DESIGN FOR ALL Seite 1 CHECKLISTE ZUR KONZEPTION UND GESTALTUNG VON BARRIEREFREIEN AUSSTELLUNGEN PRÄAMBEL öffentlichen Verkehrsmitteln und der Das Übereinkommen über die Rechte von Informationsvermittlung abzubauen, um Menschen mit Behinderungen der Vereinten allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben Nationen (UN Behindertenrechtskonvention zu ermöglichen. Die gleichberechtigte BRK) aus dem Jahr 2006 definiert im Teilhabe an kulturellen Ereignissen spielt Artikel 1 Menschen mit Behinderungen dabei eine wichtige Rolle. Öffentliche folgendermaßen: Dauer- und Sonderausstellungen sind aus »Zu den Menschen mit Behinderungen diesem Grund so zu gestalten, dass sie zählen Menschen, die langfristige körper- barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Eine Initiative des Landesverbandes der Museen zu Berlin e.V. (LMB) und der Senatskanzlei Berlin – Kulturelle Angelegenheiten liche, seelische, geistige oder Sinnes- »Barrierefreiheit« definiert das Behinder- beeinträchtigungen haben, welche sie tengleichstellungsgesetz von 2002 in §4 in Wechselwirkung mit verschiedenen wie folgt: Barrieren an der vollen, wirksamen »Barrierefrei sind bauliche und sonstige und gleichberechtigten Teilhabe an der Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gesellschaft hindern können.« Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische Stand November 2011 © 2011 LMB und Autoren Im Jahr 2009 ist diese Übereinkunft in und visuelle Informationsquellen und Deutschland in Kraft getreten. Ihr Ziel ist Kommunikationseinrichtungen sowie es, vorhandene Barrieren in Gebäuden, andere gestaltete Lebensbereiche, wenn Seite 2 sie für behinderte Menschen in der allge- Planungsgrundlagen – Teil 1: Öffentlich mein üblichen Weise, ohne besondere Er- zugängliche Gebäude) 10-2010, ersetzt schwernis und grundsätzlich ohne fremde die DIN 18024 Teil 2 1 Hilfe zugänglich und nutzbar sind.« • Empfehlungen, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: Berlin – Design for Eine solche Barrierefreiheit ist demnach all. Öffentlich zugängliche Gebäude von keine »freiwillige« Leistung, sondern ein 2011 und Design for all – Öffentlicher einklagbares Recht. Sowohl das Grund- Freiraum Berlin von 2010« 2 gesetz (Artikel 3, Abs. 3) als auch das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG von Empfehlungen für barrierefreie Ausstellun- 2002) sowie das Berliner Landesgleich- gen finden sich u.a. in folgenden Publika- berechtigungsgesetz (LGBG von 1999) tionen: schreiben Barrierefreiheit vor. • Leitfaden für eine barrierefreie Gestaltung von Museen für sehbehinderte und Gesetzes- und Planungsgrundlagen für blinde Besucher des Deutschen Blinden- Barrierefreiheit in baulichen Anlagen sind: und Sehbehindertenverbandes e.V. 3 • die Bauordnung von Berlin (BauO Bln von 2005) • DIN 18040 – 1 (Barrierefreies Bauen – • Broschüre Barrierefrei Konzipieren und Gestalten des Deutschen Technikmuseums Berlin 4 Seite 3 • Das barrierefreie Museum – Theorie und schiedliche Bedürfnisse. Die darin verwen- Praxis einer besseren Zugänglichkeit deten Begriffe folgen dem Sprachgebrauch von Patrick S. Föhl, u.a. (Hrsg.), und Selbstverständnis der jeweiligen Bielefeld 2007 Gruppe. Gleichzeitige Barrierefreiheit für alle Neben den speziellen Bedürfnissen von Behinderungsarten herzustellen, ist eine Menschen mit Behinderungen haben alle Herausforderung, da jeweils unterschied- Ausstellungsbesucher Bedürfnisse in Hin- liche Bedürfnisse aufeinandertreffen. Eine blick auf Zugänglichkeit und Nutzbarkeit Treppenstufe kann für einen blinden Men- der vermittelten Inhalte. Auch wenn die schen eine wichtige Orientierungshilfe sein, unterschiedlichen Anforderungen im Einzel- während sie für einen Rollstuhlfahrer ein fall oft kreative Lösungen erfordern, profi- Hindernis darstellt. Dennoch müssen Aus- tieren letztlich alle von Sitzgelegenheiten, stellungen künftig so realisiert werden, dass einem klaren Leitsystem und gut lesbaren, sie für alle Gruppen weitgehend barrierefrei verständlichen Texten. 5 Ausstellungen wersind. Die Checkliste zur Konzeption und den für ihre Besucher und Besucherinnen Gestaltung von barrierefreien Ausstellun- gemacht und sollten deshalb die Besucher- gen ist deshalb nach Behinderungsgruppen bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. gegliedert und berücksichtigt deren unter- Dies kann jedoch nur funktionieren, wenn Seite 4 Besucherorientierung und Barrierefreiheit Rettung von Menschen mit Behinderung als verbindliche Leitlinien eines Hauses im Brandfall wurden nicht berücksichtigt. definiert werden und Kuratoren, Raumautoren und andere Museumsfachleute von Die Checkliste zur Konzeption und Gestal- Anfang an mit Museumspädagogen, Textern tung von barrierefreien Ausstellungen und Gestaltern ein besucherorientiertes wurde von einer Arbeitsgruppe des Landes- und für genau benannte Gruppen barriere- verbandes der Museen zu Berlin e.V. ent- freies Ausstellungskonzept entwickeln. wickelt. Zu dieser AG gehören Architekten für barrierefreies Bauen, Museumspädago- Da für die Barrierefreiheit von Gebäuden, gen, Museumsmitarbeiter und Ausstellungs- in denen Ausstellungen stattfinden, bereits gestalter sowie sehbehinderte, blinde und verbindliche Gesetze und Richtlinien exis- hörgeschädigte Menschen. Darüber hinaus tieren (s.o.), wird darauf in der Checkliste wurde die Liste mit Betroffenenverbänden nur am Rande eingegangen. Bei der Aus- des Landesbeirats für Menschen mit stellungsplanung ist jedoch zu beachten, Behinderung sowie dem Landesbeauftrag- dass Menschen mit Behinderungen das ten für Menschen mit Behinderungen abge- Gebäude eigenständig erreichen und stimmt. Die Checkliste wird nun der Öffent- sich darin möglichst barrierefrei bewegen lichkeit vorgelegt und einem Praxistest können. Die notwendigen Maßnahmen zur unterzogen. Kommentare und Vorschläge Seite 5 der Anwender sind dabei unter CHECKLISTE HÖREN [email protected] herzlich Menschen mit Behinderungen willkommen. Die daraus gewonnenen des Hörsinns Erkenntnisse werden in eine aktualisierte Version der Checkliste einfließen. CHECKLISTE VERSTEHEN Menschen mit Behinderungen der Lernfähigkeit Anleitung Die Checkliste zur Konzeption mit jeweils kurzen Erläuterungen und Gestaltung von barrierefreien zum Ausfüllen. Ausstellungen gliedert sich in vier Teile: Die Checkliste soll die Ausstellungsplanung CHECKLISTE BEWEGEN von Anfang an begleiten und ist Bestandteil Menschen mit Behinderungen des Antrages auf öffentliche Förderung. des Bewegungsapparates Die verwendeten Fachbegriffe werden im Glossar erläutert. CHECKLISTE SEHEN Menschen mit Behinderungen Die geplanten Maßnahmen zur Herstellung des Sehvermögens von Barrierefreiheit – nach Behinderungs- Seite 6 arten gegliedert – sind im Formular Als Ergebnis ist durch ein Gutachten fest- Konzepterläuterung der geplanten Aus- zustellen, für welche Behinderungsarten die stellung, für jede Gruppe kurz zu beschrei- Ausstellung geeignet ist. Es ist erwünscht, ben. Danach sollen die in der zugehörigen diese Empfehlung in die Öffentlichkeits- Checkliste aufgeführten Notwendigkeiten arbeit und Werbung für die Ausstellung zu auf ihr Vorhandensein überprüft werden. integrieren. Bei Nichterfüllung einzelner Anforderungen Außerdem enthält jede Checkliste eine sind im Formular Alternativ- und Kompen- Selbstverpflichtungserklärung in der sich sationskonzept im Sinne der Barriere- die Ausstellungsmacher verpflichten, freiheit gleichwertige Alternativ- oder die im Antrag aufgeführten Maßnahmen Kompensationsmaßnahmen zu benennen. auch umzusetzen. Anmerkungen 1 Die neue DIN 18040 Teil 1 vom Oktober 2010 ist veröffentlicht, aber noch nicht bauaufsichtlich eingeführt. 2 www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/barrierefreies_bauen/de/handbuch.shtml 3 www.dbsv.org/fileadmin/dbsvupload/Worddateien/Tourismus/Leitfaden_Barrierefreie_Museen_2008.doc 4 1. Auflage 2008 (vergriffen). Als Datei verfügbar auf Anforderung bei Svenja Gaube ([email protected]) 5 Evelyn Dawid, Robert Schlesinger (Hrsg.): Texte in Museen und Ausstellungen: ein Praxisleitfaden, Bielefeld 2002 Seite 7 Impressum Autoren und Autorinnen der Checklisten Checkliste Bewegen Hilke Groenewold, Architektin, Sachverständige für Barrierefreiheit in Stadtraum und Architektur Dorothée Hauck, Architektur und Ausstellungen – Ausstellungsgestalterin Dipl. Ing. Ingeborg Stude, Ministerielle Angelegenheiten des Öffentlichen Bauens, Koordinierungsstelle »Barrierefreies Bauen« Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin Checkliste Sehen Sabine Läger, Projektleiterin im Bereich barrierefreie Mobilität und Kommunikation, NBIK e.V., ›nachhaltig bilden, integrieren und kommunizieren‹ Dr. Rüdiger Leidner, Regierungsdirektor im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Leiter der Koordinationsstelle Tourismus im Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverein (DBSV), Vorsitzender der Nationalen Koordinationsstelle Tourismus für Alle e.V. Franz Rebele, Arbeitskreis Verkehr, Umwelt und Mobilität beim Allg. Blinden- und Sehbehindertenverein (ABSV) Berlin Checkliste Hören Oliver Paul, Landschaftsplaner, Kompetenzzentrum Barrierefrei Planen und Bauen c/o TU Berlin Hilke Groenewold, Architektin, Sachverständige für Barrierefreiheit in Stadtraum und Architektur Checkliste Verstehen Dr. Christiane Schrübbers, Museumspädagogin, Kulturprojekte Berlin GmbH Evelyn Dedio, Lektorin, Stadtmuseum Berlin Franz Rebele, Arbeitskreis Verkehr, Umwelt und Mobilität beim Allg. Blinden- und Sehbehindertenverein (ABSV) Berlin weitere Mitglieder der AG Barrierefreiheit Berlin (alphabetisch sortiert) Karlo Bozinovski, Dipl.-Ing., Sachverständiger im Sachgebiet Barrierefreie Stadt- und Gebäudeplanung, Albatros gemeinnützige Gesellschaft für soziale und gesundheitliche Dienstleistung mbH, Projekt Mobidat Dr. Ferdinand Damaschun, amtierender Generaldirektor im Museum für Naturkunde Berlin (Leiter der Arbeitsgruppe) Dr. Oliver Götze, Wissenschaftlicher Assistent, Museum für Kommunikation Berlin Gerd Grenner, Referent, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin Marion Grether, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Museum für Kommunikation Berlin Dr. Marko Spieler, Museumspädagoge, Museum für Naturkunde Berlin Anja Winter, tastkunst Kunst- und Kulturführungen für Blinde und Sehbehinderte beratende Verbände Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) Deutscher Schwerhörigenbund e.V. (DSB), Referat Barrierefreies Planen und Bauen Deutscher Gehörlosen-Bund e.V. (DGB) Lebenshilfe Berlin Glossar zu den Checklisten Imke Baumann, Förderband e.V. – Kulturinitiative Berlin Schlussredaktion Dr. Christiane Schrübbers, Hilke Groenewold, Evelyn Dedio Gestaltung Marion Meyer, Kulturprojekte Berlin GmbH