DIALOG 2 | 2011 Wo Tageslicht fehlt, kommt die innere Uhr aus dem Takt. Deshalb müssen Gebäude viel Tageslicht ins Innere lassen. Automatisierte Sonnenschutzlösungen regeln den Lichteinfall und sparen Energie. UMSICHT Natürliches Licht ist gut für den Schlaf-Wach-Rhythmus, Stimmung, Weil im PlusenErgieHaus die Haustechnik ein grösseres Gewicht Konzentration und Arbeitsleistung. Im Klassenzimmer gilt deshalb bekommt, begann man bei VELUX 2009 mit der Entwicklung von das Gebot, so viel Tageslicht wie möglich hereinlassen und durch Konzepthäusern. Das so genannte Sunlighthouse gewann 2010 in Sonnenschutzsysteme für Abschattung zu sorgen. Weil diese Lösung Österreich den Staatspreis für Umwelt- und Energietechnologie im Grimm-Zentrum in Berlin und in der Deutschen Schule in Genf und zeigt eindrucksvoll, dass ein PlusEnergieHaus sogar mit einem Hand in Hand mit ausgezeichneter Architektur gelang, stellen wir Fensteranteil von über 40 Prozent möglich ist. (Seite 20) Damit so Ihnen im ersten Teil diese beiden Gebäude vor. grosse Fensterfronten ästhetisch schön und energetisch optimiert abgeschattet werden, entwickelt man bei der Création Baumann Andreas Grieninger, Geschäftsführer Somfy Schweiz Lichtmanagement berührt unmittelbar das grosse Thema Nach- Jahr für Jahr innovative Lösungen, die auch 2010 wieder viele Preise haltigkeit. Dem PlusEnergieBau widmen wir den gesamten zwei- erhielten. (Seite 26) ten Teil des Dialogs. In seinem Interview (Seite 22–25) plädiert Prof. In der Vernetzung liegt die Zukunft Daniel Kündig, Präsident des SIA, dafür, Architekten und Planer beim Insgesamt gilt: Innovationen, die helfen, Energie zu sparen, wurden Erreichen der Energiesparziele mehr Gestaltungsspielraum zu lassen. und werden ausgezeichnet. Uns freut das, denn auch Somfy leis- Diese Überzeugung teilen immer mehr Experten und Architekten tet mit seinen intelligenten Sonnenschutzsystemen seinen Beitrag und für Dr. Ruedi Meier, Geschäftsleiter zum Energiesparen. Nicht zuletzt durch den alljährlichen Tag der des Vereins Energie-Cluster Schweiz, ist das PlusEnergieHaus, eine Kombination von guter Wärmedämmung und intelligenter Haustechnik, die Lösung der Zukunft. Bestätigt wird Dr. Meier darin Jahr für Jahr von der Solaragentur Schweiz. Der PlusEnergieBau in Graubünden (Seite „Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Dynamischen Isolierung, der am 23. und 24. September 2011 in rund 30 Orten in der gesamten Schweiz stattfindet und zu dem wir Sie schon jetzt ganz herzlich einladen. Der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein SIA zeichnet im Wettbewerb "Umsicht – Regards – Sguardi" zukunftsfähige Gestaltung des Lebensraums aus. Im Mai 2010 schrieb der SIA zum zweiten Mal diese nationale Auszeichnung aus. Prämiert wurden zehn Arbeiten, die in besonderer Weise zur Gestaltung des Lebensraumes Schweiz beitragen. Zwei Jahre lang sind die ausgezeichneten Arbeiten jetzt im Rahmen einer Wanderausstellung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Die Ausstellung macht Station an diversen Hochschulen und Ausbildungsinstitutionen im In- und Ausland. Unterstützt wird der Architekturwettbewerb 2011 von Somfy Schweiz. (Victor Hugo) 16–19) gewann 2010 nicht nur den Schweizer Solarpreis, sondern wurde auch mit dem Norman Foster Solar Award ausgezeichnet. Die Architekten Vincenz + Weishaupt zeigen hier, dass preiswürdige Architektur und PlusEnergieBauten längst kein Widerspruch mehr sind. DIALOG | 3 DEUTSCHE SCHULE GENF Deutsche Schule Genf Exzellente deutsche Auslandsschule Die Deutsche Schule Genf (DSG) ist Teil des Netzwerks der von der Bundesrepublik geförderten deutschen Auslandsschulen. Neben den schulischen Aufgaben für die Region Genf bildet die DSG das einzige deutsche Kulturzentrum in der Westschweiz und der benachbarten französischen Region. Regelmässige Theateraufführungen, Literaturabende und andere kulturelle Veranstaltungen finden in der DSG statt. Anfang 2003 wurde ein Generalplanerwettbewerb weltoffen ausgeschrieben. Anforderung war, dass der Neubau alle schulischen und kulturellen Aktivitäten unter einem Dach zusammenfassen und eine Antwort auf steigende Schülerzahlen und das Bedürfnis nach einem öffentlichkeitswirksamen Schulkomplex geben sollte. Der Entwurf von Soliman Zurkirchen Architekten überzeugte vor allem durch eine nach aussen verlegte, statisch tragende Gebäudestruktur in Form diagonal angeordneter Betonstützen. Dadurch gelang es dem Zürcher Büro, die gewünschte repräsentative Wirkung zu erzielen. Der Neubau befindet sich in Vernier, einer Vorortgemeinde von Genf. Vom Ortskern her reihen sich das Rathaus, Schulen, Post und Geschäfte nacheinander auf. Die neue Schule ergänzt diese Kette öffentlicher Bauten. Der Baukörper erstreckt sich als mittelbündige Anlage über zwei Etagen und ein Untergeschoss. Entlang der Erschliessungsachse entsteht eine abwechslungsreiche Abfolge von zusammenhängenden Räumen, die visuelle Kontakte auf beide Seiten zulassen. Der Baukörper mäandert um zwei unterschiedlich grosse Pausenhöfe. Der grössere Hof ist Hauptzugang zum Gebäude und gleichzeitig Pausenhof für die Sekundarstufe, ein kleinerer Hof ist für die Schüler der Grundschule gedacht. Die Klassenzimmer für die Primar- und Sekundarstufe sind auf beide Etagen verteilt und orientieren sich zur Südostseite. Die Unterrichtsräume, die nach Nordwesten ausgerichtet sind, dienen als Fach- und Informatikräume. Zu den Höfen gewandt befinden sich im Obergeschoss das Lehrerzimmer und die Bibliothek. DIALOG | 5 DEUTSCHE SCHULE GENF LICHTJAHRE Ebbe und Flut, Tag und Nacht, Jahreszeiten und Mondzyklus: Menschen, Tiere und Pflanzen brauchen Zeitgeber, um sich mit ihrer Umwelt zu synchronisieren. Jahrtausende lang haben diese Zeitgeber dafür gesorgt, dass unsere innere Uhr perfekt an einen 24-Stunden-Tag angepasst ist. Heute läuft diese innere Uhr Gefahr, aus dem Gleichgewicht zu geraten. Ursache dafür: Zu wenig natürliches Licht. Vor den 3-fach verglasten Fenstern sorgt ein textiler Sonnenschutz für angenehme Temperaturen im Inneren. Über drei Treppenanlagen, die eine einfache Orientierung und einen raschen Etagenwechsel erlauben, erschliesst sich das gesamte Gebäude. Der gewünschten kulturellen Aussendarstellung entspricht die prägnante Fassade. Eine nach aussen verlegte Fachwerkstatik bildet zusammen mit einer filigranen Glashaut ein Maximum an Transparenz. Insgesamt gilt die Fassade in ihrer Gestaltung schon heute als ausgesprochenes Markenzeichen der Deutschen Schule in Genf. Eine Besonderheit ist der in unmittelbarer Nähe gelegene Flughafen. Der dadurch entstehende Lärm stellte hohe Anforderungen an den Schallschutz am Gebäude. So basiert das Belüftungs- und Lärmschutzkonzept auf einer hochwertigen Isolierverglasung, verbunden mit einer kontrollierten Belüftung über die Fassade. Während der Unterrichtszeit wird über eine schallgedämmte Ansaugbox im Bereich des Storenkastens temperierte Frischluft in den Raum geleitet und kontinuierlich über einen Lüftungskanal zu einer Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung weggeführt. In den Pausen können einzelne Fenster zur Stosslüftung geöffnet werden. Die Beheizung geschieht über Geothermie mittels einer Erdsonde-Wärmepumpenanlage und der Aktivierung von Böden und Decken. Auf diese Weise konnte das MINERGIE-Label für einen sparsamen und ökologischen Energieverbrauch erreicht werden. In einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung wurde das Projekt 2004 den zuständigen Behörden in Berlin zur Prüfung vorgelegt. 2005 konnte mit der Werkplanung und der öffentlichen Ausschreibung begonnen werden. Die ersten Bauarbeiten starteten im März 2006, der Rohbau wurde im Januar 2007 fertig gestellt. Die Bauvollendung fand exakt zu Schulbeginn im August 2007 statt. Im April 2010 wurde der Deutschen Schule in Genf das Siegel Exzellente Deutsche Auslandsschule verliehen. Natürliches Licht ist gut für Schlafqualität, Stimmung, Konzentration und Arbeitsleistung. Für Tageslicht im Klassenzimmer gibt es keinen Ersatz. Ein heller Sommer-Sonnentag hat eine Beleuchtungsstärke von 100.000 Lux, ein bedeckter Wintertag hat immerhin noch 3.500 Lux. Die durchschnittliche Beleuchtungsstärke in einem Büro oder Klassenzimmer beträgt 300 bis 800 Lux. Viel zu wenig, um dem inneren Zeitgeber die notwendigen Impulse zu geben. Wo Tageslicht fehlt, kommt die innere Uhr aus dem Takt. Bei vielen Kindern ist das natürliche Schlaf-Wach-Muster schon so zerrissen, dass ihre Gesundheit leidet. Sinkende Aufmerksamkeit, schlechter Schlaf, Unruhe und Niedergeschlagenheit sind die Folgen. Wer dem Einhalt gebieten will, muss Schulgebäude so planen und sanieren, dass ausreichend Tageslicht ins Klassenzimmer gelangt. Eine automatisierte Sonnenschutzlösung regelt dabei nicht nur den Lichteinfall, sondern senkt zudem den Energieverbrauch. Dass Schüler bei Tageslicht besser lernen als bei Kunstlicht, belegen zahlreiche Untersuchungen. Tageslichtkonzepte sollten daher zum Standard moderner Schulplanung gehören. DIALOG | 7 ARCHITEKTUR IM FOKUS Transparenz, Beziehung, Flexibilität 2003 gewannen die Architekten Soliman und Zurkirchen den Wettbewerb für die Deutsche Schule in Genf. Zuvor hatte das Zürcher Architektenduo mit dem Neubau für die Accademia in Mendrisio erste Erfahrungen in Universitätsbauten gesammelt. Herr Soliman, Herr Zurkirchen, was hat den Wettbewerb für Sie entschieden? Zurkirchen: Bei der Deutschen Schule in Genf war das Thema Kohabitation sehr wichtig: Unter- und Oberstufe sollten in einem Gebäude gemeinsam untergebracht und doch irgendwie getrennt sein. Soliman: Ein Aspekt war, die Pausenhöfe für die Unter- und Oberstufe zu separieren und einen Mittelgang wie einen Mäander durch das Gebäude fliessen zu lassen. Die äussere Umsetzung der Statik mit ihren diagonalen Stützen, die das Gebäude sehr stark charakterisieren, war der zweite. Weil die Deutsche Schule nicht nur Schule, sondern auch Kulturzentrum sein will, war das Erscheinungsbild sehr wichtig. Zurkirchen: Das Haus sollte vor allem offen und einladend wirken. Wir haben uns für ein Stahl-Betonverbund-Fachwerk entschieden, wodurch die Fassade im Erdgeschoss teilweise stützenfrei wurde. Das gab der Schule einen ganz eigenen Charakter. Welche Bedeutung hatte das Thema Energie bei dem Projekt? Zurkirchen: Der hohe Glasanteil machte es nötig, sehr früh über effiziente Sonnenschutzmassnahmen und über die Frage der Kühlung nachzudenken. Schon in der Wettbewerbsphase hatte der Haustechniker vorgeschlagen, im Winter durch Erdsonden zu heizen und im Sommer auf gleichem Weg zu kühlen. Die Sonden speisen eine Wärmepumpe, die die Wärmeenergie über bauteilaktivierte Zwischendecken im ganzen Gebäude verteilt. Durch das System läuft im Winter warmes und im Sommer kühles Wasser. Welche Vorgaben gab es vonseiten des Bauamtes? Soliman: Durch die Nähe zum Flugplatz besteht eine hohe Lärmbelastung, sodass das Bauamt ein Zweiweg-Lüftungssystem vorgegeben hatte, mit dem der Luftwechsel während des Unterrichts sichergestellt ist, ohne dass Fenster geöffnet werden müssen. Unsere Idee, Airboxen in der Nähe der Fenster anzubringen, die die Luft von aussen ansaugen, temperieren und an der gegenüberliegenden Wand wieder absaugen, bekam grossen Zuspruch. Zusätzlich kann man in jedem Klassenraum ein Fenster öffnen. Hatten Sie in der ganzen Zeit einen Technikplaner mit im Team? Soliman: Ja, unser Haustechniker hat das Projekt die ganze Zeit begleitet. Bei Gebäuden mit grossflächig verglasten Fassaden ist ein Technikplaner unentbehrlich, es braucht laufend intelligente Lösungen für Beschatten, Heizen oder Kühlen. Zurkirchen: Die Fenster beispielsweise sind 3-fach verglast, zusätzlich gibt es noch einen Patrik Zurkirchen und Amr Soliman Textil-Sonnenschutz aussen, der automatisch aus- und eingefahren wird, je nach Zeit, Sonneneintrag und Windverhältnissen. Die Automatisierung wurde sehr schlank gehalten. Dennoch werden natürlich Sonnenschutz, Heizung und Lüftung automatisch gesteuert. Haustechnik ist, auch wenn man sie sehr schlank hält, immer eine sehr komplexe Sache. Soliman: Wir haben uns sehr intensiv mit neuen didaktischen Konzepten beschäftigt. Heute ist Gruppenarbeit die Regel, oft tauscht man sich auch mit der Nachbarklasse aus. Deshalb haben wir die Klassenzimmer verbunden, damit dieser Austausch stattfinden kann. In der Deutschen Schule liegt zwischen zwei Klassenzimmern jeweils ein Gruppenraum, der von beiden Klassen benutzt werden kann. Zurkirchen: Auch mit der Lehrerschaft haben wir uns intensiv ausgetauscht bis hin zur Frage, was eine Wandtafel leisten muss. Ergebnis war die Ausstattung mit elektronischen Wandtafeln. So können Lehrer ihre Unterrichtsvorbereitung elektronisch einspielen und sämtliche Unterrichtsergebnisse direkt speichern oder ausdrucken. Was war für Sie neu beim Bau der Deutschen Schule in Genf? Zurkirchen: Er sollte sich mit Pädagogik beschäftigen und aktuelle Unterrichtsformen in seinen Entwurf einfliessen lassen. Wichtig aus meiner Sicht ist auch das Thema Identifikation. Beim Bild eines Schülers von seiner Schule spielt die Architektur eine ganz entscheidende Rolle. Soliman: Freiraum hat man bei einer Schule nur bei der Gestaltung der Räumlichkeiten: Gelingt es, eine Beziehung zwischen den Räumen herzustellen und welche Beziehungen folgen daraus für die Schüler? Diesen Freiraum zu gestalten, ist das eigentlich Spannende. Zurkirchen: Bei unserer Planung fanden wir es wichtig, dass die Schüler im öffentlichen Bereich der Schule jederzeit einen Bezug zur Umwelt haben und an den Aktivitäten der anderen teilhaben können. So kann man beispielsweise vom Obergeschoss aus in die Turnhalle hinunterschauen und zusehen, wie die Kinder unten turnen. In die Bibliothek kann man vom Gang aus hineinschauen, ebenso ins Lehrerzimmer. Und die Mensa wird über ein mit mobilen Wänden versehenes Foyer mit der Aula verbunden. Worauf muss ein Architekt beim Thema Schule besonders achten? DIALOG | 9 GRIMM-ZENTRUM BERLIN Grundriss des Lesesaals im Grimm-Zentrum: Er erstreckt sich mit circa 200 Leseplätzen auf vier Terrassen über die ganze Gebäudehöhe und bietet in jedem Stockwerk Zugang zu Bücherregalen und dezentralen Arbeitsplätzen. Quelle: Max Dudler Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, Berlin Bibliothek mit Blendschutz Im Bezirk Mitte zwischen Bahnhof Friedrichstrasse und der Museumsinsel erhebt sich die neue Zentralbibliothek der Humboldt-Universität in imposanter Bauweise. Der Architekt Max Dudler hat damit eine monumentale Lese- und Arbeitswelt im Herzen Berlins geschaffen. Lesesäle, Arbeitsräume und Büros sind mit automatisch betriebenen Screen-Behängen ausgestattet, um optimale Licht- und Sichtverhältnisse zu gewährleisten. Ganz im Gegensatz zum verspielten und verwinkelten Hexenhäuschen, das die Brüder Grimm im Märchen beschreiben, ist das Jacob-und Wilhelm-Grimm-Zentrum – so der offizielle Name der neuen Bibliothek – ein Gebäude mit kubischer Klarheit und Strenge. Nichts unterbricht die Optik der Aussenfassade aus hellem Jurakalkstein. Auch im Innern setzt sich dieser Eindruck fort. Trotz Gebäudegrösse, mehrgeschossiger Aufteilung und einer hohen Möblierungsdichte funktionieren die einzelnen Gänge zwischen den Bücherregalen und Leseplätzen immer wieder auch als Sichtachsen. Sie erleichtern die Orientierung, vermitteln Überblick, Offenheit und ermöglichen weite Ausblicke auf das charakeristische Berliner Innenstadtensemble. Diese optische Weite lässt sich auch in die Erweiterung von Horizonten übersetzen, die das Studium der Bücher ermöglichen soll. Den Übergang von innen nach aussen bilden tief ins Innere eingelassenen Fassadenlinsen. Sie sind ohne Rahmen oder Gesims ausgeführt. Ihre unterschiedliche Dimensionierung sorgt nicht nur für gestalterische Abwechslung. Sie lässt sich nach aussen gleichzeitig auch als Bücherrücken interpretieren. Hinter den breiteren, lichtdurchlässigeren Varianten verbergen sich die Leseplätze, die schmaleren Ausführungen begrenzen einen Gang, der entlang der Bücherregale verläuft. Alle Öffnungen sind mit automatisierten Sonnenschutzbehängen ausgestattet. Um sie vor Wind und Wetter zu bewahren, sind ihnen fast überall Prallglasscheiben vorgebaut. Nur im unteren südwestlichen Teil des Gebäudes wurde auf diesen Glasschutz verzichtet, um mit den Screens optische Akzente zu setzen. Blendender Himmel über Berlin Herzstück und gestalterischer Leckerbissen im Inneren der Bibliothek ist der zentrale Lesesaal – eine Terrassenlandschaft, die sich zu zwei Seiten über vier Stufen emporschwingt. Auch hier dominieren klare, geometrische Formen. Die Besucher arbeiten an langen, schwarzen Holztischen mit einer Arbeitsfläche aus grünem Linoleum. Die Arbeitslampen darauf hat Max Dudler selbst entworfen. Alles in allem wäre der Lesesaal mit seiner Wandverkleidung aus Kirschholz eher etwas dunkel geraten, wäre da nicht das gläserne Dach. Es lässt natürliches Licht nach unten dringen, erhellt den Raum und verleiht ihm eine warme Atmosphäre. Gerade eine Bibliothek, deren Wesen im Lesen besteht, benötigt ein Höchstmass an Tageslicht. Denn es beeinflusst die physische wie psychische Leistungsfähigkeit der Arbeitenden positiv und unterstützt die Sehleistung. Die Dachverglasung im Grimm-Zentrum fördert die Sichtverhältnisse besonders gut, weil Zenitlicht – also von oben einfallendes Tageslicht – dreimal heller ist als Seitenlicht. Zudem lassen sich mit Deckenöffnungen Raumtiefen beleuchten, die mit Hilfe von Fensterverglasungen nicht erreichbar sind. DIALOG | 11 GRIMM-ZENTRUM BERLIN Nachteile in Sachen Sicht ergeben sich allerdings dann, wenn das Arbeitsmittel Computer ins Spiel kommt. Von 500 der insgesamt 1.250 öffentlichen Arbeitsplätze in der neuen Bibliothek können Nutzer per Wireless Lan im Internet weitere Wissensquellen anzapfen und ihre Rechercheergebnisse direkt ins Laptop eingeben. Je nach Einfallswinkel und Intensität des Tageslichts entstehen dann Reflexionen, Spiegelungen und Blendungen auf dem Computerbildschirm. Um das zu verhindern, sind die Dachöffnungen mit motorisierten Horizontal-Screens ausgestattet. Sie werden bei zu hohem Lichteinfall mit einem Sensor aktiviert und fahren dann automatisch in eine Sonnenschutzposition. Am Beispiel Grimm-Zentrum wird exemplarisch deutlich, dass intelligente Fassadensteuerungen eine immer wichtigere Rolle vor allem hinsichtlich des Nutzerkomforts spielen. Flexibilität, Kompatibilität und zuverlässige Technik sind wichtige Faktoren, um eine ausgewogene Balance zwischen Tageslichtnutzung, Blendschutz, Energieeffizienz und Materialsicherheit herzustellen. GRIMM-ZENTRUM BERLIN Fassadenabhängig gesteuerter Sonnenschutz Optimale Abstimmung von Licht und Sicht Im Grimm-Zentrum mit seiner hohen Besucherdichte spielt die richtige Mischung aus Sonnenschutz und guter Sichtqualität durch eine hohe Tageslichtdosis eine grosse Rolle. Sie muss für alle Nutzer gewährleistet sein – egal, in welchem Teil des Gebäudes sie sich gerade befinden. Dieser Anforderung wird ein Sonnenschutzsystem gerecht, das die Behänge individuell auf jede einzelne Fassade bezogen steuern kann. Um eine effektive Vernetzung der sonnenschutzrelevanten Elemente im GrimmZentrum zu gewährleisten, wurde ein spezielles Bussystem des Herstellers Somfy eingesetzt: animeo IB+. Es gliedert die Fassade in insgesamt 14 Zonen. Da an den einzelnen Gebäudeseiten unterschiedliche Einflussfaktoren wie Sonne, Wind und Regen auf die Behänge wirken, lassen sie sich auf Impuls der aussenliegenden Wetterstation individuell ansteuern. Auf diese Weise reagieren sowohl die Horizontalbehänge der Dachverglasung als auch die Verschattungen an den Fenstern zuverlässig auf Sonneneinstrahlung, Windentwicklung und Feuchtigkeit – aber eben nur jene Bereiche, die von diesen Faktoren betroffen sind. Das schützt die Screens vor Beschädigung und ermöglicht gleichzeitig optimale Sichtverhältnisse für die Raumnutzer – unabhängig davon, in welchem Gebäudeteil sie sich befinden. Eine weitere Funktion des Sonnenschutzsystems ist die Zeitsteuerung. Die Anlage empfängt das dcf-77-Signal aus Mainflingen bei Frankfurt am Main. Dieser Zeitsignalsender übermittelt den meisten funkgesteuerten Uhren in Westeuropa die genaue Uhrzeit. Auf dieser Zeitbasis fahren sämtliche Behänge der Bibliothek abends um Punkt 20 Uhr nach oben. Für jede der 14 Zonen kann zudem über PC oder zentral platziertem Bereichstaster eine frei wählbare Sonnenschutzposition einprogrammiert werden, so dass die Behänge immer optimal in Stellung sind. In den Büros der oberen Stockwerke sind die Screens auch manuell per Wandschalter bedienbar. Dadurch können die Mitarbeiter im Bedarfsfall Zentralbefehlen auch gegensteuern, wenn die automatisch angesteuerte Position nicht ihren momentanen Sichtund Lichtbedürfnissen entspricht. Biokühlung Mit automatisch gesteuerten Rollladen- und Markisensystemen lässt sich laut einer belgischen Studie im Sommer die Innentemperatur um bis zu neun Grad senken. Das spart Energiekosten und sichert Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Grossflächig verglaste Fassaden sind schön. Wenn aber im Sommer mit dem Licht auch die Hitze ungehindert ins Innere gelangt, werden die Tage schnell zur Qual. Für eine angenehme Innentemperatur sorgen automatische Sonnenschutzsysteme mit Motorisierung und Sensortechnik. An der Fassade angebracht, sorgt so ein Funk-Sonnensensor dafür, dass Rollläden, Storen und Markisen rechtzeitig bewegt werden. So bleiben die Räume auch in der Mittagshitze angenehm kühl. Wer zusätzlich die Nachtkühlung nutzen will, koppelt Fenster und Rollladen mit einer Zeitschaltuhr und bringt sie nachts automatisch in die optimale Lüftungsposition. Interessant für Planer: Im Hochsommer ist vormittags und nachmittags vor allem die Verschattung der Ost- und Westfassaden wichtig. Denn zur Mittagszeit steht die Sonne zu hoch, um direkt in die Innenräume zu scheinen. Verantwortlich für das starke Aufheizen ist vor allem der Sonneneintrag am Vor- und am Nachmittag! Bis zu neun Grad kühler ist es tagsüber in Räumen, die mit intelligent gesteuerten Rollladen- und Markisensystemen ausgestattet sind, gegenüber solchen, in denen ein solches Sonnenschutzsystem fehlt. Das belegt die belgische Physibel-Studie der European Solar Shading Organization (ES-SO). Und was das Beste ist: Das Bioklima entsteht auf natürlichem Weg, ganz ohne Klimaanlage. DIALOG | 15 PLUSENERGIEBAU schmale Haus ein, eine äussere Beschattung schützt vor Überhitzung. „Die Bauherrschaft wollte ein Haus, das mindestens so viel Energie erzeugt, wie es verbraucht“, so der Architekt. Das PlusEnergieHaus ist eine Kombination aus guter Wärmedämmung und intelligenter Haustechnik. Hier wird möglichst viel Energie genutzt: Erdwärme zur Heizung im Winter, Sonne für Stromproduktion und zum passiven Heizen in der Übergangszeit. Dank der guten Isolierung sowie der aktiven und passiven Nutzung der Sonnenenergie, verbraucht das Haus nur noch einen Bruchteil der Energie konventionell gebauter Einfamilienhäuser. Gleichzeitig ist es ein kleines Kraftwerk. Vertikal an der Südfassade dienen drei übereinander angebrachte thermische Sonnenkollektoren zur aktiven solarthermischen Energiegewinnung. Architekt Weishaupt: „Die weist mit 2.400 kW pro Jahr einen überdurchschnittlichen Solarertrag auf und ist besonders im Winter sehr geschätzt.“ Der Restwärmebedarf für Heizung und Warmwasser wird über eine Abwasser-Wärmepumpe gedeckt. Die kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung sorgt dafür, dass die Wärmeenergie in dem Gebäude optimal genutzt wird. Im flach geneigten Satteldach ist die Photovoltaikanlage ganzflächig integriert. Sie dient als Energieanlage und erfüllt nebenher alle Schutzfunktionen eines Daches. Der PlusEnergieBau zeigt wie durch besonders sorgfältig integrierte thermische Solaranlagen erneuerbare Energien vorbildlich genutzt und damit ein beispielhafter Beitrag zum Klimaschutz geleistet wurde. Doppelt ausgezeichnet: PlusEnergieBau der Architekten Vincenz + Weishaupt, Graubünden Seit Kurzem gilt eine neue Zauberformel im Hausbau: PlusEnergieBauten. Das sind Gebäude, die mehr Energie erzeugen, als sie und ihre BewohnerInnen verbrauchen. Die alljährliche Verleihung des Schweizer Solarpreises zeigt, dass diese Häuser energetisch und immer öfter auch architektonisch beispielhaft sind. 2010 erhielt der PlusEnergieBau der Bauherren Cadruvi und Joos neben dem Schweizer Solarpreis auch den Norman Foster Solar Award. Graubünden, Ruschein. Klare kubische Formensprache, Holzständerbau mit Lärche eingepackt, an der Südfassade drei übereinander angebrachte thermische Sonnenkollektoren, auf dem Dach Solarzellen. Im Inneren helle, grosszügige Räume, bodentiefe Fenster mit Aussicht auf die alpine Bergwelt, angenehmes Raumklima. Das PlusEnergie-Einfamilienhaus von Maria Cadruvi und Andreas Joos fügt sich harmonisch in die alpine Landschaft von Ruschein ein. Architekt Weishaupt von Vincenz + Weishaupt zeigt auf die Fassade: „Dank guter Isolation und soliden Fenstern ist die Gebäudehülle dicht.“ Der Schnee auf der Terrasse kommt bis an die Fenster heran, die Dreifachverglasung trennt die winterliche Kälte draussen von den sommerlichen 24 Grad im Wohnzimmer gänzlich ab. Weishaupt weist auf die Fensterfront: „Hier ist das Thema, möglichst viel Sonnenlicht hineinzulassen.“ Durch die grossen, teils raumhohen Fensterflächen der Südfassade dringt die passive Sonnenenergie tief in das Beim Klimaschutz bei Gebäuden anzusetzen, macht unbedingt Sinn, denn hier ist das Klimaschutzpotenzial am grössten. Gebäude sind mit mindestens 40 Prozent an den CO2Emissionen beteiligt. Mit PlusEnergieBauten – davon sind immer mehr Architekten und Bauherren überzeugt – können rasch und wirksam, und bei gutem Kosten-Nutzenverhältnis, auch hochgesteckte Energieziele erreicht werden. Dr. Ruedi Meier, Geschäftsleiter des schweizer Vereins energie-cluster.ch freut sich, dass PlusEnergieBauten bei Architekten und Bauherren immer beliebter werden. „Sie geben den Architekten sehr viel Gestaltungsfreiheit. Bauen ist schon kompliziert genug, da sollte man ohne einengende technische Vorschriften alle Potenziale zum Energiesparen ausschöpfen können.“ Durch Informationsveranstaltungen und Netzwerktreffen will er Architekten, Planer, Haustechniker und Industrie zusammenbringen und die Nachfrage für PlusEnergieHäuser stimulieren. „Mit den heute verfügbaren Technologien können PlusEnergieHäuser problemlos gebaut werden. Wir müssen nur die Wege dorthin potenziellen Interessenten aufzeigen und sie motivieren, mitzumachen“, so Meier. Zwar führen viele Wege zum PlusEnergieHaus. Ein Grundsatz jedoch gilt immer: Ein Gebäude ist ein ganzheitliches System und sollte auch als solches verstanden werden. Dr. Ruedi Meier: „Entscheidend ist, dass möglichst alle Synergien zwischen Gebäudehülle, Umgebungsenergien und Haustechnik genutzt werden.“ Beim mehrfach ausgezeichneten PlusEnergieBau in Graubünden ist das ganz sicher vorbildlich gelungen. DIALOG | 17 PLUSENERGIEBAU Obwohl das PlusEnergieHaus in Fachkreisen immer wieder heftige Diskussionen auslöst, besteht im Grundsatz Einigkeit: Es sollten dämmende Massnahmen zum Einsatz gelangen, zusätzlich soll der verbleibende Energiebedarf durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Ruedi Meier, Geschäftsleiter des energie-cluster.ch: „Die Grundidee ist einfach: Wenn wir beim Bauen die Energieeffizienz steigern wollen, geraten wir ab einem bestimmten Punkt in den Bereich steigender Grenzkosten. Decken wir den Energiebedarf durch erneuerbare Energien, fallen die Grenzkosten, je mehr wir produzieren. Die Herausforderung beim Bauen besteht also darin, ein optimales Gleichgewicht herzustellen.“ Während die Anhänger des Minergie-Standards davon ausgehen, dass Dämmung in Kombination mit guter Lüftung den Energieverbrauch senkt, und den Einsatz der Photovoltaik begrenzen wollen, verfolgen die Befürworter einer umfassenden Nutzung der erneuerbaren Energien, insbesondere der Photovoltaik, eine weitergehende Strategie. „Dr. Ruedi Meier: Das PlusEnergieHaus wird immer interessanter, je günstiger u.a. die Photovoltaik wird. Den Einsatz der Photovoltaik zu begrenzen, macht aus ökonomischer und ökologischer Sicht keinen Sinn und macht Bauen zudem noch unnötig kompliziert. Als Ökonom habe ich nun mal eine pragmatische, marktorientierte Sicht auf die Dinge“, betont Meier. Aus seiner Sicht gehe es darum, erneuerbare Energie möglichst ökonomisch zu erzeugen, wobei das Konzept nicht auf Photovoltaik begrenzt sei. „Durch die Kombination von Photovoltaik und Sonnenkollektoren beispielsweise lassen sich von 1.000 KW/h gut 500 KW/h Wärme und 100 bis 150 KW/h Strom vom Dach eines Hauses holen. Das ist das, was uns die Sonne schenkt“, so Meier. Aktuelles zum PlusEnergieBau Das PlusEnergieHaus produziert mehr Energie als es verbraucht. Dachflächen, Fassaden, Keller und Nebenräume werden für die Energieproduktion genutzt, Wärme und Strom werden dort produziert, wo man sie braucht. PlusEnergieBauten nutzten Synergien und machen Gebäudebesitzer unabhängig von öffentlicher Energieversorgung. Im PlusEnergie-Konzept spielt neben der Erzeugung vor allem die Speicherung der gewonnenen Energie eine wichtige Rolle. ETH-Professor Hansjürg Leibundgut beispielsweise plädiert dafür, Solarenergie im Sommer einzufangen, in Erdspeichern einzulagern und sie dann im Winter per Wärmepumpe zu fördern und für Energiebedürfnisse zu nutzen. Die Wärmepumpe selbst wird durch solar erzeugten Strom betrieben. Weil im PlusEnergieHaus die Haustechnik ein grösseres Gewicht bekommt, hat man vom energie-cluster.ch eine Innovationsgruppe gegründet. Hier denken Architekten und Techniker über integrative Konzepte nach und diskutieren neue Lösungen. „Für Architekten ist das PlusEnergie-Konzept vor allem deshalb so interessant, weil es offen ist. Das ist das Spannende“, so Dr. Ruedi Meier. „Wir wollen die Diskussion möglichst breit führen und bringen Leute zusammen, die weiter denken.“ Aus Sicht des engagierten Ökonomen stehe dem PlusEnergieHaus auch über die Grenzen der Schweiz hinaus eine grosse Zukunft bevor. Weitere Informationen bekommen Interessierte unter www.energie-cluster.ch oder direkt bei Herrn Dr. Ruedi Meier, Geschäftsleiter energie-cluster.ch, Bern. DIALOG | 19 PARTNER Traumhaus mit Himmelslicht Von 2009 bis 2011 baute VELUX in Dänemark, Deutschland, Grossbritannien, Frankreich und Österreich sechs Modellhäuser in ihrem jeweiligen klimatischen, kulturellen und architektonischen Umfeld. Herausgekommen sind sechs von Tageslicht durchflutete, CO 2-neutrale Gebäude mit aussergewöhnlichem Lebenskomfort. Im so genannten Sunlighthouse in Öster- können die Fenster auch manuell bedient reich hatte man bewusst schwierige topo- werden. Den verbleibenden Heizbedarf deckt grafische Rahmenbedingungen gewählt, eine Solewasser-Wärmepumpe, die Warmweil man zeigen wollte, dass auch unter an- wasser-Produktion erfolgt durch Sonnenspruchsvollen Bedingungen CO2-neutrales kollektoren. Unterm Strich erzeugt das SunBauen möglich ist. Der Energieverbrauch lighthouse mehr Energie als es benötigt. wird aus erneuerbaren Energien gedeckt, alle Das PlusEnergieHaus wurde 2010 schon Baustoffe genügen strengen ökologischen vor seiner Fertigstellung in Österreich mit Kriterien und der Tageslichtanteil übertrifft dem Staatspreis für Umwelt- und Energiegängige Normen um ein Vielfaches. Für Felix technologie ausgezeichnet. Egger, Geschäftsführer von VELUX Schweiz, ist Nachhaltigkeit das Zukunftsthema der Branche. „Wir Europäer verbringen etwa 90 Prozent unserer Lebenszeit in geschlosEnergie für senen Räumen. Deshalb sind ein gesundes Solarzellen Wohnumfeld mit gutem Raumklima, ma(Stromerzeugung) ximaler Komfort und viel Licht Maxime Überschuss Nummer eins beim Bauen. Ideal ist es, wenn 12,2 Natürliche Belüftung Solare (Kamineffekt) Energiegewinne diese Gebäude noch CO2-neutral sind.” (Wärmegewinn durch LED-Beleuchtung Natürliche Belüftung (Kamineffekt) die Dachflächenfenster) Im Sunlighthouse bestimmen die strategisch positionierten Dachflächenfenster den Lichteintrag im Haus. Das so genannte Himmelslicht, also der Anteil des Tageslichts, der durch die Atmosphäre gestreut und umgelenkt wird und der zusammen mit dem Sonnenlicht oder auch ohne dieergieses auftritt, sorgt bei jedem Wetter für viel erschuss natürliches Licht und maximale passive nd der Sonnennutzung. Während der Heizperiode nalen stellt eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung eine behagliche Raumtemperatur und gesunde Raumluft sicher, im Frühjahr schaltet die kontrollierte Wohnraumlüftung ab und stellt auf automatische Fensterlüftung um. Dabei messen Sensoren Innen- und Aussentemperatur, Windgeschwindigkeit, CO2-Gehalt und Feuchtigkeit der Raumluft und veranlassen nach zuvor definierten Kriterien das Öffnen und Schliessen der Fenster. Natürlich Überschuss 12,2 Energie für Solarkollektoren (Warmwasser) Warmwasserspeichertank Geothermischer Wärmetauscher (Sole-Wasser) Kompaktgerät LED-Beleuchtung Energie für für Komfortlüftung + Sole-Wasser-Wärmepumpe Solarzellen (Stromerzeugung) Natürliche Belüftung (Kamineffekt) DIALOG | 21 Solare Natürliche Belüftung VELUX 43 Über Verantwortung, zukunftsfähige Architektur und den Mehrwert von Produkten. INTERVIEW Prof. Daniel Kündig, Präsident des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA, betreibt in Zürich das Architekturbüro UCNA Architekten ETH SIA BSA. Sie leiten aus der Tatsache, dass das Bauen uns überlebt, Verantwortung ab? Weil es uns überlebt und weil sich niemand entziehen kann. Ich kann entscheiden, ob ich ein bestimmtes Buch lese oder nicht, aber ich kann nicht entscheiden, blind durch die Welt zu gehen. Bauen ist Teil eines öffentlichen Handelns, das ist die Mehrverantwortung. Indem es uns zudem überlebt, wird die Verantwortung noch grösser. Unterliegen Produkte auch dieser Verantwortung? Ich meine, ja. Somfy beispielsweise bietet ein Produkt, das einen Hinweis gibt, in welche Richtung es gehen muss, anders als eine Wärmedämmung, die im Regelfall eine Applikation an einem Gebäude ist. Vorschriften zu Energiefragen sollten deshalb Zielwerte formulieren und keine Rezepte vorschreiben. Denn Zielwerte lösen einen Wettbewerb des Wie aus und fördern Intelligenz und Kreativität. Vorschriften tun das nicht. Bei Gebäuden im Bestand müssen andere Strategien verfolgt werden als bei Neubauten, denn hier habe ich schon eine gewisse Qualität und die Frage ist, was mache ich daraus? Kann ich die Qualität steigern oder packe ich wegen finanzieller Anreize und um Vorschriften zu erfüllen, einen Pullover darüber… Was zeichnet aus Ihrer Sicht ein zukunftsfähiges Produkt aus? Herr Prof. Kündig, welchen Schwerpunkt haben Sie bei Ihrer Arbeit? Wir arbeiten in den Bereichen Entwurf, Architektur und Städtebau, wobei der Schwerpunkt auf der Vernetzung und dem ganzheitlichen Aspekt der Architektur liegt. Damit rückt die Frage, was zukunftsfähige Architektur ist, in den Mittelpunkt. Wir leisten uns eine Projektentwicklungsgesellschaft, die bei den gesellschaftlichen Fragestellungen ansetzt. Darüber hinaus interessiert uns die Fertigungstiefe, die Frage also, wie Produkte industriereif gemacht werden können. Was zeichnet zukunftsfähige Architektur aus Ihrer Sicht aus? Zukunftsfähig ist Architektur dann, wenn sie die Bedürfnisse zukünftiger Generationen mit unseren heutigen Interessen so verbindet, dass eine neue Ganzheit entsteht. Das bedeutet zuerst einmal geistige Arbeit, die Leidenschaft, sich mit mehr zu befassen als mit dem, was man im engeren Sinne unter Architektur versteht. Neben dem Thema Bautechnik müssen wir uns mit gesellschaftlichen Veränderungen, unserer kulturellen Basis und dem Kontext beschäftigen. Selbstverständlich auch mit ökologischen Themen, Energiefragen und Fragen der Ökonomie. Dabei sind wir als Generalisten gefragt, nicht als Spezialisten. Unsere Anforderung heute besteht darin, das Kapital der Zukunft nicht anzugreifen, zukünftigen Generationen nichts wegzunehmen. Das kann nur gelingen, wenn das kulturelle Gut, das wir schaffen, Mehrwert enthält – ökonomisch und ökologisch. Sonst geht die Rechnung nicht auf. Ich muss jetzt präzise sein: Aussenwärmedämmung als Rezept ist nicht zukunftsfähig. Aussenwärmedämmung als Produkt, richtig eingesetzt, kann durchaus zukunftsfähig sein, denn es gibt Orte, wo das Sinn macht. Ein zukunftsfähiges Produkt zeichnet sich durch drei Merkmale aus: Es ist zerlegbar, was ökonomisch Sinn macht, wenn es beispielsweise repariert werden muss. Wenn es nicht zerlegbar ist, muss es zumindest recyclebar sein, damit es wieder in den Materialfluss eingebunden werden kann. Das Produkt sollte gestalterischen und ästhetischen Freiraum schaffen und statt Strukturen zu bestimmen, eine Fragestellung unterstützen und lösen helfen. Und das Dritte ist: Jedes Produkt ist in sich ein identifizierbares Teilsystem und gleichzeitig immer Teil eines grösseren Ganzen. Lässt sich das Produkt nicht in dieses grössere Ganze integrieren, dann ist es schwach. Wir sprechen dann eher von einem Möbel. Wie lassen sich zukunftsfähige Produkte denn entwickeln? Nicht in einem Elfenbeinturm, das ist unmöglich. Es braucht den Dialog von Wissenschaft und Forschung auf der einen und der Praxis auf der anderen Seite. Und es bracht den Dialog zwischen den Bedürfnissen der Gesellschaft und den Ressourcen der Unternehmen. Dann kommen noch Intuition und Ideen dazu. Warum ist dieser Mehrwert gerade in der Architektur so wichtig? Weil unsere Bauten uns überleben. Ich würde mir nicht die gleichen Gedanken machen, wenn ich Plakatgestalter wäre, denn ein Plakat hat einen kurzen Lebenszyklus, es ist individuell. Das Bauen ist nie individuell, sondern findet im öffentlichen Raum statt. Damit hat es eine ganz andere Relevanz was Verantwortung betrifft: Was wir übrig lassen, prägt diese Welt über viele Jahre. DIALOG | 23 mit den Bedürfnissen nichts mehr zu tun haben. Hier braucht es den Dialog. Nicht weil irgendeiner mehr weiss, sondern weil Wissen und Innovationen nur durch das Zusammenbringen unterschiedlicher Kompetenzen entstehen. Wir brauchen die geistige Arbeit der Einzelnen und die verschiedenen Sichtweisen. Welche neuen Aspekte kann ein Dialog zwischen Industrie und Architekten bringen? Viele Unternehmen beklagen, dass sie nicht einbezogen werden in diesen Dialog. Ich glaube, es gibt eine dringende Notwendigkeit, diesen Dialog zu führen. In der Architektur verleitet die Vielzahl industrieller Produkte einen Planer oft dazu, additiv zu arbeiten statt integral. Die Folge ist, dass die Schnittstellen nicht aufeinander abgestimmt sind. Gerade bei komplexeren Fragestellungen ist es wichtig, mit der Industrie zusammenzuarbeiten. Nicht überall und in jedem Bereich, aber gerade in den Bereichen Fassade, Klimatechnik, bei energetischen Fragestellungen also, aber auch bei Materialanwendungen. Führen Handwerksunternehmen diesen Dialog mit den Architekten? Traditionell eher, das stimmt. Auf der anderen Seite haben Handwerksunternehmen oft Schwierigkeiten, industriell zu denken. Das fängt schon beim Assembling an: Was kaufen wir ein, was ist unsere Fertigungstiefe? In einem handwerklichen Prozess mache ich alles selbst. Industrieunternehmen hingegen haben ihre Entwicklungsabteilungen und standardisierte Fertigungsprozesse. Nehmen wir den passiven Sonnenschutz. Der wird nach wie vor fast ausschliesslich für Öffnungen am Haus verwendet. Vielleicht würde ein solches Gespräch zeigen, dass es ganz andere Ansätze gibt. Dass ein passiver Sonnenschutz beispielsweise gerade dort Sinn machen würde, wo wir keine Öffnungen haben. Bei einem dunklen Beton beispielsweise könnte man im Winter die Wärme der Sonne nutzen, im Sommer aber müsste ich den Beton beschatten. Was ist dabei der Mehrwert? Aus meiner Sicht ist unendlich wichtig, dass wir Sonne, Wind oder Erdwärme, also alle Energie, die uns zur Verfügung steht, zuerst einmal in ein Gebäude hineinbringen können. Erst dann geht es um Strategien der Nutzung, mit dem gemeinsamen Ziel, Treibhausgase zu vermeiden. Würde Somfy beispielsweise zusammen mit einem Entwickler von Solarzellen einen Sonnenschutz entwickeln, dann könnte ich über den Sonnenschutz Strom gewinnen und gleichzeitig Wärme abhalten. Damit wäre ein Mehrwert entstanden: Somfy meistert die schwierigste Sonnensituation und produziert zudem Energie. Es geht also darum, dass die Industrie neben ihren standardisierten Produkten „Hybride“ zur Verfügung stellt, die mehr leisten. Was ist deren Defizit? Die Frage ist also immer: Kann ein Produkt mehr leisten, als es das vordergründig tut? Dass sie bei der Erstentwicklung den Markt noch verstehen, sich mit der Zeit aber vom Markt entfernen und zunehmend eigendynamisch Produkte entwickeln, die Eine Beschattungslösung aus Sicht der Industrie hat ein Primat und das ist optimaler Sonnenschutz. Aber damit ist diese Industrie noch nicht besser, sie beherrscht nur ihr Metier. Wenn es ihr aber gelingt, mit dem Sonnenschutz noch eine andere Aufgabe zu lösen, also Mehrwert zu schaffen, dann wird es spannend. Ich finde es gut, dass Somfy den SIA-Wettbewerb sponsert. Denn solche Unternehmen können beispielsweise über einen Beirat den Dialog darüber führen, was wir wirklich brauchen, und gemeinsam Mehrwert kreieren. Wir haben einige Planer gefragt, wer Somfy ist. Interessant war, dass die wenigsten das Unternehmen kannten, obwohl fast jeder Architekt schon einmal mit Produkten von Somfy gearbeitet hat. Für Somfy wäre dieser Dialog also ebenfalls sehr interessant. DIALOG | 25 PARTNER Akustik und Verdunkelung vereint. 2007 hatte man mit der Weltneuheit GECKO neue Standards für die flexible Gestaltung von Sicht- und Blendschutz gesetzt. In mehrjähriger Forschungsarbeit hatten Entwickler im Hause Baumann ein adhäsives Textil entwickelt, das direkt auf Glas haftet und ohne Rückstände oder Hilfsmittel wieder weggenommen werden kann. Interessant ist diese Lösung vor allem bei Glasfronten, bei denen Aufhängungen nicht möglich sind oder die architektonische Wirkung stören würden. Lösungen aus Langenthal Seit 125 Jahren entwirft, produziert und vertreibt Création Baumann weltweit hochwertige Textilien für die Inneneinrichtung. In der Weberei und Färberei im schweizerischen Langenthal konzentriert man sich auf Textilien für verschiedene Segmente der Innenarchitektur. Für Büros, Hotels, Spitäler und Museen bieten die Stoffe von Création Baumann Lösungen für einen breiten Anwendungsbereich und erfüllen zahlreiche funktionale und ästhetische Ansprüche. Philippe Baumann, Geschäftsführer in der vierten Generation, spricht ganz offen über Strategie und Ziele des Familienunternehmens. “Unsere Vision ist es, durch Funktionalität, Ästhetik und Qualität die Lebensqualität der Menschen in Räumen zu steigern. Dabei verfolgen wir langfristige Ziele und eine nachhaltige Unternehmensstrategie.“ Für Philippe Baumann bedeutet Nachhaltigkeit, mit natürlichen Ressourcen sorgsam umzugehen und Verantwortung zu übernehmen. Möglich sei dies aber nur, wenn das Unternehmen wirtschaftlich gedeiht. „Deshalb suchen wir permanent nach Möglichkeiten, wie wir unseren Produkten eine zusätzliche Intelligenz geben können. Den nötigen Spielraum dazu gibt uns unsere Positionierung im Premium-Bereich.“ Neben Design und Qualität geht es bei Baumann daher immer um den Mehrwert eines Sonnenschutzes. Der kann im Bereich Akustik, Blendschutz, UV-Durchlässigkeit oder auch im Hitzeschutz liegen. Seit einiger Zeit beschäftigt man sich verstärkt mit der Frage, wie ein Sonnenschutz Energie einsparen oder sogar gewinnen kann. Philippe Baumann: „Wir untersuchen, wie wir im Winter noch besser die Wärme drinnen und im Sommer die Hitze draussen halten können.“ Für solche Fragen hat man beim Innovationsführer für Sonnenschutzlösungen ein eigenes Innovationsmangement eingeführt. Hier werden Ideen generiert, gefiltert und aussichtsreiche Projekte gezielt umgesetzt. Bei so viel Innovationstätigkeit verwundert es nicht, dass die Création Baumann im Jubiläumsjahr gleich zweimal den Preis „Interior Innovation Award – Winner 2011“ gewonnen hat. Einmal für die Jubiläumskollektion Natura und zum zweiten für Sonic, eine Entwicklung, die die Funktionen Architekten und Innenarchitekten schätzen die Zusammenarbeit mit dem innovativen Unternehmen, weil dessen Lösungen ein hohes Mass an Kreativität zulassen. „Unsere Stoffe erfüllen einzelne Funktionen oder übernehmen gleich eine Reihe von Aufgaben. Dabei kann der Architekt Lösungen aus einem umfassenden Katalog so miteinander verbinden, dass sie seine Anforderungen perfekt erfüllen.“ Bei aller Innovationsfreude bleibt eine Herausforderung bestehen. Philippe Baumann: „Viele Architekten setzen sich mit unseren Lösungen erst sehr spät auseinander. Die grösste Herausforderung für uns besteht deshalb darin, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein und als Problemlöser ständige Präsenz zu zeigen. Dazu gehören ein guter Internetauftritt, guter Service und die richtigen Partner. Bewährter Partner für Motorisierung und Steuerung der Sonnenschutzlösungen aus dem Hause Création Baumann ist Somfy. Über neue Lösungen denkt man hier auch schon einmal gemeinsam nach. Philippe Baumann: „Ich fände es interessant, die Energie für die Antriebe über Sonnenkollektoren zu gewinnen. Ein solches Kooperationsprojekt würde sehr gut in unsere Nachhaltigkeitsstrategie passen.“ impressum herausgeber S omfy AG Vorbuchenstrasse 17 CH-8303 Bassersdorf www.somfy.ch konzeption/text Imdahl Strategie + Kommunikation www.imdahl.biz gestaltung musen visuelle kommunikation www.musen-i.de bildnachweis Somfy AG Vorbuchenstrasse 17 CH-8303 Bassersdorf www.somfy.ch V.i.S.d.P. Daniel Bretscher, Somfy DIALOG | 27 Gutes Klima für Bioklimatische Fassaden Am 23. und 24. September ist Tag der Dynamischen Isolierung in der Schweiz. Ausgesuchte Fachbetriebe zeigen intelligente Sonnen- und Klimaschutzlösungen, die den Wärmeaustausch im Gebäude nach Bedarf regeln und so die Energiebilanz verbessern. Zu den wichtigsten Innovationen der vergangenen Jahre im Fassadenbereich gehört die dynamische Isolierung von Gebäuden. In einem bioklimatisierten Gebäude wird die Fassade zur Membran. Unter Einbeziehung von Luftqualität, Luftfeuchte, Raumtemperatur und Licht werden Klima, Beleuchtung und Sonnenschutz automatisch gesteuert. Ergebnis sind eine optimale Tageslichtausnutzung und signifikante Einsparungen bei Heizung und Klimatisierung. Beim Tag der Dynamischen Isolierung informieren ausgewählte Fachpartner in der gesamten Schweiz interessierte Bauherren und Architekten über die neuesten Automatisierungslösungen von Somfy. Somfy-Fachpartner in Ihrer Nähe: MÜNCHENSTEIN WINDISCH-BRUGG www.baumann.ch www.klinso.ch AESCH WINTERTHUR/TÖSS www.seilerstoren.ch www.baumann.ch COURGENAY ST. GALLEN www.monsieurstore-suisse.ch www.baumann.ch BETTLACH OBEREGG www.rothstoren.ch www.leber.ch GRENCHEN WOHLEN www.reist-storen.ch www.seilerstoren.ch BURGDORF BREMGARTEN www.zaugg-storenbau.ch www.blumenthal-montagen.ch BÄRISWIL WÄDENSWIL www.baumann.ch www.baumann.ch ZOLLIKOFEN CHUR www.schmidstoren.ch www.baumann.ch BELP-BERN EMMENBRÜCKE www.kaestlistoren.ch www.baumann.ch ESTAVAYER-LE-LAC LITTAU www.lamelcolor.ch www.kaestli-mathys.ch YVERDON-LES-BAINS SEMENTINA www.ericverly.ch www.baumann.ch DINO LE MONT-SUR-LAUSANNE www.baumann.ch www.colombara-stores.ch MORGES www.daniel-stores.com LAUSANNE www.storep.ch CAROUGE www.monsieurstore-suisse.ch www.lamelcolor.ch LUTRY www.kuonen-stores.ch BULLE www.monsieurstore-suisse.ch Somfy AG Vorbuchenstrasse 17 CH-8303 Bassersdorf www.somfy.ch