32 zement + beton 2_13 | Heizen und Kühlen Science Park Linz – Bauteil 3 Linz, 2011 Architektur und Text | caramel architekten Bilder | © Hertha Hurnaus, caramel architekten Grafiken | © caramel architekten Exakt sieben Jahre nach Durchführung des europaweiten Architekturwettbewerbs wird durch die Fertigstellung des dritten Bauteils vom Science Park das neue hoch­moderne, technisch bestens ausgerüstete und architektonisch spektakuläre Campus-Zentrum der Linzer Johannes Kepler Universität vorerst vervollständigt. zement + beton 2_13 Der Universität stehen nun trotz des noch fehlenden, zukünf­ tigen Bauteils 4 insgesamt zusätzlich fast 45.000 m2 oberir­ dische Bruttogeschoßfläche für Lehre und Forschung zur Verfügung, 15.000 m2 allein im eben fertiggestellten Bauteil 3. Wie bei den vorangegangenen, setzt sich auch bei diesem dritten Bauteil das Spiel mit Knicken in Grundriss und Schnitt von Baukörper, Außenhülle und Innenräumen nahtlos fort. Im Unterschied zu den bestehenden Bauten beherbergt das Sockelgeschoß neben den üblichen Sonderunterrichtsräumen für Forschungszwecke bzw. den Seminarräumen und der Eingangshalle vor allem auch Hörsäle und eine kleinere Außen­ stelle der Mensa. Wie bei den Vorgängerbauten wachsen aus dem Sockel zwei parallele Riegel empor, die auf sechs Ge­ schoßen Büros und Labors beherbergen. Identitätsstiftendes Hauptmerkmal im Innenbereich sind nach wie vor die durch­ gesteckten Innenatrien mit groß­zügigen Verglasungen und räumlich offenen Bereichen als Zentren der Kommunikation. Verbindendes Element aller neuen Bauteile ist ein großzügig bemessenes Flugdach, welches sich durch das ganze Science-Park-Gelände von Gebäude zu Gebäude erstreckt und gemeinsam mit den Sonderraumfassaden bzw. den rückwärtigen Sitz-Treppenanlagen gleichsam bespielbare Freiluftauditorien erzeugt – wiederum ein Ort der Begegnung bzw. Kommunikation. Verlegung der Rohre für das Flächenheiz- und -kühlsystem Modellfoto der Anlage 33 34 zement + beton 2_13 | Heizen und Kühlen Kommunikation bedeutet in diesem Fall, zwischen dem bestehenden Teil der Universität, den unmittelbar benach­ barten Wohnbauten, der natürlichen Umgebung, den neuen Bauteilen untereinander und schlussendlich im Inneren der Baukörper Kontakte zu knüpfen. Scheinbar spielerisch gehen die Gebäude im Grundriss wie im Schnitt durch Höhenversprünge und -knicke auf Nachbarn und Umgebung ein, entgehen so einer starren Gebäude­ struktur und schaffen durch die Versenkung im Hang und dem unter Straßenniveau liegenden Eingangsbereich eine ebenerdige Anbindung zum bestehenden Universitätsareal. Regelcharakteristik der BTA-Felder Rücklauftemperatur Die Landschaft fließt zwischen, über und durch das Bauwerk mit seinen teilweise schwebenden Bürotrakten in das Areal und verzahnt sich letztendlich mit dem Gebäude zu einem neu interpretierten Campus. Die großzügigen Innenatrien verbinden die Geschoße miteinander, lassen Licht bis in die unteren Ebenen fallen und geben somit gleichsam ein neues Science-Arbeitsklima. Wegen der großen Spannweiten innerhalb des Gebäudes und den daraus notwendigen Brückenkonstruktionen wurden die unterschiedlich ausformulierten Fenster samt Brüstungen in der Fassade nicht zufällig angeordnet, sondern an die zement + beton 2_13 statischen Biegebelastungen angepasst. Entstanden ist ein Fassadenspiel, das durch Lamellen verschiedener Tiefen und Abstände noch verstärkt wird. Dadurch entstehen eine diver­sifizierende Wirkung nach außen und mehr Individualität im Inneren. Schließlich kom­munizieren sogar die einzelnen Elemente der Fassade mit­einander. Alle hochwertigen Nutzungsbereiche im Gebäude sind mit einer Bauteilaktivierung (BTA) als Flächenheiz- und -kühlsystem ausgestattet. Die BTA wurde stockwerkweise (himmels­ richtungsorientiert) in vier Gruppen geteilt, sie wird über Verteiler in den Technikschächten angespeist. Die Regelung erfolgt über die Rücklauftemperatur der einzelnen BTA-Felder (siehe Regelcharakteristik). Die Aktivierung der speicherwirk­ samen Masse zu Heiz- oder Kühlzwecken wird aufgrund der flächigen Wärmeabgabe bzw. Kühlung, die überwiegend über Strahlung erfolgt, von den Nutzern als sehr angenehm empfunden. Die Systemtemperaturen liegen im Heizfall bei etwa 28 °C und im Kühlfall bei etwa 18 °C. Aufgrund der geringen Vorlauftemperaturen können im Heiz- und Kühlfall sehr gut alternative Energieträger und Energieerzeugungs­ systeme Anwendung finden, beispielsweise Wärmepumpe mit Grundwassernutzung, das Grundwasser oder die Energie der Außenluft – sog. Free Cooling. Die Baukernaktivierung weist beim Einsatz als Heiz-/Kühlsystem im Vergleich zu konventionellen Systemen geringere Investitions­kosten und einen geringeren Primärenergiebedarf auf. Alle hochwertigen Nutzungsbereiche im Gebäude sind mit einer Bauteilaktivierung (BTA) als Flächenheiz- und -kühlsystem ausgestattet. Projektdaten: Autoren: Adresse: Altenbergerstraße 66, 4040 Linz | Bauherr: BIG Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. | Architekten: caramel | Tragwerksplanung: werkraum wien ingenieure zt-gmbh | Haustechnik und Energie­ konzept: Planungsgruppe Grünbichler GmbH | Bauzeit: Juni 2010–Juni 2012 | Kubatur: 43.000 m³ | Nettofläche: 8.635 m² | Bruttogeschoßfläche: 12.814 m² (inkl. Tiefgarage) | Baukosten: 24,06 Mio. € caramel architekten katherl.haller.aspetsberger günter katherl, martin haller, ulrich aspetsberger www.caramel.at 35