Historischer Wohnhausbau. Stadt und Wohnen in der

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TU Dresden, Fakultät Architektur
Prof. Dr. Hans-Georg Lippert
Vorlesung Baugeschichte (Hauptstudium)
Sommersemester 2017
Historischer Wohnhausbau. Stadt und Wohnen in der Vormoderne
(Hauptstudium Architektur/Landschaftsarchitektur, Masterstudiengang Denkmalpflege u. Stadtentwicklung, kunstgeschichtlicher Vertiefungsbereich Architekturwissenschaft)
11. Vorlesung
New Vernacular
Traditionalistischer Hausbau 1900-1950
Begriff: Vernakulär

vernaculum:
(lat.) das Einheimische, Hausgemachte. „Alles, was in Haus und Hof geboren, aufgezogen, gewebt, kultiviert, erzeugt wird, Sklave oder Kind, Nahrungsmittel oder Kleidung, Tier, Meinung oder Scherz“ (Ivan Illich).
 vernakulär:
(Sprachwissenschaft): mundartlich, volkstümlich, dem Alltagsjargon entsprechend.
 vernacular:
(engl.) alltäglich, alltägliches Erscheinungsbild.
 vernacular architecture:
(engl.) Alltagsarchitektur, volkstümliche Architektur, „anonyme Architektur“, „Architektur ohne Architekten“.
Ausgangspunkt:
Wachsende Kritik an der Architektur des späten 19. Jahrhunderts, die die neuen, noch
ungewohnten Bauaufgaben der modernen Industriegesellschaft ins vertraute Stadtbild
einband, indem sie die Gebäude in historischen Stilformen „einkleidete“. Ab ca. 1890 bilden
sich zwei ganz unterschiedliche Lösungsansätze heraus: Die Entwicklung einer neuen,
ahistorischen Form des Dekors ( Jugendstil, Art Nouveau) und die Rückbesinnung auf das
Archetypische, Wesentliche und vorgeblich Zeitlose, unter weitgehender Vermeidung von
Dekor ( Reformarchitektur). Ziel bleibt weiterhin die Suche nach dem (national) Typischen
und „Heimatlichen“ (vgl. auch 10. Vorlesung), aber der Ansatz ändert sich.
Grundansatz des 20. Jahrhunderts:
Der Typus als Quintessenz (Beispiel: Deutschland)
Vorläufer:
 Carl Schäfer und das „Schäfersche Haus“ (Neustadt 3-4) von 1321 in Marburg
(Dokumentation 1876, publiziert 1900)  vgl. 10. Vorlesung
Protagonisten und Publikationen:

Hermann Muthesius (1861-1927)
o Das englische Haus (3 Bände), Berlin 1904
o Wie baue ich mein Haus?, München 1916.

Friedrich Ostendorf (1871-1915)
o Sechs Bücher vom Bauen. (Von den geplanten sechs Bänden sind nur drei
Bände und ein Supplementband erschienen:)
 Bd. 1: Theorie des architektonischen Entwerfens. (pdf 10 MB, Silesian
University of Technology Digital Library). Berlin 1914.
 Bd. 2: Die äußere Erscheinung der einräumigen Bauten. (pdf 12 MB,
Silesian University of Technology Digital Library). Berlin 1914.
 Bd. 3: Die äußere Erscheinung der mehrräumigen Bauten, bearbeitet
von Sackur, Berlin 1920. (Online UB Weimar).
o Haus und Garten. Berlin 1914.

Paul Mebes (1872-1938)
o Um 1800. Architektur und Handwerk im letzten Jahrhundert ihrer
traditionellen Entwicklung, München1908.

Heinrich Tessenow (1876-1950)
o Der Wohnhausbau, München 1909
o Hausbau und dergleichen, Berlin 1916.
o Handwerk und Kleinstadt, Berlin 1919.

Karl Gruber (1885-1966)
o Die Gestalt der deutschen Stadt. Ihr Wandel aus der geistigen Ordnung der
Zeiten, München 1937 / 1952. Beschwörung eines idealisierten Mittelalters als
Vorbild für die von spirituellem Niedergang, Vermassung und Normierung
geprägte Gegenwart.

Paul Schmitthenner (1884-1972)
o Das deutsche Wohnhaus, Stuttgart 1932. Technische Modernisierung in
traditionalistisch-handwerklichem Gewand, dezidiert gegen die Weiße
Moderne und deren demonstrative Avantgarde-Inszenierung.
Spezielle Literatur:
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Nils Aschenbeck: Reformarchitektur : Die Konstituierung der Ästhetik der Moderne,
Basel 2016.
Klaus von Beyme u. a. (Hg.): Neue Städte aus Ruinen. Deutscher Städtebau der
Nachkriegszeit, München 1992 (mit Beiträgen u. a. zu Lübeck und Rostock).
Kai Krauskopf, Hans-Georg Lippert, Kerstin Zaschke (Hg.): Neue Tradition. Konzepte
einer antimodernen Moderne in Deutschland, Dresden 2009.
Werner Lindner, Erich Böckler (Bearb.): Die Stadt. Ihre Pflege und Gestaltung (= Die
landschaftlichen Grundlagen des deutschen Bauschaffens, Bd. II, hrsg. v.
Reichsorganisationsleiter der NSDAP), München 1940 (zu Beginn des 2. Weltkriegs
erschienene, aufwändig gemachte und ideologisch-moralisch hoch aufgeladene
Lobpreisung von Kleinstadt und Volksgemeinschaft; aufschlussreiche Wiedergabe des
Mainstreams im Deutschland der NS-Zeit).
Markus Oddey, Thomas Riis (Hg.): Zukunft aus Trümmern. Wiederaufbau und
Städtebau in Schleswig-Holstein nach dem Zweiten Weltkrieg, Kiel 2000.
Julius Posener: Berlin auf dem Wege zu einer neuen Architektur. Das Zeitalter
Wilhelms II. 1890 - 1918 - [ 2. Aufl. ], München 1995. Mit ausführlichen Kapiteln zu
Muthesius, Ostendorf und Schultze-Naumburg.
Andreas Romero: Baugeschichte als Auftrag. Karl Gruber: Architekt, Lehrer, Zeichner.
Eine Biographie, Braunschweig 1990.
Fedor Roth: Hermann Muthesius und die Idee der harmonischen Kultur : Kultur als
Einheit des künstlerischen Stils in allen Lebensäußerungen eines Volkes, Berlin 2001.
Paul Schmitthenner: Das deutsche Wohnhaus (1932). Reprint der 3. Aufl. 1950, mit
einer Einführung von Hartmut Frank, Stuttgart 1984.
Wolfgang Voigt, Hartmut Frank (Hg.): Paul Schmitthenner 1884-1972, TübingenBerlin 2003.
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