Wachstum und Konjunktur Löhne 70 30 Gewinn Bauer Brot Vorleistung Löhne Wertschöpfung Gewinn 20 Vorleistung Löhne Wertschöpfung Gewinn Mehl Bäcker Wertschöpfung Abb. 3.1 Berechnung des BIP: Ein Beispiel 20 70 30 Lebensmittelhändler BIP = 120 wesentlich höheres BIP aufweisen als die Schweiz, denn seine Bevölkerungszahl ist um ein Vielfaches grösser. Bei Ländervergleichen wird daher das reale BIP pro Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag Kopf ausgewiesen, indem man das BIP durch die Bevölkerungszahl dividiert. zu Kapitel 3 • Seite 91 Rechnet man dieses reale BIP pro Kopf in eine einheitliche Währung um – meist � nachfrage), den Staat ( Staatsausgaben) und das Ausland ( Exportnachfrage). Schliesslich werden auf der Verteilungsseite alle Lohnsummen und alle Gewinne der Volkswirtschaft ermittelt und daraus wiederum das gesamte BIP bestimmt. Natürlich ist die Berechnung für die gesamte Volkswirtschaft wesentlich anspruchsvoller als in unserem Beispiel; das Grundprinzip ist aber genau das gleiche. Zusammenfassende Übersicht Drei Betrachtungsweisen des BIP Entstehung Verwendung Verteilung 93 Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag zu Kapitel 3 • Seite 93 tel aus und der Staatskonsum etwas mehr als 10 %. Hierzu ein kleine Anmerkung zur Definition: Wir sehen, dass in dieser Statistik nur der Staatskonsum ausgewiesen wird und nicht die gesamten Staatsausgaben; staatliche Investitionen sind nicht hier, sondern in den Investitionsausgaben enthalten. Wenn wir im weiteren � Staatskonsum Staatliche Konsumausgaben für Güter und Dienstleistungen. Abb. 3.2 Aufteilung des BIP der Schweiz 2009 nach Entstehung, Verwendung und Verteilung. BIP 2009 zu laufenden Preisen: 535,568 Mrd. CHF Entstehung des BIP der Schweiz 2009 (in Prozent) Verwendung des BIP der Schweiz 2009 (in Prozent) Verteilung des BIP der Schweiz 2009 (in Prozent) 1,1 3,3 9,9 26,1 22,0 17,4 20,6 5,7 22,3 22,8 58,2 18,0 61,3 11,3 ■ Landwirtschaft ■ Private Konsumausgaben ■ Arbeitnehmerentgelt (Löhne) ■ Industrie- und Energieproduktion ■ Staatskonsum ■ Nettobetriebsüberschuss ■ Baugewerbe ■ Investitionsausgaben ■ Handel, Gastgewerbe, Verkehr ■ Nettoexporte (Unternehmensgewinne) ■ Abschreibungen ■ Produktions- und Importabgaben abzüglich Subventionen und Kommunikation ■ Banken, Versicherungen, Unternehmensberatung, Immobilien und Forschung ■ Öffentliche Verwaltung, Bildung, Gesundheit und sonstige Dienstleistungen Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag zu Kapitel 3 • Seite94 94 Verteilung einen verlässlichen Hinweis auf das Abb.3.3 kommen in einem Land. Und die Lorenzkurve der Schweizer Haushaltseinkommen einen gewissen Hinweis darauf, 2005 zufliesst. Allerdings sehen wir hier ommen auf die Produktionsfaktoren Einkommen teilen. Wir können jedoch nicht beB ässig die Einkommen auf die Haus100% Die Frage, ob die Einkommensverder « gerecht » ist, muss mit anderen en werden. n Vorstellungen darüber bestehen, Gleichverteilung erteilung ist, gibt es entsprechend ie Verteilungsgerechtigkeit zu mes. Als wichtigstes Konzept zur Mesvon Einkommen und Vermögen in t sich die sogenannte Lorenzkurve Lorenzkurve bbildung 3.3 grafisch dargestellt ist. 10% ei auf der Horizontalen die Anzahl X nach Einkommen, und auf der Ver0 10% 25% 100% gezählten Einkommen bzw. VermöHaushalte Am einfachsten verständlich wird an die Situation auf der WinkelhalQuelle: Bundesamt für Statistik (BFS) htet. Auf dieser Geraden herrscht Brunetti • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag lung:Aymo 10 % der• Volkswirtschaftslehre Haushalte erhalten zu Kapitel 3 • Seite 95 Einkommens dieser Gesellschaft. In klasse, so ergibt sich schliesslich die Lorenzkurve. Je nä- 3 Wachstum und Konjunktur Abb. 3.4 Angebot und Nachfrage in der Gesamtwirtschaft Arbeit Konsum Entstehungsseite des BIP Kapital Technologie Gesamtwirtschaftliches Angebot (Produktion) Verwendungsseite des BIP = Gesamtwirtschaftliche Nachfrage (Verwendung) Investitionen Staatsausgaben Boden und natürliche Ressourcen Nettoexporte Produktionsfaktoren Nachfragekomponenten Bei der Nachfrage ist nicht von Exporten, sondern von Nettoexporten die Rede. Dies deshalb, weil für die Auslastung der inländischen Produktionsfaktoren nur die Nachfrage nach im Inland produzierten Gütern und Dienstleistungen massgebend ist. Alle Käufergruppen erwerben aber auch Güter, die nicht im Inland Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag zu Kapitel 3 • Seite 97 produziert, sondern importiert werden ( im Fall der Schweiz etwa Ananas als importierte Konsumgüter oder Passagierflugzeuge als importierte Investitionsgüter). Die Analyse von Wachstum und Konjunktur Abb.3.5 Das Makro-Schema: Wachstumstrend und Konjunkturverlauf BIP Konjunkturverlauf C Langfristiger Wachstumstrend A B t1 t2 t3 Der Konjunkturverlauf weist Schwankungen auf. Deshalb kann die Wirtschaft kurzfristig z.B. stark unterausgelastet sein, und die Arbeitslosigkeit steigt. Langfristig jedoch ist der Wachstumstrend der entscheidende Faktor, der den Wohlstand eines Landes bestimmt. Dieser langfristige Wachstumstrend entspricht dem Wachstum des Produktionspotenzials bei Normalauslastung; es ist dies auch das durchschnittliche Wachstum einer Volkswirtschaft. Zeit enthält aber neben der Kurve mit der tatsächlichen Wirtschaftsentwicklung auch eine Gerade mit einer positiven Steigung. Diese Gerade entspricht Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II im und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 hep verlag ag dieder durchschnittlichen BIP-Entwicklung betrachteten Land. Die©Steigung zu Kapitel 3 • Seite 98 ser Geraden bezeichnet man als langfristiges Wachstum oder Trendwachstum; Abbildung 3.5 Wachstum: Der langfristige Trend Abb.3.6 Langfristige Wohlstandsentwicklung (BIP pro Kopf ) in Bangladesch, Japan und den USA (in US-$ zu Preisen von 1990) 35 000 ■ Bangladesch ■ Japan ■ USA 30 000 25 000 20 000 15 000 10 000 5 000 0 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 Quelle: Maddison, Angus; www.ggdc.net /maddison jährlichen Wachstumsraten dieser Länder in der betrachteten Zeitspanne aus. Sie Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag zu Kapitel 3 • Seite 100 etwa für die USA 1,7 % und für Bangladesch 0,6 %. Dies zeigt, dass auch betrugen konstante Wachstumsraten zu überproportionalen Zunahmen des Einkommens 1980 2000 3 Wachstum und Konjunktur Abb.3.7 Quellen des Wachstums Wachstum BIP pro Kopf Mehr Arbeitsstunden Mehr Erwerbstätige Mehr Produktion pro Arbeitsstunde (Arbeitsproduktivität) Mehr Arbeitsstunden pro Erwerbstätigen «Arbeit» Mehr Realkapital (Investitionen) Mehr Humankapital (Bildung) «Kapital» Mehr Know-how (techn. Fortschritt) «Technologie» Nicht beeinflussbare Faktoren + Wirtschaftspolitik entweder werden mehr Arbeitsstunden geleistet � oder die Produktion pro geleistete Arbeitsstunde (die Arbeitsproduktivität) wird � Arbeitsproduktivität Menge an produzierten erhöht. Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag � Gütern und Dienstleistungen pro geleistete zu Kapitel 3 • Seite 101 Erhöhungen der Anzahl Arbeitsstunden und der Arbeitsproduktivität bilden also Wachstum: Der langfristige Trend Abb.3.8 Wachstum im Makro-Schema BIP Langfristiger Wachstumstrend Konjunkturverlauf t1 Ab dem Zeitpunkt t 1 erhöht sich das durchschnittliche Wachstum der betrachteten Volkswirtschaft, zum Beispiel aufgrund eines höheren Wachstums der Arbeitsproduktivität. Da ab t 1 die Konjunktur um ein höheres Trendwachstum herum schwankt, geht das Wirtschaftswachstum entsprechend auch in konjunkturell schlechteren Zeiten nicht mehr so stark zurück. Zeit Dienstleistungen zu produzieren. Betrachten wir dafür als Beispiel die Abbildungen in diesem Buch. Solche Grafiken liessen sich noch vor wenigen Jahren nur in etlichen Arbeitsstunden herstellen, heute dagegen werden sie dank einem geeigneten Computerprogramm mit wenigen Mausklicks Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung geschaffen. • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag zu Kapitel 3 • Seite 102 Abbildung 3.7 zerlegt den Wachstumsprozess in die fünf soeben erläuterten mess- gen als dritter Sektor, die ihren Beschäftigungsanteil massiv ausbauten. Wie wir in Abbildung 3.9 sehen, waren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs immerhin noch rund 20 % der Schweizer Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt, so sind es heute nur noch weniger als 4 %. In der gleichen Periode ist auch der Anteil der Industrie von über 40 % auf unter 25 % gesunken. Umgekehrt stieg der Beschäftigungsanteil der Dienstleistungen von rund 35 % auf heute über 70 % an. Abb.3.9 Strukturwandel: Erwerbstätige nach Sektoren in der Schweiz (1850 –2009), in Prozent 80 ■ 1. Sektor (Landwirtschaft) 70 60 ■ 2. Sektor (Industrie) 50 ■ 3. Sektor (Dienstleistungen) 40 30 20 10 2009 2000 1990 1980 1970 1960 1950 1940 1930 1920 1910 1900 1890 1880 1870 1860 1850 0 Quelle: Eidg. Volkszählungen (BFS) für 1850 –1950, Erwerbstätigenstatistik (BFS) für 1960 –2009 105 Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag zu Kapitel 3 • Seite 105 schritt ). Wir werden die meisten dieser Politikbereiche und ihre Ausgestaltung in diesem Buch noch genauer besprechen und können deshalb hier auf eine vertiefte Diskussion verzichten. Zusammenfassende Übersicht Bestimmungsfaktoren des Wachstums Kürzerfristig durch Wirtschaftspolitik gestaltbar Nicht gestaltbar Klima Geografie Rohstoffe Arbeitsstunden (Beschäftigung) Arbeitsmarktpolitik Sozialpolitik Nur langfristig gestaltbar Arbeitsproduktivität Wettbewerbspolitik Politische Stabilität Aussenwirtschaftspolitik Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag zu Kapitel 3 • Seite 107 Finanzpolitik Vertrauen ins Rechtssystem Tiefe Korruption Bildungs-/ Forschungspolitik 107 mässig wie in dieser Grafik, die einzelnen Phasen lassen sich aber meist deutlich unterscheiden. Ein Beispiel ist die jüngste Entwicklung der Schweizer Wirtschaft in Abbildung 3.11. Im Jahre 2000 war die Schweiz in einer Hochkonjunktur, dann folgte der Abschwung der Jahre 2001/ 2002, und anfangs 2003 befand man sich in einer Rezession Abschwung Hochkonjunktur Boom Reales BIP Erholung, Aufschwung Rezession Abb.3.10 Modellhafter Konjunkturverlauf Produktionspotenzial bei Normalauslastung Zeit Ein Konjunkturzyklus 109 Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag zu Kapitel 3 • Seite 109 Konjunktur: Die kurzfristigen Schwankungen Abb.3.11 Wachstumsrate des realen BIP der Schweiz gegenüber dem Vorquartal (in Prozent), 2000 –2009 2 1 0 –1 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. Quartal 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) spürbaren Rezession. Anschliessend begannen sich die Wachstumsraten wieder zu verbessern und der Aufschwung setzte sich 2005 fort. In den Jahren 2006 und 2007 wiederum waren in der Schweizer Wirtschaft deutliche Anzeichen eines Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag Booms auszumachen, während Ende des Jahres 2008 als Folge der Finanz- und zu Kapitel 3 • Seite 110 Wirtschaftskrise eine tiefe Rezession einsetzte. 2008 2009 3 Wachstum und Konjunktur Abb. 3.12 Konjunkturentwicklung und Indikatoren Veränderung der Indikatoren ■ Konjunkturverlauf (BIP-Veränderung) ■ Vorlaufende Indikatoren ■ Nachlaufende Indikatoren ■ Gleichlaufende Indikatoren Zeit Die Konjunkturprognose wiederum versucht, die Entwicklung des BIP und seiner � Konjunkturprognose Vorhersage der zukünfKomponenten für die Zukunft vorherzusagen, in der Regel für das laufende und tigen konjunkturellen das kommende Jahr. Sie beruht entweder auf statistischen Modellen oder auf Entwicklung mithilfe Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag Expertenbeurteilungen, häufig auch auf einer Kombination von beidem. Prognovon Prognosemodellen. zu Kapitel 3 • Seite 113 sen werden sowohl von staatlichen als auch von privaten Institutionen gemacht. aussetzung, dass die Wählerinnen und Wähler dieses Manöver nicht genügend durchschauen, kann es zu Konjunkturzyklen kommen, die einzig und allein durch den politischen Prozess ausgelöst werden. Dies ist das genaue Gegenteil dessen, was die keynesianische Konjunktursteuerung eigentlich beabsichtigt. Statt die Wirtschaft zu stabilisieren, verstärkt eine solche Politik die Konjunkturausschläge. Zusammenfassende Übersicht Probleme antizyklischer Konjunkturpolitik Wirkungsverzögerungen Verzögerung in der Erkenntnis 3.6.3 Verzögerung in der Umsetzung Politische Konjunkturzyklen Verzögerung in der Wirkung Automatische Stabilisatoren Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag zu Kapitel 3 • Seite 120 Die aktive Konjunktursteuerung bringt also – so überzeugend sie auf dem Papier Wegen der lang anhaltenden Schweizer Wachstumsschwäche fasste der Bundesrat anfangs 2004 ein Bündel von wirtschaftspolitischen Massnahmen zu einem sogenannten Wachstumspaket zusammen. Die Massnahmen richten sich vor dem Hintergrund der eben diskutierten Ausgangslage vor allem auf die Erhöhung der Abb. 3.13 Erwerbstätigenquote 2007 (in Prozent) 90.0 77,5 77,3 75,7 72,3 71,4 70.0 70,5 69,0 69,0 67,8 66,6 64,0 61,6 58,7 Italien 78,6 Belgien 80.0 60.0 50.0 40.0 30.0 20.0 10.0 Aymo Brunetti • Volkswirtschaftslehre • Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung • 978-3-03905-554-8 © hep verlag ag zu Kapitel 3 • Seite 122 122 Frankreich Spanien Portugal Deutschland Irland Finnland Österreich Schweden Dänemark Grossbritannien Quelle: OECD Norwegen Schweiz 0