5.8 Regulation der Pumpleistung des Herzens Die in Abb. 5.20 dargestellten Zusammenhänge erklären wahrscheinlich auch den Wirkungsmechanismus von Digitalisglykosiden, einer Gruppe von Pharmaka, die klinisch zur Steigerung der Herzkraft eingesetzt werden. Digitalisglykoside hemmen nämlich die Na+-K+-ATPase. Dadurch kommt es über eine Zunahme der intrazellulären Natriumkonzentration zu einer Eine weitere prinzipielle Möglichkeit, die Herzkraft zu beeinflussen, besteht in der unmittelbaren Erhöhung oder Senkung des transmembranalen Ca2+-Einstroms während des Aktionspotenzials. Wie oben bereits erwähnt, führt der sympathische Überträgerstoff Noradrenalin und das Nebennierenmarkhormon Adrenalin über eine Zunahme der Öffnungswahrscheinlichkeit der L-Typ-Ca2+-Kanäle zu einem gesteigerten Einstrom von Ca2+ in das Faserinnere. Dies ist gefolgt von einer Zunahme der Kontraktionskraft (Inotropie). Die molekularen Mechanismen, die der hormonellen Regulation des Ca2+-Kanals zugrunde liegen, sind in Abb. 4.22 (S. 129) schematisch zusammengefasst. Adrenalin bzw. Noradrenalin binden zunächst an den β1-Adrenozeptor, der auf der Außenseite der Myokardzellmembran lokalisiert ist. Dadurch kommt es unter Mitwirkung eines GsProteins zu einer Aktivierung der membrangebundenen Adenylylcyclase, in deren Folge cAMP in der Zelle akkumuliert (Abb. 2.15, S. 39); cAMP als Second Messenger der Hormonwirkung bewirkt die Umwandlung einer Proteinkinase aus der inaktiven in die aktive Form. Die so aktivierte cAMP-abhängige Proteinkinase führt dann zu einer Phosphorylierung von Membranproteinen des Ca2+-Kanals. Dies hat zur Folge, dass der Ca2+-Kanal sich häufiger öffnet und entsprechend mehr Ca2+ in das Faserinnere gelangen kann. Der parasympathische Überträgerstoff, Acetylcholin, antagonisiert am Herzvorhof die inotrope Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin. Dieser inhibitorische Effekt lässt sich über eine Hemmwirkung auf das Adenylylcyclasesystem erklären, die über einen muskarinergen (M2-)Cholinozeptor und ein Gi-Protein vermittelt wird. Gemeinsame Endstrecke ist wieder das cAMP-System der Zelle, das eine zentrale Rolle bei der Vermittlung der inotropen Wirkung einnimmt. Einzelheiten s. Abb. 2.16 rechts (S. 40). Am nichtstimulierten Herzen wirkt Acetylcholin lediglich am Vorhof negativ inotrop und hat keinen direkten Einfluss auf die Inotropie des Ventrikelmyokards. Die Wirkung auf den Vorhof (wie auch die negativ chrono- und dromotrope Wirkung auf Sinus- bzw. AV-Knoten, Abb. 5.29 u. Abb. 5.30) wird durch eine M3-Cholinozeptor- und ebenfalls Gi-Protein-vermittelte Aktivierung von K+-Kanälen verursacht. Eine Zunahme der K+-Leitfähigkeit im Vorhof bedeutet einen vergrößerten repolarisierenden K+-Strom, der das Aktionspotenzial verkürzt und die Repolarisation beschleunigt. 5.8 Regulation der Pumpleistung des Herzens Die Pumpfunktion des Herzens wird normalerweise so reguliert, dass das pro Zeiteinheit über die Aorta ausgeworfene Volumen, das Herzzeitvolumen (l/min), zu jedem Zeitpunkt genau die Bedürfnisse der zu versorgenden Gewebe deckt. Bei körperlicher Arbeit nimmt das Herzzeitvolumen zu, in Ruhe sinkt es ab. Die Größe des Herzzeitvolumens beträgt beim Erwachsenen in Ruhe ca. 4,5 – 6 l/min und errechnet sich aus dem Produkt aus Schlagvolumen (ca. 80 5 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Verminderung des Na+-Ca2+-Austauschs. Letztlich steigt also die zytosolische Ca2+-Konzentration an, was wahrscheinlich für die unter Digitalisglykosiden beobachtete Steigerung der Herzkraft verantwortlich ist. Das Herz Trotz ähnlicher Funktionsabläufe bei der elektromechanischen Koppelung bestehen folgende, funktionell wichtige Unterschiede zwischen Herz- und Skelettmuskel: Der Herzmuskel ist bei jeder Kontraktion auf das während des Aktionspotenzials aus dem Extrazellulärraum einströmende Ca2+ angewiesen (Triggereffekt). Die Höhe dieses Ca2+-Einstroms bestimmt über die Ca2+-Beladung des intrazellulären Speichers (sarkoplasmatisches Retikulum) letztlich die Kontraktionskraft. Am Skelettmuskel hingegen sind die intrazellulären Ca2+-Speicher in Form des sarkoplasmatischen Retikulums wesentlich stärker ausgeprägt und stellen die wichtigste Quelle für das kontraktionswirksame Ca2+ dar. Die Kontraktionsamplitude einer einzelnen Skelettmuskelfaser ist im Unterschied zum Herzmuskel nicht graduierbar. Die Kraftentwicklung am Skelettmuskel wird daher durch Rekrutierung einer verschieden großen Anzahl von Muskelfasern erreicht (Kap. 4.1.5, S. 112). Die Unterschiede im Ca2+Stoffwechsel von Herz- und Skelettmuskel erklären auch den Befund, dass bei Ca2+-freier Perfusion eines Skelettmuskels die durch elektrische Reizung auslösbare Kontraktionsamplitude erst nach einiger Zeit abnimmt (Erschöpfung der Speicher). Beim Herzmuskel hingegen führt der gleiche Eingriff bereits nach wenigen Schlägen zum Herzstillstand. Der Herzmuskel relaxiert, wenn die zytosolische Ca2+Konzentration absinkt. Dafür sind zwei Mechanismen verantwortlich. Zum einen ist es die rasche Wiederaufnahme von Ca2+ in das sarkoplasmatische Retikulum. Hierbei handelt es sich um einen direkt ATP-abhängigen Prozess (primär-aktiver Transport), der durch eine Ca2+-ATPase (SERCA = Sarcoplasmic Endoplasmic Reticulum Calcium-transporting ATPase) getragen und durch Phospholamban (PLB) moduliert wird. Die Phosphorylierung von Phospholamban durch cAMP-abhängige Proteinkinasen enthemmt die Aktivität von SERCA und steigert dadurch die Ca2+-Aufnahme in das sarkoplasmatische Retikulum. Die dadurch rascher sinkende zytosolische Ca2+-Konzentration erklärt, dass nach βadrenerger Stimulation des Herzens (cAMP-Anstieg) die Relaxationsgeschwindigkeit gegenüber Kontrollen gesteigert ist (Abb. 5.21). Zum anderen wird Ca2+, ebenfalls durch eine primär-aktiv transportierende Ca2+-ATPase, über die Zellmembran nach außen transportiert. Wie in Abb. 5.20 dargestellt ist, beeinflusst außerdem ein 3 Na+/1 Ca2+-Austauschcarrier die zelluläre Ca2+-Konzentration. Das entlang seines elektrochemischen Gradienten einströmende Natrium treibt dabei Ca2+ (sekundär-aktiv) aus der Zelle. Hiermit steht ein dritter Mechanismus zur Verfügung, die zytosolische Ca2+-Konzentration auf niedrigen Werten zu halten. Vom energetischen Gesichtspunkt wird der Na+/Ca2+Austausch indirekt von der membranständigen Na+-K+ATPase getrieben (Kap. 2.4.2, S. 35 f.). 151 ml) und Herzfrequenz (ca. 70/min). Dieses kann am Patienten kontinuierlich durch Katheter bestimmt werden, welche über die V. brachialis bis in die Pulmonalarterie vorgeschoben werden (invasive Bestimmung), oder zumindest mit Doppler-Echokardiographie über der Aortenklappe abgeschätzt werden (nicht-invasive Bestimmung). Die Größe des Herzzeitvolumens hängt insbesondere von der Körpergröße, genauer von der Körperoberfläche, ab. Um die Förderleistung des Herzens bei allen individuellen Unterschieden besser vergleichbar zu machen, wird das Herzzeitvolumen daher auf 1 m2 Körperoberfläche normiert. Der daraus resultierende Herzindex beträgt im Mittel 3,4 l · min−1 · m−2. (Das auf die Körperoberfläche bezogene Schlagvolumen beträgt im Mittel 47 ml · m−2.) Die dynamische Anpassung des Herzzeitvolumens an die wechselnden Bedürfnisse des Körpers kann prinzipiell durch eine Änderung des Schlagvolumens und/oder der Herzfrequenz hervorgerufen werden. Das Schlagvolumen, oder genauer, die Kraft, die notwendig ist, um ein Schlagvolumen zu fördern, kann über zwei unterschiedliche Mechanismen gesteigert werden: den Frank-Starling-Mechanismus und den Sympathikustonus. Beide Einflussgrößen sollen im Folgenden ausführlich besprochen werden. 5.8.1 Frank-Starling-Mechanismus Bereits im Jahre 1895 hat Otto Frank die bahnbrechende Beobachtung gemacht, dass die Spannungsentwicklung des Herzmuskels entscheidend von seiner Vordehnung ab- hängig ist. In einem bestimmten Bereich führt eine Zunahme der Vordehnung des Muskels zu einer Steigerung der entwickelten Muskelspannung (Abb. 5.21 oben links). Da sich der Zeitpunkt der maximalen Spannungsentwicklung bei unterschiedlicher Vordehnung nicht verändert, nimmt die Geschwindigkeit der Spannungsentwicklung (dP/dt) ebenfalls zu (Abb. 5.21 links unten). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat der englische Physiologe Starling zusätzlich zeigen können, dass die von Frank zunächst für das Froschherz gezeigten Gesetzmäßigkeiten in gleicher Weise auch für das Warmblütermyokard gelten. Man spricht daher heute vom Frank-Starling-Mechanismus. Inzwischen wissen wir, dass die ultrastrukturelle Basis für den Frank-Starling-Mechanismus in den Myofilamenten liegt. Innerhalb gewisser Grenzen wird die Kontraktionsamplitude am Herzmuskel wie auch am Skelettmuskel (Kap. 4.1.6, S. 113 ff., Abb. 4.13, S. 115) mit zunehmender Vordehnung erhöht. Der Zusammenhang zwischen Vordehnung und Herzkraft ist auch aus dem Vergleich der in Abb. 5.7 wiedergegebenen Ruhedehnungskurve mit der Kurve der isovolumetrischen Maxima zu ersehen. Mit zunehmendem Ventrikelvolumen nimmt die Amplitude der isovolumetrischen Kontraktion zunächst stark zu, durchläuft ein Maximum, um danach wieder abzunehmen. Am Schnittpunkt der Ruhedehnungskurve mit der Kurve der isovolumetrischen Maxima ist die aktive Spannungsentwicklung wieder gleich null. Bei der in Abb. 5.7 gewählten Art der Auftragung stellt das Ventrikelvolumen ein indirektes Maß für die Vordehnung des Herzmuskels dar. Mit stei- Vordehnung Noradrenalin 4,0 + Noradrenalin (50 µg/l) 4,0 Kontrolle Spannung (g) Spannung (g) 5g 3g 1g 0 +30 0 +30 +20 +20 dP/dt (g/s) dP/dtmax +10 0 dP/dtmax +10 0 dP/dtmin 10 10 20 0 0,5 Zeit (s) 1,0 Abb. 5.21 Inotropiemechanismen. Wird ein isolierter Papillarmuskel elektrisch stimuliert, so kommt es bei einer Zunahme der Vordehnung (Frank-Starling-Mechanismus) sowie nach Gabe von Noradrenalin zu einer Steigerung der Kontraktionsamplitude. Die Vordehnung wird über das Anhängen von Gewichten im Bereich von 1 – 5 g ein- 20 dP/dtmin 0 0,5 Zeit (s) 1,0 gestellt. Die Geschwindigkeit der Spannungsentwicklung (dP/dt) im unteren Teil der Abbildung bezieht sich im linken Bild auf die Spannungsentwicklung bei größter Vordehnung (5 g), im rechten Bild auf die bei Gabe von Noradrenalin. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 5 Das Herz dP/dt (g/s) 152 5.8 Regulation der Pumpleistung des Herzens A Volumenbelastung Bx 200 150 Cx SVx 50 0 0 SV D Dx Ax 40 80 B Bx A Ax 120 160 Ventrikelvolumen (ml) B Druckbelastung Bx 5 300 200 Cü Cx C 120 Bü B 80 D 0 0 Bx Ax 40 SV Dx 80 SVx A Ax 120 160 Ventrikelvolumen (ml) Abb. 5.22 Druck-Volumen-Diagramm des linken Ventrikels bei einer akuten Volumenbelastung und einer akuten Druckbelastung. A Bei einer Volumenbelastung verschiebt sich der Arbeitspunkt A auf der Ruhedehnungskurve nach rechts (Ax). Es ergibt sich eine neue Kurve der Unterstützungsmaxima (U-Kurve A‘x, B‘x). Bei gleichbleibendem Druck in der Aorta (Bx) ist das resultierende Schlagvolumen größer (SVx > SV). B Bei einer akuten Druckbelastung durch Erhöhung des Aortendrucks sinkt das Schlagvolumen zunächst ab, da sich der Arbeitspunkt A auf der Ruhedehnungskurve nicht verändert. Daraus resultiert ein erhöhtes endsystolisches Volumen (Dx). Wird bei der darauffolgenden diastolischen Füllung ein normales Volumen aufgenommen, so verschiebt sich der Punkt A auf der Ruhedehnungskurve nach rechts (Ax). Durch die erhöhte Vordehnung kann das Herz nun wieder ein nahezu unverändertes Schlagvolumen gegen den erhöhten Aortendruck auswerfen (SVx ≈ SV). Volumenarbeit energieaufwändiger, gemessen am vergleichsweise höheren Sauerstoffverbrauch des Herzens. Dies hat seine Ursache in der bei Druckarbeit erhöhten Wandspannung des linken Ventrikels. Eine andere, weit verbreitete Art, die Gesetzmäßigkeit des Frank-Starling-Mechanismus darzustellen, besteht darin, die Abhängigkeit des Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. C 120 100 80 Das Herz Ventrikeldruck (mmHg) 300 Ventrikeldruck (mmHg) gendem enddiastolischen Volumen nimmt nämlich der enddiastolische Druck und damit die Vordehnung zu. Der enddiastolische Druck beträgt normalerweise ca. 7 mmHg und wird klinisch zur Beurteilung der Vordehnung herangezogen. Selbst unter pathologischen Bedingungen steigt er jedoch kaum über 20 mmHg an und erreicht damit nie Werte, die notwendig wären, um das Optimum der Kraftentwicklung zu überschreiten. Der normale Vordehnungsbereich des Ventrikelmyokards liegt also im aufsteigenden Schenkel der Kurve, die die aktive Kraftentwicklung mit der Sarkomerenlänge korreliert (Abb. 4.13, S. 115). Die zunehmende Kraftentwicklung kommt z. T. durch eine Änderung der Aktin-Myosin-Überlappung, z. T. durch eine dehnungsabhängige Empfindlichkeitsänderung der Myofilamente für Ca2+ zustande. Mit Hilfe des Frank-Starling-Mechanismus ist das Herz in der Lage, bei erhöhtem enddiastolischen Volumen eine gesteigerte Spannung in der nachfolgenden Systole zu entwickeln. Die genaue Analyse einer akuten Volumenbelastung („preload“, Vorlast), z. B. bei gesteigertem venösen Rückstrom, ergibt, dass im Arbeitsdiagramm des linken Ventrikels (Abb. 5.22 A) der Arbeitspunkt A auf der Ruhedehnungskurve nach rechts zu Ax verschoben wird. Dem neuen Arbeitspunkt Ax entspricht ein eigener Punkt auf der Kurve der isovolumetrischen Maxima (Bx‚) und der isotonischen Maxima (Ax‘). Unter Zugrundelegung der entsprechenden U-Kurve für den Arbeitspunkt Ax resultiert eine neue, größere Druck-Volumen-Fläche (Dx-Ax-Bx-Cx). Dies bedeutet, dass die vom Herzen bei akuter Volumenbelastung geleistete Arbeit vergrößert ist, wobei ein erhöhtes Schlagvolumen gegen einen unveränderten Aortendruck gepumpt wird. In gewisser Weise funktioniert das Herz also wie eine Servopumpe: Wird ihm ein erhöhtes Volumen angeboten, so pumpt es dies mit dem nächsten Schlag auch weiter in die Körperperipherie. In ähnlicher Weise lassen sich die Folgen einer Druckbelastung („afterload“, Nachlast) im Arbeitsdiagramm analysieren (Abb. 5.22 B). Bei einer akuten Erhöhung des diastolischen Aortendrucks von z. B. 80 auf 120 mmHg öffnen sich die Aortenklappen erst bei dem erhöhten Druck. Da die UKurve bei gleichem Arbeitspunkt A auf der Ruhedehnungskurve nicht verändert ist, nimmt das Schlagvolumen zunächst ab, so dass das Ventrikelvolumen am Ende der Systole erhöht ist. Dies gilt jedoch nur für die erste Herzaktion nach der Druckerhöhung. In der sich anschließenden Füllphase addieren sich nämlich das normale Füllvolumen und das endsystolisch erhöhte Ventrikelvolumen, so dass der Arbeitspunkt für die nächste Herzaktion auf der Ruhedehnungskurve nach rechts zu Ax verschoben ist. In Analogie zu den Verhältnissen bei einer Volumenbelastung kann das Herz über den Frank-Starling-Mechanismus jetzt ein nahezu gleiches Schlagvolumen gegen einen erhöhten Aortendruck auswerfen. Das Herzzeitvolumen kann somit konstant gehalten werden, obwohl der Druck in der Aorta angestiegen ist. Bei einem arteriellen Mitteldruck von über 170 mmHg sinkt das Herzzeitvolumen allerdings ab. In energetischer Hinsicht ist die Druckarbeit gegenüber einer 153 SV (ml) 5 Das Herz HZV (l/min) 10 Schlagvolumen Sympathikusstimulation 80 40 Vorhofstimulation 0 5 Herzzeitvolumen 16 14 0 4 0 +4 +8 12 +12 Druck im Vorhof (mmHg) Abb. 5.23 Ventrikelfunktionskurve. Der Druck im Vorhof bestimmt die Füllung des Ventrikels und über den Frank-Starling-Mechanismus die Höhe des Herzzeitvolumens (HZV). HZV (l/min) 10 8 6 4 2 Herzzeitvolumens vom Vorhofdruck in Form der sog. Ventrikelfunktionskurve aufzutragen (Abb. 5.23). Durch Erhöhung des Drucks im Vorhof nimmt nicht nur die diastolische Ventrikelfüllung, sondern auch der Ventrikeldruck und damit die Vordehnung zu. Bei gleichbleibender Herzfrequenz resultiert daraus eine Steigerung des Herzzeitvolumens. Aus Abb. 5.23 wird außerdem deutlich, dass allein durch den Frank-Starling-Mechanismus das Herzzeitvolumen auf über das Doppelte des Kontrollwerts (5 l/min) gesteigert werden kann. Die physiologische Bedeutung des Frank-Starling-Mechanismus besteht in der langfristigen genauen Abstimmung zwischen Herzzeitvolumen und venösem Rückstrom. Außerdem ist der Frank-Starling-Mechanismus für die präzise Abstimmung der Pumpleistung des rechten und linken Ventrikels verantwortlich. Bei den normalerweise geringen Unterschieden in der Pumpleistung zwischen rechtem und linkem Ventrikel verhindert er langfristig Volumenverschiebungen und damit Druckveränderungen im großen und kleinen Kreislauf. 5.8.2 Herzsympathikus Bei starker körperlicher Belastung nimmt das Herzzeitvolumen maximal bis auf 25 l/min zu, was einer 4- bis 5fachen Steigerung des Ruhewerts entspricht. Bei Leistungssportlern kann dieser Wert sogar bis auf 35 l/min ansteigen. Entscheidend für diese Zunahme der Förderleistung des Herzens ist die Aktivierung des Sympathikus durch seine herzkraft- und herzfrequenzsteigernde Wirkung. Im Unterschied zum Frank-Starling-Mechanismus ist die positiv inotrope Wirkung des Sympathikus unabhängig von der Vordehnung. Wie Abb. 5.21 rechts oben zeigt, steigert der sympathische Überträgerstoff Noradrenalin die Herzkraft bei unveränderter Vordehnung. Hinzu kommt, dass unter dem Einfluss von Noradrenalin und Adrenalin die Kraftentwicklung deutlich schneller erfolgt und das Maximum der Kraftsteigerung früher erreicht wird. Dies ist typisch für Änderungen der Muskelkontraktilität (Kap. 4.3.3, S. 129 f.). Dieser Sachverhalt drückt sich in der ersten Ableitung des ventrikulären Drucksignals aus (Abb. 5.21, rechts unten). Vergleicht man die maximale Druckanstiegsgeschwindigkeit, dP/dtmax, bei sympathischer Stimulation 0 0 50 100 150 200 Herzfrequenz (Schläge/min) 250 Abb. 5.24 Sympathikusstimulation, nicht aber Vorhofstimulation, steigert frequenzabhängig das Schlag- und Herzzeitvolumen. Bei gleichbleibendem Schlagvolumen (violette Kurven) steigt das Herzzeitvolumen als Funktion der Herzfrequenz linear an. Bei einer alleinigen Frequenzerhöhung ohne positiv inotrope Wirkung, z. B. ausgelöst durch eine künstliche Vorhofstimulation (blaue Kurven), sinkt das Schlagvolumen mit zunehmender Herzfrequenz ab, weil die diastolische Füllung unzureichend wird. Entsprechend nimmt das Herzzeitvolumen im mittleren Frequenzbereich nur mäßiggradig zu, um bei höheren Frequenzen sogar wieder abzusinken. Bei Sympathikusstimulation hingegen nimmt mit Steigerung der Herzfrequenz (chronotrope Wirkung) auch das Schlagvolumen zu (zusätzliche inotrope Wirkung, rote Kurven), so dass insgesamt ein stark gesteigertes Herzzeitvolumen resultiert. mit der der Vordehnung (Abb. 5.21 links unten), so ist ersichtlich, dass bei ähnlicher Steigerung der Kontraktionsamplitude dP/dtmax im Fall einer Sympathikusstimulation wesentlich stärker ansteigt. Zusätzlich zeigt Abb. 5.21, dass unter Sympathikuseinfluss auch die maximale Relaxationsgeschwindigkeit, dP/dtmin, zunimmt. Dies beruht auf einer beschleunigten Wiederaufnahme von Ca2+ in das sarkoplasmatische Retikulum. Verantwortlich hierfür ist die cAMP-abhängige Phosphorylierung von Phospholamban (Kap. 5.7). Bezogen auf das gesamte Herz verkürzt sich unter Sympathikuseinfluss die Dauer der Systole bei starker körperlicher Arbeit um maximal 40 %. Parallel dazu nimmt auch die Diastolendauer erheblich ab. Nur aufgrund der Tatsache, dass die Ventrikelfüllung hauptsächlich im ersten Drittel der Füllungsphase erfolgt (Abb. 5.4), kommt es auch bei erhöhter Herzfrequenz zu einer ausreichenden diastolischen Ventrikelfüllung. Bei der sympathikusbedingten Steigerung des Herzzeitvolumens kommt neben der positiv inotropen besonders der positiv chronotropen Wirkung eine wichtige Bedeutung zu. Unter der Annahme eines konstanten Schlagvolumens nimmt das Herzzeitvolumen entsprechend der Beziehung Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 154 5.8 Regulation der Pumpleistung des Herzens Herzhypertrophie Die Herzkraft kann durch Vordehnung oder durch Sympathikusstimulation gesteigert werden. Beides sind Anpassungsmechanismen, die akut, d. h. von einem Herzschlag zum nächsten, zur Verfügung stehen. Wird das Herz über einen längeren Zeitraum einer erhöhten Arbeitsbelastung ausgesetzt, z. B. beim Leistungssportler, bei Schwangerschaft, bei erhöhtem Blutdruck oder bei Herzklappenfehlern, so kommt es zu strukturellen Veränderungen des Herzmuskels in Form einer Herzhypertrophie. Hierbei bleibt die Zahl der Herzmuskelzellen konstant, lediglich ihre Dicke und ihre Länge nehmen zu, so dass insgesamt die Dicke der Ventrikelmuskulatur und das Herzgewicht (von normalerweise 250 – 300 g auf maximal 500 g) zunehmen. Typischerweise ist beim Sportlerherz das diastolische Ventrikelvolumen und das Schlagvolumen in Ruhe gegenüber Untrainierten erhöht. Da der Sportler außerdem eine niedrige Herzfrequenz aufweist (Folge der gesteigerten Aktivität des N. vagus), bleibt sein basales Herzzeitvolumen aber unverändert. Eine Herzhypertrophie ist normalerwei- Wenn allerdings eine lang anhaltende Herzhypertrophie zur strukturellen Veränderung im Sinne einer Fibroseentstehung geführt hat, ist die Herzhypertrophie nur partiell reversibel (pathologische Hypertrophie). Bei der Herzhypertrophie kann man drei Stadien unterscheiden: 1. Entwicklung der Hypertrophie, wenn die Arbeitsbelastung des Herzens die für die normale Muskelmasse des Herzens typische Herzarbeit überschreitet. 2. Phase der Kompensation, wenn durch das belastungsinduzierte Herzwachstum das Verhältnis von Herzmuskelmasse zu Herzarbeit ausgeglichen ist (Abb. 5.25, Mitte). Obwohl in dieser Phase keine schwerwiegenden Einschränkungen der Herzmechanik festzustellen sind, findet man mit verfeinerten Methoden eine Verminderung der Verkürzungs- und Relaxationsgeschwindigkeit des Herzmuskels. 3. Phase des Herzversagens, wenn das Herz progredient dilatiert (Abb. 5.25, rechts) und nicht mehr in der Lage ist, ein normales Herzzeitvolumen zu fördern. Für den Übergang zwischen den einzelnen Phasen sind geometrische Faktoren von großer Wichtigkeit. Geht man vereinfachend davon aus, dass das Herz ein kugelförmiger Hohlkörper ist mit bestimmtem Innenradius r (m), einer Wanddicke d (m) und dem transmuralen Druck Ptm (Pa), der normalerweise dem Innendruck entspricht, so gilt: Die Wandspannung K, d. h. die Kraft/Wandquerschnitt (N · m−2), nimmt proportional mit dem Innendruck und dem Radius zu. Daher gilt auch: Je dicker die Wand, desto geringer ist bei gleichem Innenradius die Wandspannung. Diese zwischen Wandspannung und Innendruck geltenden Gesetzmäßigkeiten wurden erstmals von dem französischen Mathematiker und Physiker Laplace (1749 – 1827) beschrieben: K ¼ Ptm r 2d N m2 bzw. Ptm ¼ K ½Pa 2d r Auf das Herz übertragen gestattet diese Beziehung, folgende Phänomene der Herzfunktion zu erklären. Wie aus Abb. 5.25 zu ersehen ist, kommt es bei Druckbelastung zu einer Zunahme der Wandspannung, die den Hypertrophieprozess auslöst. Dabei verdickt sich die Ventrikelwand, doch steigt der Kammerradius nicht an: sog. konzentrische Hypertrophie. (Bei einer chronischen Volumenbelastung, z. B. bei einer Aorteninsuffizienz, hypertrophiert das Kammermyokard ebenfalls, doch wird die Kammer dabei dilatiert, d. h. der Radius steigt, was eine wegen des Laplace-Gesetzes von vornherein ungünstigere Situation darstellt: sog. exzentrische Hypertrophie.) Im Stadium der Kompensation ist definitionsgemäß die Wanddicke vergrößert, aber die Wandspannung – d. h. die Kraft pro Muskelquerschnitt – ist wieder normal (Laplace). Wenn das hypertrophierte Herz zusätzlich noch dilatiert, nimmt die Wandspannung proportional 5 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 5.8.3 se ein reversibler Prozess; sie kann sich binnen weniger Wochen zurückbilden, wenn die Auslösefaktoren, die zu der erhöhten Arbeitsbelastung des Herzens führten, beseitigt sind bzw. nicht weiter bestehen (physiologische Hypertrophie). Das Herz HZV = Schlagvolumen × Frequenz linear mit der Frequenz zu (violette Kurven in Abb. 5.24). Wird in einem Versuch die Herzfrequenz durch künstliche Reizung des Vorhofs erhöht, ohne dass die Kontraktionskraft sich gleichzeitig verändert, so kommt es frequenzbedingt zu einer Einschränkung der Füllphase, das Schlagvolumen nimmt ab, so dass das Herzzeitvolumen insgesamt nur mäßiggradig ansteigt, um bei höheren Frequenzen wieder abzufallen (blaue Kurven in Abb. 5.24). Bei Aktivierung des Sympathikus, z. B. durch körperliche Arbeit, steigt hingegen aufgrund der positiv inotropen Sympathikuswirkung auch das Schlagvolumen an und vergrößert das schon durch den Frequenzanstieg erhöhte Herzzeitvolumen noch zusätzlich (rote Kurven in Abb. 5.24). Lediglich bei Frequenzen über 200/min nimmt das Schlagvolumen wegen der dann zu kurz werdenden Füllungsphase ab und ist von einer steilen Abnahme des Herzzeitvolumens gefolgt. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass insgesamt vier Faktoren die Größe des Herzzeitvolumens bestimmen: ▬ Vordehnung (preload) – wichtige Determinante ist der enddiastolische Druck; ▬ Nachlast (afterload) – entspricht im Wesentlichen dem Druck in der Aorta, der bei jeder Systole überwunden werden muss; ▬ Herzfrequenz; ▬ Inotropie. Herzfrequenz und Inotropie werden im Wesentlichen vom vegetativen Nervensystem (Sympathikus, Parasympathikus) beeinflusst. Für die Anpassung des Herzens an gesteigerte Arbeit ist der Sympathikus von entscheidender Bedeutung. Vereinfachend gesagt, liegt der durch Nervenaktivität vermittelten Steigerung des Herzzeitvolumens eine Bedarfssteigerung zugrunde, wogegen der Frank-Starling-Mechanismus bei einer Veränderung des Angebots zum Zuge kommt. 155 5 Das Herz Herzzeitvolumen d 20 d konzentrische Hypertrophie Hypertrophie mit Dilatation Wandspannung K Wandspannung normalisiert Wandspannung K P ·r K = d P ·r K= d P ·r K = d Ventrikeldruck P Sympathikus venöser Rückstrom 10 Abb. 5.25 Herzhypertrophie. Bei einer Druckbelastung des Ventrikels (z. B. linker Ventrikel bei Aortenstenose oder Hypertonie) kommt es zunächst zu einer konzentrischen Hypertrophie des Ventrikels und deswegen zu einer normalisierten Wandspannung: Stadium der Kompensation. Wenn der Ventrikel dilatiert wird, also bei starker oder langjähriger Druckbelastung, entwickelt sich wegen der ungünstigen energetischen Situation eine Herzinsuffizienz. mit dem Radius zu, und es resultiert eine Herzinsuffizienz. In dieser Situation benötigt das Herz mehr Energie, um ein gleiches Schlagvolumen zu fördern, dementsprechend nimmt der Wirkungsgrad – d. h. das Verhältnis von aufgewendeter Energie zu äußerer Arbeit – ab. Für den Übergang vom Stadium der Kompensation zur Herzinsuffizienz sind mehrere Faktoren wichtig. So kommt es mit zunehmendem Durchmesser der Einzelmyofibrillen bei gleichbleibender Kapillarisierung zu einem ungünstigeren Verhältnis von Muskelmasse und Sauerstoffversorgung. Die Diffusionsstrecken für O2 werden immer größer und begrenzen damit die Größenzunahme des Herzens, so dass man auch von einem kritischen Herzgewicht (ca. 500 g) spricht. Andere beteiligte Faktoren sind eine Abnahme der Koronarreserve (s. u.) und eine Zunahme des Gehalts an Kollagen mit interstitieller Fibrose. 5.8.4 Beziehungen zwischen Herzzeitvolumen und venösem Rückfluss Da das Herz seine Pumpfunktion in einem geschlossenen Kreislauf ausübt, fließt in der Zeiteinheit genausoviel Blut zum Herzen zurück, wie das Herz auswirft. Das Herzzeitvolumen und der venöse Rückstrom sind also identisch. Eine graphische Darstellung dieser Zusammenhänge anhand der bereits bekannten Ventrikelfunktionskurve (Abb. 5.23) zeigt Abb. 5.26 (violette Kurve). Am Schnittpunkt A der Ventrikelfunktionskurve mit der Kurve, die den venösen Rückstrom in Abhängigkeit vom Druck im Vorhof charakterisiert (gestrichelte violette Kurve), befindet sich das System im Gleichgewicht (Gleichgewichtspunkt A). Der Verlauf der Kurve für den venösen Rückstrom zeigt, dass mit Zunahme des Vorhofdrucks der venöse Rückstrom abnimmt. Der Schnittpunkt der Kurve mit der X-Achse liegt bei 8 mmHg. (Dieser Wert stellt sich ein, wenn das Herzzeitvolumen und Kontrolle 15 5 B Herzinsuffizienz C A Sympathikus Kontrolle 0 0 0,53 1,06 1,6 2,13 Druck im Vorhof (kPa) Abb. 5.26 Beziehungen zwischen Druck im Vorhof als Maß für die Ventrikelvordehnung und Herzzeitvolumen bzw. venösem Rückstrom. Durch Erhöhung des Drucks im Vorhof und die dadurch erhöhte Ventrikelfüllung nimmt über den Frank-Starling-Mechanismus das Herzzeitvolumen zu. Gleichzeitig nimmt durch Rückstau der venöse Rückstrom ab. An Punkt A befindet sich das Kreislaufsystem im Gleichgewicht: Das Herzzeitvolumen entspricht dem venösen Rückstrom. Bei Sympathikusstimulation ist die Ventrikelfunktionskurve nach links verschoben und verläuft steiler. Da die Kurve für den venösen Rückstrom gleichzeitig nach oben verschoben ist (Tonisierung der Venen), liegt der Gleichgewichtspunkt bei Sympathikusstimulation bei B. Bei Herzinsuffizienz verläuft die Ventrikelfunktionskurve als Ausdruck der eingeschränkten Pumpleistung abgeflacht. Ein gegenüber der Kontrolle unverändertes Herzzeitvolumen kann nur dann gefördert werden, wenn der Druck im Vorhof erhöht ist (Gleichgewichtspunkt C). der venöse Rückstrom gleich null sind, d. h. bei Herzstillstand: sog. statischer Blutdruck; s. Kap. 6.1.4, S. 176). Bei adrenerger Stimulation ist die Ventrikelfunktionskurve steiler (Abb. 5.26, rote Kurve). Bei gleichem Druck im Vorhof, d. h. gleicher Vordehnung der Ventrikel, ist das Herzzeitvolumen gesteigert. Gleichzeitig kommt es unter sympathischem Einfluss zu einer Tonisierung der Venen, so dass die Kurve für den venösen Rückstrom zu höheren Werten verschoben ist (gestrichelte rote Kurve) und der neue Gleichgewichtspunkt bei B liegt. Bei einer Herzinsuffizienz ist die Kontraktionskraft der Ventrikel herabgesetzt. Ursache hierfür können toxische Einflüsse oder eine kritische Einschränkung der Koronardurchblutung sein. Die Ventrikelfunktionskurve verläuft gegenüber der Kontrolle deutlich flacher (Abb. 5.26, blaugrüne Kurve). Kompensatorisch tritt bei einer Herzinsuffizienz durch Wasserretention eine Zunahme des Blutvolumens ein. Hinzu kommt, dass sich durch die verminderte Pumpfunktion das Blut vor dem rechten Herzen staut und zu einer Erhöhung des Vorhofdrucks führt. Beide Faktoren zusammen bewirken, dass die Kurve für den venösen Rückstrom nach oben verschoben ist und in dem in Abb. 5.26 gegebenen Beispiel mit der Kurve unter Sym- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. d 25 r r r l/min 156 5.8 Regulation der Pumpleistung des Herzens Das Herz als endokrines Organ Im Vorhof des Herzens wird ein Peptidhormon, das Atriopeptin (Synonym: atrialer natriuretischer Faktor [ANF], atriales natriuretisches Peptid [ANP]) synthetisiert, das u. a. an der Niere die Natriumausscheidung steigert und damit einen Einfluss auf den Volumenhaushalt des Körpers ausübt (Kap. 11.3.1, S. 388). Atriopeptin wird in membrangebundenen sekretorischen Granula des Vorhofs gespeichert; seine Freisetzung erfolgt durch Muskeldehnung infolge einer Steigerung des Blutvolumens. Das zirkulierende Atriopeptin besteht aus 28 Aminosäuren und enthält eine über eine Disulfidbrücke geschlossene Ringstruktur, die für die biolo- Bei Herzinsuffizienz sind die Atriopeptinplasmaspiegel erheblich erhöht und korrelieren mit den überhöhten kardialen Füllungsdrücken. Diese Beziehung konnte auch für das BNP (brain natriuretic peptide) nachgewiesen werden, welches derzeit hinsichtlich seiner diagnostischen Wertigkeit als „endokriner“ Parameter einer Herzinsuffizienz geprüft wird. Erste Studien zeigen, dass Erhöhungen der Serumkonzentration an BNP und seinen Derivaten mit einer eingeschränkten kardialen Prognose assoziiert sind. Ferner kommt dem Nachweis eines normalen BNP-Spiegels eine hohe Spezifität beim Ausschluss einer kardialen Ursache einer akuten Luftnot (Dyspnoe) in Notaufnahmesituationen zu (hoher negativer prädiktiver Wert). 5 Zusammenfassung Kap. 5.6 – 5.8 Elektrophysiologie, elektromechanische Koppelung und Regulation der Pumpleistung des Herzens Das Aktionspotenzial des Ventrikelmyokards (ca. 300 ms) wird durch einen lawinenartigen Na+-Einstrom in das Faserinnere (Depolarisation und Over-shoot) ausgelöst, gefolgt von der Plateauphase (Ca2+-Einstrom) und Repolarisation (K+-Ausstrom). Die Dauer der absoluten Refraktärzeit ist gleich groß wie die Dauer der mechanischen Spannungsentwicklung, so dass der Herzmuskel praktisch nicht tetanisierbar ist. Im Unterschied zu dem konstanten Ruhepotenzial des Ventrikelmyokards (− 85 mV) findet sich an den spontan tätigen Sinus- und AV-Knoten eine diastolische Depolarisation. Das sich anschließende Aktionspotenzial wird durch die Einwärtsströme if, iCa und iK getragen. Während der Plateauphase des myokardialen Aktionspotenzials strömt Ca2+ aus dem extrazellulären Raum über L-TypCa2+-Kanäle in das Faserinnere und erhöht zusammen mit Ca2+ aus dem sarkoplasmatischen Retikulum (Aktivierung von Ryanodin-Rezeptoren) die zytosolische Ca2+-Konzentration von 10−7 auf 10−5 mol/l. Die Höhe der zytosolischen Ca2+-Konzentration bestimmt das Ausmaß der Kontraktion. Die positiv inotrope Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin kommt durch eine cAMP-vermittelte Steigerung des transmembranalen Ca2+-Einstroms zustande. In der Diastole wird Ca2+ aktiv in das sarkoplasmatische Retikulum zurückgepumpt (SERCA) sowie über die Zellmembran nach außen transportiert. Das Herzzeitvolumen als Produkt aus Schlagvolumen und Herzfrequenz beträgt in Ruhe 4,5 – 6 l/min und kann bei körperlicher Belastung bis auf 25 l/min ansteigen. Eine Erhöhung des Schlagvolumens erfolgt über den Frank-Starling-Mechanismus und, insbesondere bei Arbeit, über den Sympathikus. ▬ Beim Frank-Starling-Mechanismus ist die Vordehnung des Herzmuskels die entscheidende Größe, die es dem Herzen erlaubt, ein erhöhtes Schlagvolumen auszuwerfen, wenn sich der venöse Rückstrom erhöht (erhöhte Vordehnung), oder ein unverändertes Schlagvolumen gegen einen erhöhten Blutdruck auszuwerfen. ▬ Bei gleicher Vordehnung steigert der Herzsympathikus die Herzkraft durch Erhöhung des Ca2+-Einstroms. Die Geschwindigkeit des Druckanstiegs und des Druckabfalls ist unter Sympathikuseinfluss gesteigert, so dass sich die Systolendauer verkürzt. Bei chronischer Druck- und Volumenbelastung kommt es zu Herzhypertrophie. Bei einer Herzinsuffizienz ist die ventrikuläre Kraftentwicklung vermindert, so dass ein normales Herzzeitvolumen nur bei erhöhtem Vorhofdruck gefördert werden kann. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 5.8.5 gische Wirkung entscheidend ist. Die natriuretisch-diuretische Wirkung von Atriopeptin führt zu einer Erniedrigung des Plasmavolumens und kann somit den zur Hormonfreisetzung führenden primären Reiz, die erhöhte Vorhofdehnung, wieder vermindern (negativ rückgekoppelter Regelkreis). Das Herz pathikuseinfluss identisch ist. Dies hat zur Folge, dass trotz reduzierter Pumpleistung der Gleichgewichtspunkt bei Herzinsuffizienz bei C liegt. Vergleicht man Gleichgewichtspunkt C mit A eines Kontrollherzens, so wird deutlich, dass das Herzzeitvolumen bei Herzinsuffizienz im kompensierten Zustand etwa gleich groß ist, doch wird dies erkauft durch eine stärkere Vordehnung. 157