selbstnutzer kompetenzzentrum für wohneigentum gmbh Ausschreibung LWB – Architekturwerkstatt – Idee 3 Besser wohnen! Aus überzogenen Rationalisierungs- und Vereinfachungsbemühungen, die meist in der Vielzahl der zu planenden Wohneinheiten ihren Ursprung haben, kommt es zur Monotonie und sich endlos wiederholenden Fassadenelementen und Formen. Im Folgenden findet sich ein Vorschlag, um bei gleichen Kosten den Wohnwert zu erhöhen. 3. Idee: Bunt ist beautiful – Kleinteiligkeit der Parzellierung und Vielfalt der Fassaden – Qualität durch unterschiedliche Architektur Um sich in einer Wohnung wohlfühlen zu können, ist auch die Gestaltung des Straßenraums von Bedeutung. Je vielfältiger die Fassaden gestaltet sind, je unterschiedlicher Türen und Fenster ausfallen und je farbenfroher eine in sich abgestimmte Farbpalette zur Anwendung kommt, desto wohler ist dem Menschen, bereits wenn er auf sein Haus zugeht. Die kleinteilige Parzellierung aus früheren Jahrhunderten war und ist dem Menschen angemessen. Der industrialisierte und durchrationalisierte Wohnungsbau mit hohen Stückzahlen ist es nicht. Gute Architektur entsteht nicht im Computer und jeder Architekt findet ganz unterschiedliche Lösungen für die jeweils gestellte Aufgabe. Qualität im Straßenraum entsteht dabei ganz nebenbei, wenn verschiedene Architekten nebeneinander planen und bauen. Man muss sie nur lassen. Nichts ist langweiliger als die moderne Investorenarchitektur, die nur noch eine Art der Fassade zu kennen scheint: Vertikal gegliederte Fassaden mit hundertfach sich wiederholenden bodentiefen Fenstern, egal ob Büro, Hotel, Gewerbe oder Wohnen. Eine Wohnung soll identifizierbar sein, möglichst individuell, unverwechselbar, ein Stück persönlich geprägte Heimat. Dies drückt sich in einer Vielfalt der Formen und Farben der Fassadenelemente aus und wird unterstützt durch unterschiedliche Dachformen und individuell gestaltete Hauseingänge. Hat jemand die Aufgabe, mehrere Baukörper mit -zig Wohneinheiten auf einem Grundstück zu definieren mit dem Ziel, die dabei zu planenden WE sozialverträglich zu halten und gleichzeitig architektonische Vielfalt zu erzeugen, so ist das Problem ganz einfach durch kleinteilige Grundstückszuschnitte zu lösen: Jeder Planer bekommt nur einen einzigen Aufgang. Die Beschränkung auf jeweils ein Mehrfamilienhaus auf einer Parzelle ergibt eine vernünftige Anzahl von Wohnungen an einem Treppenaufgang - z.B. bei 5-geschossiger Bauweise zwischen 10 WE (Zweispänner) oder 15 WE (Dreispänner). Noch weniger Wohnungen pro Aufgang führt zu einer 3-geschossigen Bauweise (ohne Aufzug) oder wäre mit Aufzug zu teuer. Auch ist die Orientierung an der Traufhöhe der Nachbarschaft zu beachten, was in der inneren Stadt zur 5-geschossigen Bauweise führt. (Bei den der Ausschreibung zu Grunde liegenden Grundstücken wäre abhängig vom Bodenpreis nur das Leutzscher Grundstück für eine Dreigeschossigkeit denkbar). selbstnutzer kompetenzzentrum für wohneigentum gmbh Ausschreibung LWB – Architekturwerkstatt – Idee 3 Stadtplaner zum Beispiel aus Tübingen haben vorgemacht, wie Wohnblöcke mit mehreren Aufgängen so einzeln konzipiert werden können, dass die Einzelgebäude in einem Karree als Blockrand mit einer gemeinsamen Tiefgarage später zusammenpassen. Bei der Ausschreibung eines Mehrfamilienhauses als Teil eines größeren Wohnblocks brauchen keine Architekturwettbewerbe inszeniert zu werden. Ob und wie die Aufgänge sich dann zusammenfügen, ist ein spannendes Puzzle, vor allem, wenn die Betroffenen, also die zukünftigen Bewohner dabei mitreden dürfen. Die Gestaltungsvielfalt kann sich im Inneren der Gebäude weiter ausdrücken durch unterschiedliche Türelemente, Vor- und Rücksprünge in den Fluren, unterschiedliche Wandbekleidungen etc. Bei Küchen und Bädern ist es heute eine Selbstverständlichkeit, dass die zukünftigen Nutzer ein Mitspracherecht haben bei Fliesen- und Parkettauswahl, bei den Bad-Objekten und anderen Einbauelementen. Durch gemeinschaftlichen Einkauf ergeben sich die gleichen Preisvorteile wie bei einer Gestaltung mit nur einheitlichen Elementen. Um das Vielfältigkeitskonzept praktisch umzusetzen, braucht die Wohnungsbaugesellschaft als Auftraggeber nur die Traufhöhen und Gebäudetiefen vorgeben, sofern diese sich ohnehin nicht von selbst aus dem städtebaulichen Kontext ergeben. Hier einige realisierte Beispiele aus Tübingen, Französisches Viertel (2011, Fotos: Thomas Mayer)