Konzept Gewaltschutzwohnung für Ostthüringen / angrenzende Kommunen in Gera Warum eine Gewaltschutzwohnung? Eine Vielzahl von Studien aus der westlichen Hemisphäre belegt, dass häuslicher Gewalt eine prozentual ähnlich hohe weibliche wie männliche Täterschaft zugrunde liegt. Zwei durch das BMFSFJ 19921 sowie 20042 in Auftrag gegebene Studien belegen dies3. Eine Vielzahl von persönlichen sowie telefonischen Gesprächen mit politischen Verantwortungsträgern4 brachte die Erkenntnis, dass die zunehmend in die Wahrnehmung rückende Gruppe männlicher Opfer einen Bedarf nicht nur intervenierender sowie sozialkompetenter Anlaufpunkte, sondern auch einer Schutzwohnung unterstreicht. Nicht bestätigt wurde dies durch Herrn Lübbers und Herrn Sbick, welche die Meinung vertreten, ohne Nachfrage könne kein Angebot erstellt werden. Problematisch hierbei ist jedoch, dass gerade Männer eine ungleich höhere Hürde sehen, über Gefühle des Schmerzes und der persönlichen wie in diesem Falle körperlichen Niederlage zu sprechen, was wiederum im Rollenverständnis begründet liegt und begründet, dass eine prozentual ungleich niedrigere „Aufdeckungs“rate männlicher Opferschaft häuslicher Gewalt vorliegt. Auch dürfte als problematisch gelten, dass der überwiegende Teil des Beratungsnetzwerkes auf Frauen, Alleinerziehende und Familien ausgerichtet ist; eine entsprechende Sensibilisierung der Öffentlichkeit wäre notwendig, um Opfern Mut zuzusprechen, Hilfsstrukturen zu nutzen. Wer als Mann häusliche Gewalt erfährt, hat im Zuge von Gleichstellungsgesetzen des Bundes und Thüringens einen Anspruch auf Unterstützung bei Erstgesprächen, Formalitäten, sozialer Einbindung sowie einer Notunterkunft. Als ungeeignet zeigten sich in der Vergangenheit Notunterkünfte im Rahmen existierender Obdachlosenheime, da diese tagsüber geschlossen sind und neben permanenter nächtlicher Unruhe aufgrund der oftmals anwesenden Problemfälle keine Möglichkeit bieten, zu sich selbst zu finden und die Situation zu verarbeiten. Als ebenfalls ungeeignet dürfte der durchaus ambitionierte Vorschlag der Opferschutzbeauftragten der Polizei, Frau Kaufmann, gelten, männlichen Opfern vorhandene Räumlichkeiten in Frauenhäusern zur Verfügung zu stellen. Einerseits steht die Gefahr der Offenlegung der Adressen, andererseits dürften derartige Aufenthalte zu Reibungspunkten zwischen vorbelasteten persönlichen Erfahrungen beiderseits führen. Wer kann eine Gewaltschutzwohnung stellen? Ein erstes Gespräch mit Herrn Schekira als Vorstand der Geraer Wohnungsgesellschaft zeigte die Bereitschaft, ein solches Objekt zur Verfügung zu stellen und dergestalt zu unterstützen, dass lediglich die Neben- bzw. Betriebskosten zu tragen seien. Ein weiteres Gespräch mit Herr Schekira wird abhängig von eingehenderen Förderanfragen in Kürze stattfinden. Wie wird die Gewaltschutzwohnung finanziert? Die Gewaltschutzwohnung kann über Fördermittel aus Bundes-, Landes- sowie Stiftungsmitteln, aber auch aus Spenden finanziert werden. Idealerweise sollte eine enge Verzahnung mit Entscheidungsträgern der Stadt Gera, beispielweise hinsichtlich Förder-/Vergabegrundsätzen sowie Vernetzung / Öffentlichkeitsarbeit stattfinden. So zum Beispiel durch die Begleitung von an das BMFSFJ gerichteten Förderanträgen durch Referenzschreiben oder anteilige Kostenübernahme. Die Möblierung des Objektes kann durch Möbelbestände seitens der GWB Elstertal, der Geraer Nachbarschaftshilfe sowie der OTEGAU und der kirchlichen Initiativen bestritten werden. 1 Niedersächsisches Kriminologisches Institut 2 Dissens e.V. / GEFOWE / SOKO-Institut GmbH 3 „Gewalt gegen Männer in Deutschland – personale Gewaltwiderfahrnisse von Männern in Deutschland“ / Seite 221 4 Frau Diezel / stellv. Ministerpräsidentin, Herr Lübbers / Thüringer Justizministerium, Herr MdL Michael Panse / fam.pol. Sprecher CDU Thüringen, Frau Ehrenberg / Interdiszipl. Arbeitskreis elterliche Sorge, Herr Jakob / Notbremse e.V. Weimar, Frau Kaufmann / Opferschutzbeauftragte der Polizei Gera, Herr Sbick / Staatsanwaltschaft Gera, Herr Müller / Bürgerbeauftragter der Geraer Polizei Gera, Herr Werner / Kinderschutzbund Wie sollte die Gewaltschutzwohnung beschaffen sein? Die Gewaltschutzwohnung sollte nach Möglichkeit zwei bewohnbare Räume für Aufenthalt und Nachtruhe maximal zweier Betroffener haben und darüber hinaus über Bad, Küche sowie einen als Büro / kleines Lager nutzbaren Raum verfügen. Wie kann die Gewaltschutzwohnung betrieben werden? Für die Betreibung einer Gewaltschutzwohnung bedarf es einer empathischen wie engagierten Person, die idealerweise pädagogische / psychologische Berufskenntnisse einbringen kann und mittels eines Förderplatzes in enger Kooperation mit der OTEGAU diesen Posten auffüllen kann. Welche Voraussetzungen bringen wir als Verein mit? Der GLEICHMASS e.V. setzt sich aus Eltern und Großeltern zusammen, die selbst jahrelange Erfahrungen aus ihren jeweiligen Berufen einbringen. So haben wir einen Unternehmensberater, eine Berufsschullehrerin, eine Krankenschwester, einen Firmeninhaber sowie einen Physiotherapeuten aus dem Bereich der Psychopathologie in unserer Mitte, profitieren aber auch aus engen Verbindungen mit auf diesem Gebiet erfahrenen Fachleuten5, beispielsweise Herrn Döge als Verfasser der vom Land Thüringen beauftragten Frauenhausstudie aus 2007/2008 sowie Herrn Horst Schmeil als langjährigen Initiator und Betreuer von Gewaltschutzeinrichtungen6. Wir stehen in permanentem Austausch mit familienpolitisch engagierten Initiativen und Entscheidungsträgern und arbeiten an einer sinnvollen wie dauerhaften Vernetzung mit sozial aktiven Körperschaften7, deren Tätigkeitsschwerpunkt ebenfalls auf dem Ausbau von Hilfsstrukturen ausgerichtet ist. Was bedeutet die Gewaltschutzwohnung für die Stadt Gera? Bisher existiert nur eine Gewaltschutzeinrichtung für Männer, welche in der Arbeit des BMFSFJ als gefördertes Objekt geführt wird – in Berlin. Seit einigen Jahren wird in den Medien die Debatte über die Entwicklung familienpolitischer Rahmenbedingungen sowie innerfamiliäre Rollenvorstellungen geführt, die nicht selten das Thema der partnerschaftlichen sowie der Gewalt gegen Kinder zum Inhalt hat. Allmählich erst dringt die Notwendigkeit in das Bewusstsein politischer Entscheidungsträger ein, dass auch Männer eines Netzwerkes bedürfen, welches sich ihrer als Opfer annehmen kann. Erkennbar ist diese Tatsache an der Erfassung von männlichen Opferzahlen, die seitens des Thüringer Sozialministeriums mit Beginn dieses Jahres aufgenommen wurde. Die Stadt Gera kann mit der Unterstützung einer Gewaltschutzwohnung für Männer eine Vorreiterrolle nicht nur in Ostthüringen, sondern über die Landesgrenzen hinaus einnehmen. Gerade angesichts der „optischen Öffnung“ und Verjüngung dieser Stadt durch BUGA, Linie 1 und URBANProjekte wird diese Unterstützung in Fachkreisen als weiteres Indiz einer fortschrittlichen wie sozial engagierten Stadt aufgefasst werden. 5 Herr Professor D. Peter Döge / IAIZ, Herr Jakob / Notbremse e.V., Herr Scheinert / LEmann e.V., Herr Heymann / Knicklicht e.V., Herr Werner / Kinderschutzbund, Hr. Höttermann / LAG Kinder- und Jugendschutzdienst Thüringen, Hr. Reifarth / Fachgruppe Jungenarbeit, Polizeihauptmeister Thomas Müller / Bürgerbeauftragter der Polizei Gera 6 Neuhaus, Güstrow, Berlin 7 Geraer Nachbarschaftshilfe e.V., LEmann e.V., Knicklicht e.V., Väterkreis Jena