BAUPROJEK T BUCKHAUSER STR AS SE | «BETHANIEN ZIEHT NACH ALTSTET TEN UM» BAUJOURNAL 03 | 2014 IST-ZUSTAND UND AUSBLICK Die Fassade entsteht EDITORIAL «Alles nur Fassade», sagt der Volksmund. Stimmt wohl, wenn man nur von aussen schaut. Der Blick Text: Nadja Kröner hinter die Kulissen zeigt aber eine Wo vor wenigen Monaten noch ein tiefes, grosses Loch klaffte, stehen nun das erste und zweite Untergeschoss des Neubaus. Im Erdgeschoss werden zurzeit die ersten Wände in die Höhe gezogen. grosse Komplexität auf, die schliesslich zu einer schönen Fassade mit einem stabilen Bauwerk dahinter führt. Obwohl der Bauboom nach Seit einiger Zeit präsentiert sich die Baustelle ohne die grossen, quer über die Baugrube verlaufenden Stützbalken. Da das Gebäude mittlerweile bis zum Erdgeschoss erstellt ist, darf man korrekterweise auch nicht mehr von Baugrube sprechen. Der Raum zwischen Baurand und Gebäude ist mit Kies aufgefüllt worden und die Bodenplatte ist fertig betoniert. Die zwei Untergeschosse sind nahezu fertiggestellt und während im 2. UG die Technik ihren Platz finden wird, werden im 1. UG die Tiefgarage und verschiedene Lagerräume untergebracht sein. Zudem befinden sich in den beiden Untergeschossen bereits die Kerne, welche gemeinsam mit der Aussenfassade die Stütze des Hauses bilden. Diese Kerne reichen bis ins oberste Stockwerk hinauf. Nebst ihrer Stützfunktion dienen sie als Treppenhäuser, Lift- und Lüftungsschächte. Der nächste grosse Arbeitsschritt ist das Versetzen der Fassadenelemente. wie vor anhält und täglich Gebäude und Fassaden erstellt werden, waren für unseren Neubau an der Buckhauserstrasse komplexe Diskussionen mit unterschiedlichsten Fachleuten nötig. Auch mehrere Probeversuche wurden durchgeführt, um eine Fassade entstehen zu lassen, wie sie Architekt und Bauherrschaft angedacht haben. Immer wieder hört man von den Beteiligten, dass das neue Gebäude der Diakonie Bethanien mit seiner Multifunktionalität ein sehr komplexes und anspruchsvolles Bauwerk sei, was es äusserst spannend mache, an der Entstehung beteiligt zu sein. Trotz allem sei nicht vergessen, dass der Baustellenalltag auch aus einfachen Handgriffen besteht, die für das komplexe Gesamtwerk nötig sind und täglich unzählige Male ausgeführt werden müssen. Eine komplexe Baustelle: viel Material, wenig Platz und unterschiedlichste Arbeiten. Blick auf das 1. UG mit Stützkern in der Mitte. Herzliche Grüsse Fredy Jorns, Direktor Diakonie Bethanien | Baujournal Nr. 3 | 2014 | 1 INTERVIEW MIT GIACOMO DALLA COSTA, BAUFÜHRER DER FIRMA LEUTHARD BAU AG «Ohne Wasserpumpe würde das Haus schwimmen» Interview und Foto: Nadja Kröner Für die Aussenfassade wird ein spezieller Beton verwendet (Mehr dazu im Interview auf S. 3). Braucht es deshalb besondere Massnahmen? Nadja Kröner: Herr Dalla Costa, seit Frühling arbeiten Sie als Bauführer auf dieser Baustelle. Welche Herausforderungen stellen sich im Alltag? Giacomo Dalla Costa: Die Logistik ist auf dieser Baustelle eine grosse Herausforderung. Grund dafür ist der knappe Lagerplatz. Das bedeutet, dass alle Lieferungen so bestellt werden müssen, dass wir die Materialien auch kurz darauf einsetzen können. Die Koordination spielt auch eine Rolle bei den vielen verschiedenen Arbeiten, die wir zurzeit ausführen: Wir schalen, armieren und hinterfüllen, haben gerade die Gerüste aufgestellt und versetzen nun die Fassadenelemente. Fürs Aufstellen der zwei Kräne war es erforderlich, die Strasse sperren zu lassen. Einer der zwei Kräne ragt so weit in Höhe, dass wir ihn bei der Flugsicherung als Objekt melden mussten. So ergeben sich die verschiedensten Aufgaben. Diakonie Bethanien | Baujournal Nr. 3 | 2014 | 2 Beim Arbeiten mit Sichtbeton ist immer äusserste Vorsicht geboten. Beim verwendeten Beton handelt es sich um selbstverdichtenden Beton, der sich wie Wasser in der Schalung verteilt. Eine Ritze von 5 mm genügt, dass er hinausläuft. Wir müssen folglich sehr sauber arbeiten und alles gut abdichten. Wie blicken Sie dem kommenden Winter entgegen? Der Winter ist nah und spielt beim Betonieren eine grosse Rolle. Je nach Temperatur werden wir die Rezeptur des Betons anpassen. Sinkt die Temperatur mehrere Tage stark ab, müssen wir unterbrechen und die Baustelle steht still. Das erwarten wir aber nicht. Gibt es gefährliche Arbeiten? Wichtig ist sicherlich der Bauzaun, damit niemand die Baustelle betritt und sich an dem umherliegenden Material verletzt. Auch die Arbeiter müssen aufpassen, wo sie hintreten. Vorsicht ist auch beim Arbeiten mit Kränen angebracht: Einer der beiden Kräne steht direkt an der Baugrube. Wir mussten ihn elf Meter tief verankern, damit er nicht abrutscht. Da die Höhe des Krans 60 Meter beträgt, kann man den Kranführer nur noch über Funk ­e rreichen. Bekommt er oben kein Signal, führt er keine Bewegungen aus. Zudem senkt er die Last immer erst auf halbe Höhe ab und wartet dann auf das definitive Signal, um abzuladen. Gibt es noch weitere Risiken beim Bau? Wasserpumpen sorgen nach wie vor dafür, dass das Grundwasser abgepumpt wird. Würden sie ausfallen und es käme starker Regen, dann würde das Haus bald einen Meter über dem Boden schwimmen. Denn noch ist das Gewicht zu gering und der Auftrieb des Wassers im Verhältnis zu stark. Würde die Pumpe aber wirklich aussteigen, dann ginge ein Signal direkt an den Polier, zu jeder Tagesund Nachtzeit. Wie ist es für Sie persönlich, diese Baustelle zu leiten? Diese Baustelle ist wirklich etwas Besonderes: Wir arbeiten auf kleiner Fläche und bauen ein Hochhaus. Zudem ist das Bauwerk sehr komplex. Glücklicherweise haben wir Fach­leute vor Ort. Der Bau ist aber sehr spannend und die Firma Leuthard Bau AG hat sich um diesen Auftrag ­g erissen. Nun sind wir alle eingespielt und es läuft rund. Herr Dalla Costa, herzlichen Dank für das Interview. IM FOKUS: Eine stabile und lang­lebige Haut: die Fassade des Hochhauses. Text: Nadja Kröner Ein Gebäude mit einer Länge von 75 Metern und einer Höhe von 40 Metern verfügt über eine gewaltige Fassade. In diesem Fall stellt sie auch eine komplexe bauliche Herausforderung dar. Mirko Akermann, Projektleiter bei E2A Architekten, gibt Auskunft. Um die Komplexität der Fassade begreifen zu können, lohnt es sich, zuerst einen Blick auf den Aufbau des Gebäudes zu werfen. Im Inneren des langen, rechteckigen Hauses befinden sich mehrere Stützkerne, in denen das Treppenhaus, die Lüftungsund Liftschächte untergebracht sind. Sie stellen gewissermassen die Wirbelsäule des Gebäudes dar. Nebst diesen Kernen stützt die Fassade das Gebäude. Weitere Stützen, wie etwa Säulen oder tragende Wände, gibt es nicht. An das Gebäude wurden bezüglich Flexibilität hohe Ansprüche gestellt, da die Nutzung sehr unterschiedlich ist. Durch diesen einfachen und somit klaren Aufbau wird im Innern eine grosse Freiheit ermöglicht. Diese Einfachheit findet ferner ihren Ausdruck in der monolithischen Fassade. Das bedeutet, sie kommt «aus einem Guss» daher und weist keinerlei Hohlräume auf. Von aussen nach innen: Die Fassade entsteht Die Fassade wird in drei Schichten aufgebaut: In Phase eins wird die innere Sichtbetonfassade erstellt, welche auch die statische Funktion übernimmt und aus speziell für das Projekt entwickelten Rahmenelementen besteht. Die Dämmungsebene, die sich nahtlos an die Innenfassade anfügt, wird in der zweiten Phase angebracht. In Phase drei erfolgt das Betonieren der Aussenfassade. Die Rückwand dieser Aussenfassade wird Diakonie Bethanien | Baujournal Nr. 3 | 2014 | 3 Mirko Akermann mit einem Modell der Fassade. durch die Dämmung gebildet. Da Beton beim Härten aufquillt, muss die Dämmung enorm druckfest sein, um Widerstand zu bieten. Würde man die Aussenfassade nun aber auf herkömmliche Art mit Brettern schalen, entstünde eine schachbrett­ artige Fassade. Aus diesem Grund wird eine eigens fürs Gebäude ­e ntwickelte Metallschalung in Form eines Doppelkreuzes verwendet, die auf den Fassadenraster zentimetergenau abgestimmt ist. Das hat den Effekt, dass die hauchdünnen Fugen auf den kurzen Seiten zwischen den Fenstern verlaufen und kaum sichtbar sind. Da die Schalung mit Klammern an die Fassaden­ innenseite zurückgebunden wird, kann auf Bindlöcher in der Aussenfassade verzichtet werden. Es entsteht somit eine nahtlose monolithische Fassade, deren Materialisierung sich von der Innen- bis zur Aussenseite optisch durchzieht und nur durch das aussenliegende Schiebefenster getrennt wird. Der verwendete selbstverdichtende Beton (SCC) unterstützt dieses Bild, da er sich durch seine hohe Flüssigkeit bestens in allen Schalungsecken verteilt. Abplatzungen sowie Kiesnester können dadurch verhindert werden und es ergibt sich eine hochwertige, homogene und glatte Oberfläche, die praktisch keine Hohlräume aufweist. Das Gebäude ist damit optimal gegen Witterung geschützt und sehr langlebig. Das Gebäude mit monolithischer Struktur und den Stützkernen im Innern. Der Beton erfordert minutiöse Planung Der flüssige Beton ist aber auch sehr heikel in der Handhabung und das Betonieren erfordert äusserste ­Vorsicht. Allein der Weg von der Produktion bis hin zur Baustelle ist ein logistischer Prozess, der reibungslos ablaufen muss, damit der Beton die richtige Konsistenz hat. Erreicht der Betonmischer die Baustelle mit einer Stunde Verspätung, kann der Beton bereits nicht mehr verwendet werden. V.l.n.r. Fredy Jorns, Direktor Diakonie Bethanien, Andrea Brunner, Pfarrerin, Piet Eckert, Architekt E2A Architekten, Jürg Bitzer, Präsident Diakonie Bethanien Rückblick auf die Grundsteinlegung vom 5. Juni 2014 «Auf gutem Grund» baut die Diakonie Bethanien in Altstetten den neuen Hauptsitz und Multifunktionskomplex. Die Grundsteintafel wird sich nach Fertigstellung des Hauses im Eingangsbereich an der Wand zeigen. Nach Festreden von Präsident, Direktor und Architekt sprach die Pfarrerin noch einen Segen. Über einen Turm konnten die Gäste später in die Baugrube steigen – bevor ein attraktives und schmackhaftes Buffet zum Essen, Trinken und Verweilen einlud. IMPRESSUM Herausgeber: Diakonie Bethanien, Restelbergstrasse 7, 8044 Zürich, Telefon +41 (0)43 268 76 02, www.bethanien.ch Redaktion: Fredy Jorns, Nadja Kröner | Gestaltung: Pomcany’s Marketing AG, www.pomcanys.ch Diakonie Bethanien | Baujournal Nr. 3 | 2014 | 4