Das künstlerische Leben in Basel vom 1. Oktober

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Das künstlerische Leben in Basel vom 1. Oktober 1925 bis 30. September 1926
Autor(en):
Henri Baur
Quelle:
Basler Jahrbuch
Jahr:
1927
https://www.baslerstadtbuch.ch/.permalink/stadtbuch/98a0f499-957f-4a48-95ad-c17298d989bb
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II. Klasse des Bundesbahnhofes, wo der Bahnhofrestaurateur
Mitauftraggeber gewesen. Vom äußern Schmuck der Läufer
unserer Stadt, in deren Bemalung ein alter Brauch wieder
auflebt, nennen wir namentlich die Schilderungen von Num a
Donzs an der Fassade der Nebleutenzunft. — Als Ge­
schenk des Kunstvereins wurde die Bronzegruppe der schrei­
tenden Amazone mit Pferd, das letzte Werk des vor zwei
Jahren verstorbenen Bildhauers Carl Burckhardt, auf
der Großbasler Seite der mittleren Nheinbrücke ausgestellt.
Von Ausstellungen wurden außerhalb der Kunsthalle
geboten die kleineren Veranstaltungen des Lyzeumklubs,
dessen Räume sich neuerdings in der St. Albanvorstadt be­
finden, und des Kunsthauses Pro Arte, mit stattlichem
neuem Domizil am Blumenrain. Immer mehr ausgebaut
und durch Einbeziehen des neuen Vortragssaales erweitert
wurden die Ausstellungen im Gewerbemuseum. Es wird
in ihnen sehr kostbares Material, seien es Produkte der
Kunstfertigkeit exotischer Völker oder von Volksstämmen des
europäischen Kulturkreises, bei denen alte Tradition oder
neuerwachter Kunstsinn Vorbildliches leistet, meist ver­
bunden mit historischen Beispielen vorgeführt und in Wort
und Schrift erläutert. Die reichsten Darbietungen dieser Art
waren im Berichtsjahr: November 1925 Flechtarbeiten;
Dezember Das Bilderbuch; Februar-März Landweberei,
Bodoni-Drucke; Juni-Juli Kunstgewerbliche Frauenarbeiten
der Schweiz.
v. Architektur.
Im Berichtsjahr sind in üblicher Art und Ausführung
eine große Anzahl von Wohnbauten erstellt worden als
Einzelwohnhäuser, Gruppenbauten, Mietshäuser. In den
letzten Jahren angefangene Wohnbebauungen wurden fort­
geführt. Daneben sind auch größere Gebäude entstanden,
die, da sie an hervorragenden Stellen unserer Stadt gebaut
wurden und zum Teil in Formgebung und Art der archi247
tektonischen Auffassung usw. neu sind, allgemein Aufsehen
erregt haben.
Einzelwohnhäuser. Auf dem Bruderholz entstanden
das Landgut Bruderholzrain 25 (Architekt R. Christ), das
mit den großen alten Baumgruppen zusammen, mit seinen
einfachen, klaren Gebäudemaffen und Terrassen an gute alte
Basler Bauten erinnert, ferner das Wohnhaus Bruderholzallee 172 (Architekt F. Trachsel, Bern) mit Bernerdach
und -Fassade und angebauter Garage, sowie das Laus eines
Malers Bruderholzallee 178 (Architekt Laus Mähly).
Diese beiden letztgenannten Gebäude bilden nun mit dem
vor zwei Jahren entstandenen Laus 174 (Architekt Pro­
fessor Bernoulli) und dem früher gebauten Laus (Architekt
E. Leman) eine Reihe von vier stattlichen Einzelwohnhäusern
zu Beginn des obern Teils der Bruderholzallee. Es sind vier
Läufer, die nebeneinander gestellt sind, wie ungefähr vier
zufällig nebeneinander gehängte Bilder einer Ausstellung.
Sie geben ein klares Bild der heute noch herrschenden Bau­
gesinnung, wo jedes Bauwerk als Einzelgebilde mit größtem
Fleiß und individueller Auffassung im Detail behandelt wird,
aber keine höhere Baugesinnung allen zusammen etwas Ge­
meinsames, „Stil" gibt. Am oberen Batterieweg, neben dem
Laus des Malers Egger ist ein einstöckiges Laus mit aus­
gebautem Mansarddach erstellt worden (P. Losch). An der
Peter Ochs-Straße entstanden zwei Läufer 44 und 46, an
der Drosselstraße 47 (Riedtmann-Weitnauer), an der Drossel­
straße-Ecke Batterieweg ein Einzelhaus (Behrens A Mumenthaler) mit Bäckerei und Tea Room und bei der Batterie
das Alkoholfreie Cafe Batterie (Architekten Suter à Burck­
hardt), in nächster Nähe auf Baselbieter Boden das Gebäude
der Ziegelhosbrauerei Liestal.—Im übrigen östlichen Teil der
Stadt entstanden Einzelwohnhäuser an der Markircherstraße 3,
am St. Albanring 162, St. Albanring 271, letzteres ein ein­
faches Giebelputzhaus neben der Bahnlinie, sowie das Wohn­
haus Lirzbrunnenallee 20 (Architekt Professor Bernoulli).
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Läusergruppen, ein-- und zweistöckig, entstanden auf
dem Bruderholz und im Gundeldingerquartier Grosselstraße
46—51 (Architekt L. Baur), Drosselstraße 53—57 (Architekt
E. Leman), Paßwangstraße 15—17, 21 und 23 (Architekt
R. Christ), am Iakobsbergerholzweg 8 Einfamilienhäuser und
2 Zweifamilienhäuser (A. Löhrer), Röschenzerstraße 170—172
2 Läufer (Steuer), Gundeldingerstraße 174—176 2 Doppel­
häuser (Architekt N. Cavin), Thiersteinerrain 56—64 (P.
E. Schöni). Im äußeren Schützenmattviertel wurden ge­
baut: Einfamilienhäuser in Reihen, zweigeschossig: an der Nealpstraße 71—77, an der Gotthardstraße 38—58 und 39—51,
an der Furkastraße 45—61 (Architekten Von der Mühll
8c Oberrauch) und eingeschossig: im Langen Lohn 204—275
(Architekt Professor Bernoulli). Fernerhin ist an der gleichen
Straße 103—139 eine Zeile erstellt worden mit einem Kinder­
garten 101, am Morgartenring 137—147 (Löhrer), an der
Gotthelfstraße 31—51 (Stehelin L Bischer). — In Kleinbasel-Ost entstanden zweigeschossige Läufer an der Wettsteinallee 46 und 48, Stachelrain 8—14 und Alemannengaffe
110—416, an der Schwarzwaldallee 22—61. Die letztes
Jahr begonnenen Kleinwohnungen „Im Vogelfang" erhielten
am Gotterbarmweg eine Vergrößerung 18—56 (Architekt
Professor Bernoulli), ebenso wurde dort das zweigeschossige
Konsumgebäude 15 fertig (Architekt R. Pfrunder), das im
Gegensatz zu den dort erstellten niedern Backsteinbauten mit
seinen grün verputzten Fassaden fremdartig wirkt. — Als
weitere Kolonie neben „Vogelfang" und „Lirzbrunnen" ist
in deren Nähe an der Straße eine dreigeschossige, hufeisen­
förmige Gruppe „im Leimatland" 7—23 entstanden (Von
der Mühll Lc Oberrauch), sowie zweigeschossige Läuferreihen
66—80, 82—96 und 84—98. Zwischen diesen drei Gruppen
liegt noch der Park des Gutes, in welchem das stattliche,
symmetrische katholische Krankenhaus erstellt wird (Doppler
Lc Sohn) und auf dessen eine Flanke beziehungslos die schöne
alte Lirzbrunnenallee als Zufahrt stößt. Ist nun mit den letztes
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Jahr entstandenen Bauten im „Hirzbrunnen" und „Im
Vogelfang" eine gute flache Bebauung angefangen worden, die
durch Längs-- und Querstellen von ein- und zweigeschossigen
Zeilen ohne Prätention Rhythmus erhielt, so ist durch den
riesigen, hufeisenförmigen, dreigeschossigen Bau an der Straße
„Im Heimatland" dieser ruhige Rhythmus der angefangenen
Bebauung durchbrochen worden, und dieser große Bau er­
hält etwas Spekulationsbauartiges, fast Mietshausartiges,
allein seiner Masse und anspruchsvollen Form wegen. — Im
St. Albanquartier wurden erstellt: die Häuser Scherkesselweg 164 und 166 (Burckhardt, Wenk A Co.). Die Gruppe
St. Albanring 172—186 wurde vollendet (G. Sträub). —
Zwischen Basel und Riehen erhielt die einstöckige Kolonie
„In den Habermatten" eine zweite Straße bebaut (Architekten
Artaria L Schmidt), dicht angrenzend wird mit einer hochgeschossigen Mietsgruppe begonnen. Am Gstaltenrainweg
entstand eine Wohngruppe, am Martinsrain in Riehen ein
Doppelwohnhaus.
Mietshäuser, Erdgeschoß und drei Stockwerke, sind ent­
standen: Am Wiesendamm zwei Gruppen mit je 32 Zwei- und
32 Dreizimmerwohnungen (Architekten Widmer A Calmi)
als Häuser der Mieterbaugenossenschaft. An der Lothringer­
straße 7 Häuser (Architekt F. Saladin), an der Lüningerstraße 8—16 5 Häuser, an der Vogesenstraße 114—116 2
Häuser, Ecke Gasstraße-Lothringerstraße 6 Häuser, Ecke
Davidsbodenstraße-Davidstraße 6 Wohnhäuser (Architekt
Zimmer, Birsfelden), Ecke Landskron-Entenweidstraße 9
Häuser, Luzernerring 124, 126, 128, 130—131, an der Mitt­
leren Straße 60—66 (Architekturbureau W. E. Baumgartner), an der Laufenstraße 61—69 (G. Sträub), die
Ecke Gundeldinger- und Delsbergerallee wurde um 2 Häuser
vergrößert, Gundeldingerstraße 415, am NeuweilerplaH ein
großes Eckgebäude mit Restaurant und Laden, im Langen
Lohn Wanderstraße 102—108, an der Militärstraße 14—22
(W. E. Baumgartner), Schweizergasse 50—56 und Turner250
straße 8—14, Ecke Schönau-Iägerstraße 53—55 (Architekt
Zehntner) mit Eckplastik, farbigem Putz und Bemalung, an
der Erlenstraße 96 und 98. Mietshäuser entstanden ferner
bei den Labermatten (Nadler Söhne) und an der Grendel­
gasse gegen Riehen.
Im allgemeinen sind diese Läufer sehr einfach gehalten,
reicher ausgeführt sind diejenigen an der Mittleren- und an
der Militärstraße.
An industriellen Anlagen wurden erbaut: diejenige
der Petroleum Import Cie. an der Aferstraße (Architekt
W. Faucherre). Sie besteht aus einer stattlichen Benzin­
tank-Anlage mit Einsüllmöglichkeit vom Rhein aus und aus
verschiedenen Gebäuden für Dampfkessel, Löschversahren,
Abgabe des Stoffs und Bureaus. — Am Lysbüchel entstanden
verschiedene neue Bauten für die Bell A.-G., sowie die grün
verputzte Konsumbäckerei mit zwei Lochkaminen, elektrischen
Backöfen, Laderampen usw. (Architekt R. Pfrunder). Am
Viadukt wurde das alte Brauereigebäude in eine moderne
Garage umgebaut und die Fassaden farbig behandelt (Archi­
tekt W. Kehlstadt), an der Maulbeerstraße wurde eine Fabrik­
erweiterung vorgenommen, ebenso am Gotterbarmweg 135.
Als Staatsbauten wurden erstellt: der Wasser- und
Aussichtsturm auf dem Bruderholz (Architekten E. A P.
Bischer), das Transformatorenhaus mit Tramhaltestelle und
Aborten auf dem Kannenseldplatz, der Anbau an die Gewerbe­
schule mit Ausstellungs- und Vortragsräumen (Architekt
E. Leman), die Turnhalle der Claraschule (Lochbauinspektor
C. Leisinger) mit Schulbadanlagen, sowie im Innern der
Stadt die neue Schifflände (Lochbauinspektor Th. Lünerwadel) mit öffentlicher Abortanlage und Zeitungskiosk. Der
Schiffländeplatz erhielt neue Bänke und einen neuen Brunnen,
das Pegelhäuschen wurde neu erstellt (letzteres von Architekt
W. Faucherre).
An der Kannenfeldstraße wurde durch den Architekten
Professor Karl Moser aus Zürich, der vor über zwanzig
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Jahren die Pauluskirche am Steinenring erstellt hat, die neue
katholische Antoniuskirche erbaut. Das Kirchenschiff wurde
in die Flucht der bestehenden Mietshäuser gestellt und von
diesen auf der einen Seite durch einen gewaltigen Portikus
(der Durchgang in den Los zu Pfarrhaus, Schule und Siegristenwohnung sowie die Eingänge in die Kirche enthält),
am andern Ende durch den über 50 Meter hohen Turm ge­
trennt. Der Turm steht sichtbar in der Spalenring-Kannenfeldstraße, in der Entenweidstraße und kann auch sehr schön in
der Mittleren Straße durch die Wintergasse gesehen werden.
Andersartig als an unsern alten und neueren Basler Kirchen
ist an der Antoniuskirche vor allem das, daß sie in hohen Miets­
häusern steht, deren Traufe- und Firsthöhen durch diejenige der
Kirche nicht wesentlich überragt werden können. Dadurch kann
keine Maffenwirkung erreicht werden, wie bei alten Kirchen, die
meistens frei stehen (z. B. der Barfüßerkirche usw.). Neuartig
ist auch, daß sie nicht in einer alten Stilform, sondern ganz in
Gußbeton ausgeführt ist. An alte Kirchen hingegen erinnern
die Naumelemente, so die gewölbte Decke im Innern, die fast
20 Meter hohen Pfeiler, die riesigen Fenster, die farbig ver­
glast werden sollen. Die Wahl des „neuen Stils" hat großes
Aussehen erregt, besonders da die Lehre der Kirche, der sie
dient, alt ist. Sie folgt hierin jedoch den Kirchenbauten frü­
herer Zeiten, die stets dem Zeitstil huldigten. Da wir keinen
ausgesprochenen Zeitsül haben, folgt sie dem Stil der augen­
blicklichen Mode, aber mit viel Zurückhaltung, und versucht
in erster Linie sachlich zu sein. Die neue „Mode" drückt sich
am stärksten im Turm aus, dessen Glockenstube einseitig her­
ausgezogen ist und oben den aus deutscher Baukunst bekannten
„Zeigfinger" in Form eines Kreuzes hat. Das Volk sagt,
dieser Turm „falle um". Wenn man ihn im Stadtbild, z. B.
von der Batterie aus betrachtet, sieht es fürs Auge so aus,
bedingt durch die Steigerung nach einer Seite hin. Pier zeigt sich,
daß einer aparten Modeform zuliebe die alten Gesetze der Türme
(statisch konzentrisch ausgebaut) nicht verlassen werden dürfen.
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Am St. Albangraben wurde das Gebäude der Nationalbank (Architekten Suter A Burckhardt) vollendet.
Es ist in der Organisation seines Grundrisses, nach Ausgestal­
tung und Einrichtung seiner Räume nach den neuesten, besten
Erfahrungen gebaut. Die Architekten haben, was äußere
Form, Fassade usw. anbetrifft, bei Eröffnung des Gebäudes
die Beweggründe der Gestaltung angegeben. Dasselbe sollte
der kommenden Zeit entsprechen, da der Ernauerhof schon dem
Bankverein gehöre und bald umgebaut werden müsse, und der
Württembergerhof auch fallen werde. Es wurde versucht, eine
zeitlose, sachliche Architektur zu finden.
Mit der Preisgabe dieser Straßenseite des St. Albangrabens, die in wunderbarer Harmonie die Bauten dreier ver­
schiedener Zeiten, den Ernauerhof, den Großen Colmar und
den Württembergerhof enthielt, geht ein prachtvolles Stück
baulich guten Basels verloren, und es ist äußerst fatal, wie
unbekümmert das geschehen konnte, besonders auch von
Seiten des Leimatschutzes aus. Da für die Neuerbauung der
Straßenseite keinerlei Richtlinien, weder für Gebäudehöhe,
noch Architekturform aufgestellt worden sind, wird die zwi­
schen modernem Bankplatz und dem alten Straßenzug Rittergasse-Albanvorstadt angenehm vermittelnde Wirkung verloren
gehen.
Am Riehenring ging der Neubau des Verwaltungs­
gebäudes der Mustermesse zu Ende (Architekt H. Herter,
Zürich), mit großen Ausstellungshallen, Sälen, Restaurants
und Post. Er ist mit seiner Hauptsront von der Straße ab­
gerückt und es ist zu hoffen, daß er bald einen architektonischen
Rahmen erhält. Einen interessanten provisorischen Rahmen
hatte er während der Internationalen Ausstellung für Binnen­
schiffahrt, wo Musiermeßgebäude, Brücke und Turm (Archi­
tekten Bräuning à Leu) zusammenwirkten.
Im Innern der Stadt wurde am Barfüßerplatz das
Hotel Metropol umgebaut (Architekten Widmer öc Calini).
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