Starker Auftakt mit Ballett "Freaks" in Gera - TSV 1886 Gera

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Starker Auftakt mit Ballett "Freaks" in Gera - otz.de
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Starker Auftakt mit Ballett "Freaks" in Gera
Szenenfoto aus "Freaks". Das Ballett von Silvana Schröder hatte am 4. November in Gera Uraufführung.
Silvana Schröder und die junge Ballett-Truppe von Theater&Philharmonie
Thüringen setzten mit "Freaks" am Freitagabend in Gera ein
Achtungszeichen.
Gera. Es lässt sich trefflich darüber streiten, was oder wer ein Freak ist: die junge
Frau mit dem Schuhtick oder der Modenarr, der an keinem Fummel vorbeigehen
kann. Das angehende Filmsternchen, der Fußball verrückte Sportler oder der
Wissenschaftler mit dem Innenleben eines Rechners.
Für Silvana Schröder sind Freaks Menschen, die aus der Norm fallen. Die sich
mit Leidenschaft einer Sache verschrieben haben, in den Augen ihrer
Mitmenschen als unangepasst gelten und durch ihre Besessenheit dennoch dafür
sorgen, dass immer wieder Neues entsteht.
Mit ihrer ersten großen Arbeit als neue Ballettdirektorin von
Theater&Philharmonie Thüringen begibt sich Silvana Schröder auf Spurensuche
zu Menschen, die anders sind. Das ist ein Anspruch, der an sich schon schwer zu
stemmen ist. Hinzu kommen ein fast komplett neues Ensemble, das noch
zusammen wachsen muss, und der ehrgeizige Wunsch der Choreografin, für jedes
einzelne Mitglied der Compagnie eine eigenständige Rolle zu kreieren. Ein
Mammutprojekt.
Der Auftakt mit "Freaks" Freitagabend in Gera ist stark und hält das Publikum
nahezu 90 Minuten lang in atemloser Spannung. Zu einer Musikcollage von
Philip Glass über Pink, Einstürzende Neubauten bis Verdi und auf einer großartig
gedachten wie puristisch gehaltenen Bühne (Andreas Auerbach, der auch für
Kostüme und Video verantwortlich zeichnet) lässt sie ihre Freaks aufmarschieren.
Zunächst verhalten:
Wie ein kleiner neugieriger Vogel hockt Mattia Carchedi auf den weißen
Gitterstäben eines riesigen Käfigs, das Kinn nach vorn gestreckt, die flinken
Augen ständig in Bewegung. Am Bühnenrand nimmt die junge Musikerin Carla
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Nelson Platz, die als Sängerin und Erzählerin die freaky Typen mit ihrer Passion
gekonnt präsentiert: den Tierfreund und den Graffiti-Künstler, den Mathematiker
und das Computergenie, den Schachspieler und den Extremsportler, Pianist,
Naturliebhaberin, Dirigent, Filmsternchen, Fotografin, den Mann, der zum
Frühstück die Zeitung verschlingt, das Mädchen, das alles unter Kontrolle halten
muss, und die Frau mit dem Kopf in den Sternen.
Für jeden Sekundenauftritt des Entree hat Silvana Schröder eine Rolle in
Bewegung umgesetzt, mal klassisch streng, dann wieder kraftvoll akrobatisch
oder fantasievoll modern. Die Choreografin spielt virtuos auf der Klaviatur der
Tanzsprache, reizt alles Facetten aus und findet immer wieder neue,
überraschende Ausdrucksformen. Dabei wirkt allerdings mancher Text, manches
Requisit plakativ und unnötig. Und an anderer Stelle fordern Zitate aus den
Büchern des Autisten Birger Sellin ungeteilte Aufmerksamkeit: "Meine
Gedanken fliegen wie seltsame Krähen durch mein Gehirn. Ich kann sie nicht
kontrollieren und zähmen."
Silvana Schröders Bilder - ob in den Soli, den Pas de deux oder in der Gruppe fesseln, verzaubern, verstören, verunsichern. Manche sind in ihrer Intensität
schwer auszuhalten, darunter Mattia Carchedi, der vom neugierigen zum
verrückten Vogel mutiert wie der rebellische McMurphy in "Einer flog über das
Kuckucksnest". Oder Filip Kvacak, der in der Welt der Zahlen und Zeichen fast
irrsinnig wird. Odsuren Dagva als fantastischer Modefreak, Alexey Ivanov als
Clown brechen witzig-ironisch die Anspannung auf. Ebenso der Graffiti
verrückte Vitalij Petrov, Alina Dogodina als Ordnungsfanatikerin oder die
reizende Chiho Kawabata, die jeden Moment im Bild festhalten will. Und auch
Franziska Möller gelingt mit ihrer rhythmischen Sportgymnastik ein feiner
Auftritt.
Am Ende verabschieden sich die Künstler zu Bildern aus der Kinderzeit. Tanz
verrückte junge Frauen und Männer, die sich hervorragend präsentiert haben. Ein
toller Abend, der neugierig macht auf mehr.
Nächste Vorstellung: 12.11. ,19.30 Uhr, Großes Haus Gera
Sabine Wagner / 07.11.11 / OTZ
Z83BB6K151439
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