01 Titel.qxp_Layout 1 21.12.16 11:58 Seite 1 FOTO: HAMBURG MARKETING, DIGIEYE_FOTOLIA.COM, COLLAGE Elbphilharmonie für Hamburger! ERÖFFNUNG RÜCKBLICK INFORMATION Sie ist endlich fertig! Vom Projekt zum Bau Sicherheit und Service Das erste Konzert Pierre de Meuron Security und Finanzen 02-03 Vorwort.qxp_Layout 1 21.12.16 11:37 Seite 2 02-03 Vorwort.qxp_Layout 1 21.12.16 11:38 Seite 3 VO RWO RT P R E MIE R E! „Sie wird das Bild Hamburgs in der Welt verändern ...!“ Das Hamburger Abendblatt hat im Original-Zeitungsformat ein wahres Schmuckstück zur Eröffnung produziert. In einer limitierten Auflage von 5.000 Exemplare (3.000 sind bereits vorbestellt) bietet der hochveredelte Hardcover-Band im bedruckten Aufbewahrungskarton eine historische Dokumentation der Elbphilharmonie. Jetzt vorbestellen und zur Eröffnung der Elbphilharmonie erhalten. Versand oder Abholung Bestellhotline für die Goldedition: 040 / 333 66 999. Preis € 34,90 Für Abendblatt-Abonnenten € 29,90 Liebe Klönschnack-Leserinnen und -Leser, 3s ist vollbracht! Am 11. und 12. Januar sind erste „offizielle“ Töne auf der Doppelpremiere der Eröffnung der Hamburger Elbphilharmonie zu hören. Lange hat’s gedauert und teuer war es auch. Olaf Scholz hat 2011 gesagt: „Mit der Elbphilharmonie entsteht – trotz ihrer fast dramatischen Entwicklungsgeschichte – ein Konzerthaus von Weltrang. – Sie wird das Bild Ham- Klaus Schümann, Chefredakteur HAMBURGER KLÖNSCHNACK burgs in der Welt verändern.“ Dass er damit nicht daneben lag, dämmert mittlerweile auch den Kritikern der ersten Stunde. Eine gigantische, geradezu flehentliche Nachfrage nach den Premiereneinladungen und ausverkaufte Konzerte bis in den Herbst dieses Jahres hinein sind nicht zu übersehende Sympathiebekundungen für den eigenwilligen Konzertbau im Hamburger Hafen und stehen für die musikalische Begeisterung der Hamburger und ihrer Gäste aus allen Ecken der Welt. Diese Entwicklung am Start der „Elphi“ lassen schmerzhafte Kostensteigerungen schnell vergessen. Eine beispiellose Akustik wird Ohren und Gemüt umschmeicheln. Die Besucher werden begeistert Hamburgs neues Konzerthaus feiern – und die Stadt gleich mit. So zeichnet sich am Ende einer vieldiskutierten Sinnfrage eine Win-Win-Lösung für die Hansestadt ab; denn das Geld kommt schon wieder rein. Ich freue mich auf den ersten Besuch und die ersten Töne für mich. Ich darf am 11. Januar dabei sein und werde den Tag sicherlich nicht vergessen. Mit optimistischen Grüßen Impressum: ELBPHILHARMONIE, Sonderbeihefter im HAMBURGER KLÖNSCHNACK (Ausgabe 5.2016), Herausgeber und Chefredakteur: Klaus Schümann, Redaktion: Louisa Heyder, Tim Holzhäuser, Cristina Prinz, Verlagsleitung: Dirk Seidel (V.I.S.D.P.), Sigrid Lukaszczyk (-11), [email protected], Anzeigenleitung: Gitta Schäfer (-56), [email protected], Herstellung: Atelier Schümann GmbH, Artdirection: Heinrich Achaz Prinz Reuss, Druck: Kröger-Druck, Wedel · Verlag: Zeitungsgruppe Hamburg GmbH, Hamburger Klönschnack, Sülldorfer Kirchenweg 2, 22587 Hamburg, Telefon 040 86 66 69-0, www.kloenschnack.de Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 Klaus Schümann Chefredakteur und Herausgeber Hamburger Klönschnack 3 04-07.qxp_Layout 1 21.12.16 11:40 Seite 4 I NF O RM AT IO N EN & EIN BLI CK E Eröffnung Sie ist tatsächlich fertig! Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 Kein Bauprojekt hat die Hamburger über so viele Jahre beschäftigt und Diskussionen losgelöst wie die Elbphilharmonie. Nun ist das gläserne Kunstwerk auf dem alten Kaispeicher A fertig und feiert dies mit großen Eröffnungskonzerten und einem dreiwöchigen Festival. 4 Die Elbphilharmonie ist ein neues Wahrzeichen der Hansestadt 04-07.qxp_Layout 1 21.12.16 11:41 Seite 5 amburg hat ein neues Wahrzeichen. Nach fast zehn Jahren Bauzeit und 789 Millionen Euro Kosten hat die Hansestadt vom Baukonzern Hochtief am 31. Oktober offiziell die Schlüssel erhalten. An der Fassade der gläsernen Elbphilharmonie waren abends sechs riesige Buchstaben zu lesen: FERTIG. Besonders der Erste Bürgermeister Hamburgs, Olaf Scholz, freute sich über das nun abgeschlossene Projekt: „Hamburg hat mit der Elbphilharmonie ein beeindruckendes Gebäude bekommen, dessen Architektur schon heute nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken ist.“ Der ebenfalls anwesende ehemalige Bürgermeister Ole von Beust räumte Fehler bei der Umsetzung des Konzerthauses ein: „Hamburg wird einen der besten Konzertsäle der Welt haben. Ich hätte mich nur noch mehr gefreut, wenn das schneller und billiger geworden wäre.“ Die Elbphilharmonie wurde noch in der Amtszeit von von Beust beschlossen. Bereits einen Tag nach der Abnahme zog die HamburgMusik GmbH in das Gebäude ein, um sich einzuspielen. Für die Musikvermittlung stehen in der Philharmonie sieben eigene Räume zur Verfügung. Aus den dazugehörigen Kaistudios können Konzerte in der Elbphilharmonie künftig auch digital mitverfolgt werden. Anfang September fand die erste technische Probe des NDR Elbphilharmonie Orchesters im Großen Saal statt. Der Konzertbereich wurde nämlich schon am 30. Juni an die Stadt übergeben. Neben den Konzertsälen ist auch die auf 37 Metern Höhe gelegene Plaza ein neues Highlight der Stadt. Die 4.000 Quadratmeter große Aussichtsplattform zwischen dem historischen Kaispeicher und dem bis zu 110 Meter in die Höhe ragenden Neubau ist seit dem 5. November für die Öffentlichkeit zugänglich. Täglich von 9 bis 24 Uhr können Interessierte den Panoramablick über den Hafen und die Elbe genießen. Damit keine zu langen Wartezeiten entstehen, brauchen Besucher ab dem vierten Lebensjahr ein Zugangsticket, welches kostenlos am PlazaTicket-Automaten im Elbphilharmonie-Besucherzentrum und im Eingangsbereich der Elbphilharmonie nach Verfügbarkeit erhältlich ist. In den nächsten Monaten ist durch den großen Andrang jedoch trotzdem mit Wartezeiten zu rechnen. Tickets für ein festes Zeitfenster können für zwei Euro auch im Besucherzentrum vorbestellt werden, um dem zu entgehen. Eintrittskarten für die großen Eröffnungskonzerte am 11. und 12. Januar sind nicht erhältlich. Für diese Termine wurden 1.000 Karten verlost, auf die sich Musikliebhaber schon seit dem 20. Juni 2016 online bewerben konnten. Der Andrang war so enorm, dass ein überlasteter Server die Homepage Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 FOTO: H. A. PRINZ REUSS H 5 04-07.qxp_Layout 1 21.12.16 11:41 Seite 6 INF O RM AT IO N EN & EIN B L I CK E Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 Neben dem Großen Konzertsaal sind auch die Plaza und die Rolltreppe Highlights der Elbphilharmonie 6 der Elbphilharmonie zunächstlahm legte. Es 11. Januar geheim ist. Bundespräsident Joaversuchten einfach zu viele Menschen, an chim Gauck, sein designierter Nachfolger, ein Ticket zu kommen – mehr als 220.000 Außenminister Frank-Walter Steinmeier, aus dem In- und Ausland um genau zu sein. und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben Viele Zuhörer wollten sich auf klassischem ihr Kommen bestätigt. Auch Innenminister Weg eine Karte am Schalter sichern, doch Thomas de Maizière, Umweltministerin auch das ging nicht schneller. Obwohl sich Barbara Hendricks sowie ErnährungsminisFrühaufsteher bereits um fünf Uhr morgens ter Christian Schmidt werden erwartet. an Vorverkaufsstellen in Hamburg anstell- CSU-Chef Horst Seehofer und Verteiditen, bildeten sich endlose Warteschlangen. gungsministerin Ursula von der Leyen sagTickethotlines waren permanent besetzt. ten ab. All dies erscheint jedoch verständlich, wenn Neben Politikern sind zahlreiche Kulturman das Auftaktprogramm der Eröffnungs- schaffende vor Ort, wie Helga Rabl-Stadler, konzerte und das darauf Präsidentin der Salzburfolgende dreiwöchige Festiger Festspiele, Thomas val bedenkt. Internationale Ein Familientag am Angyan, Intendant des Star-Orchester weihen das 29. Januar schließt das Musikvereins Wien, AnHerz des Gebäudes, den von Eröffnungsfestival ab. dreas Mölich-Zebhauser, Akustiker Yasuhisa Toyota Intendant des Festspielentwickelten Großen Saal hauses Baden-Baden, und mit seinen 23.000 Kubikmeder Intendant der Berliner tern und 2.100 Plätzen, den gesamten Janu- Staatsoper, Jürgen Flimm. ar über ein. Das NDR Elbphilharmonie Beim dreiwöchigen Festival mit dabei sind Orchester unter Thomas Hengelbrock spielt unter anderem das Chicago Symphony Ordie ersten zwei Konzerte im Großen Saal. chestra, die Industrial-Band „Einstürzende Als Solistin ist die Organistin Iveta Apkalna Neubauten“, Jazz-Pianist Brad Mehldau, die zu hören. Auch der NDR Chor sowie der Wiener Philharmoniker und Dirigent Kent Chor des Bayrischen Rundfunks sorgen für Nagano mit dem Philharmonischen Staatsein Klangerlebnis. Neben der Rihm-Kompo- orchester Hamburg. Ein Familientag am 29. sition stehen außerdem Werke von Beetho- Januar schließt das Eröffnungsfestival ab. ven, Cavalieri, Liebermann, Messiaen, Das zukünftige Musikprogramm der ElbPraetorius, Wagner und Zimmermann auf philharmonie wird die gesamte Bandbreite dem Programm. der klassischen Musik abdecken: von ReAuch einige prominente Gäste sind schon naissance bis zeitgenössische Musik, vom jetzt bekannt, obwohl die Gästeliste zum Solorecital und Kammermusik bis zum gro- ßen Chor- und Orchesterkonzert. Sogar Jazz und gehobener Pop gehören zum Repertoire. Ab Februar können Interessierte eine begleitete Tour machen, die durch das Konzerthaus und den historischen Kaispeicher, auf dem die Elbphilharmonie erbaut ist, über die Plaza, durch den Foyerbereich und in die Konzertsäle führt. Neben Details zur Entstehung der Elbphilharmonie und den architektonischen Besonderheiten des Gebäudes gibt die Konzerthausführung auch einen Einblick in die Abläufe des Musikbetriebs und das Veranstaltungsprogramm der Elbphilharmonie. Ein Blick in das bereits geöffnete Luxushotel Westin, das sich mit 244 Zimmern über 21 Ebenen erstreckt, lohnt sich ebenfalls. „Wir sind das einzige Hotel, von dem aus die Gäste auf die Elbe und die Alster blicken können“, erzählt Hoteldirektorin Dagmar Zechmann stolz. Hinein kommen die Gäste über die längste Rolltreppe Westeuropas (80 Meter). Im Inneren befindet sich der längste Hotelpool Hamburgs (20 Meter). Und die Luxussuite im 19. Stock, die sogenannte Eigner-Suite, ist – wie soll es auch anders sein – das teuerste Zimmer des Hotels. Für mehr als 3.000 Euro pro Nacht gibt es aber auch einen fantastischen 270-GradBlick über die Dampfer und Häuser Hamburgs. Wer an all dem Luxus nicht interessiert ist, der kann sich auf anderem Wege mit der Elbphilharmonie verbunden fühlen. Zum Beispiel mit einem eigenen Sessel. Die Philharmonie bietet Patenschaften für Plätze im großen Konzertsaal an. Die Namen der Spender werden dann für fünf Jahre auf den Sesseln verewigt. Ein Platz weiter vorne kostet 2.000 Euro, weiter oben 1.000 Euro. Als Dank gibt es eine Spendenbescheinigung sowie eine Einladung zu einem speziellen Konzert für Stuhlpaten, bei dem die Stifter auf „ihren“ Sesseln Platz nehmen. Das bei der Aktion eingenommene Geld geht an die Musikvermittlung des Hauses. Dort können Schulklassen an Workshops und besonderen Konzerten teilnehmen. Sogar Konzerte für Babys und Schwangere sind im Programm. Das „Klingende Museum“ aus der Laeiszhalle ist nun die große Instrumentenwelt. Kinder können verschiedenste Instrumente ausprobieren, komponieren und kreativ arbeiten. Laienorchestern wird ebenfalls die Möglichkeit geboten, Erfahrungen zu sammeln und im Großen Saal aufzutreten. Louisa Heyder 04-07.qxp_Layout 1 21.12.16 11:41 Seite 7 08-11.qxp_Layout 1 21.12.16 11:46 Seite 8 G E D ANK E N & FA KT E N Rückblick Die Baukunst der Elbphilharmonie FOTO: HAMBURGMUSIK/MICHAEL ZAPF Nummer 230 – das war zunächst der Projektname des großen Kultur- und Musikhauses im Hamburger Hafen. Von ersten Ideen über ausgefeilte Pläne zum Konzertsaal bis hin zur fertigen Fassade war es ein langer Weg. Ein Beitrag aus dem Magazin „Ein Magischer Ort“ (2011) Jacques Herzog und Pierre de Meuron (links u. rechts) mit dem projektverantwortlichen Senior Partner Ascan Mergenthaler Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 P 8 ierre de Meuron, der Schweizer Architekt, wirkt ein wenig gehetzt, als er in den Konferenzraum der Hamburger Niederlassung von Herzog & de Meuron kommt. Er setzt sich zügig an die Ecke des riesigen Tisches und bittet um Entschuldigung, dass er sich verspätet habe. Der Bundespräsident sei in Hamburg gewesen. Mit anderen Worten: De Meuron ist am Kai festgehalten worden. Exakt dort, wo vor dem Krieg der Kaiserspeicher stand und danach der Kaispeicher A, ein riesiges Lagerhaus aus typisch nordischem Backstein, in dem bis vor ein paar Jahren Kolonialgut lagerte, Kakao und Kaffee aus Afrika, Südamerika und Asien. Was jedoch in diesen Tagen im Elbstrom aufscheint, es gleicht ... Ach, das Reden und das Spekulieren über Architektur! Es ist so eine Sache. Auch im Fall der Hamburger Elbphilharmonie. Aber schon jetzt, als Baustelle, ist sie ein Anziehungspunkt. Mehr noch: Sie ist ein Spektakel! Das neue Signum der Stadt. Ein Wahrzeichen wie die Pyramiden für das ewige Ägypten, der Dom für Köln, die verletzlich wirkende Golden Gate Bridge für das gefährdete San Francisco und die Oper für das helle, freundliche Sydney. Verständlich, dass auch der Bundespräsident nachschauen wollte, wie am Kai der Stand der Dinge ist. Im Rahmen seines ersten Amtsbesuchs in der Freien und Hansestadt griff er die Gelegenheit beim Schopf. Pierre de Meuron erläuterte ihm das Projekt während eines Rundgangs. Offizielle Verpflichtungen wie diese können zu Verspätungen führen. Und nun, zu vorgerückter Stunde, ein weiteres Gespräch über die Elbphilharmonie. De Meuron sagt, die Zeit sei knapp. Na klar: Er und sein Partner Jacques Herzog sowie ihre 350 Mitarbeiter haben es zur Zeit mit mehr als dreißig Projekten in Europa, Amerika und Asien zu tun. Und damit nicht genug! De Meuron und Herzog lehren auch in Harvard und im Studio Basel der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Die beiden gründeten ihr gemeinsames Büro 1978 in Basel, der Stadt, in der sie aufwuchsen. Zu den Firmengründern stießen später die Senior Partner Christine Binswanger, Stefan Marbach und Ascan Mergenthaler hinzu. Mergenthaler ist für die Elbphilharmonie verantwortlich. Außer in Hamburg gibt es Niederlassungen in London, Madrid und New York. Auch dort sind Großprojekte im Bau. Die Entwürfe von Herzog & de Meuron reichen vom Privathaus bis zu städtebaulichen Studien. Der internationale Durchbruch gelang 1987 mit dem Bau eines Lagerhauses für den Bonbon-Hersteller Ricola. Das Büro erntete viele Auszeichnungen. 2001 erhielten Jacques Herzog und Pierre de Meuron den Pritzker-Preis. Er ist so prestigeträchtig, dass er oft „Architektur-Nobelpreis“ genannt wird. Architekturkenner erblicken in den verschiedenartigen Bauwerken des Teams wiederkehrende Merkmale. Das Schwebende spielt nach Ansicht vieler eine Rolle. Und die Virtuosität im Umgang mit dem Material. Auch eine Sinnlichkeit, die bis zur Verführung gesteigert wird. Dann die intensive Verstärkung der Funktionen, denen das Gebäude dienen soll. Und schließlich das Anpassungsvermögen in- 08-11.qxp_Layout 1 21.12.16 11:46 Seite 9 Der erste Gedanke (Skizze, 2003) sofern, als die Bauwerke nicht so sehr sich selbst dienen, sondern zumeist den gewachsenen Strukturen einer Stadt. Die sich daraus ergebende Vielfältigkeit ist die Negation eines Markenzeichens. Kein Entwurf gleicht dem anderen. Das lässt Herzog & de Meuron hervorstechen, selbst aus der Riege der internationalen Architektenstars, der Fosters, Gehrys, Hadids, Pianos ... So viele Mitarbeiter, so viele konzeptionell unterschiedliche Projekte in aller Welt – da bleibt es nicht aus, dass oft die Zeit drängt und dass es an der einen oder anderen Stelle auch mal brennt. Was die Hamburger Elbphilharmonie angeht: De Meuron ist viel zu diplomatisch, als öffentlich über Schwierigkeiten zu klagen. Er wählt stattdessen das Wort „Herausforderungen“ und blüht auf, als die Rede auf die Touristen und jene Hanseaten kommt, die schon zur Elbphilharmonie strömen, obwohl das Werk noch gar nicht vollendet ist. Dort stehen sie tags wie nachts an der Hafenkante und staunen und rätseln und denken sich Geschichten aus. Der Eine sieht eine helle Wolke. Der Nächste einen Kristall. Der Übernächste erblickt den Vorboten einer neuen Epoche, einen gestrandeten Eisberg. „Zielen Jacques Herzog und Sie von vornherein auf konkrete Sprachbilder und Assoziationen ab?” „Daran denken wir nicht. Bei unseren großen öffentlichen Projekten wie dem Vogelnest geht es in erster Linie um Identitätsstiftung. Ich glaube „Identität“ ist das richtige Wort. Ein anderes unserer Projekte war ja das neue Fußballstadion in München. Der Fußballklub einer Stadt schafft Identität, aber auch der Ort, an dem Fußball gespielt wird. Auf das Stadion sind die Menschen so stolz wie auf die Fußballmannschaft. Die Bewohner einer Stadt identifizieren sich mit Stadtquartieren oder mit dem Fluss, mit dem See, mit dem Meer. Und eben mit Gebäuden. Manche unserer Gebäude – das Fußballstadion, das Vogelnest, aber auch die Tate Modern in London – sind prädestiniert, Identität zu stiften, zum Wahrzeichen zu werden. In Hamburg ist der Hafen so etwas wie die Seele der Stadt. Südlich der Speicherstadt hatten die Hamburger schon einmal ein Wahrzeichen stehen: den alten Kaiserspeicher, den höchsten Speicher im Hafen. Ein stolzes Bauwerk im neugotischen Stil. Dieser Speicher wurde im Krieg zerstört. 1966 wurde nach Entwürfen von Werner Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 „So über Architektur zu sprechen, ist menschlich”, sagt Pierre de Meuron. „Ich finde die Geschichten so spannend wie die Spitznamen. Zu hören, ob da Spott zum Ausdruck kommt oder etwas Positives. Das Positive ist wichtig! Besonders im Fall der Elbphilharmonie. Aber es gibt ein anderes schönes Beispiel: Das von uns entworfene Nationalstadion in Peking, in dem die Olympischen Spiele 2008 stattfanden. Es hat unter anderem so großen Erfolg, weil die Chinesen ein Vogelnest erkennen und es auch so getauft haben. Ein Vogelnest, das Leben gebiert und schützt.” 9 08-11.qxp_Layout 1 21.12.16 11:46 Seite 10 FOTOS: HERZOG & DE MEURON G E D ANK E N & FA KT E N Der kristalline Körper sitzt auf dem bestehenden Kaispeicher (Modellstudie, 2003) Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 Kallmorgen an derselben Stelle der Kaispeicher A fertiggestellt. Ein geradezu archaisch anmutender Zeugenberg! Ein Monument der Nachkriegszeit! Durch seine spitz zulaufende Form gleicht er einem Schiffsrumpf, der Richtung Elbmündung und offenes Meer weist. Wir nutzen ihn als Grundstein für die Elbphilharmonie. Der massive, in sich ruhende ‘Schiffsrumpf Kaispeicher’ bekommt ein neues, repräsentatives Deck, die öffentliche Plaza. Und darüber, als Fassade: gläserne, kristalline Segel. Das Ganze ergibt eine spannungsreiche und mit 110 Metern Höhe weithin sichtbare Landmarke. Die Schiffe kommen die Elbe herauf. Und genau wie früher, als da noch der Kaiserspeicher stand, wird schon von Weitem klar: Das ist Hamburg! Das ist das Ziel! Aber Wahrzeichen baut man nicht einfach. Ob ein Bauwerk ein Wahrzeichen wird, entscheiden nicht wir Architekten und nicht unsere Auftraggeber. Letztendlich entsteht so etwas in den Köpfen der Menschen. Gewiss ist es eine gute Voraussetzung, dass die Elbphilharmonie nicht die Idee irgendeines Präsidenten oder Bürgermeisters gewesen ist, der sich ein Denkmal setzen wollte und gesagt hat: ‘Ich bau jetzt eine Elbphilharmonie!’ Oft läuft es ja so. Man denke bloß an Frankreich: François Mitterrand hat Paris verändert. Er sagte: ‘Ich will das, ich will das, ich will das!’ Aber hier in Hamburg hat ein Architekt und Stadtplaner den Funken gezündet. Ein Konzertsaal in der neuen HafenCity – die Idee kam nicht von oben, sondern von Alexander Gérard. Also von einem Bürger. Die Hamburger Medien griffen das Projekt auf, dann die Bevölkerung, zu der wir auch die hiesigen Architekten zählen! Deren Unterstützung war wichtig. Erst als die Bürger das Projekt wollten, haben die Politiker es sich gewissermaßen zu eigen gemacht, allen voran der damalige Erste Bürgermeister Ole von Beust. Doch bevor es so weit war, ist Alexander Gérard zu uns nach Basel gekommen. Das ist jetzt zehn Jahre her, glaube ich. Er hat uns gefragt, ob wir Interesse hätten, in Hamburg ein Projekt für die Musik zu machen. Eben ein Konzerthaus beim Kaispeicher.“ 10 „Haben Sie sofort begonnen, Skizzen zu machen?” „Der Denkprozess beginnt bei uns mit dem Dialog. Wir sprechen miteinander und machen auch Skizzen. Handskizzen sind wichtig. Wenn ich einen Kreis mit der Hand mache, dann ist das etwas ganz anderes als eine Computerzeichnung. Ich glaube, das hat mit unserem räumlichen Vorstellungsvermögen zu tun und mit dieser Verbindung zwischen Hand und Gehirn. Wir müssen uns als Architekten etwas vorstellen, was noch gar nicht da ist. Bei der Elbphilharmonie hatten wir nur wenige Wochen Zeit, um verschiedene Ansätze und Möglichkeiten zu studieren und in ersten Modellstudien umzusetzen. Für das neue Kultur- oder Musikgebäude existierte damals noch kein Name, sondern nur unsere Projektnummer 230. Wir haben überlegt: Stellen wir dieses Gebäude vor den Kaispeicher? – Nein! Nicht davor, nicht daneben, nicht ins Wasser. Und dann tauchte dieser Gedanke auf: Wir setzen den Neubau auf den Speicher, der dort schon steht und in den Strom hineinragt. Der Speicher trägt die Elbphilharmonie. Früher nahm er die Lasten in sich auf, jetzt nimmt er die Lasten auf sich. Uns war sofort klar: Das hat Potenzial! Diese Idee, die Philharmonie auf den Speicher zu setzen. Der riesige Klotz aus traditionellem Backstein wirkt eher wie ein Teil der Landschaft, nicht so sehr wie ein Teil der Stadt. Seine Fassaden sind abstrakt, geradezu archaisch. Man kann die im Raster gesetzten Löcher eigentlich nicht ‘Fenster’ nennen. Sie sind mehr Struktur als Öffnung. Der Speicher ist schwer und massiv. Diese trutzige, beinahe abweisende Architektur bildet die Basis für die neue Philharmonie. Das ist überraschend. Geradezu ideal. Der kristalline Neubau sitzt passgenau und mit identischer Grundfläche auf dem Backsteinblock. Der Backstein ist so wichtig, weil er eben dieses Mineralische, dieses Feste darstellt. Eine andere Aggregatsform als das Glas, das durchsichtig ist, ephemer, also leicht und flüchtig aussieht und wie ein riesiger Kristall ein immer neues Erscheinungsbild gibt. Der aufgesetzte gläserne Baukörper fängt die Reflektionen des Himmels, der Schiffe und der Stadt ein und fügt diese Reflektionen zu einem Vexierbild seiner Umgebung zusammen.“ „Da gibt es den Schlitz zwischen dem massiven Speicher und dem Neubau. Wie kamen Sie auf diese Idee?” „Es sind eigentlich ganz einfache Bewegungen, die wir machen. Wir heben den ephemeren, gläsernen Körper an, er beginnt zu schweben und plötzlich entsteht dieser Raum zwischen den beiden Baukörpern. Der Raum steht offen und wird zugänglich. Das ist jetzt die öffentliche Plaza. Der öffentliche Charakter ist ausschlaggebend für die Akzeptanz des Projekts. Jeder Bürger kann dorthin gehen, nicht nur Konzertbesucher, die Karten gekauft haben. Die Plaza liegt auf einer Höhe von 37 Meter, also auf gleicher Höhe der Hamburger Dächer. Diese wunderbare Sicht von diesem einzigartigen Punkt in der Stadtlandschaft Hamburgs! Von dort hat man den Rundumblick auf Stadt und Hafen. Das eröffnet den Bürgern einen völlig neuen Blick auf ihre Stadt. Inzwischen glaube ich, dass die Plaza das zentrale Element des Projekts ist.” „Was haben Sie sich ausgedacht, um die Leute nach oben zu lotsen?” „Wir haben eine Dramaturgie des Sich-Hinbegebens zur Plaza entwickelt. Man schaut auf das Gebäude: Unten sieht man den Backsteinspeicher. Auf der Ostseite den Eingang, einen breiten Schlitz, der die Leute einlädt. Und dann führt eine Röhre aufwärts. Ich spreche immer von einer Bohrung quer durch den massiven Klotz. Da bohrt sich diese Röhre, dieser Tunnel durch das Gebäude hindurch und führt die Menschen zur Plaza, und zwar per Rolltreppe. Abgesehen von der Dramaturgie sprechen auch praktische Gründe für die Rolltreppe. Sie kann viel mehr Menschen pro Minute befördern als beispielsweise ein Lift, vor dem sich ständig Warteschlangen bilden. Ich fahre also mit der Rolltreppe durch den Tunnel nach oben, lande erst einmal an einem Fenster mit dem Ausblick elbabwärts auf die Landungsbrücken, mache schließlich noch eine Kehrtwende um 180 Grad und voilà: Ich stehe auf der Plaza!“ „Das Opus 230 ist die erste Philharmonie von Herzog & de Meuron. Welche Erwägungen bestimmten die Art des großen Konzertsaals?” „Die Vorgabe war, einen der besten Konzertsäle der Welt zu schaffen. Allerdings liegt er mitten im Hafen, umgeben von hektischem Treiben, von Schiffshörnern, von Wohnungen und einem Hotel. Es galt also, dieses Herzstück der Elbphilharmonie vollkommen vom 08-11.qxp_Layout 1 21.12.16 11:46 Seite 11 G EDA NK EN & FAKTE N Arbeitsmodell des Großen Saals (2007) Die komplexe Geometrie des Saals vereint organisch fließende mit scharf geschnittenen, eher statischen Formen. Gehen, stehen, sitzen, hören, sehen und gesehen werden – was immer Menschen im Konzertsaal tun, wird in der Architektur des Raums unmittelbar ausgedrückt. Dieser Raum ragt beinahe wie ein Zelt auf, in dem sich 2.100 Menschen versammeln, die Musik machen und Musik hören wollen. Der aufragende, zeltartige Raum wurde zum formgebenden Element des gesamten Baukörpers und bestimmte dessen statische Struktur. Der Raum zeichnet sich dementsprechend in der Silhouette des Gebäudes ab.“ „Sie arbeiten sehr oft mit Künstlern zusammen. War das während der Entwicklung der Elbphilharmonie auch der Fall?” „Nein, obwohl wir diese Zusammenarbeit mit Künstlern sehr schätzen. Die Auseinandersetzung mit der bildenden Kunst – die Welt des Beobachtens und des Forschens – das ist für uns ein Schwerpunkt. Bei der Elbphilharmonie hätten wir uns gewünscht, einen Musiker oder Komponisten ins Team zu holen. Einen Künstler als unser Gegenüber, der von außen auf das Projekt schaut. Einen solchen Austausch hatten wir dann mit Yasuhisa Toyota. Von ihm haben wir sehr viel erfahren über die Zusammenhänge zwischen Akustik, Raum und Oberflächenbeschaffenheit. Künstler haben oft eine sehr scharfe Wahrnehmung der Welt. Diese Wahrnehmung wollen wir teilen. Wir wollen vorwärtskommen und mit unserer Architektur auf wichtige Fragen antworten. Die Antworten auf die jeweiligen Fragen können nie dieselben sein. Bei dieser Suche nach Antworten – beim Erkennen der Zeit, des Ortes, der Menschen dieses Ortes – können uns Künstler helfen. Dank der Zusammenarbeit mit dem Künstler Ai Weiwei beim Entwurf des Pekinger Vogelnestes haben wir ungeheuer viel gelernt. Man kann nicht einfach nach China gehen und sagen: Ich mach dort jetzt ein Stadion, ein Wohnhaus, ein Spital oder ein Museum! Sondern wir müssen uns fragen: Was steckt hinter der rein funktionalen Umsetzung?“ „Sie verwenden manchmal das Bild von der „Akupunktur eines Stadtkörpers“. Entspringt es der Zusammenarbeit mit Ai Weiwei beim Pekinger Vogelnest?” „Wir benutzen den Ausdruck schon länger. Wir stellen uns vor, dass wir einen ganzen Stadtkörper stimulieren, wenn wir am richtigen Punkt auf die richtige Weise drücken oder stechen. Man kann auch von kulturellen Einpflanzungen sprechen. Die Methode hat in anderen Städten zur Attraktivitätssteigerung ganzer Stadtteile beigetragen. Die Tate Modern in London ist in dieser Hinsicht ein großes Erlebnis für uns gewesen. Das ursprüngliche Gebäude war ja ein Kraftwerk. Es war nicht-öffentlich, undurchdringlich und abweisend. Durch unseren Eingriff und die Umwandlung hat sich der Ort geöffnet. Er lädt die Besucher ein. Sie gehen auf die andere Seite der Themse und sehen gegenüber St. Paul's. Die Leute gewinnen einen neuen Blick auf ihre Stadt. Die Hamburger werden ein vergleichbares Erlebnis demnächst auch haben. Die Tate ist ein Gebäude für die zeitgenössische Kunst, die Elbphilharmonie für die Musik. Diese Kulturbauten fügen sich ein und verstärken zugleich das Stadterlebnis. Die Elbphilharmonie wird wie eine Akupunkturnadel den Stadtkörper Hamburgs stimulieren. Sie befindet sich in der HafenCity, also an der Schnittstelle zweier Teile der Stadt: der Bürgerstadt mit ihren Kirchtürmen und Geschäfts- und Wohnhäusern auf der nördlichen Seite, der Hafen mit seinen Containern und Kränen auf der südlichen. War der Kaispeicher bislang ein relativ stummes Monument der Nachkriegszeit, so wird dieser Ort nach dem Umbau zu einem Zentrum für Musiker und Musikliebhaber, aber auch zu einem Magneten für Touristen und Geschäftsleute. Die neue Philharmonie ist ein Kulturprojekt, klar, aber darüber hinaus auch ein extrem städtisches Projekt. Von Anfang an war für uns entscheidend, dass dies kein monofunktionales Gebäude ist, in dem nur Musik gespielt wird. Vielmehr ist es ein multifunktionales Projekt, in dem sich die Funktionen überlagern, mischen und zur Lebendigkeit der ganzen Nachbarschaft beitragen. Dort wohnen und essen die Leute. Es gibt ein Hotel und die öffentliche Plaza. Diese vertikale Stadt mitten im Strom setzt einen völlig neuen Akzent in der horizontal konzipierten Stadt Hamburg. Hamburg bricht auf in ein neues Territorium. In die Hafengebiete am Elbufer.“ Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 Lärm der Außenwelt zu entkoppeln. Wir haben den Saal mit einer Betonschale ummantelt, die auf Federpakete gelagert ist. So dringt tatsächlich kein Hafenlärm in den Saal, und umgekehrt ist kein Orchesterton in den Hotel- und Wohnbereichen zu hören. Das ist eines von vielen Elementen, damit das Musikerlebnis auch akustisch den Anforderungen des 21. Jahrhunderts entspricht. Was den Saal selbst angeht: Es existieren ja Bautypologien und Saaltypen. Unser Saal ist eine radikale architektonische Weiterentwicklung bestehender Typen. Klar ist zunächst: Die Zuschauer sitzen nicht frontal dem Orchester zugewandt, sondern Orchester und Dirigent befinden sich inmitten des Publikums. Und kein Vordermann und keine Säule verstellen den Konzertgästen die Sicht. Der Saal basiert also auf einem bekannten Saal-Typus. Auch die Ableitung der Architektur und der Anordnung der Ränge gehört zum Stand der Technik und ergeben sich aus der Logik von akustischer und visueller Wahrnehmung. Im Fall der Elbphilharmonie führte uns diese Logik jedoch sozusagen zu einem anderen Schluss. Aber ich gehe nochmal einen Schritt zurück. Ganz am Anfang haben wir uns gefragt, was ein Konzertsaal überhaupt ist. Und dieses Nachdenken führte dazu, dass wir eine übergeordnete Raumidee formulierten, ein Konzept des Raums in seiner ganzen Radikalität, wenn ich so sagen darf. Die Ränge reichen höher in den Gesamtraum hinein. Ränge, Wände und Decke bilden eine räumliche Einheit, eine Art Kontinuum, in dem alle Menschen den Raum bestimmen, also die Musiker und das Publikum gemeinsam. Der Raum scheint nur noch aus Menschen zu bestehen. In dieser Hinsicht ähnelt unser Konzept für den Raum dem Typus des Fußballstadions, den wir in den letzten Jahren entwickelt haben. Der Typus schafft eine fast interaktive Nähe zwischen Spielern und Publikum. Um das Ziel zu erreichen, haben wir uns übrigens mit archaischen Theaterformen befasst. Wir haben uns auch das Shakespearesche Theater und die Mailänder Scala angeschaut. Alles im Hinblick auf die vertikale Dimension. Während der Umsetzung haben wir dann eng mit dem Akustikexperten Yasuhisa Toyota zusammengearbeitet. Er hat uns dabei unterstützt, unserem Konzept den Feinschliff zu geben. Gemeinsam haben wir die Form des Saals präzisiert und die Beschaffenheit der Oberflächen bestimmt, insbesondere der Brüstungen. 11 12-13.qxp_Layout 1 21.12.16 11:49 Seite 12 Ü BE RBL I CK Fortschritt Ein langer Weg zum Ziel FOTO: OLIVER HEISSNER Baustopps, Unstimmigkeiten in Brandschutzkonzepten, immer weiter ansteigende Kosten auf der einen Seite, Architekturkunst, großzügige Sepnden und neue kulturelle Anlaufstellen auf der anderen Seite. Das sind die Etappen auf dem Weg zur Elbphilharmonie. Die Elphilharmonie wird aufwendiger und teurer. Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 Der alte Kaispeicher A … 12 DIE ZEITTAFEL 2001: Der Architekt und Projektentwickler Alexander Gérard und seine Ehefrau, die Kunsthistorikerin Jana Marko, entwickeln die Idee und die Nutzungskonzeption für eine Philharmonie auf dem Kaispeicher A. Im Oktober informiert Gérard den Hamburger Senat über dieses Vorhaben. Die Landesregierung reagiert jedoch mit Skepsis und Zurückhaltung. Gérard und Marko gewinnen die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron für eine Zusammenarbeit und entwickeln mit ihnen einen ersten Entwurf. Juni 2003: Die Architekten Herzog & de Meuron stellen ihre Projektskizze „Philharmonie Hamburg“ einschließlich der vorgesehenen Mantelbebauung (Hotel, Wohnungen, Parkhaus) in der Laeiszhalle vor. August 2003: Hamburgs Architekten unterstützen die Plä- Februar 2005: Ausschreibung eines europaweiten Teilnahmewettbewerbs, mit dem ein privater Partner für den Bau, die Finanzierung und den Betrieb der Elbphilharmonie gefunden werden soll. Juli 2005: Die Machbarkeitsstudie geht von Gesamtkosten in Höhe von 186 Millionen Euro aus. Auf die öffentliche Hand sollen danach 77 Millionen Euro entfallen. Der Hamburger Senat spricht sich auf der Grundlage der Machbarkeitsstudie für die Realisierung der Elbphilharmonie aus und beantragt bei der Bürgerschaft entsprechende Planungsmittel. August 2005: Die Hamburger Mäzene Helmut und Hannelore Greve spenden 30 Millionen Euro für das Projekt. Der Unternehmer Michael Otto und die Reemtsma-Stiftung stellen weitere Spenden von jeweils zehn Millionen Euro zur Verfügung, die Körber-Stiftung sagt drei Millionen Euro zu. Oktober 2005: Gründung der Stiftung Elbphilharmonie. Juni 2006: Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) stellt Christoph Lieben-Seutter, bislang Intendant des Wiener Konzerthauses, als Generalintendant der Laeiszhalle und der Elbphilharmonie vor. ne ihrer Kollegen Herzog & de Meuron. Mai 2004: Der Senat setzt den Geschäftsführer der städtischen Realisierungsgesellschaft (ReGe), Hartmut Wegener, als Projektkoordinator für die Elbphilharmonie ein. September 2004: Der Senat beauftragt die Realisierungsgesellschaft mit einer Machbarkeitsstudie, die bis Mai 2005 vorliegen soll. Zugleich erhält die ReGe den Auftrag, die Gründung einer Joint Venture-Gesellschaft mit Gérard und dem Investor Dieter Becken vorzubereiten. Die Kulturbehörde soll bis Ende 2004 ein Nutzungskonzept erarbeiten. November 2004: Der Senat übernimmt das Projekt Elbphilharmonie offiziell. Die Initiatoren und Investor Becken werden ausgezahlt. Januar 2005: Der Senat beschließt ein integriertes Nutzungskonzept für die Elbphilharmonie. Herbst 2006: Der Bauantrag wird gestellt. November 2006: Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gibt bekannt, dass die Elbphilharmonie aufwendiger und teurer wird als geplant. Die Baukosten steigen auf 241,3 Millionen Euro, der Anteil der Stadt erhöht sich auf 114,3 Millionen Euro. Februar 2007: Einstimmiger Beschluss der Hamburger Bürgerschaft zum Bau der Elbphilharmonie. Gründung der Elbphilharmonie Hamburg Bau GmbH & Co KG als Bauträger. 2. April 2007: Baubeginn mit der Grundsteinlegung. Juni 2008: Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt gibt die Ressortzuständigkeit für das Großprojekt Elbphilharmonie an die Kulturbehörde ab. Kultursenatorin Karin von Welck teilt mit, dass die Eröffnung der Elbphilharmonie um ein Jahr auf den Herbst 2011 verschoben wird. September 2008: Weitere Kostensteigerungen von 114,3 um 209 auf 323,3 Millionen Euro zu Lasten der Stadt durch den sogenannten „Nachtrag 4“. Der ReGe-Geschäftsführer und Projektleiter Hartmut Wegener wird abgelöst. Nachfolger … und seine Zukunft werden weiter nach Zeitplan umgesetzt. Januar 2016: Die für den Klang des Großen Konzertsaales so wichtige weiße Haut ist vollständig montiert. Juni 2016: Der Konzertbereich wird separat an die Stadt Hamburg übergeben. Juli 2016: Die 1.000 Gewinner der Ticket-Verlosung stehen fest. Oktober 2016: Die Elbphilharmonie wird von Hochtief abgenommen und an die HamburgMusik übergeben. November 2016: Die Plaza wird mit einem Festakt eröffnet. Januar 2017: Die Eröffnungskonzerte am 11. und 12. Januar und ein dreiwöchiges Festival weihen die Elbphilharmonie ein. Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 wird Heribert Leutner. November 2008: Als neuer Eröffnungstermin wird der Mai 2012 genannt. Januar 2010: Kurz nach Bekanntwerden möglicher weiterer Mehrkosten in Höhe von 22,4 Millionen Euro teilt der Baukonzern Hochtief der Stadt mit, dass sich die Eröffnung der Elbphilharmonie erneut um ein Jahr verzögern wird. April 2010: Die Stadt verklagt den Baukonzern Hochtief auf einen verbindlichen, belastbaren Terminplan. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion beantragt einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der vor allem die Gründe für die erheblichen Kostensteigerungen durchleuchten soll. 28. Mai 2010: Richtfest. November 2010: Die außergerichtliche Einigung zwischen ReGe und Hochtief scheitert. Damit hat das Landgericht Hamburg das letzte Wort. Es geht um einen detaillierten Terminplan für die noch ausstehenden Bauarbeiten. Januar 2011: Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss legt seinen Zwischenbericht vor. Darin heißt es, dass sich die tatsächlichen Kosten für den Haushalt auf 351,3 Millionen Euro belaufen. Der Senat wird für seine Informationspolitik kritisiert. März 2011: Der Baukonzern Hochtief legt einen neuen Zeitplan vor. Demnach soll das gesamte Gebäude erst Ende November 2013 fertiggestellt sein – zehn Monate später als zuletzt geplant. Juli 2011: Der Baukonzern Hochtief kündigt abermals eine Verzögerung bei der Fertigstellung an. Neuer Termin soll nun der 15. April 2014 sein. Oktober 2011: Hochtief verkündet nach der dritten Revision des Brandschutzkonzeptes, die Bauarbeiten in Teilbereichen, beispielsweise das Dach, ruhen zu lassen. Mai 2012: Hochtief erklärt sich bereit, weiterzubauen. April 2013: Die Projektpartner unterzeichnen einen zwischenzeitigen Baustopp sowie eine Neuverordnung. Darin wird beschlossen, dass die Abnahme bis zum 31. Oktober 2016 erfolgen soll. Durch Mehrkosten liegen die Gesamtkosten nun bei 789 Millionen Euro. November 2013: Der Rohbau ist fertig. Januar 2014: Die Außenfassade ist geschlossen, ab August auch das Dach. März 2015: Die Baupläne der Neuverordnung von 2013 FOTO: H. A. PRINZ REUSS 12-13.qxp_Layout 1 21.12.16 11:49 Seite 13 13 14-16.qxp_Layout 1 21.12.16 11:52 Seite 14 S E RVI C E Security Mit Sicherheit Musikgenuss FOTO: AZS SYSTEM AG Klassische Konzerte mit namhaften Künstlern und Dirigenten locken zukünftig Musikliebhaber aus aller Welt in die Elbphilharmonie Hamburg. Für die Gäste ist das Thema Sicherheit ein selbstverständliches Grundbedürfnis und muss reibungslos im Hintergrund, jedoch stets zuverlässig ablaufen. Hochtief entschied sich hier für das Angebot der AZS System AG, eines über die nationalen Grenzen hinaus bekannten Hamburger Traditionsunternehmen. Ausschlaggebend für diese Wahl waren neben der hohen Wirtschaftlichkeit der Lösung die ausgewiesene Fähigkeit des Unternehmens, eine hochmoderne Sicherheitsinfrastruktur zu schaffen und sich dabei Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 FOTO: MICHAEL ZAPF Einen komplizierten Gebäudekomplex sicher zu machen, ist nicht einfach. 14 nahtlos in einen so komplexen Prozessablauf, wie ihn die Elbphilharmonie erforderte, einzugliedern. Die Elbphilharmonie liefert zahlreiche Herausforderungen für die Gebäudesicherheit. Vom Betreten bis zum Verlassen werden viele Bereiche des Gebäudes von den Besuchern passiert, sei es vom Parken in der Tiefgarage, über die Aufzüge, den kleinen und großen Konzertsaal, die Gastrobereiche bis zum angeschlossenen Hoteltrakt. In der Gebäudeleitstelle der Elbphilharmonie laufen alle Daten zusammen, sie ist wie das Herzstück eines pulsierenden Netzwerks. Dabei hat die Steuerung der Sicherheitsab- läufe bei der Integration in die Leitstelle eine besondere Bedeutung. Das digitale Zutrittssystem Access 3010 überwacht die Zustände und Alarme, erteilt Berechtigungen und Freigaben, leitet die Informationen an das grafische Managementsystem in der Leitzentrale weiter, visualisiert die Prozesse und versorgt das Videosystem. Das Fluchtwegsystem ist über ein Bus-System eingebunden. Mithilfe des implementierten Zutrittskontrollsystems ist das Sicherheitspersonal des Hauses in der Lage, den Zugang zu allen Bereichen lückenlos zu kontrollieren. Ermöglicht wird dies durch rund 1.000 Kartenleser, Fluchtweg- und Zutrittsterminals, die von den Hamburger Sicherheitsspezialisten in der Elbphilharmonie verbaut wurden. Ein hochmodernes elektronisches Erkennungssystem, mit dem erst der Zugang zu einem Bereich gewährt wird, wenn eine bestimmte Person erkannt und ihre Zutrittsberechtigung nach dem Abgleich mit der Profildatenbank auf einem zentralen Computer bestätigt wurde. Diese Berechtigungen und Freigaben der Terminals werden vom elektronischen Zutrittssystem Access 3010 vergeben, wie auch die Aufzugsrufe und Außenrufe der Aufzugssteuerung. Über das netzwerkbasierte System erfolgt ebenfalls das Besuchermanagement für die Vergabe der berührungslosen Chipkarten, z.B. für Gastmusiker und technisches Personal. Die installierten Videoüberwachungs- und Managementsysteme unterstützen das Sicherheitspersonal bei seiner Tätigkeit und bieten kontinuierlich maximalen Schutz und Sicherheit für Besucher und Bewohner des Gebäudes sowie die dort Beschäftigten. Die Lösungen der AZS System AG sind so flexibel wie das Gebäude selbst. Die umfangreichen Konfigurations- und Integrationsfähigkeiten geben nahezu unbegrenzte Möglichkeiten neue Herausforderungen exakt abzubilden. So ermöglichen die modernen Lösungen, dass Zutrittsberechtigungen von Einzelpersonen bei Bedarf sofort festzustellen, Berechtigungen aufzuheben oder neu zuzuweisen sind und jeder Zutrittsversuch in Echtzeit zentral protokolliert werden kann. Der Videonachweis ist insbesondere bei Ermittlungen im Zusammenhang mit kriminellen Taten wie Diebstahl oder Sachbeschädigung außerordentlich hilfreich. Darüber hinaus lässt sich das Sicherheitsinstrumentarium für ganz andere Zwecke einsetzen. So können etwa zeitlich begrenzte Zonenunterteilungen vorgenommen werden, zum Beispiel um dem Raumpflegepersonal in bestimmten Bereichen nur zu bestimmten Uhrzeiten und über bestimmte Eingänge Zutritt zu gewähren. AZS System AG, Mühlendamm 84a, Telefon 22 66 12 21, www.azs.de 14-16.qxp_Layout 1 21.12.16 12:45 Seite 15 Spenden Haspa Musik Stiftung – Gut für Hamburg Seit 2008 motiviert die Haspa Musik Stiftung Menschen, sich für Musik einzusetzen und selbst zu musizieren. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der musikalischen Förderung von Kindern und Jugendlichen. Außerdem begleitet und unterstützt sie junge Künstler auf dem Weg in den Beruf als Musiker. Die Haspa Musik Stiftung entwickelt viele ihrer Förderprojekte gemeinsam mit anderen Hamburger Institutionen. Mit der Initiative „Jugend an die Instrumente“ verlieh die Haspa Musik Stiftung auch 2016 wieder hochwertige Instrumente im Gesamtwert von 100.000 Euro an den Hamburger Musikernachwuchs. Musikpädagogische Institutionen konnten einzelne, besonders begabte Schülerinnen und Schüler für den Haspa Instrumentenfonds vorschlagen. Die NachwuchsmusikerInnen erhielten hochwertige Instrumente, um in ihrer musikalischen Entwicklung gezielt gefördert zu werden. Von der Klassik spannt die Haspa Musik Stiftung ihren Förderbogen zu „Krach & Getöse“: Mehr als 280 Bands bewarben sich in diesem Jahr für den Hamburger Musikerpreis „Krach & Getöse“, den die Haspa Musik Stiftung gemeinsam mit RockCity Hamburg e.V. seit 2009 vergibt. Teilnehmen konnten Musiker und Bands quer durch alle Genres aus Hamburg und Umgebung. Die von einer hochkarätigen, siebenköpfigen Fachjury ausgewählten fünf Preisträger erhalten einen Geldpreis von je 1.200 Euro sowie über 12 Monate ein maßgeschneidertes Coaching-Paket in Zusammenarbeit mit Branchenprofis, Clubs, Festivals und Agenturen, um ihre professionelle Karriere voranzutreiben. Und last but not least vergab in diesem Jahr die Haspa Musik Stiftung zum ersten Mal den Nachwuchspreis beim Hamburger Musikpreis HANS. Alle Projekte der Haspa Musik Stiftung können auch durch Sie unterstützt werden. Kontakt: Janna Prüßner, Haspa Musik Stiftung Geschäftsführung, Telefon 3579-3572 E-Mail: [email protected], www.haspa-musik-stiftung.de Engagement für die Elbphilharmonie So verwundert es kaum, dass vor allem auch die Elbphilharmonie ab sofort im Fokus der Förderaktivitäten der Haspa Musik Stiftung steht. Im Rahmen des Eröffnungsfestivals findet am 29.1.2017 der sog. „Familientag“ statt. An diesem Tag wird Familien mit Kindern ein ganztägiges Programm in allen Sälen, im Foyer, auf der Plaza und in den Kai-Studios geboten. Zahlreiche Ensembles von Schülerbands bis zum NDR Elbphilharmonie Orchester sorgen für ein abwechslungsreiches Konzertprogramm. Den ganzen Tag über können die Besucher außerdem etwas über die besondere Architektur erfahren, sich auf Klangsafari begeben und in Instrumentenworkshops oder Mitsing-Konzerten selber Musik machen. Das Vormittagsprogramm richtet sich vor allem an die Jüngeren, am Nachmittag werden die älteren Kinder angesprochen. Die Haspa Musik Stiftung übernimmt an diesem Tag alle Eintrittsgelder. Mit diesen Fördermitteln setzt die Elbphilharmonie Konzerte und Projekte des Musikvermittlungsprogramms um. Des Weiteren fördert die Haspa Musik Stiftung Schülerkonzerte in der Elbphilharmonie. Ziel ist es dabei, für Hamburger Grundschüler sowie für die Sekundarstufen I und II den Besuch eines Konzertes in den Sälen der Elbphilharmonie mit anschließender Führung und einem Besuch der Instrumentenwelt (ehemals Klingendes Museum) zu ermöglichen. Weitere Förderaktivitäten Aber auch weitere zahlreiche Förderaktivitäten haben die Haspa Musik Stiftung längst zu einem wichtigen und verlässlichen Partner in der „Musikstadt Hamburg“ etabliert. Klönschnack Elbphilharmonie · 1 · 2017 Schon die Jüngsten profitieren von der Musikförderung. Im Januar lockt ein Familientag in die Elbphilharmonie. 15 14-16.qxp_Layout 1 21.12.16 11:53 Seite 16