Energetische Psychotherapie Geschichte der Energetischen

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Energetische Psychotherapie
Für uns Psychotherapeuten, die wir gewohnt sind, geduldig und oft über einen
langen Zeitraum hinweg Prozesse anzuregen und zu begleiten, die sich in erster
Linie auf Erkenntnisse aus westlichen Kulturen von Freud bis Erickson, von Rogers
bis Aaron T. Beck, von Jung bis Adler stützen, mag es suspekt klingen wenn wir
hören:
Es gibt eine Therapiemethode
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mit der man in sehr kurzer Zeit Phobien, Ängste, Panikattacken, traumatische
Erinnerungen und andere oft schwer zugängliche Beschwerden mit Erfolg
behandeln kann
die auf Erkenntnissen der TCM (traditionelle chinesische Medizin) und der AK
(Applied Kinesiology) basiert
die davon ausgeht, dass psychischen Störungen eine Störung im
körpereigenen Meridiansystem zugrunde liegen
die diese Störungen behebt, indem festgelegte Meridianpunkte beklopft
werden, während man das betreffende Problem fokussiert und ausspricht
Und doch ist die energetische Psychotherapie ein Konzept, das in andern Ländern in
Fachkreisen zunehmend Fuss zu fassen beginnt. Sie lässt sich in praktisch alle
Behandlungssettings integrieren und verbessert die Wirksamkeit und den
Therapiefortschritt der andern Methoden. In der Schweiz hört man erst hier und da
dass die eine oder andere Kollegin die EP kennt und anwendet.
Wer jedoch einmal damit Erfahrungen gemacht hat, ist zuerst einmal verblüfft und
möchte danach dieses wertvolle Instrument nicht mehr missen.
Die Methode erscheint so einfach wie anfänglich befremdend: Indem der Patient die
aktuelle Problematik und die sie begleitende Emotion und Körperwahrnehmung
fokussiert, wird er angeleitet, bestimmte Meridianpunkte durch sanftes Klopfen oder
Reiben zu stimulieren, verbunden mit einer selbstakzeptierenden Aussage.
Zwischendurch soll er die Augen bewegen, summen und zählen.
Allerdings ist die Methode so einfach auch wieder nicht. Zwar genügt es oft, dass
man ein Problem fokussiert - eine Angst, eine ein einmaliges Trauma begleitende
Emotion, ein belastendes Gefühl. Genau so oft aber finden sich Widerstände, wie
unbewusste selbstschädigende Muster und einschränkende Glaubenssätze, welche
die Wirkung des einfachen „Beklopfens“ verhindern. Hier ist die Kunst der
erfahrenen Therapeutin gefragt, die zusammen mit der Patientin herausfindet, was
dem Fortschritt im Weg steht. Hat man das definiert, wird es in den Prozess der
Stimulation der Meridianpunkte integriert und da kann man dann oft in unglaublich
kurzer Zeit stabile Veränderungen im emotionalen Bereich sowie auf
Verhaltensebene feststellen.
Geschichte der Energetischen Psychologie
Die Entdecker dieser Methode stammen aus den USA: Der Psychologe Roger
Callahan und der Psychiater John Diamond stellten unabhängig voneinander fest,
dass das Klopfen von Akupunkturpunkten beim Auflösen von negativen Emotionen
Energetische Psychotherapie pdf/ Brigitta Ebnöther 15. September 2007
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wie Ängsten, Phobien und Belastungen durch schmerzliche Erinnerungen Linderung
brachte. In den Neuziger Jahren entwickelten einerseits Fred Gallo mit Energy
Psychology und anderseits Cary Craig mit EFT (Emotional Freedom Techniques),
beides Schüler von Callahan, ihren je eigenen, leicht verständlichen Ansatz der
Energetischen Psychologie. Dies trug dazu bei, dass die Methode weltweite
Verbreitung fand.
Heute erfreuen sich diese „Klopftherapien“ unter Laien wachsender Beliebtheit, und
entsprechende Selbsthilfebücher schiessen wie Pilze aus dem Boden des
Büchermarktes. In Fernsehtalks werden spektakuläre Schnellheilungen demonstriert,
wobei allerdings dem Anlass entsprechend der Show – Charakter die seriöse
Erklärung verdrängt und damit z.T. berechtigte Skepsis auslöst.
In Mitteleuropa zuerst vor allem von Anwendern aus nichtmedizinischen und
paramedizinischen Bereichen angewandt, die trotz fehlender wissenschaftlicher
Beweise unvoreingenommen mit den verschiedenen Methoden experimentiert und
Erfolge generiert haben, entdeckten vor einigen Jahren auch Ärzte und
Psychotherapeuten die Wirkung dieser Verfahren.
Es gibt in der (deutschen) Schweiz diverse Kurse in denen man die Methode
erlernen kann. Diese sind zumeist auf Laien ausgerichtet, und als mit seelischen
Prozessen vertraute und erfahrene Fachperson findet man sich dort etwas fehl am
Platz. Eine Ausbildung, die sich an Psychotherapeuten richtet und eine
dementsprechende Grundlage voraussetzt war mir bislang in der Schweiz nicht
bekannt.
Umso erfreuter war ich, als ich auf Dr. Michael Bohne aus Hannover stiess. Er vertritt
die Ansicht, dass EP keine eigenständige Psychotherapiemethode, sondern als
ergänzendes therapeutisches Instrument in praktisch alle üblichen
Behandlungssettings integriert werden kann. Dr. Bohne veranstaltet Ausbildungen
für Fachleute aus dem Gebiet der Psychotherapie und Psychiatrie und wird im
Frühling 2008 erstmals ein Seminar in Zürich anbieten.
Forschung und Wirkhypothesen
Eine erste umfangreiche klinische Vorstudie wurde von Dr. Andrade in Argentinien
und Uruguay durchgeführt (über 14 Jahre mit über 30 000 Patienten ) mit einem
vorläufigen Ergebnis (unter anderen), dass EP bei Angststörungen einer Therapie mit
KVT und Medikation gegenüber bessere Behandlungsergebnisse bei kürzerer
Behandlungsdauer erbringt. 1 Die Forschung zur EP befindet sich aber immer noch
im Anfangsstadium. Immerhin scheint sich die Effektivität der untersuchten Methoden
in der Behandlung vieler psychischen Störungen zunehmend abzuzeichnen. 2
Zu möglichen Wirkhypothesen schreibt Bohne: „Durch das freiwillige Aufrufen der
stressauslösenden Vorstellung kommen Klienten von der Passivität in die Aktivität,
sie gestalten das Symptom. Das Klopfen an sich stellt eine Musterunterbrechung dar.
Beim aktiven Sich-Selbst -Beklopfen wird die Selbstwirksamkeit unterstützt. Darüber
hinaus wird angenommen, dass die EP durch die Aktivierung des Meridiansystems
wirkt, was zu einer Veränderung der neuronalen Verarbeitung und zu einem anderen
körperlichen Erleben des zuvor belastenden Themas führen soll. Letztendlich ist es
schwer zu sagen, was an der EP wirkt, da sie eine Kombination aus verschiedenen
Techniken und Interventionen darstellt:“ 3
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Parallelen zu andern psychotherapeutischen Methoden
Was den Therapieablauf anbelangt hat die EP am meisten Ähnlichkeit mit EMDR:
Die Fokussierung auf ein belastendes Thema, die Aktivierung der begleitenden
negativen Kognitionen, das Reprozessieren durch körperliche Stimulation, das
Definieren der positiven Kognition, die erreichte Effektivität in kurzer Zeit.
Wir finden auch Parallelen zu Systemischen Therapien (Musterunterbrechungen und
Aktivierung von Selbstorganisation), zu psychodynamischen Methoden (unbewusste
Konflikte, Widerstands – und Abwehrphänomene), zu Verhaltenstherapie (kognitive
Umstrukturierung), Hypnotherapie und NLP (Fokussierungen, Problemtrance Exduktion), um nur eine Auswahl zu erwähnen. EP kann auch als eine
phänomenologische und prozessorientierte Methode betrachtet werden.
Indikationen und Kontraindikationen
Gemäss Erfahrung ist die EP zur Traumabehandlung, bei Ängsten und Phobien, bei
depressiven Verstimmungen, bei Craving und anderen negativen dysfunktionalen
Emotionen sowie bei emotionalen Leistungsblockaden wirksam. Sie ist auch hilfreich
zur Auflösung von Blockaden im Sinne von negativen, selbstschädigenden
Glaubenssätzen und festgefahrenen Denk – und Verhaltensmustern. Wenig
Erfahrung hat man bislang mit psychotischen und mit schweren
Persönlichkeitsstörungen. Nicht angezeigt ist die Methode bei akuten Psychosen und
natürlich bei mangelnder Compliance.
Vorteile für Patienten
Obwohl es bei diesem Verfahren zu starken Gefühlsempfindungen kommen kann, ist
EP doch im Allgemeinen eine sanfte Methode, die als angenehm empfunden wird.
Wenn belastende Emotionen aufkommen werden sie durch fortwährendes
Stimulieren einer vorgegebenen Folge von Meridianpunkten in relativ kurzer Zeit
aufgelöst. Ausserdem kann EP auch funktionieren, wenn die Patientin nicht über ihre
Erlebnisse sprechen möchte.
Ein grosser Vorteil besteht darin, dass die Patienten sich letztlich selbst behandeln.
Was sie in der Therapiestunde mit der Therapeutin erarbeitet haben, können sie in
akuten Stressituationen anwenden, sie haben sozusagen immer eine
Notfallapotheke dabei. Gerade für traumatisierte Menschen ist diese Autonomie ein
zusätzlicher Gewinn. Bei Angststörungen und Phobien kann das Klopfen in
beängstigenden Situationen eine effektive Hilfe sein.
Vorteile für Therapeuten
Die Arbeit mit dieser Methode ist für den Therapeuten ebenso wohltuend. Indem er
mitklopft und dadurch gut mit dem Patienten in Kontakt ist, balanciert er auch seinen
eigenen Stresslevel aus. So kann z.B. eine Sekundär - Traumatisierung des
Behandelnden vermieden werden. Und kennen wir nicht alle Momente, wo wir selbst
blockiert sind, der Therapieverlauf stockt, wir in einer Gegenübertragungsfalle
stecken? Wenn wir klopfen, können sich diese Stagnationen auch bei uns auflösen
und der Prozess kann wieder in Gang kommen. So berichten denn oft Therapeuten
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die mit dieser Methode arbeiten, dass ihnen die Arbeit Energie gibt. EP dient
demnach auch als Burn-Out- Prophylaxe für Therapeuten.
Ausserdem können wir als seelenhygienische Massnahme mit EP unsere kleinen
und grossen „Knörze“ auflösen – das tut uns selbst gut und ist eine grosse Hilfe,
wenn unsere eigenen ungelösten Themen sich behindernd in unsere Bemühungen
mit den Patientinnen einschleichen.
Und last but not least: Was gibt es schöneres in der Therapie, als wenn Seelen Türen aufgehen, wenn Blockaden sich lösen, wenn wir zuschauen können wie die
Patientinnen aufblühen, wenn der Erfolg sich rasch und sichtbar einstellt und die
Hilfesuchenden erleichtert und gestärkt unsere Praxis verlassen?
Abschliessende Bemerkung
Zwar haben wir mit der EP einen wunderbaren Katalysator für seelische Prozesse in
der Hand, was aber nicht heisst, dass die allgemein gültigen Grundsätze für eine
gute therapeutische Beziehung einen andern als den längst bekannten Stellenwert
erhalten. Auch hier und gerade mit dieser Technik gilt, dass die Beziehung und der
Rapport mit dem Patienten das A und O ist, damit die Heilung gelingen mag.
Die Klopfsequenzen müssen sorgfältig vorbereitet werden, die Hintergründe für die
Beschwerden herausgearbeitet und Widerstände verstanden werden. Dann
begegnen wir, wie in andern Therapieformen, den Spuren der Vergangenheit,
Loyalitäten die verhindern, dass der Prozess weitergeht, Ich - schwächenden
Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen und andern uns bekannten selbstschädigenden
Mechanismen.
Dass schwere Störungen auch mit Einbezug der EP nicht innerhalb von Wochen
aufgelöst werden können versteht sich von selbst, doch können auch diesbezüglich
betroffene Klienten zur Linderung ihrer Beschwerden davon profitieren und
Langzeittherapien dauern ev. weniger lang.
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www.emofree.com/research/andradepaper.htm. und www.energypsych.org/
David Feinstein: Ein Überblick über Forschungen zur Energetischen Psychologie , in: Michael
Bohne, Christof T. Eschenröder, Claudia Wilhelm – Gössling (Hrsg.): Energetische Psychotherapie –
integrativ, Hintergründe, Praxis, Wirkhypothesen. 2006 dgvt-Verlag, mit einem Geleitwort von Gunther
Schmidt
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Michael Bohne, Christof T. Eschenröder, Claudia Wilhelm – Gössling (Hrsg.): Energetische
Psychotherapie – integrativ, Hintergründe, Praxis, Wirkhypothesen. 2006 dgvt-Verlag, mit einem
Geleitwort von Gunther Schmidt
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