ Energiebezugsfläche: 10 004 m² Baukosten: ca. 17,5 Mio. Euro, davon Holzbau (inkl. Fassaden): 4,95 Mio. Euro Totalunternehmer: ▸▸Brücken verbinden die Geschosse der beiden unabhängigen Gebäudeteile miteinander Ed. Züblin AG D-07743 Jena in Zusammenarbeit mit MERK Timber GmbH Züblin Holzingenieurbau D-86551 Aichach www.holzingenieurbau. zueblin.de Baukörpern zusammen, deren Schenkel sich zu den Ecken hin aufweiten. Sie sind so zueinander angeordnet, dass sie einen Innenhof umschließen. Von außen erscheint das Gebäude als rechteckiger Komplex mit abgerundeten Ecken und ungleichen Seitenlängen (64 m, 82 m und 55 m, 75 m). Objektplaner (Leistungsphase 5: Werkplanung): pbr Planungsbüro Rohling AG D-07745 Jena www.pbr.de Haupteingang im Süden Entwurf/Leitdetails: Architekturbüro Klein architekten D-55257 Budenheim www.klein-architekten.info Die beiden Baukörper verbindet auf der einen Seite ein nach Süden ausgerichtetes zentrales Foyer von etwa 13,50 m Breite. Es bildet den Haupteingang und reicht über die gesamte Gebäudehöhe von knapp 15 m. Seine Nord- und Süd-Fassade besteht aus einer Pfosten-Riegel-Konstruktion aus BS-Holz mit einer Drei-ScheibenPassivhaus-Verglasung. Von dort erschließt ein Treppenhaus in Stahl die Baukörper. Zudem verbinden Brücken die Geschosse der beiden unabhängigen Gebäudeteile im Luftraum des Foyers miteinander. Auf der gegenüberliegenden Seite bildet eine „Fuge“ zwischen den Baukörpern den Ein- und Ausgang zum Innenhof. Hier sind die Geschosse über offene Außenbrücken verbunden. In diesem knapp 9,50 m breiten Zugangsbereich findet auch eine Wendeltreppe Platz, die diese Brücken vertikal erschließt und im Brandfall als externes Fluchttreppenhaus dient. Die Geschosshöhe Bauprojektmanagement: ipc Dr. Talkenberger GmbH D-23552 Lübeck www.ipc-talkenberger.de Brandschutzkonzept: bauart Konstruktions GmbH + Co. KG D-36341 Lauterbach www.bauart-konstruktion.de BS-Holz Herstellung: Stephan Holzbau GmbH Züblin Holzingenieurbau D-74405 Gaildorf www.stephan-holz.de Plattenproduktion Leno-Elemente / Produktion HRB-Elemente: MERK Timber GmbH Züblin Holzingenieurbau D-86551 Aichach www.merk.de Züblin Holzingenieurbau Halle B5 ı Stand 518 20 mikado 1 – 2.2015 im Erdgeschoss beträgt 4,20 m, die der Obergeschosse liegt bei 3,50 m. Der Gebäudekomplex steht auf einer Stahlbeton-Bodenplatte und erhielt im nordöstlichen Bereich eine Teilunterkellerung für Haustechnikund Lagerräume sowie Räume für die Mitarbeiter der Mensaküche. Im nordöstlichen Teil des Erdgeschosses befindet sich das Betriebsrestaurant. Die Seminar- und Versammlungsräume sind direkt an das Betriebsrestaurant angeschlossen. In den übrigen Bereichen des EGs sowie in den drei OGs sind Büro- und Verwaltungsbereiche untergebracht. Großzügige Grundrissgestaltung Die sich aufweitenden Gebäudeschenkel ermöglichen eine großzügige Grundrissgestaltung mit breiten Fluren, die als kommunikativer Großraum dienen und ebenso Erschließungszone sind wie Aufenthalts-, Arbeits- und Besprechungsbereich. Darüber hinaus ließen sich entlang der Außenwände Büroräume im Zwei-Achs-Raster von 2,70 m (2 × 1,35 m) für eine Person oder im doppelten Raster von 5,40 m (HauptKonstruktionsraster) für zwei Personen abteilen. Die Eckbereiche mit ihren abgerundeten Außenwänden bieten reizvolle Grundrissformen für repräsentative Büros, Besprechungszimmer und Schulungsräume. ▪ Thema des Monats Ingenieurholzbau ◂◂Brandwände und Treppenhäuser wurden in Stahlbeton ausgeführt und sind Teil des Aussteifungskonzepts MERK TIMBER ▸▸Montage der BS-HolzStützen und -Unterzüge in den Längsachsen und BSP-Deckenelemente quer dazu Grundriss PBR PLANUNGSBÜRO ROHLING AG Obergeschoss-Grundriss (3. OG) mit Büroräumen entlang der Innenhof- und Außenseiten mit sich aufweitenden Fluren dazwischen. Die Längsachsen verlaufen strahlenförmig, die Querachsen im Abstand von 5,40 m www.mikado-online.de 21 MERK TIMBER / RÄTZKE PHOTOGRAPHY P 2 ▴▴Die BSPDeckenelemente werden mit Stoßdeckleisten und teilweise mit Windrispen oder Stahlzuglaschen zu Deckenscheiben verbunden Tragwerk Gelungene Kombination in Holz Als Tragwerk dient ein Holzskelett mit strahlenförmigen Längsachsen. Stützen und Träger bestehen aus BS-Holz, Decken und Dach aus Brettsperrholz. Die Außenwände sind ein hochwärmegedämmter Holzrahmenbau. D ie Skelettkonstruktion besteht aus Brettschicht(BS)-Holz-Stützen und -Trägern in Kombination mit Brettsperrholz(BSP)-Decken- bzw. -Dachelementen (Typ: Leno) sowie Holzrahmenbau-Außenwänden als Gebäudehülle. Den Gastronomiebereich im EG und die Teilunterkellerung hat man in Stahlbeton und Mauerwerk errichtet. Auch die gebäudehohen Brandwände und die tragenden Bauteile der notwendigen vier Treppenhäuser in den beiden Baukörpern sind aus Stahlbeton – an Letzteren lehnt sich das vierstöckige Holzskelett über die Geschossdecken an. Die Treppenhäuser sind zentral in den mittleren Berei- 22 mikado 1 – 2.2015 chen der Gebäudeschenkel angeordnet – mal mittig, mal zum Innenhof hin. Damit konnten sowohl die Weglängen für die Nutzer optimiert als auch die Fluchtweglängen auf unter 40 m (Brandabschnittsgrenze) begrenzt werden. Die BS-Holz-Träger bzw. -Unterzüge sind jeweils in den fünf strahlenförmig angelegten Längsachsen der vier Gebäudeschenkel angeordnet. Das heißt in den Außenwandachsen, den zwei Innenachsen sowie der Mittelachse. Zwar verlaufen die benachbarten Innen- und Außenwandachsen mit 4,50 m Abstand jeweils parallel zueinander, aufgrund der sich aufweitenden L-Schenkel öffnen sich die beiden Achsenpaare jedoch scherenartig über die Länge der Gebäudeschenkel. Gleichzeitig haben die Innenachsen und die Mittelachse einen gemeinsamen Schnittpunkt (außerhalb des Gebäudes). Die Mittelachse bildet die Winkelhalbierende. Die Stützen, die die Unterzüge tragen, sind im Achsraster von 5,40 m angeordnet. Auf der Mittelachse treffen sich zwei Zweifeldträger Aufgrund dieser Geometrie ergibt sich für die Verlegung der BSP-Deckenelemente in Querrichtung rechts und links von der Mittelachse ein MERK TIMBER Thema des Monats Ingenieurholzbau zweifeldriges System. Das heißt, die Deckenelemente spannen als Zweifeldträger – einmal mit konstanter Feldlänge von rund 4,50 m und einmal mit variabler Feldlänge zwischen 3 m und 5,40 m – von den Randunterzügen über die Unterzüge der Innenachsen zu denen der Mittelachse. Hier treffen die Stirnseiten der zwischen 7,50 m und 9,90 m langen BSP-Deckenelemente im flachen Winkel aufeinander. Bezogen auf die Mittelachse sind sie spiegelsymmetrisch verlegt. Die Breiten der BSP-Platten variieren und wurden unabhängig vom Konstruktionsraster festgelegt. Maßgebende Randparameter dafür waren neben den aufzunehmenden Lasten sowohl die maximale Transportbreite von 2,50 m als auch die Lage von Aussparungen in den Deckenelementen bzw. die Anordnung anderer Bauteile darunter und darüber. So ist fast jede Platte ein Unikat. In den ausgerundeten Eckbereichen mit den sich überschneidenden Längs- und Querachsen füllen spezielle Plattenformate die geometrisch sich ergebenden „Restflächen“ zwischen den Unterzügen, Querträgern, Stützen und anderen Bauteilen. In die Randausfräsungen der BSPElemente eingenagelte – zum Teil auch eingeschraubte – Stoßdeckleisten aus Kerto Q sowie teilweise quer darüber aufgebrachte Windrispenbänder und Stahlzuglaschen verbinden die Elemente zu Deckenscheiben. Diese leiten die horizontalen Aussteifungslasten aus den Geschossen über die Unterzüge und die geschosswei- www.mikado-online.de ▴▴Montage des Randunterzugs an die Stützenreihe einer Außenwandachse ▴▴Die Unterzüge in den Außenwandachsen werden gelenkig gestoßen Verlegeplan der BSP-Deckenelemente und Ausbildung der Deckenscheibe MERK TIMBER ▴▴Produktion der Randunterzüge mit eingeschlitzten Blechen für die Stützenanschlüsse 23 Thema des Monats Ingenieurholzbau MERK TIMBER P 2 ▴▴Eingeschraubte Stahlplatten mit Löchern zur Aufnahme der Stahlstangen aus Unterzug ▴▴Verstärkung von Unterzugsdurchbrüchen mit aufgeschraubten Kerto Q-Laschen Anschlussdetail kraftdurchleitender Stützenstoß Der in die Holzkonstruktion eingebettete Stahlknoten erfüllt als unsichtbare Verbindung ästhetische Anforderungen. Im Brandfall ist er zudem vor Feuer geschützt Auflagerplatte 170/360/25 aus Stahl S355 Bohrungen d = 21 mm für die Stangen konstruktive Befestigung mit 2 Schrauben 9 × 250 Senkkopf (evtl. in Stütze mit d = 5 mm vorbohren) Ansicht Längsunterzug Stahlplatte t = 150/260/5 aus Stahl S235 Bohrungen für die Gewindestangen d = 21 mm zur Fassung der Stangen und Hilfe zur gleichmäßigen Justierung ▴▴Stahlplatte mit Hutmuttern zur Aufnahme der Press- und Stützenkräfte se übereinanderstehenden Stützen in die Fundamente weiter. Als horizontale Aussteifung des Gebäudes sind die Decken über Stahlanschlussteile an die massiven Treppenhäuser, die als aussteifende Kerne fungieren, angeschlossen und leiten die Horizontalkräfte in sie ein. Neben den Treppenhäusern dienen auch die Brandwände der Horizontalaussteifung. Die Wandscheiben nehmen unter anderem die auf die Fassade wirkenden Windkräfte über die an sie anschließenden Deckenscheiben auf. Durchlaufträger für Innenachsen, Gerberträger für Außenachsen Unterzug 24/60 GL28c Auflagerplatte 180/360/20 aus Stahl S355 im Unterzug eingelassen MERK TIMBER Schlitzbleche t = 8 mm S235 Stabdübel d = 16 mm S235 l = 120 mm mit 33 mm verstöpselt 24 mikado 1 – 2.2015 Stützen, Unterzüge und Decken sind lastenabhängig über die Geschosse hinweg gestaffelt dimensioniert –sie werden also nach oben hin schlanker und bestehen aus BS-Holz unterschiedlicher Festigkeitsklassen. Dennoch haben nicht alle Stützen innerhalb eines Geschosses die gleichen Abmessungen, da bereichsweise unterschiedlich große Kräfte wirken. Die Planung zielte jedoch darauf ab – wo möglich –, gleiche Querschnitte auszubilden. Zur besseren Ausnutzung der BSHolz-Querschnitte sind die Unterzüge (b/h = 24 (20) cm/60 cm, GL28c) in den Innenachsen als Durchlaufträger mit bis zu 30 m Länge konzipiert. Damit ließen sich Längsstöße in den Unterzügen komplett vermeiden. In den Außenwandachsen dagegen haben die Planer Gerberträger ▴▴Gebäudehülle aus vorgefertigten Holz­rahmen­ bau(HRB)Elementen als 3D-CADKonstruktion gewählt, sprich BS-Holz-Unterzüge mit momentenfreien Anschlüssen, den Gerbergelenken. Der Grund: Die im Vergleich zu den Durchlaufträgern schlankeren Querschnitte von b/h = 20 cm × 36 (28) cm (GL28c) sind nur in kürzeren Längen technisch sinnvoll zu fertigen. So lag es nahe, die kürzeren Träger über Gelenke zu stoßen. Kraftdurchleitende Knotenverbindungen für Stützenstöße Die Unterzüge schließen alle 5,40 m über ein in den Stützenkopf eingelassenes Stahlanschlussblech an die Stützen (b/h = 24 cm × 48 (bzw. 44 oder 24) cm, GL24h, GL28h) an. Damit die Geschossdecken keine Querpressung durch aufstehende Stützen erhalten, sind die 16,5 cm dicken BSP-Elemente um sie herum ausgespart. Zur direkten Weiterleitung der Vertikallasten von Stütze zu Stütze, „an den Decken vorbei“ in die Fundamente, haben die Tragwerksplaner einen speziellen kraftdurchleitenden Stahlknoten entwickelt, der unsichtbar in Deckenebene eingebaut ist. Die Stahlknoten verbinden sowohl die Stützen mit den Unterzügen als auch die übereinanderstehenden Stützen. Um die Vertikallasten geschossweise abtragen zu können, wurden die Unterzüge unterseitig mit Schrauben gegen Querdruck verstärkt. Zur durchleitenden Kraftübertragung erhielten die Stützenfüße eingeschraubte Stahlplatten mit Löchern zur Aufnahme der eingeklebten Stahlstangen (mit aufgedrehtem Gewinde), die aus den Kopfplatten der darunterstehenden Stützen kommen. Sie führen durch den Unterzug hindurch, binden zum Teil in die Fußplatten ein (Justierung) bzw. enden unterhalb von diesen. Alle erhielten aufgeschraubte Hutmuttern, die als punktuelle Lager die Druckkräfte über Stirnpressung der Stangen auf die Stahlplatte aufnehmen bzw. die Stützenlasten gleichmäßig über die Stahlstangen durch den Unterzug hindurch in die Stützen darunter weiterleiten. Eine Brandschutzbekleidung schützt die Stützenfüße im Brandfall. Die zum Anschluss an die Unterzüge seitlich in die Stützenköpfe eingebrachten Stabdübel wurden mit eingeklebten Holzdübeln verstöpselt – ebenfalls aus Brandschutzgründen. Um die Installationen wie Elektrotrassen, Lüftungs- und Wasserlei- ▸▸Die HRBElemente wurden vor der Montage der Stützen und Unterzüge eingebaut, um die Stöße noch abkleben zu können. Erst dann folgte das Holzskelett in der Außenachse MERK TIMBER PBR PLANUNGSBÜRO ROHLING AG Thema des Monats Ingenieurholzbau LQIR#DEEXQGFRP ,QQRYDWLY LQWXLWLY ]XNXQIWVVLFKHU %HVXFKHQ6LHXQVDXI GHU%$8 YRPELVLQ0QFKHQ +DOOH&6WDQG www.mikado-online.de ZZZ DEEXQGFRP 9 66'DWHQWHFKQLN IUGHQ+RO]EDX*PE+ 25 Thema des Monats Ingenieurholzbau P 2 ED. ZÜBLIN AG, JENA / TOBIAS MASCHKE, JENA ED. ZÜBLIN AG, JENA / TOBIAS MASCHKE, JENA ◂◂Blick ins Innere auf sichtbare Holzdecken, Stützen und Unterzüge ▸▸Schlüsselfertig in 18 Monaten: Da war gute Organisation gefragt tungen unter den Decken führen zu können, war es teilweise notwendig, die Unterzüge mit Durchbrüchen zu versehen – Lüftungsleitungen erfordern die größten. Je nach Aussparungsquerschnitt mussten sie dann seitlich durch aufgeklebte und aufgeschraubte Kerto-Laschen gegen Querzug verstärkt werden. Decken- segel verstecken die Leitungen auf optisch ansprechende Weise. Für die nichttragenden Außenwände wählte Züblin Holzrahmenbau(HRB)-Elemente aus 24 cm × 6 (8) cm Ständerwerk. Voll ausgedämmt mit Mineralwolle wurden sie mit 4,20 m bzw. 3,50 m geschosshoch, aber mit bis zu 16,20 m Län- Brandschutz für GK 4 mit spezifischem Konzept Das knapp 15 m hohe Bürogebäude ist nach der Landesbauordnung (LBO) für Schleswig-Holzstein der Gebäudeklasse 4 zuzuordnen (GK 4: OK Fertigfußboden der höchsten Etage liegt auf max. 13 m und Nutzungseinheiten mit jeweils ≤ 400 m²). Gefordert war eine Feuerwiderstandsklasse von F60. Lediglich die Anforderung an die Dachdecke und die HRB-Fassaden-Elemente wurde auf F30 reduziert. Da die Bauherrin die Holzkonstruktion so weit wie möglich sichtbar lassen wollte, erarbeitete Züblin zusammen mit Sachverständigen, der Brandschutzbehörde und der Feuerwehr ein spezifisches Brandschutzkonzept. Es legt dar, dass die Decken-, Stützen- und Trägerquerschnitte aufgrund ihrer statisch erforderlichen Abmessungen bereits „von Haus aus“ eine Feuerwiderstandsdauer von 60 Minuten erfüllen und der Brandschutz des Tragwerks auch ohne Beplankung gewährleistet ist bzw. über den Abbrand nachgewiesen werden kann. Die gebäudehohen Stahlbeton-Wandscheiben unterteilen die Gebäudeflügel in jeweils drei Brandabschnitte mit einer Länge von weniger als 40 m je Richtung (Brandabschnittsgrenze). Eine weitere Einteilung der Brandabschnitte in Nutzungseinheiten von weniger als 400 m² BruttoGrundfläche erfolgt durch raumabschließende Trennwände mit entsprechendem Feuerwiderstand. Die Wandoberflächen der nichttragenden Innen- und Außenwände werden mit OSB-Platten und Gipsfaser- bzw. Gipskartonplatten so bekleidet, dass die Bauteile die erforderliche Feuerwiderstandsdauer erreichen. Die Trennwände wurden in Trockenbauweise mit Metallständerwerk ausgeführt. 26 mikado 1 – 2.2015 ge (über drei Gebäudeachsen) achsübergreifend im Werk im bayerischen Aichach vorgefertigt. Die Elemente sind vor der Stützen-Träger-Konstruktion des Haupttragwerks angeordnet und wärmebrückenfrei an sie angeschlossen. Auf die Außenwände folgt schließlich eine hinterlüftete Fassade. Dabei kommt eine Mischung aus geschlossener Vollholzschalung in den Brüstungs- und Sturzbereichen sowie aus großformatigen Faserzementplatten zwischen den Fensteröffnungen zum Einsatz. Die hellgrünen Elemente lockern die Holzstruktur auf und geben dem Gebäude auch optisch ein klimafreundliches Image. Die thermische Gebäudehülle der Unternehmenszentrale weist einen mittleren U-Wert von 0,279 W/(m²K) auf. Für ein gutes Raumklima sorgen außerdem dreifach verglaste HolzAlu-Fenster, ein außen liegender Sonnenschutz sowie eine Büroraumlüftung mit kontrollierter Wärmerückgewinnung. Nach 18 Monaten schlüsselfertig übergeben Die Bauherrin hatte mit der Ed. Züblin AG die funktionsfähige Übergabe des schlüsselfertigen Gebäudes zu einem festgelegten Termin vertraglich vereinbart. Entsprechend hat das Bauunternehmen außer der kompletten Planung auch sämtliche Thema des Monats Ingenieurholzbau PBR PLANUNGSBÜRO ROHLING AG Das neue Büro- und Verwaltungsgebäude in Lübeck Das neue Aushängeschild der Branche und der Region Gewerke und Baumaterialien einer CO2-Bilanzierung zu unterziehen. Sämtliche Bauteile der Tragkonstruktion stammen aus PEFC-zertifizierten Holz-Ressourcen, die LärchenholzFassadenschalung aus FSC-Beständen. So lässt sich auch der ökologische Fußabdruck dieses in jeder Hinsicht anspruchsvollen Projekts dokumentieren. Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag, Neben der Entscheidung für den Werkstoff Holz als das prägende Material des Gebäudes unterstreichen die Stadtwerke Lübeck ihr umweltbewusstes Handeln auch durch die Vorgabe, ausschließlich zertifiziertes Holz einzusetzen und die wesentlichen Vorgänge der Herstellung, Beschaffung und Montage sämtlicher Karlsruhe ▪ Projekt 2 Fazit Bewusst mit Holz gebaut MERK TIMBER fachspezifischen Bereiche gemanagt, wie etwa das Brandschutzkonzept (siehe Kasten auf Seite 26), das Bodengutachten oder den Schallschutznachweis, und die Erkenntnisse daraus in ihre Gesamtplanung integriert. Laut Züblin war die kurze Ausführungsdauer von lediglich eineinhalb Jahren von der Beauftragung bis zur Übergabe nur auf diesem Weg realisierbar. Die Stadtwerke Lübeck haben sich beim Bau ihrer neuen Unternehmenszentrale ganz bewusst für einen Holzbau entschieden. Und nicht nur das: Die Bauherrin machte auch zur Auflage, ausschließlich zertifiziertes Holz einzusetzen und die wesentlichen Vorgänge der Herstellung, Beschaffung und Montage sämtlicher Gewerke und Baumaterialien einer CO2-Bilanzierung zu unterziehen. Der viergeschossige Komplex in Holzskelettbauweise ist zudem als Passivhaus mit hochwärmegedämmter Gebäudehülle konzipiert. Glücklicherweise erlaubte es auch das Brandschutzkonzept, die Holzbauteile sichtbar zu belassen. 27