Venlafaxin-Intoxikation mit Entwicklung einer Takotsubo

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Case of
the week
26/2017
Venlafaxin-Intoxikation mit Entwicklung einer
Takotsubo-Kardiomyopathie: Erfolgreicher Einsatz von
extrakorporaler Kreislaufunterstützung, intravenöser
Lipidemulsion und CytoSorb.
[Venlafaxine intoxication with development of takotsubo cardiomyopathy: successful
use of extracorporeal life support, intravenous lipid emulsion and CytoSorb.]
Schroeder I, Zoller M, Angstwurm M, Kur F, Frey L.
Int J Artif Organs 2017; epub
Diese Fallstudie berichtet über eine 19-jährige Frau mit Depressionen, die 1 Stunde nach der Einnahme von 18 Gramm
Venlafaxin im Rahmen eines Selbstmordversuchs in die Notaufnahme eingeliefert wurde.
Fallbeschreibung
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Bei Aufnahme war sie asymptomatisch und hämodynamisch stabil, sie wurde mit Aktivkohle behandelt und zur
weiteren Beobachtung auf die Intensivstation verlegt
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Acht Stunden nach der Einnahme entwickelte sie tonisch-klonische Anfälle, gefolgt von ventrikulärer Tachykardie mit
wiederkehrenden Herzstillständen. Aufgrund der hämodynamischen Instabilität durch den refraktären kardiogenen
Schock wurde 13 Stunden nach der Einnahme mit der extrakorporalen Kreislaufunterstützung (ECLS) begonnen.
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Hochdosierte Katecholamine waren notwendig, um ihre Pumpfunktion zu erhalten und es wurde eine TakotsuboKardiomyopathie mit einer Ejektionsfraktion (EF) <10% diagnostiziert. Es folgte eine disseminierte intravaskuläre
Koagulopathie (DIC) mit massiven gastrointestinalen Blutungen und vollständigem Verlust ihrer Gerinnungsfaktoren.
Es wurde eine schwere Laktatazidose (pH 7,2, Laktat 19,2 mmol/L) festgestellt und die Laborbefunde legten eine
fortschreitende akute Leberdysfunktion nahe (AST 5431 U/L, Bilirubin 12 mg/dl). Die Patientin war zusätzlich anurisch
bei akutem Nierenversagen (AKIN 3, Kreatinin 2,8 mg/dl).
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Aufgrund des Multiorganversagens wurde sie mit Hochvolumen-Hämodiafiltration, invasiver mechanischer
Beatmung, Massivtransfusionen und leichter Hypothermie behandelt.
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Aufgrund des anhaltenden Schocks wurde eine Behandlung mittels ILE gestartet. Die ECLS wurde mit hohem
Blutfluss durchgeführt, um hohe Dosierungen von Katecholaminen und Vasopressin zur Erhaltung des Blutdrucks zu
vermeiden. Levosimendan und Milrinon wurden verwendet, um die Herzfunktion zu unterstützen.
Behandlung
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Eine Behandlung mit CytoSorb 32 Stunden nach der Einnahme von Venlafaxin
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CytoSorb wurde parallel zur ECLS eingesetzt
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Blutfluss: 300 ml/min
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Antikoagulation: Niedrig dosiertes Heparin aufgrund leicht gebesserter DIC und weiterbestehenden
Blutungsproblemen
Messungen
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Venlafaxinspiegel
Ergebnisse
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Der CytoSorb-Adsorber clottete nach 9 Stunden, da eine vollständig effektive Antikoagulation aufgrund der
bestehenden DIC nicht möglich war
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Blutproben für Venlaflaxin, die 11 bzw. 42 Stunden nach der Einnahme abgenommen wurden(42 Stunden war direkt
nach der CytoSorb-Anwendung), zeigten dass die Level von 16608 ng/ml auf 9569 n /ml gefallen waren. Parent- und
Metabolit-ODM-Venlafaxin sanken von 19078 auf 11029 ng / ml.
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Trotz des großen Verteilungsvolumens von Venlafaxin und seines Metaboliten gab es nach Beendigung der CytoSorb
Therapie keine klinischen Anzeichen eines Rebounds.
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Case of
the week
26/2017
Patienten Follow-Up
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Die hochvolumige Hämodiafiltration wurde für weitere 2 Tage fortgesetzt, um die Säure-Basen- und FlüssigkeitsHomöostase wiederherzustellen
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Die transthorakale Echokardiographie am Tag 7 zeigte eine normale bi-ventrikuläre Funktion, so dass die Patientin
von der ECLS entwöhnt werden konnte.
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Die Nieren- und Leberfunktion verbesserte sich auch mit intermittierender Hämodialyse von Tag 7 - 19.
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Die Patientin wachte 14 Tage nach der Aufnahme auf und wurde eine Woche später ohne weitere physische
Beeinträchtigungen auf eine psychiatrische Station verlegt.
Abb 1. Zeitachse zeigt die wichtigsten therapeutischen Interventionen während der ersten 3 Tage nach Intoxikation mit Venlafaxin (Abbildung nicht
maßstäblich). Die intravenöse Lipidemulsion (ILE) wurde 12 Stunden nach Intoxikation gestartet. Mit der extrakorporalen Kreislaufunterstützung
(ECLS) wurde 13 Stunden nach der Intoxikation begonnen. Die kontinuierliche Nierenersatztherapie (CRRT) wurde 17 Stunden nach der Intoxikation
begonnen. CytoSorb wurde 32 Stunden nach Intoxikation gestartet. Die Blutprobe für die Venlafaxinkonzentration wurde 11 bzw. 42 Stunden nach
der Intoxikation entnommen.
Schlussfolgerung
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Die Verwendung von CytoSorb zur Entgiftungsunterstützung, die intravenöse
Lipidemulsion und die ECLS führten bei einer Patientin mit massiver VenlafaxinIntoxikation zu einer erfolgreichen Erholung trotz schweren MultiorganDysfunktionen.
Dies ist die erste beschriebene Anwendung von CytoSorb bei Intoxikationen. Es
wurden keine unerwünschten Nebenwirkungen registriert. Die Verwendung von
ILE verursachte keine Probleme in Kombination mit dem CytoSorb- oder ECLSKreislauf.
Die Autoren stellen fest, dass die Verwendung von CytoSorb eine entscheidende
Rolle bei der Clearance des Medikaments gespielt haben könnte, da CytoSorb in
der Lage ist, Venlafaxin aufgrund seiner Struktur zu adsorbieren.
Dies ist die höchste eingenommene Menge an Venlafaxin, die bisher in der
Literatur beschrieben wurde, und diese führte nach kombinierter Therapie mit
ILE und CytoSorb zu einem positiven Outcome.
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