1. Übung zur Einführung in die Plasmaphysik Prof. Kaufmann, WS 98/99 Analogien Plasma - Festkörper Lösungen 1. Plasmafrequenz Für Lithium (Dichte 0 542 g/cm3, Massenzahl = 6.939, 1 Leitungselektron je Atom) ergibt sich die Elektronendichte ne 4 67 1028 m 3. Wir nehmen freie Elektronen an, vernachlässigen daher den Einfluß der Energie-Bandstruktur im Festkörper (effektive Masse). Für die Plasmafrequenz ne e 2 me p 1 ne (m 3) p (s ) 28 16 Metall (Lithium) 4 67 10 1 22 10 Halbleiter 1025 1 78 1014 Plasma (Fusion) 1019 178 10 9 Ionosphäre 1010 5 6 MHz gilt: h̄ (eV) 8 02 0 117 0 000117 3 7 10 9 UV Infrarot mm-Wellen Kurzwelle 2. Zustandsdichte Klassisch ist jeder Ort bzw. Impuls erlaubt und eine endliche Zustandsdichte läßt sich nicht berechnen. Wir gehen von der quantenmechanischen Beschreibung eines Elektrons im Kastenpotential (Länge: L) mit unendlich hohen Wänden aus. Der WellenfunktionsAnsatz A exp ikx führt mit periodischen Randbedingungen (exp ikL 1) zur Quantelung der Komponenten des Wellenvektors kx y z l mn 2 L Jeder Zustand nimmt im dreidimensionalen k-Raum das Volumen 2 L 3 Die Zahl der Zustände in der “Fermi-Kugel” bis zum Wellenvektor-Betrag kF ist N 2 4 3 8 3 V ein. kF3 8 3 V (Faktor 2 wg. der Spin-Entartung) und die Dichte der Elektronenzustände ist nF Mit EF N V 1 3 k3 2 F h̄2 2me (nicht-relativistisch) ergibt sich nF 1 2me EF h̄2 3 2 3 2 3. “Saha-Gleichung” im Festkörper Wir verwenden die Abkürzungen kT 1 und bezeichnen die Fermi-Energie mit EF . Für die Besetzung des Donators mit Elektronen gilt die Fermi-Statistik, d.h. die Konzentration der neutralen (besetzten) Donatoren ist: ND0 1 ND exp Ed EF Damit ist die Konzentration der positiv geladenen unbesetzten Donatorrümpfe 1 ND 1 exp EF Ed Die Elektronenkonzentration im Leitungsband wird durch eine Boltzmannverteilung angenähert (s. unten). Mit Ladungsneutralität ergibt sich ND n ND0 ND NC exp EF EC 1 Nd exp EF Ed Dies ist die Bestimmungsgleichung für die Fermienergie. Im Grenzfall niedriger Temperaturen ( Ed EC Ed kT ) ist der rechte Term im Nenner groß gegen 1 und es gilt exp 2 EF Nd exp NC EC Ed Die Fermienergie ist also 1 Nd 1 kT ln Ed 2 NC 2 Bei T 0 liegt die Fermienergie in der Mitte zwischen Donatorniveau und Leitungsband. Einsetzen der Beziehung für die Fermienergie in die obige Gleichung für die freie Elektronenkonzentration ergibt, analog zur Saha-Gleichung: EF EC n2 NC Nd exp Ed In der Analogie zun Plasma entsprechen n der Elektronenkonzentration und Nd der Ionenkonzentration. Die Zustandsdichte NC und die Elektronenmasse me im Festkörper können, bedingt durch die Bandstruktur, von den Vakuumwerten stark abweichen. Bei hoher Temperatur ( Ed kT ) gilt exp EF EC Nd NC und damit vollständige Ionisierung des Donators n Nd 4. Randschicht im Plasma und im Halbleiter Plasma Zunächst dikutieren wir kurz, ob Ladungsneutralität des Plasmas an einer Wand aufrechterhalten werden kann. Die Flüsse von Elektronen und Ionen vom Plasma auf die Wand betragen bei Ladungsneutralität e ne vth e ne 2kT me i ni vth i ni 2kT mi Weiterhin muß bei Neutralität ne ni und bei Stationarität e i gelten, so daß die thermischen Geschwindigkeiten von Elektronen und Ionen sein müssen (vth e vth i ), und damit mi Te 1837 Te Wasserstoff me Falls die Ionen nicht (gegen beträchtliche Wärmeverluste!) auf diese Temperatur geheizt werden können, wird an der Randschicht die Ladungsneutralität verletzt und es kann sich eine Ti 2 elektrostatische Schicht aufbauen. Durch die schnelleren Elektronen entsteht ein negatives Potential an der Wand, welches die Elektronen zurückweist und die Ionen auf die Wand hin beschleunigt. Für die räumliche Elektronendichte gilt die Boltzmannverteilung (n: Elektronen- bzw. Ionendichte im neutralen Plasmavolumen): eU x kT Zur Bestimmung der Dichte der strömenden Ionen gehen wir von der Kontinuitätsgleichung aus, wobei v0 die Geschwindigkeit der Ionen im Plasmavolumen bedeutet: ne x n exp ni x vi x nv0 Wir setzen das Potential im Plasmavolumen null (U folgender Form gilt: 1 mi v2i x 2 Damit ergibt sich die Ionendichte 0) so daß Energieerhaltung in 1 mi v20 2 eU nv0 ni x v2o 2eU x mi Zur Bestimmung des elektrostatischen Potentials U x betrachten wir nun den Fall einer unendlich in zwei Dimensionen ausgedehnten Wand, die ein ansonsten unendlich ausgedehntes Plasma zu einer Seite hin begrenzt. Damit ist das Problem eindimensional, und wir müssen nur die räumliche Koordinate senkrecht zur Wand betrachten. Die Poisson-Gleichung 2U 0 hat hier die Form: d 2U x dx2 en ne en ni 0 exp 0 eU x kT 1 1 2eU x mi v0 Zur Lösung definieren wir eU kTe, r 2kTe mi v20 , x D , wobei die Debye-Länge ist. Damit ergibt sich die dimensionslose DGL für : d2 d 2 1 1 r D 0 kTe ne2 exp Mit den Reihenentwicklungen 1 1 3 2 1 x x 2 8 1 x läßt sich in 1. Ordnung nähern d2 d 2 1 und exp x 1 r 2 1 1 x 1 1 r 2 1 2 x 2 1 3 x 6 Abhängig vom Vorzeichen der rechten Seite ergeben sich entweder eine oszillierende Lösung (R.S. 0) oder eine exponentiell ansteigende Lösung (R.S. 0). Dies ist das sog. “BohmKriterium” welches besagt, daß für 3 1 1 kTe mi v20 2 2 eine Potentialstörung zu einer Ladungstrennung und zu einem großem elektrischen Feld (auf der charakteristischen Länge D ) führt. Dies ist genau dann der Fall, wenn die Ionen mit Überschallgeschwindigkeit aus dem Plasma in die Randschicht einströmen, d.h. für v0 kTe mi cs . In der Praxis ist dies meist der Fall. Die Strömungsgeschwindigkeit wird durch Teilchenquellen am Eingang der Randschicht erhöht, z.B. durch Neutralteilchen, die durch Rekombination an der Wand aus den auf die Wand einströmenden Ionen entstehen, in das Plasma gelangen und dort ionisiert werden. Wir wollen nicht den genauen Verlauf von U x ausrechnen (das würden wir z.B. numerisch als Anfangswertproblem ohne die Notwendigkeit einer Reihenentwicklung der DGL tun), sondern nur das Oberflächenpotential U 0 für den Fall daß kein Nettostrom auf die Wand fließt, d.h. i e: n kTe mi n 2 kTe eU 0 exp pi me kTe Der Faktor 2 spiegelt den effektiven Anteil der in Richtung auf die Wand laufenden Elektronen wieder (Maxwell’sche Geschwindigkeitsverteilung angenommen). U 0 1 kTe 2mi ln 2 e me Für Wasserstoff (mi me 1837) gilt U 0 3 53 kTe e. Selbst ohne äußeren Stromfluß werden die Ionen also auf eine Energie beschleunigt, die einem Mehrfachen der Elektronentemperatur entspricht. Bei hoher Elektronentemperatur ist die Wand daher einem Beschuß mit energetischen Ionen ausgesetzt, der durchaus Veränderungen (Kristallschäden, Absputtern von Metallschichten) hervorrufen kann. Dieser Umstand wird technisch ausgenutzt zum Zerstäuben von Metallen, die dann auf einem der Wand gegenüberliegenden Substrat angelagert werden (Auftragen von dünnen Schichten). Dies erfolgt oft in einem Hochfrequenz-geheizten Plasma (Frequenz: einige MHz, Leistung: einige kW). Das Oberflächenpotential wird durch die Heizleistung (d.h. die Elektronentemperatur) eingestellt und beträgt typisch eU 0 1 2 keV. In einem Argonplasma (M 40) entspricht dies also Te 180 360 eV. 4 Metall Halbleiter Evac -e M + -e + + EF + Evac HL - - - EC + + + Ed EF Halbleiter An der Grenzfläche eines Halbleiters, z.B. zu einem Metall, kann sich ebenfalls eine elektrostatische Randschicht ausbilden; sie hat allerdings eine andere Ursache als die Plasma-Randschicht. Ohne Stromfluß stellt sich ein räumlich konstantes “Fermi-Niveau” ein. Wenn die Austrittsarbeit (Energie, die notwendig ist um ein Elektron von der Fermikante ins Freie zu befördern) im Metall und im Halbleiter unterschiedlich ist, muß zwischen dem Metall und dem Halbleiter (-Volumen) ein unterschiedliches Potential herrschen. Eine Potentialänderung impliziert auch eine Feldänderung, die aufgrund der Poisson-Gleichung mit einer Oberflächen- oder einer Raumladung verbunden ist. Eine Raumladung kann im Halbleiter leicht aufgebaut werden, indem die freien Ladungsträger durch die Potentialänderung “verarmt” werden. Die Raumladung wird dann durch die unbeweglichen Ionenrümpfe der Dotieratome verursacht. Die Poisson-Gleichung lautet in diesem Fall d 2U x en ne x ND x 2 dx wobei analog zu Aufgabe 3 ne NC exp EF EC eU x und ND ND 1 exp EF Ed eU x sind. Auch hier wollen wir U x nicht weiter berechnen. Das Oberflächenpotential ergibt sich in der einfachen Vorstellung als Differenz der Austrittsarbeiten von Metall und Halbleiter. Tatsächlich jedoch treten wegen Gitterfehlanpassungen, Korngrenzen im Metall, (Oxid-) Zwischenlagen etc. immer weitere Bindungszustände für Elektronen bzw. Löcher auf, die recht hohe Flächenladungen in der Mitte der HalbleiterEnergiebandlücke tragen können und die Lage des Ferminiveaus nahezu auschließlich festlegen (“pinnen”). 5