6-0 Gestaltungsvorschläge

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Denkmalpflegeplan Sankt Augustin
6.0
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Abb. 1
Abb. 2
Fachwerk in Buisdorf, Ringstr. 93 (2014)
Ziegelbau in Hangelar, Kölnstr. 58 (2014)
6.0 Gestaltungsvorschläge
Die profane Architektur in Sankt Augustin zeigt heute kein einheitliches Bild, sondern
sie ist Zeuge der vielfältigen Entwicklung der letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte.
Zunächst vollzog sich das Bauen im ländlichen Raum innerhalb enger Grenzen. Die
Baukonstruktionen entsprachen den immer gleichen Bedürfnissen und erfüllten die
immer gleichen Funktionen. Sie waren einfach zu bauen mit den Materialien, die vor
Ort zur Verfügung standen. So entstanden homogene Dörfer, die sich harmonisch in
die Landschaft einordneten. Jede Region hatte ihre eigene unverwechselbare Hauslandschaft mit gemeinsamen Zügen. In Sankt Augustin und seinen Stadtteilen sind
dies traditionell klare Grundformen, nämlich der in der Regel ein- oder zweigeschossige, streng konzipierte und in Fachwerkbauweise errichtete Baukörper, der mit einem Satteldach bedeckt ist und dessen Anbauten – sofern vorhanden – sich deutlich
dem Hauptbaukörper unterordnen (Abb. 1). Mit sicherem Instinkt verstand man es,
sein Dorf, seinen Bauernhof dem bergenden Schutz der Landschaft anzuvertrauen
und so zu platzieren, dass Baukörper und Landschaft eine harmonische Einheit bildeten.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten sich die heutigen Stadtteile von
Sankt Augustin weiter, wobei man nun für die Bauaufgaben zunehmend auch den
Ziegelbau heranzog (Abb. 2). Dieser realisierte sich nicht nur aus brandschutztechnischen Überlegungen heraus, sondern man wollte dadurch auch dem neuen Zeitgeist folgen, der mittlerweile längst in den umliegenden Städten zu einem Thema
geworden war und als Gründerzeitstil oder Gründerzeitarchitektur bekannt ist.
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Denkmalpflegeplan Sankt Augustin
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Abb. 3
Abb. 4
Erweiterung in Ziegelbauweise,
Putzbau in Menden, Kirchstr. 49
Menden, Kirchstr. 4 (2014)
(2014)
Der Ziegel avancierte also in jener Zeit zum bevorzugten Baumaterial, er konnte –
vor allem im Umfeld von Sankt Augustin – günstig produziert werden und ermöglichte
als Ersatz für die traditionellen Fachwerkbauten die Errichtung komfortabler Massivbauten. Außerdem ließen sich Ziegel ornamental einsetzen und in der Kombination
mit schön zugerichtetem Werkstein entstanden Neorenaissancefassaden, die sich
sehen lassen konnten. Die Ziegelfassade wurde schließlich so modern, dass man
sogar Fachwerkbauten mit Klinkern verblendete oder notwendig gewordene Erweiterungen in der modern gewordenen Ziegelbauweise realisierte, wie dies zum Beispiel
in Menden, Kirchstr. 4 zu sehen ist (Abb. 3).
Natürlich hat es zu dieser Zeit auch schon verputzte Ziegelbauten gegeben, wobei
man oft durch eine spezielle Behandlung des Putzauftrages sehr ansprechende
Strukturen entwickelt hat, die für das Straßenbild auch heute noch eine Bereicherung
darstellen (Abb. 4). Und zu Zeiten des Expressionismus war nach wie vor der Ziegel
ein willkommenes Material um Fassadengestaltung betreiben zu können (Abb. 5).
Der Baumboom nach dem Zweiten Weltkrieg hat auch im Sankt Augustiner Stadtgebiet stattgefunden (Abb. 6), wobei nicht nur innerhalb der vorhandenen städtebaulichen Strukturen Neubauten in einem neuen Duktus errichtet wurden, sondern eine
Vielzahl von Siedlungsbauten entstanden, die den Bedarf an der gewachsenen
Nachfrage nach Wohnraum befriedigen mussten. Letztere stellen für die zum Teil
über Jahrhunderte gewachsene regionale Baukultur keine wirkliche Gefahr dar.
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Denkmalpflegeplan Sankt Augustin
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Abb. 5
Abb. 6
Backstein-Expressionismus,
Bau der 1950er Jahre,
Mülldorf, In den Tannen 12-14 (2014)
Mülldorf, Joseph-Decker-Str. 4 (2014)
Das Problem stellt sich eher dort ein, wo Hauseigentümer es vorziehen, in den jeweiligen Siedlungskernen historische Bausubstanz zu übernehmen, um diese instand zu
setzen und gegebenenfalls auch zu erweitern. Oftmals entsteht auch der Wunsch, in
diesen alten Siedlungskernen einen Neubau zu errichten.
Im vorliegenden Denkmalpflegeplan sollen deshalb anhand einiger Beispiele Gestaltungsvorschläge dargestellt werden, die den betreffenden Eigentümern aber auch
den Genehmigungsbehörden Anhaltspunkte geben sollen. Denn gute Gestaltung im
historischen Umfeld liegt nicht nur im Interesse des einzelnen Bauherren, sondern im
Interesse aller.
Was aber ist gute Gestaltung? Vielfach hört man, gute Gestaltung sei eine Geschmacksfrage und über Geschmack lässt sich nicht streiten. Es gibt jedoch unumstößliche Regeln, gerade im Kontext mit Baudenkmälern und erhaltenswerten Gebäuden, die man beachten sollte. Die Auswirkungen ihrer Nichtbeachtung kann man
landauf – landab betrachten. Eben diese Grundregeln der Gestaltung sollen hier zumindest ansatzweise aufgezeigt bzw. verdeutlicht werden, damit nicht immer wieder
dieselben Fehler gemacht werden.
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Denkmalpflegeplan Sankt Augustin
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Abb. 7
Abb. 8
Überdimensionierte Dachgaube
Harmonisch gestaltete Dachland,
(2013)
Menden, Siegburger Str. 138 (2014)
6.1
Das Dach
Das Zusammenspiel von Dachform, Dachneigung, Dachmaterial und Dachaufbauten
formt eine einheitliche Dachlandschaft. Sofern die Dachlandschaft noch ungestört ist,
sollte der aus der Geschichte überlieferte Gesamteindruck, in Form und Farbe unbedingt erhalten bleiben. In den meisten Stadtteilen von Sankt Augustin sind in den historischen Dorfkernen noch die harmonisch einheitlichen Dachlandschaften erhalten.
Das vorrangige „städtebauliche“ Gestaltungsziel sollte deshalb sein, diese entsprechend zu erhalten und zu pflegen.
Beurteilung:
Bei den D bzw. DV und ihrer Umgebung gilt grundsätzlich die bauzeitliche Vorgabe.
Dort wo die Erneuerung der Dacheindeckung erforderlich wird, sollte man sich in
Form, Farbe und Material dem historischen Befund anpassen und v.a. kleinteilige
Dachziegel verwenden (14-15 Stck/qm). Bei der Eindeckung von Baudenkmälern
sind Betondachsteine nicht zulässig. Vom Einsatz glasierter Tonpfannen ist ebenso
abzusehen.
Bei den EW und bei Gebäuden in erhaltenswerten historischen Ortsbereichen sollte
zumindest das Bild der historischen Dachlandschaft im Auge behalten und sich entsprechend angepasst werden. Neben Ziegeln sind auch Betondachsteine denkbar.
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Glasierte Tonziegel sollten grundsätzlich keine Verwendung finden, weil sie nicht nur
die Dachlandschaft, sondern das gesamte Ortsbild (Blendwirkung) negativ beeinträchtigen.
Als Relikt aus der Zeit der Strohdeckung überwogen auch in unserer Region Satteldächer mit 40 bis 50 Grad Dachneigung. Heute wird wieder der Vorteil solcher Steildächer gesehen, da sie problemlos – dank neuer Dämmtechniken – z.B. einen
Dachausbau zur Wohnung erlauben. Hierbei gilt es allerdings, Einschnitte in die Dächer mit durchlaufenden Dachfensterbändern oder überdimensionierten Dachgauben
zu vermeiden (Abb. 7). Typisch sind in unserer Region eher stehende Satteldachoder Walmdachgauben bzw. Schleppgauben (Abb. 8), aber keine gebogte- oder gar
Fledermausgauben. Entscheidend ist ebenso die richtige Proportionierung und Lage.
Dachflächenfenster sind zwar preiswerter und geben mehr Licht, doch müssen sie
entsprechend schmal sein und bündig in der Dachfläche liegen. Bei der Gestaltung
von Schornsteinköpfen sollte man sich in Zurückhaltung üben
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Abb. 9
Abb. 10
Fenster in der Fassade,
Zugesetzte Befensterung
Menden, Am Fronhof 3 (2014)
(2014)
6.2
Die Fassade
Die Fassade ist das Gesicht des Hauses. Zum öffentlichen Raum hin ist dieses Gesicht von besonderem Interesse. Die „Gesichtszüge“ werden wesentlich durch das
Verhältnis der Wandfläche zu den Öffnungen geprägt. Eine gute Fassade zeichnet
sich durch ein ausgewogenes Verhältnis von geschlossenen zu offenen Flächen aus.
Historische Bausubstanz besitzt in der Regel Fenster, deren Scheibengrößen auf
einem einheitlichen Grundmodul aufbauen. Klappläden können ein zusätzliches belebendes Element sein Fenster sind historisch üblicherweise untereinander angeordnet worden, sie müssen jedoch nicht gleichmäßig über die Fassade verteilt sein. Eine
unsymmetrische Anordnung kann ebenso eine spannungsreiche und harmonische
Fassade ergeben (Abb. 9).
Bei Umbaumaßnahmen ist es bedauerlich, wenn z.B. wegen neuer Funktionsansprüche bzw. neuer Raumaufteilungswünschen ehemalige Fensteröffnungen geschlossen werden (Abb. 10). Hier sollte, bevor solches passiert, der neue Grundriss
auf „Herz und Nieren“ überprüft werden, ob ein solcher Eingriff auch wirklich notwendig ist. Lässt sich die Veränderung der Fassade jedoch nicht abwenden, bedarf es
einiger gestalterischer Anwendungen, z.B. des Einsatzes eines Bewuchses um das
Problem wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen.
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Beurteilung:
Fachwerkbau
Das Fachwerk ist bei den D bzw. DV und EW grundsätzlich nach dem historischen
Vorbild im Original zu erhalten. Bei einer erforderlichen Erneuerung des Fachwerks
oder der Rekonstruktion eines bereits verloren gegangenen Fachwerks ist die Gestaltung des jeweiligen Haustyps maßgeblich, damit die historische Gliederung und
Vielfalt erhalten bleibt. Fassadenverkleidungen aus Klinker, Schieferimitat oder Asbestzementplatten o.ä. sind auszuschließen (vgl. unten). Wärmedämmverbundsysteme mit Verputz sind an den ausgewiesenen Baudenkmälern (D) nicht zulässig, an
erhaltenswerten Gebäuden (EW) sollte dies auch, soweit möglich, vermieden werden.
Ziegelbau
Das vorhandene Ziegelsichtmauerwerk ist bei den D bzw. DV und EW ziegelsichtig
zu erhalten. Dies gilt ebenso für die ziegelsichtigen Fassadendetails (die Rollschichten der Fensterbänke, die gemauerten Bögen oder zum Teil aufwendig gegliederten
Traufgesimse. Allgemein sollte vermieden werden (bei D ist dies überhaupt nicht zulässig), Ziegelsichtmauerwerk zu verputzen oder zu streichen. Außerdem sollte davon Abstand genommen, die Außenwände mit einer außen liegenden Wärmedämmung zu versehen (vgl. Materialien für die Fassade).
Putzbauten
Eine Sanierung der Putzflächen sollte unter dem Erhalt des originalen Putzes und
unter Verwendung der ursprünglichen Materialien (offenporige Putze und Farben)
erfolgen. Bei Neuanstrichen empfiehlt es sich, vorab eine Fachberatung in Anspruch
zu nehmen, da die vorhandenen Altanstriche berücksichtigt werden müssen.
Neubauten in der Umgebung historischer Bausubstanz sollten nicht die Gestaltung
des Bestandes kopieren (kein falsches Fachwerk!), aber auch keine dominante, eigenständige Struktur erzeugen.
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Materialien für die Fassade
Verkleidungen als Wetterschutz sollte man nur dort anbringen, wo es unbedingt erforderlich ist. Oft verbirgt sich hinter einer vorgehängten Fassade ein schön gestaltetes Gebäude, das eine Bereicherung für das Ortsbild sein könnte. Holzverkleidungen
(Abb. 11) sind typisch im ländlichen Raum und passen besser als Plastik, Keramikfliesen, Schieferimitat oder Asbestzementplatten. Kunststoffplatten verblassen, werden spröde und brechen aus. Aufgeklebte Riemchen sind ebenfalls kein traditionelles
Baumaterial. Diese Baumaterialien erzeugen gestalterische Mängel und Defizite im
Ortsbild und sind oft auch noch mit einem hohen Kostenaufwand verbunden (Abb.
12). Verständlich ist der Gedanke hinter diesen Modernisierungswünschen, nämlich
das Haus technisch zu verbessern, die
Abb. 11
Abb. 12
Holzverkleidung als Wetterschutz
Klinkerriemchen oder Riemchentapete sind kein
adäquates Fassadenmaterial
(2013)
Wärmedämmung zu erhöhen oder die Fassade pflegeleichter zu gestalten. Die Verkleidungen, die weder ästhetisch noch bauphysikalisch zum Haus passen, stören
aber das Einzelgebäude erheblich. Deshalb sollte man in Zukunft für den Rückbau
dieser Verkleidungen Sorge tragen und damit das Erscheinungsbild des gesamten
historischen Ortskerns verbessern helfen.
Speziell bei Fachwerkbauten ist Zurückhaltung bei Verwendung von verschiedenen
Materialien anzustreben. Fachwerk selbst ist ein dominantes, lebhaftes Gestaltungs-
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element, dem sich die übrigen Fassadenteile unterordnen sollten. Sowohl bei Fachwerkbauten als auch bei geputztem Mauerwerk sollte man sich vor allem in der
Farbgebung zurückhalten. Die einzelne Bausubstanz soll sich nämlich auch bezüglich der Farben harmonisch in die Umgebung einfügen. Man verwende helle bis pastellfarbige Töne von Mineral- und Erdfarben.
Im Gegensatz zu einem typischen Fachwerkhaus, das mit ca. acht Baumaterialien
auskommt, finden sich bei vielen Neubauten in der Regel mindestens doppelt so viele Baustoffe. Dies resultiert letztlich aus dem ständig wachsenden Angebot neuer
Produkte. Die Entscheidung für eine geringe Zahl von Materialien kann, sowohl bei
Neubauten als auch bei der Sanierung von Altbauten gerade eine gute Ausgangsbasis für Konstruktion und Gestaltung sein. Nicht nur die Herstellung kann dadurch billiger werden. Der Eindruck eines kleinlichen, überladenen und unsicheren Erscheinungsbildes kann so vermieden werden und gleichzeitig ein wichtiger Beitrag für die
Verbesserung des Ortsbildes geleistet werden.
Beurteilung:
Bei den D bzw. DV und ihrer Umgebung muss man sich grundsätzlich an der bauzeitlichen Gestaltung orientieren. Bei den EW sollten ebenfalls traditionelle Materialien verwendet werden. Dies gilt auch für deren Umgebung, zumindest wenn die Gebäude im Bereich erhaltenswerter historischer Ortsbereiche liegen.
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Abb. 13
Abb. 14
Gelungene Unterordnung des Anbaus an den
Hauptbaukörper
Ungewöhnlicher Fachwerkbau mit ungewöhnlichen vielfältigen Anbauten
Anbauten
Nicht selten sind sowohl den Fachwerkbauten als auch den um die Jahrhundertwende entstandenen Ziegelbauten Anbauten angefügt, die, ursprünglich landwirtschaftlich genutzt, heute oft auch Wohnzwecken dienen. Diese Baukörper ordnen sich von
ihrer Kubatur her immer den Hauptbaukörpern unter und sind bezüglich ihrer Materialhaftigkeit und Detailausführung oft ebenso den Haupthäusern angepasst.
Beurteilung:
Bei den D bzw. DV und ihrer Umgebung sind die vorhandenen Anbauten zu erhalten
und zu pflegen. Sollten diese Nebengebäude neu aufgerichtet werden müssen, muss
gemäß der ursprünglichen Gestaltidee eine einheitliche Fassadengestaltung und
Dacheindeckung das Ziel sein. Evtl. Neubauten müssen sich in jedem Fall dem historischen Hauptbaukörper unterordnen, wobei dem Material Holz (Holzverschalung)
Vorrang eingeräumt werden sollte. Die Imitation von Fachwerk oder historisierendem
Ziegelmauerwerk ist zu vermeiden! Ein Anbau darf und soll als modernes, aber
schlichtes Element erkennbar sein (Abb. 13). Unterschiedlich gestaltete Anbauten,
die sich außerdem noch in ihrer Materialität unterscheiden, sind ebenfalls abzulehnen (Abb. 14). Bei den EW und bei Gebäuden in erhaltenswerten historischen
Ortsbereichen sollte ebenfalls so vorgegangen werden.
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Abb. 15
Abb. 16
Zwei Historische (unten) und ein nachgebautes
(oben) Sprossfenster
Fenster mit „Aspiksprossen“
6.3
(2013)
Schönheit der Details
Fenster
Fenster sind die Augen des Hauses. Sie dienten ursprünglich nur der notwendigen
Belichtung und zur Regulierung der Lüftung. Die Möglichkeit, sich durch das Fenster
zu unterhalten bzw. zu kommunizieren kam sicherlich bald hinzu. Früher war Glas
ein teurer Werkstoff, der nur reichen Bürgern vorbehalten war. Die Herstellung erlaubte nur kleine Scheiben. Deswegen waren die Fenster früher meist mit Sprossen
unterteilt. Das Fensterformat war fast ausschließlich stehend rechteckig. Erst im 20.
Jahrhundert wurde die scheinbar unbegrenzt große Glasscheibe technisch möglich.
Merkwürdigerweise wird mit dem so sensiblen Gestaltungselement Fenster oft sehr
gedankenlos umgegangen. Ganze Glas-Wandscheiben können in einer modernen
Architektur, auch im historischen Umfeld, eine interessante Wirkung erzeugen. Dies
ist jedoch eine sehr sensible Bauaufgabe, die besondere Sorgfalt von Planern und
Denkmalpflegern verlangt. Bei einer weniger anspruchsvollen Maßnahme in einer
bestehenden, ländlichen Baustruktur in erhaltenswerten, historischen Ortsbereichen,
sind kleinere Fenster nach traditionellem Vorbild das angebrachte Gestaltungsmittel
(Abb. 15).
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Abb. 17
Abb. 18
Vorgetäuschtes Hauptgliederungssystem
Nicht fachmännisch erneuertes Fenster
(2014)
(2014)
Durch Sprossen können die Fensterflächen in Quadrate oder in Rechtecke aufgeteilt
werden. Moderne Sprossenfenster mit nur außen aufgesetzten oder zwischen den
Scheiben angeordneten Unterteilungen sind zwar pflegeleichter als werkgerechte
Holzsprossenfenster, sie sehen aber längst nicht so gut aus. Hinzu kommt, dass bei
zwischen den Scheiben liegenden Sprossen, den sog. „Sprossen in Aspik“ diese
immer frisch bleiben, während die Rahmen durch die Witterungseinflüsse altern. Ein
ebenso unschöner Anblick ist, wenn die Klebepunkte zwischen den Scheiben nicht
mehr halten und die Sprossen langsam ihre „Flügel“ hängen lassen (Abb. 16).
Beurteilung:
Bei den D bzw. DV und ihrer Umgebung ist grundsätzlich das versprosste Fenster
anzustreben (Wiener Sprosse). Sprossenimitate (Abb. 16) sind auszuschließen. Sollte diese Art der Erneuerung nicht möglich sein, ist zumindest das funktionale Hauptgliederungssystem wieder aufzunehmen, d.h. die historisch vorhandene Anzahl der
Öffnungsflügel sowie evtl. Pfosten oder Kämpfer sind auszubilden. Als Material sollte
Holz verwendet werden. Ein Hauptgliederungssystem nur vorzutäuschen entspricht
ebenfalls nicht den denkmalpflegerischen Vorstellungen (Abb. 17). Wenn zum Beispiel in einer historisch geprägten Ziegelfassade Fenster ausgetauscht werden sollen, ist darauf zu achten, dass das Gewände oder die Fensterbank erhalten bleiben
oder fachmännisch erneuert werden. Sollte das Fenster noch ein Überfangbogen
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Denkmalpflegeplan Sankt Augustin
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zieren (Abb. 18), ist dieser sowohl fachgerecht als auch in einer ansprechenden Art
und Weise in die Fenstergestaltung zu integrieren.
Bei den EW und bei Gebäuden in erhaltenswerten historischen Ortsbereichen sollte
zumindest das Hauptgliederungssystem wieder aufgegriffen werden. Die Auswechslung eines ehemals zweiflügeligen Fensters durch eine große, ungeteilte Glasfläche
greift zu sehr in das Gleichgewicht der kleinteilig gestalteten Fassade ein und sollte
deshalb vermieden werden. Als Material kann auch Kunststoff verwendet werden.
Abb. 19
Abb. 20
Historische Haustüren mit Glasfenster,
Haustüren sollten kein Eigenleben in der Fassade führen
Menden, Kirchstr. 4 (2014)
Türen
Die Haustür markiert die Trennung zwischen drinnen und draußen, dem privaten und
dem öffentlichen Bereich. Für den Besucher soll sie einladend wirken, Unbefugte soll
sie abwehren. Als Material für Außentüren im ländlichen Raum ist, nicht zuletzt wegen des guten Aussehens, Holz unerreicht. Es übertrifft die industriell gefertigte Massenware aus dem Baumarkt, wie die technisch scheinbar perfekte Aluminiumtür, bei
weitem. Die Türkonstruktion kann eine einfache Rahmentür sein, sie kann als glatte
oder als aufgedoppelte Konstruktion ausgeführt werden (Abb. 19).
Wenn zur Belichtung des Hausflures Seitenfelder erforderlich sind, sollten sie mit der
Tür eine gestalterische Einheit bilden. Auch hier gilt die Reduzierung auf wenige,
möglichst traditionelle Gestaltungselemente; die moderne Haustür sollte kein „Eigen-
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leben“ in der Fassade führen (Abb. 20), sondern sich in ein Gesamtgestaltungskonzept einordnen.
Beurteilung:
Bei den D bzw. DV und ihrer Umgebung sollte man sich grundsätzlich an die bauzeitliche Vorgabe halten. Ist diese nicht mehr vorhanden, gilt es in Abstimmung mit der
Denkmalpflege eine entsprechende tradierte Form zu finden, die sowohl gestalterisch als auch farblich auf das Erscheinungsbild des gesamten Gebäudes Rücksicht
nimmt. Als Material für die Außentüren ist dem Material Holz der Vorzug zu geben.
Bei den EW und bei Gebäuden in erhaltenswerten historischen Ortsbereichen sollte
zumindest darauf geachtet werden, dass der Ersatz sich in das Gesamtbild einfügt
und nicht durch eine eigenwillige Gestalt das Erscheinungsbild des Gebäudes stört.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Ausspruch „Weniger ist
mehr“ auch bei der Gestaltung einer modernen Eingangstür bedacht werden sollte.
Nicht die Überfrachtung mit nichts sagendem Beiwerk, sondern die Reduzierung auf
das Wesentliche sollte auch hier das Thema sein. Für diese Außentüren muss kein
Holz verwendet werden, wobei eine Reduzierung der Materialvielfalt (s.o.) anzustreben ist.
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Abb. 21
Abb. 22
Zurückhaltende Vordachkonstruktion aus Holz
(2014)
Schlichte Vordachkonstruktion aus Stahl und
Glas
Vordächer
Die Hauseingangsbereiche durch Vordächer vor der Witterung beim Betreten des
Gebäudes zu schützen, war in früheren Zeiten nicht immer ein Thema gewesen. Im
historischen Umfeld sollte man bei der Gestaltung von neuen Vordächern oder gar
Windfängen in jedem Fall Zurückhaltung üben, um die vorhandene Gesamtgestaltung der Fassade nicht unnötig zu beeinflussen.
Beurteilung:
Bei den D bzw. DV und ihrer Umgebung sollte man sich grundsätzlich an die bauzeitliche Vorgabe halten bzw. die vorhandene Vordachkonstruktion erhalten oder sie in
gleicher Gestalt ersetzen. Bei neuen Vordächern sind sog. transparente Materialien
zu verwenden (Kombination von Glas und Stahl oder Aluminium). Außerdem ist eine
schlichte Gestaltung zu favorisieren, um das Aussehen der Fassade nicht allzu sehr
zu beeinträchtigen. Die Anordnung ist allerdings grundsätzlich auf die Fassadengliederung, also auf die Eingangstür oder auf benachbarte Befensterungen abzustimmen
(Abb. 21/22).
Diese Grundsätze sollten auch bei den EW und bei Gebäuden in erhaltenswerten
historischen Ortsbereichen berücksichtigt werden .
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Abb. 23
Abb. 24
Historisierende, schmiedeeiserne Einfriedungen
können das historische Ortsbild stören
Staketenzaun als Stütze für eine grüne Einfriedung, Menden, Steinweg 13 (2014)
Zäune und Einfriedungen
Die Grundstückseinfriedungen im Stadtgebiet von Sankt Augustin zeigen heute zum
Gehweg bzw. Straßenraum hin die unterschiedlichsten Gestaltungsvarianten und
sorgen so für ein sehr uneinheitliches Erscheinungsbild. Störend sind v.a. schmiedeeiserne Einfriedungen, Draht- oder Dichtzäune (Abb. 23). Siedlungstypisch sind traditionell nur filigrane, schmal profilierte, jägerzaunartige Lattenkonstruktionen sowie
Staketenzäune, die vor allem den Sinn hatten, den durch Hecken gewünschten Einfriedungen zunächst eine Stütze zu geben (Abb. 24).
Beurteilung:
Bei den D bzw. DV und ihrer Umgebung sollte man sich grundsätzlich an die ehemaligen bauzeitlichen Vorgabe halten und entweder den schmal profilierten Jägerzaun
oder Staketenzaun zum Einsatz bringen, um einer siedlungstypischen Heckenart wie
Weißdorn-, Buchen- oder Ligusterhecke den nötigen Halt zu geben, damit diese sich
dann als die eigentliche Einfriedung entwickeln kann. Thuja-. Eiben- oder Buchshecken sind im Sinne einer dörflichen Gestaltung eher nicht zu verwenden, da sie ortsuntypisch sind. Bei den EW und bei Gebäuden in erhaltenswerten historischen Ortsbereichen trifft das zu, was bei den Denkmälern festgehalten ist.
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Abb. 25
Abb. 26
Das Hauwerk als Tür- und Fenstereinfassung,
Menden, An der alten Kirche 3 (2014)
Grob bossiertes Hauwerk im Sockeölbereich,
Buisdorf, Frankfurter Str. 34
Hauwerk
Da sich Sankt Augustin in einer steinreichen Gegend befindet, sind die Einfassungen
von Tür und Fenster meist mit Sandsteinhauwerk (in der Regel Grauwacke) gefasst
worden, wobei neben der funktionalen Bedeutung ein ästhetischer Aspekt (Ausschmückung durch Zierart, o.ä.) nie wirklich eine Rolle gespielt hat. Bei der 1906 errichteten Doppelhaushälfte „Frankfurter Str. 34“ lässt sich zum Beispiel noch sehr
schön die in grob bossierten Grauwackequadern gesetzte Sockelverkleidung ablesen. So wie man bei den Wege- und Friedhofskreuzen (vgl. Kap. 4.2) das regional
typische Hauwerk dominiert, so hat man auch bei den Vortreppen die ja zwischen
Haus und Vorfeld vermitteln, gerne Sandsteinschwellen eingesetzt.
Beurteilung:
Bei den D bzw. DV Objekten sollte grundsätzlich an den ehemaligen bauzeitlichen
Vorgaben festgehalten werden bzw. bei Erneuerungsbedarf das aus Hauwerk hergestellte Bauteil entsprechend ersetzt werden. Bei den EW und bei Gebäuden in erhaltenswerten historischen Ortsbereichen sollte – dem Orts- oder Straßenbild zuliebe –
ebenfalls wie bei den Denkmälern verfahren werden.
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Denkmalpflegeplan Sankt Augustin
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Abb. 27
Abb. 28
Gefährdung des überlieferten Erscheinungsbildes durch Solaranlagen
Parabolspiegel sollten vom öffentlichen Straßenraum aus nicht sichtbar sein
6.4
Zwischen Tradition und Moderne
Solar- und Photovoltaikanlagen
Der Wunsch eine Solar- oder Photovoltaikanlage auf einem historischen Gebäude
oder in einem erhaltenswerten historischen Ortsbereich zu installieren, erzeugt in der
Regel den Konflikt, einerseits das überlieferte Erscheinungsbild von Gebäuden und
Ortsbildern erhalten zu wollen, andererseits, angesichts steigender Energiekosten
und der Berücksichtigung ökonomischen Aspekte, den Einsatz alternativer Energien
zu fördern (Abb. 27).
Leider erzeugen Solar- und Photovoltaikanlagen immer wieder Unstimmigkeiten mit
der Denkmalpflege, denn sie sind häufig eine erhebliche optische Beeinträchtigung
der historischen Gebäude selbst, aber auch und der umgebenden historischen Ortsbereiche, indem sie durch weit sichtbare Spiegelungen und durch abweichende Materialwirkung Ortsbilder verändern und Sichtachsen stören.
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Denkmalpflegeplan Sankt Augustin
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Beurteilung:
Bei den D bzw. DV und ihrer Umgebung, sowie bei den EW und bei Gebäuden in
erhaltenswerten historischen Ortsbereichen gilt prinzipiell: Es wird sich nicht bei allen
Gebäuden eine Solaranlage realisieren lassen. Deshalb ist die Bündelung von Solarund Photovoltaikanlagen als Gemeinschaftsanlagen auf gemeindeeigenen Ersatzflächen außerhalb sensibler historischer Bereiche zu begrüßen. In vielen Fällen kann
jedoch auch eine individuelle Lösung am Gebäude selbst gefunden werden. So ist es
oft nicht zwingend, Solar- und Photovoltaikanlagen an der Hauptansichtsseite zu installieren. Ebenso sind senkrechte Bauteile oder Dächer von Anbauten, Nebengebäuden oder auch weniger einsehbare Gartenflächen ein möglicher Standort. Grundsätzlich sollten sich die Elemente der Solar- bzw. Photovoltaikanlage auf einen bestimmten Teil der Dachfläche konzentrieren. Dieser sollte möglichst wenig Fernwirkung haben. Wichtig ist immer auch die Wahl der ins Gesamtbild passenden Komponenten. Eine Lösung kann außerdem die Installation einer „gebäudeintegrierten
Anlage“ sein.
Antennenanlagen
Auch der Wunsch einer Antennenanlage auf einem historischen Gebäude oder in
einem erhaltenswerten historischen Ortsbereich zu installieren, erzeugt in der Regel
das Problem, einerseits das überlieferte Erscheinungsbild von Gebäuden und Ortsbilder erhalten zu wollen, andererseits, den legitimen Informationszugang gewähren
zu wollen (Abb. 28).
Beurteilung:
Bei den D bzw. DV Objekten verbietet sich der Aufbau von Stab- und Parabolantennen. Hier ist der Informationszugang entweder über den in der Siedlung vorhandenen Kabelanschluss oder über Unterdachantennen zu erreichen. Bei der übrigen
Bausubstanz (EW) sind Antennenanlagen und technische Aufbauten vorzugsweise
so anzubringen, dass sie vom öffentlichen Raum aus nicht in Erscheinung treten. Bei
seitlicher Anbringung sollten sie mindestens 5,0 m von der Straßenfront zurückgesetzt werden. Der Parabolspiegel sollte sich max. 0,80 m Durchmesser beschränken,
möglichst den Farbton der Dachfläche aufweisen und nicht über den First hinausragen.
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Energetische Sanierung
Grundsätzliches
Die Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparenden Anlagenschutz bei Gebäuden (Energieeinsparungsverordnung – EnEV vom 24.07.2008,
zuletzt geändert am 8. September 2015) regelt die Anforderungen an bestehende
Gebäuden und deren Anlagentechnik. Baudenkmäler sind allerdings von diesen Regelungen ausgenommen, wenn durch die Erfüllung der EnEV-Anforderungen die
Substanz oder das Erscheinungsbild beeinträchtigt wird oder andere Maßnahmen zu
einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen würden.
Deshalb müssen nach § 16 Abs. 4 EnEV 2015 Energieausweise bei Baudenkmälern
auch nicht erstellt oder evtl. Kaufinteressenten, Mietern, Pächtern oder sonstigen
Interessierten vorgelegt werden. Damit soll ein denkmalschädlicher Modernisierungsdruck vermieden werden.
Trotzdem können wir auch bei Baudenkmälern Maßnahmen reflektieren, die auch
ohne Einhaltung der EnEV zu einer Steigerung der Energieeffizienz führen können.
Evtl. Maßnahmen
Die meisten Baudenkmale und erhaltenswerten Gebäude in Sankt Augustin sind älter als 100 Jahre und geben in der Regel dem jeweiligen Stadtteil sein unverwechselbares Gesicht. Die Erhaltung dieser historischen Gebäude ist auf lange Sicht aber
nur möglich, wenn die Eigentümer und Benutzer sie nicht nur den neuen Wohn- oder
Arbeitsbedingungen anpassen, sondern sie auch mit vertretbaren Energiekosten bewirtschaften können. Ein Leerstand solcher Objekte hat bisher fast immer zur Abgängigkeit und letztlich dann auch zum Abriss dieser Kulturgüter geführt.
Deshalb sollte es das Ziel einer Sanierung sein, die Interessen des Denkmalschutzes und der Stadterhaltung mit den Energieeinsparungsmaßnahmen in Einklang zu
bringen. Dass dies möglich ist, lässt sich an vielen sanierten Altbauten aufzeigen.
Die klimagerechte Altbausanierung konzentriert sich auf die energetische Optimierung von Dach, Decken und Kellern sowie der haustechnischen Anlagen. Das „Verpacken“ der Fassaden gehört nicht dazu, führt es doch oftmals zur unwiderruflichen
Zerstörung des wertvollen Erscheinungsbildes.
Zur Fassade
Bei einer Blockrandbebauung ist oftmals nur die Fassade zur Straße hin gegliedert
bzw. anspruchsvoll verziert, die Fassade zum Hof und zum Nachbargebäude dagegen lediglich verputzt. In diesen Fällen kann, nach Absprache mit der zuständigen
Behörde, die Hoffassade in der Regel von außen gedämmt werden, während zur
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Straßenseite lediglich die Möglichkeit der Innendämmung besteht, die allerdings immer noch – als bauphysikalisch risikobehaftet – betrachtet werden darf. Hier sind es
besonders die sog. „Wärmebrücken“, die wegen zu großer Temperaturdifferenzen zu
Schimmelbildungen oder gar zum Feuchtigkeitsausdritt führen können und so die
ganze Wandkonstruktion wegen eines solchen „Lecks“ regelrecht unter Wasser setzen können. Deshalb ist es wichtig, dass das einzusetzende Material (in der Regel
Calciumsilikat- oder Mineraldämmplatten) und die Konstruktion der Wand aufeinander abgestimmt und bauphysikalisch geprüft werden. Solche Arbeiten sollten daher
in jedem Fall von einem Fachmann ausgeführt werden.
Bei freistehenden und rundum verzierten oder durch ein Fachwerkgefüge strukturierten historischen Bausubstanzen kann in der Regel nur eine solche Innendämmung
vorgenommen werden, um bessere Dämmwerte bei den Wänden zu erzielen.
Zum Fenster
Bei den Fenstern ist längst auch der Nachbau von historischen Fensterformaten einschließlich ihrer funktionsgerechten Fensterteilung und Versprossung unter Einsatz
von Wärmeschutzverglasungen möglich. Beim Erhalt von historischen Fenstern kann
der Energieverlust zumindest durch eine zusätzliche Isolierglasscheibe auf der Innenseite reduziert werden. Für Denkmäler sollte aber auch die Konstruktion des Kastenfensters zur Absenkung des Energiebedarfs in Erwägung gezogen werden.
Dach- und Kellerdecke
Die Wärmedämmung von Dach und Kellerdecke ist meist ohne Beeinträchtigung des
äußeren Erscheinungsbilds machbar. Ist der Dachstuhl nicht ausgebaut, besteht die
Möglichkeit, einfach die oberste Geschossdecke zu dämmen. Wird der Dachraum
z.B. zu Wohnzwecken genutzt, kann sowohl zwischen als auch unter den Sparren
eine Wärmedämmung aufgebracht werden, was das Erscheinungsbild und die Proportionen eines Gebäudes nicht beeinträchtigen wird.
Die Dämmung der Kellerdecke von unten können Hausbesitzer sogar selbst vornehmen. Die Dämmstärke wird hier aber meist von der Raumhöhe begrenzt. Unproblematisch ist die Energieeinsparung, wenn es um den Austausch der Heizung geht.
Auch erneuerbare Energien wie Holzpelletkessel sind kein Problem, nur bei Solaranlagen auf dem Dach gibt es die schon oben angesprochenen Hindernisse.
Die hier aufgezeigten Beispiele machen deutlich, dass auch ohne die Einhaltung der
EnEV Denkmal- und Umweltschutz durchaus miteinander verknüpft werden können.
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Architekturbüro Vogt-Werling
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