Katalog www - Robert Meyer Architekten

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S T E I N Z E I T
ROBERT MEYER UND VICTO RIA VON GAUDECKER MIT SABRINA HOHMANN
S T E I N Z E I T
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INHALT
VO RWO RT
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IM PR ES S ION
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STEINZEIT – VO M F L U S S A N S H AU S
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69 STEI NE – 69 WO H NUNGEN
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PRO J E K T DAT E N
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PE RS O N E N
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DA NK E F ÜR D I E FR EUND LIC HE UN T E RST Ü T Z U N G
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B I L D N ACH W EIS, I M P R E S S U M
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VORWORT
IS A R KI ES EL IN D ER U RBA N ST R AS S E
Die Südhausbau ist in jeder Hinsicht mit München verbunden. Als Familienunternehmen
haben wir hier unsere Heimat. Mit den Häusern, die wir bauen, haben wir die Möglichkeit,
unsere Stadt mit zu gestalten. Jedes Projekt ist eine Herausforderung an Kreativität, Einfallsreichtum und Lebensnähe.
Mit unserem Projekt in der Urbanstraße, zwischen Flaucher und dem geschichtsträchtigen
Viertel Sendling, wollten wir etwas ganz Besonderes schaffen, sowohl bei der Gestaltung
der Wohnungen als auch mit dem ersten Eindruck von außen. Das Thema „Kunst am Bau“
sollte bei der Fassadengestaltung eine tragende Rolle spielen. Also haben wir 2007 einen
Kunstwettbewerb ausgeschrieben, bei dem die Münchner Künstlerin Sabrina Hohmann mit
ihrem Konzept überzeugte, weil es Themen aufgreift, die uns beschäftigen: Was macht das
Leben am Fluss, an der Isar, so attraktiv? Was ist es, was da durch die Stadt getragen wird,
wie in einer blauen, wilden, rauschenden Ader? Wie lässt sich die Nähe zum Ursprung, zur
gewachsenen Umgebung aufgreifen und interpretieren?
Bei der Gestaltung der Fassade hat Sabrina Hohmann die Idee der Nachbarschaft zur Isar
weiterentwickelt: „Das neue Wohnhaus an der Urbanstraße ist geprägt von horizontalen
Brüstungsbändern, die das Gebäude leicht schwingend umfassen und ihm eine fließende
Leichtigkeit verleihen. An den Brüstungsbändern der Fassade erscheinen Abdrücke von Isarkieseln als unregelmäßige Vertiefung. Die Steine aus dem Flussbett der Isar, die hier am Gebäude als Abdruck erscheinen, sind allesamt Unikate, Fragmente der Alpen, die durch den
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Einfluss von Zeit, Geologie und Klima ihre Form erhalten haben“, sagt die Künstlerin über ihr
Projekt. Der Fluss ist ein Bild für so vieles: Im Leben, in unserer Arbeit, mit unseren Familien
ist immer alles in Bewegung. Nichts bleibt, wie es ist, jede Veränderung schafft neue Perspektiven. Wir freuen uns, dass die Isar direkt in der Urbanstraße ihre Spuren hinterlässt.
Unser herzlicher Dank gilt Sabrina Hohmann und den Architekten Victoria von Gaudecker
und Robert Meyer.
Dr. Matthias Ottmann
ist Geschäftsführender Gesellschafter der Ottmann GmbH & Co. Südhausbau KG.
Dr. Ottmann, geboren 1963 in München, studierte Volkswirtschaft in Freiburg und München und wurde 1994
an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt promoviert. Schwerpunkt seiner Dissertation bildete
der „Städtebauliche Vertrag“. Bereits seit 1994 leitet er das Unternehmen, zunächst gemeinsam mit seinem
Vater Paul Ottmann und Bruder Hans Paul Ottmann. Seit 2004 nimmt er diese Aufgabe als alleiniger Geschäftsführer wahr. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer hält Dr. Ottmann Vorlesungen am Institut
für Wirtschaftsgeographie der Ludwig-Maximilians-Universität in München, von 2002 bis 2005 ebenfalls
auch an der Universität Augsburg. Themenschwerpunkte der Vorlesungen sind das Immobilienmanagement,
strategisches Controlling, Projektmanagement wie auch das Wertschöpfungsmanagement im Rahmen der
Portfoliobetrachtung. Seit 2005 ist Matthias Ottmann Mitglied des deutschen Beirats der Eurohypo AG
und seit 2008 Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL). Zusätzlich ist
Matthias Ottmann im Kunstverein München e.V. und bei PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne e.V. jeweils als Vorstandsmitglied aktiv.
DR. MATTHIAS OTTMANN
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IMPRESSION
EIN KONZEPT FÜR DIE FASSADE DES GEBÄUDES URBANSTR. 11 VON SABRINA HOHMANN
Das neue Wohnhaus an der Urbanstraße ist geprägt von horizontalen Brüstungsbändern,
die das Gebäude leicht schwingend umfangen und ihm eine fließende Leichtigkeit verleihen.
Diese Charakteristik wird im vorgelegten Entwurf betont und inhaltlich mit der Lage des Gebäudes im Münchner Süden, nahe der Isar, verknüpft.
An den Brüstungsbändern der Fassade erscheinen Abdrücke von Isarkieseln als unregelmäßige Vertiefungen. Die Eindrücke verlaufen horizontal etwa in Plattenmitte und ergeben kein
regelmäßiges Ornament, sondern haben eine scheinbar zufällig anmutende Abfolge. Abschnitte mit dichterer Anzahl wechseln mit lose gestreuten Eindrücken, völliges Verschwinden und wieder Auftauchen der Bemusterung lässt die Anordnung pulsieren und rhythmisiert die langen Brüstungsbänder sanft.
Die Steine aus dem Flussbett der Isar, die hier am Gebäude als Abdruck erscheinen, vereinen
unterschiedliche Aspekte. Alle Isarkiesel sind Unikate, Fragmente der Alpen, die durch den
Einfluss von Zeit, Geologie und Klima ihre Form erhalten haben. Diese Formen sind unaufdringlich und gleichzeitig unverwechselbar. Sie sind gegeben und nicht erfunden.
Der Eindruck solcher Steine an der Fassade des Wohnhauses Urbanstraße 11 ist also eine –
im wörtlichen Sinne – Impression der nahe gelegenen Isar, ein Indiz der unmittelbaren prägenden Umgebung des Viertels und der Stadt München. Im übertragenen und erweiterten
Sinne visualisiert diese Impression ein Landschaftsgefüge, den Zeitfluss, die Natur.
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69 Steine gesammelt an den Isarufern
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STEINZEIT – VOM FLUSS ANS HAUS
Zersägte Kiesel zur Herstellung abformgeeigneter Teilstücke
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Erste Anordnung der Steinabschnitte auf Papier in Originalgröße
Papierne Schablonen der vier Grundplatten in Originalgröße
Tausende Kopien der Papierschablonen werden zugeschnitten.
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Detail der Werkplanung im Maßstab 1:20
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Vorläufige Montagetabelle
Die Aluminiumgüsse werden auf der Mutterplatte exakt eingemessen und montiert.
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Kleinste Hinterschneidungen an den Rändern werden markiert
und nachbearbeitet.
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Erste Stapel der Fassadenplatten
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Linke Seite: Um das Fassadenrelief auch in den Stahlbetonfertigteilen abzubilden, wurden Kautschukmatrizen von den ersten
Fassadenplatten abgegossen.
Die Matrizen werden in die Schalung eingeklebt.
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Schalung für einen schwingenden Balkon
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Erste Betonfertigteile mit Abdrücken der Isarkiesel treffen auf der
Baustelle ein.
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Montage der reliefierten Balkone am Rohbau
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69 STEINE – 69 WOHNUNGEN
D IE A RCH ITEK TEN ROB E RT M E Y E R U N D VIC TO R IA VO N G AU D E C K E R U N D DI E
K Ü N ST L E RI N SA B RINA H O H M A NN IM GE S P R ÄCH M I T J O CHE N PAU L
Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere an dem Projekt Urbanstraße 11?
S A BR IN A H OH M A N N Für mich besteht die Besonderheit darin, dass meine Gestaltung mit
dem Entstehen des Gebäudes zusammenfließt: Das Relief der Brüstungsbänder – die Abdrücke der Isarkiesel – ist bereits in die Baumaterialien eingebettet: „Traditionelle“ Kunst am
Bau steht zwar im Dialog mit der Architektur, ist aber kein Bestandteil von ihr. Meine Arbeit
für das Projekt Urbanstraße 11 dagegen ist weder Applikation noch selbständiges Kunstwerk,
sondern eine für mich neue Verdichtung und Verschmelzung von Kunst und Architektur, auf
die ich mich sehr gerne eingelassen habe. Beim Projekt Urbanstraße gab es die Anregung,
sich mit den Brüstungsbändern zu beschäftigen, gleichzeitig bestand die Möglichkeit, außergewöhnlich frühzeitig in deren Herstellungsprozess einzugreifen.
RO BE RT ME Y E R Für mich war an der Zusammenarbeit mit Sabrina entscheidend, an die im
Wohnungsbau bis in die 1950er Jahre sehr lebendige Tradition der Kunst am Bau wieder
anzuknüpfen. Darüber hinaus ist es uns gelungen, die Architektur des Baukörpers mit der
künstlerischen Gestaltung der Fassade zu einer Einheit zu „verklammern“. Eine Trennlinie
zwischen Kunst und Architektur kann nicht gefunden werden.
V IC TO RI A VON GAU D E C K E R Die horizontalen Brüstungsbänder bilden ein wichtiges Gestaltungsmittel der Fassade, um die verschiedenen Baukörper, die unterschiedlichen Höhen und
ihre Lage zueinander zu einem homogenen Ganzen werden zu lassen. Wir haben versucht,
mit dem Thema der Fassadenbänder und einer besonderen Putzstruktur, die in Sendling Tradition hat, das Gebäude zu fassen.
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Schwingende Balkone in der Schwaneckstraße
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Die Südfassade längs der Urbanstraße; unten sind die Straßenzugänge der Erdgeschosswohnungen zu sehen.
Wie kam es zu der Idee der Brüstungsbänder als verbindende Klammer?
V VG Für uns als Architekten ist die Gestaltung der Fassade natürlich sehr wichtig, und nachdem wir festgestellt hatten, dass der von uns gewollte, expressive Putz mit einem Wärmedämmverbundsystem kaum realisierbar ist, kamen wir zu der Kombination aus Stahlbetonfertigteilen für die geschwungenen Balkone und der Fassade vorgesetzten Kunststeinplatten. So konnte eine Alternative für die strukturierten Fassadenbänder, die wir zunächst mit
einer „Löffelputzstruktur“ entworfen hatten, entstehen.
S H Ich habe mir in der Wettbewerbsphase zunächst überlegt, was es bedeutet, wenn ganz
unterschiedliche Menschen aus den verschiedensten Orten sich mehr oder weniger zufällig
in der Urbanstraße 11 eine Wohnung kaufen. Das hat mich auf die Isarkiesel gebracht, die ja
auch von irgendwo herkommen, auf ihrem Weg dorthin individuell abgeschliffen werden, und
die dann da herumliegen... Als nächstes habe ich mir die Produktion der Kunststeinplatten
angesehen: Sand und Kunstharz werden in einen Rahmen geschüttet und anschließend unter Druck und Hitze verpresst; das ist eine „ur-bildhauerische“ Technik, die mich zu der Frage
führte, ob man das Relief nicht gleich mit abbilden könnte, anstatt es danach auszufräsen. So
bin ich auf die Idee gekommen, die Steine bzw. deren „Abschnitte“ direkt in die Mutterplatte einzulegen, um das Relief in einem Arbeitsgang mit der Platte herzustellen. Faszinierend
daran war die Verbindung eines modernen Produktionsprozesses mit einer traditionellen
künstlerischen Methode.
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Die Südfassade längs der Urbanstraße mit Blick in die Schwaneckstraße
Abgesehen von der Metapher der Menschen, die dort „anlanden“ – was haben die Flusskiesel mit dem
Ort zu tun?
S H Wir sind in der Urbanstraße ja unmittelbar in Isarnähe, insofern fallen die beiden Aspekte
zusammen: Einerseits befindet man sich an diesem Ort, andererseits sind die Steine – wie die
Menschen auch – von irgendwo hergekommen. Interessant ist dabei, welche Prägnanz die
Steine als nicht von mir gemachte, sondern vorgefundene Form haben: Die Beschaffenheit
eines Kieselsteins, seine ganz spezielle Oberfläche und Ausgestaltung waren für die Klarheit
und Stringenz der Arbeit sehr hilfreich.
Nach welchen Kriterien haben Sie die Steine ausgewählt?
S H Zunächst nach technischen Kriterien, denn wenn ich im Umgießverfahren einen Abdruck
mache, dann darf der Stein keine Hinterschneidung haben. Dennoch sollten die Steine verschieden sein. Und die Anzahl richtete sich nach der Anzahl der Wohnungen im Gebäude.
R M Im Grunde genommen war diese Arbeit für den Hersteller eine Neuentwicklung, die
sehr stark auf unsere gemeinsame Initiative und Anregung zurückzuführen ist. Ich bin sehr
gespannt darauf, was sich aus einer eventuellen zukünftigen Zusammenarbeit weiter entwickelt.
Haben Sie sich das Verfahren schützen lassen? Dem Hersteller eröffnet es ja eine große Palette an
Möglichkeiten...
R M Wir haben darüber nachgedacht...
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Fassadendetail in der Schwaneckstraße
Der Abdruck von Kieselsteinen ist jetzt durch mein Urheberrecht geschützt, Abdrücke
von anderen Formen stehen frei.
R M Über rein produktbezogene Aspekte hinaus ist derzeit bei vielen Architekten eine Tendenz zur „Rückkehr des Ornaments“ festzustellen, für die unsere Arbeit wiederum interessante technische Möglichkeiten aufzeigt. Aufgrund des Kostendrucks und der hohen Grundstückspreise in Großstädten kommen wir als Architekten nicht umhin, uns bei den Themen
Wärmeschutz und Energieeffizienz mit Wärmedämmverbundsystemen zu beschäftigen. Das
entwickelte Produkt hat uns dazu verholfen, wie beabsichtigt ein steinernes und stattliches
Haus in das Quartier einzufügen.
V VG Als Architekten dachten wir zunächst an einen traditionellen Löffelputz. Allerdings
hätte er ausgefräst auf die Kunststeinplatte übertragen viel weniger plastisch und lebendig
SH
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Rechte Seite: Lichtspiele
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Blick von Norden: Längs der Schwaneckstraße befinden sich neun
Stadthäuser mit separaten Eingängen, der breite Gehweg bietet
Platz für Kinderspiel.
Detail Stadthaus
gewirkt als von Hand gefertigt. Insofern war es wichtig, über die Flusskiesel zu einer „natürlichen“ Anmutung und Haptik zu finden – dabei ist es gerade über den Umweg eines komplexen technischen Prozesses gelungen, eine „individuelle“ Sinnlichkeit zu schaffen: Die 69
unterschiedlichen Steine stehen für die 69 Wohnungen und ihre Bewohner.
R M Für die Bewohner ist das eine wichtige Identifikation mit dem Gebäude: Erst dadurch,
dass jeder einzelne Stein mehr als 500 Mal auf der Fassade abgedrückt ist, entsteht die von
uns beabsichtigte Verklammerung des Einzelnen mit dem Ganzen. Als Ausdruck hierfür kann
jeder Käufer einer Wohnung einen der Originalsteinabschnitte erhalten.
S H Das Projekt war auch für die Fassadenbauer sehr aufwändig: Anstatt wie üblich eine
Platte neben die andere zu kleben, gab es für die Urbanstraße Werkpläne im Maßstab 1:20,
auf denen exakt verzeichnet war, wo jede einzelne der vier unterschiedlichen Platten – an
der Hoffassade sind es sogar 12 unterschiedliche Module – anzubringen war, und ob um 180
Grad gedreht oder nicht. Interessant zu beobachten war, wie ihre anfängliche Skepsis peu à
peu einer Identifikation mit dem Projekt, professionellem Ehrgeiz und Stolz auf die geleistete
Arbeit wich. Auch der Betonbauer... in die Schalungen für die auskragenden Balkone wurden
vor dem Betonieren die Matrizen eingelegt, weshalb wir ständig zwischen Positiv und Negativ, links und rechts hin- und her springen mussten.
R M Während die Kunststeinplatten erst angebracht wurden, nachdem die oberste Decke
betoniert beziehungsweise die Fenster montiert waren, wurden die vorproduzierten (und
auch mit dem Muster versehenen) Balkone bereits im Rohbau benötigt– was für Sabrina bedeutete, dass ihr Entwurf der vier Basisplatten bereits in einer sehr frühen Bauphase fertig
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Linke Seite: Nordfassade des Innenhofs. Die schmaleren Fassadenbänder integrieren die Stahlbetonbalkone und verleihen dem
Hof Leichtigkeit. Den Mittelpunkt des Hofes bildet ein einzelner,
besonderer Baum.
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Diese Seite: Die Erdgeschoss - und Dachterrassen der Stadthäuser
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sein musste, um die Gummimatrizen abnehmen zu können, mit denen wiederum die Stahlbetonfertigteile der Balkonbrüstungen gegossen wurden – alles in allem ein sehr komplexes,
schwierig zu taktendes Verfahren mit einem beachtlichen Vorlauf.
Kunst am Bau ist normalerweise auf öffentliche Bauten beschränkt. Wie kam es zu dem Wettbewerb,
welches Interesse hatte die Südhausbau daran?
V VG Der Vorschlag dazu kam von uns, nachdem wir ausgehend von der Idee der gestalteten
Brüstungsbänder die Chance erkannten, unter Hinzuziehung eines Künstlers ein besseres
Ergebnis zu erreichen. Wir haben daraufhin fünf Künstler vorgeschlagen, von denen drei zu
einem Wettbewerb eingeladen wurden. Erleichternd dazu kam, dass wir mit der Südhausbau
einen künstlerisch sehr aufgeschlossenen Bauherrn hatten: Anja Ottmann unterhält mit der
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Sammlung Südhausbau eine eigene Galerie und vergibt mit den Freunden der Pinakothek der
Moderne ein Künstlerstipendium.
R M Sich auf das Wagnis eines Kunst am Bau-Wettbewerbs einzulassen, von dem lange Zeit
nicht feststand, wie das Ergebnis werden würde, erfordert für einen Bauträger sehr viel Mut –
die meisten machen so etwas nicht …
S H … auch wenn das Budget vergleichsweise gering war.
Schafft die Identität der Fassadengestaltung für den Bauträger nicht auch einen Mehrwert für den
Verkauf der Wohnungen?
S H Er kann aber auch ein paar Wohnungen weniger verkaufen, das kann man vorher nicht
wissen: Ein Kaufinteressent fragte mich zum Beispiel, was die Einschusslöcher an der Fassade bedeuten... Ein großes Risiko geht der Investor allerdings nicht ein – schlimmstenfalls
wäre das Ergebnis des Wettbewerbs eben nicht realisiert worden.
Wie haben Sie im Entwurfsprozess die Motive der Fassadenbänder festgelegt?
S H : Mir war mir schnell klar, dass ich kein Muster und keinen Rapport haben wollte, obwohl es um die serielle Anfertigung eines Baumaterials ging. Darum habe ich verschiedene
Anordnungen der 69 Kieselsteine auf dem Format der Verbundplatten in unterschiedlichen
Verdichtungen angelegt. Das ist auch ein zentrales Thema von vielen meiner Arbeiten: Verdichten und Entzerren, das Einzelne und die Vielen…
R M Wichtig dabei ist auch der Kostenhintergrund: Es geht zwar um 1.200 Meter Fassaden38
abwicklung, aber wir konnten deswegen nicht 1.000 verschiedene Platten entwerfen, sondern es ging darum, mit möglichst wenigen unterschiedlichen Platten auszukommen.
S H Danach wurden die Platten so vorkonfiguriert, dass man sie um 180 Grad drehen konnte – so wurden aus vier Platten acht, wobei es technische Aspekte wie den Wasserablauf zu
berücksichtigen gab. Das Relief verläuft auf den Brüstungsbändern nicht gleichmäßig und
auch nicht immer füllend; die Dramaturgie beinhaltet Stellen, an denen es abebbt und nach
einer Pause wieder anhebt. Um eine bewegte, pulsierende Abfolge zu erreichen, habe ich ein
1:20-Modell der Urbanstraße 11 im Atelier mit circa 2.000 Papierkopien der unterschiedlichen Platten beklebt, sowas können Sie gar nicht ausschließlich am Computer machen.
Entscheidend ist dann die Frage der Abfolge – wie haben Sie die gelöst?
S H Die Strecken zwischen den Balkonen – diese sind, weil aus Stahlbeton gegossen, immer gleich bemustert – sind nicht unbedingt durch das Maß der Platten teilbar, weshalb die
Platten so angelegt sein mussten, dass sie geteilt werden konnten, ohne das Relief zu zerschneiden. Dadurch entstehen mehr Spielraum und die Möglichkeit, so zu „komponieren“,
dass sich fließende Übergänge statt abrupter Anschlüsse ergeben.
Mich erinnert die Gestaltung der Brüstungsbänder auch etwas an die eine Zeit lang sehr populären
Waschbeton-Platten...
R M Darüber haben wir tatsächlich auch nachgedacht – wir wussten lange Zeit nicht, wie sich
diese Fassade, die wir als Putz wollten, umsetzen lässt... Interessanterweise befindet sich
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direkt gegenüber der Urbanstraße 11 ein Gebäudekomplex aus den 1970er Jahren, der auf
den ersten Blick zwar etwas brachial, rau und düster wirkt, aber für seine Zeit steht und ebenfalls mit dem Thema der horizontalen Gliederung spielt. Auch wenn uns das bei der Konzeption unserer Fassade nicht unmittelbar bewusst war, korrespondiert das Ensemble jetzt miteinander. Über das Verbindende der Horizontalität nimmt man die beiden Gebäude anders
und auch gemeinsam wahr.
V VG Auch wenn Fertigteile im Gegensatz zu unserem Entwurf immer den Aspekt des Wiederkehrenden, Seriellen haben... durch die Komposition von Sabrina Hohmann wird aus einer seriellen Fertigung doch eine sehr vielschichtige Abwicklung, die der Homogenität einer
Waschbetonplatte entgegensteht.
R M Auch wenn die Wirkung des Hauses sehr stark durch die Fassade geprägt wird: Hintergrund war, dass wir die Mehrkosten der Fassade erst durch die vorangehende Optimierung
der Planung „finanzieren“ mussten – eine sehr klassische Architektenleistung. So haben wir
uns beispielsweise aufgrund der schwierigen Bodenbeschaffenheit lange mit der Tiefgarage
beschäftigt, weil wir das Budget nicht in der Erde vergraben, sondern dafür etwas Sichtbares
bekommen wollten. Dieses Konzept ist aufgegangen.
S H Für mich ist das Brüstungsband ein gestalterisches Element mit hohem Anspruch – ob
es Kunst ist, weiß ich nicht genau. In unserem Fall wird der Anspruch aber gerade dadurch
eingelöst, dass „Kunst“ und „Architektur“ nicht mehr zu trennen sind.
JOCHEN PAUL ist Redakteur und Autor. Er schreibt über Architektur und Design.
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Nachfolgende Seiten: Die Treppenräume
sind in intensive Farben getaucht
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Grundriss Erdgeschoss: Längs der Schwaneckstraße
wird die Typologie der neun Stadthäuser sichtbar.
Grundriss 1.Obergeschoss
Grundriss 2. Obergeschoss
SCHWANEC
BRUDE
KSTRASSE
RHOFS
TRASS
E
Lageplan
URBA
NSTR
ASSE
Lageplan, Maßstab 1/2000
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PROJEKTDATEN
P LAN U N G Robert Meyer Architekten, Klenzestraße 38 / V, 80469 München,
Telefon 089 / 21 57 85-21, Fax -18, [email protected], www.RMArchitekten.de
Victoria von Gaudecker, Neurieder Straße 27, 82131 Gauting,
Telefon 089 / 21 57 94 05, [email protected], www.vongaudecker.de
B EAR B E IT E R Robert Meyer, Victoria von Gaudecker mit Tobias Karlhuber und
Michael Fischer
K U N ST Sabrina Hohmann, Quelle 1, 83646 Wackersberg, [email protected],
www.SabrinaHohmann.de, Mitarbeit: Verena Boiger
AU FT R AG G EBE R Südhausbau Verkaufsgesellschaft mbH, Görresstraße 2, 80798 München,
www.suedhausbau.de, Ansprechpartner: Herr Kai Morgenstern, Telefon 089 / 27 27 42 52
B ES C HR E I B U N G Neubau eines Wohnhauses mit 69 Wohnungen und einer Tiefgarage
mit 75 Stellplätzen
O RT 81371 München, Urbanstraße 11
KO ST E N 9,6 Mio. € netto (KG 300 / 400)
VO L U M E N BGF 9.650 m² oberirdisch, WF 7.100 m² oberirdisch
B E AUFT R AG U N G Leistungsphasen 1 – 4, 5 (Regeldetailplanung) nach HOAI
Z EI T R AU M 03 / 2006 – 06 / 2009 (Fertigstellung)
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el:ch Landschaftsarchitekten
Ingenieurbüro Hörmann & Bosch
TEC HN IS CH E AU S R Ü ST U N G Teuber + Viel Ingenieurgesellschaft
VO RB EUGEND ER B R A ND S C H UTZ Karl Lesnik
V ER M ES S UNG GEOSYS° - IB Eber
W ER K PLA NUNG CAD Planpartner
B AU L EITUNG SPP Sturm, Peter + Peter
S C HA LLS C H UTZ Möhler + Partner
LA ND S C H AF T
TR AG W E R K / E N EV
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PERSONEN
VI CTORIA VON G AUDECKER
S A B R INA H O HM A NN
RO BE RT M EY ER
1968
1988
1991 / 97
1966
1985
1986
1987 / 93
1964
geboren in Freising
1984 / 89 Studium der Architektur an der Fachhochschule
Augsburg, Diplom
1990 / 92 Aufbaustudium Architektur an der Akademie der
Bildenden Künste München, Klasse Prof. Erich SchneiderWessling, Prof. Otto Steidle
1992
Gründung des eigenen Architekturbüros in München
1992 / 94 Projektpartner bei Prof. Otto Steidle, München
1994
Mitarbeit bei Massimiliano Fuksas, Rom
1995
Rückkehr nach München, Weiterführung des eigenen
Architekturbüros
geboren in Hannover
Bauzeichnerlehre
Studium Architektur:
Bauhaus Universität Weimar,
Politecnico di Milano bei Prof. Giorgio Grassi,
Virginia Tech University / Alexandria, Washington DC
1997
eigenes Architekturbüro in Haunetal
2000 / 05 Projektleiterin bei Prof. Adolf Krischanitz, Wien
seit 2005 eigenes Architekturbüro in München
seit 2005 akademische Mitarbeiterin an der Universität Stuttgart
bei Prof. Arno Lederer
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geboren in Ulm
Abitur in München
Köchin auf dem Großsegler „Thor Heyerdahl“
Studium der Bildhauerei an der Akademie der bildenden
Künste, München
1990 / 91 Studentenvertretung der Akademie der bildenden
Künste, München
1993
Diplom, seither freischaffende Künstlerin
1994 / 00 freie Mitarbeit im Kinderforum van de Loo
1997
Arbeitsaufenthalt in Japan
2001
Atelier in Wackersberg/Obb.
2003
Arbeitsaufenthalt in Mexiko
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DAN K E FÜR D IE F R E U N D LICH E UNTERSTÜTZUNG
Ottmann GmbH & Co.
Südhausbau KG
Görresstraße 2
80798 München
Telefon 089 / 27 27 42 77
[email protected]
www.suedhausbau.de
StoVerotec GmbH
Hanns-Martin-Schleyer-Straße 1
89415 Lauingen/Donau
Telefon 09072 / 990 - 0
Telefax 09072 / 990 - 117
[email protected]
www.stoverotec.de
GEOSYS° - IB Eber
Landsberger Straße 155/1
80687 München
Telefon 089 / 20 18 26 44 0
[email protected]
www.geosys-eber.de
Teuber + Viel
Ingenieurgesellschaft mbH
Eversbuschstraße 194b
80999 München
Telefon 089 / 89 26 29 - 0
[email protected]
www.teuber-viel.de
ISOMA GmbH
Parkweg 6
83137 Schonstett
Telefon 08055 / 905 40
[email protected]
www.haustechnik-isoma.de
Käuferle GmbH & Co. KG
Robert Bosch Straße 4
86551 Aichach
Telefon 08251 / 90 05 - 0
[email protected]
www.kaeuferle.de
Möhler + Partner
Paul-Heyse-Straße 27
80336 München
Telefon 089 / 54 42 17 - 0
[email protected]
www.mopa.de
Stadler Treppen
Postfach 1554
88344 Bad Saulgau
Telefon 07581 / 50 50
[email protected]
www.stadler.de
Thaler GmbH
Schulweg 11
85301 Güntersdorf /
Schweitenkirchen
Telefon 08444 / 72 61
[email protected]
Vukavin & Vincek
Ilmstraße 1
85579 Neubiberg
Telefon 089 / 688 84 68
vukavin-vincek-gmbh@
t-online.de
www.vukavin-vincek.de
WEPA Bau GmbH
Hohenbrunnerstraße 14c
85579 Neubiberg
Telefon 089 / 60 01 94 - 24
Telefax 089 / 60 01 94 - 25
[email protected]
Dr.-Ing. A. Schubert
Werner-von-Siemens-Straße 17
82140 Olching
Telefon 08142 / 490 00
[email protected]
www.dr-schubert-geotec.de
Hörmann und Bosch GmbH
Hörmann und Bosch GmbH
Stefan George Ring 6
81929 München
Telefon 089 / 99 30 93 - 0
[email protected]
50
CAD Planpartner
Langbehnstraße 9
83022 Rosenheim
Telefon 08031 / 28 44 0
[email protected]
www.cad-planpartner.de
Firma H. Harrer
Postfach 1340
84343 Pfarrkirchen
Telefon 08561 - 233 80
[email protected]
www.harrer-metallbau.de
Grebien GmbH
Freilandstraße 4
82194 Gröbenzell
Telefon 08142 / 510 03
[email protected]
www.dachdeckerei-grebien.de
HAUSEGGER GMBH
Theodor-Fischer-Straße 105
80999 München
Telefon 089 / 812 94 28
Telefax 089 / 812 95 49
[email protected]
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52
53
B IL D N ACH W E I S
S. 26, S. 29, S. 35, S. 36, S. 43
S. 2/3, S. 4/5, S. 12, S. 14, S. 16
STE FAN M Ü L L E R -N AU M ANN S. 38, S. 45
LOTH AR R E I C HE L S. 49 rechts
F R AN K SAU E R S. 15, S. 17, S. 18/19, S. 20, S. 21 links, S. 22 links, S. 23, S. 24, S. 32, S. 34, S. 37
alle anderen Abbildungen von den Architekten
MI C HAEL H E I N R I CH
S ABRIN A H O HM A N N
U M S C H L AG
Gipsmodell Wettbewerbsbeitrag von Sabrina Hohmann
IMPR ES S U M
Diese Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung „SteinZeit“ in der
Architekturgalerie München vom 4. – 26. September 2009.
Türkenstraße 30, 80333 München, www.architekturgalerie-muenchen.de
Robert Meyer, Victoria von Gaudecker, Sabrina Hohmann
G E STA LT U N G Christine Bernard
D R U C K Holzer Druck und Medien
G ES AM TH E RST E L L U N G ea Edition Architektur, Christine Bernard und Jan Esche
H E R AU S G EB E R
© 2009 ea Edition Architektur, München
www.edition-architektur.de
ISBN 978-3-941145-06-1
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