Journal Club AINS 2 · 2012 Referat Sepsis: Wie kann man die Prognose weiter verbessern? Die Literatur belegt eindrucksvoll den Nut- tätsrisiko aufwiesen (adjusted OR 0,32; 95 % zen einer frühzeitigen suffizienten Antibiose CI: 0,20–0,52; p = 0,017). Der Nachweis von bei der Sepsis. Hierdurch lässt sich die Mor- zusätzlichen Resistenzmerkmalen im Erre- talität drastisch vermindern. Unklar ist aber gerspektrum dagegen wirkte sich nicht auf noch, ob es weitere klinische Faktoren gibt, die Prognose aus. Fazit Die klinische Analyse zeigt, dass auch ventionsstrategien ableiten. bei suffizienter Antibiose Sepsispatienten besonders bedroht sind, wenn der Erreger Bei Patienten mit septischem Schock, wel- auf der Intensivstation erworben wurde. che mit Antibiotika behandelt werden, ist Die Autoren betonen deshalb den hohen neben der Schwere der Erkrankung für das Stellenwert, dem eine optimale Hygiene auf Outcome relevant, ob sie sich auf der Inten- der Intensivstation zukommt. sivstation infiziert haben. So das Studienergebnis von Andrew Labelle und Kollegen Dr. med. Horst Gross, Berlin von der Washington University School of Medicine, St Louis, USA. Labelle A, Juang P, Reichley R et al. The determi- Bei den 436 Patienten der retrospektiven nants of hospital mortality among patients with Studie war ein septischer Schock aufgetre- septic shock receiving appropriate initial antibiotic ten. Die Antibiose musste spätestens 24 h treatment. Crit Care Med 2012; 40: 2016–2019 Abb. Sepsis-Patienten sind besonders gefährdet, wenn sie den Erreger auf der Intensivstation erworben haben. Umso wichtiger ist eine gute Hygiene. nach der diagnostischen Blutkultur erfolgt sein und das Erregerspektrum erfassen. So war sichergestellt, dass man Aussagen über infektiologische und klinische Kofaktoren treffen konnte, die bei adäquater Antibiose die Prognose zusätzlich beeinflussen. Kommentar Der Schweregrad der Sepsis wurde durch Dr. med. Klaus Kerwat, Oberarzt an der Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Marburg den APACHE-II bzw. den Carlson-Score objektiviert. Primäres Zielkriterium war die Krankenhausmortalität. Die Gesamtmortalität lag bei 51 %. Patienten mit gram-negativer Sepsis erreichten eine Mortalität von 59 %. Im Mittel war die Antibiose nach 5–6 h initiiert worden. Eine frühere Intervention (< 1 h) wirkte sich nicht lich, dass immer wieder Studien aufgelegt werden, um neue Behandlungsstrategien zu definieren oder bekannte Strategien zu überprüfen. Über die Sepsis und ihre Behandlung ist schon viel geschrieben worden. Zurzeit ist das Severe-Sepsis-Bundle der Surviving Sepsis Campaign sehr aktuell. Hier ist die frühe Antibiotikagabe als eine von 5 Maß- auf die Mortalität aus. Diese Studie beschäftigt sich mit der Ver- nahmen enthalten. Mit dem Severe-Sepsis- ▶▶ Die Verstorbenen hatten einen durch- bindung von 2 Problematiken: Zum einen Bundle sollte eine Reduktion der Mortalität schnittlichen APACHE-II-Score von 24, mit der Sepsis auf Intensivstationen, zum um 25 % bei Sepsis möglich sein. Bei den NI anderen Infektionen ist es leider so wie immer: Es trifft die Alten (NI), also mit Infektionen, die im zeitlichen und die Schwachen. Und wenn die Infektion Der Erreger-Erwerb auf der Intensivstation oder örtlichen Zusammenhang mit einem dann auch noch durch einen multiresisten- ▶▶ die Überlebenden dagegen nur 20 Scorepunkte. mit nosokomialen verdoppelte das Mortalitätsrisiko (multi- Aufenthalt und/oder einer Behandlung im ten Erreger verursacht wird, ist die Situati- variate logistische Regressionsanalyse: ad- Krankenhaus stehen. Beides sind hoch­ on richtig kompliziert. Aber auch bei den NI justed Odds Ratio 1,99; 95 % CI: 1,52–2,60; relevante Themen in der Intensivmedizin gibt es durchaus gute Nachrichten: Durch p = 0,011). Bei intraabdominellen Infektio- – insbesondere dann, wenn sich die Ereig- das Befolgen von einfachen Hygienestan- nen verdreifachte es sich. Auffallend war, nisse miteinander verknüpfen. Eine Morta- dards ist es möglich, ungefähr 20 % der NI dass Patienten, bei denen eine Staphylokok- lität von 51 % muss in ihrer Bedeutung nicht gänzlich zu verhindern – getreu dem Motto: kus-aureus-Infektion ohne Multiresistenz weiter diskutiert werden. Es gibt also Hand- Vorsorge ist besser als Behandeln. Eine Tat- vorlag, ein um 30 % vermindertes Mortali- lungsbedarf. Daher ist es nur allzu verständ- sache, die auch die Autoren betonen. 69 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. können. Hieraus ließen sich eventuelle Inter- Bildnachweis: Dörte Jensen/ Thieme Verlagsgruppe (Symbolbild) welche die Mortalität der Sepsis beeinflussen