Beseelte Klangrede - KULTurVEREIN Bielefeld eV

Werbung
BIELEFELDER KULTUR
WESTFALEN-BLATT Nr. 42
Samstag / Sonntag, 18./ 19. Februar 2017
Alma Mahler
und ihre
Männer
Bielefeld (WB). Sie hatte sie alle. Alle Künste und deren AlphaMänner: Mahler und Zemlinsky
(Musik), Klimt und Kokoschka
(Malerei), Hauptmann und Werfel
(Literatur) und Gropius (Architektur). Wer als kreativer Mitteleuropäer vor hundert Jahren etwas zu
sagen hatte, bei dem hatte sie zu
Hause das Sagen. Alma MahlerWerfel: Genie-Groupie und Göttin
der Begabten.
50 Jahre nach ihrem Tod
schreibt Tom van Hasselt mit »Alma und das Genie« das erste Musical über die Muse. Und indem er
alle männlichen Rollen gleich
selbst übernimmt, hofft er mindestens einmal von ihr geküsst zu
werden und dadurch endlich auch
zu den größten Genies des Abendlandes zu gehören. Genialer Plan,
doch spielt Alma da mit? Sicher ist
nur: Nini Stadlmann spielt Alma
und wird alles geben, damit die
Männer ihr zu Füßen liegen, egal
ob sie nun Kunst oder doch wieder nur Sex wollen.
Alma und das Genie der Stammzellformation aus Berlin ist als
einmaliges Gastspiel am Samstag,
25. Februar, um 19.30 Uhr im Loft
des Stadttheaters zu erleben. Karten gibt es an der Theater- und
Konzertkasse in der Altstädter
Kirchstraße 14, Telefon 0521/
51 54 54.
Kultur in Kürze
Premiere von »Phantom«
Junges Theater mit aktuellem
Hintergrund wird an diesem
Samstag um 19.30 Uhr im Kleinen Theater Bielefeld (Murnausaal der Ravensberger Spinnerei)
geboten. Das Stück »Phantom
(Ein Spiel)« von Lutz Hübner und
Sarah Nemitz wird bis zu den
Osterferien zehn Mal zu sehen
sein. Karten und weitere Infos
gibt es bei der Tourist-Information, Telefon 0521/51 69 99.
Benefiz-Konzert
Der Boogie Woogie Pianist
Axel Zwingenberger gibt am
Dienstag, 28. Februar, ein Benefizkonzert. Der Erlös kommt dem
Erhalt der historischen Dampflok
01 150 zugute. Beginn des Konzerts ist um 20 Uhr im Ringlokschuppen. Karten sind bei der
Tourist-Information, Telefon
0521/51 69 99 erhältlich.
Letzte Führung
Sebastian Foron, Johannes Vetter (mit Umblätterin) und Felizia Frenzel (von links) begeistern ihr Publikum.
Beseelte Klangrede
Portraitkonzert über Szymon Laks begeistert das Publikum
Von Uta J o s t w e r n e r
B i e l e f e l d (WB). Wer
kennt schon Werke von Szymon
Laks? Nun, einige hundert Bielefelder jetzt schon. Sie dürfen
sich nach einem Portraitkonzert
über den polnisch-jüdischen
Komponisten bereichert fühlen
– Johannes Vetter und seinen
Kollegen sei Dank.
Nini Stadlmann spielt Alma
Mahler, einer Frau, der die
Männer zu Füßen liegen.
Alarm-Theater:
Austausch und
Kooperationen
Bielefeld (WB). Harald Otto
Schmid und Dietlind Budde haben
für Kulturschaffende aus aller Welt
die Türen des Alarmtheaters geöffnet. Im Rahmen des internationalen Besucherprogramms des NRW
Kultursekretariats sind die Gäste,
unter anderem aus Südamerika
und Indien, in Nordrhein-Westfalen unterwegs. Dabei werden ihnen relevante Theater in der Region vorgestellt, eines davon ist
das Alarmtheater.
»Es ist sehr beeindruckend, was
Sie in den letzten fast 25 Jahren
hier aufgebaut und gefestigt haben.« Forrina Chen ist noch ganz
am Anfang mit ihrem »Art Space
for Kids« in Shanghai und begeistert von der kontinuierlichen
Arbeit des Alarmtheaters. Gemeinsam mit Rebecca Budde de Cancino stellen die beiden künstlerischen Leiter nicht nur ihre Arbeit
an Produktionen mit jungen
Flüchtlingen in den letzten Jahren
vor, sondern auch die vielen Projekte, die außerhalb des Theaters
stattfinden. Der Austausch über
offensichtliche Unterschiede, aber
auch Gemeinsamkeiten in der
Theaterarbeit ist eine einmalige
Gelegenheit, auch Anregungen für
die eigene Arbeit aufzunehmen.
Der Schwerpunkt des gesamten
Programms liegt darin, ein nachhaltiges Netzwerk zwischen Kunst
und Kulturpartnern weltweit zu
bilden, das zu einem längerfristigen Austausch und internationalen
Kooperationen führt. »Wir freuen
uns sehr über die Möglichkeit, an
diesem tollen Programm teilnehmen zu können und hoffen, vielleicht zukünftig auch selbst als
Gäste in der Welt unterwegs zu
sein«, sagt Harald Otto Schmid.
Foto: Bernhard Pierel
Dem vielseitigen Musiker und
Publizisten Vetter sowie dem Cellisten Sebastian Foron und der
Sopranistin Felizia Frenzel – sie
war kurzfristig für die erkrankte
Melanie Kreuter eingesprungen –
gelang es in der voll besetzten Synagoge Beit Tikwa nicht nur, Laks
dem Vergessen zu entreißen, sondern echte Begeisterung für sein
kompositorisches Schaffen zu erzeugen. Bei einer kleinen Auswahl
von jüdischen Liedern sowie einer
Sonate für Violoncello und Klavier
erschloss sich dem Publikum der
faszinierende Klangkosmos des
Komponisten, der 1901 in Warschau geboren wurde und im Alter
von 25 Jahren nach Paris auswanderte, wo er sich als Kaffeehausgeiger und Stummfilm-Pianist verdingte, zeitweilig auch als Kreuzfahrtmusiker die Weltmeere bereiste. Seine Kompositionen aus jener Zeit weisen ihn als meisterlichen Tonsetzer aus, der im Spannungsfeld von Tradition und Moderne agiert, der slawisches und
französisches Kolorit in seine Werke einfließen lässt, aber auch feinsinnigen Witz und virtuose Spielfreude.
Seine Deportation ins KZ Auschwitz, das er als Leiter des Lagerorchesters überlebte, setzte seiner
vielversprechenden Karriere als
Komponist ein Ende. Zwar kehrte
er nach der Befreiung nach Paris
zurück und komponierte einstweilen auch noch weiter. Jedoch erging es Laks wie vielen seiner komponierenden jüdischen Zeitgenossen – sofern sie die Vernichtungslager überlebt hatten: Sie wurden
geflissentlich übersehen und zwar
nicht nur in Deutschland, sondern
auch in Frankreich, das sich durch
Kollaboration Mitschuldig gemacht hatte.
Laks »Acht jüdische Volkslieder«
aus dem Jahr 1947 sind Genrestücke, allesamt sehr individuell und
originell. Sie wurden von Felizia
Frenzel zunächst in jiddischer,
___
Laks war ein Komponist,
der tief in der Kultur der
abendländischen Musikgeschichte verwurzelt
war und in ihr einen
eigenen Stil entwickelte.
dann ich französischer Sprache
vorgetragen – mit vibratoloser
Klarheit und Empfindungskraft,
lautmalerisch umgarnt von den
Klängen des Klaviers.
Ein ausgereiftes Stück Kammermusik ist Laks Sonate für Cello und
Klavier aus dem Jahr 1932. Die beiden Interpreten setzten sie in beseelt-emphatischer Klangrede um.
Dabei begeisterte auch die stilisti-
sche Vielfalt des Werks mit seiner
romantisch-schwelgerischen Textur im Kopfsatz, die immer wieder
durch Musikzitate parodistisch
unterwandert wurde, und andererseits mit dem Raffinement eines
mechanisch abspulenden PrestoSatzes.
In dem reichen Programm, das
weitere Werke von Laks offerierte
und diese Stücke den Werken seiner jüdischen Zeitgenossen gegenüberstellte, aber auch lyrische Perlen von Purcell, Bach und Mendelssohn-Bartholdy präsentierte, ließen sich immer wieder stilistischthematische
Querverbindungen
ausmachen. Sie verweisen auf
einen Komponisten, der tief in der
Kultur der abendländischen Musikgeschichte verwurzelt war und
in ihr einen eigenen, charismatischen Personalstil entwickelte.
Neben der klangsinnlichen, technisch anspruchsvollen Wiedergabequalität gebührt den Ausführenden die größte Anerkennung dafür,
Szymon Laks einem interessierten
Konzertpublikum wieder zugänglich gemacht zu haben.
Das Dschungelbuch als Figurenspiel
Theaterlabor zeigt »Berührungspunkte«
Bielefeld (WB). Wer ist nun dieser Mowgli? Ein Mensch, der von Wölfen großgezogen wurde. Der im Dschungel zwischen den Tieren als Mitglied eines Wolfsrudels aufgewachsen ist. Kaum jemand kennt das Original des Dschungelbuches. Am 23. Februar um 19.30 Uhr und am 24. und 25.
Februar jeweils um 20 Uhr lädt die Niekamp Theater Company, Klosterplatz, zu einem heiteren, aber auch romantischen Figurenspielabend.
Bielefeld (WB). Das Theaterlabor zeigt die Performance »Berührungspunkte« am Donnerstag und Freitag, 23. und 24. Februar, um 20
Uhr im Theaterhaus Tor 6. Die Ambivalenz der Berührung zwischen
emotionalem und taktilem Empfinden steht im Mittelpunkt dieser TanzStimm-Performance. Karten können telefonisch vorbestellt werden
unter Telefon 0521/27 05 607
An diesem Sonntag endet die
Ausstellung »Heilige und HighTech. Wie der Mensch seinen
Körper schützt« im Historischen
Museum. Um 11.30 Uhr bietet Dr.
Gerhard Renda, Kurator der Ausstellung, noch einmal eine Führung durch die Ausstellung an.
Ebenfalls an diesem Sonntag ist
auch die begleitende Mitmachausstellung »Kinder-KörperSchutz« des Kindermuseums
OWL zum letzten Mal im Historischen Museum zu sehen.
Gehen als Lebenskunst
Gehen und Wandern sind die
ursprünglichsten Bewegungsformen des Menschen. Wer geht,
kommt ins Sinnieren und läuft
durch seine eigene Denklandschaft. Am Mittwoch, 22. Februar, stellt Achill Moser zusammen
mit seinem Sohn Aaron Moser
das Buch »Zu Fuß hält die Seele
Schritt – Gehen als Lebenskunst
und Abenteuer« in der Buchhandlung Thalia vor. In einer
Live-Multivisionsshow mit Lesung erzählen sie vom Weg zu
sich selbst und von abenteuerlichen Begegnungen in der Welt.
Beginn ist um 20.30 Uhr.
Werke von Weinberg
Schostakowitsch und Prokofjew kennt jeder Musikliebhaber,
während ihr Kollege Mieczyslaw
Weinberg (1919 - 1996) lange Zeit
höchstens Insidern ein Begriff
war. Als polnischer Jude in die
Sowjetunion geflüchtet, ist er
einer der wichtigsten Komponisten der Moderne mit einer langen Schaffenszeit und einem
umfangreichen Werkverzeichnis.
Erika Ifflaender-Gehl (Violine),
Sigurd Müller (Cello) und Claudia
Kohl (Klavier) gestalten an diesem Sonntag, 18 Uhr, einen Konzertabend mit Weinberg-Stücken
im Haus Wellensiek.
Malerei aus Licht und Chemie
Galerie Herr Beinlich präsentiert Chemigramme von Ralf Filges
Bielefeld (uj). Schnell muss es
gehen, wenn Ralf Filges bildschöpferisch tätig wird. Ganze 20 Sekunden bleiben dem Bielefelder
Künstler, um Entwicklerflüssigkeit
mit gestischen Pinselstrichen auf
Fotopapier aufzutragen. »Dann
kommt das Ganze ins Fixierband
und – fertig«, sagt der 62-Jährige.
Chemigramme nennt man diese
Art der fotochemischen Malerei,
die schon 1963 von dem Belgier
Pierre Cordier erfunden wurde.
Auch Filges Arbeiten, die von
diesem Samstag an in der Galerie
»Herr Beinlich«, Brandenburger
Straße 10, zu sehen sind, entstanden bereits vor 35 Jahren und sind
damit im schnelllebigen Kunstbetrieb schon wieder echte Klassiker.
Und Originale, die es nur einmal
gibt und die sogar fälschungssicher sind.
Sie überzeugen in ihrer kraftvollen, gestischen Bildsprache, die
mal figürlich, mal völlig abstrakt
ist. Dabei wird das Zufällige benutzt und akzeptiert. »Der bild-
schöpferische Prozess als experimenteller Verlauf schließt die exakte Wiederholbarkeit zum identischen Resultat aus«, beschrieb Jutta Hülsewig-Johnen den Prozess in
einer Broschüre der Kunsthalle
Bielefeld.
Entwicklerflüssigkeit
hinterlässt dunkle Spuren auf dem Fotopapier, Fixierer macht es hell.
Dort, wo weder die eine noch die
andere Chemikalie auf das Fotopapier gefallen ist, dunkelt der
Bildträger im Laufe der Jahre
durch Licht nach. »Das Bild verändert sich wie ein Mensch, der ja
auch im Laufe des Lebens altert«,
sagt Filges. Diese »lebenden Bilder« nennt der 62-Jährige in Anlehnung an seinen Namen »Filigramme«. Den Begriff hat er sich
schützen lassen.
Entstanden
diese
Arbeiten
sämtlich bei Tageslicht, so gibt es
eine weitere Serie in der Galerie
von Bero Beinlich zu sehen, die in
der Dunkelkammer entstanden. Es
handelt sich um so genannte Strö-
mungs- und Fließbilder, bei denen
die der Entwickler über das Fotopapier gegossen und anschließend
mehrfach angeblitzt wird.
Filges studierte in den 1980er
Jahren bei Professor Dr. Gottfried
Jäger an der FH Bielefeld. Er gehörte zur Gruppe der Oralapostel
Ralf Filges vor seinen Filigrammen, einer speziellen Form von Chemigrammen, bei denen die Mit-
und ist als Performance-Künstler
international tätig. Die Ausstellung wird um 17 Uhr eröffnet und
läuft bis zum 16. März.
tel der Fotografie zur künstlerischen Gestaltung
eingesetzt werden.
Foto: Thomas F. Starke
Herunterladen