Ekstase in der Kathedrale

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16 Kultur & Medien
Science
Fiction in
Bregenz
Bregenz – Unter dem Motto
„Erinnerungen an die Zukunft“ steht der Bregenzer
Festspielsommer 2012 im
Zeichen der Wiederaufnahme der Revolutionsoper
„Andre Chenier“ von Umberto Giordano auf der Seebühne
sowie der Uraufführung der
Science-Fiction-Oper „Solaris“ des deutschen Komponisten Detlev Glanert (51)
im Festspielhaus. Festspielpräsident Günter Rhomberg
und Intendant David Pountney präsentierten am Dienstag das vorläufige Programm
2012. Das 67. Festival am Bodensee eröffnet am 18. Juli
im Festspielhaus mit der Uraufführung des Auftragswerkes „Solaris“ als Koproduktion mit der Komischen Oper
Berlin. Das noch nicht fertig
komponierte Werk basiert auf
dem 1961 veröffentlichten
Science-Fiction-Roman des
polnischen Autors Stanislaw
Lem. Auch die Oper im Theater am Kornmarkt steuert Detlev Glanert bei. Zu hören und
sehen ist ab 4. August in Koproduktion mit dem Landestheater Linz die Kammeroper
„Nijinskys Tagebuch“, die auf
Aufzeichnungen des Tänzers
und Choreographen Waslaw
Nijinsky basiert. (APA, TT)
Briten
räumen bei
Emmys ab
New York – Britische Fernsehproduktionen haben bei
den internationalen Emmys
fünf Preise abgeräumt. Bei
der Verleihung in New York
am Montagabend (Ortszeit)
wurde unter anderem die Serie „Accused“ als bestes Drama ausgezeichnet. „Accused“
erzählt die Geschichten von
Angeklagten, die in Zellen unterhalb des Gerichtssaals auf
ihr Urteil warten. Ursprünglich war das Drama gar nicht
nominiert, ersetzte dann aber
die britische Serie „Sherlock“,
nachdem diese auch für einen
Emmy in den USA nominiert
worden war.
Vierzig Nominierte aus 20
Ländern standen sich bei den
39. Internationalen Emmys in
zehn Kategorien gegenüber,
bei denen außerhalb der USA
hergestellte TV-Produktionen
prämiert werden. (APA, sda)
Kuhn wieder
im „Delirium“
Salzburg – Zum vierten Mal
gehört das letzte Wochenende
vor Weihnachten (16. bis 18.
Dezember) im Salzburger Mozarteum dem „Delirium“ von
Gustav Kuhn. Der Leiter der
Tiroler Festspiele in Erl hat für
seine Konzertreihe erneut die
neunte Symphonie von Beethoven ans Festival-Ende gesetzt. Am Samstag davor bringt
er mit dem Chor und dem Orchester der Tiroler Festspiele
Mahlers vierte Symphonie sowie die österreichische Erstaufführung eines Konzertes
für Saxofon, Bassposaune und
Orchester des Schweizer Jazzsaxofonisten und Komponisten Daniel Schnyder. (APA)
Nummer 323 | Mittwoch, 23. November 2011
Ekstase in der Kathedrale
Mit Werner Herzogs 3D-Dokumentarfilm „Die Höhle der vergessenen Träume” beginnt
diese Woche auch im Innsbrucker Cinematograph das digitale Zeitalter.
Von Peter Angerer
Innsbruck – Wie schmal
die Grenze zwischen Leben
und Tod sein kann, führte
Werner Herzog in seinem Abrechnungsfilm „Mein liebster Feind” vor. Während der
Dreharbeiten zu „Aguirre,
der Zorn Gottes” wollte Klaus
Kinski angesichts der Strapazen im Dschungel von Peru
seine Rolle quittieren, woraufhin Herzog dem Star mit
Erschießen und anschließendem Selbstmord drohte. Das
war 1972. Nach dem Triumph
des Films über die grausame
Eroberung Eldorados strickten Herzog und Kinski an Kinomythen, die bleiben werden. Der mittlerweile in Los
Angeles lebende Regisseur
war ein Pionier der Selbstinszenierung und ist noch immer auf der Suche nach Mythen, Ekstase und Bildern für
die Ewigkeit, die er seinem
Willen unterwerfen kann.
1994 wurde im südfranzösischen Ardèche-Tal von einem
Amateurforscher die nach
ihm benannte Chauvet-Höhle
entdeckt, die durch einen
Felssturz 20.000 Jahre lang
versiegelt gewesen war. Ein
winziger Luftzug führte zu einem sensationellen Museum,
das etwa 400 Wandgemälde
enthält, die ziemlich genau
datiert werden konnten: Die
ältesten Zeichnungen sollen
35.000 Jahre alt sein, die jüngeren sind immerhin 25.000
Jahre vor unserer Zeitrech-
Die Wandbilder in der Chauvet-Höhle sind die ältesten entdeckten Zeugnisse der Kulturgeschichte.
nung entstanden.
Da Besucher „eine der
größten Entdeckungen der
menschlichen Kulturgeschichte“ innerhalb kurzer
Zeit durch ihre Ausdünstungen zerstören würden, ist die
Chauvet-Höhle inzwischen
wie ein Banktresor gesichert
und nur ein ausgewähltes
Team von Archäologen und
Prähistorikern hat Zugang.
Vier Tage lang durfte auch
Werner Herzog mit drei Mitarbeitern die Höhle betreten. Da nur ein schmaler
Foto: Filmladen
Steg durch „die Höhle der
vergessenen Träume” führt,
hat Werner Herzog für seinen Dokumentarfilm die
3D-Aufnahmetechnik (Kameramann: Peter Zeitlinger)
gewählt, um die Dimension
der Anlage zu illustrieren.
Schnell verwandelt sich die
mit kristallverkrusteten Säulen geschmückte Höhle in
eine Kathedrale, der sakrale
Soundtrack feiert den mystischen, vorgeschichtlichen
Treffpunkt von wildem Tier
und Mensch. Die Ebene vor
der Höhle wurde damals von
Pferden, Rindern, Löwen,
Panthern, Bären, Nashörnern, Hyänen neben Homo
sapiens und Neandertaler
bewohnt. Auf dem Höhlenboden lagern Knochenreste,
bei denen sich Herzog fragt,
ob Tier und Mensch wohl
freundschaftlich verbunden
die Höhle aufgesucht haben
könnten. Unter den verschiedenen Theorien über die ursprüngliche Funktion der
Höhle macht sich Herzog eine esoterische zu Eigen, um
daraus eine Geschichte für
seinen Film zu entwickeln.
Die interviewten Wissenschafter reagieren mit einiger
Skepsis auf Herzogs Assoziationen über Vorgeschichte und
Zukunft der Menschheit.
In der Nähe der ChauvetHöhle befindet sich ein
Kernkraftwerk, mit dessen
Kühlwasser ein tropisches
Glashaus-Reservat beheizt
wird. Dort entdeckt Herzog
zwei Albino-Alligatoren, die
gut in die bizarre Höhle passen würden, oder – alles ist
eine Frage der Perspektive –
ist der Mensch das Krokodil?
Die Höhle der vergessenen Träume:
Ab 6 Jahren. Innsbruck: Cinematograph.
Viel Lyrik und
bläserische Mutproben
Von Ursula Strohal
Einen alles andere als sanften Blick wirft der Tiroler Autor Helmuth Schön­
Foto: privat
auer auf die Auswüchse in der Tiroler Provinz.
Die Provinz im
Herbstlicht
Innsbruck – Der Tiroler Autor Helmuth Schönauer ist
bekannt für beißenden Spott
über die Zustände in der Provinz, die unschwer als Tirol zu
erkennen ist. Die feine Klinge ist seine Sache nicht und
auch die Fäkalsprache feiert
in seinen Büchern fröhliche
Urständ.
Sein neuestes Werk trägt den
Titel „Hohl und schön“(Kyrene
Verlag). Im Pixelroman besteht die Methode darin, dass
in jeder Sequenz das Ganze
enthalten sein muss. Hauptfigur von Schönauers Buch
ist Michael Neuratt. Der Politiker hat sich angesoffen und
zur Ruhe gesetzt. Lange war
er Landtagspräsident eines
mickrigen österreichischen
Mini-Parlaments. Nach seinen Alkoholexzessen in der
Politik sieht er die Welt im
Herbstlicht. So sanft wie das
Herbstlicht gemeinhin assoziert wird, sind Schönauers
Betrachtungen der Auswüchse in der Provinz keineswegs.
„... die Landtagspräsidenten
sind dem puren Arschlochismus verpflichtet, und Michael
Neuratt ist ein würdiger Präsident dieser Ahnenreihe von
Halbwahnsinnigen, die fallweise mit schönen Phrasen,
fallweise mit der hohlen Hand
auf das Land eindreschen, dass
die Fetzen fliegen“, schreibt
Schönauer. Er kritisiert auch
die mangelnde Bereitschaft
zum Rücktritt, die in der Provinz vorherrscht und veranschaulicht das am Beispiel
von Hannes Bodner, der trotz
Trunkenheit am Steuer keine
Konsequenzen zog. Das Buch
wurde von BM:UKK, Land Tirol und der Stadt Innsbruck
gefördert – ein Bekenntnis zur
Meinungsfreiheit. (pla)
Persönliches Exemplar für AOM-Benutzer tt-plank - (C) APA-DeFacto GmbH. Alle Rechte vorbehalten.
Innsbruck – Das Konzert,
das Stefan Vladar als Dirigent
und Solist der Camerata Salzburg in deren Abonnementzyklus Anfang November im
Salzburger Mozarteum gab,
übersiedelte zehn Tage später
in den Innsbrucker Meisterkonzertzyklus – mit einer Veränderung: Igor Strawinskis
„Danses concertantes“ standen nicht mehr in der Mitte,
sondern am Beginn des Programmes, das mit Wolfgang
Amadeus Mozarts Klavierkonzert in G-Dur, KV 453, und
Sergej Prokofjews symphonischem Märchen „Peter und
der Wolf“ fortgesetzt wurde.
Strawinsky hatte dadurch
am Montag im Congress
die Funktion des Einspielstückes. Klassizistische Tanzmusik, ironisch und stilisiert,
deren melodische Aktionen
Vladar nicht zu sehr betonte,
weil Strawinsky seinen Werken das Gefühlsbetonte absprach in der Sehnsucht nach
der „lichten Idee des reinen
Kontrapunkts“. Die Bläser
waren pointiert zur Stelle,
allzu spritzig geriet das Werk
nicht.
In Mozarts Klavierkonzert
war Stefan Vladar am Wort
mit seiner ganzen lyrischen
Kraft, die den Manierismus
geschickt umschifft. Er bleibt
stets in Verbindung mit dem
Orchester, zeigt die ergreifende Schönheit der einfachen
Melodie und lotet dabei tief.
Dann sang er innigst Franz
Liszts Consolations Nr. 3.
„Peter und der Wolf“ war
orchestral eine Freude, das
ganze Programm gehörte ja
ohnedies den souveränen
Bläsersolisten, die – nicht zu
vergessen die Percussionisten – Peters Mutprobe in allen Farben schilderten. Peter
Simonischek fügte sich als
Sprecher schlicht und mit
vielen Stimmungsnuancen
ein.
Freundlicher Applaus. Dem
Meisterkonzertpublikum
kann man also doch Märchen
erzählen.
Halbstarke auf der
Suche nach sich selbst
„The Puncher“ soll Verständnis für
Foto: Moritz Orgler
die Jugend wecken.
Innsbruck – Drei Jahre sind
seit der Uraufführung des
psychologischen Musiktheaters „The Puncher – wie lange brauchst du, bis du wieder stehst“ (Regie Bernhard
James Lang) vergangen. Am
Dienstag wurde die Filmfassung des Erfolgsstücks nun
im Metropolkino präsentiert.
Der Film wurde in nur drei
Tagen à 17 Stunden gedreht.
Erzählt wird die Geschichte
von einer Gruppe Halbstarker
und ihren Eltern, die sich im
Kampf um Zuneigung ineinander verhaken.
Das 100-Minuten-Werk soll
im Unterricht ab der 8. Schulklasse gezeigt werden. Ergänzendes Unterrichtsmaterial
zum Thema Gewaltprävention steht für Lehrer unter www.
the-puncher. com bereit. „The
Puncher“ wurde auch bei der
Diagonale Graz und beim Internationalen Filmfestival in
New York eingereicht. (pla)
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