Bau und Boden Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades einer Diplom-Umweltwissenschaftlerin an der Universität Koblenz-Landau Fachbereich 3: Mathematik / Naturwissenschaften vorgelegt am 30.09.2010 von Bettina Stock geb. am 24.08.1964 Referent: Prof. Dr. Armin Skowronek Korreferent: Prof. Dr. Jörg Rinklebe Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 2 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Dank Mein besonderer Dank gilt meinem Referenten, Herrn Prof. Dr. Armin Skowronek, Universität Bonn, sowie meinem Korreferenten Prof. Dr. Jörg Rinklebe, Bergische Universität Wuppertal. Beide haben im Dienst der Sache Bodenschutz spontan die Betreuung meiner Arbeit zugesagt. Unkompliziert und in äußerst angenehmer Weise haben mir beide weitreichende Unterstützungen zukommen lassen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön. 3 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 4 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Inhalt 1 2 Einleitung ......................................................................................... 9 Globale und nationale Bodennutzung.......................................... 13 2.1 2.2 2.3 2.4 Bodenpotential in Bezug zur Weltbevölkerung.................................................................13 Flächeninanspruchnahme in Deutschland ........................................................................15 Bodenschutz im Bereich SuV .............................................................................................17 Aktueller Sachstand in Deutschland ..................................................................................17 Teil A Grundlagen 3 Bodenkundliche Grundlagen........................................................ 21 3.1 Einleitung ..............................................................................................................................21 3.2 Bodenzusammensetzung ....................................................................................................22 3.2.1 Mineralische Anteile ...........................................................................................................22 3.2.2 Organische Anteile.............................................................................................................30 3.2.3 Weitere Bodenanteile.........................................................................................................34 3.2.4 Wechselwirkungen der Anteile...........................................................................................40 3.3 Lebensraum Boden (Edaphon) ...........................................................................................42 3.4 Systematik, Verbreitung und Bewertung ...........................................................................44 3.5 Gefährdung der Bodenfunktionen......................................................................................45 3.5.1 Einleitung............................................................................................................................45 3.5.2 Stoffliche Gefährdung ........................................................................................................46 3.5.3 Nichtstoffliche Gefährdung.................................................................................................54 3.6 Bodenkundliche Erfordernisse ...........................................................................................57 4 Rechtliche Grundlagen ................................................................. 59 4.1 Einleitung ..............................................................................................................................59 4.1.1 Bodenschutzrechtliche Grundlage auf EU-Ebene .............................................................59 4.1.2 Vorgaben durch das Grundgesetz (GG) ............................................................................60 4.1.3 Verhältnismäßigkeit des BBodSchG zu anderen Gesetzen ..............................................60 4.2 Gesetzliche Regelungen des mittelbaren Bodenschutzes ..............................................62 4.2.1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) ..........................................................62 4.2.2 Wasserrecht (WHG)...........................................................................................................64 4.2.3 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) .............................................................................65 4.2.4 Raumordnungsgesetz (ROG) ............................................................................................67 4.2.5 Baugesetzbuch (BauGB) ...................................................................................................68 4.2.6 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)...................................................69 4.2.7 Haftungs- und Strafrecht ....................................................................................................69 4.2.8 Musterbauordnung (MBO) .................................................................................................72 4.2.9 Abgrabungsgesetz .............................................................................................................73 4.3 Gesetzliche Regelungen des unmittelbaren Bodenschutzes ..........................................73 4.3.1 Begriffe und Grundlagen (BBodSchG)...............................................................................73 4.3.2 Materieller Maßstab (BBodschV) .......................................................................................76 4.3.3 Ersatzbaustoffverordnung ..................................................................................................80 4.3.4 Landeswassergesetz - NRW..............................................................................................82 4.4 Untergesetzliche Regelungen .............................................................................................82 4.4.1 Einleitung............................................................................................................................82 4.4.2 Umweltministerkonferenz (UMK) .......................................................................................82 4.4.3 Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)............................................90 4.4.4 Deutsches Institut für Normung (DIN) ................................................................................91 4.4.5 Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) ............................98 4.4.6 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV).................................101 4.4.7 Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt)............................................................................103 4.4.8 Weitere Organisationseinheiten, Verbände .....................................................................103 4.4.9 Öffentliche Verwaltung .....................................................................................................105 4.5 Beispiel Schweiz.................................................................................................................107 4.5.1 Beurteilungsmethode .......................................................................................................107 4.5.2 Gegenüberstellung von Beurteilungsvorschlägen ...........................................................111 4.6 Rechtliche Erfordernisse ...................................................................................................112 5 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 5 Geo- und bautechnische Grundlagen ........................................ 115 5.1 Einleitung ............................................................................................................................115 5.2 Bodenmechanik..................................................................................................................116 5.2.1 Baugrunderkundung.........................................................................................................116 5.2.2 Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Böden .............................................121 5.3 Grundbau ............................................................................................................................137 5.4 Erdbau .................................................................................................................................138 5.4.1 Einführung ........................................................................................................................138 5.4.2 Grundlagen ......................................................................................................................139 5.4.3 Lösen und Laden .............................................................................................................144 5.4.4 Fördern bzw. Transportieren............................................................................................144 5.4.5 Einbauen ..........................................................................................................................145 5.5 Garten- und Landschaftsbau ............................................................................................145 5.6 Erfordernisse ......................................................................................................................145 Teil B: Maßnahmen 6 Bodenschutz in der baulichen Praxis ........................................ 151 6.1 Einleitung ............................................................................................................................151 6.2 Grundsätze..........................................................................................................................153 6.3 Raumordnung, Bauleitplanung.........................................................................................155 6.4 Grundlagenermittlung, Projektvorbereitung ...................................................................156 6.5 Entwurfsplanung ................................................................................................................157 6.6 Ausführungsplanung .........................................................................................................158 6.7 Vergabe ...............................................................................................................................160 6.8 Ausführung .........................................................................................................................161 6.8.1 Einleitung..........................................................................................................................161 6.8.2 Grundsätze.......................................................................................................................162 6.8.3 Baufeldfreimachung / -vorbereitung.................................................................................163 6.8.4 Baustelleneinrichtung.......................................................................................................163 6.8.5 Abfälle ..............................................................................................................................166 6.8.6 Baustoffe ..........................................................................................................................167 6.8.7 Umgang mit Bau- und Bauhilfsstoffen .............................................................................167 6.8.8 Erdarbeiten.......................................................................................................................168 6.8.9 Ansaat ..............................................................................................................................173 6.9 Sonderthemen ....................................................................................................................174 6.9.1 Versiegelung ....................................................................................................................174 6.9.2 Erdverlegte Abwasserleitungen .......................................................................................175 6.9.3 Kampfmittelräumung ........................................................................................................175 6.9.4 Regenerative Energie ......................................................................................................176 Teil C: Erfordernisse 7 Handlungsbedarf ......................................................................... 183 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 8 9 Zusammenfassung und Ausblick............................................... 195 Verzeichnisse............................................................................... 199 9.1 9.2 9.3 9.4 6 Einleitung ............................................................................................................................183 Ordnungsrechtliche Instrumente......................................................................................185 Ökonomische Instrumente ................................................................................................187 Suasorische Instrumente ..................................................................................................189 Zusammenfassung.............................................................................................................193 Abkürzungsverzeichnis .....................................................................................................199 Bildverzeichnis ...................................................................................................................201 Tabellenverzeichnis ...........................................................................................................202 Literaturverzeichnis ...........................................................................................................203 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Anhang Anhang 1: Weltkarte „Soil Production Index“ Anhang 2: Typische Landböden Deutschlands Anhang 3: Böden in den Bodenregionen Deutschlands Anhang 4: Arbeitshilfe für die Bodenansprache, Datenblatt Anhang 5: Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke (Auszug aus DIN 18196) 7 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 1 Einleitung Boden bietet neben Wasser und Luft als drittes Umweltmedium die wesentliche Grundlage unseres Lebens. Die Notwendigkeit des Schutzes der Naturgüter Wasser und Luft hat in der Zwischenzeit den Weg in unser aller Bewusstsein und zum Großteil auch in unseren Alltag gefunden. Wir fordern saubere Luft und wir investieren nicht unwesentlich z. B. in der Abgasüberwachung dafür. Wir reagieren verunsichert auf Verunreinigungen unserer Trinkwasserquellen und die Behörden werden beim Auftreten von solchen umgehend tätig. Für das Medium Boden ist dieses Bewusstsein noch nicht sehr ausgeprägt. Es zu stärken ist sicher kein leichtes Vorhaben in Zeiten, in denen der wörtlich zu nehmende Bodenkontakt immer mehr verloren geht. Boden erfüllt als Naturkörper vielfältige Funktionen im Naturkreislauf. Neben den vordergründigen biologischen Funktionen als Medium für Pflanzenwachstum und Lebensraum für Tiere und andere Organismen wirkt er abiotisch als Filter und Puffer, als Transformator, aber auch als Speicher und Quelle. Als offenes System tritt er in Wechselwirkung zu Luft (Gasen) und Wasser (Flüssigkeiten)1. Er wird durch Klima und Mechanik beeinflusst. Viele Wechselwirkungen sind lebensnotwendig für die Umwelt, viele auch für den Boden selbst. Boden in seiner Gesamtheit ist mit einem lebendigen Organismus vergleichbar. Boden reagiert als hoch komplexes Medium1 auf jeden noch so kleinen Einfluss, sei er positiv oder negativ. Durch die Pufferwirkung des Bodens wird eine Schädigung häufig erst offensichtlich, wenn eine oder mehrere Bodenfunktionen oder der ganze Boden unwiederbringlich zerstört sind. Hält man sich dagegen vor Augen, dass die Bildung eines Meters Boden 20.000 bis 200.000 Jahre dauert2, so kann man erahnen, welche (Für-)Sorge wir auch diesem Medium dringend entgegen bringen sollten. Bodenschutz ist in Deutschland seit dem 1. März 1999 im „Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes- Bodenschutzgesetz – BBodSchG)“ gesetzlich verankert. In der Folge haben sich nachgeordnete Normen und Regelwerke aus unterschiedlichster Veranlassung etabliert. Manches wurde durch jüngere Rechtssprechung auch in Frage gestellt (vgl. 4.4.2 unter „Mitteilung M 20“). Die betroffenen Akteure sind dadurch verunsichert. Der Gesetzgeber ist aktuell aufgefordert für Klarheit zu sorgen. Die bestehenden Regelungen beziehen sich im Schwerpunkt auf die Vorbeugung und Beseitigung von stofflichen Verunreinigungen des Bodens. Darüber hinaus besteht aber 9 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes weiterer Informations- und Regelbedarf. So wurde in der Land- und Forstwirtschaft die flächenhafte Degradierung der Böden durch ihre Bewirtschaftung – gerade im nichtstofflichen* Bereich – erkannt und man ist um Gegenmaßnahmen bemüht. (z. B. mit Hilfe der so genannten Cross Compliance Vereinbarungen).3,4 Außerhalb der Land- und Forstwirtschaft sind vergleichbare Bemühungen nur in Ansätzen erkennbar. Diese, beim Beschäftigen mit dem Thema Bodenschutz gemachten Beobachtungen zeigen, dass der Schutz des Mediums Boden – im Vergleich zu anderen Umweltmedien – noch in den Kinderschuhen steckt. Boden wird u. a. als Baugrund für Siedlung und Verkehr (SuV) genutzt. Einerseits werden heute bereits wichtige Diskussionen über das Maß der sogenannten „Flächeninanspruchnahme“ geführt.5 Anderseits wird eine solche aber auch in Zukunft nicht völlig vermeidbar sein. Durch Baumaßnahmen werden diese „in Anspruch genommenen“ Böden grundlegend beeinflusst, in unterschiedlichem Maß negativ verändert oder völlig zerstört. Aber Teilbereiche dieser SuV-Flächen können und sollen im Nachhinein wieder natürliche Funktionen übernehmen. Nicht selten liegt die Ursache der Zerstörung in der Unkenntnis der Beteiligten über Bodenfunktionen, deren Schutzwürdigkeit und Schutzmöglichkeiten. Die Praxis zeigt, dass die Umsetzung des Bundes-Bodenschutzgesetzes mit all seinen Möglichkeiten noch nicht in allen Bereichen – eben auch nicht im Bereich von Baumaßnahmen – Realität geworden ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob das Bundes-Bodenschutzgesetz inklusive der aktuellen Rechtsauslegungen bereits als Optimum der Möglichkeiten gesehen werden soll. Ein Blick über die Grenze, z. B. in die Schweiz oder nach Großbritannien zeigt, dass mehr möglich ist. Die Diskussionen in Deutschland über Sinn und Möglichkeiten sowie das Maß vorbeugender Bodenschutzmaßnahmen, gerade im nichtstofflichen Bereich, sind noch relativ jung. Eine Erkenntnissteigerung bezüglich bodenrelevanter Zusammenhänge und eine Entwicklung des Bewusstseins für Boden und Bodenschutz wird daher – gerade auch im Baubereich – für dringend notwendig erachtet. Ein Hemmnis für ein gesteigertes Bewusstsein wird in der Abgegrenztheit der Fachbereiche (bodenkundlich - rechtlich - planerisch - bautechnisch), dem daraus hervorgehenden abgegrenztem Spezialwissen Einzelner und den darauf bezogenen unterschiedlichen Beurteilungskriterien für das Gut Boden gesehen. Diese Arbeit versteht sich als Grundlage zur Vermittlung dieses bodenkundlichen, rechtlichen, planerischen und bautechnischen Basiswissens bezüglich Bodeneingriffe im Zuge von Baumaßnahmen mit dem Blick auf vorbeugenden Bodenschutz sowohl gegenüber stofflich als auch nichtstofflich bedingten möglichen Schädigungen. Dabei * nichtstofflich: Bodenschädigungen bzw. Degradierung, die nicht durch stoffliche Einträge bedingt sind sondern z. B. physikalisch durch Verdichtung. 10 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes wird das Ziel verfolgt, die vorhandenen Wissenslücken zu schließen und ein Querschnittsdenken im Sinn der Umweltwissenschaft zu fördern. Der Schwerpunkt der Ausführungen soll in der Vorbeugung gegen Gefügeschäden des Bodens (verursacht z. B. durch Umschichtung und Verdichtung) liegen. Allen Beteiligten soll damit ein Einblick in die jeweils anderen Fachdisziplinen gewährt werden, um eine Grundlage für gegenseitiges Verständnis und konstruktive Diskussion zu schaffen. Denn nur bei konsequenter Zielverfolgung in gegenseitiger Toleranz der Beteiligten wird ein dem Boden dienendes, optimales Ergebnis zu erreichen sein, welches dem Zweck des baulichen Eingriffes nicht widerspricht. Im Folgenden sollen hierfür die Grundlagen zusammengestellt und bewertet sowie Anstoß für weitere Diskussionen geliefert werden. Bei den Ausführungen ist der Blick auf baurelevante Aspekte fokussiert. Im Einzelnen wird nach einer einleitenden Darstellung der Bodenbedeutung für den globalen und nationalen Nutzen (Kap. 2) zunächst der Boden aus naturwissenschaftlicher Sicht mit seinen relevanten Wechselwirkungen betrachtet (Kap. 3). Nach diesem Kapitel folgt eine Aufzählung und Einschätzung der aktuellen bodenbezogenen rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland (Kap. 4). In Kapitel 5 wird die Sicht der Geo- und Bautechnik auf den Boden beschrieben. Die bis hierhin zusammengestellten Erkenntnisse werden anhand des Ablaufes baulicher Projekte auf die Praxis bezogen (Kap. 6) und mögliche Maßnahmen zur Sicherstellung eines vorbeugenden Bodenschutzes im Zuge einer Baumaßnahme vorgestellt. In den genannten Kapiteln werden jeweils themenbezogen Erfordernisse zur Weiterentwicklung einer bodenschonenden Bauabwicklung formuliert. Abschließend (Kap. 7) gilt es, sowohl politische als auch privatwirtschaftliche und private Handlungsmöglichkeiten zu identifizieren, um dem Bodenschutz im Zuge von Baumaßnahmen für die Zukunft auch in Deutschland den notwendigen Stellenwert zu geben. Grundsätzlich ist einleitend anzumerken, dass durch die Betrachtung des Themas „Bau und Boden“ aus unterschiedlichen fachlichen Blickwinkeln eine Informationsfülle beinhaltet, welche im Rahmen dieser Arbeit nicht abschließend behandelt werden kann. Wesentliches Ziel ist daher, Randbedingungen und Einflüsse zu benennen und auf Problematiken hinzuweisen. Im Einzelnen muss auf Fachliteratur (vgl. Literaturverzeichnis) verwiesen werden. Für die Praxis wird die Hinzuziehung entsprechender Fachkräfte empfohlen. 11 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 2 Globale und nationale Bodennutzung 2.1 Bodenpotential in Bezug zur Weltbevölkerung Nur 29,1 %6 der Erdoberfläche (510,072 Mio. km²) sind nicht mit Wasser bedeckt. Das sind 148.94 Mio. km². Lediglich 11,61 %6 dieser Landfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Mit 17,29 Mio. km² sind das gerade 3,34 % der gesamten Erdoberfläche. Die übrigen 88.38 % (Mio. km²) dieser Landfläche sind mit Weide- und Grasland, mit Forst und (Ur-) Wald oder mit Gebäuden und Verkehrswegen bedeckt oder sie sind unfruchtbares Ödland.6 Mrd. km² % Erde Wasser Land Andere als Ertragsflächen Ertragsfläche 510,072 361,132 148,94 131,65 17,29 100 70,9 29,1 25,76 3,34 Tabelle 1: Erdoberflächen und deren Nutzung in Flächen- und Prozentanteile 6 11,62% Ertragsfläche 29,10% Land 70,90% Wasser Bild 1: Wasser- und Landanteil an der Erdoberfläche 6 88,38% andere Flächen Bild 2: Anteil Landfläche der Ertragsfläche an der 6 13 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Im Jahr 2000 mussten 6,8 Mrd. Menschen7, auf dieser Erde ernährt werden, und ihre Zahl wächst weiter. Die “Food and Agriculture Organization of the United Nation” (FAO) schätzte, dass 1,02 Mrd. Menschen8 im Jahr 2009 an Unterernährung litten, das wäre fast jeder siebte Bewohner dieser Erde. 10 9 Mrd. Menschen 8 7 6 5 4 3 2 1 0 1810 1860 1910 1960 2010 2060 Jahr 6 Bild 3: bisherige Wachstum der Weltbevölkerung sowie Prognose bis 2050 7 Auch wenn man berücksichtigt, dass diese Zahlen nur Näherungswerte sein können, machen sie dennoch die Dimensionen und damit die Problematik deutlich: mit nicht einmal 3,5 % der Erdoberfläche sollen bis zum Jahr 2025 über 8 Mrd.7 Menschen mit Agrarprodukten ernährt werden! Der Zusatzfaktor Klimawandel ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Bereits 1974 wurde durch die FAO bei der Suche nach Reserven für Ackerflächen festgestellt, dass es keine solchen Reserven gibt1 (S.298). Sicher gibt es viele Ansatzmöglichkeiten die Versorgung zu optimieren oder gar künstliche Ersatzflächen zu schaffen.* Aber auch wenn diese hier nicht im Einzelnen mit ihren Potentialen und Nachteilen diskutiert werden können, wird in der Konsequenz offensichtlich, dass gerade wir in Deutschland mit einem hohen bis sehr hohen Bodenproduktionspotenzial es uns nicht mehr leisten können mit der Ressource Boden beliebig umzugehen. (s. Anhang 1: Weltkarte “Soil Production Index“).9 * zur Vollständigkeit sei an dieser Stelle auf die jüngsten Entwicklungen verwiesen, landwirtschaftliche Produktionsstätten auf Basis künstlicher Substrate in Etagen übereinander zu legen. Diese ermöglichen zwar pflanzliche Nahrungsmittelproduktion, haben aber mit natürlichen Bodenfunktionen nichts gemein. 14 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 2.2 Flächeninanspruchnahme in Deutschland Deutschland liegt in einem geologisch, klimatisch und daher pedologisch günstigen Bereich. Hier wird die Bodenproduktivität im weltweiten Vergleich – ohne Berücksichtigung der Intensität der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung – in mittel bis maximal eingestuft.9 Dennoch erlauben wir uns weiterhin, fruchtbarste Ackerböden für Siedlung und Verkehr (SuV) über das absolut notwendige Maß hinaus zu nutzen und mit Gebäuden und Straßen zu überbauen. In der Konsequenz werden natürlichen Funktionen dieses Bodens geschädigt oder der Boden völlig zerstört. 2% 0,5% 1% 13% Wasserfläche Abbauland Andere Flächen 53,5% SuV 30% Waldfläche Landwirtschaftliche Fläche Bild 4: Flächennutzungsanteile in Deutschland im Jahr 2008 10 Der Begriff „Siedlung und Verkehr“ ist definiert als die Summe der Flächen für „Gebäude- und Freiflächen, Betriebsflächen (ohne Abbauland), Erholungsflächen, Verkehrsflächen, Friedhöfe“10. Die Fläche ist also nicht gleich zu setzen mit „versiegelter Fläche“.* 10 Nicht enthalten sind bergbauliche Abbauflächen (Tagebau). In Deutschland werden über 50 % der Gesamtfläche landwirtschaftlich genutzt. Auf Siedlung und Verkehr (SuV) entfallen ca. 13 % der Fläche.10 Bodenfläche davon insgesamt Siedlungs- und davon Verkehrsfläche Gebäude- und Freiflächen Betriebsfläche Erholungsfläche Verkehrsfläche Friedhof zusammen darunter zusammen darunter zusammen darunter Wohnen Gewerbe, Grünanlage Straßen Industrie Wege Plätze 357 111 47 137 24 416 11 732 3 229 787 3 787 2 491 17 790 15 683 357 100 % 13,2 6,8 3,3 0,9 0,2 1,1 0,7 5,0 4,4 0,1 Tabelle 2: Flächenverteilung der SuV-Flächen in Deutschland im Jahr 2008 in km² * 10 überbaute oder befestigte Fläche (z. B. mit Teer oder Pflaster) 15 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Die Umnutzung von „Boden in seinen ökologischen Funktionen“5 (naturbelassene oder landwirtschaftlich genutzte Flächen) für Siedlung und Verkehr (SuV) bezeichnet man als „Flächeninanspruchnahme“.5 Häufig wird auch der nicht korrekte Begriff „Flächenverbrauch“ verwendet. In Deutschland geht die stetig fortschreitende Flächenumnutzung in SuV in den meisten Fällen zu Lasten landwirtschaftlich genutzter Fläche.11 (S 32) 11 Quelle: Bild 5: Tägliche Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland = zusätzliche tägl. Flächeninanspruchnahme. Rückblickend haben sich die SuV in den letzten sechzig Jahren mehr als verdoppelt.12 Aus der Grafik ist ersichtlich, dass die Flächeninanspruchnahme, errechnet als Vierjahresmittel, seit der Jahrhundertwende stetig, aber langsam sinkt. Für das Jahr 2008 liegt der Einzelwert bei 95,08 ha/Tag.(errechnet aus 10) Ziel der Bundesregierung ist die Verminderung der Flächeninanspruchnahme für SuV auf 30 ha/Tag im Jahr 2020.13 Vergleichende Betrachtungen des Faktors „Flächeninanspruchnahme“ mit anderen Ländern sind nicht direkt möglich, da die Randbedingungen wie Bevölkerungsdichte, Bevölkerungswachstum, Klimata und Bodenverhältnisse aber auch Wirtschaftsentwicklungsfaktoren des Landes mit zu berücksichtigen sind. Dennoch kann für Deutschland bei rückgängigem Bevölkerungswachstum und unter Berücksichtigung der übrigen Faktoren auch 30 Hektar pro Tag Neuinanspruchnahme noch immer als großzügig betrachtet Berechnungsverfahren zu diskutieren, Neuinanspruchnahme stellen. 16 werden. In diesem Zusammenhang wären welche renaturierte SuV-Flächen in Abzug zur Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 2.3 Bodenschutz im Bereich SuV Zunächst muss deutlich gemacht werden, dass mit dem Begriff „Fläche“ lediglich eine theoretische, mathematische Größe betrachtet wird. Hierbei wird nicht berücksichtigt, dass dieser Fläche in der Natur bereits Funktionen zugeordnet sind. Im Fall der Neugewinnung von SuV dient diese Fläche in der Regel vorher der Landwirtschaft und repräsentiert in der Realität Boden mit mindestens durchschnittlicher Qualität. Die Fläche wird im Fall der Nutzung in SuV zwar in Anspruch genommen, der dort vorhandene Boden in der Regel allerdings degradiert bis zerstört. Konsequenterweise ist das als Bodenverbrauch zu bezeichnen. Nach Berechnungen des Umweltbundesamts (UBA)11 entfallen rund 90 % der neu beanspruchten SuV auf Neubesiedlung. Diese beinhalten neben den Gebäuden Erholungsflächen und Friedhöfe sowie die Hälfte der statistisch ausgewiesenen Verkehrsflächen, nämlich den Anteil, welcher für Erschließungszwecke genutzt wird.14 Nur ca. 50 % des vorhandenen Bodens werden – im Allgemeinen nach Abtrag der obersten Schichten – tatsächlich überbaut.11 (S. 32) Die anderen 50 % des in Anspruch genommenen Bodens, in den letzten Jahren ca. 50 Hektar/Tag, werden zwar der SuV zugerechnet, sind faktisch aber weiter frei zugänglicher Boden (Erdreich) und werden in der Regel als Garten-, Grün- und Erholungsfläche genutzt. Der Boden dieser SuV-Flächen sollte trotz Baumaßnahme für die Erfüllung seiner ökologischen Funktionen so weit wie möglich erhalten bleiben. Darüber hinaus werden durch Baubetrieb Flächen beansprucht, welche nach Abschluss der Baumaßnahme nicht den SuV zugerechnet werden, sondern meist der landwirtschaftlichen Nutzung wieder zugeführt werden. Diese Flächen werden während der Arbeiten für Bauverkehr und Lagerfläche benötigt oder auch für unterirdische Bauten (offener Leitungsbau). Sie werden anschließend für eine landwirtschaftliche Nutzung wieder hergestellt. Es lohnt sich also – alleine mengenmäßig – diese und die vorgenannten, nicht überbauten SuVFlächenanteile zum Erhalt der natürlichen Bodenfunktionen zu schützen. Diesem Ziel soll diese Arbeit dienen. 2.4 Aktueller Sachstand in Deutschland Bereits heute regeln verschiedenste Normen (Gesetze, Verordnungen, Regelwerke) den Umgang mit (Mutter-) Boden, Erdbewegungen und Boden(wieder)verwendung. Jedoch besteht die berechtigte Vermutung (vgl. Schweiz), dass für den Bodenschutz im Zuge von Baumaßnahmen mehr getan werden kann. Durch die Betrachtung der unterschiedlichen Aspekte einer Baumaßnahme – von den ersten Vorüberlegungen über die Planung, die Durchführung bis zur Nachsorge – mit den Augen eines Bodenkundlers können so mögliche weitere Ansatzpunkte für Verbesserungen identifiziert werden. 17 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Einige Bundesländer und Kommunen haben diesen Sachverhalt erkannt und sind bereits bemüht, den Boden im Zuge von Baumaßnahmen vermehrt zu schützen. Es wurden Hinweise formuliert, Kriterien bestimmt und Regeln aufgestellt, welche über Merkblätter und Web-Auftritte kommuniziert werden. Der Bundesverband Boden (BVB) möchte dieses Problem grundlegend angehen und hat 2009 einen Arbeitskreis „Bodenkundliche Baubegleitung“ ins Leben gerufen. Der Arbeitskreis hat sich zum Ziel gesetzt, ein Informationspapier für am Bau Beteiligte zu erstellen und fordert einen Bodenkundlichen Baubegleiter nach Schweizer Vorbild. Im Rahmen dieser Gremienarbeit hat die Autorin Interessensvertreter der Bauplaner und Bauausführenden aufgerufen, ihr Wissen in die Arbeit einzubringen und eigene Anliegen zu vertreten. Zusammengefasst wird aber im Ergebnis durch die Antworten bestätigt, dass unter den Bauplanern und Ausführenden, also den Personen, welche das Maß des Eingriffes in den Boden bei Baumaßnahmen wesentlich mitbestimmen, mit Stand 2009 in der Regeln nicht die Notwendigkeit gesehen wird, das Thema Bodenschutz im Zuge von Baumaßnahmen zu diskutieren. Es herrscht die Überzeugung, mit dem Einhalt der bestehenden Regelungen und der üblichen Praxis sei alles Notwendige getan. Dieser Betrachtungsweise scheint auch die Bundesregierung zu folgen, so vermittelt es der „Zweiten Bodenschutzbericht der Bundesregierung“.28 Während Entwicklungsmöglichkeiten zum vorbeugenden Bodenschutz im nicht stofflichen Bereich in der Land- und Forstwirtschaft genannt werden, fehlt Vergleichbares im Baubereich. Im Grundansatz wird zwar eine nachhaltige Siedlungsentwicklung angestrebt, diese ist aber „darauf angelegt, Eingriffe in Natur und Landschaft zu vermeiden oder auszugleichen.“28 Im Siedlungsbereich selbst ist Bodenschutz im Sinn dieser Arbeit jedoch kein Thema. Darüber hinaus ist Begriff „Ausgleich“ nur juristisch und nicht pedologisch zu verstehen. Speziell das Schadbild „Verdichtung“ wird in Kapitel 4.1.5.2 des Bodenschutzberichtes wiederum auf die Bereiche Land- und Forstwirtschaft bezogen. Hierzu hat das Umweltbundesamt umfangreiche Forschungen betrieben, welche jedoch noch nicht die Reife zur Aufnahme in die BBodSchV erlangt haben.28, Seite 30 18 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Teil A: Grundlagen 19 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 20 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 3 Bodenkundliche Grundlagen 3.1 Einleitung „Nur was man kennt schützt man.“ Dieser so oder in Varianten, gerade von Umweltschützern viel zitierte Satz, ist nicht zu bestreiten. Die Basis jedes Verstehens ist das Wissen. Im Folgenden werden daher die Grundlagen bodenkundlichen Wissens in Kurzform und zum Teil ausschnitthaft dargestellt, um einen Einblick in die Zusammensetzung, Funktionen und Wechselwirkungen des Bodens zu geben. Durch die Darstellung soll nachvollziehbar werden, durch welche Handlungen bei Baumaßnahmen Bodenschädigungen geschehen und wie diese vermieden werden können. Boden ist nicht schlicht ein Gemenge aus verschieden großen mineralischen und organischen Partikeln in unterschiedlichen Anteilen. Durch ein systembildendes Zusammenspiel physikalischer, chemischer und biologischer Vorgänge in Wechselwirkung mit umgebenden Milieus entsteht ein hoch komplexer aber auch sensibler Naturkörper mit seinem eigenen, aber nicht unabhängigen Ökosystem. Von besonderer Wichtigkeit erscheint die innere Struktur- und Gefügebildung in den unterschiedlichsten Maßstäben (von molekular bis sichtbar). Durch deren Bildung werden viele Vorgänge im Ökosystem Boden erst ermöglicht. Aufgrund ihrer Empfindlichkeit können sie durch Belastung und Erdbewegungen aber allzu leicht zerstört werden. Daher erscheint es zunächst notwendig, die Bestandteile des Bodens vorzustellen und auf dieser Basis die physikalischen, chemischen und biologischen strukturbildenden Vorgänge zu beschreiben. Begonnen wird mit den mineralischen Anteilen, deren Aufbau, Einteilung und Klassifizierung sowie den sich daraus entwickelnden speziellen, für viele Bodeneigenschaften verantwortlichen, besonderen Strukturen (Tonminerale). Es folgt die Beschreibung der organischen Bodenanteile und deren besondere Komplexbildung in Verbindung mit den mineralischen Anteilen (Ton-Humus-Komplex) sowie deren Bedeutung. Die Beschreibung der weiteren Bodenanteile wie Wasser und Gase und den, mit diesen einhergehenden Wechselwirkungen vervollständigen die Übersicht. Nach einer kurzen Vorstellung der Bodenorganismen aber auch der Bodensystematik, Verbreitung und Bewertung von Böden wird auf Basis des bisher Dargestellten auf die möglichen Gefährdungen des Bodens durch Baumaßnahmen eingegangen. 21 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 3.2 Bodenzusammensetzung 3.2.1 Mineralische Anteile Die mineralischen Bestandteile eines Bodens sind sein wesentliches Grundgerüst.15 auch für ff Sie bilden sich in Folge von Umwandlungsprozessen (Verwitterung) aus lokal zur Verfügung stehenden Gesteinen. Je nach Entstehungsgeschichte des Gesteines – ob magmatisch (Erstarrung aus einer Gesteinsschmelze), metamorphos (Umwandlung durch hohe Druck- und Hitzeeinwirkung) oder sedimentär Verfestigung (Ablagerung durch und Diagenese = Verfestigung unter niederer Druck- und Temperatureinwirkung) – bestimmen diese entsprechend ihrer Zusammensetzung im mineralischen Wesentlichen die Zusammensetzung und damit die physika- Bild 6: Kreislauf der Gesteinsumwandlung mit Einordnung der Böden. lischen und chemischen Eigenschaften des mineralischen Bodenanteils. Diese mineralischen Bodenbestandteile können wieder in gesteinsbildende Vorgänge eingebunden werden und erneut zu magmatischem, matamorphem oder sedimentärem Gestein umgestaltet werden. Auf Basis dieser erdgeschichtlichen Prozesse erklärt sich die Charakteristik der Böden in Abhängigkeit von den lokal vorzufindenden Gesteinen und umgekehrt. Verwitterung der Gesteine Gesteine sind natürliche Mineralgemenge aus unterschiedlichen Anteilen. Durch den Kontakt der Lithosphäre mit der Erdoberfläche und ihrer Wechselwirkung (offenes System) mit Luft (Atmosphäre), Wasser (Hydrosphäre) und Organismen (Biosphäre) werden umfassende physikalische, chemische und biotische Prozesse in Gang gesetzt. Die Gesteine werden von der Oberfläche her zersetzt, sie verwittern. Neben der Humifizierung (s. u.) ist die Verwitterung der wesentlichste bodenbildende Vorgang. Durch physikalische Vorgänge entstehen Spannungen im Gestein, die diese mechanisch zerkleinern. 22 Auslöser sind im wesentlichen Wurzeldruck, Temperaturunterschiede, Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Volumenzunahme von gefrierendem Wasser und bei Trockenheit auskristallisierende Salze. Aber auch mechanische Bewegung durch Wind, Wasser, Eis oder Schwerkraft bewirken weitere Zerkleinerung. Je kleiner das Gesteinskorn bereits ist, desto flächiger können chemische Prozesse angreifen. Sauerstoff oxidiert Mineralienbestandteile (vgl. Oxidation von Eisen zu Eisenoxid), Wasser löst Ionen aus dem Gefüge (Hydration). Im Einzelnen bewirken OH-- und H+-Ionen chemische Reaktionen mit Ionen der Mineralienoberflächen. Die Mineralien werden in kleinere Bestandteile zerlegt und chemisch umgebaut (eventuell nach Transport an andere Lokalität unter veränderten Umgebungsbedingungen, das bedeutet in verändertem chemischem Milieu). Saure oder basische Umgebung und Temperaturerhöhungen wirken in der Regel beschleunigend. Auch Organismen wirken zersetzend, indem sie z. B. schwache organische Säuren (z. B. Oxalsäure von Flechten) produzieren oder oxidativ wirken (z. B Mikroben). Diese Bedeutung der katalytischen Wirkung biotischer Vorgänge verdeutlicht die Darstellung von Versuchesergebnissen in folgender Tabelle. Eisen, Fe [mg] Aluminium, Al [mg] Mangan, Mn [mg] Komplexe Bodenmikroflora 160 100 220 steril 0,2 0,5 10 Versuch unter sterilen und natürlichen Bedingungen: aus 1 kg Granitgesteinsstücken wurden in 30 Tagen u. a. 15, Seite 42 die Metalle Fe, Al und Mn gelöst. Quelle: . Tabelle 3: Ergebnis eines vergleichenden Versuches So bewirken z. B. gezielte Wurzelausscheidungen die Lösung von Fe[III]-Oxid im umgebenden Boden und sichern dadurch die Eisenversorgung der Pflanze. Zusammensetzung der mineralische Anteile Um die wesentlichen Vorgänge, Wechselwirkungen und deren Bedeutung im Boden im Grundsatz zu verstehen, ist es notwendig die kleinsten Einheiten des Bodens zu betrachten: seine Moleküle. Die Gesteinsmassen der Erdkruste setzen sich nahezu zur Hälfte aus Sauerstoff, zu einem Viertel aus Silizium (Si) und im Übrigen aus Aluminium (Al), Eisen (Fe), Magnesium (Mg), Kalzium (Ca), Natrium (Na) und Kalium (K) zusammen. Die übrigen Neben- und Spurenelemente verteilen sich auf nur 2 Masse-%. Die Silikate, aufgebaut auf dem Basiselement Silizium, stellen damit den bedeutendsten Anteil der Minerale. 23 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Mg Ca 2% 5% Na K 2% 2% Sonstige 2% O Si Fe 5% Al O 47% Al 8% Fe Ca Mg Na K Sonstige Si 27% Bild 7: Anteile der Elemente an der Erdkruste in Masse-% (ca.-Angaben) Silikate In der Grundform besteht ein Silikat aus einem zentralen Silizium-Ion [Si4-] um welches sich vier Sauerstoff-Ionen [O-] positionieren. Das Siliziummolekül [SiO4]4- bildet die Form eines Tetraeders, die Basisform eines Silikates. Durch Aneinanderreihung solcher Tetraeder (Inselsilikat) über molekulare Verbindungen gemeinsam verwendeter O-Atome bilden sich Ketten (Kettensilikate). Die Ketten addieren sich zu Bändern (Bandsilikate) diese zu Schichten, welche sich zu dreidimensionale Stapel aufaddieren (Schicht- oder Blattsilikate). Sind die Tetraeder direkt dreidimensional mit weiteren Tetraedern vernetzt, bezeichnet man diese als Gerüstsilikate. Bild 8: links: Kettensilikat; Mitte: Bandsilikat; rechts Schichtsilikat 24 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Das Si4+-Ion im Kern des Tetraeder-Moleküls kann z. B. auch durch eine Al3+-Ion ausgetauscht werden. Es entstehen neue Grundstrukturen wie z. B. Oktaeder. Zum Ausgleich anteilig fehlender Ladungen werden weitere Kationen in die Strukturen eingebaut, welche in der Reihenfolge ihrer Bindungskraft austauschbar sind. Im Wesentlichen sind daran K+, Na+, Al3+, Fe2+, Fe3+, Mg2+ und Ca2+ beteiligt, es können aber auch Molekülgruppen angelagert werden. Dadurch ist eine Vielfalt an dreidimensionalen Strukturen möglich. In sich ladungsausgeglichene Schicht- und Blattsilikat-Schichten haften auch über sogenannte „van der Waal´sche Kräfte“ mit geringerer Bindungswirkung aneinander. Zwischen den Schichten können sich aber auch Kationen- oder Hydroxid-Schichten einlagern. Letztendlich bilden sich durch immer weiteres Aufaddieren nach dieser Systematik Minerale, welche jeweils exakt definierbare, regelmäßige Strukturen besitzen und bekannte Kristallformen bedingen. Die im Folgenden beispielhaft genannten Minerale werden dem Hobby-Mineraliensammler nicht unbekannt sein. · Primäre* Silikate o Feldspäte (schwach gefärbte Na-K-Ca-AL-Silikate, gute Spaltbarkeit, Gerüstsilikate; z. B. Orthoklas, Albit) o Glimmer und Chloride (blättchenförmig ausgebildete K-Mg-Fe-Al-Silikate, sehr gute Spaltbarkeit, u. a. Schicht- und Blattsilikat; z. B. Muskovit, Biotit) · Pyroxene, Amphibole, Olivine (Ketten- und Bandsilikate, parallel zu diesen spaltbar. Augit und Hornblende zählen z.B. zu den Pyroxenen) · Seltene Silikate (auch Schwerminerale mit einer Dichte >2,9 g/cm³; z. B. Turmalin) Tonminerale Der Begriff „Tonminerale“ wird zum Teil unterschiedlich verwendet. Aus Sicht der Bodenkunde versteht man darunter bestimmte Mineralanteile des Bodens der Korngröße <2 µm (Maßstab entspricht der Tonfraktion**). Sie werden durch Eigenschaften ausgezeichnet, welche wichtige Funktionen der Böden, in denen sie enthalten sind (tonige Böden) bedingen. Dies sind Plastizität, Quellfähigkeit und das Vermögen Ionen und Moleküle zu sorbieren. Sie weisen dadurch eine hohe Reaktionsfähigkeit auf. Die Teilchen der Tonminerale setzen sich aus den beschriebenen Silikatstrukturen zusammen. Beispielhaft seien zwei Tonminerale aufgeführt. (Bild 9 und Bild 10) Erkennbar sind die Silikat-Tetraeter bzw. Oktaeter, welche sich z. B. bei Smectit (Bild 10) zu 3Schicht Silikaten aufaddieren. Diese 3er-Schichten werden wiederum durch Kationenschichten aneinander gebunden. * Bei gesteinsbildenden Prozessen direkt entstanden. Die Tonfraktion setzt sich neben den Tonmineralien auch aus anderen Teilchen dieser Größe zusammen. ** 25 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bild 9: Zweischicht-Silikat Kaolinit. Die Kugeln Bild symbolisieren eingelagerte H+-Ionen. symbolisieren austauschbare Kationen. 10: Tonmineral Smectit. Die Kugeln Der innermolekulare Zusammenhalt der Tonminerale ist abhängig von diesen eingebundenen Ionen. Die durch Ladung und Größe bedingten Bindungskräfte sind sehr unterschiedlich. Kationen mit geringer Bindung werden durch solche stärkerer Bindungsfähigkeit im Laufe der chemischen Bodenprozesse ausgetauscht. Besteht eine kontinuierliche Nachlieferung dieser Ionen stärkerer Bindungsfähigkeit, wird das Tonmineral sukzessive umgebaut und es entsteht ein neuer Komplex mit neuen Eigenschaften. Die Umwandlung beginnt vom Rand her, von wo die Schichten der Tonminerale zunehmend aufgespaltet werden können, bis zur vollständigen Trennung. So wird bei Verfügbarkeit von Kalium z. B. die Kationen-Zwischenschicht des Tonminerals Vermiculit durch Kaliumionen, welche höhere Bindungskräfte als die vorhandenen aufweisen, ausgetauscht. Der Abstand zwischen den Schichten verringert sich durch die stärkere Anziehungskraft. Es entsteht das Tonmineral Illit. Die Folge ist, dass Kalium dem Boden entzogen wird und für Pflanzen in dieser Form nicht mehr zur Verfügung steht, obwohl der Boden stark kaliumhaltig ist oder sogar durch Düngung – in diesem Fall vergeblich – stetig mit Kalium versorgt wird. Ähnlich diesem Beispiel sind unzählige Umbaumöglichkeiten denkbar. Zwischen den Schichten der Silikate können auch Wassermoleküle, je nach Verfügbarkeit und Silikatstruktur, in unterschiedlicher Menge eingelagert werden. So kann eine Zwischenschicht eines Smectits* auf bis zu 2 nm durch Wassermoleküle aufgeweitet werden. In dieser Fähigkeit ist die große Quellfähigkeit der Tonminerale begründet. Diese Prozesse werden z. B. beim Austrocknen von Boden im Schrumpfen und daraus folgender Rissbildung des Bodens und der erneuten Schließung der Risse bei Regen (hohe Wasserspeicherfähigkeit) deutlich sichtbar. * Smectite stellen einen großen Anteil im Bentonit und bewirken dessen thixotropes Verhalten mit. 26 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bild 11: Verdeutlichung der Bildungs- und Umbildungspfade der Tonminerale (M = Metallkation) Die Tendenz, bestimmte Ionen anzulagern und zu binden oder wieder abzugeben wird vom umgebenden Milieu (z. B. Acidität, Feuchtigkeit, zur Verfügung stehende Ionen) gesteuert. Die Bedingungen im Boden werden auch durch Umwelt (Stoffeinträge) und Klima beeinflusst. Ein Überangebot an fremden Einträgen kann so zu fortschreitender Umwandlung z. B in eine Richtung der im Bild 11 dargestellten Umbildungspfade führen und damit – auch lokal vorhandene – Bodeneigenschaften umwandeln. Dies kann sowohl in negativer Weise geschehen (stofflich bedingte Bodenschädigung) oder aber gezielt eingesetzt werden (z. B. Kalkung, Düngung). Die Ionenwanderungen und damit verbundene Wechselwirkungen sind ein stetiger Prozess. Gerade durch externe Einflüsse können sie gestört werden, bis hin zum völligen Versagen von notwendigen, natürlichen Prozessabläufen. Die dargestellten Möglichkeiten des Ionenaustausches machen die breite Pufferwirkung von Böden verständlich. Die Folgen externer, negativer Einflüsse sind zunächst nicht direkt erkennbar, werden aber durch ein plötzliches Versagen des Systems wahrnehmbare. (z. B bei Durchschlagen des „Filters“ Boden, wenn Grundwässer verunreinigt werden oder bei landwirtschaftlicher Nutzung, wenn unerwartete Wachstumsstörungen auftreten). Oxide und Hydroxide Minerale, welche Hydroxyl (OH-)-Gruppen oder Sauerstsoff (Oxid) in ihre molekulare Struktur einbauen, bilden ebenfalls typische Gefüge, die letztendlich in Reinform die sichtbaren und bekannten Formen von Mineralien bilden. Sie werden der Gruppe der Oxide und Hydroxide zugeordnet. 27 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Quarz (SiO2) ist mit 12 Vol.-%-Anteil an der Lithosphäre der wesentliche Vertreter der Oxide. Er ist meist primär bei gesteinsbildenden Prozessen entstanden. Quarz weist eine große Härte auf und verwittert daher nur bedingt. Oxide und Hydroxide des Al, Fe und Mangan (Mn) und Anteile der Oxide von Silizium (Si) und Titan (Ti) entstehen vor allem durch Verwitterung und sind daher weit in Böden und Sedimenten verbreitet. Aufgrund des vorherrschenden Vorkommens der Eisenoxide in verschiedenen Varianten haben unsere Böden ihre rotbraune bis braune Färbungen. Das Maß der anteiligen Eisenoxidation am Gesamteisengehalt des primären Gesteins kann zur Beurteilung des Verwitterungsgrades des Bodens herangezogen werden. Die vielfältigen möglichen Wechselreaktionen zwischen Oxidation und Reduktion verschiedener Wertigkeit, speziell des Eisens, werden durch vorherrschende Randbedingungen (Feuchtigkeit, Temperatur, (an-)aerobes Milieu, weitere Ionenverfügbarkeit mit unterschiedlich starken Affinitäten) gesteuert und haben einen wesentlichen Anteil am (Entwicklungs-) Zustand der Böden. Carbonate, Sulfate, Sulfide und Phosphate CaCO3 als Calcit ist der Hauptvertreter der Carbonate, aber auch andere Varianten, wie z. B. der Dolomit,* sind weit verbreitet. Anhydrit (CaSO4) und Gipsgestein (CaSO4 · 2H2O) sind als Vertreter der Sulfate zu nennen. Häufiger sind jedoch die Eisensulfide in den Varianten Pyrid und Makasit (FeS2). Daneben gibt es weitere Vertreter von Eisensulfiden aber auch eine große Zahl von Schwermetallsulfiden. Phosphate schließlich (z. B. Apatit) sind bedeutend als Nährstofflieferant für Pflanzen. Körnung Augenscheinlich fallen die einzelnen Partikel (Körner) des Bodens in ihrer unterschiedlichen Form und Größe auf. Sie sind ein wesentliches Merkmal zur Einteilung der Böden und für geotechnische Beurteilungen, weswegen dieser Aspekt in Kapitel 5.2.2 ausführlich behandelt wird. Körner können rein mineralische oder organische (Primär-) Teilchen sein, aber auch Zusammenschlüsse aus diesen (siehe im Folgenden), die dann als größere Teilchen erscheinen. Mit Hilfe normierter Siebverfahren werden die Anteile festgelegter Korngrößengruppen bestimmt und Aufgrund ihres Häufigkeitsanteiles im Bodengemenge im Bereich des Feinbodens** in Bodenarten eingeteilt. Diesen können aufgrund empirischer Untersuchungen bestimmte Eigenschaften zugewiesen werden. (Häufig unter Berücksichtigung weiterer Randbedingungen * + Bestimmter Mindestanteil an Mg im Mineral. Feinboden setzt sich aus den Fraktionen Sand (0,06 – 2 mm), Schluff (0,002 – 0,06 mm) und Ton (<0,002 mm) zusammen. ** 28 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes wie z. B. dem Wassergehalt). Umgekehrt kann Aufgrund bestimmter Eigenschaften wie Plastizität, Rollfähigkeit, Schmierfähigkeit und Rauhigkeit einer feuchten Probe die Kornzusammensetzung durch „Fingerprobe“ ermittelt werden. 16 Quelle: nach KA 4 66 (hier jedoch 4. Auflage) Bild 12: Dreiecksdiagramm der Bodenarten des Feinbodens Nach Bild 12 können Feinböden eingeteilt werden, wobei die Kurzzeichen die Fraktionen symbolisieren. Lehm bezeichnet dabei ein Gemenge aus den Kornfraktionen Sand, Schluff und Ton. Eine andere Darstellung ist nur über Abszisse und Ordinate möglich, wie in Bild 13 zu sehen ist. Darüber hinaus werden vergleichbare Darstellungen, die aber im Detail abweichen, verwendet. (z. B. DIN 422073, alte Version oder internationale Systeme). Dies führt immer wieder zu Missverständnissen. Der Bezug einer Angabe ist daher immer genau zu prüfen, inklusive Datum der Auflage. 29 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bild 13: Bodenarten des Feinbodens in einem 2-dimensionalen Koordinatendiagramm dargestellt 16 und 66 Im Laufe der Bodengenese hat ein Transport der Teilchen (Wasser, Wind), welcher zu einem Gutteil für Fraktionierung sorgt, (z. B. Kleinteile werden am ehesten verweht) typische Kornverteilungen bewirkt. Im Ergebnis sind die meisten Böden in Deutschland den Lehmen und lehmigen Böden zuzuordnen. 3.2.2 Organische Anteile Die organischen Anteile (auch Humus genannt) in und auf dem Boden setzen sich aus abgestorbenen pflanzlichen und tierischen Substanzen (Streu) und deren Zersetzungsprodukten zusammen. Organische Stoffe werden abgebaut, indem sie zum einen mineralisiert, also durch Mikroorganismen in ihre anorganischen Bestandteile* zerlegt werden. Daneben werden Anteile zu Huminstoffen (Makromoleküle wie Polysacharide und Proteine) humifiziert, welche im Boden so gebunden werden, dass sie einer weiteren Mineralisierung dauerhaft wiederstehen. Kohlenstoff Den Hauptanteil an der organischen Substanz stellt der Kohlenstoff (C) bei einem mittleren Gehalt von ca. 50 %. Er verursacht auch die Schwarzfärbung der oberen Bodenschicht und bietet dadurch ein Mittel zur Profilansprache (Abgrenzung des Oberbodens). Dieser Kohlenstoff ist durch die Humifizierung weitgehend fest im Boden gebunden. Ein in der Regel im Gleichgewicht * z. B. CO2, H2O und Pflanzennährelemente wie Mg, Fe, Stickstoff (N), Schwefel (S) 30 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes befindlicher Austausch mit der Atmosphäre erfolgt fast ausschließlich über die „Bodenatmung“ durch Umwandlungsprozesse der Mikroorganismen. Bei gleichbleibenden Standortverhältnissen stellt sich ein konstanter C-Kreislauf zwischen Anreicherung und Abbau ein, wodurch typische Humusgehalte eines Bodens entstehen. Folgende Tabelle listet einige typische Werte verschiedener Böden am Gehalt organischen Kohlenstoffs (OC) auf. Boden Organischer Kohlenstoffgehalt Hochmoore bis 500 g/kg Streu 400-450 g/kg Dauergrünland bis 150 g/kg Wald- und Ackerböden 7,5 –29 g/kg Unterboden 1-10 g/kg Wüstenböden 0,2 bis 0,4 g/kg Tabelle 4: Kohlenstoffgehalte im Boden Auf Basis dieser Erkenntnisse kann man durch Umnutzung von Flächen (z. B. von Ackerboden in Dauergrünland) den natürlichen Speichergehalt von OC des Bodens verändern. Auch Unterboden mit relativ geringem OC-Gehalt darf, in der Summe betrachtet, nicht als OC-Speicher vernachlässigt werden. Im Einzelnen hängt der Gehalt an organischen Anteilen im Boden von der Bodenart, der Lagerungsdichte und dem Skelettgehalt (Grobboden >2 mm) ab. Feinteiligere Böden speichern wegen ihrer größeren inneren Oberfläche in der Regel größere organische Anteile und damit OC. Bei deutschen Ackerböden rechnet man mit 100 – 200 t/ha Humusgehalt, in Schwarzerden kann der Gehalt aber deutlich höher liegen. Vor dem Hintergrund der Klimadiskussionen und der CO2-Konzentration in der Atmosphäre sind aber auch Lachgas- (N2O) und Methan- (CH4) Freisetzungen zu betrachten, deren sogenanntes Kohlendioxid-Äquivalent,* 17 also die prognostizierte klimaschädigende Wirkung, im Vergleich zu CO2 bedeutend höher eingestuft wird. Eine Freisetzung der Gase wird grundsätzlich durch intensive Bodenbearbeitung wegen der mechanischen Aufschließung und der damit verbundenen gesteigerten Reaktivität begünstigt. Eine Beurteilung ist jedoch im Einzelfall vorzunehmen, da weitere Einflussfaktoren wie Bodenfeuchte, Bodenart sowie Art und Menge der Streunachlieferung (Auflagerung neuer organischer Stoffe auf der Bodenoberfläche) zu berücksichtigen sind. * Jedes Treibhausgas kann hinsichtlich seiner Treibhauswirkung zu Kohlendioxid (CO2) in Bezug gesetzt werden. 1 kg Methan (CH4) entspricht zum Beispiel 21 kg CO2-Äquivalent. 31 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Ton-Humus-Komplex Die Stabilisierung organischer Makromoleküle gegenüber weiterem Abbau und totaler Mineralisierung wird wesentlich durch Wechselwirkungen und Reaktionen mit den unter Kapitel 3.2.1 beschriebenen Tonmineralen bewirkt. Beispielhaft zu nennen ist das Anlagern von OrganoMolekülen durch z. B. positive Ladung an die permanent negativ geladene Außenhaut eines Tonminerals wie Smectit (Kationenbrücke). Auch angehängte Kationen oder ganze Molekülgruppen können zwischen Organo-Molekül und Tonmineral ausgetauscht werden (Kationenaustausch bzw. Ligandensubstitution) und zu jeweils in sich stabileren und reaktionsärmeren Komplexen führen. Diese Fähigkeit kann mit der Kationenaustauschkapazität (KAK-Wert) beziffert werden. Neben anderen, chemischen Reaktionen können auch molekulare Bindungen durch Dipolcharakter oder über die genannten van-der-Waals-Kräfte entstehen. Häufig sind die Abläufe abhängig vom pH-Wert und den damit zur Verfügung stehenden Hydroxylgruppen (OH-). Die so entstehenden organisch-mineralischen Mischgefüge bezeichnet man als Ton-Humus-Komplex oder auch Ton-Humus-Assoziate. Sie weisen eine besonders große innere Stabilität auf, welche sich auch auf die gesamte Gefügestabilität auswirkt. Ein Aufschluss des Komplexes kann wieder nur von der Oberfläche her erfolgen, da die inneren humifizierten Anteile mit ihren anorganischen Elementen den Zersetzern (Mikroorganismen) und damit den natürlichen Kreisläufen entzogen sind. Aggregatbildung Die Ton-Humus-Komlexe wiederum lagern sich aneinander an und verbinden sich zu Mikroaggregate (20 – 250 mm). Diese finden sich zu Makroaggregate (>250 mm) zusammen unter Einbindung vorhandener primärer Minerale. In den Dimensionen der Makroaggregate werden stabile Verbindungen durch die Wirkung von Wurzeln, Pilzhyphen und anderen Pflanzenresten, durch Absondern verklebenden Schleims aber auch den Aktivitäten von Lebewesen hervorgebracht. Besonders hervorzuheben ist dabei der Regenwurm, der in seinem Darmtrakt organo-mineraliche Aggregate in mit dem Auge erkennbarer Dimension produziert. Das folgende Bild veranschaulicht in schematischer Darstellung die Aggregatzusammensetzungen abhängig von deren Größe und im Vergleich zu den Kornfraktionen. 32 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bild 14: Aggregatzusammensetzungen in Abhängigkeit ihrer Größe im Vergleich zu den Kornfraktionen Die Makroaggregate tragen wesentlich zu einem stabilen Bodengefüge und damit der inneren Stabilität des Bodens und schließlich zu einer möglichen höheren Belastbarkeit bei. Sie bilden das Grundgefüge eines Bodens. Aus dem Dargestellten wird verständlich, dass Gehalt und Zustand aber gerade auch stetige Nachlieferung der Huminstoffe im Boden und besonders der Oberböden die Reaktionsfähigkeit und damit den Charakter eines Bodens wesentlich beeinflusst. Ein an Tonmineralen armer Boden (Sand- oder Lössboden) kann im Gegensatz kaum Aggregate in beschriebener Form aufbauen, die entsprechenden Eigenschaften fehlen diesen Böden. Aber auch Huminstoffe alleine und die Aktivitäten der Bodenlebewesen (Produktion von Kot und Schleim) können tonarme Böden ebenfalls zu einem gewissen Maß stabilisieren. Durch die Bildung der Ton-Humus-Aggregate werden zahlreiche Effekte der natürlichen Bodenfunktionen verstärkt. Im Einzelnen sind das: 33 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · Adsorptionsvermögen von Nährstoffen infolge der Bindungs- und Austauschfähigkeit von Kationen, gemessen an der Kationenaustauschfähigkeit (KAK). · Einlagerungsfähigkeit von Schadstoffen durch denselben Mechanismus und dadurch Bindung im Boden oder Abpuffern des Durchsickerns. Insbesondere Schwermetalle werden so der Pflanzenverfügbarkeit entzogen. · hoher organischer Anteil bedingt gerade auch durch die Aggregatbildung hohe Porosität und geringe Lagerungsdichte des Bodens. · Huminstoffe wirken Wasserabweisend (hydrophob). · Humus kann das 3 bis 5-fache seines Eigengewichtes an Wasser speichern. · der Humusgehalt verschiebt die Konsistenzgrenzen in Richtung höheren Wassergehalts. Die Böden bleiben also stabiler und sind länger bzw. stärker belastbar. · ausgebildete Makroaggregate wirken einer Erosion entgegen. · dunkle Huminstoffe bewirken eine Bodenerwärmung bei Sonneneinstrahlung. · die geringe Dichte der Auflage wirkt isolierend und puffert die Temperaturen im Bodeninneren. Eine reduzierte oder unterbundene Humuszufuhr führt im Gegenzug zum Abbau der Komplexe und damit jeweils zu gegenlaufenden Entwicklungen. 3.2.3 Weitere Bodenanteile Porenanteil Durch die Lagerung der Körner entstehen Zwischenräume, die Poren, welche durch Kornform und Kornlagerung bestimmt sind. So können plättchenförmige Teilchen bei flacher Schichtung kaum Porenraum bilden aber bei Lagerung von Kante auf Fläche, gleich einem Kartenhaus, relativ große Hohlräume schaffen. Die von diesen Primärteilchen gebildeten Hohlräume werden als Primärporen bezeichnet. Primärporen (Textur) weisen dabei eine größere Stabilität auf als die durch Frost- und Trockenrisse, Wurzelkanäle und Wurmlöcher entstandenen Sekundärporen (Struktur).18 Die Durchgängigkeit über Poren hinweg bezeichnet man als Porenkontinuität. Sie ist wesentlich für die inneren Stoffwechselprozesse und Kreisläufe, insbesondere Gas- und Wasserbewegungen. Die so entstehende „Lagerdichte“ (je enger die Teilchen lagern, desto größer die Bodendichte oder Lagerdichte) ist damit ein Zeichen für Verdichtung und Verfestigung aber auch für die Stabilität des Bodens. Die Stabilität wird aber nicht nur durch den Kontakt von Korn zu Korn oder Aggregat zu Aggregat und deren Festigkeit definiert. Eine Filmbildung zwischen den Körnern (z. B. Wasser) oder 34 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes chemische und organo-chemische Reaktionen können weitere stabilisierende Kräfte bewirken. (siehe hierzu die folgenden Kapitel). Der Porengesamtanteil nimmt in der Regel mit abnehmender Teilchengröße zu. Daher weisen Tonböden einen größeren Porenanteil, größere Kontaktflächen zwischen Feststoff, Gas und Wasser und im Ergebnis eine gesteigerte Reaktivität auf. Man spricht von Porenvolumen (PV oder n) oder Porosität, wenn man den Porenanteil zum Gesamtbodenvolumen im Verhältnis setzt. Die Porenziffer (PZ oder e) bezeichnet das Verhältnis von Porenvolumen zu Feststoffvolumen. Folgende Tabelle zeigt die Schwankungsbereiche in Böden. Grob- Mittel- Fein- poren poren poren (%) (%) (%) 46 ± 10 30 ± 10 7±5 5±3 1,27 – 0,56 1,17 – 1,63 47 ± 9 15 ± 10 15 ± 7 15 ± 5 1,27 – 0,62 Lehme 1,20 – 2,00 30 – 55 – – – 1,22 – 0,43 Tone 0,93 – 1,72 50 ± 15 8±5 10 ± 5 25 ± 10 1,85 – 0,54 Lagerungsdichte Porenvolumen (g/cm³) (%) Sande 1,16 – 1,70 Schluffe Tabelle 5: Schwankungsbereiche von Lagerungsdichten und Porenziffern (C-Gehalt bis 2 %) Porenziffer 19 Die Tabelle macht die Besonderheiten unterschiedlicher Böden aufgrund ihrer Porenanteile deutlich. Dabei ist zu beachten, dass Wurzeln nur in Grobporen (ab 10 µm) wachsen können, welche auch für die Belüftung wesentlich sind. Das pflanzenverfügbare Wasser steht maximal in den Mittelporen (0,2 bis ca. 50 µm) zur Verfügung, welche eine starke kapillare Wirkung aufweisen und so Grundwasser nach oben transportieren können. Feinporen (<0,2 µm) enthalten Restwasser, welches nicht für biologische oder physikalische Abläufe zur Verfügung steht. Sie sind außerdem für Besiedlungen zu klein. Durch natürliche Prozesse findet eine Veränderung der Lagerung der Körner zueinander statt. Als wesentlich zu nennen sind Tonverlagerungen in tiefere Zonen durch Auswaschung, Bodenverfrachtung durch Erosion an der Oberfläche und Umverteilung im Boden durch Lebewesen (z. B. durch Aktivität des Regenwurms oder Maulwurfs). Eine Lagerungsveränderung bewirkt auch immer eine Porenveränderung. So können durch Verlagerung der Tonfraktion Poren verschlämmt und in der Folge Gas- und Wasseraustausch verhindert werden. 35 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Wasseranteil Das Bodenwasser wird im Hauptanteil durch Niederschläge nachgeliefert. Es sickert ein und wird an den Untergrund in Abhängigkeit der Bodenverhältnisse anteilig abgegeben. Überschusswasser an der Oberfläche fließt direkt ab und bewirkt Erosion und begünstigt Hochwasservorkommnisse. Der Abfluss ist bei verdichteten (versiegelten) Böden größer als bei unverdichteten und bei Tonböden stärker als bei Sandböden Das Sickerverhalten ist abhängig von Porengröße, Porenmenge und Porenkontinuität, aber auch dem Gehalt der Luft, welche erst verdrängt werden muss. Ein Maß für die Durchlässigkeit eines Bodens ist der Durchlässigkeitsbeiwert k in m/s.111 Weitere Einflussfaktoren sind: · die Strömung, welche Teilchen (z. B. Tonminerale) mitreißen und in der Folge den Durchfluss verstärken.* · die Quellfähigkeit der Tonanteile (Änderung der Porengrößen) · der Salzgehalt in tonreichen Böden. Salzarmes Sickerwasser reichert sich beim Perkolieren mit Ionen an. Infolgedessen nimmt die Fließgeschwindigkeit zu. Bodenart Durchlässigkeitsbeiwert k in m/s Sande 4 × 10 bis 4 × 10 Schluffe 4 × 10 bis 5 × 10 Lehme 4 × 10 bis 1 × 10 Tone 4 × 10 bis 1 × 10 -3 -5 -3 -7 -3 -7 -3 -9 Bild 15: Beispiele häufiger Wasserleitfähigkeiten von wassergesättigten Böden nach 15 Zur Verdeutlichung folgt eine Darstellung der Werte nach ihrer Durchlässigkeitsbeurteilung. Durchlässigkeitsbenennung Durchlässigkeitsbeiwert k in m/s sehr stark durchlässig >10 stark durchlässig >10 bis 10 durchlässig >10 bis 10 schwach durchlässig >10 bis 10 sehr schwach durchlässig <10 -2 -4 -2 -6 -4 -8 -6 -8 Bild 16: Durchlässigkeitsbenennung der Durchlässigkeitswerte. 111 (nach DIN 18130-1) Als Wassergehalt des Bodens (Bodenwasser) im ungesättigten Bereich wird der Anteil bezeichnet, der bei 105°C über 16 Stunden im Ofen aus dem Boden gelöst werden kann. * Dies führt u. a. zu Tonverlagerung in den Untergrund (Braunerde entwickelt sich zu Parabraunerde). 36 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Darüber hinaus kann Wasser durch unterschiedliche zwischenmolekulare Kräfte gebunden sein. Die wichtigsten Verhaltensweisen von Wasser im Boden sind: · Sickerwasser bewegt sich schwerkraftbedingt in die Tiefe. · Kapillarwasser wird durch die Wasserspannung (Bestreben des Wassers eine möglichst kleine Oberfläche einzunehmen) in den Poren festgehalten und kann in Röhren entgegen der Schwerkraft nach oben steigen. Je kleiner der Röhrenquerschnitt, desto höher die Steigfähigkeit.19 · Adsorptionswasser bleibt durch den Dipolcharakter des Wassermoleküls (hygroskopisches Wasser)15 an Bodenteilchen gegen die Schwerkraft haften. Adsorptionswasser und Kapillarwasser bezeichnet man auch als Haftwasser. Es bleibt entgegen der Schwerkraft haften. Je größer die porenbedingte innere Oberfläche des Bodens, desto größer die Menge des Haftwassers. Die maximal aufnehmbare Haftwassermenge bezeichnet man als Feldkapazität (FK). Sie entspricht bei Sanden ca. 10 Vol-%, bei Lehmen ca. 35 Vol-% und bei Tonen ca. 45 Vol-%.19 Die Wasser- bzw. Saugspannung kann in bar oder cm Wassersäule (WS*) gemessen werden. Aufgrund der großen messbaren Spanne verwendet man den negativen dekadischen Logarithmus der Saugspannung in cm WS. Ihn bezeichnet man als pF-Wert. Bei einem pF-Wert von ³ 4,2 (das entspricht einer Saugspannung von 15 bar oder 104,2 cm Wassersäule)19 spricht man vom permanenten Welkepunkt (PWP) (auch nur Welkepunkt WP). Ab diesem Wert sind Pflanzen in der Regel nicht mehr in der Lage das vorhandene Wasser selbst aufzusaugen. Dieser Zustand herrscht auch in wassergefüllten Poren von 0,2 m Äquivalentgröße. Weist die Wasserspannung einen pF-Wert < 2,5 auf (das entspricht einem Porendurchmesser > 10 µm), kann das Wasser in den Poren nicht mehr gehalten werden und sickert in die Tiefe. Während dieser Bewegung ist es pflanzenverfügbar. So ist also nicht der absolute Wassergehalt eines Bodens sondern seine aktuelle Saugspannung (pF-Wert) eine Kennzahl für die Wasserversorgung von Pflanzen aber auch für die Wechselbeziehung zwischen Wassergehalt und Bodenkörnung bzw. Porenausstattung. Diese Saugspannung kann aber indirekt auch als ein Maß für die Festigkeit des Bodens genutzt werden (vergleiche Kapitel 4.5). * 1 bar entspricht 1 000 cm WS 37 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bild 17 fasst die Beziehungen zusammen. So weist bei einem pF-Wert von ca. 3 ein sandiger Boden einen Wassergehalt von unter 10 Vol.-% auf, während ein toniger Boden bei gleichem Wert ca. 45 Vol.-% Wasser beinhaltet. Bild 17: Wasserspannungskurven verschiedener Böden: Sand S, Lehm L, Ton T 20 Konsistenz des Bodens Tonreiche Böden weisen die Besonderheit der plastischen Eigenschaften auf, die durch das Verhalten des Wassers zwischen Einzelpartikeln bestimmt werden. Bei geringer Wasserverfügbarkeit entsteht ein Unterdruck zwischen den Partikeln, da das Wasser eine möglichst geringe Oberfläche anstrebt. Es bildet sich durch Unterdruck (Saugspannung) ein konkaver Meniskus (links im Bild) und die Einzelteilchen werden aneinander gehalten. Bei Wasserüberschuss wächst der Meniskus (rechts im Bild), ein Überdruck entsteht und die Partikel werden auseinandergedrückt, bis sie sich voneinander lösen und verfließen. Bild 18: Schema der Meniskenwirkung 38 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Dieser Sachverhalt findet seinen Niederschlag in der Berücksichtigung der Konsistenz (fest, zäh oder plastisch) in der Geotechnik (siehe Kap 5.2.2.3 „Plastische Eigenschaften“). Die beschriebenen Wechselwirkungen erklären die Problematik tonreicher Böden, in denen aufgrund der hohen Anzahl an kleinen Poren dieser Mechanismus besonders wirksam ist. Nach Regen (Wasserzufuhr) nehmen der Unterdruck und damit die Bindung der Teilchen aneinander ab. Die Folge ist eine schwindende Festigkeit des Bodens, er wird unter Belastung (Rad, Raupe) verformt. Dieser Effekt wird potenziert, indem eine Belastung des Bodens eine Zusammendrücken und dadurch eine Verringerung der Porenzwischenräume bewirkt. Der Wassergehalt in den nun verkleinerten Poren steigt relativ an und erzeugt weiteren Überdruck, wodurch ein Verfließen des Bodens beschleunigt wird. Das bisher vorhandene Gefüge wird weitgehend zerstört. Die Bodenprozesse (chemische, physikalische und biologische) in der Folge drastisch reduziert. Ein stabiles Gefüge muss durch die nun allerdings reduzierte Bodenaktivität erst wieder aufgebaut werden. Gasanteil Der nicht mit Flüssigkeit gefüllte, obere Porenraum ist mit Gasen (Luft) gefüllt (bis zu 40 % des Bodenvolumens). Bodenorganismen, höhere Bodenlebewesen und Pflanzen sind insbesondere auf Sauerstoff angewiesen (aerob), der beim Abbau von Zucker zu Wasser und Kohlendioxid abgebaut wird. Letzteres reichert sich im Boden stärker an (10 bis 100-fache im Vergleich zur Atmosphäre), da die Gasbewegung und damit der Luftaustausch mit der Erdoberfläche eingeschränkt ist. In der Folge nimmt der Sauerstoffgehalt in größeren Tiefen immer mehr ab. Dem gegenüber steht der unterschiedliche Sauerstoffanspruch von z. B. flachwurzelnden Gräsern (6-10 Vol.-%) oder Hackfrüchten als Starkatmer (20-25 Vol.-%). Steht kein Sauerstoff zur Verfügung, so sind die meisten Organismen des Bodens inklusive der Pflanzen nicht mehr lebensfähig. Einige anaerobe Organismen haben sich jedoch auf diese Atmosphäre spezialisiert und atmen Methan (CH4)* und Schwefelwasserstoff (H2S) aus. Ein anaerober Zustand fortgeschrittenen Stadiums lässt sich leicht durch eine Schwarzfärbung und den typischen kanalähnlichen Geruch erkennen. Unter diesen Bedingungen wird der im NH4+ gebundene Stickstoff außerdem zu N2 denitrifiziert (reduziert), der in dieser Form nur eingeschränkt weiterverarbeitet werden kann. Im Gegensatz dazu würde unter aeroben Bedingungen der Stickstoff zu NO3- dem wichtigsten Stickstofflieferant für Pflanzen nitrifiziert (oxidiert) werden. Die relative Feuchte der Bodenluft beträgt um 95 %. * klimarelevant 39 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 3.2.4 Wechselwirkungen der Anteile Prozessabläufe im Boden Wie beschrieben finden im Boden chemische Abläufe statt, welche eng mit dem örtlichen Umgebungsmilieu verbunden sind. Dabei wird ein stabiler Ionenausgleich angestrebt. Folgende Grafik stellt beispielhaft an einer Parabraunerde die Zusammenhänge zwischen Bodenzusammensetzung, pH-Wert und Kationenaustauschkapazität (KAK) sowie weiterer ausgewählter Anteile dar.* Bild 19: Eigenschaften einer Parabraunerde aus Geschiebemergel unter Laubwald Die Parabraunerde ist gekennzeichnet durch eine Tonanteil-Auswaschung in den oberen Dezimeter-Bereichen. Das Porenvolumen nimmt mit Abnahme der Organischen Stoffe (OS) ebenfalls deutlich ab. Der niedere pH-Wert im oberen Bereich ist unter Wald typisch. Entsprechend steigt – in diesem Fall – aufgrund des Kalkanteils (Kalziumkarbonat) der pH-Wert erst ab einer Tiefe von ca. 80 cm auf über 5. Die hohe KAK in den obersten 10 cm korreliert mit dem hohen Humusgehalt. Die Tonfraktion und der pH-Wert beeinflussen das Niveau der KAK wesentlich mit. Kohlenstoff (C) und Stickstoff (N) werden in ihrer Menge ebenfalls durch die Nachlieferung an organischen Anteilen bestimmt. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie beeinflussbar eine stabile, lokale Bodenchemie gegenüber externen Störfaktoren (stofflich und nichtstofflich) ist. * SV: Substanzvolumen, (Sand, Schluff, Ton), X: Steine und Kies, PV: Porenvolumen (fein, mittel, grob), OS: Organische Stoffe. Die ganz links verwendeten Buchstabenkombinationen bezeichnen die Bodenhorizonte in Kurzform. 40 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Gefüge Gerade im Zuge von Baumaßnahmen treten große und dauerhafte mechanische Bodenbelastungen auf. Ein Wissen um die Zusammenhänge bezüglich der Bodenstabilität ist daher von grundlegender Bedeutung. Die Stabilität des Bodens wird wesentlich durch das Wie der Aneinanderlagerung und der Verbindung von Partikel und Aggregate bestimmt, welche durch die im Unterkapitel „Aggregatbildung“ beschriebenen Vorgänge entstehen. Grundsätzlich führen Neubildungen von Aggregaten zu einer Gefügestabilisierung. Gerade Im Oberbodenbereich ist eine Stabilität wichtig als Widerstand gegen äußere Einflüsse (direkte Nutzung, Natureinwirkung wie Regen, Frost), welche Wind- und Wassererosion, Verdichtung und Verschlämmung nach sich ziehen. Aber gerade auch der Oberboden ist durch seine besondere Bioaktivität in der Lage, umfangreiche Gefügestabilisierungen zu bewirken. Um so mehr man in tiefere Bodenzonen kommt lässt diese Aktivität deutlich nach und eine Reparatur zerstörter Gefüge mit allen Folgen ist nur sehr langfristig bis gar nicht mehr ohne menschliche Unterstützung möglich. Dies ist der wesentliche Grund, weswegen Unterböden – gerade auch durch Verdichtung – besonders gefährdet sind. Auf der anderen Seite wird auch deutlich, dass ein reicher Porenanteil bis in kleinste Dimensionen wesentlich für funktionierende biologische, physikalische und chemische Prozesse ist. Ein bloßes Durchpflügen oder Aufreißen des Bodens, auch bis in größere Tiefen und in den Unterbodenbereich hinein genügen daher in keiner Weise, um den Boden wieder in einen ausreichend gelockerten Zustand mit gesundem Porengefüge zurück zu führen. Bekannt und häufig genutzt ist auch die Stabilisierung des Gefüges durch Kalkung. Im pH-WertBereich von 6,5 – 7 lagern sich die Ca2+-Ionen an die in Lösung verteilten Tonsubstanzen (Kolloide) an und fügen sich zu kartenhausähnlichen Gefügen zusammen (Flockung der Tonpartikel). Daher müssen mindestens 10 % Tongehalt zur Verfügung stehen. Unterstützend wirkt Ca-gesättigter Humus, denn der daraus entstehende Ton-Humus-Komplex ist besonders stabil.19 Im Einzelnen bewirken/begünstigen folgende Faktoren ein dauerhaft stabiles Gefüge: · Tongehalt 10-25 % · mittlerer pH-Wert von 6,5 – 7 · ausreichende Ca²+-Ionenverfügbarkeit · hoher Humusgehalt 41 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · hohe biologische Aktivität · Eisen- und Aluminiumoxide Bodenstabilität gegenüber Verdichtung Gegen große mechanische Belastungen sind neben Aggregatbildung und Faktoren, die diese begünstigen, weitere Aspekte für ein stabiles Gefüge* wirksam: · große und raue Körnung · große Vorverdichtung · trockener Boden, d. h. kleine Saugspannung · große Wasserableitfähigkeit des Auspresswassers · geringe Quellfähigkeit der Tonminerale Da die möglichen physikalischen Einflüsse so vielseitig sind, wird die Belastungsfähigkeit des Bodens (besonders auch in der Geotechnik) über praktikable Kennwerte (z. B. Plastizität) und Zusammenhänge (Drucksetzungskurve, vgl. Kapitel 5.2.1.2) beschrieben. Die Normalverdichtung entspricht der vorhandenen Auflast. Eine weitere Belastung bewirkt eine weitere Verformung, welche nach Entlastung durch Verschiebung der Bodenteilchen in der eingenommenen Lage verbleibt. Erfolgt eine übermäßige Verdichtung (Überverdichtung) so kann sich der Boden nach Entlastung im elastischen Bereich der Verformung zurück bewegen. Erneute Belastungen über das bisherige Maß hinaus führen zu weiteren Verdichtungen. So führt eine Verdichtung zwar zu einer größeren Belastbarkeit, bedeutet aber in der Regel in gleichem Maß eine Schädigung des Bodens. 3.3 Lebensraum Boden (Edaphon) Die Organismen des Bodens (Edaphon) werden unterteilt in Flora (Bakterien, Pilze, Algen) und Fauna (Mikro-, Meso-, Makrofauna)19 (siehe Bild 20). Die im Boden vertretenen Organismen bereiten die toten organischen Substanzen (siehe Kapitel 3.2.2) für die beschriebenen bodenbildenden Prozessen vor: · sie bauen organische Substanz ab und um · sie produzieren dabei Huminstoffe · sie bauen dabei Bodengefüge auf und durchmischen auch das Erdreich im Bereich unterschiedlichster Maßstäbe * Unverrückbarkeit der Bodenteilchen 42 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · sie wirken mit bei Redoxreaktionen · sie bauen Schadstoffe ab. Bild 20: Bodenorganismen entsprechend ihrer Größe Die Bodenorganismen bilden im Boden Lebensgemeinschaften, die sich gegenseitig positiv oder negativ (bis zur Vernichtung) beeinflussen oder sich auch neutral gegenüber stehen können. Aber auch durch ihr Umfeld wie Pflanzenwurzeln (Absonderungen), zur Verfügung stehende Stoffe (Wasser, Sauerstoff, Nährstoffe, toxische Stoffe usw.) und die Umwelt (Temperatur, Klima, pHWert) geschieht wesentliche Beeinflussung. Die räumliche (großräumig und lokal) und zeitliche Häufigkeit ist stark variabel und gerade in unseren Breiten auch durch die Jahreszeiten bedingt (Temperaturabhängigkeit). In der Regel herrscht ein Gleichgewicht der Abläufe im natürlichen Schwankungsbereich. Die beschriebenen Zusammenhänge machen aber auch deutlich, dass jeder anthropogene Eingriff in die natürlichen Abläufe des Bodens zu Verschiebungen im Artenbestand, bis zu deren Vernichtung führen kann. 43 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Jedes Einzelne der in Bild 20 genannten Bodenlebewesen wirkt entsprechend seines Maßstabes im System Boden mit. Dabei gilt grundsätzlich: je kleiner der Organismus, desto häufiger ist er vertreten. Z. B. können unter einem m² Boden im Mittel 100 g und unter guten Bedingungen bis zu 700 g Lebendmasse Bakterien vertreten sein. So steht die Mikrofauna für ca. 91 % der gesamten Atmungsvorgänge im Boden. 3.4 Systematik, Verbreitung und Bewertung Bodensystematik In Folge der beschriebenen Verwitterungsprozesse entstehen im Laufe der Zeit aus den mineralischen Anteilen des Untergrundes (Gestein) unsere Böden. Je nach Fortschritt des Verwitterungsgrades verbleiben in der Sand- und Schlufffraktion eher die widerstandsfähigen Anteile wie Quarz, Kalifeldspäte, Glimmer und Schwerminerale. In der Tonfraktion sind die Tonminerale und Oxide aus den Ablagerungen und den pedogenen Umwandlungsprozessen vertreten. Die Bodenentwicklungsprozesse finden auf Basis unterschiedlicher Ausgangsmaterialien und unter externen Einflüssen (Flora und Fauna und Klima), gerade auch im Wandel der Erdgeschichte und unter lokalen Ausprägungen statt. Sie können unterschiedliche Entwicklungsstadien aufweisen. Dadurch wird die Entstehung sandiger, lehmiger, schluffiger (Lösböden) oder toniger Böden in ihrem Variantenreichtum und ihrer lokalen Verbreitung verständlich. Entsprechend ihrer Genese, ihren typischen Eigenschaften und der Dauer der Entwicklung können die Böden benannt, eingeteilt und systematisiert werden. Dies soll jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht thematisiert werden. Beispielhaft sind in Anhang 2 typische deutsche Landböden dargestellt. Bodenverbreitung Aufgrund der beschriebenen Randbedingungen, welche lokal durch weitere Faktoren wie Relief und (Grund-) Wasserverhältnisse beeinflusst werden, entstehen die räumlich zuzuordnenden Böden, welche untereinander in Bezug stehen (Vergesellschaftung). Die Unterscheidung kann detailliert und räumlich sehr kleinteilig erfolgen (das sogenannte Pedon beschreibt z. B. eine Fläche bis 100 m²) oder bis hin zu Bodenregionen zusammengefasst werden. Eine Karte in Anhang 3 veranschaulicht deutsche Bodenregionen. Bodenverbreitungskarten geben dem Pedologen wichtige Basishinweise u. a. zur Beurteilung der Nutzbarkeit und Belastbarkeit des lokal verfügbaren Bodens. 44 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bodenbewertung Bodenbewertungssysteme bewerten grundsätzlich nicht den Boden selbst sondern seine Leistungsfähigkeit. Im Ergebnis wird seine Eignung für eine bestimmte Funktion und seine Leistungsmöglichkeit im Rahmen dieser Funktion beurteilt. Aber auch seine Belastbarkeit im Rahmen einer Nutzung bis zur Risikoabschätzung unterliegen einer Bewertung.15 Am bekanntesten in Deutschland ist die durch das Bodenschätzungsgesetz von 1934 festgelegte Erfassung der Ertragsfähigkeit landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzter Böden in Deutschland. Anhand von · Bodenart · geologischem Alter und · Zustandsstufe wird eine Bodenzahl als ungefährer Kennwert ermittelt. Diese Werte können als Beurteilungsmaß für die Leistungsmöglichkeit im Rahmen der Funktion „Landwirtschaftliche Nutzfläche“ herangezogen werden, wenn im Abwägungsprozess eine Beurteilung der Funktionsfläche Boden im Rahmen einer Nutzungsänderung notwendig wird.15 Als Beispiel sei die Schwarzerde der Magdeburger Börde mit der höchsten möglichen Bodenzahl 100 genannt. Wünschenswert ist die Etablierung weiterer, wissenschaftlich fundierter Bodenbewertungssysteme mit unterschiedlichem Funktionsbezug, welche eine Abwägung von Zielkonflikten unter weitgehend rationaler Betrachtungsweise und unabhängig von Lobbyismus ermöglicht. 3.5 Gefährdung der Bodenfunktionen 3.5.1 Einleitung Böden können durch Stoffeinträge stofflich und durch Verdichtung, Erosion und Bodenumschichtung nichtstofflich geschädigt werden. Böden weisen durch ihren natürlichen Aufbau Filter-, Puffer- und Transformationsfunktionen auf. So können schädliche Stoffeinträge aus Wasserlösungen herausgefiltert, durch chemische Bindungen in begrenztem Maß gebunden und zum Teil umgewandelt und abgebaut werden*. Zum einen verhindern diese Funktionen, dass schädliche Stoffeinträge in den Boden direkt als Schädigung wahr genommen werden, zum anderen verhindern sie eine sofortige Verschmutzung bzw. Zerstörung unseres Bodens, dessen Ökosystem und in der Folge des Grundwassers. * zum Teil können Abbauprodukte gefährdendere Wirkungen haben als deren Ausgangsprodukte. 45 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Dennoch können sie bereits in geringen Konzentrationen auf Bodenorganismen schädigend wirken und die Bodenfunktionen erheblich stören. Die Filter-, Puffer- und Transformationsfunktionen unserer Böden sind begrenzt. Bei Überschreitung von Leistungsgrenzen werden die Schäden schlagartig wahrnehmbar z. B. durch verschmutztes Grundwasser, Mindererträge oder Schadstoffanreicherungen in Pflanzen. Eine Prozessumkehr ist nicht immer und nur mit enormem Aufwand zu bewirken. In vergleichbarem Maß wirken nicht stoffliche Schädigungen wie Verdichtung und Erosion. Die Vorgänge sind häufig schleichend und die Schädigung erst im Nachhinein bemerkbar, wenn Bagger und Co. längst abgezogen sind. Wir sollten daher bestrebt sein, jegliche negative Bodeneinwirkung zu vermeiden. Ist dies nicht möglich, ist sie durch bewusstes Handeln so gering wie möglich zu halten. Schließlich muss aber auch berücksichtigt werden, dass bisher nur Teilerkenntnisse über das bodeninterne Ökosystem und auch über toxikologische Wirkungen bestimmter Stoffe auf Teilbereiche dieses Systems vorliegen.21 3.5.2 Stoffliche Gefährdung Auf Baustellen wird mit einer Vielzahl an Baustoffen und Bauhilfsstoffen umgegangen. Ein unkontrollierter Eintrag in den Boden kann und muss verhindert werden. Die Stoffe können · flüssig, (z. B. Öl, Farbreste.) · fest, (Eintrag durch Baustoffe wie Bauwerk, Fundament, Abdichtung) · gasförmig (Abgase) sein. Eine Folgegefährdung für den Menschen kann sowohl direkt über verschmutztes Grundwasser (Trinkwasserquelle), über ausdünstende Gase oder indirekt über Schadstoffanreicherung in Pflanzen oder pflanzenfressenden Tieren geschehen, die dem Verzehr dienen (Nahrungskette). Bild 21 veranschaulicht das beschriebene Verhalten von in den Boden eingebrachten Schadstoffen. Für den Boden und insbesondere seine Organismen bedeutet jeder Stoffeintrag eine direkte Wirkung auf die Lebensumstände des einzelnen Organismus und damit für die ganze Population. So wie Wasser-, Nähr- und Sauerstoffzufuhr in Maßen positive Auswirkungen haben, haben bodenfremde Stoffe in der Regel negative Einflüsse bis zur völligen Zerstörung der Bodenflora und Bodenfauna. Dies ist als eine völlige Zerstörung der natürlichen Bodenfunktionen zu werten. 46 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Jeglicher Fremdeintrag ist daher, im Rahmen des Möglichen, grundsätzlich zu vermeiden. Da die toxische Wirkung dieser Stoffe auf die Bodenlebewesen und deren Ökosysteme weitgehend unerforscht sind, sollen im Folgenden zumindest bekannte negative Wirkungen der beschriebenen Stoffe auszugsweise benannt werden, um ein Verständnis für die Toxizität dieser Stoffe zu entwickeln. Bild 21: Eintrag von Schadstoffen und deren weiteres Verhalten im Boden Grundsätzlich sind nur zugelassene Baustoffe und Bauhilfsstoffe entsprechend den gesetzlichen Regelungen zu verwenden. Reststoffe sind immer geordnet zu entsorgen. Das Verbrennen von Abfall oder das Vergraben z. B. in der Baugrube oder das Versickern lassen von flüssigen oder verflüssigten Reststoffen hat in jedem Fall der Vergangenheit anzugehören. Das hat auch für den kleinsten Rest Farbe im Eimer oder das verschüttete Lösungsmittel zu gelten, welches unmittelbar aufzunehmen ist. Gleiches gilt für Sprüh- und Abtropfverluste oder vergleichbare Arbeitsbereichverschmutzungen. Im Folgenden werden relevante Stoffgruppen entsprechend ihrer Chemie eingeteilt und ihre Wirkungsweise genannt. Aufgrund der Fülle der am Bau verwendeten Stoffe können diese nicht im Einzelnen diskutiert werden. Daher sei auf die Ausführungen und Zusammenstellungen in Rainer Greiff / Wolfgang Kröning (Hrsg.) „Bodenschutz beim Bauen“, 1993 Verlag C.F. Müller, Karlsruhe verwiesen. In diesem Buch sind u. a. Bodenrelevanz von Baustoffen, Baurestmassen und deren Wirkungsweise (allerdings mit Stand 1993) beschrieben. Aktuellere Hinweise, speziell für Bau- und Bauhilfsstoffe, finden sich in den Zulassungs-Datenblättern des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) (siehe Kap. 4.4.7) 47 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Unabhängig von der spezifischen Toxizität einzelner Produkte ist die physikalische Beeinträchtigung des Gas- und Flüssigkeitenaustausches im Porenbereich des Bodens zu berücksichtigen: · Öle sickern in die Poren ein und verdrängen Wasser und Sauerstoff. Je nach Konsistenz ist mit einem dauerhaften Verbleib zu rechnen (Persistenz). Den Organismen wird die Lebensbasis entzogen. · Leichtflüchtige Stoffe (Benzinbestandteile, Lösungsmittel) gasen aus, füllen die Porenräume und können den Sauerstoff verdrängen. In geringeren Dosen wirken viele bereits toxisch. Die Ausdünstungen strömen auch an die Bodenoberfläche und gefährden dort Tier und Mensch direkt, durch toxische Wirkung auf die Atmungsorgane. Bei Ansammlung von Gasen (Mulden, Hohlräume, Keller) können diese darüber hinaus explosive Gasgemische bilden. · (Rest-) Schlämme aus Mörtel, Zement oder vergleichbare Gemenge verschließen – in den Boden eingebracht – die Bodenporen, verhindern Gas- und Wasseraustausch und vernichten den Lebensraum der Bodenorganismen. 3.5.2.1 Anorganische Stoffe Schwefeldioxid und Stickstoffverbindungen Diese Stoffe sind zwar keine bautypischen Schadstoffverbindungen, sollen aber wegen ihrer Relevanz genannt werden. Infolge der Verbrennung von fossilen Stoffen kommt es zu massiven Einträgen der Verbrennungsabgase in den Boden. Dort führen sie zu einer Versauerung der Böden und in der Folge zu Tonmineralzerstörung, Mobilisierung von Schwermetallen und Nährstoffauswaschungen. Die Folge sind Schädigung von Bodenflora und Bodenfauna aber auch der Vegetation. Dies ist im Forstbereich bekannt unter dem Begriff Waldsterben.15 Cyanide Als solche werden die Salze der Blausäure bezeichnet. Die wasserlöslichen Salze sind hochgiftig, auch für Pflanzen und Bodenorganismen. Als bekanntestes Salz ist das Zyankali zu nennen. Cyanide fanden u. a. Verwendung in der Farbenherstellung (Berliner Blau). Auch wenn dessen Verwendung heute verboten ist, muss noch immer mit seiner Gegenwart bei Abbruch- und Renovierungsarbeiten gerechnet werden.15 48 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Schwermetalle Schwermetalle sind in der industriellen Produktion weit verbreitet. So sind Zementwerke wesentliche Thalliumemittenten. Blei wurde für Korrosionsschutz verwendet (Bleimennige) und hat durch seine Verwendung zu starker Anreicherung im Boden z. B. unter Masten geführt. Quecksilber und Arsen wurden, Kupfer und Chrom werden noch heute als Holzschutzmittel verwendet. Chrom findet auch Anwendung in der Baustoff-, Farben- und Korrosionsschutzherstellung. Nicht alle Stoffe sind in dieser Form heute noch zulässig oder finden ihren Weg in einer schädlichen Form auf die Baustelle. Aber die Verwendung von Baustoffen, welche in der Produktion umweltbedenklich sind sollte gleichfalls überdacht werden. Schließlich sind häufig Klärschlämme, Bioabfälle und Baggerschlämme, welche bei Rekultivierungsmaßnahmen und Bodenaufbereitungen Verwendung finden, mit Schwermetallen aus Düngemitteln angereichert. (Kupfer, Zink, Cadmium Chrom).15 Eine Unschädlichkeit bei Verwendung dieser Abfallprodukte ist daher entsprechend der Gesetzeslage immer zu prüfen. Gleiches gilt bei Landschaftsbaumaßnahmen unter Verwendung von Ersatzbaustoffen (z. B. Schlacken, Abbruchmaterial). Schwermetalle können im Boden entsprechend den beschriebenen Mechanismen in den Bodenstrukturen gebunden werden. Bodenversauerungen führen zur Mobilisierung der Metalle. Eine Anreicherung im Boden kann Bodenpopulationen schädigen, andere begünstigen. Es kommt zu einseitigen Verschiebung im Boden-Ökosystem. In der Folge werden Ab- und Umbauprozesse (z. B. von organischer Substanz, Mineralisierung von Stickstoff) gehemmt. Pflanzen reichern besonders Blei, Chrom und Quecksilber in Wurzeln und Blättern an.15 Die Toxizität von Schwermetallen ist für Pflanzen, Tier und Mensch zum Teil unterschiedlich ausgeprägt. Sie werden, je nach Verbindung, in unterschiedlichen Organen akkumuliert und entfalten dort gesundheitsschädliche Wirkungen. Dies kann u. a. den Gastrointesinaltrakt, das zentrale Nervensystem, Knochen, Embryonen oder die Hämsyntese und das Immunsystem betreffen.21 3.5.2.2 Organische Stoffe Unter „organische Stoffe“ versteht man in der Regel chemische Verbindungen mit dem Element Kohlenstoff C. Diese große Familie wird weiter unterteilt. 49 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Aromatische Kohlenwasserstoffe Ihre Verbindungen basieren auf kreisförmigen (cyclischen) Aneinanderreihungen der C-Atome. Eine Grundform bildet als 6-er-Ring das Benzol. An die freien Elektronen der C-Atome sind Wasserstoff-Atome H+ gebunden. Bild 22: Atommodell des Benzols 22 Bild 23: chemische Strukturformel des Benzols 23 Darüber hinaus gibt es unzählige weiter Formen, basierend auch auf anders zähligen Ringstrukturen mit zum Teil substituierten (ausgetauschten) C-Atomen aber auch beliebige Ringaddierungen. Wichtige Vertreter sind neben Benzol Toluol, Ethylbenzol und Xylol als Vertreter des Leichtöls. Sie werden auch unter der Bezeichnung BTEX zusammengefasst. Als leichte Flüssigkeiten sind sie sehr flüchtig und verbreiten sich auch im Boden schnell. Die Gefahr für Menschen geht von einer inhalativen Aufnahme aus und kann z. B. bei Benzol bis zur Ohnmacht aber auch zu Krämpfen und Lähmungen führen. In flüssiger Form führt es zu Hautreizungen. Auf Wasserorganismen wirkt es bereits bei geringen Konzentrationen toxisch. Über Auswirkungen auf Bodenorganismen liegen keine Informationen vor. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAK Unter dieser Gruppe sind unterschiedlich addierte Benzolringe in verschiedener Anzahl und Gruppierung zusammengefasst. C-Atome können durch Molekülgruppen substituiert sein. Auf Vorschlag der US-Umweltbehörde werden 18 PAK als Vertreter der Gruppe in Umweltproben analysiert und stellvertretend als „Gesamtgehalt“ benannt. Als Leitsubstanz und besonders toxischer* Vertreter ist Benzo(a)pyren am bekanntesten.15 PAK entsteht bei unvollständigen Verbrennungsvorgängen jeglicher Art, also auch bei Energiegewinnung auf Erdölbasis und bei Müllverbrennung auf der Baustelle. PAK werden leicht sorbiert * giftig, umweltgefährdend, karzinogen (Krebsauslösend) 50 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes und reichern sich daher in Humusschichten an. Wurzelgemüse sollte daher gründlich gereinigt werden. Eine Anreicherung in Pflanzen selbst ist nicht möglich. Einige Vertreter der PAK werden als kanzerogen (krebserregend) eingestuft. Diese können auch oral oder inhalativ aufgenommen werden. Abbauprodukten (Metabolite) werden darüber hinaus mutagene und gentoxische Wirkungen zugeschrieben.25 Für PAK existieren diverse Prüfwerte (ein Handlungsbedarf ist zu prüfen). 24 Bild 24: Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAK, Quelle: Aliphatische Kohlenwasserstoffe Hierunter fallen alle Kohlenwasserstoffverbindungen in Kettenform. Die C-Atome reihen sich durch Einfachbindung (Alkane), Doppelbindung (Alkene) oder Dreifachbindung (Alkine) aneinander. An die freien Elektronen sind Wasserstoffatome gebunden. Als einfachster Vertreter der Alkane ist Methan CH4 zu nennen. Durch Kettenverlängerung folgen Ethan C2H6, Propan C3H8, Butan C4H10 usw. Infolge von Substitution der H-Atome sind zahllose Varianten möglich. 51 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Moleküle mit kurzen Ketten (bis Butan) sind gasförmig und geruchsneutral. Bis zu einer Kettenlänge von 17 C-Atomen sind sie flüssig, darüber fest. Die genannten Alkane sind, neben aromatischen KW, typische Vertreter der Mineralölkohlenwasserstoffe MKW. Kommt es zu Bodenverunreinigungen durch Mineralöle, sickert dieses in den Boden ein und verdrängt Wasser und Sauerstoff und bleibt anteilig in den Bodenporen, je nach Porengröße und Kontinuität, hängen. Diesen Anteil nennt man Residualsättigung. Er beträgt je nach Boden 15 bis 40 Liter pro m³ Boden.25 Aufgrund der Ausgasung der Alkane kommt es zu einer Verdrängung des Sauerstoffs und damit zur Erstickungsgefahr für die Bodenlebewesen aber auch für Mensch und Tier an der Oberfläche, besonders in geschlossenen Räumen. Bereits geringste Mengen können Benommenheit und Bewusstseinsstörungen beim Menschen hervorrufen. Die kanzerogene Wirkung beim Menschen ist nicht abschließend belegt, bei Ratten aber bestätigt.25 In den gesetzlichen Regelungen sind Prüfwerte vorgegeben. Halogenierte Kohlenwasserstoffe Neben Flour, Jod und Brom zählt Chlor zu den wichtigsten Substituenten (Austausch-Ion) an Kohlenwasserstoffen. Mit diesen Halogenen ausgestattete KW-Moleküle werden als halogenierte Kohlenwasserstoffe, speziell mit Chlor ausgestattete als chlorierte KW (CKW) bezeichnet. Methan- oder Ethanderivate (ein oder mehrere H- sind ersetzt durch Cl-) sind leicht flüchtig und werden als LCKW (leichtflüchtige CKW) benannt. LCKW fanden eine breite Anwendung als Reinigungs- und Lösungsmittel, zur Metallentfettung und zur Farbenherstellung. Bekannt wurden sie besonders als Kältemittel (Fluorchlorkohlenwasserstoffe, FCKW in Kühlschränken). In Deutschland sind sie in der zwischen Zeit verboten, was jedoch nicht mit deren Abwesenheit gleichzusetzen ist. CKW sind im Vergleich zu Wasser sehr mobil und durchwandern selbst dichte Bodenzonen oder gar Beton bis zum Grundwasser und verbreiten sich relativ schnell. Unter Einwirkung von Wasser, Sonnenlicht und anderen Katalysatoren neigen die Moleküle zur Zersetzung und es entstehen Salzsäure und deren Salze. Unter Temperatureinwirkung können giftige und aggressive Zersetzungsprodukte entstehen. Durch ihre Persistenz sorgen sie für lang andauernde Verunreinigungen und Boden- und Grundwasserschädigungen. Da CKW lipophil sind, können sie leicht vom menschlichen Organismus aufgenommen werden und dort zu Leber- und Nierenschädigungen sowie zu Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems führen. Einige Vertreter stehen auch in Verdacht krebserregend zu sein. 52 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes In der BBodSchV und anderen Regelwerken werden Prüfwerte genannt. Poliychlorierte Biphenyle (PCB) sind Vertreter der schwerflüchtigen CKW. Sie setzen sich aus zwei Benzolringen (Phenylgruppe) zusammen, deren Wasserstoffatome beliebig durch ChlorAtome ersetzt sein können. Durch Einbau eines bzw. zweier Sauerstoffatome zwischen die Ringe entstehen Derivate der Dioxine und Furane (z. B. Polychloriertes Dibenzodioxin (PCDD) und Dibenzofurane (PCDF)), welche als Abfallprodukte in der industriellen Produktion entstehen. Diese Verbindungen sind als extrem giftig bekannt und haben z. B. traurige Bekanntheit durch einen Chemieunfall in Seveso erhalten. Nur für PCDD und PCDF sind in der BBodSchV Maßnahmenwerte (Gegenmaßnahmen sind einzuleiten) für den Pfad Boden – Mensch genannt. PCB finden Verwendung als Hydraulikflüssigkeit, Kühlmittel, Isoliermittel, in Kunststoffen als Weichmacher und als Holzschutzmittel. Aufgrund ihrer Giftigkeit beschränkt sich die heutige Verwendung weitgehend auf geschlossene Systeme. Allerdings sind sie wegen ihrer geringen Abbaubarkeit in der Umwelt bereits ubiquitär (übrall) verbreitet und reichern sich in Pflanzen und Lebewesen, je nach Kongener (Varianten einer Molekülgruppe) an. Nicht unberücksichtigt bleiben darf die Akkumulation dieser Stoffe in Baggergut und Klärschlämmen. Werden Baggergut und Klärschlämme auch für Bodenaufbereitungs- und Rekultivierungszwecke genutzt, hat eine besondere Überwachung der beinhalteten Schadstoffe statt zu finden. PCB wird als kanzerogen eingestuft. Außerdem setzt es die Vitalität und Widerstandskraft herab und führt zu Säuglingssterblichkeit. Eine Akkumulation finden in der Leber statt. Bei Nitroaromaten werden Nitrogruppen (-NO2) substituiert. Bekanntester Vertreter dürfte Trinitrotoluol sein (TNT). Diese Verbindungen werden nicht nur in der Sprengstoffherstellung sondern auch zur Herstellung von Farbstoffen, Herbiziden und Polyurethanschäumen verwendet. Tenside wirken der Oberflächenspannung des Wassers entgegen. Die Kontaktfähigkeit des Wassers an hydrophoben Oberflächen wird dadurch optimiert und eine Reinigung erleichtert. Tenside werden daher als Reinigungsmittel aber auch als Emulgatoren, Antistatika und Flotationschemikalien genutzt. Organzinnverbindungen (OZV) werden durch C-Sn (Zinn)-Verbindungen charakterisiert. Sie dienen u. a. für Unterwasseranstriche, Pflanzen- und Holzschutzmittel. Auch Pflanzenschutzmittel (PSM) in der Form von Herbi-, Fungi- und Insektiziden finden auf Baustellen Anwendung. Ohne diese im Detail zu betrachten, ist festzustellen, dass sie in sich bereits toxische Wirkungen besitzen, welche in den seltensten Fällen rein selektiv wirken. Daher 53 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes ist bei Bodenkontamination grundsätzlich von einer schädigenden Wirkung des Bodenökosystems auszugehen. 3.5.2.3 Zusammenfassung Die aufgeführten Stoffe sind meist Bestandteile von Bau- oder Bauhilfsstoffen. Als Reinstoff sind sie selten verwendet und im verarbeiteten Zustand selten erkennbar. Hilfreich sind Inhaltsangaben und Warnhinweise auf Gebinden sowie in den Begleitpapieren. Im Zweifel ist von einem Gefährdungspotenzial der Stoffe auszugehen. Für Hilfsstoffen wie Abbeiz-, Hydrophobierungs-, Anstrich- und Reinigungsmittel, Klebstoffen und Säuren und Laugen gilt dies grundsätzlich. Jedoch ist das Einbringen jeden Stoffes in den Boden – es sei denn es ist unbelastetes Wasser – zu jeder Zeit zu vermeiden. 3.5.3 Nichtstoffliche Gefährdung Hierunter sind Gefährdungen durch mechanische Bodenveränderungen zu verstehen, welche negative Auswirkung auf die natürlichen Bodenfunktionen haben. Für ein Verständnis, dass solche Veränderungen als Schädigungen des Bodens einzustufen sind, sind die beschriebenen Grundlagen des Bodenaufbaues und der damit im Zusammenhang stehenden Prozessabläufe notwendig. Möglicherweise werden derartige Schäden auch in Ermanglung dessen bisher weitgehend nicht beachtet. Selbst in der Landwirtschaft, wo die Verhinderung derartiger Schäden als „gute fachliche Praxis“ Eingang in das Bundesbodenschutzgesetz gefunden hat, ist eine Anwendung des Wissens zur Vermeidung nichtstofflicher Schädigungen nicht allgegenwärtig. Zur Bestätigung dieser Behauptung genügt leider noch immer ein Gang mit offenen Augen über die Flur oder durch den Wald. Aber auch im Alltag der Baumaßnahmen, wo Erdreich in großem Maßstab befahren, umgelagert, offen gehalten und überbaut wird, ist die mechanisch bedingte Bodenschädigung zu vermeiden. Diese Aussage bezieht sich auf die ca. 50 % nicht überbaute SuV-Fläche, welche nach Abschluss der Baumaßnahme wieder natürliche Bodenfunktionen übernehmen soll. In der Regel entspricht dies Sport-, Garten- und (Landschafts-) Parkflächen oder Randstreifen und Grüninseln im Straßenbau. Zu berücksichtigen sind aber auch die Flächen, welche vorübergehend als Baustraßen und Baunebenflächen oder für Leitungsbau landwirtschaftlichen Flächen entliehen werden. Im Folgenden werden die einzelnen Gefährdungspotentiale besprochen. 3.5.3.1 Erosion Unter Erosion versteht man die oberflächennahe Ablösung und den Transport von Bodenteilchen (Partikel und Aggregate). Unterschieden wird zwischen Wasser- und Winderosion, man benennt aber auch die Bearbeitungserosion. Die oberflächennahen Teilchen werden mechanisch 54 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes losgelöst*, wobei bereits in Bewegung befindliche Teilchen weiter losreisen können. Unbedeckte Böden sind dafür besonders anfällig. Sie sollten daher vermieden werden. Durch Bearbeitung des Bodens wird der Boden zusätzlich gelockert, Makrogefüge werden zerstört, Feinpartikel können leichter verfrachtet werden. Diese Bewegung wird an Hängen noch begünstigt. Gerade Feinpartikel können weit verfrachtet werden und z. B. Gewässer belasten (zu Eutrophierung führen). Der Feinanteil des Bodens sinkt infolge der Erosion und damit auch seine Wasser- und Nährstoffkapazität, was besonders bei Sandböden mit geringem Tonanteil dramatische Folgen haben kann. Durch Bedeckung der Bodenoberfläche (Begrünung oder Mulchen) aber auch durch Förderung der Bodenentwicklung (Gefügestabilisierung) kann diese Degradation von Böden verhindert werden. Wassererosion wird als noch bedeutender angesehen. Sie findet an Hängen in deutlich sichtbarem Maßstab statt, wenn stabiler Oberboden auf instabilem Unterboden zu liegen kommt. Dies kann u. a. bei Rekultivierungsmaßnahmen geschehen, wenn Unterboden und Oberboden nicht aufeinander abgestimmt sind. In Deutschland wird eine durchschnittliche Abtragrate von 10 t/ha und Jahr (= 1 kg/m² a) als Größenordnung für Wassererosion genannt, sie kann an Einzelstandorten aber auch das 10fache erreichen. Bei Baumaßnahmen ist darauf zu achten, dass Bodenflächen, insbesondere Bodenzwischenlager und Flächen mit Hangneigung, nicht unnötig offen liegen bleiben. Wo möglich soll auf den Abtrag des Oberbodens (Grasnarbe) verzichtet werden, da er einen dauerhaften Schutz bietet. 3.5.3.2 Mechanische Bodenverformung Unter Bodenverformung versteht man zum einen die Bodenverdichtung, durch welche die wasser- und gasgefüllten Porenanteile aber auch das Gesamtvolumen abnehmen. Zum anderen sieht man darin eine Scherung welche die Porenfunktion und besonders die Porenkontinuität verändert. Die Porenzahl bleibt dabei gleich. Zu Bodenverdichtungen haben auch in früheren Zeiten geogene (z. B. Gletscherlast) und pedogene (z. B. Auflast) Bedingungen geführt. Eine Gefahr für Böden stellen aber immer mehr die anthropogen verursachten Verdichtungen durch immer intensivere Belastungen dar. Deutlich erkennbar ist dies in Bild 25 als übermäßige Verdichtung im Unterboden. Während durch Bodenbearbeitung der Oberboden locker gehalten wird, stellt sich durch Wiederbefahrung darunter eine zunehmende Verdichtung ein, welche durch natürliche Entwicklung nicht mehr beseitigt werden kann. Diese verdichtete Ebene entspricht einer Wasserstauebene, welche ein * Ablösung durch Regen, Wind und Vorgänge, die bereits im Kapitel Verwitterung beschrieben wurden. 55 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Absickern von Regenwasser verhindert (Überflutungs- und Erosionsgefahr) und zu anaeroben Bodenbedingungen (Staunässe verdrängt den Sauerstoff) in diesem Bereich führt (Fäulnis). Diese Erkenntnis ist in der Landwirtschaft bereits weit verbreite. Sie wäre in gleichem Maß auf den Baubereich bei Befahrung von Böden mit schweren Baumaschinen zu übertragen. Bei Fahrbelastung wird ein Druck ausgeübt, der im Boden nach unten und zur Seite weitergegeben wird und dabei stetig abnimmt. Bei weichem Boden wirkt sich die Belastung in größere Tiefen aus, als bei festem Boden, welcher eine größere Gegenkraft entgegensetzen kann (siehe Bild 20). Entsprechend ist Boden, umso feuchter und weicher er in der Konsistenz wird, vor übermäßigen Belastungen zu schützen. In gleicher Weise wie in Bild 26 dargestellt, werden auch andere Kräfte in Böden weitergegeben, so sollten dauerhafte Belastungen durch Fundamente oder Stützmauern (Auswertung der Belastungsisobaren, welche sich bei Stützmauern auch horizontal auswirken können) nach deren verdichtenden Auswirkungen auf den Boden im Zusammenhang mit geplanten Bepflanzungen beurteilt werden. Bild 25: Tiefenverteilung der Vorbelastungen am Bild 26: „Druckzwiebeln“ bei links weichem und Bsp. einer Parabraunerde aus Geschiebemergel rechts festem Boden Den Schadverdichtungen durch Befahrung des Bodens versucht man vorzubeugen, indem man die Fahrzeuglast auf größere Standflächen verteilt. Der Bodendruck wird vermindert und dadurch eine geringere Verdichtung hervorgerufen. Zum einen besteht die Möglichkeit, Mehrachser oder Zwillingsbereifung zu wählen. Zum anderen kann auch der Reifendruck vermindert werden, um die Aufstandsfläche zu vergrößern. Für letztgenannte Methode sind jedoch spezielle, weiche Reifen notwendig, die unter Druckverminderung nachgeben. Allerdings ist der Spielraum zur Verminderung der Bodenpressung dabei stark begrenzt. 56 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bodenverdichtung geschieht auch bei Zwischenlagerung von Boden durch zu hoch aufgeschüttete Erdmieten alleine durch Eigenlast. Es kommt in der Folge zu Sauerstoffmangel und Fäulnisbildung. Weiter Hinweise für das Anlegen von Mieten finden sich unter Kapitel 6.8.8.3. 3.6 Bodenkundliche Erfordernisse Als Grundlage für das Verstehen von Zusammenhängen wird das Wissen um die Sachverhalte gesehen. Daher ist eine primäre Forderung, dass bodenkundliches Grundwissen in die Lehre der Berufe Eingang finden muss, welche bei ihren Tätigkeiten Eingriffe in den Boden vornehmen. Dazu sind in erster Linie alle Raumordnung-, Landschafts-, Stadt- und Bauplaner (Architekten, Hoch-, Tief- und Straßenbauer) sowie die entsprechenden ausführenden Berufe vom Bauunternehmer bis zum Maschinenführer zu rechnen. In der Fortsetzung sollte Bodenkunde auch den weiteren am Bau Beteiligten (Vermesser, Rohbauer, Ausbauhandwerker, Gärtner) vermittelt werden, welche bei ihrer Arbeit den Boden gefährden können. Schließlich ist ein allgemeinbildendes Vermitteln von bodenkundlichem Grundlagenwissen bereits in den Schulen zu fordern. Zum Teil geschieht dies schon. Schädigende Wirkungen von stofflichen und nichtstofflichen Einflüssen auf den Boden sind bekannt. In der Land- und Forstwirtschaft hat man breite Untersuchungen zu Folgewirkungen von Pflanzenschutzmitteln (PSM) und Düngemaßnahmen auf den Boden durchgeführt, ebenso zu Erosionsverhalten und Verdichtung sowie Lockerung als Gegenmaßnahme. Vieles hat bereits den Eingang in die „gute landwirtschaftliche Praxis“ gefunden. Daneben gab es umfangreiche Forschungen im stofflichen Bereich, speziell bezogen auf die Altlastensanierung. Es besteht aber weiter Forschungsbedarf, bezogen auf die unterschiedlichsten Boden-, Bearbeitungs- und Eingriffssituationen, aber auch einzubringende (Bau-) Stoffe. Ein wesentliches Ziel sollte dabei die praxistaugliche Anwendung von Hilfswerten zur Vermeidung von Bodenschädigungen sein. Dazu müssen weiter intensive Forschungen betrieben werden, um die Zusammenhänge zwischen Bodeneingriff (stofflich oder nichtstofflich) und Reaktionen des Bodenökosystems und Bodengefüges auf diese Eingriffe formulieren zu können. Noch wichtiger sind aber eine Benennung der daraus folgenden Gesamtauswirkung auf die (bzw. Teilbereiche der) Umwelt und das Gesamtökosystem. Denn daraus erst kann sich eine Bewertung des Eingriffs als schädigend, tolerabel oder unbedenklich ergeben. Für die Praxis sind taugliche Verfahren und Parameter zu benennen, welche unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Einschätzung der Situation ermöglichen und wirtschaftliche Handlungshinweise vorgeben. Für manche Stoffe und Situationen hat man bereits Regeln festgeschrieben. Die Diskussionen darum zeigen, dass es nicht möglich ist, allen, zum Teil 57 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes widersprechenden Einflussfaktoren gerecht zu werden. An dieser Stelle ist dann eine Abwägung der Faktoren im Einzelfall nötig. Aber auch für die Bewertung der Gewichtigkeit eines Faktors werden Hilfestellungen benötigt. Ist eine Entscheidung über eine zukünftige Nutzung einer Bodenfläche zu treffen (Bodenfunktion), können neu zu entwickelnde Bodenbewertungssysteme einer Abwägung dienlich sein. Anhand von Bewertungsfaktoren ist so der zukünftige Nutzen (z. B. Überbauung und Versiegelung) aber auch der Verlust einer Bodenfunktion (z. B. leistungsfähige landwirtschaftliche Nutzfläche, wie sie heute schon bewertet wird) bezifferbar oder zumindest benennbar und kann so anderen Faktoren direkt gegenüber gestellt werden. 58 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 4 Rechtliche Grundlagen 4.1 Einleitung „Recht ist ein Sammelbegriff für alle Ordnungssysteme, deren Ziel es ist, das Zusammenleben in einer Gesellschaft verbindlich und auf Dauer zu regeln bzw. soziale Konflikte zu vermeiden.“26 Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) sind die Staatsform und die Rechtsordnung Deutschlands begründet. Die Rechtsordnung ist für eine internationale Zusammenarbeit geöffnet.27 Beeinflusst durch das EU-Recht wird eine im GG vorgegeben Hierarchie der Bundes- und Landesgesetze und der darin begründeten Verordnungen in der Praxis gelebt. Ergänzend dazu werden Normen und Richtlinien geschaffen und Merkblätter verfasst, welche die Rechtsvorgaben für die alltägliche Anwendung gebrauchstauglich umsetzen, aber auch ein einheitliches Handeln bezwecken wollen. Die Folge ist ein „einerseits immer komplexer werdendes System, das andererseits trotzdem in einem dauernden Spannungsverhältnis zum Prinzip der Gerechtigkeit steht.“26 Gerade im Themenbereich Bodenschutz sind diese Rechtsgrundlagen i. w. S. in einer Breite verstreut, dass zum Verständnis der aktuellen Sachlage im Umgang mit Boden im Bereich von Baumaßnahmen eine strukturierte Darstellung dieser Grundlagen durch alle Hierarchien notwendig ist. Im Folgenden werden zunächst die gesetzlichen Regelungen des mittelbaren und dann des unmittelbaren Bodenschutzes genannt, um anschließend die wesentlichen praxisrelevanten untergesetzlichen Regelungen vorzustellen. 4.1.1 Bodenschutzrechtliche Grundlage auf EU-Ebene Auf EU-Ebene existiert bisher keine gemeinsame Rechtsgrundlage, welche dem Schutz der Böden dient. Die EU-Kommission hat zwar 2006 ein Strategie zum Schutz des Bodens vorgelegt, welche einen Vorschlag für eine Bodenrahmenrichtlinie enthält, diesen hat die Bundesregierung jedoch im Wesentlichen aus Gründen der Nichtvereinbarkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip* im Dezember 2007 abgelehnt. Der Umweltrat der EU hat daraufhin erneut seine Beratungen aufgenommen.28 Somit ist, wenn auch in noch nicht absehbarer Zeit, zukünftig auch im Bodenrecht eine einheitliche Rechtsgrundlage auf EU-Ebene zu erwarten. * [Von lat. subsidium: Hilfe] Nach dem Subsidiaritätsprinzip soll eine (staatliche) Aufgabe soweit wie möglich von der unteren Ebene bzw. kleineren Einheit wahrgenommen werden. Die Europäische Gemeinschaft darf nur tätig werden, wenn die Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht ausreichen und wenn die politischen Ziele 26 besser auf der Gemeinschaftsebene erreicht werden können. 59 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 4.1.2 Vorgaben durch das Grundgesetz (GG)29 Seit der Föderalismusreform 2006 in Deutschland gilt zunächst grundsätzlich, dass das Recht der Gesetzgebung die Länder inne haben, soweit das „Grundgesetz nicht dem Bund die Gesetzgebungskompetenz verleiht.“ (GG, Art. 70, Abs. 1) „Die Abgrenzung der Zuständigkeit [...] bemisst sich nach den Vorschriften [...] über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.“ (GG, Art.70, Abs. 2) „Im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetz ausdrücklich ermächtigt werden.“ (GG, Art. 71) Die Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung sind in Artikel 73 gelistet. „Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.“ (GG, Art. 72, Abs. 1) Diese Art der Gesetzgebung erstreckt sich auf die in Artikel 74 aufgeführten Gebiete. Unter Punkt 18 des Abs. 1 ist unter anderem das Bodenrecht genannt*. Es unterliegt damit der konkurrierenden Gesetzgebung ohne Erforderlichkeitsklausel** nach Art. 72, Abs. 2 GG. Der Bund hat also mit dem Bundes-Bodenschutzgesetz (vgl. Kapitel 4.1.3 und 4.3.1) den Ländern die Befugnis zur eigenen Gesetzgebung im Bereich des unmittelbaren Bodenschutzes genommen. Darüber hinaus finden sich in weiteren, der konkurrierenden Gesetzgebung unterliegenden Gesetzen, bodenschutzrelevante Vorgaben. Im hier behandelten Zusammenhang sind zu nennen: · Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG32) · Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG35) · Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG36) · Raumordnungsgesetz (ROG37) · Baugesetzbuch (BauGB39) 4.1.3 Verhältnismäßigkeit des BBodSchG zu anderen Gesetzen Bei Betrachtung rechtlicher Rahmenbedingungen zum Bodenschutz begegnet man an erster Stelle dem „Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von * Der Begriff „Bodenrecht“ unter Punkt 18 bezieht sich im Schwerpunkt auf verteilungs- und wohnbaupolitische Komponenten, er ist nicht umfassend. Für ein Bodenschutzgesetz ist daher darüber 33 hinaus eine weitere Abstützung auf andere Titel wie z. B. Abfallwirtschaft notwendig. ** nach GG, Art. 72, Abs. 2: d.h., soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechte an eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich sind. 60 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Altlasten“ (BBodSchG). Das BBodSchG ist in der Rechtsgeschichte noch relativ jung. Vor dessen in Kraft treten am 1.3.1999 entstanden im Laufe der Historie bereits zahlreiche bodenschutzrelevante Normen, welche primär den Umgang mit anderen Umweltbereichen oder Umweltmedien* regelten. Im Gegensatz zum Ziel des unmittelbaren Bodenschutzes im BBodSchG wird dort in der Regel ein mittelbarer Bodenschutz verfolgt, mit der Vorgabe andere Güter zu schützen.30 Im Ergebnis ist die rechtliche Regelung des umfassenden Bodenschutzes auf viele Normen verteilt. Ein identisches Begriffsverständnis (z. B. einheitliche Definition „Boden“), gleichgerichtete Grundsätze und Ziele oder eine ebensolche Einordnung in das Wirkgefüge bekannter Umweltaspekte wird hier ebenso vermisst wie einheitliche und verbindliche Beurteilungsmaßstäbe im Konkreten. Die Einschlägigkeit des BBodSchG ist daher genauer zu betrachten. Im Kontext mit Kampfmittelräumung oder atomrechtlich geregelten Sachverhalten30 findet das BBodSchG keine Anwendung (§ 3 Abs. 2). In Bezug auf Abs. 1 des § 3 konkret genannte Bereiche ist es nur subsidiär (nachgeordnet) anzuwenden, soweit Einwirkungen auf den Boden nicht bereits in den dort aufgeführten Vorschriften geregelt sind. Darunter sind (in hier relevantem Zusammenhang) besonders zu nennen: · Nr. „8. Vorschriften über Bau, Änderung, Unterhaltung und Betrieb von Verkehrswegen“ · Nr. „9. Vorschriften des Bauplanungs- und Bauordnungsrechtes“ · Nr. 1 und 2 „Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes“ Diese und weitere Spezialgesetze entfalten ihre Vorrangwirkung gegenüber allgemeinregelnden Gesetzen entsprechend üblicher Rechtsauslegung. „Das BBodSchG ist also nicht als Ersatz für, sondern als Ergänzung zu bestehenden Regelungen gedacht.“30 Schließlich gibt es auch ein Nebeneinander zum BBodSchG, so sind – nach verbreiteter Auffassung – z. B. das Naturschutzrecht oder das Wasserrecht dem Bodenschutzrecht gleichrangig zu bewerten.45 Die mögliche Relevanz des BBodSchG in Bezug zu anderen Normen lässt sich demnach im Wesentlichen wie folgt klassifizieren: * · keine Anwendbarkeit nach § 3 Abs. 2 BBodSchG · Subsidiarität nach § 3 Abs. 1 BBodSchG · Spezialgesetzen nachgeordnet nach üblicher Rechtsauslegung · gleichberechtigt31 Unter Umweltmedien versteht man Atmosphäre (Luft), Hydrosphäre (Gewässer) und Lithosphäre (Boden). 61 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bei nachgeordneter Relevanz des BBodSchG wird diesem jedoch insoweit eine Bedeutung zugesprochen wie es Sachverhalte konkretisiert, die in den hierarchisch darüber stehenden Vorschriften nicht geregelt sind. Dementsprechend geben die baurechtlichen Normen regelmäßig keine Auskunft über materielle Maßstäbe, welche im Rahmen der pflichtgemäßen Abwägung in der Bauleitplanung z. B. hilfreich sind.45 Hier ist eine Durchgriffsmöglichkeit entsprechend der Formulierung „... soweit nicht geregelt...“ in § 3 Abs. 1 auf das BBodSchG nach verbreiteter Meinung gegeben, aber eben nur in diesem engen Rahmen. So ist z. B. für das Bauobjekt Deponie das BBodSchG nicht anzuwenden. Für die Durchführung der Baumaßnahme an sich kann jedoch nicht angenommen werden, dass jede unverhältnismäßige Einwirkung auf den Boden – überspitzt formuliert – unter dem Deckmantel „Deponiebau“ gut geheißen wird. Somit sind bei der Ausübung der nötigen Arbeiten die Handlungsgrundsätze des BBodSchG trotzdem zu beachten. Aufgrund der beschriebenen Rechtshierarchie soll zunächst auf die übergeordneten Gesetze und erst anschließend auf das subsidiär geltende BBodSchG und seine entsprechende Verordnung eingegangen werden. 4.2 Gesetzliche Regelungen des mittelbaren Bodenschutzes 4.2.1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG)32 Das BBodSchG ist entsprechend BBodSchG § 3 Abs. 1 Punkt 1 und 2 dem KrW/AbfG subsidiär anzuwenden, entfaltet aber seine Wirkung in den Bereichen, in denen keine Regelungen im KrW/AbfG getroffen sind. „Zweck des Gesetzes ist die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen und die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen.“ (KrW/AbfG § 1) „Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für 1. die Vermeidung, 2. die Verwertung und 3. die Beseitigung von Abfällen.“ (KrW/AbfG § 2 Abs. 1) Entsprechend gilt der Grundsatz, dass Abfall in erster Linie zu vermeiden und in zweiter Linie zu verwerten ist (KrW/AbfG § 4). Diese Verwertungspflicht nach § 5 und die Beseitigungspflicht nach § 11 beziehen sich auf jeden Erzeuger oder Besitzer von Abfall. Eine Beseitigung von Abfällen hat gemeinwohlverträglich zu erfolgen (KrW/AbfG § 10). Zentraler Punkt des Rechtsverständnisses im Umgang mit Boden ist der Abfallbegriff: 62 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Nach § 3 sind „Abfälle im Sinne dieses Gesetzes [...] alle beweglichen Sachen [...] deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muß.“ Auf Boden trifft diese Definition also nur zu, wenn er ausgehoben wurde, da er erst durch diesen Vorgang beweglich wird. Ist dieser Boden auf der Baustelle überschüssig und der Eigentümer möchte sich dessen entledigen, so wird dieser Boden per dieser Definition zum Abfall, gleich welcher Zustand oder welche Wertigkeit ihm zugewiesen werden könnte. Eine „Entledigung [...] liegt vor, wenn der Besitzer bewegliche Sachen einer Verwertung [...] oder einer Beseitigung [...] zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.“ (Abs. 2 ebd.). „Der Wille zur Entledigung [...] ist hinsichtlich solcher beweglicher Sachen anzunehmen, 1. die bei [...] Herstellung [...] von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne daß der Zweck der jeweiligen Handlung hierauf gerichtet ist oder 2. deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne daß ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt. Für die Beurteilung der Zweckbestimmung ist die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zugrunde zu legen.“ (Abs. 3 ebd.). (subjektiver Abfallbegriff). „Der Besitzer muß sich beweglicher Sachen [...] entledigen, wenn diese entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung nicht mehr verwendet werden, aufgrund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt zu gefährden und deren Gefährdungspotential nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann.“ (Abs. 4 ebd.). (objektiver Abfallbegriff). Im Detail sind diese Beschreibungen allerdings nicht abschließend. Das Ergebnis sind widersprüchliche Rechtsentscheide, insbesondere in Bezug auf kontaminierten, ausgehobenen Boden, welcher vor Ort verbleiben soll.33 Es bleibt zu hoffen, dass in Bezug auf Boden die Regelungen in einem neuen KrW/AbfG eindeutiger formuliert sein werden. Im aktuell vorliegendem Entwurf sind jedenfalls in § 2 „Geltungsbereich“ „Böden (in situ), einschließlich nicht ausgehobener, kontaminierter Böden [...] und nicht kontaminierte Böden und andere natürlich vorkommende Materialien, die im Zuge von Bauarbeiten ausgehoben wurden, sofern sicher ist, dass die Materialien in ihrem natürlichen Zustand an dem Ort, an dem sie ausgehoben wurden, 63 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes für Bauzwecke verwendet werden“ vom Geltungsbereich der Vorschriften dieses Gesetzes ausgeschlossen.34 Einen Streitpunkt könnte in diesem Zusammenhang der nicht eindeutig definierte Begriff „Baumaßnahme“ darstellen, wenn es um reine Bodenbewegung oder solcher im Zuge von Kampfmittelräumung in kontaminierten Bereichen handelt. Ist nun mangels Vermeidung Bodenabfall entstanden, muss dieser entsprechend des KrW/AbfG verwertet werden. In gleicher Weise muss Bodenmaterial (falls Abfall zur Verwertung) beurteilt werden, welches im ursprünglichen Sinn kein Boden nach BBodSchG ist, (vgl. hierzu Kap. 4.3.1) aber nach Einbau und eventueller Behandlung bodenähnliche Funktionen übernehmen kann. Da diese Verwertung gemeinwohlverträglich sein muss und außerdem bei Aufbringung dieses Abfalls auf Boden an anderer Stelle die Schadlosigkeit des Aufbringens nach BBodSchG und BBodSchV nachgewiesen werden muss, beginnt an dieser Stelle die komplizierte Beurteilung der schadlosen Verwertung, welche von einer Vielzahl von Bewertungs- und Beurteilungskriterien abhängt. An dieser Stelle soll auf die BBodSchV und untergesetzliche Regelungen verwiesen werden, welche im Folgenden aufgeführt werden. 4.2.2 Wasserrecht (WHG)35 Das am 1. März 2010 in Kraft getretene WHG unterliegt nach der Föderalismusreform 2006 der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis ohne Erforderlichkeitsklausel (GG Art 74 u. Art. 72 Abs. 3). Im Zuge der Anpassung an die neue Rechtslage wurde es grundlegend neu strukturiert. Es ist seit 1. März 2010 in Kraft. Das WHG und das BBodSchG gelten nebeneinander.45 „Zweck dieses Gesetzes ist es, durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen.“ (WHG § 1) Obwohl der Boden an dieser Stelle in keiner Weise genannt ist, so ist doch das Wasserschutzrecht in einer besonderen, natürlichen Weise mit dem Bodenschutzrecht verflochten, da bei einer schädlichen Bodenveränderung in der Folge auch immer ein wasserschutzrechtlicher Eingriff zu besorgen ist. Schädliche Stoffeinträge im Boden werden z. B. in das Grundwasser verlagert und verunreinigen dieses. Durch Bodenverdichtung wird der natürliche Wasserkreislauf (Versickern) eingeschränkt und die Grundwasserneubildungsrate vermindert. Das WHG gilt neben oberirdischen Gewässern und Küstengewässer auch für Grundwasser und für Teilbereiche der Gewässer (WHG § 2 Abs. 1). Bei Grundwasser ist zu beachten, dass Sickerwasser im Boden, welches noch nicht die Sättigungszone erreicht hat, entsprechend BBodSchG als flüssiger Bestandteil (Bodenlösung) des Bodens gilt und somit dem BBodSchG 64 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes unterliegt. Die Abgrenzung zwischen Wasser- und Bodenrecht ist auch für Haftungsfragen wesentlich. (s. u. Kap. 4.2.7) In Abschnitt 6 WHG wird der Umgang mit Hochwasser geregelt. Da Hochwasserereignisse an sich durch Bauten negativ beeinflusst werden, ist in § 78 WHG grundsätzlich die Möglichkeit des Bauens in Überschwemmungsgebieten geregelt. Die Länder werden in § 78 Abs. 5 Nr. 5 und 6 WHG ermächtigt, für Ansiedlungen in Überschwemmungsgebieten konkrete Maßnahmen zu fordern. Darunter fallen Maßnahmen „zum hochwasserangepassten Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, einschließlich der hochwassersicheren Errichtung neuer und Nachrüstung vorhandener Heizölverbraucheranlagen sowie des Verbots der Errichtung neuer Heizölverbraucheranlagen“ [und] zur Vermeidung von Störungen der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung“. Auch dies sind wesentliche Maßnahmen zur Vermeidung flächiger, baubedingter Bodenkontamination, in diesem Fall nach Hochwasser. 4.2.3 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)36 Auch das am 1. März 2010 in Kraft getretene „Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege“ wurde nach der Föderalismusreform 2006 der neuen Rechtslage (konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis) angepasst. Das Gesetz regelt gesamtheitlich den Schutz des räumlich und sachlich umfassenden Naturhaushaltes. Es gilt damit für unbesiedelte und besiedelte Bereiche und betrachtet die Naturgüter (Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere und Pflanzen (BNatSchG § 7 Abs. 1 Punkt 2) nicht einzelnen sondern in ihrem komplexen Wirkungsgefüge.48 Die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind im Konkreten in § 1 des Gesetzes umfangreich aufgelistet. Danach sind speziell „Böden so zu erhalten, dass sie ihre Funktion im Naturhaushalt erfüllen können; nicht mehr genutzte versiegelte Flächen sind zu renaturieren oder, soweit eine Entsiegelung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, der natürlichen Entwicklung zu überlassen“ (BNatSchG § 1 Abs. 3 Punkt 2). Diese Forderung wird im BauGB und BBodSchG erneut aufgegriffen. Darüber hinaus sind „[z]ur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts [...]“, insbesondere nach Punkt 1 ebd., „die räumlich abgrenzbaren Teile seines Wirkungsgefüges im Hinblick auf die prägenden biologischen Funktionen, Stoff- und Energieflüsse [...] zu schützen; Naturgüter, die sich nicht erneuern, sind sparsam und schonend zu nutzen; sich erneuernde Naturgüter dürfen nur so genutzt werden, dass sie auf Dauer zur Verfügung stehen.“ Ergänzend kann auch Punkt 5 ebd. einbezogen werden: es sind „wild lebende Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften sowie ihre Biotope und Lebensstätten auch im Hinblick auf ihre jeweiligen Funktionen im Naturhaushalt zu erhalten“. 65 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bereits bei den Vorplanungen einer Baumaßnahme wird Abs. 5 des § 1 BNatSchG bedeutend, denn „[d]ie erneute Inanspruchnahme bereits bebauter Flächen sowie die Bebauung unbebauter Flächen im [...] Innenbereich, [...] hat Vorrang vor der Inanspruchnahme von Freiflächen im Außenbereich. Verkehrswege, Energieleitungen und ähnliche Vorhaben sollen landschaftsgerecht geführt, gestaltet und so gebündelt werden, dass die [...] Beeinträchtigungen des Naturhaushalts [(einschließlich des Naturgutes Boden)] vermieden oder so gering wie möglich gehalten werden. [Des Weiteren sind] [...] bei Abgrabungen und Aufschüttungen [...] dauernde Schäden des Naturhaushalts [...] zu vermeiden; unvermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind insbesondere durch Förderung natürlicher Sukzession, Renaturierung, naturnahe Gestaltung, Wiedernutzbarmachung oder Rekultivierung auszugleichen oder zu mindern.“ In Kapitel 2 des BNatSchG ist die Landschaftsplanung als Instrument zur Konkretisierung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege und zur Darstellung und Begründung der Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele beschrieben (§ 8). Konkrete Inhalte sind nach § 10 im Landschaftsprogramm und in Landschaftsrahmenplänen und nach § 11 in Landschaftsplänen und Grünordnungsplänen darzustellen. Die Inhalte sind in weiteren Planungen und Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen, insbesondere für die Beurteilung der Umweltverträglichkeit. (BNatSchG § 9 Abs. 5) (Abwägungspflicht entsprechend ROG und BauGB, s. u.) Von weiterer Relevanz für den Bodenschutz ist die Eingriffsregelung48 nach § 14 des BNatSchG: „(1) Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen [...] die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts [...] erheblich beeinträchtigen können.“ „Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, [...], gegeben sind. [...] (2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt, [...] ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt [...] ist.“ Für nicht ausgleichbare oder ersetzbare Eingriffe folgt eine Abwägepflicht.48 (§ 15 Abs. 5) Erfolgt dennoch ein Eingriff, ist Ersatz in Geld zu leisten (Abs. 6). Die Forderungen des BNatSchG finden in ROG und BauGB ihren Niederschlag. 66 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Die Formulierungen im BNatSchG suggerieren zunächst einen hohen Status des Naturschutzes in Deutschland. Bei genauer Betrachtungsweise fehlen aber die in Kapitel 3.6 geforderten Parameter. Das Gesetz bietet damit einen breiten Beurteilungsspielraum. In der Praxis zeigt die Rechtsprechung, dass das Gesetz – zumindest aus Sicht der Naturschützer – zu weich angewendet wird. In der Abwägung von Maßnahmen gegenüber deren Umweltverträglichkeit gibt es keine Vorrangstellung eines Gutes. Sind seine Beeinträchtigungen „unvermeidbar“, sind diese auszugleichen, zu ersetzen oder ein Ersatz in Geld zu leisten. Wird jedoch in der konkreten Umsetzung eine Fläche mit hoch einzustufenden natürliche Bodenfunktionen überbaut, versiegelt oder „nur“ im Zuge der Baumaßnahme erheblich geschädigt, so sind diese Funktionen nicht mehr vorhanden und können so an anderer Stelle auch nicht wieder hergestellt werden und schon gar nicht mit Geld ersetzt werden. 4.2.4 Raumordnungsgesetz (ROG)37 Als Aufgabe der Raumordnung formuliert § 1 Abs. 1 des ROG: „Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Raumordnungspläne, [...] zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern.“ „Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe [...] ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt [...].“ (§ 1 Abs. 2 ROG) Im Ergebnis ist die Raumordung mehrstufig: · Bundesraumordung · Landesraumordnung · Regionale Raumordnung38 Das ROG gibt Leitvorstellungen und formuliert Grundsätze für eine nachhaltige Raumentwicklung. Wesentliches Thema ist die angestrebte Verringerung des Flächenverbrauchs. Ein wichtiger Beitrag dazu sind das im Grundsätzekatalog des § 2 genannte Zentrale-Orte-Konzept (Abs. 2, Nr. 3) und das städtebauliche Achsenkonzept,48 interregionale Kooperationen sowie raumordnende Verträge sind als weitere Steuerungsmöglichkeit vorgesehen. „Grundsätzlich ist die Flächeninanspruchnahme im Freiraum [...] zu begrenzen.“ (§ 2 Abs. 2 ROG). Weiter ist „[d]er Raum [...] in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. [...] Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu vermindern, [...]“ (§ 2 Abs. 6 ROG) bei raumbedeutsamen Planungen, Maßnahmen und Entscheidungen sind „Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige 67 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen.“ (§ 4 Abs. 1 ROG) 4.2.5 Baugesetzbuch (BauGB)39 Auch das BauGB fällt unter die konkurrierende Gesetzgebung des Art. 74 des GG. Das Gebiet Bodenrecht ist unter Nr. 18 genannt. So sind nach der Föderalismusreform 2006 die letzten Änderungen zum BauGB am 1. März 2010 neu in Kraft getreten. Das BBodSchG verhält sich zu den auf den nicht-stofflichen Bodenschutz bezogenen Regelungen48 des BauGB entsprechend § 3 Abs (1) Nr. 9 des BBodSchG subsidiär. Das BauGB hat also Vorrang. Als Grundsatz ist eine „nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung [zu] gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln, auch in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz, [...].“ (§ 1 Abs. 5 BauGB) Als Aufgabe wird im Rahmen der Bauleitplanung eine Berücksichtigung aber auch eine gerechte Abwägung (§ 1 Abs. 7) der Belange des Umweltschutzes, insbesondere die Auswirkungen u. a. auf Boden und dessen Rolle im Wirkungsgefüge gefordert. (§ 1 Abs. 6 Satz 1 und Nr. 7a BauGB). Konkret soll „Mit Grund und Boden [...] sparsam und schonend umgegangen werden; dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen [...].“ (§ 1a Abs. 2 BauGB). In § 179 ist auch die Rückbaupflicht des ROG wieder aufgenommen. Für die Belange der Umwelt ist im Rahmen der Bauleitplanung der Gemeinde eine Umweltprüfung durchzuführen (§ 2 Abs. 4 BauGB). So kann als Konsequenz für den Rückbau nach dauerhaftem Beenden der zulässigen Nutzung eine Sicherheitsleistung gefordert werden. Eine Wiederherstellung des Bodens mit seinen ursprünglichen Funktionen ist damit jedoch nicht verbunden und aus bodenkundlicher Sicht auch nicht direkt möglich. Als im Bauzusammenhang wesentlich zu nennen ist § 202 Schutz des Mutterbodens, wenngleich die Begrenzung auf den Mutterboden zu kurz gegriffen erscheint: „Mutterboden, der bei der Errichtung und Änderung baulicher Anlagen sowie bei wesentlichen anderen Veränderungen der Erdoberfläche ausgehoben wird, ist in nutzbarem Zustand zu erhalten und vor Vernichtung oder Vergeudung zu schützen.“ 68 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 4.2.6 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)40 „Die Umweltverträglichkeitsprüfung Verfahren, die der ist Entscheidung ein über unselbständiger die Zulässigkeit Teil von verwaltungsbehördlicher Vorhaben dienen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf 1. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, 2. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, 3. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie 4. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.“ (§ 2 Abs. 1 UVPG) Eine Wertigkeit der gelisteten Güter besteht nicht. Dennoch lassen die Ergebnisse der planerischen Umsetzung vermuten, dass in der Praxis der Abwägung in der Regel der Boden nicht entsprechend seinen umfassenden natürlichen Funktionen, deren Wechselwirkungen und seiner Bedeutung im ökologischen Gesamtkontext gewürdigt wird. 4.2.7 Haftungs- und Strafrecht Grundsätze Die Haftung für Umweltdelikte verteilt sich im deutschen Recht auf verschiedene Gesetze. Eine Haftung tritt nur ein, wenn eine entsprechende Haftungsregel existiert. (Enumerationsprinzip)30 Als Basisnorm ist § 823 BGB zu nennen. Hiernach ist eine Schadenersatzpflicht gegeben. Wer durch eine vorsätzliche oder fahrlässig verübte Handlung „das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt“, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Diese Rechtsverletzung müsste im hier diskutierten Zusammenhang über dem Umweg Bodenschädigung durch Realisierung einer Baumaßnahme erfolgen. Dies könnte im Fall schädlicher Bodenverdichtung durch Baufahrzeuge und in der Folge verminderte Bodenfruchtbarkeit als Verletzung des Eigentums betrachtet werden. Schließlich ist der Nachweis der Kausalität zwischen Verhalten und Schaden zu führen. Im komplexen Wirkgefüge der Umweltgüter ist es jedoch häufig ein schwieriges Unterfangen, Ansprüche tatsächlich auch durchzusetzen.30 Im unternehmerischen Handeln bedient sich der Geschäftsherr häufig Verrichtungsgehilfen (z. B. Angestellte eines Unternehmens). Der Geschäftsherr haftet für Handlungen des Verrichtungsgehilfen, soweit er bei der Auswahl der Person die notwendige Sorgfalt hat missen 69 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes lassen. Kann er die Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nachweisen, so kann er sich exkulpieren und ist damit aus der Haftung entlassen.30 (§ 831 BGB). Der Verrichtungsgehilfe selbst hingegen haftet lediglich entsprechend § 823 BGB (s. o.) bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit. In privatrechtlichem Zusammenhang verjähren Ansprüche auf Ersatz aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens in drei Jahren (nach Kenntniserlangung des Geschädigten), ohne Kenntniserlangung nach 30 Jahren. (§ 852 BGB). Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG)41 Wird nach § 1 des UmweltHG „durch eine Umwelteinwirkung, die von einer im Anhang 1 [des Gesetzes] genannten Anlage ausgeht, jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Inhaber der Anlage verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“ In Anlage 1 sind im Wesentlichen Produktionsund Verarbeitungsstätten in industrieller oder fabrikmäßiger Größenordnung genannt. Für die Durchführung baulicher Maßnahmen hat das Gesetz in der Regel keine Relevanz. Umweltschadensgesetz (USchadG)42 Ausschließlich für Schäden an Naturgütern (nicht Individualschäden), die nach dem 1. Mai 2007 entstanden sind, haftet der Verursacher öffentlich-rechtlich43 nach dem USchadG. Das Gesetz gilt subsidiär. (§ 1 USchadG). Neben Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen (§ 19 Abs. 2 u. 3 des BNatSchG 2010) und der Gewässer (§ 89 WHG 2010) gilt auch eine Schädigung des Bodens durch eine Beeinträchtigung der Bodenfunktionen (§ 2 Abs. 2 BBodSchG) „die durch eine direkte oder indirekte Einbringung von Stoffen, Zubereitungen, Organismen oder Mikroorganismen auf, in oder unter den Boden hervorgerufen wurde und Gefahren für die menschliche Gesundheit verursacht,“ als Umweltschädigung im Sinn dieses Gesetzes. Das Gesetz gilt jedoch nur für „Umweltschäden und unmittelbare Gefahren solcher Schäden, die durch eine der in Anlage 1 aufgeführten beruflichen Tätigkeiten verursacht werden“. (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 USchadG). Bezogen auf Baumaßnahmen sind hier allenfalls Arbeiten in Zusammenhang mit Eingriffen in Gewässer und der Bewirtschaftung von mineralischen Abfällen gemäß der Richtlinie 2006/21/EG zu nennen. (Anlage 1 Nr. 13 USchadG). Darüber hinaus besteht lediglich eine verschuldensabhängige Jedermannshaftung43 (bei Vorsatz und Fahrlässigkeit) für weitere, nicht in Anhang 1 d. G. genannte berufliche Handlungen. Diese ist außerdem auf die Schutzgüter, „Arten“ und „natürliche Lebensräume“ im Sinn von § 19 Abs. 2 u. 3 des BNatSchG 2010 begrenzt. Das Gesetz ist daher in Bezug auf „Bau und Boden“ nur von punktueller Bedeutung. 70 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Strafgesetzbuch (StGB) Das StGB stellt die Grundlage, ungewollte Handlungen mit einer Strafe belegen zu können. Denn es gilt: „Keine Strafe ohne Gesetz“ (§ 1 StGB) Entsprechend § 324a StGB können der Verursacher einer Bodenverunreinigung, als auch der Versuch eine solche zu begehen, mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Dies bezieht sich auf Taten, welche nach dem 1.1.1994 erfolgten. Die Tat verjährt nach 5 Jahren. Die Handlung ist begrenzt auf Stoffeinträge, welche geeignet sind, den Boden in einer Weise zu verunreinigen oder sonst nachteilig so zu verändern, dass die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert oder ein Gewässer geschädigt werden oder sie einen bedeutenden Umfang hat. Schließlich muss die Tat unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten erfolgt sein. Diese entspricht nach (§ 330d StGB): a) einer Rechtsvorschrift, b) einer gerichtlichen Entscheidung, c) einem vollziehbaren Verwaltungsakt, d) einer vollziehbaren Auflage oder e) einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, soweit die Pflicht auch durch Verwaltungsakt hätte auferlegt werden können. Spätestens an dieser Stelle ist die Möglichkeit der Beurteilung einer Handlung als Straftat in der Regel von den Vorgaben des BBodSchG abhängig. Greifbarer werden die Folgen in Zusammenhang mit „Unerlaubtem Umgang mit gefährlichen Abfällen“ (§ 326 StGB): „Wer unbefugt Abfälle [auch verunreinigte Böden], die [...] nach Art, Beschaffenheit oder Menge geeignet sind, nachhaltig ein Gewässer, die Luft oder den Boden zu verunreinigen oder sonst nachteilig zu verändern [...], außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage oder unter wesentlicher Abweichung von einem vorgeschriebenen oder zugelassenen Verfahren behandelt, lagert, ablagert, ablässt oder sonst beseitigt, wird mit einer Freiheitsstrafe von ebenfalls bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Für eine strafrechtliche Verfolgung bei Bodenschädigungen über diese Ausführungen hinaus, wie z. B. bei nichtstofflichen Bodenschäden, fehlt die Rechtsgrundlage. 71 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 4.2.8 Musterbauordnung (MBO)44 Das Bauordnungsrecht fällt in die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Um eine annähernd einheitliche Grundlage zu finden, wurde eine Musterbauordnung (MBO) erstellt, welche den Ländern als Vorlage dient. Von ihr wird in unterschiedlichem Maß Gebrauch gemacht. Trotz der üblichen Bezeichnung „(Landes-)Bauordnung“ handelt es sich dabei jeweils um ein LandesGesetz. Das Gesetz gilt entsprechend MBO § 1 für bauliche Anlagen. Diese werden unter § 2 Abs. 1 definiert als „[...] mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen; [...]. Bauliche Anlagen sind auch Aufschüttungen und Abgrabungen, [...].“ Auch wenn in Bezug auf Boden keine weiteren Aussagen in den Bauordnungen getätigt werden, ist diese Definition und die daraus folgende Tatsache, dass Aufschüttungen und Abgrabungen als bauliche Anlage gelten, von Bedeutung. Denn entsprechend BBodSchV § 12 Abs. 2 Satz 2, unterliegen „[d]ie Zwischenlagerung und die Umlagerung von Bodenmaterial auf Grundstücken im Rahmen der Errichtung oder des Umbaus von baulichen und betrieblichen Anlagen [...] nicht den Regelungen dieses Paragraphen, wenn das Bodenmaterial am Herkunftsort wiederverwendet wird.“ Dies gilt also auch z. B. im Rahmen von reinen Erdbewegungen im Rahmen der Erstellung von Erdbauwerke oder Baustoffgewinnung (z. B. Kiese und Sande), welche nicht dem Bergrecht unterliegen. Das Bauordnungsrecht wird in den Ländern durch die dafür eingerichteten Bauaufsichtsbehörden vollzogen. Im Rahmen einer Baumaßnahme können dadurch die Bauaufsichtsbehörden eben nur im Rahmen des Bauordnungsrechtes tätig werden. Werden jedoch im Zuge einer Baumaßnahme Bodeneingriffe getätigt, welche behördliche Begleitung im Sinn des BBodSchG erforderlich werden lassen, so ist die Bauaufsichtsbehörde nicht berechtigt über die Vorgaben des Bauordnungsrechtes hinaus tätig zu werden; dies steht alleine der Umweltbehörde zu. In der Regel ist jedoch nicht vorgesehen, die Umweltbehörde bei Standardbaumaßnahmen einzuschalten. Eine ordnungsrechtliche Begleitung zum Schutz des Bodens findet also in der Regel bei Baumaßnahmen – gerade im Rahmen ausgewiesener Bebauungsgebiete – nicht statt. Eine Kooperation zwischen Umweltbehörde und Baubehörde sollte daher grundsätzlich angestrebt werden. Im Gegensatz zur MBO ist in diesem Sinn entsprechend der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) nach § 67 „Genehmigungsfreie Wohngebäude, Stellplätze und Garagen“ Abs. 5, zumindest erforderlich, das Staatliche Umweltamt durch die Bauaufsichtsbehörde bei derartigen Bauvorhaben zu unterrichten. 72 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 4.2.9 Abgrabungsgesetz Neben dem Bauordnungsrecht sollen zur Vollständigkeit die in Bayern und Nordrhein-Westfalen eingeführten Abgrabungsgesetze genannt werden. Diese Gesetze gelten im Besonderen für Abgrabungen zur Gewinnung von nicht dem Bergrecht unterliegenden Bodenschätzen. Bagatellfälle sind ausgeschlossen. In Bayern ist hierfür unter bestimmten Bedingungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig. Grundsätzlich sind die Arbeiten so auszuführen, dass u. a. die natürliche Lebensgrundlage nicht gefährdet wird. Entsprechend NRW-Gesetz ist derjenige der Bodenschätze abbaut „lediglich“ zum „unverzüglichen Herrichten“ verpflichtet. 4.3 Gesetzliche Regelungen des unmittelbaren Bodenschutzes 4.3.1 Begriffe und Grundlagen (BBodSchG) Der Bund hat entsprechend Art. 72 i. V. m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1833 GG von seiner Gesetzgebungszuständigkeit durch Gesetz beim Gegenstand Bodenrecht Gebrauch gemacht. Am 1.3.1999 ist das „Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz – BBodSchG)“ in Kraft getreten. „Zweck dieses Gesetzes ist es, nachhaltig die Funktionen des Bodens zu sichern oder wiederherzustellen. Hierzu sind schädliche Bodenveränderungen abzuwehren, der Boden [...] zu sanieren und Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen. Bei Einwirkungen auf den Boden sollen Beeinträchtigungen [...] so weit wie möglich vermieden werden.“ (§ 1 BBodSchG) Die Handlungsgrundsätze des Bodenschutzrechtes sind hiermit deutlich formuliert: · Vermeiden · Abwehr · Sanierung · Vorsorge30 Im Sinn dieses Gesetzes ist Boden „die oberste Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger [bestimmter Funktionen] ist, einschließlich der flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft), ohne Grundwasser und Gewässerbetten.“ (§ 2 Abs. 1 BBodSchG). Somit sind in dieser Definition auch Flächen und deren dritte Dimension eingeschlossen, welche gemeinhin nicht als Boden betrachtet werden (z. B. Fels) und solche ausgeschlossen, die gemeinhin als Boden gesehen werden (z. B. Gewässerbrett). Darüber hinaus tritt diese Definition in Konkurrenz zum Begriff Boden, wie er in anderen Gesetzen verwendet wird (z. B. „Grund und Boden“ im BauGB). Abschließend gibt es in der Literatur kein einheitliches Verständnis über die Verwendung des Begriffes „Boden“ aus Rechtssicht.45 73 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Im BBodSchG wird der Boden über seine Funktionen definiert. „Der Boden erfüllt im Sinn dieses Gesetzes 1. natürliche Funktionen als a) Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und seinen Wasser- und Bodenorganismen, b) Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit Nährstoffkreisläufen, c) Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers, 2. Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte sowie 3. Nutzungsfunktionen als a) Rohstofflagerstätte, b) Fläche für Siedlung und Erholung, c) Standort für land- und forstwirtschaftliche Nutzung, d) Standort für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung.“ (§ 2 Abs. 2 BBodSchG) Die Auflistung ist an dieser Stelle abschließend.45 Aufgrund der konkurrierenden Gesetzgebung ist eine länderspezifische Definition darüber hinaus nicht möglich (z. B. Funktion als klimaregulierendes Medium). Die Auflistung beinhaltet an sich auch keine Wertung oder Gewichtung, wird aber in der Literatur z. T. hierarchisch bewertet.45 Denn es sollen bei „Einwirkung auf den Boden [...] Beeinträchtigungen seiner natürlichen Funktionen sowie seiner Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte soweit wie möglich vermieden werden.“ Dies impliziert einen Vorrang vor den Nutzungsfunktionen. (§ 1 Satz 3 BBodSchG). Es wird daher für diese beiden Funktionen ein Vorrang gegenüber Nutzungsfunktionen interpretiert. Dagegen spricht jedoch wieder, dass das BBodSchG z. B. gegenüber Bau, Bauplanungs- und Bauordnungsrecht lediglich subsidiär (s. u.) angewendet wird und der Bodenschutz im Sinn des BBodSchG hinter das Baurecht i. w. S. zurücktritt. Letztendlich bleibt für die Beurteilung der Vorrangigkeit einer Bodenfunktion entsprechend juristischer Auslegung nur die Abwägung im konkreten Fall.45 Spricht man von Bodenschutz, so ist zur Abgrenzung die Bodenschädigung zu definierten. Als „Schädliche Bodenveränderungen im Sinn dieses Gesetzes [gelten] Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche 74 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Belästigungen* für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen.“ (§ 2 Abs. 3 BBodSchG) Voraussetzung ist also zunächst eine Beeinträchtigung einer unter § 2 Abs. 2 genannten Bodenfunktionen. Dies kann z. B. eine Störung der Filterfunktion des Bodens mit der Folge eines Durchschlags des „Filters“ Boden und einer Grundwasserverunreinigung sein oder eine Einschränkung der Nutzungsfunktion, wenn nach Kontamination der Boden nicht mehr als Kinderspielfläche sondern bestenfalls als Industriestandort geeignet ist, aber auch eine landwirtschaftliche Ertragsminderung durch überfahrungsbedingte Bodenverdichtung. Mögliche „schädliche Bodenveränderungen“ werden eingeteilt in stofflich und nichtstofflich bedingte Bodenveränderungen. Dabei versteht man unter den stofflich bedingten diejenigen, welche durch Stoffe, z. B. Einbringen von Schadstoffen (z. B. Teere und Öle) in den Boden verursacht werden. Die nichtstofflich bedingten schädlichen Bodenveränderungen werden dagegen nicht durch stoffliche, sondern meist durch mechanische Einflüsse verursacht. (z. B. Verdichtung durch Auflast, Erosion durch Wind- und Wasserkraft). Die Beeinträchtigung der Bodenfunktion muss also geeignet sein, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen hervorzurufen. Beachtenswert ist, dass die Beurteilung der auf die Beeinträchtigung folgenden Umstände rein anthropozentrisch zu betrachten ist (für den Einzelnen oder die Allgemeinheit). Naturschutzaspekte bleiben außen vor und sind bestenfalls indirekt interpretierbar. Eine Gefahr liegt vor, wenn eine Sachlage bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Schädigung (in diesem Fall eines Einzelnen oder der Allgemeinheit) führt.46 Dies können Stoffeinträge im Boden sein, welche über die Nahrungskette auf den Menschen toxisch wirken können. „Als Nachteil wird die Beeinträchtigung von Interessen verstanden, mit der noch keine Rechtsverletzung verbunden ist, z. B. Vermögenseinbußen. Belästigungen sind insbesondere Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens, z. B. durch Geruchsemission“.43 Ein konkretes Maß zur Beurteilung der Beeinträchtigung der Bodenfunktionen und der daraus folgenden Rechtsfolge fehlt an dieser Stelle. Bereits bevor eine schädliche Bodenveränderung hervorgerufen wird hat allerdings „Jeder, der auf den Boden einwirkt [...] sich so zu verhalten, dass schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden.“ (Jedermannspflicht zur Gefahrenabwehr) (§ 4 Abs. 1 BBodSchG). Aber nicht nur für den Einwirkenden hat eine schädliche Bodenveränderung Konsequenzen, denn * Hervorhebung durch Autorin 75 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes in der Folge ist „[d]er Verursacher [(Verhaltenshaftung)] einer schädlichen Bodenveränderung [...] sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück [...] verpflichtet [(Zustandshaftung)], den Boden [...] so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahr, erhebliche Nachteile, erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. (§ 4 Abs. 3 Satz 1 und 4 BBodSchG). Dabei definiert das Gesetz Sanierung als „Maßnahmen 1. zur Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe (Dekontaminationsmaßnahmen), 2. die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern oder vermindern, ohne die Schadstoffe zu beseitigen (Sicherungsmaßnahmen), 3. zur Beseitigung oder Verminderung schädlicher Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Bodens.“ (§ 2 Abs. 7 BBodSchG) Grundsätzlich besteht jedoch vorrangig eine Vorsorgepflicht nach § 7 Satz 1 des BBodschG und zwar ist „[d]er Grundstückseigentümer, der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück und derjenige, der Verrichtungen auf einem Grundstück durchführt oder durchführen lässt, die zu Veränderungen der Bodenbeschaffenheit* führen können, [...] verpflichtet, Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu treffen, die durch ihre Nutzung auf dem Grundstück oder in dessen Einwirkungsbereich hervorgerufen werden können.“ An dieser Stelle ist nicht mehr nur der, der auf den Boden einwirkt (z. B. Baggerfahrer) angesprochen, sondern jeder Beteiligte einer Baumaßnahme i. w. S. also Bauherr, beauftragte Unternehmer und deren Erfüllungsgehilfen. Ganz konkret sind sogar „[z]ur Erfüllung der Vorsorgepflicht [...] [alleine schon] Bodeneinwirkungen zu vermeiden oder zu vermindern, soweit dies auch in Hinblick auf den Zweck der Nutzung des Grundstückes verhältnismäßig ist.“ (§ 7 Satz 3 BBodSchG) Spätestens an dieser Stelle sind auch die planenden Stellen aufgefordert, Vorhaben (sowohl in der Vor-, Entwurfs- und Ausführungsplanung als auch im Bauablauf) in einer Weise zu entwerfen, organisieren und zu koordinieren, dass direkte Bodeneingriffe jeglicher Art auf ein vertretbares Minimum reduziert werden. 4.3.2 Materieller Maßstab (BBodschV)47 Im BBodSchG sind – wie bereits dargestellt – keine konkreten Maßstäbe zur Bewertung der gestellten Forderungen festgelegt. In § 8 wird die Bundesregierung „ermächtigt, [...] Vorschriften über die [...] Untersuchung und Bewertung von Verdachtsflächen, schädlichen Bodenveränderungen, altlastverdächtigen Flächen und Altlasten zu erlassen.“ Auf vergleichbare Ermächtigungsklauseln stößt man z. B. erneut in Zusammenhang mit Entsiegelung (§ 5), Auf* Hervorhebung, auch in folgenden Gesetzeszitaten, durch Autorin 76 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden (§ 6) und Werte und Anforderungen für die Erfüllung der sich aus § 4 (Jedermannspflicht) oder § 7 (Vorsorgepflicht) ergebenden Pflichten. Diesen Möglichkeiten der Konkretisierung ist die Bundesregierung mit Erlass der „Bundes- Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV)“ gefolgt. Stofflich bedingte Schädigung Da das Bundes-Bodenschutzgesetz primär auf Sanierung von Altlasten48 und die Abwehr von diesbezüglicher Gefahren fokussiert ist, befasst sich ein großer Teil der Verordnung mit · Anforderungen an die Untersuchung und Bewertung von Verdachtsflächen und altlastverdächtigen Flächen · Anforderungen an die Sanierung von schädlichen Bodenveränderungen. In den Anhängen sind Anforderungen an die Probennahme, Analytik und Qualitätssicherung bei der Untersuchung und Maßnahmen-, Prüf- und Vorsorgewerte für die Wirkungspfade · Boden – Mensch (direkter Kontakt) · Boden – Grundwasser · Boden – Nutzpflanze definiert. So ist nach § 9 Abs. 1 BBodSchV (1) „das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen [...] in der Regel zu besorgen, wenn Schadstoffgehalte im Boden gemessen werden, die die Vorsorgewerte nach Anhang 2 Nr.4 überschreiten“. Die aufgeführten Vorsorgewerte sind in der Konsequenz daher bei Bodenaufbringungen im Sinn von Abfallverwertung einzuhalten. Bei zukünftiger landwirtschaftlicher Nutzung gelten 70 % der Werte. (§ 12 BBodSchV). Auf die besondere Betrachtungsweise des Pfades Boden – Grundwasser wird auch an anderer Stelle, so z. B. in der Bewertung der Auswirkung auf Boden und Grundwasser bei Produkteinsatz zurückgegriffen (siehe Kap. 4.4.7): Die genannten Prüfwerte gelten dem besonderen Schutz des Grundwassers und nicht primär dem Bodenschutz. So kann der Boden – je nach örtlicher Gegebenheit – als Puffer zwischen Schadstoffanreicherung und Grundwasser betrachtet werden. Die Werte sind daher für den Übergangsbereich von der ungesättigten (Bodenrecht) zur wassergesättigten (Wasserrecht) Bodenzone (sog. „Ort der Beurteilung“) definiert. Der Ort der Bodenprobennahme kann in situ also deutlich oberhalb des (prognostizierten) Grundwasserstandes liegen. Über eine Sickerwasserprognose, unter Berücksichtigung des örtlich vorhandenen Rückhaltevermögens des Bodens zwischen Probe (bzw. geplantem Einbau) und 77 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes gesättigter Zone, können zu erwartende Schadstoffkonzentrationen für den Ort der Beurteilung genannt und mit den Prüfwerten in Bezug gesetzt werden. Diese Prüfwerte sind jedoch auf Grundlage § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des BBodSchG aufgestellt worden und dienen nur der Feststellung, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt. Gleichwohl ist es konsequent, Materialien vor Auf- oder Einbringung auf oder in den Boden zu beproben und eine Prognose zu erstellen, ob im Nachhinein eine schädliche Bodenveränderung vorläge. § 12 Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden Gerade im Zusammenhang von Baumaßnahmen haben Erdbewegungen und das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden eine große Bedeutung. Auf Grundlage des § 6 des BBodSchG werden im siebten Teil der BBodSchV Vorgaben zur „Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen“ zusammengestellt. „Anforderungen an das Aufoder Einbringens von Materialien auf oder in den Boden“ führt die Verordnung in § 12 aus und bezieht sich dabei auf die durchwurzelbare Bodenschicht. Nach § 2 Nr. 11 BBodSchV ist darunter „die Bodenschicht, die von den Pflanzenwurzeln in Abhängigkeit von den natürlichen Standorten durchdrungen werden kann“, zu verstehen, welche in der Regel Ober- und Unterboden einschließt, so zumindest die Erläuterung in Kapitel 1.3 der „Vollzugshilfe zu § 12“ der LABO55. (siehe unter Kapitel 4.4.2). Konkret wird gefordert: „Zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht dürfen in und auf Böden nur Bodenmaterial* sowie Baggergut nach DIN 19731 (Ausgabe 5/98) und Gemische von Bodenmaterial mit solchen Abfällen, die die stofflichen Qualitätsanforderungen der nach § 8 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes erlassenen Verordnungen sowie der Klärschlammverordnung erfüllen, auf- und eingebracht werden.“ Das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht oder zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht im Rahmen von Rekultivierungsvorhaben einschließlich Wiedernutzbarmachung ist zulässig, wenn · am Ort des Auf- oder Einbringens die Besorgnis des Entstehens schädlicher Bodenveränderungen nicht hervorgerufen wird (Vorsorgewerte sind einzuhalten) und * Material aus Böden im Sinne des § 2 Abs. 1 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und deren Ausgangssubstraten einschließlich Mutterboden, das im Zusammenhang mit Baumaßnahmen oder anderen Veränderungen der Erdoberfläche ausgehoben, abgeschoben oder behandelt wird (§ 2 Nr. 1 BBodSchV) 78 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · mindestens eine der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 3 Buchstabe b und c des Bundesbodenschutzgesetzes genannten Bodenfunktionen nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt wird. Darüber hinaus sind in § 12 eine Reihe von weiteren Rahmenbedingungen, Einschränkungen und Ausnahmeregelungen bezüglich des Umgangs mit dieser Bodenschicht genannt. So unterliegt z. B. die Zwischenlagerung und die Umlagerung von Bodenmaterial auf Grundstücken im Rahmen der Errichtung oder des Umbaus von baulichen und betrieblichen Anlagen „nicht den Regelungen dieses Paragraphen, wenn das Bodenmaterial am Herkunftsort wiederverwendet wird.“ (Abs. 2 ebd.) Die Pflicht, Abfälle nach KrW-/AbfG zu entsorgen, wird hiermit umgangen. Soweit Boden natürliche Funktionen oder eine Funktion als Archiv der Naturund Kulturgeschichte erfüllt, soll der Auf- und Eintrag von Materialien ausgeschlossen werden. Auf mögliche, nichtstofflich bedingte Bodenschädigung weist zumindest Abs. 9 ebd. hin: „Beim Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden sollen Verdichtungen, Vernässungen und sonstige nachteilige Bodenveränderungen durch geeignete technische Maßnahmen sowie durch Berücksichtigung der Menge und des Zeitpunktes des Aufbringens vermieden werden. Nach Aufbringen von Materialien mit einer Mächtigkeit von mehr als 20 Zentimetern ist auf die Sicherung oder den Aufbau eines stabilen Bodengefüges hinzuwirken. DIN 19731 (Ausgabe 5/98) ist zu beachten.“ Durch diesen Verweis werden zumindest grundlegende Forderungen für einen schadlosen Umgang mit Boden gegeben. (Weiteres hierzu unter Kap. 4.4.4) Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz LABO hat sich intensiv mit dem § 12 der BBodSchV befasst und eine Vollzugshilfe55 verfasst. Sie konkretisiert die Anforderungen des § 12 fachlich und erläutert Schnittstellen zu anderen Rechtsbereichen. Hierzu folgen Ausführungen unter Kap. 4.4.2. Erosion Der sechste Teil der BBodSchV enthält „[e]rgänzende Vorschriften für die Gefahrenabwehr von schädlichen Bodenveränderungen auf Grund von Bodenerosion durch Wasser.“ So ist „Erosionsfläche“ auch definiert als Fläche, von der Bodenmaterial durch Oberflächenabfluss abgespült wird.“ (§ 2 Nr. 11 BBodSchV). Gleichwohl gelten Hinweis auf „erhebliche Bodenabträge und -ablagerungen durch Wasser oder Wind“ (§ 3 Abs. 2 Nr. 5 BBodSchV) als “Anhaltspunkt für das Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung.“ (Satz 1 ebd.). Weiter betrachtet wird jedoch nur Erosion durch Oberflächenabfluss: “Von dem Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung auf Grund von Bodenerosion durch Wasser ist insbesondere dann auszugehen, wenn 79 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 1. durch Oberflächenabfluss erhebliche Mengen Bodenmaterials aus einer Erosionsfläche geschwemmt wurden und 2. weitere Bodenabträge gemäß Nummer 1 zu erwarten sind.“ (§ 8 Abs. 1 BBodSchV) Bewertungsmaßstäbe sind in Anhang 4 der BBodSchV aufgeführt, diese sind aber eher für eine Anwendung auf landwirtschaftlichen Nutzflächen bei langfristigen Beobachtungsräumen ausgelegt und damit i. Allg. weniger auf die Problematik bei Baumaßnahmen übertragbar. Versiegelung / Entsiegelung Grundstückseigentümer können durch Rechtsverordnung verpflichtet werden „[b]ei dauerhaft nicht mehr genutzten Flächen, deren Versiegelung im Widerspruch zu planungsrechtlichen Festsetzungen steht, den Boden in seiner Leistungsfähigkeit im Sinne des § 1 so weit wie möglich und zumutbar zu erhalten oder wiederherzustellen.“ (§ 5 BBodSchG): In der BBodSchV gibt es jedoch bisher keinen korrespondierenden Paragraphen. §5 des BBodSchG ist als Konkretisierung der Forderungen im ROG und im BauGB zu sehen. Im Einzelfall können zumindest zuständige Behörden im Rahmen deren rechtspflichtigen Ermessens Anordnungen treffen. 4.3.3 Ersatzbaustoffverordnung Zur Beurteilung von Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen – worunter eben Boden nach Aushub und zumindest dem Vorhandensein eines Entledigungswillens zählt – und zum Nachweis deren Schadlosigkeit, wurde in der Vergangenheit auf das Merkblatt 20 (M 20) der LAGA (siehe unter Kap. 4.4.2) zurückgegriffen. Dieses wurde jedoch als Rechtgrundlage durch das sogenannte „Tongrubeurteil“ negiert. (siehe Kapitel 4.3.3) In Ermangelung konkreter Materialwerte (Stoffgehalte oder Eluatkonzentrationen, die im mineralischen Ersatzbaustoff einzuhalten sind und die Einsatzmöglichkeiten des Ersatzbaustoffes bestimmen) ist daher nun der Bund, vertreten durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), derzeit bemüht die Verwertung von Bodenaushub, mineralischen Abfällen, industriellen Nebenprodukten und Recyclingprodukten auf eine bundeseinheitliche Rechtsgrundlage zu stellen, um hierdurch Rechtssicherheit zu schaffen. Als Ergebnis wird die „Verordnung zur Regelung des Einbaus von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken und zur Änderung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung“ (zunächst als 2. Entwurf) erwartet. Als mineralischer Ersatzbaustoff gilt laut erstem Arbeitsentwurf der Ersatzbaustoffverordnung vom 13.11.2007 (§ 3 Nr. 5): 80 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes „Die in Anhang 1 aufgelisteten und anstelle von Primärstoffen einzubauenden festen · Abfälle aus Bautätigkeiten, industriellen Prozessen und Abfallbehandlungsanlagen, · Nebenprodukte aus industriellen Prozessen wie Hochofenstückschlacke (HOS) und Hüttensand (HS), · Recyclingprodukte wie Recyclingbaustoff (RC 1), die nach Erfüllung aller abfallrechtlichen Verwertungspflichten durch Aufbereitung ihre Eigenschaften als Abfall verloren haben sowie · Bodenmaterial aus Baumaßnahmen, der Aufbereitung oder der Lagerung.“ Als Anwendungsbereich der Verordnung ist allerdings in derselben Quelle in § 2 genannt: „(1) Die Verordnung gilt für den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen, die ungebunden oder gebunden in technische Bauwerke eingebaut werden. (2) Die Verordnung gilt für · Erzeuger und Besitzer von mineralischen Ersatzbaustoffen, · Betreiber von Anlagen zur Aufbereitung von mineralischen Ersatzbaustoffen, · Träger von Baumaßnahmen mit mineralischen Ersatzbaustoffen. (3) Diese Verordnung gilt nicht für · Das Auf- und Einbringen von mineralischen Ersatzbaustoffen auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht oder zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht.[...]“ Damit ist eine klare Abgrenzung vorgegeben, dass diese Verordnung nicht für vegetationstechnische Zwecke außerhalb von technischen Bauwerken gelten wird. Paragraf 12 der BBodSchV, soll entsprechend angepasst werden. Eine Vereinbarung der Interessen zwischen Boden- und Grundwasserschutz auf der einen und Förderung der Kreislaufwirtschaft sowie Schonung der Ressourcen auf der anderen Seite gestaltet sich jedoch schwierig, da die Ziele sich zum Teil widersprechen. Aber auch die Suche nach wissenschaftlich fundierten und praktikablen Untersuchungsmethoden sowie wirtschaftliche Aspekte verkomplizieren die Thematik. 81 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 4.3.4 Landeswassergesetz - NRW49 Das Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeswassergesetz - LWG -) dient zwar vordergründig dem Wasserschutz, insbesondere § 61a jedoch dient dem Bodenschutz. Er fordert, dass Abwasserleitungen geschlossen und dicht sein müssen. Eine Verunreinigung, insbesondere durch Keime (Bakterien und Viren), soll dadurch unter Anderem verhindert werden. Im übrigen Bundesgebiet gibt es derartige gesetzliche Forderungen noch nicht, jedoch ist auch in DIN 1986 Teil 30 eine Dichtheitsprüfung von Schmutzwasserleitungen gefordert. Die Verbindung dieser Forderung mit einem Stichtag in einer Norm ist allerdings einmalig und rechtlich umstritten, nicht hingegen die Forderung an sich. Unabhängig davon lässt sich ein vergleichbarer Boden- und auch Gewässerschutz durch BBodSchG und WHG grundsätzlich begründen. 4.4 Untergesetzliche Regelungen 4.4.1 Einleitung Wie bereits ausgeführt, werden in den Gesetzen und Verordnungen nur unzureichend Vorgaben für deren konkrete Umsetzung und praktische Anwendung festgeschrieben. So ist im Bereich der bodenschutzbezogenen Rechtsinterpretation noch immer eine relativ große Bandbreite gegeben. In der alltäglichen Praxis besteht dagegen häufig Unsicherheit bei der Umsetzung der Gesetze. Um dem entgegenzuwirken, die Gesetze zu unterfüttern, aber auch um dem Gleichheitsgrundsatz zu genügen sowie im Sinn eines einheitlichen Handelns, bemühen sich daher unterschiedliche Organisationseinheiten praxistaugliche Konkretisierungen zu formulieren und in Papieren festzuschreiben. Diese entfalten jedoch in der Regel keine unmittelbare Rechtswirkung. Darüber hinaus treten sie gelegentlich auch in inhaltliche Konkurrenz. Gleichwohl werden einige von ihnen als unerlässliche Arbeitsgrundlage genutzt. Im Folgenden werden die wesentlichen, im Rahmen dieser Arbeit relevanten Organisationseinheiten benannt und deren relevante Papiere vorgestellt. 4.4.2 Umweltministerkonferenz (UMK) „Die Umweltministerkonferenz (UMK) ist eine Fachministerkonferenz für Umweltpolitik, in der die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren des Bundes und der Länder mit Stimmrecht vertreten sind. Sie dient vor allem der Koordination der Bundesländer. In der UMK sprechen die Länder ihre Vorgehensweise ab, beziehen Position gegenüber dem Bund und suchen nach einvernehmlichen Lösungen mit der Bundesregierung. Die Beschlüsse der UMK [...] dokumentieren [...] den gemeinsamen umweltpolitischen Willen, der für eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft wichtig ist.“50 Im Zuständigkeitsbereich der UMK wurden Arbeitsgemeinschaften eingerichtet. Die Organisationsstrukturen der Arbeitskreise sind vergleichbar. Im Zusammenhang mit Bodenschutz sind wesentlich folgende Kreise zu nennen: 82 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) · Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) · Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO)51 In der LABO gibt es derzeit drei ständige Ausschüsse: · „Recht“ (BORA) · „Vorsorgender Bodenschutz“ (BOVA) · „Altlasten“ (ALA) Im Rahmen dieser Ausschüsse erarbeitete Ergebnisse werden auf der LABO-Webseite unter „Veröffentlichungen“ zum Download bereitgestellt: Im Themenbereich „Bodenschutz in der Planung“ stehen u. a. folgende Papiere zur Verfügung, welche an dieser Stelle nicht vertieft werden sollen: · Bodenschutz in der Umweltprüfung nach BauGB - Leitfaden für die Praxis der Bodenschutzbehörden in der Bauleitplanung (06/2009)52 · Orientierungsrahmen (05/2007) · zur zusammenfassenden Bewertung von Bodenfunktionen 53 erläuternder Endbericht zu Punkt vor54 aus dem Themenbereich „Vorsorgender Bodenschutz“ sind zu nennen (und werden im Folgenden ausgeführt): · Vollzugshilfe zu § 12 BBodSchV (09/2002)55 · Verfüllung von Abgrabungen (05/2003)56 „Vollzugshilfe zu § 12 BBodSchV“ In dieser Vollzugshilfe konkretisiert die LABO – in Zusammenarbeit mit Länderausschuss Bergbau (LAB), LAGA und LAWA – Anforderungen des § 12 der BBodSchV fachlich und erläutert die Schnittstellen zu anderen Rechtsbereichen. Sie bietet damit auch eine wesentliche Orientierungshilfe für den Praktiker. 83 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes * Die Vorschriften des KrW-/AbfG bleiben unberührt, soweit es sich um Abfälle handelt. ** ohne technische Besonderheiten *** Bodenmaterial umfasst auch Baggergut; sonstige mineralische Materialien nur mit Einzelfallprüfung zulässig. **** für die Herstellung von durchwurzelbaren Bodenschichten. ***** Bodenmaterial umfasst auch Baggergut; geeigneter Bauschutt darf für betriebstechnische Zwecke verwendet werden ****** in Überarbeitung ******* Bodenmaterial umfasst auch Baggergut 55 Quelle: Tabelle 6: Übersicht zu Anwendungsbereichen und Regelwerken Es wird grundsätzlich dargelegt, dass im Regelfall die in § 12 geforderte nachhaltige Sicherung und Wiederherstellung der dort genannten Bodenfunktionen nur von „natürlichem Bodenmaterial“ erfüllt werden kann. Dieses darf die Vorsorgewerte nicht überschreiten – ergänzend gelten Ausnahme- und Sonderregelungen. In Bezug auf die physikalischen Eigenschaften (wie z. B. Wasserhalte- und Infiltrationsvermögen, Luftkapazität, Sorptionsvermögen, Bearbeitbarkeit) wird auf DIN 19731 (siehe Kap. 4.4.4) verwiesen. Eine Hilfestellung gibt auch die enthaltene Tabelle zur Regelmächtigkeit der durchwurzelbaren Bodenschicht. Zur abschließenden Bewertung wird jedoch immer eine Standortbeurteilung des Bodenkundigen notwendig sein. 84 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Quelle:55 Tabelle 7: Regelmächtigkeit der durchwurzelbaren Bodenschicht nach Vollzugshilfe Im Anhang wird der Leser mit Hilfe eines Ablaufschemas schließlich sicher durch die unterschiedlichsten Anwendungs-, Ausnahme- und Sonderfälle geleitet. „Verfüllung von Abgrabungen“56 Dieses Papier (es liegt im Entwurf vor) formuliert Vorschläge zur „Harmonisierung der den Boden betreffenden Werteregelungen“ des Bodenschutzes sowie die Werteregelungen anderer Rechtsbereiche, die den Schutz des Bodens berühren. Im Wesentlichen wurden hier Einschränkungen und Abgrenzungen zwischen Abgrabung und Tagebau und deren Wiederverfüllungen in Bezug auf das Merkblatt M 20 der LAGA (siehe im Folgenden) formuliert. Die baubezogene Relevanz ist daher nur untergeordnet. Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA)57 Auch in dieser Arbeitsgemeinschaft werden in verschiedenen Arbeitskreisen Grundsatzpapiere erstellt. An dieser Stelle ist als wichtigstes die sogenannte · „Mitteilung M 20, Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen - Technische Regeln“ kurz auch (TR Boden) zu nennen. 85 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · Mitteilung 32, LAGA PN 98 - Richtlinie für das Vorgehen bei physikalischen, chemischen und biologischen Untersuchungen im Zusammenhang mit der Verwertung / Beseitigung von Abfällen, 2002. Mitteilung M 20 Die grundsätzliche Bedeutung des Papiers ergibt sich aus der Abfalldefinition des KrW-/AbfG (siehe unter Kap. 4.2.1). Da Abfall schadlos zu verwerten ist, werden für die Verwertungspraxis Parameter zur Einordnung benötigt. Diese Lücke wollte man mit M 20 bedienen. In der Gerichtsentscheidung vom Bundesverwaltungsgericht zur Verfüllung einer Tongrube vom 14. April 2005, (dem sog. Tongrubenurteil)58 wurde jedoch festgestellt, dass dieses Merkblatt eine Empfehlung eines sachkundigen Gremiums und keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift ist. Der Rechtsbestand des Papiers ist somit nicht gegeben. In Ermangelung eines Ersatzes (diese Lücke soll die „Ersatzbaustoffverordnung“ schließen, vgl. Kap. 4.3.3) wird in der Praxis jedoch vielfach weiterhin darauf zurückgegriffen. Es ist im Einzelfall ein Konsens mit der zuständigen Behörden zu finden. Die Mitteilung setzt sich aus drei Teilen zusammen: · Teil I: Allgemeiner Teil (06.11.2003)59 · Teil II: Technische Regeln für die Verwertung - 1. Bodenmaterial und sonstige mineralische Abfälle (31.08.2004)60 · Teil III: Probenahme und Analytik (31.08.2004)61 Nur Teil I wurde von der LAGA veröffentlicht. Die Anwendung der Teile II und III wird in Folge des Tongrubenurteils in den Ländern unterschiedlich gehandhabt. Die entsprechenden länderspezifischen Regelungen hierzu sind bei Anwendung zu beachten. Hinweise finden sich auf den LAGA-Webseiten. M 20 Teil II gilt für Bodenmaterial nach eigener Definition. Dazu zählt u. a. „Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter AS 17 05 03* fallen“ nach AS 17 05 0462. Mutterboden ist für eine Bewertung nach M 20 ausgeschlossen. Ziel der Anwendung der M 20 ist also die schadlose Verwertung von Bodenmaterial außerhalb des Mutterbodens. Die durchwurzelbare Bodenschicht, auf welche nach „Vollzugshilfe zu § 12“ selbige und nicht M 20 anzuwenden sei, schließt nach dortiger Beschreibung hingegen in der Regel den * Abfallschlüssel nach Abfallverzeichnisverordnung AVV: Boden und Steine, die gefährliche Stoffe enthalten 86 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Unterboden mit ein. Als Folgerung ist M 20 also nur im nicht regelhaften Fall, in welchem der Unterboden eine solche Stärke erreicht, dass er nicht durchwurzelt wird, anzuwenden sowie in den Fällen, in welchen Boden nicht als Unter- oder Oberboden eingebracht wird. Dazu zählen technische Bauwerke (z. B. Dämme) und Verfüllungen. An dieser Stelle scheint eine begriffliche Abgrenzung zwischen Auf- und Verfüllung aber auch Unterboden notwendig. Denn danach bestimmt sich letztlich, ob die „Vollzugshilfe zu § 12“ oder M 20 anzuwenden sei. Quelle: 60 Bild 27: Abgrenzung der Anwendungsbereiche Kommt es zur Beurteilung des Bodenmaterials, so kann bei Verdacht auf Schadstoffbelastung dieses nach Laboruntersuchungen (Feststoffgehalte oder/und Eluatkonzentration) anhand definierter Parameter (Zuordnungswerte = sog. Z-Werte) einer Einbauklasse (Z 0 bis Z 2 oder darüber hinaus) zugeordnet werden. Eine Übersicht gibt die folgende Tabelle. Unter Beachtung weiterer Randbedingungen und auch Ausnahmeregeln werden in der Folge die möglichen Verwendungszwecke aufgeführt.Quelle:60 Bild 28 gibt eine Übersicht über die Möglichkeiten der Verwendung von Bodenmaterial unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht. 87 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 60 Quelle: Tabelle 8: Zuordnungswerte für die Verwendung in bodenähnlichen Anwendungen - Feststoffgehalte 60 Quelle: Bild 28: Flussdiagramm: Verwertung von Bodenmaterial 88 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes LAGA PN 98 Ergänzend zu M 20 dient die Richtlinie LAGA PN 98 „der Vereinheitlichung der Probenahme von festen und stichfesten Abfällen sowie abgelagerten Materialien im Rahmen der Prüfung zur stofflichen oder energetischen Verwertung bzw. zur Beseitigung.“ Ihre Zielsetzung erstreckt sich u. a. auf die Qualitätskontrolle bei der Untersuchung und Beurteilung von Abfällen.63 Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA ) Unter den Publikationen der LAWA ist im Sachgebiet „Grundwasser“ die Veröffentlichung „Grundsätze des vorsorgenden Grundwasserschutzes bei Abfallverwertung und Produkteinsatz“ (GAP-Papier)64 als relevant zu nennen. Ziel des Papiers ist, Kriterien für die Entwicklung technischer Regelwerke zu benennen. Es dient nicht der unmittelbaren Anwendung in der Praxis. Aufbauend auf den Beurteilungsansatz der BBodSchV beim Pfad „Boden – Grundwasser“ unter Betrachtung des Ortes der Beurteilung und unter Berücksichtigung der in der Verordnung aufgeführten Prüfwerte (hier als Geringfügigkeitsschwelle aufgeführt) diskutiert es eine mögliche Grundwasserschädigung bei der Verwertung von Abfällen oder dem Einsatz von Produkten. Zu berücksichtigen sind nicht nur mögliche Stoffeinträge, sondern auch eventuelle Milieuänderungen, welche z. B. eine Mobilisierung vorhandener, bisher fixierter Stoffe bewirken können. Auch wenn der Geltungsbereich sich auf die Beurteilung der Grundwasserverträglichkeit bezieht, so macht er doch die vorhandene und konsequenterweise auch notwendige Betrachtungsweise zur Beurteilung einer Schädlichkeit im hier dargestellten Zusammenhang deutlich. Eine Schädlichkeitsbeurteilung für Boden erübrigt sich in bestimmten Konstellationen, wenn der Grundwasserschutz als vorrangig beurteilt werden muss und vor einer Bodenschädigung eintreten würde. Einen Überblick über mögliche problematische Einbringsituationen bietet das Schaubild aus dem GAP-Papier. 89 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bild 29: Einhaltung der Geringfügigkeitsschwellen bei Abfallverwertung und Produkteinsatz 64 Die Schaubilder verdeutlichen, dass die Festlegung von Grenzparametern nicht trivial ist. Zur Beurteilung von möglicher Schadstoffverfrachtung müssen Randbedingungen beurteilt werden, wie · Grundwasserstand, · Bodenverhältnisse (Durchlässigkeit, Rückhaltevermögen u. ä.), diese eventuell in inhomogenen Schichten, · Versieglungen, welche ein Ausschwemmen verhindern aber auch · mögliche Schadstofffreisetzung aus eingebrachten Baustoffen selbst, welche wieder aus Bodenmaterial bestehen können. 4.4.3 Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) „Die BGR ist als Fachbehörde des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die zentrale wissenschaftlich-technische Institution zur Beratung der Bundesregierung in allen georelevanten Fragestellungen.“65 Aus dem Beratungsauftrag der BGR, entwickeln sich u. a. Karten und Schriften wie z. B. die 90 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bodenkundliche Kartieranleitung, 5. Auflage (KA 5)66 Um eine bundeseinheitliche Bodenkartierung* zu gewähren, ist es notwendig, Beurteilungskriterien zur Definition und Klassifizierung der bodenkundlichen Parameter zu benennen. Hierfür wurde die „Bodenkundliche Kartieranleitung (KA)“ zusammengestellt. Die aus deren Anwendung entstehenden Kartenwerke sind wiederum Basis für bodennutzende und bodeneingreifende Planungen. Verbindlichen Charakter im Verwaltungsgeschehen hat die KA vor allem durch Inkrafttreten des BBodSchG und den entsprechenden Ländergesetzen sowie den darauf begründeten Verordnungen erhalten, indem nun auch Bodeninformationen für den vor- und nachsorgenden Bodenschutz (vgl. Anwendungsbereich der BBodSchV) nach KA 4 (4. Auflage entsprechend Verordnung) erfasst und ausgewertet werden müssen. Arbeitshilfe für die Bodenansprache im vor- und nachsorgenden Bodenschutz Da für den Vollzug des Bodenschutzrechtes eine vollständige Erhebung entsprechend der KA nicht erforderlich ist, wurde als Auszug aus dieser die „Arbeitshilfe für die Bodenansprache im vor- und nachsorgenden Bodenschutz“67 im Jahr 2009 als Kurzversion für den praktischen Gebrauch entwickelt. Im Inhalt werden Hilfestellungen für eine einheitliche flächen- und punktbezogenen Datenerhebung sowie Parameterbestimmung des Bodens gegeben. Eine Tabelle nennt im Überblick die empfohlenen Datensätze für Aufgaben des Vollzugs von BBodSchG/BBodSchV. Die Ergebnisse können übersichtlich in vorbereitete Geländeformblätter eingetragen werden. In Anhang 4 ist für einen ersten Eindruck das Geländeformblatt „Mindestdaten für die Untersuchung nach § 12 BBodSchV“ aufgeführt. 4.4.4 Deutsches Institut für Normung (DIN) Das „DIN Deutsches Institut für Normung e.V.“ erarbeitet Normen und Standards als Dienstleistung für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. [...] Die Hauptaufgabe des DIN besteht darin, gemeinsam mit den Vertretern der interessierten Kreise konsensbasierte Normen marktund zeitgerecht zu erarbeiten.“68 Diese dienen „der Rationalisierung, der Qualitätssicherung, dem Umweltschutz, der Sicherheit und der Verständigung in Wirtschaft, Technik, Wissenschaft, Verwaltung und Öffentlichkeit“. Unter den Zielen und Aufgaben des DIN sind u. a. genannt: * Systematische, flächendeckende Bodeninventur. Sie beinhaltet bodensystematische Kennzeichnung, vertikale Abfolge der Substratgenese und -zusammensetzung, Ausgangsmaterial der Bodenbildung sowie 66 eine Vielzahl an physikalischen und chemischen Eigenschaften (Substratmerkmale) 91 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit des Normenwerks · Beachtung von Rechtsvorschriften 69 Grundlage für die Inhalte der Normen ist – entsprechend des Leitbildes – der Stand der Wissenschaft und Technik. Bei Veröffentlichung wird vermutet, dass die Normen den rechtlich vielfach geforderten „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ entsprechen. Fortentwicklung der Technik kann die Norm jedoch hinter dieser zurückbleiben. Mit 38 70 Die Rechtssprechungen bezüglich der rechtlichen Belastbarkeit von Normen divergieren im Detail. Durch Einführung von Normen als Technische Baubestimmung entsprechend Länderbauordnungen sind die Normen jedoch im Rahmen dieser Gesetze anzuwenden. (s. u. unter Absatz: Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt)). Die fachliche Arbeit der Normung wird derzeit in 71 Normenausschüssen durchgeführt. Der Ausschuss „NA 005 Normenausschuss Bauwesen (NABau)“ befasst sich mit baurelevanten Themen. Er ist in 21 weiteren Fachbereichen, und diese in insgesamt 344 Untergremien unterteilt. Zurzeit werden 3222 gültige Normen durch den NA 005 vertreten. Unter diesen finden sich wesentliche Dokumentationen für die Beschreibung, Bewertung und den Umgang mit Boden bei Baumaßnahmen. In diesen Normen ist naturgemäß die fachtechnische Sichtweise der Bau- und Geotechniker zu Grunde gelegt. Daneben finden sich Landschaftsbauspezifische Normen, deren Inhalte in vegetationstechnischem Zusammenhang anzuwenden sind. Im „NA 119 Normenausschuss Wasserwesen (NAW)“ hat sich darüber hinaus das Untergremium „NA 119-01-02-06 UA Bodenschutz, Entsorgung, Altlastensanierung“ mit diesem Themenbereich befasst. Vertreten werden dort die relevanten Normen: · DIN 19731 05/1998 Bodenbeschaffenheit - Verwertung von Bodenmaterial71 · ISO 15176 10/2002 Bodenbeschaffenheit - Charakterisierung von Bodenaushub und anderem Bodenmaterial zur Verwertung Relevante Normen zur Beurteilung und dem Umgang mit Böden listet im Vergleich die folgende Tabelle. Zur Vervollständigung ist KA 5 aufgeführt, da sie nach BBodSchV als rechtlich und inhaltlich vergleichbare Grundlage auftritt. 92 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes DIN Inhalt Anwendungsbereich ISO 14688 Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Boden natürliche und künstliche Böden im Bauingenieurwesen (Gründungen, Straßen, Dämme, Bodenverbesserungen [im bautechnischen Sinn], Dränagen) ISO 14689 Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Fels Fels im Bauingenieurwesen DIN 18915 Vegetationstechnik im Landschaftsbau - Bodenarbeiten Bodenarbeiten bei Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen für DIN 4220 · Pflanzen und Pflanzarbeiten · Rasen und Saatarbeiten · Ingenieurbiologische Sicherungsbauweisen · Entwicklungs- und Unterhaltungspflege · Schutzmaßnahmen nach DIN 18920 (Pflanzen und Vegetation) Standortbeurteilungen im Bereich der Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, der Bau- und Landesplanung, des Boden- und Umweltschutzes, der Erholungsnutzung und Daseinsvorsorge hinsichtlich Bodenkultur, Landespflege und Raumordnung Bodenkundliche Standortbeurteilung DIN 19731 Bodenbeschaffenheit Verwertung von Bodenmaterial Verwertungsgrundsätze als Anleitung für einen schonenden Umgang mit Böden im Rahmen von Verwertungsmaßnahmen ISO 15176 Bodenbeschaffenheit Charakterisierung von Bodenaushub und anderem Bodenmaterial zur Verwertung Internationale Norm, keine spezielle Norm des DIN (Originalfassung in englisch) 66 KA 5 Bodenkundliche Kartieranleitung Beschreibung der Böden, auch im Rahmen des Anwendungsbereiches des BBodSchG (Auszug der KA 5) Arbeitshilfe für die Bodenansprache im vor- und 67 nachsorgenden Bodenschutz Allg. vor- und nachsorgender Bodenschutz Tabelle 9: Vorgaben für Bodenbeschreibungen und -arbeiten und deren Anwendungsbereiche Die Übersicht macht deutlich, dass es einige technische Vorgaben für die Bewertung von Boden und dessen Standort gibt. Hinweise für einen vorbeugenden Bodenschutz, gerade für den Umgang mit Boden bei Eingriffen im Zuge von Baumaßnahmen beinhalten aber nur DIN 19731 „Bodenbeschaffenheit - Verwertung von Bodenmaterial“ und DIN 18915 „Vegetationstechnik im Landschaftsbau - Bodenarbeiten“. Erstere Norm ist aber nach § 12 BBodSchV ausgeschlossen, wenn das Bodenmaterial am Herkunftsort wiederverwendet wird, einer Standartsituation bei Baumaßnahmen. DIN18915 hingegen gilt erst für Vegetationsarbeiten im Landschaftsbau. Im Zuge von Baumaßnahmen also erst, wenn die Baumaßnahme abgeschlossen sind und das Umfeld landschaftlich gestaltet wird. Für die Bodenarbeiten während der reinen Bauarbeiten mit Erdbewegungen auf dem Grundstück gibt es also keine verbindliche Norm i. w. S. über die 93 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes gesetzliche hinaus. Wenn DIN18915 greift, ist also der zur Verfügung stehende Boden möglicherweise schon geschädigt. Im Folgenden sollen die Vorgaben gegen mögliche nichtstoffliche Bodenschädigungen herausgestellt werden, da in diesem Bereich deutliche Lücken gesehen werden. Die Vorgaben für mögliche stoffliche Schädigungen bei Bodenverwertung sind – wie oben aufgeführt – in den Grundzügen geregelt, wenn auch nicht rechtlich belastbar, und werden entsprechend praktiziert. DIN 19731,71 deren Anwendungsbereich sich auf die Verwertung von Bodenmaterial bezieht, konkretisiert zum großen Teil gesetzliche Regelungen (KrW- /AbfG; § 12 BBodSchV). Sie listen Vorgaben für Untersuchungsmethoden und verweisen bezüglich der Grenzwerte auf die von den Ländern festgelegte Zuordnungs- bzw. Verwertungswerte für bodengefährdende Stoffe. In Kapitel 7 jedoch werden anderweitig bisher vermisste, konkrete Vorgaben für die bodenschonende technische Durchführung von Ausbau, Trennung, Zwischenlagerung und Aufbringung gegeben. Dabei werden allgemein die Gefügeveränderungen des Bodens durch mechanische Einwirkungen beim Umlagern hervorgehoben und Nebenerscheinungen erläutert sowie auf die begrenzte Regenerationsfähigkeit des Bodens hingewiesen. Beim Ausbau und Zwischenlagern ist zu beachten (Kap. 7.2): · Ober- und Unterboden sowie Bodenschichten unterschiedlicher Eignungsgruppen sind getrennt auszubauen und zu verwerten · Feuchtezustand und die Mindestfestigkeit ist zu beachten. · Unterboden ist in einem Arbeitsgang ohne Zwischenbefahren auszubauen (Verdichtungsgefahr) · Zwischenlagerungen sind – wegen zu erwartender Qualitätseinbußen – zu vermeiden. Ist sie dennoch nötig, sind · die Zwischenlager vor Verdichtung und Vernässung zu schützen. · die Miete zu profilieren und glätten · die Mietenhöhe soll max. 2 m (humoses Bodenmaterial) betragen · bei Lagerung länger als 6 Monate: Begrünung nach Vorgabe Zur Beurteilung der Umlagerungseignung (Mindestfestigkeit) von Böden in Abhängigkeit vom Feuchtezustand schlägt die DIN in Tabelle 4 folgende Untersuchungen vor. 94 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Umlagerungseignung Feuchtezustand nicht bindiger und schwach bindiger Böden (<17 % Ton) Konsistenz bindiger Böden (>17 % Ton) optimal trocken (staubig), schwach feucht (Probe wird bei Wasserzugabe dunkler) halbfest tolerierbar feucht (Finger werden etwas feucht, steifplastisch Probe wird bei Wasserzugabe nicht dunkler) unzulässig stark feucht (Wasseraustritt beim Klopfen), nass (Boden zerfließt) weich, breiig Die Ermittlung der Konsistenz nach DIN 19682-5 „Bodenuntersuchungsverfahren im landwirtschaftlichen Wasserbau – Felduntersuchungen. Teil 5: Bestimmung des Feuchtezustandes des Bodens“ durch Feldansprache. Tabelle 10: Bodenbeurteilung für eine Umlagerungseignung nach DIN 19731 Im Kapitel 7.3 der DIN wird allgemein auf die Problematik des Verdichtens und Vernässens, auch in Folge des auftragsbedingten Schichtenwechsels, sowie möglicher Luftmangel und Freisetzung von Gasen wie z. B. Schwefelwasserstoff in Folge dessen erläutert. Dies kann u. a. vermieden werden durch: · Bauabschnitt von max. 1 ha und unmittelbare Begrünung · vorhandene und aufzubringende Bodenart sollen sich entsprechen · Arbeiten nur bei trockenen Witterung durchführen (vgl. Tabelle) · Auftragshöhe maximal 20 cm, da dann auf Abtrag des Oberbodens verzichtet werden kann. (Minimierung des Verdichtungsrisikos für den Unterboden) · keine Befahrung mit Radfahrzeugen · Max. Bodenpressung: 15 kPa (vgl. Kap. 5.4.2) · keine Zwischenbefahrungen · Oberboden wieder als Oberboden einbauen Auch auf die Nachsorge ist ein besonderes Augenmerk zu legen. Die Wiederherstellung der Gefügestabilität ist zu fördern: · Gegebenenfalls Kalkung · Befahrung nur bei trockenem Wetter · Erste Folgekultur aus mehrjährigen, intensivwurzelnden Pflanzen (z. B. Luzerne für 3 Jahre) · Danach ganzjährige Begrünung (Zwischenfrucht) · Hackfrüchte und Mais erst ab dem 6. Jahr 95 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Durch sprachliche Mehrdeutigkeit und Ausführungen in § 12 der BBodSchV ist der Anwendungsbereich dieser Norm nicht eindeutig: Laut Norm bezieht sie sich auf „Verwertung von Bodenmaterial“. Der Begriff Verwertung ist aber durch KrW-/AbfG belegt. Er bezieht sich auf Abfälle, zu welchen jedoch nicht Erdaushübe und -bewegungen gerechnet werden können, die im Zuge eine Baumaßnahme auf einem Grundstück geschehen. (vgl. Abfalldefinition unter Kapitel 4.2.1) DIN 19731 nimmt dagegen eine eigene Definition vor: „Das Aufbringen bzw. der Einbau von Bodenmaterial zur Bodenverbesserung, Rekultivierung und bei Baumaßnahmen.“ Womit die Norm doch wieder für Baumaßnahmen jeglicher Art anzuwenden ist. In § 12 Abs. 2 der BBodSchV wird formuliert, dass dieser nicht für Bodenbewegungen bei Baumaßnahmen bei Verwendung des Bodens am Herkunftsort anzuwenden ist. Nach Absatz 9 des § 12 wird dagegen die Beachtung der Norm zumindest für das Auf- und Einbringen von Boden gefordert. Da diese Forderung durch Abs. 2 ausgehebelt ist, stellt sich die rechtliche Frage, ob nun DIN 19713 zumindest für Auf- und Einbringen von Boden, der innerhalb eines Grundstückes anfällt, eben doch nicht anzuwenden ist. Dies ist zu vermuten, kann an dieser Stelle aber nicht abschließend geklärt werden. Im Ergebnis ist festzustellen, dass Verwirrungen und Lücken im Geltungsbereich von Normen nicht förderlich für eine akzeptierte und durchgängige Anwendung sein können. DIN 1891572 bezieht sich auf Bodenarbeiten – Vegetationstechnik im Landschaftsbau. Ihr Anwendungsbereich wird jedoch weiter eingeschränkt: Sie ist zwar für alle Bodenarbeiten – auch bei Baumaßnahmen – anzuwenden, aber nur für: · Pflanzarbeiten · Saatarbeiten · Ingenieurbiologische Sicherungsbauweisen · Entwicklungs- und Unterhaltungspflege · Schutzmaßnahmen (nach DIN 18920) Dadurch erfährt die Norm eine starke Einschränkung und ist eben nicht bei Baumaßnahmen und den damit verbundenen Bodenbewegungen anzuwenden. Für ihren Geltungsbereich gibt sie jedoch wertvolle Hinweise für den Umgang mit Boden – ähnlich wie DIN 19731. So schlägt sie zur Prüfung der plastischen Eigenschaft und Konsistenz zur Beurteilung der Bearbeitbarkeit des Bodens einen Ausrollversuch als Felduntersuchung vor. (Kap 9.1.2.1 der DIN) 96 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Nach Entfernen von Körnern >2 mm soll eine walnussgroße Menge Teilprobe zusammengeknetet und anschließend ausgerollt werden. · zerbröckelt die Walze bei einem Durchmesser ³ 8 mm, so kann der Boden bearbeitet werden. · Kann die Walze kleiner als 3 mm im Durchmesser ausgerollt werden, so ist bei Bodenbearbeitung mit erheblichen Gefügeschäden zu rechnen. · Bei Zwischenergebnissen liegen Zweifelsfälle vor. Es werden weitere Versuche empfohlen. Weiter nimmt Tabelle 1 der Norm eine Einteilung des Bodens u. a. in Abhängigkeit der Konsistenzzahl (vgl. Kapitel 5.2.2.3) vor, um daran eine „Bearbeitbarkeit ohne Gefügeschädigung“ fest zu machen. · Gruppe 1-3: Organische und nichtbindige Böden sind gefügestabil bzw. es werden keine Einschränkungen genannt. · Gruppe 4 und 5: Schwach bindige Böden sind erst nach oberflächiger Abtrocknung bei mindestens steifer Konsistenz (Ic ³ 0,75) zu bearbeiten. · Gruppe 6-9: Bindige Böden sind erst nach Abtrocknung und mindestens halbfester Konsistenz (Ic ³ 1,00) zu bearbeiten. In Kapitel 7.4 folgen dann – zum Teil zu DIN 19731 widersprüchliche – Hinweise für Bodenabtrag und Bodenlagerung: · Oberboden muss von allen Auftrags- und Abtragsflächen abgetragen werden (nach DIN 19731 nicht, wenn Oberboden max. 20 cm aufgetragen wird, was zu bevorzugen ist) · für Vegetationszwecke bestimmter Unterboden ist wie Oberboden zu behandeln · bei Lagerung von mehr als 3 Monaten soll eine Zwischenbegrünung vorgesehen werden. (6 Monate in DIN 19731) DIN 4220 11/2008 „Bodenkundliche Standortbeurteilung – Kennzeichnung, Klassifizierung und Ableitung von Bodenkennwerten“ gilt für Standortbeurteilungen im Bereich der Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, der Bau- und Landesplanung, des Boden- und Umweltschutzes, der Erholungsnutzung und Daseinsvorsorge hinsichtlich Bodenkultur, Landespflege und Raumordnung. Die DIN verfolgt den Zweck, durch bodenkundliche Aufnahme und Beurteilung eines Standortes und seiner Charakterisierung eine Grundlage für Entscheidungen zu bieten, die u. a. für Bau- und Landesplanungen getroffen werden müssen.73 Ein wichtiges Stichwort in diesem Zusammenhang ist sicher die „Bewertung von Böden nach ihrer Leistungsfähigkeit“.74 97 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Die „Bodenkundliche Kartieranleitung, 5. Auflage“ (KA 5) (s. unter Kap. 4.4.3) und die davon abgeleitete DIN 4220 sind in Teilen vergleichbar, ihre Anwendung ist jedoch zum Teil auf unterschiedliche Zwecke gerichtet. Bisher vorhandene Widersprüche sind in der aktuellen Fassung der DIN korrigiert. Im Bereich des Bodenschutzes und der Altlastensanierung nach Anhang 1 der BBodSchV ist die „Bodenkundliche Kartieranleitung, 4. Auflage“* (KA 4)66 für die Standortbeurteilung zu verwenden.75 Ersatzweise bietet sich die Anwendung deren Kurzform, die „Arbeitshilfe für die Bodenansprache im vor- und nachsorgenden Bodenschutz“ an (s. unter Kap. 4.4.3).67 Die auch gelegentlich aufgeführte DIN ISO 11259 Bodenbeschaffenheit - Vereinfachte Bodenbeschreibung, wurde inzwischen zurückgezogen.77 4.4.5 Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) „Der DVA hat [u. a.] die Aufgabe, für die fachgerechte Vergabe und Abwicklung von öffentlichen Bauaufträgen Grundsätze zu erarbeiten und weiterzuentwickeln. [...] Zur Arbeit des DVA gehört die Klärung aller mit der Herausgabe der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) zusammenhängenden Fragen.“76 Es steht frei, die VOB auch im privatwirtschaftlichen Bereich als Vertragsgrundlage zu vereinbaren. Der NA Bau (Gremium NA 005-60 FB) des DIN wirkt in Gremien des DVA an der Aufstellung der VOB mit und nimmt verwaltungsorganisatorische Aufgaben war.77 Die Teile A (Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen) und B (Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen) sowie die fachspezifischen „Allgemeinen technischen Vorschriften (ATV)“ des Teiles C der VOB werden jeweils als DIN-Norm geführt und als solche auch herausgegeben. Auf das Medium Boden bezieht sich * · ATV DIN 18300 Erdarbeiten · ATV DIN 18301 Bohrarbeiten · ATV DIN 18311 Nassbaggerarbeiten · ATV DIN 18313 Schlitzwandarbeiten mit stützenden Flüssigkeiten · ATV DIN 18319 Rohrvortriebsarbeiten · ATV DIN 18320 Landschaftsbau Aktuell: 5. Auflage 98 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Die ATV dienen der Kostenkalkulation der Arbeiten, der Planung des Maschineneinsatzes sowie der einheitlichen Ausschreibung und Abrechnung der Bauleitungen.78 In „DIN 18300 Erdarbeiten“ werden Böden und Fels entsprechend ihrer Lösbarkeit in Klassen eingeordnet. Die Norm gilt für das Lösen, Laden, Fördern, Einbauen und Verdichten von Boden und Fels. Auf Basis dieser Einteilung wird die Wahl für den Geräteeinsatz getroffen, welcher in der Folge als Aufwand zu kalkulieren ist. (Näheres dazu in Kap. 5.4). Klasse 1 Oberboden Klasse 2 Fließende Bodenarten Klasse 3 Leicht lösbare Bodenarten Klasse 4 Mittelschwer lösbare Bodenarten Klasse 5 Schwer lösbare Bodenarten Klasse 6 Leicht lösbarer Fels und vergleichbare Bodenarten Klasse 7 Schwer lösbarer Fels Tabelle 11: Einstufung in Boden- und Felsklassen nach ATV DIN 18300 Die ATV DIN 18300 gilt aber u. a. nicht für Erdarbeiten die im Rahmen der weiteren, eben aufgeführten speziellen ATV DIN-Normen durchgeführt werden. Dort sind divergierende Vorgaben bzw. Einteilungen definiert. Für weitere detaillierte Ausführungen über DIN-Inhalte, siehe unter Kapitel 5, Bautechnische Grundlagen. Bewertung Die Normen der ATV nehmen eine besondere Stellung unter den technischen Normen ein, da sie im Rahmen der Vertragsvereinbarungen den Grundstein für fachgerechtes Handeln legen. Im Vertrag verankerte Grundsätze und Verweise auf fachtechnische Normen, z. B. auch in Bezug auf bodenschonendes Handeln im Zuge von Baumaßnahmen, können damit wesentlichen Einfluss auf den tatsächlichen Umgang mit Boden während der Baumaßnahme nehmen. Zurzeit ist in ATV DIN 18300 dem Oberboden das Unterkapitel 3.3 gewidmet. Danach muss Oberboden von allen Auftragsflächen und von sonstigen vorgegebenen Flächen abgetragen werden. Weiter ist er getrennt zu lagern, darf nicht durch Beimengungen verschlechtert werden oder durch Befahren oder Anderem verdichtet werden. Im Bauablauf bedeutet das, dass zwar dem Oberboden ein gewisser Schutz zugestanden wird. Ein Hinweis (z. B. Verweis auf weiterführende technische Normen), wie er zu lagern oder damit weiter zu verfahren bzw. zu schützen ist, fehlt jedoch. Weiter fehlt der Hinweis, wie mit (Ober-) 99 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Boden in den Bereichen zu verfahren ist, welcher zwar nicht bebaut, aber durch die Baumaßnahme in Mitleidenschaft gezogen wird. Auf den Unterboden wird in dieser Norm nicht eingegangen. Es wird offensichtlich davon ausgegangen, dass er ohnehin für bautechnische Zwecke genutzt werden wird. Ist dies jedoch nicht der Fall, so ist keine Schutzklausel eingebaut. Mögliche spätere landschaftsbautechnische Einschränkungen kommen dann zu spät. Sollen Forderungen über die ATV DIN 18300 hinaus vertraglich festgelegt werden, müssen diese bei Vertragsabschluss gesondert formuliert werden. Die ATV DIN 18320 Landschaftsbau dagegen, welche wichtige Hinweise und Verweise auf weitere Normen aufführt, in denen Bodenarbeiten für vegetationstechnischen Zwecke und entsprechend bodenschonender Umgang beschrieben sind, erstreckt sich dann wiederum nur auf den Geltungsbereich „Landschaftsbauarbeiten“. Der Bereich Erdarbeiten (Geltungsbereich ATV DIN 18300) ist explizit ausgeschlossen. In Zukunft ist ein kontinuierlicher vorbeugender Bodenschutz von der ersten bis zur letzten Handlung im Zuge von Baumaßnahmen zu gewährleisten – insbesondere im nichtstofflichen Bereich. Bereits bei Beginn einer Baumaßnahme muss grundsätzlich eine strikte Grenze definiert und vertraglich vereinbart werden, welcher Bodenanteil für weitere bautechnische Zwecke und welcher für vegetationstechnische Zwecke zu verwenden ist und wie damit zu verfahren ist. Werden Erdbaumaßnahmen der Tätigkeitsfelder Lösen, Laden, Fördern und Einbauen abgewickelt, mit dem Ziel, den so behandelten Boden für vegetationstechnische Zwecke weiter nutzen zu wollen, so ist zu fordern, dass dieser Boden von Beginn an auch entsprechend den Normvorgaben für derartige Böden behandelt wird. Diese Normvorgaben müssen dann in entsprechender Form auch zur Verfügung stehen. Nur bei Bodenanteilen, welche von vornherein eindeutig zur Weiterverwendung für bautechnische Zwecke bestimmt sind oder welche aufgrund ihrer Eigenschaften (z. B. Abfall zur Beseitigung) nicht für vegetationstechnische Zwecke geeignet sind, kann und darf auf einen schonenden Umgang im Rahmen der genannten Tätigkeitsfeder verzichtet und eine Abwicklung auf Basis der ATV DIN 18300 vollzogen werden. Geplante Fortschreibung der VOB Teil C Zurzeit laufen Bestrebungen im Bereich des Hauptausschusses Tiefbau (HAT) des DVA, die unterschiedlichen Einteilungen in Bodenklassen in den verschiedenen ATV zu vereinheitlichen. Auf Grundlage eines, vom DIN in Auftrag gegebenen Gutachtens79 ist angedacht, den Boden im Einflussbereich einer Baumaßnahem in Homogenbereiche einzuteilen. Dabei werden aufgrund labortechnischer Analysen und Felduntersuchungen Bodenbereiche mit ähnlichen physikalischen und chemischen Werten in einen homogenen, einheitlichen Bodenbereich zusammengefasst, 100 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes welcher im Zuge der Baumaßnahme in gleicher Weise zu behandeln und letztendlich abzurechnen ist. Der Vorteil für einen schützenden Umgang mit dem Boden läge in der Definition des Oberbodens und des Unterbodens als jeweils eigene Homogenbereiche (möglicherweise auch in sich weiter unterteilt). Damit besteht die Möglichkeit, diese Schichten bereits mit der Ausschreibung aus der Behandlung aus erdbautechnischer Sicht herauszulösen und sie dem Landschaftsbau zuzuordnen, wie es bereits mit dem Oberboden im aktuellen Entwurf der ATV DIN 18300 vorgesehen ist. Mit einer allgemeinen Normenfortschreibung, welche auch die oben genannten technischen Normen mit einbezieht, wird es so mittelfristig möglich sein, spezifische, gerade auch bodenschützende Forderungen bezüglich Ober- und Unterboden in den technischen Ausführungen festzuschreiben. Möglicherweise könnten diese Anforderungen ihren Platz in den Normen im Bereich Landschaftsbau finden, auf welchen dann aber von Beginn der Bauarbeiten an zugegriffen werden muss. Grundsätzlich sind eine Vereinheitlichung der Vorgaben und eine Ausdehnung des Geltungsbereiches auf alle vegetationstechnischen Arbeiten, gleich welchen Umfeldes (Hoch- oder Tiefbaumaßnahme, Landschaftsbau, Verkehrsbau, Bodenverwertung, Altlastenbearbeitung und Kampfmittelräumung) anzustreben. Denn letztendlich sollten bei allen Bearbeitungsvarianten die natürlichen Funktionen des Bodens größtmöglich geschützt werden. Spezifische Normen für Altlastenbehandlung oder Bodenverwertung sollten sich nur auf ihre konkret definierten Zwecke beziehen (z. B. Schadstoffbeurteilung) und im weiteren Umgang mit Boden (z. B. Lagern, Befahren) auf die entsprechende Norm für vorbeugenden Bodenschutz im nichtstofflichen Bereich verweisen. 4.4.6 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) Die FGSV, 1924 gegründet, ist ein gemeinnütziger technisch-wissenschaftlicher Verein. „Das Hauptziel der FGSV ist die Weiterentwicklung der technischen Erkenntnisse im gesamten Straßen- und Verkehrswesen. Dabei wirken Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen.“ 80 Im Rahmen der Vereinsarbeit entstehen Regelwerke und Wissensdokumente. Regelwerke der Kategorie 1 sind dazu vorgesehen, als „Zusätzliche technische Vorschriften (ZTV)“ vertraglich im Bereich Straßenbau vereinbart zu werden.81 Als wesentliche relevante Papiere sind hier zu nennen: · ZTVE-StB 09 · ZTV La-StB · TL BuB E StB-09 101 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes ZTVE-StB 09 Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau, Fassung 2009. Die ZTVE-StB 09 enthalten Regelungen für das Lösen, Laden, Fördern, Einbauen und Verdichten von Boden und Fels sowie von sonstigen erdbautechnisch geeigneten Stoffen im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen. Dazu zählen auch die Anwendung, die Prüfung und der Einbau von Geokunststoffen im Erdbau. Weiter regelt sie die Ausführung und die Qualitätsanforderungen für den Untergrund und Unterbau von Verkehrsflächen und für sonstige Erdbauwerke. Die Regelungen der ZTVE-StB zielen auf erdbautechnische Maßnahmen im Straßenbau ab. Entsprechend sind die Hinweise zum Umgang mit Boden bei ungünstigen Witterungen oder für besondere Arbeitsgänge auf eine geotechnisch funktionelle (z. B. Standsicherheit) oder wirtschaftliche Vorgehensweise ausgerichtet. Der Bodenschutz profitiert dabei bestenfalls zweitrangig. So sind Einbau- und Verdichtungsmaßnahmen zwar der Witterung anzupassen, aber aus dem Grund, dass zu feuchter Boden nicht ausreichend verdichtet werden kann. Kapitel 5 befasst sich ausschließlich mit dem Oberboden. Dessen Abtrag ist so zu disponieren und auszuführen, wie es die folgenden Erdarbeiten unter Berücksichtigung der Witterungsempfindlichkeit des Boden und der Witterungsverhältnisse erfordern. Konkrete Angaben für den Umgang, z. B. Anlegen von Zwischenlagern, werden nicht aufgeführt. ZTV La-StB - Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Landschaftsbauarbeiten im Straßenbau, Fassung 2005. Die ZTV La-StB behandeln Landschaftsbauarbeiten im Zusammenhang mit dem Neubau, dem Um- und Ausbau und der Unterhaltung von Straßen und Wegen sowie deren Nebenanlagen und bei Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. In dieser ZTV wird relativ allgemein auf Oberbodenarbeiten eingegangen. Auf die Besonderheit der extremen Standorte „(Fehlen gewachsener Böden, gestörter Kapillarkraft usw.)“ sowie die Abhängigkeit von Boden- und Witterungsverhältnissen bei Oberbodenarbeiten wird lediglich hingewiesen. Konkrete Verhaltensvorgaben werden an dieser Stelle vermisst. Es wird auf die Grundsätze des Landschaftsbaues in DIN 18915 verwiesen. TL BuB E StB-09 Technische Lieferbedingungen für Böden und Baustoffe im Erdbau des Straßenbaus. Böden im Sinne der TL BuB E-StB sind von einem Verarbeitungsbetrieb gesammelte und aufbereitete Böden gleicher oder unterschiedlicher Herkunft, die für die Errichtung von Erdbauwerken geliefert werden. Aufgrund dieser Definition ist dieses Werk im hier behandelten Zusammenhang nicht relevant. 102 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 4.4.7 Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) Das Deutsche Institut für Bautechnik erteilt u. a. · europäische technische Zulassungen (ETA) für Bauprodukte und Systeme (Bausätze) auf Basis der Bauproduktenrichtlinie (89/106/EWG), in Deutschland umgesetzt durch das Bauproduktengesetz (CE-Kennzeichnung) und · allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen für Bauprodukte und Bauarten auf Grund der Bauordnungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland. Das DIBt führt auch, im Auftrag der Länder, die Liste der Technischen Baubestimmungen, welche technische Regeln für die Planung, Bemessung und Konstruktion baulicher Anlagen und ihrer Teile enthält, und gibt außerdem in der Bauregelliste82 A und B sowie Liste C die „technischen Regeln für Bauprodukte bekannt.“83 Entsprechend § 3 Abs. 3 der MBO (s. oben Kap. 4.2.8) sind die „von der obersten Bauaufsichtsbehörde durch öffentliche Bekanntmachung als Technische Baubestimmungen eingeführten technischen Regeln [...] zu beachten“. Hierzu zählt auch eine Reihe von DIN-Normen, welche dadurch Gesetzescharakter erhalten. Als Beispiel einer solchen Länderliste sei auf diejenige von Bayern verwiesen.84 Jedoch sind unter den technischen Bestimmungen keine Hinweise auf mögliche Bodenschädigungen aufgeführt. Baustoffe oder Bauprodukte können aufgrund ihrer Eigenschaften und Zusammensetzungen eine Gefahr für Boden und Grundwasser darstellen, wenn sie direkten Einfluss auf diese nehmen können. (vgl. Grafik zu GAP-Papier in Kap. 4.4.2). Zur Bewertung der Auswirkungen von Bauprodukten auf Boden und Grundwasser hat das DIBt in einem Merkblatt eine Übersicht über die Anforderung und Bewertung bei der Beurteilung der Prüfobjekte zusammengestellt.85 Zum einen wird eine Beurteilung einer möglichen Gefahr für das Grundwasser durch Baustoffe oder Bauprodukte im Sinn der Sickerwasserprognose der BBodSchV, und unter Bezug auf das GAP-Papier der LAWA (sieh Kap. 4.4.2) vorgenommen. Zum Anderen wird festgestellt, dass mögliche Pufferwirkungen des Bodens nicht berücksichtigt werden können, da der spätere Einbauort des Produktes nicht bekannt ist. Im Ergebnis ist daher grundsätzlich zu fordern, dass Stoffe und Produkte die Erfordernisse für den direkten Einbau im Grundwasserbereich erfüllen. Eine Überprüfung aller Bauprodukte nach diesen Aspekten erfolgt nach und nach. 4.4.8 Weitere Organisationseinheiten, Verbände Darüber hinaus gibt es weitere Organisationseinheiten, Interessensverbände und/oder Vereine, welche in ihrem jeweiligen Fachbereich ebenso Standards und Richtlinien oder auch Mitteilungen 103 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes und Merkblätter erarbeiten, die als allgemeingültig anerkannt und entsprechend angewendet werden oder werden sollen. Beispielhaft genannt seien im Zusammenhang mit Bodenschutz folgende: Bundesverband Boden e.V. (BVB)86 Zu seinen Aufgaben zählt u. a. die Vertretung fachlicher, technisch-wissenschaftlicher und rechtlicher Belange zum Umweltmedium Boden. Als Ergebnis seiner Arbeit werden diverse Materialien und Merkblätter veröffentlich. Zu nennen sind in relevantem Zusammenhang: · „Bodenschutz und Bauleitplanung“ · „Verwertung von Abfällen in und auf Böden“ I–IV · „Bodenerosion durch Wasser“ · „Handlungsempfehlungen zur Gefahrenabwehr bei Bodenerosion“ Darüber hinaus erarbeitet zurzeit der BVB Fachausschuss „Bodenkundliche Baubegleitung“ ein Papier zur „Umsetzung von Bodenschutzanforderungen bei Baumaßnahmen“. Deutsche Bodenkundliche Gesellschaft e. V. (DBG)87 Die Aufgabe der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft ist es, die Bodenkunde und ihre Beziehungen zu Nachbardisziplinen zu fördern. Einzelberichte erscheinen in der Publikationsdatenbank der DBG, abzurufen auf deren Homepage. Darüber hinaus werden Nachrichten und Mitteilungen des DBG veröffentlicht. Das Journal of Plant Nutrition and Soil Science" (Zeitschrift für Pflanzenernährung und Bodenkunde) gilt als offizielles Organ. Die Gesellschaft pflegt eine breite nationale und internationale Kooperation und ist im Grundsatz wissenschaftlich ausgerichtet. Ingenieurtechnischer Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling e.V. (ITVA)88 Der ITVA versteht sich als technisch-wissenschaftlicher Verein mit den Zielen, den Fachdialog zu fördern, Kompetenzen durch fachgebietsübergreifende Zusammenführung von Fachleuten und Interessenten im nachsorgenden Bodenschutz zu bündeln und Lösungswegen für die vielfältigen Fragestellungen der Altlastenbearbeitung und des Flächenrecyclings aufzuzeigen. In diesem Themenbereich ist eine Reihe von Arbeitshilfen erschienen, welche auf der Homepage abrufbar sind. 104 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Aktionsplattform Bodenschutz BVB, DBG und ITVA haben 2007 ihre Interessen in der Aktionsplattform Bodenschutz gebündelt und sich zum Ziel gesetzt „die bei ihren Mitgliedern vorhandenen Kompetenzen zu nutzen, um die Aufmerksamkeit von Politik und Gesellschaft auf die Probleme und vor allem auf Lösungsansätze zur Vermeidung, Behebung oder Sanierung von Bodenschäden sowie auf Ansätze zur nachhaltigen Boden- und Flächennutzung zu lenken.“89 Die aktuellen Themenschwerpunkte liegen zurzeit bei · EU-Bodenrahmenrichtlinie · Nachhaltiges Flächenmanagement · Bodenbewusstsein Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA)90 Als technisch-wissenschaftlicher Fachverband setzt sich die DWA für die Förderung von Forschung und Entwicklung ein. Mit dem DWA-Regelwerk dokumentieren beteiligte Fachleute aus allen Bereichen der Wasserwirtschaft die „allgemein anerkannten Regeln der Technik" auf den Gebieten Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall und Bodenschutz. Gerade für den Themenbereich Gewässer- und Bodenschutz aber auch dem der Kanaldichtigkeit und Kanalsanierung sind zahlreiche Publikationen erschienen. Eine Übersicht bietet die Homepage. Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL)91 Der BGL tritt als Dachverband von 12 Landesverbänden auf. Seine Philosophie lautet: „Zukunftorientiert und überzeugend, der Marktwirtschaft verpflichtet, bauen und erhalten wir die Umwelt für morgen“ und die Pflanze wird als wichtigster "Baustoff" erachtet. Der Bezug zum Boden und ein entsprechender Umgang damit wird – bei einem Blick auf die Homepage – vermisst. Gerade in dieser Branche würde man aber diesen Bezug erwarten. Auch bei weiteren Recherchen im Bereich Landschaftsplanung, -bau oder -architektur ist keine Befassung mit dem Thema Boden und Bodenschutz erkennbar. 4.4.9 Öffentliche Verwaltung Als exekutives Organ obliegt der Verwaltung die Ausführung der Gesetze. Hierzu werden, neben der Einführung von Verordnungen, welche auf Ermächtigungsbasis eines Gesetzes entstehen, und die entsprechenden Status genießen, auch Merkblätter und Handlungshinweise erstellt. In 105 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes den beiden letztgenannten werden weitere Konkretisierungen und Standardisierungen vorgenommen, um detaillierter Vorgaben der Gesetze und Verordnungen für den Alltag anwendbar zu machen und ein einheitliches Handeln zu gewährleisten. Zum Teil haben diese lediglich verwaltungsinterne Wirkung, zum Teil entwickeln sie auch Außenwirkung in Form eines Verwaltungsaktes und sind damit auch privatrechtlich bindend. Nicht immer sind Innen- und Außenwirkung rechtlich eindeutig abgrenzbar. Grundsätzlich ist bei allen Maßnahmen eine enge Kooperation mit den zuständigen Behörden zu empfehlen, da derartige Regelungen länderspezifisch aber auch regional- oder gar kommunalspezifisch sind. Beispielhaft sei hier auf die Inhalte folgender Homepage-Seiten verwiesen: · Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes NRW, 92 Veröffentlichungen des LANUV NRW zu den Themen Bodenschutz und Altlasten · Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, Vollzugs- und Arbeitshilfen für den Themenbereich „Bodenschutz in Bayern“93 Es sind aber auch die Arbeitshilfen Boden- und Grundwasserschutz des Bundes (AH BoGwS)94 zu nennen. In ihnen werden im Schwerpunkt sowohl Verfahrensabläufe zur Bearbeitung von kontaminationsverdächtigen Flächen von der Erfassung bis zur ggf. erforderlichen Sanierung beschrieben als auch Hinweise zu speziellen Untersuchungsmethoden gegeben. Durch einheitliches Handeln bauaufsichtsbehördliche der Bauverwaltungen Aufgaben für die der Länder, Liegenschaften welche des baufachliche Bundes in und Organleihe wahrnehmen, soll sowohl erhöhter Wirtschaftlichkeit als auch nachhaltigem Umweltschutz Rechnung getragen werden. Wünschenswert ist eine Ausdehnung der Arbeitshilfen auf den vorsorgenden Bodenschutz im bautechnischen Bereich. Die Arbeitshilfen haben allerdings keinen rechtsverbindlichen Charakter. Einige Behörden haben sich bereits mit dem Thema Bodenschutz beim Bauen beschäftigt und entsprechende Empfehlungen heraus gegeben. Auch diese entwickeln keinen rechtsverbindlichen Charakter, enthalten aber wertvolle und praxistaugliche Hinweise für alle am Bau Beteiligten, für einen schonungsvollen und ressourcensparenden Umgang mit Boden. Am ehesten findet man Hinweise zum Umgang mit Boden im Bereich Altlasten bzw. Bodenverwertung. Das LANUV NRW hat eine Zusammenstellung für Bauherren dokumentiert, die darüber hinaus auf die Problematiken vor, bei und nach dem Bauen eingeht und dabei in besonderer Weise mögliche Gefügeschäden durch Bodenbewegungen und übermäßige Belastungen beschreibt. Beispielhaft seien aufgeführt: · Solingen: Leitfaden zum Bodenschutz im Bau- und Planungswesen; im Schwerpunkt bezogen auf stoffliche belastete Grundstücke95 106 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · LFU BW: Bodenaushub ist mehr als Abfall; im Schwerpunkt Bodenverwertung unter Beachtung der möglichen stofflichen Belastung96 · LANUV NRW: Bodenschutz beim Bauen104 · Rems-Murr-Kreis: Bodenschutz bei Baumaßnahmen; 1-seitige Kurzhinweise zu allen Themenbereichen97 4.5 Beispiel Schweiz Gerade im vorbeugend Bodenschutz bei Baumaßnahmen im nichtstofflichen Bereich hat die Schweiz eine Vorreiterrolle übernommen. Im Schweizer Umweltrecht ist eine Umweltbaubegleitung (UBB) und in Bereichen ein Begleitung durch Spezialisten, wie z. B. der Bodenkundliche Baubegleiten (BBB) gefordert. Diese Forderung richtet sich nach Art, Umfang, Ausmaß (räumlich, zeitlich) und Sensitivität der Örtlichkeit.98 Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf vorbeugenden Schutz des Bodens vor Gefügeschädigung durch Verdichtung gelegt. Hierfür wurden Methoden beschrieben um die Empfindlichkeit und damit die Belastungsgrenze des Bodens in bestimmten Feuchtigkeitszuständen zu beurteilen. Im Folgenden sollen diese Methoden vorgestellt werden. 4.5.1 Beurteilungsmethode In der Schweiz macht man sich die Messung der Saugspannung (vgl. Kapitel 3.2.3) des Bodens als Hilfsmittel zu Nutze, um ein Maß für die Belastbarkeit des Bodens indirekt bezogen auf die Bodenart zu haben. Wie oben beschrieben wirkt sich die Saugspannung im Boden (physikalisch betrachtet wirkt sie als Unterdruck im Boden) stabilisierend auf die festen Bodenteilchen aus und bedingt die schwankende Widerstandskraft des Bodens bei unterschiedlichen Feuchtegraden. Zur Beurteilung der Saugspannung nutzt man den sogenannten Tensiometer. Der Tensiometer besteht aus einer Messhülse mit Keramikspitze, welche in ca. 35 cm Tiefe in den Boden eingebracht wird. Nach Sicherstellung eines hydraulischen Kontaktes zwischen Boden und Messgerät kann am oberen Ende des Tensiometers mit Hilfe eines angebrachten Manometers die im Boden vorhandene Saugspannung üblicherweise in cbar abgelesen werden.99,100 Tensiometer gibt es in unterschiedlichsten Größen und Ausstattungen. 107 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 101 Bild 30 + Bild 31: links: Diesem Tensiometer unterschiedlicher Größe, rechts: abgelesenen Wert werden z. B. Kennwerte 102 Darstellung deren Funktionsweise der eingesetzten Maschinen („Maschinenkennwert“, er entspricht der Einsatzgrenze) gegenüber gestellt. Er errechnet sich: Gesamtgewicht (beladen) [t ] ´ Gesamtgewicht (beladen) [t ] ´ 0,125 = Maschinenkennwert [cbar ] Auflagefläche m 2 [ ] Formel 1: Maschinenkennwert bzw. Einsatzgrenze einer Maschine in Centibar [cbar] (Var. 1) 131 alternative Berechung nach Umformung der Formel: Gesamtgewicht (beladen) [t ]´ Bodenpressung (beladen) [bar ]´ 1,25 = Maschinenkennwert [cbar ] Formel 2: Maschinenkennwert bzw. Einsatzgrenze einer Maschine in Centibar [cbar] (Var. 2) Erst wenn die Bodenfeuchte durch einen größeren cbar-Wert auszeichnet wird als der Maschinenwert vorgibt, darf die Maschine eingesetzt werden. Darüber hinaus gilt folgende Tabelle: Tabelle 12: grundsätzliche Einsatzbereich von Maschinen 108 131 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bei Werten unter 6 cbar ist eine Befahrung und Bearbeitung des Bodens nicht möglich. Bei Werten zwischen 6 und 10 cbar ist dies nur mit Einschränkungen und unter besonderer Vorsicht erlaubt. Dieses Verfahren empfiehlt der Schweizer Fachverband für Sand und Kies131 zur Anwendung. Eine weitere Möglichkeit die Einsatzgrenze zu bestimmen, ist das direkte Ablesen des Wertes aus dem sogenannten „Nomogramm“: Bild 32: Nomogramm 103 Hier wird die Bodenpressung in bar und das Gesamtgewicht der Maschine dem abgelesenen Wert am Tensiometer gegenüber gestellt und eine Befahrbarkeit abgelesen. Die Bodenpressung ist durch Breitreifen, Zwillingsbereifung oder Mehrachser verminderbar. Bewertung des Verfahrens Tensiometer sind in ihrer Anwendung nicht trivial. Sie müssen geeicht, gewartet und im Betrieb kontrolliert werden. Sie sind nicht frostsicher und können trocken laufen. Manometerwerte dürfen nicht unbedacht abgelesen werden. So benötigt das Wasser nach Niederschlag einige Zeit, um bis in ca. 35 cm Tiefe vorzudringen. Da Boden sehr inhomogen sein kann, können auch die Messwerte der Tensiometer stark variieren. Die Bodenschutzrichtlinie der Schweiz empfiehlt daher auf ca. 2 m² Fläche 3-5 Geräte einzusetzen und den Medianwert als repräsentativen Wert 109 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Schema aus 99 Bild 33: Entscheidungsablauf zur Bestimmung der Verdichtungsempfindlichkeit des Bodens 110 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes zu betrachten.99 In Muldenlagen, Feuchtgebieten oder bei oberflächennahem Hangwasser wird auch nach langer Wartezeit kein ausreichender cbar-Wert abzulesen sein. Hier muss die Örtlichkeit fachgerecht beurteilt werden, um unnötige Baustillstandszeiten zu vermeiden. Da darüber hinaus die aktuelle Belastbarkeit des Bodens auch abhängig von dessen Skelettanteil, Vorbelastung und Humusgehalt ist, schlägt das Bundesamt für Energiewirtschaft der Schweiz eine differenzierte Entscheidungsfindung zur Bestimmung der Verdichtungs- empfindlichkeit des Unterbodens vor. Hierfür wurde ein Ablaufdiagramm entwickelt, welches in Anhang 3 der Bodenschutzrichtlinien99 zur Anwendung vorgelegt wird. (siehe Schema in Bild 3399). Grundsätzlich ist eine Anwendung dieser Verfahren nur fachlich Kundigen zu empfehlen. 4.5.2 Gegenüberstellung von Beurteilungsvorschlägen Zum Vergleich aller bisher aufgeführten Forderungen bezüglich Belastungs- und Bearbeitungsgrenzen folgt eine Gegenüberstellung der Bodenfeuchtewerte in unterschiedlichen Einheiten und der Verbalbeschreibung nach LANUV-Papier „Bodenschutz beim Bauen“, Seite 23.104 Tabelle 1 der DIN 18915 gibt weiter eine Einteilung des Bodens u.a. in Abhängigkeit der Konsistenzzahl (siehe Seite 129) vor, um daran eine „Bearbeitbarkeit ohne Gefügeschädigung“ fest zu machen. (wie bereits unter Kapitel 4.4.4 aufgeführt, aber hier noch einmal im Vergleich.) · Gruppe 1-3: organische und nichtbindige Böden sind gefügestabil bzw. es werden keine Einschränkungen genannt. · Gruppe 4 und 5: schwach bindige Böden sind erst nach oberflächiger Abtrocknung bei mindestens steifer Konsistenz (Ic ³ 0,75) zu bearbeiten. · Gruppe 6-9: bindige Böden sind erst nach Abtrocknung und mindestens halbfester Konsistenz (Ic ³ 1,00) zu bearbeiten. Die Konsistenz Ic = 1,00 wird als Ausrollgrenze bezeichnet. Vergleicht man die Werte mit denen aus Tabelle 12 und Bild 32 sind Diskrepanzen festzustellen. Das LANUV empfiehlt eine Einstellung der Bodenarbeiten bei einer Saugspannung von unter 10 cbar, der Fachverband Sand und Kies FSK, Schweiz, aber erst ab unter 6 cbar. DIN18915 lässt eine Bearbeitung von bindigen Böden ebenfalls ab 10 cbar zu, dies entspricht einem Ic = 1,00. Bei schwach bindigen Böden reicht hingegen bereits eine Konsistenz von Ic ³ 0,75, welche hier als steif bezeichnet wird. Nach dem Schweizer Nomogramm scheint Bodenbearbeitung immer möglich, wenn das Gerät leicht genug und die Bodenpressung entsprechend gering ausfällt. Bei diesen Einschätzungen ist eine Unterscheidung zwischen Befahrung und Bearbeitung nicht eindeutig erkennbar. 111 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bodenfeuchte (Saugspannung) in Zustand Bodens des hPa cbar 10 pF-Wert (logarithmisch Wassersäule = Ic-Wert) 1 0,1m 2 -1,0 m sehr nass <100 hPa <10 feucht trocken Befahren nur auf befestigten Pisten. Bodenbewegungen einstellen 10-15 Befahren auf gewachsenem Boden nur von Baggermatratze oder Kiespiste aus. Mit Raupenfahrzeugen Erdbewegung erlaubt 150 - 250 hPa 15-25 Befahren gewachsener Böden in Abhängigkeit des Bodendrucks und Bodenart möglich. Raupenfahrzeug bevorzugen >250 hPa >25 100 - 150 hPa feucht bis abgetrocknet Empfehlung nach „Bodenschutz beim Bauen“ des LANUV104 1000 hPa Bearbeitung und Befahren unbegrenzt möglich 3 -10,0 m Tabelle 13: Gegenüberstellung der Werte in unterschiedlichen Einheiten der verbalen Beurteilung des LANUV Nach dieser Zusammenstellung scheint es notwendig, auf Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden belegbare Parameter zur Vorbeugung von Schadverdichtungen zu finden. Für den Bereich Landwirtschaft gibt es bereits verschiedene Ansätze, welche auf Baufahrzeuge übertragen werden könnten. 4.6 Rechtliche Erfordernisse Alleine der Umfang der hier zusammengestellten rechtlichen Grundlagen mit der großen Zahl der Unterüberschriften macht deutlich, wie uneinheitlich und zerstreut das Bodenrecht grundsätzlich ist. Darüber hinaus werden viele Versuche unternommen, diese Vorgaben praxisgerecht zu interpretieren. Daher ist als oberstes Erfordernis eine Vereinheitlichung des Bodenrechtes zu nennen und infolge dessen eine rechtlich belastbare, praxisgerechte Interpretation unter Nennung entsprechender Parameter. Auch wenn bekannt ist, dass aufgrund fehlender wissenschaftlicher Grundlagen und sich widersprechender Ziele im Detail (wie im Kapitel 3.6 ausgeführt) diese Forderungen nicht abschließend erfüllbar sind, so zeigen sie einen Weg auf, wie Bodenschutz eine Akzeptanz in der Praxis erhalten und überhaupt wirtschaftlich praktiziert werden kann. Speziell im Baubereich, in dem regelmäßig auf DIN-Normen zurückgegriffen wird, erscheint es erforderlich, eine Grundlage in den Vertragswerken zu schaffen und den vorsorgenden Umgang 112 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes mit Boden sowohl im stofflichen als auch im nichtstofflichen Bereich einheitlich und umfassend zu regeln. Diese Regeln müssen wissenschaftlich fundiert, widerspruchsfrei und praxistauglich umsetzbar sein. Ein umsetzbarer Weg könnte sein, zunächst, wie oben beschrieben, nach einer neuen ATV DIN 18300 Erdarbeiten eine Einteilung des zu bearbeitenden Bodens in Homogenbereichen zu beschreiben und einzuteilen, so dass die verschiedenen Bereiche des Ober- und Unterbodens definiert werden und separiert werden können. In den allgemeinen technischen Vorschriften ist grundsätzlich auf vorbeugenden Bodenschutz im Bauwesen hinzuweisen und auf entsprechende Normen zu verweisen. Diese werden dadurch Vertragsgrundlage. Der vorbeugende Bodenschutz könnte in eigenständigen Normen zusammengefasst werden, aufgeteilt nach Vermeidung · nichtstofflicher Gefährdungen · stofflicher Gefährdungen o durch Bodenverwertung o durch Bautätigkeit (Betriebsablauf und das Risiko dadurch Fremdstoffe in den Boden einzubringen. Eventuell Abgrenzungen nach Schutzgebieten) Die Norm zur Vermeidung nichtstofflicher Gefährdung würde enthalten: · Vorgaben zur Vorplanung · Bodenab- und Bodenauftrag: o Empfehlung für den Abtrag (wann) o empfohlener Maschineneinsatz und deren Bewegung · Vorgaben zur Vermeidung von Bodenverdichtung in Abhängigkeit der Böden und deren Feuchtegehaltes bei Belastung (Maschinen, Lager) · Maßnahmen bei Bodenbelastung mit Verdichtungsgefahr (z. B. Baggermatratzen) · Vorgaben für das Anlegen von Zwischenlagern (Größe, Dauer, Art und Weise, Bepflanzung) · Nachsorge des Bodens Wie das vorangehende Kapitel zeigt, wird es eine besondere Aufgabe sein, Parameter zur Bestimmung der Befahr- und Bearbeitbarkeitsgrenze von Boden konkret zu formulieren. Eine Norm zur Vermeidung stofflicher Bodenschädigungen durch Baumaßnahmen müsste neu zusammengestellt werden. Sie sollte Risiken listen und vorbeugende Maßnahmen zusammenstellen. 113 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Die Normen sollten dann allgemein gültig sein (zumindest im großen Umfeld des Bauens), für jeglichen technisch bedingten Bodeneingriff, gleich welchen Ausmaßes und welcher Veranlassung. Eine Differenzierung zwischen Bau- und Landschaftbaumaßnahme wird bei dieser Thematik für kontraproduktiv gehalten. Eine Ausnahme kann nur für Boden gelten, welcher von Beginn an eindeutig zur Verwendung für bautechnische Zwecke definiert und in den Bauphasen auch praktisch eindeutig abgegrenzt werden kann. Um die genannten Ziele zu erreichen, sind Vertreter aller am Bau beteiligten Akteure sowie Landschaftsbauer und Pedologen in die Diskussionen mit einzubeziehen, ein Grundkonzept im Bereich der DIN-Normung zu erstellen, und dieses dann zielorientiert umzusetzen. Alle Normen im Umfeld müssen dem stimmig, entsprechend den Leitlinien des DIN angepasst werden. Für die überregionale oder städtebauliche Planungsphase vor einer Bautätigkeit sind die entsprechenden Behörden gefragt, ihre Verantwortung im vorbeugenden Bodenschutz wahr zu nehmen. Konkrete gesetzliche Regelungen könnten deren Möglichkeiten unterstützen, deren Handlungsspielraum erweitern und sie zur Tätigkeit veranlassen. Da die Regelaufstellung für die beschriebenen Fälle vom Variantenreichtum der Böden in unterschiedlichsten Zuständen abhängt, und daher eine hohe Komplexität der Beurteilungsspanne zu erwarten ist, sollten Regelverfahren vorgegeben werden, welche bei laienhafter Beurteilung im sicheren Bereich bleiben. Wird dieses Maß überstiegen, sollten zwingend Bodenkundler hinzugezogen werden. Eine entsprechende gesetzliche Regelung wäre zu treffen. Eine Ausschlussregelung für Minderflächen oder Mindermassen bei Eingriffen in den Boden wird nicht für sinnvoll erachtet, da jeder Bauherr das Recht auf weitgehend erhaltene natürliche Funktionen seines Bodens haben sollte und die Möglichkeit anschließender Gartennutzung entsprechend ortsüblicher Vegetation gewährt sein muss. 114 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 5 Geo- und bautechnische Grundlagen 5.1 Einleitung „Die Geotechnik ist ein Aufgabengebiet des Bauingenieurwesens und der Ingenieurgeologie, das den Boden als Baugrund und Baustoff zum Gegenstand hat, d. h. die Voraussetzung für seine bautechnische Nutzung untersucht. Ziel der Geotechnik ist es [...] standsichere und gebrauchstaugliche Bauwerke zu planen, zu bauen und zu unterhalten.“105 Dazu zählen auch Erdbauwerke wie z. B. Dämme, Böschungen und Deponieabdichtungen. Bodenrelevante Eigenschaften und Prozesse im Boden, wie sie in Kap. 3 beschrieben sind, insbesondere Wechselwirkungen mit bodenabhängiger Flora und Fauna oder physico-chemische Puffer- und Speicherfunktionen werden in der Geotechnik ausgeblendet. Dies wird deutlich durch das häufig in der Geotechnik für Boden synonym benutzte Wort „Lockergestein“111, 106, 107 oder die Umschreibung „Gemisch mineralischer Bestandteile“.108 Mit Hilfe materialwissenschaftlicher Stoffgesetze wurden standardisierte Berechnungsmethoden und Nachweisverfahren baupraktische abgeleitet, Anwendung zu welche entwickeln. erlauben, So wirklichkeitsnah werden auf Basis Modelle für die charakteristischer Bodenkenngrößen des Baugrundes, welche zu ermitteln sind (zum einen Rechenwerte, welche als Bemessungsgleichungen genutzt werden können oder Indexwerte welche der Bewertung der bautechnischen Eigenschaften des Bodens dienen), letztendlich erd- und grundbautechnische Sicherheitsnachweise geführt. Da die Bodenkenngrößen eine gewisse Streubreite aufweisen, werden als charakteristische Werte „vorsichtig geschätzte Mittelwerte“ in den Normen angeführt. Grundlegende Gesetzmäßigkeiten und Systematiken sind im Wesentlichen in DIN-Normen dokumentiert. Sie bilden heute die Basis geotechnischer Standard-Beurteilungen und finden sich in Ausschnitten in jedem bautechnischen Tabellenbuch (z. B. „Wendehorst“112, „Schneider“109). Einige relevante Normen wurden bereits im Kapitel 4.4.4 gelistet und werden im Folgenden konkret angesprochen. In der fachübergreifenden Auseinandersetzung für ein bodenschonendes Vorgehen im Zuge von Baumaßnahmen ist es wichtig, auch die Seite der technischen Betrachtungsweise und Systematik kennen zu lernen und zu verstehen, damit ein Verständnis und eine Verständigung über die Grenzen der eigenen Fachdisziplinen hinaus möglich ist. Dadurch ist eine gemeinsame Lösungsfindung aber auch möglicherweise eine Übertragung von bewährtem Wissen auf den Nachbarfachbereich möglich. 115 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Im Folgenden wird eine Betrachtung der – in diesem Zusammenhang wesentlichen – geotechnischen Unterdisziplinen vorgenommen: · Bodenmechanik · Grundbau · Erdbau 5.2 Bodenmechanik Die „Bodenmechanik ist die Lehre von den physikalischen Eigenschaften des Bodens und seines Verhaltens als Baugrund“.110 Sie beschäftigt sich im Einzelnen mit der · Baugrunderkundung · Bodenbenennung, -beschreibung und -klassifizierung · Erforschen mechanischer Eigenschaften, (Festigkeit- und Verformungsverhalten) · Ableitung des Spannungs- und Verformungszustandes, z. B.105 o Einfluss Bauwerk auf Baugrund o Einfluss Boden auf Bauwerk. 5.2.1 Baugrunderkundung Das Ziel der Baugrunderkundung ist, ein möglichst genaues Bild des Baugrundes und seiner Umgebung in Bezug auf · den Räumlichen Aufbau (Schichtgrenzen, Homogenbereiche, Einschlüsse) · die Eigenschaften des Bodens / des Felsens (Kennwerte) · die Erhaltung der Grundwasserverhältnisse zu erhalten. In den Grundzügen sind dabei Parallelen zu den bodenkundlichen Untersuchungen zu ziehen. In weiteren Schritten kann auf Basis dieser Erkenntnisse mit Hilfe bekannter Gesetzmäßigkeiten modellhaft beurteilt werden, in welchen Grenzen der Baugrund bzw. Baustoff einsetzbar sein wird. Um diese Erkenntnisse zu erhalten, werden folgende Arbeiten durchgeführt: 116 · Auswertungen von Unterlagen · Felduntersuchungen o Ortsbegehungen o direkte Aufschlüsse (Schürfe, Bohrung und Vorort-Bodenbeurteilung) Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes o indirekte Aufschlüsse (Nutzung bekannter Beziehungen zwischen Messwerten und Untergrund. Z. B. Bestimmung von Festigkeitseigenschaften und Lagerungsdichten) o · Plattendruckversuch Laboruntersuchungen Folgendes Schaubild gibt eine Übersicht über den Ablauf des Untersuchungsverfahrens. Bild 34: Von der Baugrunderkundung zu erdstatischen Berechnungen 105 117 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Die Mindestanforderung an · Baugrunduntersuchung und in der Folge für · rechnerische Nachweise, · Überwachung der Ausführung und · Überwachung nach der Bauausführung111 ergibt sich nach DIN 4020 u. a. aus dem geotechnischen Schwierigkeitsgrad des Tragwerkes und der zu erwartenden Reaktion des Baugrundes. Eine Abgrenzung erfolgt über ein Einordnen in geotechnische Kategorien (GK 1-3). Entsprechend DIN 1054 01/2005 „Baugrund - Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau“ sind Sicherheitsnachweise für Erd- und Grundbauwerke zu führen. Rechnerisch ist nachzuweisen, dass sowohl Grenzzustände der Tragfähigkeit (GZ 1) wie auch Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit (GZ 2) nicht zu erwarten sind. Zu verhindern sind das: · Versagen des Baugrundes infolge Erschöpfung seiner Festigkeit · Versagen des Bauwerkes infolge zu hoher Verformung des Baugrundes. Als Möglichkeiten des Versagens im Einzelnen sind Grundbruch, Gleiten, Geländebruch und das Fehlen des Schubverbands zwischen Baugrund und Bauteilen (welche selbst aus Erde bestehen können) zu nennen.112 Die Tiefe der geo- und bodentechnischen Gutachten haben dem Fortschritt der Bauplanung bzw. dem Baufortschritt zu entsprechen. Die Schritte der Baugrunderkundung werden im Folgenden dargestellt. 5.2.1.1 Auswertungen von Unterlagen Eine Vielzahl von Unterlagen geben erste Auskünfte über zu erwartende Bodenverhältnisse. An erster Stelle zu nennen sind Karten unterschiedlicher Thematik wie z. B.: 118 · Topographische Karten · Geologische Karten · Ingenieur-Geologische Karten · Bodenkarten (auch Bodenbewertungskarten) · Hydrologische Karten Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Über die Ämter hinaus, welche diese Karten erarbeiten und inklusive ihres Hintergrundwissens anbieten, sind weitere Erkenntnisse bei z. B. Umwelt-, Berg-, Denkmalämtern oder Kampfmittelräumdiensten zu erhalten. Weitere Aufschlüsse können auch Dokumentationen zu Nachbarbebauungen in Bauämtern bieten oder Altlastenkataster, welche auf möglicherweise umfangreiche Bodenuntersuchungen hinweisen. Selbst (historische) Luftaufnahmen, welche z. B. in Folge von Luftbombardements aus den Kriegsjahren reichlich existieren und in verschiedensten Archiven zu finden sind, bergen Hinweise. In dieser Phase ist Phantasie gefragt, denn ein einzelner Behördengang kann unter Umständen kostspielige Vor-Ort-Untersuchungen vermeiden. Alle Unterlagen sind jedoch immer auf Plausibilität zu prüfen! Hilfreich für die Prüfung ist die Fragestellung: Wer hat wann, was, warum, auf welcher Weise und mit welchen Mitteln untersucht bzw. dokumentiert? 5.2.1.2 Felduntersuchungen Ortsbegehung Ein geübter Fachmann kann bei unmittelbarer in Augenscheinnahme des Geländes anhand von Indizien wie Geländeform, Wasservorkommen und Vegetation wichtige Rückschlüsse auf mögliche Geländebewegungen (Wassereinfluss, Dolinen...), -veränderungen (Aufschüttungen, Abgrabungen, Rutschungen...) oder Chemie des Untergrundes ziehen.111 Aber auch vorhandene ober- und möglicherweise unterirdische Bebauungen und deren Einflüsse dürfen nicht vernachlässigt werden. Direkte Aufschlüsse Direkte Aufschlüsse können bereits natürlich gegeben sein, wie an Steilufern oder -hängen oder anthropogen entstanden sein, wie z. B. in Kiesgruben, Steinbrüchen oder Stollen. In Ermangelung vorhandener brauchbarer Aufschlüsse werden Schürfen (Spaten oder Bagger), Untersuchungsstollen oder Bohrungen durchgeführt. Grundsätzliche sind bei diesen Maßnahmen immer die entsprechenden Sicherheitsvorschriften zu beachten (z. B. DIN 4124 Baugruben und Gräben - Böschungen, Verbau, Arbeitsraumbreiten). Direkte Aufschlüsse ermöglichen eine direkte oder indirekte Begutachtung der Untergrundverhältnisse sowie die Entnahme von Proben. Je nach Methode können diese Proben mehr oder weniger gestört und dadurch für weitere Untersuchungen zum Teil nur eingeschränkt genutzt werden. „DIN EN ISO 22475-1, 01/2007, Geotechnische Erkundung und Untersuchung Probenentnahmeverfahren und Grundwassermessungen“ (alt: DIN 4021) bietet die Möglichkeit 119 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes die Qualität der Bodenproben nach ihrer Güte einzuteilen und daraus die feststellbaren Kennwerte zu bestimmen. Dem erfahrenen Fachmann ermöglichen Vorort-Proben, mit einfachen Hilfsmitteln den Boden in seinen wesentlichen Eigenschaften zu benennen und zu beschreiben (siehe Kap. 5.2.2). Spezifische Untersuchungen können nach genormter Entnahme von Proben (DIN EN ISO 224751) im Labor durchgeführt werden. Diese führen zu den für geotechnische Bewertungen und Berechnungen notwendigen Kennwerten. Indirekte Aufschlüsse Als indirekte Aufschlussverfahren werden Sondierungen bezeichnet. Hierzu werden in der Regel senkrecht zur Bodenoberfläche Sonden (Metallteile in genormter Form) eingedrückt oder gerammt und auch um ihre Längsachse gedreht. Die vom Boden der Sonde entgegengebrachten Widerstände werden gemessen und vorliegenden Vergleichswerten gegenüber gestellt. Dadurch können Rückschlüsse auf den Untergrund und seine Schichtung vorgenommen werden. Als Basis werden bekannte Beziehungen zwischen Messwerten und Untergrund genutzt. (z. B. können aus Ramm- und Drucksondierungen Festigkeitseigenschaften und Lagerungsdichten bestimmt werden) Im Zuge von indirekten Aufschlussverfahren werden keine Bodenproben entnommen, sie dürfen aber immer nur in Zusammenhang mit direkten Aufschlüssen bewertet werden. Bevorzugt werden diese Verfahren bei nicht bindigen Böden verwendet. Diese lassen in der Regel nur unzureichende Probeentnahmen zu. Als wesentliche Sondierungsverfahren sind zu nennen: Rammkernsondierung: Die Sonde wird mit einer definierten, konstanten Schlagkraft in den Boden geschlagen. Die Eindringtiefe in Abhängigkeit der Schläge lässt Rückschlüsse auf den Untergrund zu. (DIN EN ISO 22476-2 Geotechnische Erkundung und Untersuchung Felduntersuchungen - Teil 2: Rammsondierungen) Drucksondierung: Die Sonde wird mit konstanter Geschwindigkeit (2 cm/s) durch veränderliche Kräfte in den Boden gedrückt. Mantelreibung und Spitzenwiderstand der Sonde können dabei getrennt erfasst werden. (DIN 4094-1 Baugrund - Felduntersuchungen - Teil 1: Drucksondierungen) Flügelsondierung: An die in den Boden eingebrachte Sonde sind kreuzweise vier Flügel angebracht. Durch vordefinierte Drehung kann das erforderliche Drehmoment bestimmt werden, welches nötig ist, um den Boden zum Bruch zu bringen. Die Untersuchung dient der Bestimmung 120 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes des Scherwiderstandes des Bodens. (DIN 4094-4 Baugrund - Felduntersuchungen - Teil 4: Flügelscherversuche). Plattendruckversuch: Plattendruckversuche werden speziell genutzt, um die Verformbarkeit und Tragfähigkeit des Baugrundes zu beurteilen. Mit Hilfe einer Druckplatte wird der zu prüfende Untergrund wiederholt belastet und die gemessene mittlere Normalspannung s0 unter der Lastplatte und die darausfolgende Setzung s dokumentiert. Aus der sich daraus ergebenden Drucksetzungslinie kann auch das Verformungsmodul Ev und das Bettungsmodul ks ermittelt werden. Die Ergebnisse bieten eine Bemessungsgrundlage für die Dimensionierung von Fundamenten oder die Befestigung von Flächen (Straßen, Flugplätze). Die Rahmenbedingungen für die Übertragbarkeit des Versuches sind immer genau zu prüfen. (DIN 18134 Baugrund; Versuche und Versuchsgeräte – Plattendruckversuch, 09/2001). 5.2.1.3 Laboruntersuchungen Laboruntersuchungen müssen stets streng nach einem einheitlichen und genormten Verfahren erfolgen, denn nur so kann eine Übertragbarkeit der standardisierten Verfahren im Rahmen der definierten Toleranzbereiche und eine modellhafte Beurteilung der Verhältnisse in Bereich der geforderten Sicherheitsgrenzen gewährleistet werden. Basis der Untersuchungen sind die im Rahmen der direkten Aufschlüsse gewonnenen Bodenproben. Die Laboruntersuchungen liefern Kenngrößen der Böden über die im Feld gewonnenen Daten hinaus bzw. konkretisieren oder verifizieren diese.111 5.2.2 Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Böden 5.2.2.1 Grundlagen Als Benennung und Beschreibung von Böden wird die „Zuordnung eines Namens und Aufzeichnung von Eigenschaften und Unterscheidungsmerkmale nach [in der Regel] der · Korngrößenverteilung, [Maß der Korngrößen des Bodens und ihre Verteilung] · der Art und der Beschaffenheit der mineralischen und/oder organischen Bestandteile und · der Plastizität“* (ES ISO DIN 14688-1:2002 (D) Kap. 3) verstanden. Als Bodenart wird im engeren Sinn ein Boden aus nur einem Korngrößenbereich bezeichnet (DIN 14688-1 Kap. 4.2). Der Begriff wird jedoch unscharf und in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet. In DIN 14 688-1 Kap. 4.1 wird auf die Benennung der Bodenarten * „Eigenschaft eines bindigen Bodens, die darin besteht, dass sich sein mechanisches Verhalten bei Änderung des Wassergehaltes verändert“ (ES ISO DIN 14688-1:2002 (D) Kap. 3). 121 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes entsprechend Kap. 4.2 bis 4.10 hingewiesen, darunter fallen Kenngrößen wie Plastizität, organischer Anteil und Trennflächen und Schichtung. Im Gegensatz dazu spricht DIN ISO 11074:06/2005 Bodenbeschaffenheit – Wörterbuch113 in Kap. 3.6.1 von Bodenart in Zusammenhang von Fläche oder Region. Eine Definition ist in der Normung nicht zu finden. KA 566 wiederum formuliert in Kapitel 5.6.13.4: „Mit der Gesamtbodenart wird die Korngrößenzusammensetzung des mineralischen Bodenmaterials gekennzeichnet. Sie wird in Fein- und Grobbodenarten differenziert.“ Dennoch werden im Weiteren unter dieser Kategorie auch Torf- und Muddearten aufgeführt. Es muss also festgestellt werden, dass die Begrifflichkeit nicht immer eindeutig ist und es infolgedessen auch zu Missverständnissen in der Praxis kommen kann. Durch Benennen und Beschreiben festgelegter Merkmale und Kriterien ist eine hinreichende Einordnung von Boden in Bodengruppen möglich. Dies wird als Klassifizierung bezeichnet (ES ISO DIN 14688-2:2002 (D) Kap. 3). Sie basiert in der Regel auf Grundlage der Korngrößenverteilung und der Plastizität. Der Begriff „Klassifikation“ ist gegenüber dem Begriff der „Bodensystematik“ abzugrenzen. Letzter beschreibt Böden nach geo- und pedogenetischen Prozessen (vgl. Kapitel 3.4 Bodensystematik). Unter „Klassifikation“ dagegen ist eine Beschreibung rein nach Bodeneigenschaften ohne genetische Betrachtung zu verstehen. Bodengruppen sind als „Bodenarten mit annähernd gleichem stofflichem Aufbau und ähnlichen geotechnischen Eigenschaften“ definiert (ES ISO DIN 14688-2:2002 (D) Kap. 3.2). Nach Kapitel 4.1 der DIN hat die Einordnung unabhängig von Wassergehalt und Dichte des Bodens nach folgenden Klassifizierungsmerkmalen zu erfolgen: · Korngrößenverteilung · Plastizität · Organische Bestandteile · Entstehung Dies führt sich auch fort in DIN 18196 06/2006 „Erd- und Grundbau - Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke“. Man unterscheidet zum einen zustandsbeschreibende Klassifizierungsversuche wie z. B.: 122 · Korngrößenverteilung · Plastizitätsgrenzen · Organische Bestandteile. Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Auf der anderen Seite werden Festigkeits- und Verformungsversuche (Scherfestigkeit, Steifemodul) durchgeführt, die der rechnerischen Untersuchung der Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit nutzen. 5.2.2.2 Vor Ort (Feldversuche) Eine Hilfestellung für die Benennung, Beschreibung und Klassifizierung vor Ort gibt EN ISO DIN 14688:2002 (alt, aber noch vielfach im Gebrauch: die Vorgängernorm DIN 4022) auf der Basis der Eigenschaften, welche „gewöhnlicherweise für Böden im Bauingenieurwesen verwendet werden“114. Sie ist auf natürliche und künstliche Böden anzuwenden. Für Fels gilt ISO 14689. Nach ISO 14688 wird zunächst geprüft, ob es sich um natürlich abgelagerten Boden oder Auffüllmaterial handelt. Enthält der Boden natürliches Material, wird er wie natürlicher Boden beschrieben, andernfalls ist er gesondert zu beschreiben. Erhält der natürliche Boden organische Bestandteile oder hat er einen organischen Geruch, so soll er als organischer Boden beschrieben werden. Tabelle 14: Benennung und Beschreibung von organischen Böden (Tabelle 2, ISO 14 688-1) Hat der Boden nicht diese Eigenschaft, so ist seine Dichte zu prüfen. Bei geringer Dichte handelt es sich um vulkanisches Gestein. Als nächstes sind Steine und Kies >63 mm zu entfernen. Ist dieser Anteil schwerer als der Rest des Bodens, handelt es sich um „sehr grobkörnigen Boden“. Dabei gibt es hier noch die Unterscheidung „Blöcke“ (boulders) falls den größeren Anteil Partikel >200 mm bestimmen und „Steine“ (cobbles) im anderen Fall. Besteht der Hauptanteil des Bodens überwiegend aus Partikeln <63 mm ist er in feuchtem Zustand weiter zu untersuchen. Klebt er in diesem Zustand nicht, handelt es sich um 123 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes „grobkörnigen Boden“, welcher sich in „Kies“ (gravel), falls der größere Anteil aus Partikel >2 mm besteht, und in „Sand“ (sand) falls er kleiner ist, aufteilt. Ist der Boden in feuchtem Zustand klebrig, wird er als „feinkörnig“ bezeichnet. Bei geringer Plastizität, Dilatanz* und Trockenfestigkeit handelt es sich um „Schluff“ (silt), andernfalls um „Ton“ (clay). Darüber hinaus ist sehr grobkörniger und grobkörniger Boden über seine Nebenanteile, Korngrößen und deren Verteilung, Trennflächen und Schichten, Farbe und Dichte genauer zu definieren. Feinkörniger und organischer Boden wird weiter unter Angabe von Nebenanteilen, Plastizität, organischem Anteil, Farbe und Konsistenz konkretisiert. Bei feinkörnigem Boden sind zusätzlich Trennflächen und Schichten anzugeben. In allen Fällen ist die geologische Bezeichnung des Bodens ebenfalls anzuführen. Tabelle 15: Korngrößenfraktionen (DIN EN ISO 14688-1) * Eigenschaft eines körnigen, granularen Materials, sein Volumen bei Einwirkung von Scherkräften zu vergrößern. 124 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Tabelle 16: Grundlagen von Bodenklassifizierungen (DIN EN ISO 14688-2) Zusammengesetzte Bodenarten werden in ihren Haupt- (Substantiv, Kurzzeichen in Großbuchstaben) und Nebenanteilen (Adjektiv, Kurzzeichen in Kleinbuchstaben) beschrieben. Die Kennbuchstaben sind seit Gültigkeit der DIN EN ISO 14688-2 von den englischen Wörtern abgeleitet. Zwei Beispiele: Kies, sandig = saGr, Ton, kiesig = grCl. Weitere Beschreibungen und Erläuterungen sowie aufgeführte Kenngrößen zur Bestimmung finden sich in Teil 1 der Norm, wie z. B. Tabelle 14: Benennung und Beschreibung von organischen Böden (Tabelle 2, ISO 14 688-1) (s. oben) sowie in Teil 2 der Norm. Die Kenngrößen lassen sich meist nur durch Laborversuche genau benennen. 5.2.2.3 Laboruntersuchungen In DIN EN ISO 14688-1 werden die Grundlagen der Bodenklassifizierung aufgeführt. Für die Beschreibung der Laboruntersuchungsdurchführung, der Bestimmung der Kennwerte und den grundsätzlichen Versuchsbedingungen und -aufbauten stehen eine Reihe Normen zur Verfügung, welche hier jedoch nicht im Detail aufgeführt werden. 125 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Im Folgenden werden wesentliche Kennwerte für den Bereich der Geotechnik vorgestellt. Gleichwohl kann dies in der Fülle der Bestimmbarkeiten, deren Auswertungsmöglichkeiten und rechnerischen Zusammenhängen nur einen ersten Eindruck der inneren Zusammenhänge von Bodenzusammensetzung und Nutzbarkeit im geotechnischen Sinn geben. Für eine Vertiefung der Thematik muss auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen werden. Korngrößenverteilung: Im Labor werden die Korngrößenbereiche bei Partikeln >0,063 mm durch Siebung, die Verteilung kleinerer Partikel z. B. durch Schlämmen oder Sedimentation bestimmt. Durch Eintragung in ein entsprechendes Diagramm ergeben sich Körnungslinien. Bild 35: Darstellung von Sieblinien, Quelle Aufgrund der Steilheit einer 115 Kurve werden weitere Kennwerte bestimmt, wie die Ungleichförmigkeitszahl (je steiler die Körnungslinie, desto ungleichförmiger der Boden) und die Krümmungszahl (sie definiert die Krümmung der Kurve im festgelegten Bereich zwischen 10 % und 60 % der Korndurchgänge). Fehlt ein bestimmter Körnungsbereich, wird die Kurve als intermittierend bezeichnet. Aus den Kennzahlen Ungleichförmigkeit und Krümmungszahl können wichtige Bodeneigenschaften wie z. B. Verdichtungsfähigkeit ermittelt werden. (Diese Aussage gilt für grobkörnige, nichtbindige Böden) 126 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Wasserdurchlässigkeit Über die Ungleichförmigkeitszahl und empirisch ermittelte Beiwerte kann so der Wasserdurchlässigkeitsbeiwert k* (in m/s) für grobkörnige Böden ermittelt werden. Dieser und weitere Werte wie Durchfluss und Filtergeschwindigkeit sind Hilfsgrößen für die Beurteilung von Grundwasserströmungen oder für anthropogen hergestellte Dichtungs- (Deponieabdichtungen) bzw. Filterschichten. Hier werden auch die mit Hilfe von Körnungslinien von Terzaghi aufgestellten Filterregeln für den Aufbau von Filtern (z. B. Drainagepackung) genutzt.111 Bei der Beurteilung der Wasserbewegungen und -einflüsse sind jeweils die Temperaturen zu berücksichtigen, da mit sinkender Temperatur die Zähigkeit der Flüssigkeit zunimmt und deren Wirkung sich damit verändert. Plastische Eigenschaften Bodenporen können in unterschiedlichem Maß mit Wasser gefüllt werden. Als Wassergehalt des Bodens wir das Verhältnis Masse des Wassers zu Masse des Bodens bezeichnet. Der Wassergehalt des Bodens hat wesentlichen Einfluss auf die · Zusammendrückbarkeit und Festigkeit bindiger Böden und die · Verdichtbarkeit von Böden (s. unten) Feinkornböden (sie enthalten Bestandteile von Ton und Schluff und werden auch als bindige Böden bezeichnet) sind (auch) nach ihrer Plastizität zu beurteilen, welche vom Wassergehalt abhängig ist. Hierzu sind Laborversuche zur Bestimmung der Fließgrenze (Bestimmung über Versuchsaufbau: Fließgrenzengerät nach Casagrande) und der Ausrollgrenze durchzuführen. Diese werden auch als Zustandsgrenzen oder Konsistenzgrenzen bezeichnet. · Die Fließgrenze bezeichnet den Wassergehalt am Übergang vom flüssigen zum sog. bildsamen (formbaren) Zustand. · Die Ausrollgrenze bezeichnet den Wassergehalt am Übergang vom bildsamen zum halbfesten Zustand. · Die Plastizitätszahl gibt die Differenz von Fließgrenze zu Ausrollgrenze an. (vgl. Tabelle 18) · Weiter in Beziehung gesetzt ergeben sich Konsistenzzahl Ic, Liquiditätszahl IL und die Aktivitätszahl IA.111 (vgl. Tabelle 19) * k für teilgesättigten Boden, mit Index r in der Geotechnik für den gesättigten Boden. In der Bodenkunde mit dem Index f für Fließmedium (im Gegensatz zu Gasen). 127 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · Noch zu nennen ist hier die Schrumpfgrenze als Übergang vom halbfesten zum festen Zustand. (hellerer Farbton des Bodens durch Trocknen)116 Bodenklassifikation nach DIN 18196 Aufgrund der besonderen Eigenschaften feinkörniger bzw. bindiger Böden (Massenanteil des Feinkorns ³40 %) mit den Hauptanteilen Ton und Schluff werden diese nach DIN 18196 – im Gegensatz zu DIN EN ISO 14688-1 – anhand von Plastizitätszahl und Wassergehalt eingeteilt. Hierfür steht ein Diagramm (Bild 36) zur Verfügung. Nach Eintragen der Wertelinien im Diagramm kann am Schnittpunkt der beiden Wertelinien die Bodenart direkt abgelesen werden. Benennung Kurzzeichen Wassergehalt leicht plastisch L <35 % mittelplastisch M 35 % bis 50 % ausgeprägt plastisch A >50 % Tabelle 17: Vom Wassergehalt an der Fließgrenze abhängige Einstufung von Tonen und Schluffen nach DIN 18196 111 Bild 36: Plastizitätsdiagramm mit Bodengruppen 116 Die Bedeutung der Plastizitätszahl kann am Beispiel Kreide veranschaulicht werden. Ihr ist ein sehr kleine Plastizitätszahl zugeordnet, was bedeutet, dass bereits bei geringer Erhöhung des Wassergehaltes die Scherfestigkeit deutlich vermindert wird. 111 128 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Konsistenzzahl Die Konsistenzzahl ist definiert als das Verhältnis von Fließgrenze minus Wassergehalt zu Fließgrenze minus Ausrollgrenze. Ausrollgrenze Konsistenzzahl: Fließgrenze Plastizitätsbereich 1,0 0,75 0,5 0 Tabelle 18: Konsistenz bindiger Böden (nach DIN 18122) Dichte Die Dichte r [t/m³ oder g/cm³] bestimmt sich aus dem Verhältnis der Masse des Bodens zum Volumen. Diese kann von feuchtem oder trockenem Boden bestimmt werden. Die Wichte g [kN/m³] des Bodens ergibt sich aus der Dichte mal der Erdbeschleunigung. Der Porenanteil n ermittelt sich als 1 (als Wert) abzüglich Trockenbodendichte rd (mit Porenanteil) geteilt durch Korndichte rs. Als Korndichte wird der reine Feststoff des Bodens bezeichnet. Dieser kann jedoch – neben den mineralischen Körnern – auch aus z. B. organischen Bestandteilen bestehen. Die Porenzahl e bezeichnet das Verhältnis des Porenvolumens zum Volumen der Festmasse des Bodens Die Sättigungszahl Sr wird z. B. bestimmt als der Quotient aus dem wassergefüllten Porenvolumen und dem Gesamt-Porenanteil. Die vier letztgenannten Werte stehen in enger Beziehung und bilden Grundwerte für erdstatische Berechnungen. So hat die Wichte direkten Einfluss auf Stützbauwerke und deren statische Dimensionierung.111 Organische Bestandteile Entsprechend des organischen %-Anteils an der Trockenmasse wird der Boden als schwach, mittel oder stark organisch eingestuft. Organische Anteile haben eine große Wirkung auf die Kennwerte und Eigenschaften von Böden. Ihre Dichte ist sehr gering und die Wasseraufnahmefähigkeit sehr hoch. Dies vermindert die Festigkeit, erhöht die Zusammendrückbarkeit und kann infolge dessen stärkere Setzungen bewirken.111 129 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Lagerungsdichte von Sanden und Kiesen Die Lagerungsdichte D ist eine weitere wichtige Kenngröße für nichtbindige Böden, welche auf den Porenanteil des Bodens begründet ist. Die normmäßig geforderte „bezogene Lagerungsdichte“ errechnet sich in gleicher Weise aus der Porenzahl: „Porenzahl bei lockerster Lagerung“ minus „vorhandene Porenzahl“ geteilt durch „Porenzahl bei lockerster Lagerung“ minus „Porenzahl bei dichtester Lagerung“.116 Sie kann auch durch Feldversuche wie z. B. Ramm- oder Drucksondierungen indirekt ermittelt werden. Die Werte werden zur Beurteilung von Verdichtungsfähigkeit und Belastbarkeit der Böden genutzt aber auch als Bezugsgröße für weitere Bodenkenngrößen. Z. B erhöht sich mit zunehmender Lagerungsdichte die Wichte und auch der Reibungswinkel, welcher die Scherfestigkeit bestimmt (siehe unten).111 Sie können in der Geotechnik jedoch nur für grobkörnige Böden rechnerisch in Ansatz gebracht werden. Infolge von Druckbelastung wird der Porenraum des Bodens verringert, das Volumen verkleinert sich entsprechend. Sind die Poren wassergesättigt, kommt es zu einer verzögerten Volumenminderung, da das zunächst belastete Wasser in den Poren, welches inkompressibel ist, infolge der Belastung über den Porenraum – je nach dessen Gestaltung – erst entweichen muss. Diese Verringerung von Porenzahl und Wassergehalt infolge von Druckänderungen wird als Konsolidierung bezeichnet. Eine gegenläufige Bewegung mit Wiederfüllen der Poren mit Wasser infolge des Unterdruckes in den Poren, welcher durch Entlastung des Bodens entsteht und eine Vergrößerung der Werte Porenzahl und Wassergehalt nach sich zieht, nennt man auch Schwellung oder negative Konsolidierung. Das Steifemodul Es [kN/m²] ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Kenngröße für die einaxiale Zusammendrückbarkeit des Bodens. Es wird bei steigendem Wassergehalt immer kleiner und die Scherfestigkeit tf [kN/m²] nimmt ab (Einsinken im nassen Boden).111 Die Scherfestigkeit in Böden wird dabei bestimmt durch · Reibung (Spannung, welche am Kontaktpunkt von Körnern entsteht) und · Kohäsion (Haftkraft, welche durch hygroskopisches Wassers entsteht, vgl. Kapitel 3.2.3) Sie ist in DIN 18137 definiert als die Schubspannung, bei der die Scheinfuge entsteht und der Boden versagt.112 130 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Die Scherfestigkeit ist ein wichtiger geotechnischer Faktor für die Beurteilung von Rutschungen, Gleiten oder Brüchen, wie z. B Grundbrüchen. Das bedeutet, die Spannungswirkung der einzelnen Partikel macht sich in der Summe bodenmechanisch flächenhaft bemerkbar. Im Kleinen ist sie in den Ausquetschungen und Einsinkungen von Reifen bei Überfahrung von zu feuchtem Boden zu beobachten. In DIN 1080-6 sind Bodeneigenschaften mit Bezeichnung und formelgemäßer Zusammenhang tabellarisch zusammengestellt. (siehe Tabelle 19) 5.2.2.4 Bautechnische Eigenschaften und Bodenkenngrößen In DIN 18196 werden Bodenarten in Bodengruppen (siehe oben) zusammengefasst (Bodenklassifikation), welche annähernd gleichen stofflichen Aufbau und ähnliche bodenphysiksalische Eigenschaften und Kennzeichnungen haben. Die Einordnung erfolgt über zwei Kennbuchstaben und dient dem Zweck die bautechnische Eigenschaften und Eignung zu beurteilen. Sie gilt nicht für Böden mit einem Massenanteil an Steinen und Blöcken >40 %. Die Klassifizierung der Bodengruppen erfolgt anhand von · Korngrößenbereiche · Korngrößenverteilung · plastischen Eigenschaften · organischen Bestandteilen · Entstehung Für diese Gruppen erfolgt eine Bewertung bezüglich ihrer bautechnischen Eigenschaften · Scherfestigkeit · Verdichtungsfähigkeit · Zusammendrückbarkeit · Durchlässigkeit · Erosionsempfindlichkeit · Frostempfindlichkeit und ihrer bautechnischen Eignung als · Baugrund für Gründung · Baustoff für o Gründungen 131 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes o Erd- und Baustraßen o Straßen- und Bahndämme o Erdstaudämme o Dränagen Ein beispielhafter Auszug aus Tabelle „Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke“ aus DIN 18196 ist in Anhang 5 dargestellt. Für weitere geotechnische Beurteilungen aufgrund der Bodenklassifizierung stehen Bodenkenngrößen zur Verfügung wie · Erfahrungswerte der Wichte nichtbindiger Böden nach DIN 1055-2 · Erfahrungswerte für die Scherfestigkeit (Reibungswinkel und Kapillarkohäsion) nichtbindiger Böden (nach DIN 1055-2) · Erfahrungswerte der Wichte und Scherfestigkeit bindiger Böden (nach DIN 1055-2) DIN 1080-6 listet schließlich · Bodeneigenschaften, · deren Bezeichnung mit Formelzeichen und Einheit von Bodenkenngrößen · sowie deren formelmäßigen Zusammenhang.112 Die entsprechende Tabelle ist im Folgenden dargestellt. Im Weiteren folgt eine Zusammenstellung an DIN-Normen, welche im Bereich Bodenarbeiten im weitesten Sinn relevant sind. Die Zusammenstellung ist jedoch aufgrund der Fülle solcher Normen auf die Wesentlichen beschränkt. 132 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 133 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Tabelle 19: Bodeneigenschaften, Bezeichnung und Einheiten der Bodenkenngrößen (nach DIN 1080-6) 134 112 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Im Folgenden eine Zusammenstellung relevanter Normen. (nicht abschließend) NA 005 Normenausschuss Bauwesen (NABau) Grundlegende Normen Geotechnik DIN 1054 01/2005 Baugrund - Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau DIN 1055, Teil 2, E 02/2003 Einwirkungen auf Tragwerke: Bodenkenngrößen DIN 4020 09/2003 Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwecke DIN 18196 06/2006 Erd- und Grundbau - Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke Normen für Laboruntersuchungen DIN 18121, Teil 1 04/1998 Wassergehalt; Bestimmung durch Ofentrocknung DIN 18121, Teil 2 08/2001 Wassergehalt; Bestimmung durch Schnellverfahren DIN 18122, Teil 1 07/1997 Zustandsgrenzen (Konsistenzgrenzen); Bestimmung der Fließ- und Ausrollgrenze DIN 18122, Teil 2 09/2000 Zustandsgrenzen (Konsistenzgrenzen); Bestimmung der Schrumpfgrenze DIN 18123 11/1996 Bestimmung der Korngrößenverteilung DIN 18124 07/1997 Bestimmung der Korndichte; Kapillarpyknometer - Weithalspyknometer DIN 18125, Teil 1 08/1997 Bestimmung der Dichte des Bodens; Laborversuche DIN 18125, Teil 2 08/1999 Bestimmung der Dichte des Bodens; Feldversuche DIN 18126 11/1996 Bestimmung der Dichte nichtbindiger Böden bei lockerster und dichtester Lagerung DIN 18127 11/1997 Proctorversuch DIN 18128 12/2002 Bestimmung des Glühverlustes DIN 18129 11/1996 Kalkgehaltsbestimmung DIN 18130, Teil 1 05/1998 Bestimmung des Wasserdurchlässigkeitsbeiwerts; Laborversuche DIN 18130, T2, E 10/2003 Bestimmung des Wasserdurchlässigkeitsbeiwerts; Feldversuche DIN 18132 12/1995 Bestimmung des Wasseraufnahmevermögens DIN 18134 09/2001 Plattendruckversuch DIN 18135 E 06/1999 Eindimensionaler Kompressionsversuch DIN 18136 11/2003 Einaxialer Druckversuch DIN 18137, Teil 1 08/1990 Bestimmung der Scherfestigkeit; DIN 18137, Teil 2 12/1990 Bestimmung der Scherfestigkeit; Triaxialversuch DIN 18137, Teil 3 09/2002 Bestimmung der Scherfestigkeit; Direkter Scherversuch Berechnungsnormen DIN 4017 mit Beiblatt 1 03/2006 Baugrund - Berechnung des Grundbruchwiderstands von Flachgründungen DIN V 4019-100 04/1996 Baugrund - Setzungsberechnungen - Teil 100 Berechnung nach dem Konzept mit Teilsicherheitsbeiwerten DIN 4085 10/2007 Berechnung des Erddrucks 135 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Normen zur Erkundung, Untersuchung und Beschreibung des Baugrunds Bodenkundliche Standortbeurteilung und Ableitung von Bodenkennwerten DIN 4220 DIN 4023 02/2006 Kennzeichnung, Klassifizierung Zeichnerische Ergebnisse von Baugrund - und Wasserbohrungen DIN 4030, Teile 1,2 06/1991 Beurteilung betonangreifender Wässer, Böden und Gase DIN 4094 Baugrund - Erkundung durch Sondierungen DIN 4094, Teil 1 06/2002 Drucksondierungen DIN 4094, Teil 2 05/2003 Bohrlochrammsondierung DIN 4094, Teil 3 01/2002 Rammsondierungen DIN 4094, Teil 4 01/2002 Flügelscherversuche DIN 4094, Teil 5 06/2001 Bohrlochaufweitungsversuche DIN EN ISO 14688, Teil 1 01/2002 Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Boden DIN EN ISO 14688, Teil 2 11/2004 Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Boden DIN EN ISO 14689, Teil 1 04/2004 Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Fels DIN EN ISO 22475, Teil 1 01/2006 Geotechnische Erkundung und Untersuchung: Probenentnahmeverfahren und Grundwassermessungen - Technische Grundlagen der Ausführung DIN EN ISO 22476, Teil 12 (E) 06/2006 Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Felduntersuchungen Drucksondierungen mit mechanischen Messwertaufnehmern DIN 196821 Teil 1 DIN 1055, Teil 2 Bodenbeschaffenheit - Felduntersuchungen -: Bestimmung der Bodenfarbe 02/1976 DIN 4021 Bodenkenngrößen; Wichte, Reibungswinkel, Kohäsion, Wandreibungswinkel Aufschluss durch Schürfe und Bohrungen sowie Entnahme von Proben Im Landschaftsbau DIN 18915 Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Bodenarbeiten Vergaberelevante Normen (VOB, Teil C) DIN 18299 04/2010 Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art DIN 18300 04/2010 Erdarbeiten DIN 18301 04/2010 Bohrarbeiten DIN 18311 04/2010 Nassbaggerarbeiten DIN 18319 04/2010 Rohrvortriebsarbeiten DIN 18320 04/2010 Landschaftsbauarbeiten DIN 18459 04/2010 Abbruch- und Rückbauarbeiten NA 119-01-02-06 UA Bodenschutz, Entsorgung, Altlastensanierung DIN 19731 05/1998 Bodenbeschaffenheit- Verwertung von Bodenmaterial ISO 15176 10/2002 Bodenbeschaffenheit - Charakterisierung von Bodenaushub und anderem Bodenmaterial zur Verwertung Tabelle 20: Überblick über Bau- und Bodenrelevante Normen (Literaturauswahl 136 117 , Liste ergänzt) Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 5.3 Grundbau Im Grundbau werden mit Hilfe der bodenmechanischen Erkenntnisse das Planen, Berechnen und Ausführen von Bauten auf und im Baugrund ermöglicht. Dabei geht es um die Bewertung der Wechselwirkungen der Kräfte zwischen Bauwerk und Baugrund. Im Rahmen der Sicherheitsnachweise sind Spannung und Verzerrung in Hinblick auf folgende statische Beanspruchungen zu berücksichtigen. · Sohldruckverteilung · Setzung · Erddruck · Grundbruch · Gleiten und Kippen · Gelände- und Böschungsbruch · Aufschwimmen111 Dabei kann Boden / Erde selbst als Baustoff genutzt und als technisches Ingenieurwerk zum Erdbauwerk werden (z. B. Wälle, Dämme, Einschnitte oder Deponieabdichtungen). Wird Boden zu Baugrund oder als Baustoff selbst zum (Erd-)Bauwerk, so ist er in der Regel nicht mehr in der Lage natürliche Funktionen oder Funktionen als Standort für landund forstwirtschaftliche Nutzung im Sinn des BBodSchG zu übernehmen. Dies liegt im Wesentlichen an der starken Verdichtung des Erdreiches, welche üblicherweise für bautechnische Zwecke notwendig wird und der daraus folgenden Zerstörung des Gefüges. Dieser Boden wird im Sinn dieser Arbeit nicht als (schützenswerter) Boden betrachtet, sondern als Baustoff. Aus diesem Grund soll an dieser Stelle das Thema Grundbau nicht weiter vertieft werden. Das Erdreich kann jedoch nach Aufgabe bautechnischer Funktionen und entsprechender Aufbereitung erneut eine Anzahl natürlicher Funktionen übernehmen. Im Zuge langfristiger Bodengenese wird er Böden mit natürlichen Funktionen immer ähnlicher werden. Mit Hilfe geotechnischer Erkenntnisse und Parameter (z. B. Verdichtung, Scherfestigkeit, Wasserdurchlässigkeit) und darauf basierende Beurteilungs- und Berechnungsverfahren können auch Bezüge zu physikalischen Bodenveränderungen oder Bodenschädigungen gezogen werden. Zum Teil geschieht das schon, besonders im land- und forstwirtschaftlichen Bereich. Eine Weiterentwicklung und Übertragung auf den Baubereich kann auch hier unterstützend zur 137 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Verhinderung negativer Bodeneinflüsse genutzt werden. Hilfreich sind z. B. klare Benennungen von Grenzparametern. Eine Übertragbarkeit und Weiterentwicklung ist themenspezifisch zu erforschen. 5.4 Erdbau 5.4.1 Einführung Erdbau heißt Erde bewegen118 und bedeutet eine Veränderung der Lage und inneren Struktur (Gefüge) des Bodens bzw. Erdreiches. Nach ATV DIN 18300 Erdarbeiten zählen dazu die Vorgänge · Lösen · Laden · Fördern (Transportieren) · Einbauen · Verdichten119 Eine eigene Betrachtung des (Zwischen-) Lagerns wird hier vermisst. Lösen / Laden kann unter Bodenaushub und Einbauen / Verdichten als Bodenauftrag zusammengefasst werden. Besondere Lösearbeit ist bei Fels notwendig (hier nicht relevant) und Verdichten nur bei Erdbauwerken und Boden als bautechnischer Untergrund. Die rechtlichen Hintergründe in Bezug auf die Abfallzuordnung und Bewertung des Bodens hinsichtlich seiner Verwertung wurden bereits im Kapitel „rechtliche Grundlagen“ zusammengestellt. Im Folgenden wird die Durchführung der Erdbewegungen betrachtet. Statistisch gesehen werden in Deutschland mehr als 2 Mrd. m³ Massen im Jahr im Erdbau inklusive Abraumarbeiten und Steine- und Erdengewinnung bewegt.118 Hierzu zählen die BodenHorizonte A, B und der nicht unbeträchtliche Teil des Horizontes C, welcher nicht im hier relevanten Zusammenhang im Fokus des Bodenschutzes steht. Eine Statistik nach getrennter Erfassung der Horizonte ist nicht bekannt. Es ist zu vermuten, dass eine solche aufgrund der Ausschreibungsstruktur (Einordnung in Bodenklassen nach ATV DIN 18300 siehe Kap. 4.4.5) der Erdarbeiten nicht differenziert darstellbar ist. Erdbauarbeiten werden – im hier dargestellten Themenrahmen – nicht nur für bautechnische Zwecke durchgeführt, sondern auch für landschaftsgestalterische Maßnahmen als ursächlicher Zweck oder in Folge von Baumaßnahmen. Die Erde soll im letztgenannten Bereich anschließend für vegetationstechnische Zwecke genutzt werden. 138 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Grundüberlegung für die Planung und Kalkulation der Erdarbeiten ist die richtige Beurteilung des Materials Boden (Einstufung in Boden- und Felsklassen entsprechend ihrem Zustand beim Lösen nach ATV DIN 18300) mit dem Blick auf eine wirtschaftliche Abwicklung der Erdbewegungen unter dem Aspekt der dafür richtigen Geräteauswahl und Geräteausrüstung. Eine Bodenschonung steht dabei nicht im Fokus. 5.4.2 Grundlagen Für alle Arten der Erdbewegungen steht heute eine scheinbar grenzenlose Auswahl an Maschinen und Geräten bereit. Ziel ist, das optimale Gerät (meist aus wirtschaftlichem Aspekt) für die geplanten Arbeiten auszuwählen. Die Frage nach der Größe wird meist durch das zu lösende und fördernde Material bestimmt, aber wesentlich auch durch die Tragfähigkeit und Griffigkeit des Untergrundes. Denn der einzusetzenden Arbeitskraft der Maschine muss eine Gegenkraft im Untergrund gegenüber stehen. Daher ist das Wissen um das Kräftespiel zwischen Untergrund, Gerät und Material essentiell für die Maschinenauswahl aus wirtschaftlicher Sicht. Das Wissen bietet darüber hinaus aber auch einen Ansatz Maschinen bodenschonend einzusetzen. Kraftübertrag Die nutzbare Kraft eines Gerätes, hängt ab vom Gewicht auf den Antriebsrädern bzw. Ketten und dem Bodenschlusskoeffizienten. Folgende Tabelle gibt eine Übersicht. Material Reifen Ketten Beton 0,90 0,45 Steinbruchsohle 0,65 0,55 toniger, trockener Lehm 0,55 0,90 fester Boden 0,55 0,90 toniger, nasser Lehm 0,45 0,70 loser Boden 0,45 0,60 nasser Sand 0,40 0,50 Schotterweg 0,36 0,50 trockener Sand 0,20 0,30 fester Schnee 0,20 0,25 Eis 0,12 0,12 118 Quelle: Tabelle 21: Beispiele von Bodenschlusskoeffizienten (empirisch ermittelt) Die nutzbare Zugkraft der Maschine ergibt sich aus dem Produkt Bodenschlusskoeffizienten und Gewicht auf den Antriebsrädern. Der Bodenschluss ist umso kleiner, je geringer die 139 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Kraftübertragung von der Maschine auf den Untergrund ist. Die Tabelle zeigt, dass feste, trockene Böden effektivere Arbeit erlauben als nasse, lehmige und Kettenfahrzeuge i. d. R. leistungsfähiger sind als Radfahrzeuge. Das Maschinengewicht kann nicht beliebig erhöht werden, da es auf die Tragfähigkeit des Untergrundes abgestimmt werden muss. Der Bodendruck ergibt sich aus dem Maschinengewicht und der Aufstandsfläche des Gerätes. Daneben wirken im Betrieb auch dynamische Kräfte wie Beschleunigungs-, Brems- und Zentrifugalkräfte in horizontaler Richtung. Grundsätzlich haben Radfahrzeuge wegen der geringeren Aufstandsfläche größere Bodendrücke als Kettengeräte, aber auch letztere können schnell an ihre Grenzen stoßen, wenn der Untergrund nicht tragfähig genug ist. Ein technisches Optimum stellt die Moorraupe dar, deren Bodendruck durch größere tragende Kettenlänge und breiter Bodenplatten deutlich geringer im Verhältnis zum Eigengewicht ausfällt. Gerät in t Bodendruck 7,3 t Kettendozer 0,43 kg/cm²* 43 kPa 0,43 bar 4,3 N/cm² 48 t Kettendozer 1,0 kg/cm² 100 kPa 1,0 bar 10 N/cm² Kleine Moorraupe 0,3 kg/cm² 30 kPa 0,3 bar 3 N/cm² 0,5 kg/cm² 50 kPa 0,5 bar 5,0 N/cm² 0,15 kg/cm² 15 kPa 0,15 bar 1,5 N/cm² 27 t Moorraupe Max. Grenzvorgabe nach DIN 18915 Tabelle 22: Bodenpressung verschiedener Geräte beispielhaft Bildquelle 120 Bild 37: Moorraupe * Bildquelle 118 , div. Einheiten im Vergleich 121 Bild 38: Kettendozer Auch wenn diese Einheit keinen Druck aus physikalischer Sicht bezeichnet, so wird der ersatzweise dennoch in der Praxis verwendet. 140 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Zum Vergleich sei hier ein Wert aus DIN 19731 genannt: Bei Aufbringung von Böden sollten diese nur mit Kettenfahrzeugen mit einer maximalen Pressung von 15 kPa befahren werden. Ein unrealistischer Wert, welchen nicht einmal kleinste Moorraupen einhalten können.71 Beispielhaft: Kettendozern der Fa. Zeppelin-Cat 118 Tabelle 23: Vergleich der Maschinenleistung im Verhältnis zum Einsatzgewicht und zur Bodenpressung Als Gegenwert ist in der folgenden Tabelle die maximale Tragfähigkeit diverser Böden – aus erdbautechnischer Sicht – genannt. Es wird jedoch nicht deutlich gemacht, wie diese maximale Tragfähigkeit definiert ist. Es ist zu vermuten, dass die Werte aus bodenschonender Sicht geringer ausfallen würden. Nach dieser Tabelle können – nach wirtschaftlichem Aspekt – selbst bei weichem, tonigem Boden noch Kettendozer bis nahezu 50 t eingesetzt werden! (vgl. dazu am Beispiel von Kettendozern der Fa. Zeppelin-Cat, Tabelle 23). Material Tragfähigkeit (bar) Fels, kompakt 24,1 Kies, fest anstehend 7,6 Fels, zerkleinert 4,8 Ton, trocken 3,8 Sand, kompakt trocken 3,8 Ton, halbtrocken 1,9 Sand, lose trocken 1,9 Ton, weich 1,0 Treibsand, Schwemmland 0,5 118 Tabelle 24: Tragfähigkeit verschiedener Materialien in bar Zum Vergleich werden in folgender Tabelle spezifische Bodendruck-Werte für Schwerlast-LKW (auch als SKW bezeichnet) und Dumper mit zwei bzw. drei Achsen dargestellt. 141 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes vorne Mitte hinten Reifendruck Bodendruck Reifendruck Bodendruck Reifendruck Bodendruck SKL 7,0 5,7 7,1 5,7 2-AchsDumper 3,2 3,0 4,1 3,7 3-AchsDumper 3,,2 3,0 3,1 3,0 3,3 3,1 118 Tabelle 25: spezifische Bodendrücke für SKW und Dumper beispielhaft im Vergleich nach Werkangabe in bar Bild 39: 3-Achs-Dumper, Bildquelle 121 Zu berücksichtigen ist auch, dass bei nachlassender Bodentragkraft Räder in den Boden eindringen. Das erhöht den Rollwiederstand und damit die nötige erforderliche Kraft des Fahrzeuges, um eine gleiche Endleistung zu erreichen. Hierfür gib es Faustwerte: Den Basiswert bildet der sogenannte konstante Rollwiderstand (RW k) in kg/t*. Er beinhaltet innere Reibung, Reifendruck, Reifenprofil und Reifenwalken und beträgt ca. 2 % des Bruttogewichtes der Maschine. Das bedeutet bei einem Fahrzeug von 1 t, welches sich ohne Reifeneindringung (harte Strasse) bewegt, eine Schub- oder Zugkraft von 20 kg.* Pro cm Reifeneindringung ist ein zusätzlicher spezifischer Rollwiderstand (RW s) von 6 kg/t zu erwarten. Aus RW k + RW s ergibt sich RW g als Gesamtrollwiderstand.118 122 * Einheit so inkorrekt in der Quelle angegeben 142 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Untergrundverhältnisse RWg Harte, glatte Straße (Beton, Asphalt) 20 kg/t Feste, glatte Straße, Verformung bis 2 cm (Schotter- oder Erddecke) 30 kg/t Unbefestigte Straße, ausgefahrener Weg, der unter Belastung nachgibt Reifeneindringung bis 5 cm 50 kg/t Ausgefahrener, unbefestigter Weg mit ziemlich weicher Oberfläche Reifeneindringung bis 10 cm 80 kg/t Loser Sand oder Kies 100 kg/t Weiche, schlammige, ausgefahrene Piste Schnee lose/fest 100 – 200 kg/t 25/45 kg/t Tabelle 26: Beispiele zu erwartender Gesamtrollwiderstände Interessant ist dazu im Vergleich der Steigungswiderstand: Ein Prozent Steigung der Fahrbahn lässt einen Fahrwiderstand von 10 kg/t Fahrzuggewicht erwarten. Damit ist man bei einer Radeindringtiefe von 10 cm schon bei einer vergleichbaren Steigung von 6 %, die zusätzlich als Leistung abgearbeitet werden muss! Neben der dadurch verursachten Bodenschädigung bedeutet dies auch aus wirtschaftlicher Sicht einen deutlichen Mehraufwand, da die Leitungsfähigkeit der Maschinen zurückgeht und für die gleiche Arbeit nun eine leistungsstärkere Maschine notwendig wird. Im Ergebnis bietet dieses Hintergrundwissen Ansätze, wirtschaftlich zu handeln und gleichzeitig Boden vor übermäßiger Verdichtung und Verknetung zu schützen: · Bei tiefem Boden wird eine Fortführung der Arbeit schnell unwirtschaftlich. Eine Arbeitsunterbrechung schont den Boden. · Schlechte Untergrundverhältnisse vermindern auch die Gesamtfahrleistung (geringer Bodenschluss, hoher Rollwiderstand). Bei großen Förderwegen lohnt es sich – zur Ausnutzung der Höchstgeschwindigkeit – eine gute Fahrpiste zu errichten, welche die Transportleistung optimieren lässt und den Boden gleichzeitig schont. Darüber hinaus sind solche Pisten auch bei ungünstigen Wetterverhältnissen noch nutzbar. Nach Abschluss der Arbeiten werden die Pisten zurückgebaut. · Je größer der Bodenschluss, desto besser der Kraftübertrag von Maschine auf den Untergrund, desto größer die Arbeitsleistung beim Lösen, Laden und Fördern. Auch hier lohnt aus wirtschaftlicher Sicht manchmal eine Arbeit zu unterbrechen oder eine kleinere Maschine zu wählen und damit gleichzeitig den Boden zu schonen. 143 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 5.4.3 Lösen und Laden Lösen ist besonders bei Bodenklassen 6, „leicht lösbarer Fels“ und vergleichbaren Bodenarten und Klasse 7, „schwer lösbarer Fels“ erforderlich. Diese Bodenarten entsprechen in der Regel nicht den im Sinn dieser Arbeit zu schützenden Böden, weswegen das Thema „Lösen“ an dieser Stelle nicht näher betrachten werden soll. Das Laden hingegen stellt den ersten massiven Eingriff im Zuge von Erdarbeiten in die Bodenstruktur dar. Als bevorzugte Geräte haben sich dafür Radlader und Hydraulikbagger bewährt.118 Die Schaufelart und Schaufelgröße richtet sich nach den örtlichen Verhältnissen. Welchen Einfluss die Wahl des Ablösewerkzeuges auf Gefügestörungen des Bodens hat, wäre ein weiterer, zu prüfender Aspekt. Untersuchungen dazu sind nicht bekannt und sollten angestoßen werden. Ein überlegenswerter Ansatz wäre, dies bei großflächigen Erdabträgen flächenhaft – ähnlich bei einem Rollrasen – zu vollziehen und die sich ergebenden, in sich ungestörten „Erdplatten“ an anderer Stelle so wieder aufzutragen. Möglicherweise könnte auch eine „blockweise“ Umsetzung von Ober- und Unterboden in einem Arbeitsgang eine weitgehende Erhaltung des Bodengefüges bewirken. 5.4.4 Fördern bzw. Transportieren Wesentliche Einflüsse des Transportierens auf den Boden in Folge der Bodenbelastung wurden im Kapitel 5.4.2 „Grundlagen“ aufgeführt. Einen Sonderfall stellt der Kettendozer dar, welcher in einem Arbeitsgang löst, lädt, fördert und einbaut. Seine Arbeitsleistung ist abhängig von Korngröße, -form und Hohlräumen und bei bindigen Böden von der Feuchtigkeit. Wirtschaftlich optimal ist der Vorgang des Schiebens zu bewerten, wenn das Material vor dem Schild rollt (bes. krümeliges Material). Das bedeutet aber auch, dass der Boden einer besonders starken Gefügestörung unterworfen ist. Für bodenschonende Maßnahmen ist dieses Verfahren daher nicht geeignet. Eine andere Variante ist das System Load & Carry. Hier wird mit dem Radlader geladen und direkt mit diesem das aufgenommene Material 50 - 250 m weit transportiert. Aus wirtschaftlicher Sicht wird hier die Zeit des Umladens gespart. Der Boden wird aufgrund der geringeren Einzellast weniger mechanisch beansprucht. Jedoch sind gute Fahrpisten zu erstellen, da das häufig wiederholte Überfahren des Bodens ab zu bestimmenden Lastengrößen (bodenabhängig) zu erhöhten Verdichtungen führen kann. 144 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 5.4.5 Einbauen Das Einbauen bei ingenieurtechnischen Erdarbeiten ist immer mit Verdichtung verbunden. Dies führt zum Verlust der natürlichen Bodenfunktionen und soll daher hier nicht weiter betrachtet werden. Der Fall des schonungsvollen Erdauftrages für vegetationstechnische Zwecke ist kein Aspekt des in der Literatur beschriebenen Erdbaues.118, 112 Unter den Normen findet sich dieser Bereich dem Landschaftsbau zugeordnet (z. B. DIN 18915). 5.5 Garten- und Landschaftsbau Der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL) stellt seine Branche auf seiner Web-Seite u. a. mit dem Satz vor: „Wenngleich wir bauausführende Betriebe sind, erachten wir die Pflanze als unseren wichtigsten "Baustoff". Wir sind sowohl der Bauwirtschaft als auch dem Gartenbau eng verbunden.“123 Der Boden ist in diesem Zusammenhang kein Thema. Dies spiegeln auch die weiteren Inhalte der Seiten wieder. Die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. FLL124 bemüht sich derzeit in 58 Fachgebieten um Aufklärung und Fortschreibung. Aber auch darunter sind keine Bodenrelevanten Themen zu finden. Auch aufgrund weiterer, ergebnisloser Recherchen muss davon ausgegangen werden, dass Garten- und Landschaftsbauer sich vorrangig mit Vegetationstechnik und Gestaltungsfragen befassen, nicht jedoch mit dem Boden als schützenswertes Naturgut im Sinn dieser Arbeit. 5.6 Erfordernisse Im Rahmen von Baumaßnahmen wird Bodenbewegung und -nutzung aus baufachtechnischer Sicht betrachtet. Wird Boden für Erdbauwerke verwendet, so wird er in der Regel stark verdichtet. Dieser Boden darf zwar nicht verunreinigt werden, muss im Sinn dieser Arbeit aber nicht gefügeschonend behandelt werden, da er ohnehin seine natürlichen Bodenfunktionen weitgehend verliert. Für die Durchführung von Bodenbewegungen für vegetationstechnische Zwecke und zum Erhalt von natürlichen Funktionen sind die in Kapitel 5 beschriebenen Arbeiten nicht bestimmt. Bodenverdichtung und -verknetung wird in Zusammenhang mit Erdbewegungen lediglich unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit analysiert. 145 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Als Basis allen Bodenschutzes ist zu Beginn von Baumaßnahmen erforderlich, eine definierte Trennung der anzutastenden Böden nach „Baustoff / Baugrund“ und „Erhalt der natürlichen Funktionen“ durchzuführen. Auf der Suche nach einem möglichen Verantwortlichen für die Anliegen des zu schützenden Bodens, drängt sich, zumindest bei Großprojekten, ein Blick auf den Landschaftsbauer auf. Jedoch muss nach Recherchen festgestellt werden, dass dieser den Fokus auf die Vegetationstechnik an sich legt. Der Boden als Basis der Vegetation erfährt keinen besonderen Schutz. Beobachtungen bei der Arbeitsabwicklung bestätigen diese Erkenntnis. Der Pedologe, welcher das Problem des notwendigen Bodenschutzes erkannt hat, hat dagegen als Nichtbeteiligter keine Interventionsmöglichkeit bei Baumaßnahmen i. w. S.. Es muss an dieser Stelle festgestellt werden, dass sich bisher im Zusammenspiel der vielfältig Beteiligten an Baumaßnahmen inklusive Landschaftsbaumaßnahmen kein Anwalt für die Sache Bodenschutz hervortut. Dies belegen die üblichen, zu beobachtenden Abläufe an kleinen und großen Baustellen. Als Konsequenz ist ein solcher „Anwalt“ in das Baugeschehen einzubinden. Denkbar wäre, diese Aufgabe einem am Bau Beteiligten zu zuordnen (Erdbauer, Landschaftsbauer) und ihn entsprechend zu qualifizieren oder einen neuen Sachverständigen bzw. Koordinator für Bodenaspekte einzuführen. Sinnvollerweise sollte dies von der Größe der Baustelle (bzw. dem Umfang der Erdbewegungen auf der Baustelle) oder/und den lokalen Umständen (besonders sensibler Bereich, Naturschutzgebiet) abhängig gemacht werden. Als Vorbild kann die bodenkundliche Baubegleitung (BBB) in der Schweiz angeführt werden. Dort sind Großbaustellen, welche einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterliegen, pflichtgemäß von anerkannten Bodenfachleuten zu betreuen. Bei kleineren Bauvorhaben haben Projektleiter diese Aufgabe zu übernehmen.125 Aus bisherigen Erfahrungen gestaltet es sich als schwierig, einen hohen Qualitätsstandard im Bauablauf im Bereich Boden zu gewähren. Der Bauunternehmer bewegt die Erde mit dem Zweck, vorgegebene Bodenformen zu erstellen. Der Landschafts- bzw. Gartenbauer oder auch Eigentümer übernimmt die vorgerichtete Fläche um seine vegetationstechnischen Arbeiten durchzuführen. Eine Kontrolle und Abnahme der Vorarbeiten eines Vorunternehmers wie bei anderen Baugewerken üblich (z. B. Wandabnahme vor Putzauftrag), erfolgt hier in der Regel (noch) nicht. Es muss also ein neues Ordnungssystem geschaffen werden, in welchem ein Anwalt als Begleitung des Bodens einer Baumaßnahme zur Seite gestellt wird. Ob dies ein neuer Mitwirkender oder ein durch Weiterqualifikation bereits am Bau Beteiligter ist, ist letztlich von der 146 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes örtlichen Komplexizität abhängig. Eine kontinuierliche Einbindung des Bodensachverständigen muss dabei für das komplette Bauvorhaben gewährleistet sein. Das bedeutet, dass er bereits bei den ersten Vorplanungen und besonders für die Maßnahmen außerhalb eines Bauwerkes, also den Erdbewegungen und Bewegungsflächen, einbezogen wird. Als wichtiges Werkzeug müssen diesem Fachmann rechtliche Grundlage an die Hand gegeben werden. So ist über eine gesetzlich geforderte sog. Bodenkundliche Baubegleitung (BBB) nachzudenken, aber auch darüber, die technischen Regeln (siehe Kap. 4.4.4) so anzupassen, dass eine kontinuierlicher Bodenschutz gewährleistet werden kann. Darüber hinaus sollte zur Verständigung aber auch zur beidseitigen Erkenntnissteigerung zwischen Geotechnikern und Petologen ein fachtechnischer Austausch stattfinden. Die physikalische Bewertung des Bodens entspricht sich in den Grundlagen und gerade die Beurteilung der Grenzbelastung von Boden ist eine Haupttätigkeit des Geotechnikers, wenn auch zunächst mit anderer Zielsetzung als beim Pedologen. 147 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 148 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Teil B: Maßnahmen 149 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 150 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 6 Bodenschutz in der baulichen Praxis 6.1 Einleitung Auch in der Baupraxis sind negative Bodenveränderungen durch biologische, chemische oder physikalische Einwirkungen zu vermeiden, da diese in der Regel nicht rückgängig gemacht werden können (vgl. Kap. 3). Jeder, der auf den Boden einwirkt, ist in der Pflicht, die in Kapitel 4 aufgeführten rechtlichen Vorgaben einzuhalten. Aber auch bodenkundliches (vgl. Kap.3) und geound bautechnisches Wissen (vgl. Kap.5) sind zu berücksichtigen und umzusetzen. Leider werden die Vorgaben zum Bodenschutz nicht immer beachtet. Zum einen sind sie häufig schlicht unbekannt, zum anderen werden sie unterschiedlich interpretiert. Gelegentlich scheint es fahrlässig, in den seltensten Fällen vorsätzlich zu geschehen. Auch bei Baustellen genügt, diese mit offenen Augen zu besichtigen, um bestätigt zu bekommen, dass vermeidbare Bodenschädigungen im Zuge von Baumaßnahmen keine Einzelfälle sind. Aber wie alle anderen Umweltgüter ist auch Boden ein Allgemeingut. Wer ihn (be-)nutzt, hat dies mit Sorgfalt und mit Blick auf unsere Kinder und Kindeskinder entsprechend nachhaltig zu tun. Es werden äußerst vielfältige Arten von Baumaßnahmen durchgeführt. Landschaftsbauliche und andere erdeingreifende Handlungen (z. B. Altlastenbearbeitung, Kampfmittelräumung) sind im Sinn dieser Arbeit dabei einzubeziehen. Bei all diesen Eingriffen sind (weitere) Bodenschädigungen zu besorgen und zwar unabhängig von der Größe der Maßnahmen. Negativbeispiel aus der Praxis: Eine kleine Baustelle; Fassadenneuanstrich: Die Handwerker parken aus Platzmangel ihre Fahrzeuge wild im Garten, lagern dort ihre Geräte ab und reinigen anschließend ihre Farbgeräte und beseitigen die Farbreste, indem sie diese mit reichlich Wasser verdünnen und das Abwasser im Garten versickern lassen. Die Fahrzeuge führen bei ungünstigen Bedingungen zu Schadverdichtungen des Bodens und die Farbreste zu stofflicher Verunreinigung und Verschlämmung der Poren. Selbiges Szenario ist mit entsprechend umfangreicheren Auswirkungen auf eine Großbaustelle übertragbar. Wirtschaftliche Aspekt: Bei Forderungen nach Bodenschutz im Zuge von Baumaßnahmen wird meist zuerst die Frage gestellt: „Wer zahlt das?“ Dem gegenüber steht, dass bereits heute bewusst oder unbewusst große Summen in Maßnahmen investiert werden, um Bodenschädigungen und deren Folgeschäden zu vermindern oder beseitigen, welche im Zuge von Baumaßnahmen entstanden sind, aber bei vorausschauender Handlungsweise hätten vermieden werden können. 151 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Beispielhaft seien der sprichwörtlichen „Häuslebauer“ genannt, der oft mit vergeblichen Mühen als Kleingärtner Gemüse o. ä. auf verdichtetem, gefügegestörtem, verunreinigtem oder als Oberboden eingebautem Unterboden anzubauen versucht. Zeitliche und materielle Investitionen und der Verlust entgangenen Ertrags summieren sich über die Jahre selbst bei kleinen Reihenhäusern zu – relativ betrachtet – großen Summen. Dem gegenüber stehen z. B. beim Linienbau die für die Baumaßnahmen vorübergehend in Anspruch genommenen landwirtschaftlichen Flächen, welche unter Umständen derart in Mitleidenschaft gezogen wurden, dass sie nach Rückführung in eine landwirtschaftliche Nutzung – zumindest mittelfristig – nicht mehr in der Lage sind, einen adäquaten Ertrag zu erbringen. Die Ertragseinbußen summieren sich für die Eigentümer ebenfalls über die Jahre. Nicht unbetrachtet sollte der Zusammenhang zwischen versiegelten und verdichteten Böden und Überflutungsereignissen und Erdrutschungen bleiben. Diese Böden sind nicht mehr in der Lage, Starkregenereignisse zwischen zu speichern und in den Untergrund abzuführen. Sie bedingen dadurch lokale und großflächige Überflutungen oder Erdrutschungen unterschiedlichen Ausmaßes. In den wirtschaftlichen Schaden einzurechnen sind, neben direkten Schäden (Bodenrückführung, Wasserbeseitigung) und indirekten Schäden (dadurch bedingte Sachschäden), die Einsätze der Ordnungskräfte aber auch privater Helfer und unter Umständen sogar Personenschäden sowie nicht zuletzt Folgeschäden von all dem. Leider sind heute die Zusammenhänge zwischen baulicher Ursache und negativer Auswirkung beim Eigentümer bzw. Nutzer weitgehend unbekannt. Zudem sind mangels Dokumentation während der Bauphase die Nachweise nicht mehr zu führen oder – wie bei Hochwasserereignisse – die Zusammenhänge zu komplex und daher eine Schadeneratzforderung nicht durchzusetzen. Dennoch ist festzustellen, dass enorme Schäden und damit Kosten tatsächlich entstehen, welche auf durch Baumaßnahmen hervorgerufene negative Bodeneinflüsse zurückzuführen sind. Der Eigentümer und Auftraggeber hat das Recht auf Schutz seines Eigentums und zwar über sein persönliches Fachwissen hinaus. Aber auch mit Blick auf die von unseren nachfolgenden Generationen und den – auch global – zu bewältigen Folgen (vgl. Kap. 2.1) besteht eine moralische Verpflichtung jetzt zu handeln. Im Folgenden sollen anhand des chronologischen Planungs- und Bauablaufes Grundsätze möglicher Schädigungen und Ansätze zur Vermeidung aufgezeigt werden. Aufgrund der Vielfalt der Art und der Größe der Bautätigkeiten und der dabei möglichen Bodenschädigungen können nicht alle Details beleuchtet werden. Meist handelt es sich bei kleinen und bei großen Baustellen aber um eine vergleichbare Problematik in unterschiedlichen Dimensionen, welche sinngemäß übertragbar sind. 152 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 6.2 Grundsätze Die Hauptgefahr für Böden bei Baumaßnahmen geht heute weniger von großflächigen Verunreinigungen aus, denn bezüglich dieser Gefahr ist in der Regel ein ausreichendes Bewusstsein und Kenntnis der Rechtslage vorhanden, welche in der Regel eine gute Grundvorsorge nach heutigem Wissensstand absichert (wenngleich nach obigen Ausführungen im Detail durchaus Handlungsbedarf besteht). Wenn man von der baubedingten Versiegelung des Bodens absieht und die Durchführung der Maßnahme an sich betrachtet, sind besonders Schädigungen durch Bodenbelastungen (Lagern und Befahren) und Erdbewegungen und die damit einhergehende Verdichtung, Gefügezerstörung, Vernässung oder Erosion zu beobachten. Im Einzelnen sind diese Schadensbilder in Kap 3.2.4 beschrieben. Wegen deren Bedeutung werden die Grundsätze hier baubezogen noch einmal vorangestellt. Im Folgenden werden diese sogenannten nichtstofflich bedingten Bodenschädigungen aber auch mögliche stoffliche Verunreinigungen zum Baugeschehen in Bezug gesetzt und anschließend Maßnahmen vorgestellt, welche die negativen Folgen der Erdbewegungen mit heutigem Wissens- und Entwicklungsstand in Grenzen halten können. Verdichtung Die Verdichtung wird in der Regel durch übermäßiges Belasten des Untergrundes verursacht. Die Gründe für das unterschiedliche Maß einer Verdichtung und des daraus folgenden Schadens sind vielfältig und in den vorangehenden Kapiteln unter bodenkundlichen, rechtlichen und geotechnischen Aspekten besprochen, worauf hiermit verwiesen wird. Zur Beurteilung des Bodens in Hinblick auf seine mögliche Bearbeitbarkeit ohne Bodenschädigungen hervorzurufen, geben in Deutschland folgende Normen Hinweise: · Einteilung nach Konsistenzzahl und Bodengruppe nach DIN 18915, Bodenarbeiten – Vegetationstechnik im Landschaftsbau (Kap. 4.4.4) · Ausrollversuch nach DIN 18915 (Kap. 4.4.4) · Konsistenzermittlung durch einfache Feldansprache DIN 19731 (Kap. 4.4.4) Eine Beurteilung der Belastbarkeit des Bodens wird also in der Regel vereinfacht mit dem Feuchtegehalt des Bodens in Bezug gesetzt. Darüber hinaus haben sich verschiedene Einrichtungen mit diesem Thema befasst und Bewertungsmethoden zur Beurteilung der Verdichtungsempfindlichkeit, aber auch dem Verdichtungsgrad formuliert, um praxisrelevante Beurteilungsparameter benennen zu können. Dieses Thema wäre es alleine wert, im Grundsatz beleuchtet zu werden, um abschließend 153 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes einheitliche und allgemein gültige Verfahren zu benennen, welche dann Eingang in technische Regelwerke finden sollten. Umfangreiches Forschungsmaterial steht hierfür grundsätzlich bereits zur Verfügung. Die beschriebenen Methoden sind jedoch nur Hilfsmittel. Ein Befahren führt in jedem Feuchtezustand des Bodens zu eine Belastung und Störung des Bodens. Diese Störungen sollen grundsätzlich – so weit möglich – vermieden werden. Das bedeutet, ein trockener Boden ist kein Freibrief für beliebig starke und häufige Befahrung. Eine sichere und abschließende Beurteilung der Belastbarkeit bei Grenz- oder Ausnahmefällen (Bsp. unter Kap. 4.5) vermag ein erfahrener Bodensachverständiger unter Berücksichtigung aller Randfaktoren abzugeben. Unterboden ist immer empfindlicher als Oberboden! Seine Belastungsgrenzen sind streng zu prüfen! Aus diesem Grund ist eine Belastung des Oberbodens und Schädigung in Folge dessen in gewissen Grenzen häufig eher tolerierbar als eine Überlastung des Unterbodens. Dies hat Auswirkungen auf empfohlene Bauabläufe und das Herrichten der Baustellennebenflächen. Gefügezerstörung Das Gefüge des Bodens wird durch übermäßige Belastung, aber im Besonderen durch Umschichtung verursacht. Eine Feuchteabhängigkeit der Bearbeitbarkeit des Bodens wird in den Normen 18915 und 19731 vereinfacht aufgeführt. Darüber hinaus bewirkt aber der mechanische Umgang mit dem Boden an sich die Schädigung. Daher ist zunächst grundsätzlich zu prüfen, ob auf eine Umschichtung eventuell verzichtet werden kann oder sollte. Zu nennen sind hier reine Landschaftsgestaltungsmaßnahmen oder auch die immer häufiger genutzten Erdwärmekollektoren, deren Energieeinsparnutzen der Bodenschädigung gegenüber zu stellen ist. (vgl. Kapitel 6.9.4.2). Die Gerätewahl* zur Bodenbewegung kann ebenfalls entscheidend sein. So bricht der Boden bei abhebendem Abtrag durch einen Bagger in Schollen. Die innere Bodestruktur bleibt weitgehend in Takt. Bei Wahl des Dozers bei flächenhaften Erdbewegungen wird der Boden dagegen ab geschert und kommt durch den schiebenden Arbeitsablauf in eine rollende Bewegung. Diese bewirkt eine wiederkehrendes Durchwälzen und -walken des Materials während des ganzen Schiebeprozesses. Die inneren Bodenstrukturen werden kontinuierlich aufgebrochen, das Gefüge zunehmend zerstört. * diese liegt nach VOB im Ermessen des AN! 154 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Vernässung Eine Vernässung des Bodens bedeutet eine zunehmende bis vollständige Auffüllung der Bodenporen mit Wasser. Der Sauerstoff wird verdrängt und steht der Bodenfauna und -flora nicht mehr zur Verfügung. Ein Atmungsprozess ist nicht mehr möglich, die Lebewesen ersticken. Mit dem Übergang von aeroben Abläufen zu anaeroben beginnt ein Fäulnisprozess. Der Boden verliert an diesem Standort seine natürlichen Funktionen. Eine Vernässungsgefahr ist immer bei unsachgemäßer Boden(zwischen)lagerung und Wiedereinbau gegeben, diese gilt es zu vermeiden. (siehe unten) Erosion Wegen mangelnder Vegetation kann ungeschützter Boden durch Wind und Wasser verfrachtet werden. Je kleiner die Bodenpartikel sind, desto leichter können diese befördert werden. Das kann innerhalb des Bodens zu Verschlämmen führen oder an der Oberfläche zur Verringerung der Feinanteile. Bei Auswehungen oder -schwemmungen im großen Stil führt das zu einer Skelettierung des Bodens und einer Verschlämmung von Gewässern sowie einer folgenden Eutrophierung. Aber auch ganze Böschungsrutschungen sind häufig zu beobachten. Erosion im baustellenüblichen Maßstab ist durch sofortige Begrünung der offenen Erdkrume bei richtiger Wahl der Pflanzen zu unterbinden. Schlussfolgerung Bautätigkeiten und Erdarbeiten können nur durchgeführt werden, indem Boden als Arbeits- und Bewegungsfläche genutzt wird, Boden bewegt und zwischengelagert wird. Um alle Faktoren einer möglichen Bodenschädigung und die bauablaufbedingten Randbedingungen bodenverträglich in Einklang zu bringen, ist ein durchdachtes Ablauflaufkonzept – gerade bei umfangreichen Erdarbeiten – rechtzeitig von einem Fachkundigen zu erstellen. 6.3 Raumordnung, Bauleitplanung Durch Raumordnung und Bauleitplanung werden überhaupt erst neue Flächen für Bauvorhaben ausgewiesen. Daher ist in dieser Phase darauf zu achten, dass die Neuinanspruchnahme von Flächen so weit wie möglich vermieden wird. Aufgrund der Tatsache, dass Umwelt nichts „kostet“ scheinen Neuausweisungen von Bauflächen noch immer wirtschaftliche als die Reaktivierung bereits gebrauchter oder gar als verbraucht betrachteter Flächen. Eine Neuausweisung von Baufläche aus rein wirtschaftlichen oder/und politischen Gründen sollte allerdings heute der 155 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Vergangenheit angehören. Hier sind die Inhaber der Planungshoheit aufgefordert, steuernd für eine deutlich reduzierte Neuinanspruchnahme für SuV vorzusorgen. 6.4 Grundlagenermittlung, Projektvorbereitung Mit der Entscheidung, eine Baumaßnahme (ob groß oder klein) durchzuführen, muss man sich bewusst werden, dass dies einen wesentlichen Eingriff in den Naturhaushalt generell und damit auch in den des Bodens darstellt. Mit dieser Entscheidung gilt es nun, die Folgen auf die Umwelt so gering wie irgend möglich und nur so groß wie absolut notwendig, im Sinn eines Abwägungsprozesses zu gestalten. Eine grundlegende Bedeutung kommt dabei der Standortanalyse zu. Bei kleinen Baumaßnahmen besteht die Wahl zwischen Neubaugebiet oder im Bestand zu bauen. Die Freigabe neuer Flächeninanspruchnahme liegt in der Verantwortung der Behörden. Aber jeder Bauwillige unterstützt diese Flächenfreigaben für SuV, indem er sie nutzt. Daher sollten immer zuerst die Möglichkeiten des Bauens im Bestand geprüft werden. Das gilt in besonderem Maß für Großprojekte außerhalb ausgewiesener SuV, also auf der sprichwörtlichen „grünen Wiese“ (häufig landwirtschaftliche Nutzfläche). Beispiel aus der Praxis: Eine neue Autofertigungsstraße wird auf einer Fläche errichtet, welche vorher für Ackerland und Wiesen genutzt 126 wurde. Die Bodenübersichtskarte Sachsen weist für diese Flächen Schwarzerden aus, welche als Deutschlands fruchtbarste Böden gelten. Von den 208 ha Gesamtfläche sind ca. 50 ha 127 überbaut. Fast 4 Mio m³ Erde werden bewegt. Für die Inanspruchnahme dieser Fläche wurden „intensive Ausgleichsmaßnahmen“ durchgeführt. Das Untersuchungsgebiet weist heute naturschutzfachlich eine mittlere bis hohe Bedeutung 128 auf. Die Abwägung geschah entsprechend gesetzlichen Vorgaben. Eine Bodenbewertung sollte in jedem Fall in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden. Im Vergleich wird in der Regel die Reaktivierung bereits als Baugrund genutzter und wieder aufgelassener Flächen einer Neuinanspruchnahme vorzuziehen sein. Die möglicherweise vordergründig problematisch erscheinende Fläche (Altlastenverdacht, Kampmittelverdacht, Lage nicht optimal) erweisen sich auf dem zweiten Blicke unter Betrachtung der ökologischen Gesamtheit und der Nachhaltigkeitsaspekte als die bessere Wahl. 156 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Auf die Problematik des Altlastenverdachtes im Zusammenhang mit Baumaßnahmen soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da der Schwerpunkt hier auf dem vorsorgenden Bodenschutz liegt. Eine große Gefahr für den Boden geht von übermäßigen Bodenverformungen durch Fahrzeuge aus. Immer wieder ist zu beobachten, dass bereits bei ersten Geländebegehungen und Voruntersuchungen unbefestigte Flächen gedankenlos befahren und dabei – je nach vorherrschenden Verhältnissen – der Boden (gerade auch in später nicht überbauten Bereichen) geschädigt wird. Bei Baustellentätigkeiten jeder Art hat ein Hauptaugenmerk dem Verhindern unverhältnismäßiger mechanischer Bodenbelastungen zu gelten! Da ein intakter Boden mit einer gesunden Bioaktivität am ehesten in der Lage ist, sich nach bereits erfahrenen Gefügeüberlastungen und Gefügeschädigungen wieder zu regenerieren, kann es in diesem Stadium der Planung sinnvoll sein, die Bodenaktivität durch Bepflanzung zu fördern und das Bodengefüge mit Unterstützung der Vegetation zu stützen und zu stabilisieren. Dem Boden kann dadurch ausreichend Zeit (mind. eine Vegetationsperiode) gegeben werde, eine stabile Grundlage für kommende, übermäßige Baubelastungen zu bilden. Die Belastungsfähigkeit ist dennoch im Einzelfall zu prüfen. 6.5 Entwurfsplanung Hat man sich für ein Grundstück, eine zu bebauende Fläche bzw. einen Trassenverlauf entschieden und entstehen die ersten raumbildenden Konzepte eines Bauwerkes, so sind bereits in diesem Stadium die Folgen dieser Planung auf den Boden zu berücksichtigen. Grundsätzlich sollte aus Bodenschutzgründen folgendes angestrebt werden: · die Fläche in möglichst geringem Maß überbauen (begrünte Dach- und Fassadenflächen sind kein Ersatz!) · die nicht überbauten Flächen möglichst wenig versiegeln. Jede Bodenverdichtung zum Zweck der Befestigung kommt einer Versiegelung nahe, wenn nicht gleich · die nicht überbauten oder versiegelten Flächen im Zuge der Baumaßnahme o möglichst nicht antasten – auch landschaftgestaltende Maßnahmen sind als Baumaßnahme zu werten und auf ihre Folgen zu prüfen o oder im Fall einer Wiedernutzbarmachung von bereits baulich genutzten Flächen diese zu rekultivieren. 157 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · Erdeinbauten wie Leitungen, Wasserspeicher, Erdtanks oder oberflächennahe Geothermie-Anlagen sind in Bezug auf das Maß des notwendigen Bodeneingriffs und die daraus folgende Störung des Ökosystems zu prüfen. Diese Aussagen dürfen nie pauschal angewendet werden, sondern sind immer im Zusammenhang aller Einflüsse zu sehen. So kann es sinnvoller sein, ehemals überbaute Flächen erneut zu überbauen, statt den Neubau zufahrtsnah auf eine möglicherweise noch bisher weitgehend naturnahe Fläche zu platzieren. In diesem Stadium sollte bereits eine ausgeglichene Massenbilanz der zu erwartenden Erdbewegungen angestrebt werden. Das bedeutet, ausgebaute Erde soll nach Möglichkeit eine neue Verwendung vor Ort erhalten, Aushubmassen sollten daher möglichst gering gehalten werden. Die Anteile, welche auf dem Baugrund verbleiben, unterliegen nicht primär dem Abfallrecht (Ausnahme: gefährlicher Abfall wie verunreinigter Boden). Überschüssiger Boden muss dagegen verwertet oder beseitigt werden. Zusätzlich benötigter Boden muss bei guter Qualität teuer eingekauft und sowohl abfallrechtlich als auch bodenrechtlich geprüft und beurteilt werden. Soll Aushub auf dem Grundstück verbleiben, so darf Unterboden nicht auf Oberboden eingebaut werden. Es könnten umfangreiche Umschichtungen nötig werden. Umschichtungen bewirken in jedem Fall Gefügestörungen und eine Störung der Bodenaktivität. Für weitere Details wird auf die rechtlichen Ausführungen verwiesen, insbesondere auf § 12 der BBodSchV (Kap. 4.3.2) und ergänzend die Vollzugshilfe der LABO (Kap. 4.4.2). Es ist ratsam – in Abhängigkeit des Bauumfanges – so früh wie möglich eine Fachperson als Umweltberater oder speziell einen Bodenkundler in die Planungen mit einzubeziehen, um all diesen Aspekten gerecht zu werden. 6.6 Ausführungsplanung Die Entscheidung über das Ob und die Dimension der (Landschafts-) Baumaßnahme sind gefällt. Jetzt gilt es, diese Entscheidungen im Detail zu optimieren und eventuelle Schonflächen im Zuge des Baugeschehens nicht zu gefährden. Grundlage ist der Baustelleneinrichtungsplan. In den Baustelleneinrichtungsplan einzuzeichnen sind: 158 · Flächen der zukünftigen Überbauung · Ausreichend Flächen für den Baubetrieb wie o Stand-, Verkehrs- und Betriebsfläche o Baustellenlager- und Stellfläche Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes o Erdlager und zwar in ausreichender Fläche für Getrenntlagerung von Ober-, Unterund unterschiedlich gearteter Böden. Dabei ist die jeweils maximale Lagerhöhe der Böden zu beachten. (reelle Massenberechnung!) · Tabuflächen, welche abzusperren sind. Positivbeispiel aus der Praxis: Baustellungseinrichtungsplan. Die Lage des Bauzauns zur Absprerrung von Tabuflächen, Flächen für Baustelleneinrichtung (BE), 104 Erdlager und die Baustraße sind vorgegeben. 104 Bildquelle: Im Zweifel sind unter Tabuflächen alle Flächen zu verstehen, welche nicht benötigt werden oder naturschutzrechtlich zu schützen sind. Die Frage nach der „Not“, eine Fläche nutzen zu müssen, 159 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes ist kritisch zu hinterfragen. Häufig kann es sinnvoll und langfristig kostengünstiger sein vorübergehend befestigte Flächen in der Nachbarschaft (auch öffentlicher Verkehrsraum) für den Baubetrieb anzumieten, bevor Vegetationsflächen zusätzlich belastet werden. Für unterschiedliche Bauphasen sind angepasste Baustellenpläne vorzulegen. Frei werdende (Erd-) Lagerflächen werden nicht automatisch zur Verkehrs- oder Betriebsfläche sondern sind neu zuzuordnen und in dieser neuen Funktion entsprechend zu schützen. (Absperren oder für übermäßige Belastungen vorbereiten). Bei Großbaustellen ist die Logistik eine besondere Herausforderung. Umso mehr muss im Ablauf der Bodenschutzaspekt berücksichtigt werden. Gerade bei großen Erdmassenbewegungen und hohem Fahraufkommen der Maschinen infolgedessen sind spätestens jetzt Fahrtrassen, Bewegungsabläufe und (Erd-) Lagerflächen in logischen Zusammenhängen und bei dynamischem Ablauf aufeinander abzustimmen. Pauschale Antworten können an dieser Stelle nicht gegeben werden, da jede Baustelle individuell ist. Die Hinweise und Vorgaben, welche im Teil A „Grundlagen“ aufgeführt wurden, sind dabei zu berücksichtigen. 6.7 Vergabe Mit der Auftragsvergabe der Bauleitungen wird eine wesentliche Weiche für die bodenschonende Durchführung der Bauarbeiten gestellt. Nur was vertraglich festgeschrieben ist, kann ohne Nachforderung des Auftragnehmers (AN) eingefordert werden. Bei Nichteinhalten des Vertrages ist im Fall der Schädigung des Auftraggebers (AG) der AN zum Schadenersatz verpflichtet. Gerade im Bereich vertraglicher Grundlagen für Baumaßnahmen stehen umfangreiche Regelwerke zur Verfügung. Wird der Vertrag auf Basis der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, VOB (s. Kap. 4.4.5) geschlossen, gelten automatisch alle dort fixierten Bedingungen. Darüber hinaus sind gesetzliche Grundlagen und die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ zu berücksichtigen (in Kap. 4 zusammengetragen). Wie in Kap. 4.4 aufgeführt, genügen jedoch die derzeit bestehenden Normen nicht, um bei Baumaßnahmen einen ausreichenden Bodenschutz nach dem hier geforderten Maßstab zu gewähren. Daher ist der Bauherr im eigenen Interesse gefordert, die Leistungsverzeichnisse – vertreten durch den beauftragten Planer und im Zweifel unterstützt von Sachverständigen (z. B. Bodenkundler) – so zu gestalten, dass auch für den Auftragnehmer, dem das Thema Bodenschutz noch neu sein mag, die geforderten Handlungsweisen eindeutig und zweifelsfrei dargelegt sind. Nur so kann der Anbieter ein reelles Preisangebot abgeben und spätere Streitigkeiten wegen unterschiedlicher Auslegung des beschreibenden Textes durch AG und AN vermieden werden. 160 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Würden diese vertraglichen Festlegungen vom AN dann nicht eingehalten, ist dies durch entsprechende Dokumentationen gerichtsfest zu belegen. Eine Durchsetzung der berechtigten Schadensansprüche sollte so in Zukunft möglich sein. Welche Aspekte im Einzelnen zu berücksichtigen sind, sind in den Kapiteln 6.5, 6.6 und 6.8 aufgeführt. Besonderheiten Wird nach VOB ausgeschrieben, ist darauf zu achten, dass abweichende Forderungen rechtskonform beschrieben werden. Versteckte oder versteckt wirkende VOB-Ergänzungen oder Änderungen können zur Nichtigkeit formulierter Vertragsbestandteile führen. Laut VOB liegt die Wahl der Arbeitsgeräte und Methoden beim AN. Forderungen nach bodenschonenden Geräten und Bauabläufen können daher nur indirekt z. B. über eine maximal zulässige Bodenpressung formuliert werden. Bodenvernässung infolge starker Regenfälle können, bei Berücksichtigung der Minderbelastbarkeit des Bodens und entsprechender Bauunterbrechungen, bisher unüblich lange Stillstandszeiten veranlassen. Die Arbeitsunterbrechungen sind ebenfalls vorausschauend im Vertrag zu regeln, um den Bauherrn vor überzogenen Nachforderungen des AN zu schützen, aber auch um ihm eine Entscheidungsgrundlage an die Hand zu geben, wenn er Kosten (witterungsbedingten Baustillstand) gegen Nutzen (Minimierung von Bodenschädigung) abwägen muss. 6.8 Ausführung 6.8.1 Einleitung Im Lauf der Durchführung des Bauvorhabens zeigt sich zum einen, ob in Planung und Ausschreibung optimal ein bodenschonender Bauablauf vorbereitet wurde. Zum anderen ersparen die besten Vorbereitungen nicht eine konsequente und kompetente Bauleitung. Beides, Vorbereitung und Kontrolle der Abläufe liegen – aus rechtlicher Sicht (siehe Kap. 4) – in der Verantwortung des Bauherrn bzw. AGs. In der Regel beauftragt er für die Arbeiten einen Vertreter. Im Bereich Bodenschutz wird dieser idealerweise von einem bodenkundlichen Fachmann verkörpert. Die Verantwortung selbst ist nicht übertragbar. Da in Deutschland eine bodenkundliche Baubegleitung freiwillig ist, ist eine Entscheidung über das Maß der zu übertragenden Entscheidungskompetenzen oder Weisungsbefugnisse zu fällen. In der Schweiz ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass die „Bodenkundliche Baubegleitung“ (BBB) 161 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes einer Baumaßnahme ab einer bestimmten Größe auch die Befugnis hat, einen Baustop bei ungünstiger Witterung zu verhängen. In Deutschland kann noch der Bauherr entscheiden, ob er umfassend die Konsequenzen einer Bodenbeurteilung im Sinn des Naturschutzes ausnahmslos in die kompetenten Hände eines Bodensachverständigen geben will oder sich eine alternative Wahlmöglichkeit zwischen Bodenschutz und Wirtschaftlichkeit offen hält. Er sollte dabei konsequenterweise die Kosten und Folgekosten des Baustillstandes der möglichen Bodenschädigung bei Weiterarbeit und den daraus folgenden Kosten und finanziellen und ökologischen (individuell als auch kollektiv) Verlusten gegenüber stellen. 6.8.2 Grundsätze Bevor ein Auftragnehmer oder ein anderer Beteiligter die Baustelle betritt, sollte eine grundsätzliche Unterweisung zum Zweck des Bodenschutzes erfolgen: · kein wildes Befahren, Parken oder Ablagern auf nicht ausgewiesenen und entsprechend vorbereiteten Flächen · den Anweisungen der bodenkundlichen Baubegleitung (BBB) – auch wenn diese Aufgabe vom klassischen Bauleiter oder dem AG wahr genommen wird – ist Folge zu leisten · die vereinbarten Vorschriften für Erdbewegungen – über die gängigen Vorschriften und Normen und eventuell der bisherigen Praxis hinaus – sind zu beachten. Negativbeispiel aus der Praxis: Eine bisher als Wiese genutzte Fläche auf lehmigen Boden soll bebaut werden. Nach einer ausdauernden Regenperiode sollen endlich die Gebäudeecken abgesteckt und ein Schnurgerüst errichtet werden. Die Baufirma hat die nötigen Materialien auf einen Baulaster geladen und fährt damit quer über die Wiese um an unbestimmter Stelle das Fahrzeug abzustellen. Der Untergrund ist aufgeweicht. Das Fahrzeug hinterlässt tiefe Spuren. Nach getaner Arbeit fährt sich das Fahrzeug zunächst fest um nach einigen Mühen wieder den befestigten Weg zu erreichen. Die Fläche, die nun aufgewühlt ist, wird auch von allen Weiteren als Fahrtrasse genutzt. Nach Fertigstellung des Gebäudes soll an dieser Stelle der Gemüsegarten ent104 stehen. Bildquelle: Als aller erste Maßnahme auf der Baustelle sind die Tabuflächen abzuzäunen. (Siehe Kap. 6.8.4 Baustelleneinrichtung) 162 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 6.8.3 Baufeldfreimachung / -vorbereitung Auch eine eventuell nötige Baufeldfreimachung ist bodenschonend durchzuführen. Entgegen der pauschalen Vorgabe, dass Oberboden abzutragen ist, ist zu prüfen, ob eventuell ein vorhandener Bewuchs die Belastungs- und Scherkräfte derart verteilen kann, dass eine Befahrung des Bodens dadurch schonender ist als bei Abtrag des Oberbodens. Unterboden ist grundsätzlich weniger Regenerationsfähig als Oberboden. So ist es z. B. in der Schweiz üblich, unter bestimmten Voraussetzungen Flächen eine Vegetationsperiode vor Baubeginn einzugrünen um dann für die Bauzeit eine stabile Grundlage für unvermeidbare Belastungen bereitzustellen. Bei Rodungsarbeiten ist das Wurzelwerk vollständig zu entfernen. Häckselgut darf nicht in den Untergrund eingearbeitet werden. Auch bei diesen Arbeiten ist zu berücksichtigen, für welche Zwecke die gerodete Fläche in Zukunft genutzt werden soll. Für die Rodung stehen unterschiedliche Methoden mit unterschiedlichen Ergebnissen zur Verfügung. Zum Beispiel: · Die Wurzelstöcke werden mit Hilfe leistungsstarker Bagger gezogen. Das Erdreich wird stark aufgerissen und durchwühlt. · Die Wurzelstücke werden ausgefräst. Verzweigte Hauptwurzeln werden davon nicht erfasst, der Fräsbereich ist gekennzeichnet durch mit Häckselgut vermischtes Erdreich. Das Gemenge kann nur im Ganzen verbleiben oder entfernt werden. · Aushobeln der Wurzel.* Alle Hauptwurzelteile können gezielt zerkleinert und die Holzstücke einzeln entfernt werden. Der Boden wird nur im unmittelbaren Umfeld der Arbeiten angetastet. Im Einzelfall ist unter Berücksichtigung des Rodungsziels, einem möglichst bodenschonendem Verfahren, der Wirkungsweise der Geräte und der Wirtschaftlichkeit eine Entscheidung zu treffen. 6.8.4 Baustelleneinrichtung Entsprechend des Baustelleneinrichtungsplanes sind die vorgesehenen Flächen für * · die Baumaßnahme · Großgeräte · Verkehrsfläche und Transportwege sowie Fahrzeugabstellflächen · Sozial- und Büroreinrichtungen, geschlossene Lagerräume z.B. mit Hilfe der sog. „Wurzelratte“: http://www.wurzelratte.de/ 163 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · Medienversorgung und Entsorgung · Baustellensicherung und Sicherheits- und Schutzeinrichtungen · Sonderflächen129 einzurichten. Im Folgenden werden die Stichpunkte unter bodenschonenden Gesichtspunkten betrachtet. Die Flächen der Baumaßnahme wird überbaut, versiegelt oder verdichtet werden. Dieser Bereich ist vor stofflich bedingten Schädigungen zu schützen. Soll ein Kran gestellt werden, kann dieser innerhalb seines Schwenkradius in kritischen Phasen bodenschonend Lasten bewegen ohne den Boden zu belasten. Verkehrswege und Transportflächen sind so auszubauen, dass auch bei empfindlichen Böden (bindige Böden), starker Befahrung (hohe Gerätelast, häufiges Befahren) und ungünstiger Witterung (starke und lang anhaltende Niederschläge) eine physikalische Bodenschädigung (Verdichtung, Verschmierung) so weit wie möglich vermeiden wird. Auslegen von Baggermattratzen bietet eine Lösung, den Boden vor mechanischen Schäden zu schützen. Als Alternative kann eine Baustraße angelegt werden. Sie wird in der Regel durch Abtrag des Oberbodens und Aufbau einer belastungsfähigen Schotterschicht auf trennendem Gewebe errichtet. Der Schotter kann anschließend z. B. als Unterbau für Pflasterflächen genutzt werden. Sollte Recyclingmaterial an dieser Stelle verwendet werden, ist dessen Eignung dafür nachzuweisen. Die Stärke des Unterbaus richtet sich nach den zu erwartenden Belastungen, denn in ihr wird ein großer Teil der Belastungskräfte aufgenommen. (vgl. Kap. 3.2.4 Kraftverteilungszwiebel). Darüber hinaus rechnet sich eine gut ausgebaute Fahrpiste bei großem Baustellenverkehrsaufkommen auch unter wirtschaftlichen Aspekten (höhere Fahrleistung, vgl. Kap. 5.4). Möglicherweise kann die Trasse auch als Unterbau für spätere Verkehrswege genutzt werden. Dann ist der Aufbau entsprechend des Straßenbauwerkes zu wählen und der Zweck als Bodenschutzmaßnahme entfällt. Unter die Medienentsorgung fällt auch die Beseitigung von Abfällen und Abwässern. Das Thema Abfälle ist unter dem folgenden Kapitel 6.8.5 ausgeführt. Niederschlagswasser kann im Allgemeinen einer Versickerung auf dem Gelände zugeführt werden. Für die Entsorgung der Abwässer ist eine geeignete Abwassersammelanlage zu errichten und diese an die öffentliche Entwässerung anzuschließen. Bei geringeren Mengen ist ein Auffangen in Abwassersammelbehälter möglich. Werden Geräte und Fahrzeuge mit Wasser gereinigt, so sind die entstehenden Abwässer unbedingt aufzufangen und geordnet zu entsorgen. Ein besonderes Risiko geht von 164 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Waschwasser aus Mischanlagen für Beton, Mörtel, Estrich u ä sowie Behälter mit noch nicht abgebundenen mineralischen Resten aus. Lässt man diese Suspensionen versickern, lagern sich die enthaltenen Feinstteilchen in den Poren des Bodens ab. Er wird verschlämmt und der Gasaustausch in den Untergrund wird behindert.130 Ein Aushärten der Reststoffe verfestigt außerdem das Bodengefüge und verhindert weitere biologische Umwandlungen. Schließlich stören die Schlämme das Bodenmilieu durch ihre alkalische Wirkung. Mit Stoffen angereicherte Abwässer müssen vor Einleitung in die öffentliche Kanalisation eventuell gereinigt werden. Hierfür können mobile Behandlungsanlagen wie z. B Absetzcontainer zwischengeschlossen werden.129 Einzelfragen sind mit den örtlichen Behörden zu klären. Die in der Behandlungsanlage gesammelte Schlämme ist Abfall und entsprechend zu entsorgen. (Rest-) Stoffe sind grundsätzlich nicht mit dem Abwasser wegzuspülen, sondern entsprechend ihrer Kennzeichnung zu behandeln. Ein Wegspülen oder Versickern lassen in den Untergrund hat in jedem Fall zu unterbleiben. Unter die Sicherheits- und Schutzeinrichtungen fällt auch die Abgrenzung der Tabuflächen, welche nicht befahren oder anderweitig genutzt werden dürfen. Hierfür ist ein Bauzaun zu nutzen, Flatterband ist dafür nicht ausreichend. Eine regelmäßige Kontrolle dieses Zaunes auf Unversehrtheit ist notwendig. Grundsätzlich sind Material, Maschinen oder andere Bau- und Hilfsstoffe so zu deponieren und zu lagern, dass eine Verunreinigung des Untergrundes auszuschließen ist. Sonderflächen wie für mobile Betankungsanlagen oder Lagerflächen für wassergefährdende Stoffe, welche in besonderem Maß eine Gefährdung für Boden und Grundwasser darstellen, sind besonders auszustatten. So sind Tanklager für Benzinkraftstoffe immer doppelwandig auszuführen oder es ist eine ausreichend große Auffangwanne vorzusehen. In Wasserschutzzonen gilt das auch für Dieselkraftstoffe. Es gibt daneben die Möglichkeit, auf Maschinen mit Biokraftstoffantrieb und Bioschmiermitteln zurückzugreifen. Aber auch mit diesen ist sorgsam um zu gehen. Die Vorschriften dienen allerdings – rechtlich betrachtet – primär dem Gewässerschutz.129 Einzelheiten sind mit der örtlichen Unteren Wasserschutzbehörde zu klären. Sind mobile Betankungsanlagen vorgesehen, so bedürfen diese einer baurechtlichen Zulassung.129 Die Aufstellfläche und der Tankbereich (Schlauchlänge plus 2 m Radius) müssen mit einem festen, undurchlässigen Oberbau (z. B. Beton, Asphalt) ausgestattet sein. Darüber hinaus ist eine Reihe weiterer, nicht nur wasser- und bodenschützender Sicherheitsvorgaben zu beachten, welche an dieser Stelle jedoch nicht thematisiert werden sollen.129 165 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Werden im Rahmen der Baustelleneinrichtung besondere Forderungen, welche das in DIN ATV 18299 und den weiteren gewerkespezifischen ATVen beschriebene Maß übersteigen, gefordert, um den Boden in besonderem Maß zu schützen, so sind diese Leistungen besonders auszuschreiben und zu vergüten. (vgl. Kap. 6.7). 6.8.5 Abfälle Der rechtssichere Umgang mit Abfällen sollte zwar für Auftragnehmer selbstverständlich sein, dennoch sind auch heute noch „kreative“ Beseitigungsmethoden zu beobachten und der Hinweis auf vertragliche Verpflichtungen nicht überflüssig. Negativbeispiel aus der Praxis: · Entsorgung der Baustellenabfälle während der Arbeitsraumverfüllung und anschließende Abdeckung mit Erdreich. · Deponieren der Abfälle im Gestrüpp des Nachbargrundstückes · Fensterglas und andere Baureste (Fliesen, Dosen usw.) finden sich bei späteren Gartenarbeiten in der Muttererde. · Verbrennen von Baureststoffen auf dem Baugrundstück 104 Bildquelle: Laut VOB, ATV DIN 18299 wird eindeutig geregelt: Nebenleistungen und damit nicht gesondert zu vergüten sind das · Entsorgen von Abfall aus dem Bereich des AN [...] · Entsorgen von Abfall aus dem Bereich des AG bis zu einer Menge von 1 m³, soweit der Abfall nicht schadstoffbelastet ist. Als besondere Leistung gilt und damit gesondert zu vergüten ist das Entsorgen von Abfall über die eben genannten Leistungen hinaus. Der Bauherr sollte sich bewusst sein, dass er in Zusammenhang mit Baumaßnahmen als Erzeuger und Besitzer von Abfällen (mit-) verantwortlich im Sinn des KrW-/AbfG für die ordnungsgemäße Verwertung oder Beseitigung der Abfälle ist. Sollte es durch Abfallentsorgung auf dem Baugrundstück zu Bodenverunreinigungen kommen, wird der Bauherr zunächst für die Beseitigung der Bodenverunreinigung (eventuell in der Folge auch Grundwasserverunreinigung) 166 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes und die Entsorgung der Abfälle (inklusive eventuell verunreinigten Bodenmaterials) aufkommen müssen. (vgl. Kap. 4) Für Restbau- und Hilfsstoffe sind im Zweifel die Produktbeschreibungen heranzuziehen und Hinweise auf Gefährlichkeit und Entsorgung zu beachten. Die Einteilung in „nicht gefährliche“ und „gefährliche“ Abfälle (umgangssprachlich auch als „Sondermüll“ bezeichnet) ist in der „Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis – Abfallverzeichnis-Verordnung – AVV erfolgt. In der Anlage der Verordnung werden Abfälle bezeichnet und Abfallschlüssel (sechstellige Nummer) zugeordnet. Ist die Nummer mit einem Stern versehen, so handelt es sich um gefährlichen Abfall. Für den Umgang mit diesen sind die entsprechenden Vorschriften zu beachten, insbesondere die Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen (Nachweisverordnung – NachwV). Bei Bedarf helfen die örtlichen Entsorgungsfachbetriebe weiter. Allgemeine Ausführungen zum KrW-/AbfG sind unter Kapitel 4.2.1 zu finden. 6.8.6 Baustoffe In Deutschland dürfen entsprechend den Länderbauordnungen nur zugelassene Bau- und Bauhilfsstoffe bei Baumaßnahmen zum Einsatz kommen. Gerade an erdverbaute Baustoffe und Bauteile ist der Anspruch zu stellen, dass von diesen beim Einbau keine bodenschädigende oder gar grundwassergefährdende Wirkungen ausgehen werden. (vgl. u. a. Kap. 4.4.7) Negativbeispiel aus der Praxis: Mastanlagen, welche häufig in freier Flur aufgestellt sind, wurden zum Korrosionsschutz mit Bleimennige gestrichen. Durch regenbedingte Auswaschungen kam es zum Eintrag in den Boden und zu Anreicherungen im Umfeld der Mastanlage kommen. Bleimennige gilt als giftig und umweltgefährlich. Sollten alle bisher aufgeführten Regeln, (Vorsichts-) Maßnahmen und Hinweise beachtet worden sein und nur Baustoffe entsprechend ihren Zulassungen eingebaut werden, so ist zumindest dem derzeitig gültigem Gesetz genüge getan. Ob im Regelfall dadurch eine stofflich bedingte Bodenschädigung durch die eingebauten Baustoffe ausgeschlossen werden kann, wird durch weitere Forschungen und Untersuchungen stetig geprüft. (vgl. Kap. 4.4.7). Auch Boden ist bei Anlieferung als Baustoff zu betrachten. Die rechtlichen Anforderungen und Hilfswerte zur Beurteilung seiner möglichen Schädlichkeit sind in Kapitel 4.3 und 4.4 aufgeführt. 6.8.7 Umgang mit Bau- und Bauhilfsstoffen Im Umgang mit Bau- und Bauhilfsstoffen auf der Baustelle können weitere Bodenverunreinigungen durch Tropf- und Sprühverluste oder allgemeinem großzügigem und 167 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes sorglosem Umgang geschehen. Ein Eintrag von Fremdstoffen in den Boden – gleich welcher Art – ist stets zu verhindern. Vorbeugend können z. B. Folien ausgelegt oder über Auffangwannen gearbeitet werden. Die Vorkehrungen müssen dem Arbeitsgang angemessen sein. (kein Durchsickern oder Ablaufen über die Folie). Negativbeispiel aus der Praxis: Beim Umgang mit Hilfsstoffen, z. B. Öl und Benzin wurden keine Schutzvorkehrungen getroffen. Ausgetretenes Anteile verunreinigen schon in geringsten Mengen 104 den Boden. Bildquelle: 6.8.8 Erdarbeiten 6.8.8.1 Grundlagen Da der Oberboden reich an Humus und Bodenlebewesen ist und sich in diesem Bereich eine lebhafte Bodenaktivität abspielt, ist diese Schicht eher in der Lage sich zu regenerieren, neues Gefüge aufzubauen und natürliche Bodenfunktionen wieder zu übernehmen, als die Unterbodenschichten, in denen mit zunehmender Tiefe die Bodenaktivität nachlässt. Ist der Unterboden aber verdichtet, ist seine Wasserdurchlässigkeit stark herabgesetzt. Er wird zu einer Stauebene. In der Landwirtschaft ist dieses Problem bekannt und wird als „Pflugsohle“ bezeichnet. Alle hier aufgeführten Hinweise zur Bodenschonung gelten für Oberboden (A-Horizont) und Unterboden (B-Horizont). Aufgrund ihrer Empfindlichkeit sind sie gleich zu behandeln. Es können nur Ausnahmen gelten, wenn der Boden aufgrund stofflicher Schädigung als Abfall zur Beseitigung einzugruppieren oder als Unterboden für erdbautechnische Zwecke zu verwenden ist. Eine übermäßige Bodenverformung nach Befahren zeigt sich als Verdichtung und Verknetung und bei Wassersättigung als Ausquetschung. Die Verformungen rühren her von horizontalen 168 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes (Triebkraft, Fahrwiderstände, Umfangskraft) und vertikalen (Radlast) Kräften der Fahrzeuge. Je häufiger der Boden befahren wird, desto stärkere Verformungen und Verdichtungen sind in der Summe zu erwarten. Grundsätzlich darf die Belastung durch eine Maschine nicht größer sein als die Tragfähigkeit des Bodens. Nach Regenereignissen mit geringer Intensität und Dauer ist dafür zu sorgen, dass bei Erdarbeiten die oberste Bodenschicht nicht „verschmiert“ wird. Wenn dies der Fall wäre, sind die Erdarbeiten zu unterbrechen und ein Abtrocknen des Oberbodens abzuwarten. Grundsätzlich sind – wie alle Vorgänge auf einer Baustelle – auch die Vorgänge bei Erdarbeiten, inklusive Witterungsbedingungen du Bodenzustand, so zu dokumentieren, dass die Aufzeichnungen später als Beleg dienen können. 6.8.8.2 Aushub / Abtrag Oberboden ist vom Unterboden immer getrennt abzutragen. Grundsätzlich ist eine Befahrung des Unterbodens (B-Horizont) wegen seiner reduzierten Regenerationsfähigkeit zu vermeiden. Ist der Boden auf Grund seines Feuchtigkeitsgehaltes befahrbar, erfolgt der Abtrag Idealerweise vom bewachsenen Oberboden aus, am besten durch einen Bagger131. Er kann rückwärts arbeiten ohne häufige Fahrbewegung. Ist eine Befahrung des Oberbodens nicht möglich, so kann ein Abtrag vom Untergrund (C-Horizont) aus durchgeführt werden (falls A- und B- Horizont abgetragen werden sollen). Da dieser Vorgang sukzessive für beide Horizonte erfolgt, ist besonders auf eine Vermeidung einer Vermischung zu achten! 132 Bild 40: Erdabtrag vom Oberboden (A-Horizont) bzw. vom Untergrund (C-Horizont) aus. Quelle: Ist der Oberboden bereits abgetragen, so wird der Unterboden vom Untergrund (C-Horizont) aus, z. B. mit Hilfe eines Kettenladers aufgenommen. Dadurch wird eine Befahrung des Unterbodens (B-Horizont) vermieden. 169 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 6.8.8.3 Lagerung / Depot Idealerweise kann auf eine (Zwischen-)Lagerung verzichtet werden und der abgetragene Boden wird direkt an seinem neuen Bestimmungsort eingebaut. Denn jeder Arbeitsgang, der mit einer weiteren Bewegung der Erde einher geht, führt zu weiteren Gefügeschäden. Grundsätzlich sind Erdlager getrennt nach Oberboden und Unterboden aber auch getrennt nach Bodenart und -gruppe anzulegen. Die Lager sind zu profilieren (trapezförmiger Querschnitt) und zu glätten und die Höhe sollte bei humosem Material auf 2 m begrenzt werden. Bei einer Lagerungsdauer über sechs Monate ist das Depot zu begrünen. Sie sind grundsätzlich nicht zu befahren. So zumindest die knappen Vorgaben nach DIN 19731. Darüber hinaus gibt es jedoch weiter Empfehlungen: Der Standort eines Erdlagers ist sorgsam zu wählen. So sind Muldenlagen zu meiden, da es dort zu Wasseransammlungen und Staunässe kommen wird. Ideal sind Kuppel- oder Hanglagen. Am Hang ist oberhalb des Depots eine Drainage vorzusehen.131 Die Oberfläche der Miete hat eine Neigung von 4 % bis 5 %131 aufzuweisen. Auf jeden Fall sind Muldenbildungen auf der Oberseite, wie es noch in Fachbüchern133 dargestellt wird, zu vermeiden. Eine maximale Kronenbreite von 2 m und ein Böschungswinkel von 2:3 (33,7°)131 sollte eingehalten werden um eine innere Vernässung und damit Sauerstoffmangel und Fäulnisbildung auch längerfristig zu verhindern. Dem entgegen wirkt auch eine Oberflächenglättung mit leichtem Andrücken und sofortiger Eingrünung. Unkrautbildung ist zu unterbinden (Mähen vor Eigenaussaat). Vermischungen mit Fremdmaterialien dürfen nicht stattfinden. In der Schweiz differenziert man bei den Mietenhöhen.131 Dabei wird unterschieden zwischen Böden mit Tongehalt größer bzw. kleiner 30 % und der Größe des Depots. Oberboden Unterboden Tonanteil Walldepot, Trapezmiete Flächendepot, Endlosmieten <30% 2,5 m 2,0 m >30% 2,0 m 1,5 m <30% 6,0 m* 2,5 m >30% 4,0m * nur bei Lagerung auf C-Horizont möglich! , nach: FSK-Rekultivierungsrichtlinie Tabelle 27: Maximale Lagerhöhe in Erdzwischendepots 170 2,0 m 131 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Darüber hinaus findet man auch in der deutschen Literatur abweichende Maßvorgaben: Oberboden Sandboden Walldepot, Trapezmiete Flächendepot, Endlosmieten Richtwert 1,3 m 0,8 m Grenzwert 2,0 m 1,0 m Richtwert --- 2,5 m nach Rainer Schach, Jens Otto: Baustelleneinrichtung 129 Tabelle 28: Max. Lagerhöhe in Erdzwischendepots Diese Werte sind zum Teil deutlich geringer. Eine Begründung ist in der aufgeführten Literatur nicht gegeben. Wesentliches Kriterium ist aber ein ungehinderter Gasaustausch bis in die tiefsten Bereiche. So kann sandiger Boden auch mächtiger gelagert werden als toniger und schluffiger Boden, in welchem auf Grund der höheren Dichte ein Gasaustausch stärker behindert wird. An dieser Stelle wäre eine Untersuchung anzusetzen, um realistische Maße für eine bodenschonende Lagerung sowohl unter Last- als auch unter Gasaustauschaspekten, bezogen auf unterschiedliche Bodenarten und Lagerungsweisen benennen zu können. 6.8.8.4 Entsorgung Kann Erdaushub nicht auf dem Baugrundstück wiederverwendet werden, so ist er im Regelfall als Abfall zur Verwertung und je nach Verunreinigung auch als Abfall zur Beseitigung (s. Kap. 4.2.1) einzustufen. Die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Entsorgung liegt beim Eigentümer (i. a. Bauherr). Die in der Vergangenheit übliche Formulierung in Leistungsbeschreibungen, dass Erdaushub in das Eigentum des AN übergeht und von ihm zu entsorgen ist, ist rechtlich unzulässig. Die Ausschreibung von Erdaushubarbeiten und Entsorgung hat getrennt zu erfolgen. Ist der Boden frei von Schadstoffen, so kann er an anderer Stelle für Rekultivierungszwecke genutzt werden oder Bodenverbesserungen im Sinn des § 12 der BBodSchV bewirken. (siehe Kap. 4.3.2 und4.4.2, Vollzugshilfe der LABO). Verunreinigter Boden muss besonders auf seine Verwertungsmöglichkeiten überprüft werden (s. Kap. 4.3.2, 4.3.3, 4.4.2). Der Bauherr sollte sich im eigenen Interesse eine ordnungsgemäße Entsorgung belegen lassen. Die Entsorgungswege verunreinigter Böden, welche als gefährlicher Abfall einzustufen sind, sind entsprechend der Nachweisverordnung* zu dokumentieren. * Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen (Nachweisverordnung - NachwV) 171 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Je nach Qualität des Bodens kann er einen sehr hohen materiellen Wert besitzen. (seltener Boden zur Bodenverbesserung) oder aber seine Beseitigung teuer werden (schadstoffbedingte Verunreinigung, bis zur Eingruppierung als gefährlicher Abfall). Einer frühzeitigen und vorausschauenden Entsorgungsplanung kann so ein deutlicher wirtschaftlicher Vorteil folgen. Regional zur Verfügung stehende Bodenbörsen können unterstützend genutzt werden. 6.8.8.5 Anlieferung Werden über die vorhandenen Erdmassen hinaus weitere Anlieferungen notwendig, so ist die Qualität des angelieferten Materials genau zu prüfen. Der Nachweis über seine Herkunft ist in jedem Fall zu dokumentieren. Bei Verdacht auf mögliche Belastung des Bodens durch Fremdstoffe – sei es durch seine Herkunft (z. B. ehemaliges Industriegebiet oder militärisch genutztes Gebiet) oder durch seine organoleptische* Auffälligkeit – ist dieser labortechnisch zu untersuchen. Wird eine Verunreinigung bestätigt, so ist die Zulässigkeit des Einbaues anhand der geltenden Rechtslage zu prüfen (vgl. Kap. 4.3.2, 4.3.3, 4.4.2). Länderspezifische und kommunale Regelungen sind dabei zu beachten. Im Zweifel ist die Untere Umweltschutzbehörde einzubeziehen. 6.8.8.6 Einbau Zunächst ist das einzubauende Material auf Eignung (siehe vorhergehenden Abschnitt) zu prüfen. Wird diese bestätigt, so sind auch beim Einbau die bisher aufgeführten Grundsätze der Erdbewegung zu berücksichtigen. Unterboden (Horizont B) oder Untergrund (Horizont C) selbst dürfen keine Stauebene darstellen. Bei Bedarf sind sie tiefgründig zu lockern oder es ist für eine Dränung zu sorgen. Beim Lockerungsvorgang muss beachtet werden, dass ein kleinteiliges Gefüge entsteht (vgl. Ausführungen zum Bodengefüge in Kapitel 3.2). Ein Überfahren mit dem Drei-Zack unter Schollenbildung ist in keinem Fall ausreichend. Der Einbau erfolgt idealerweise vom Untergrund aus, um eine Befahrung des Unter- und Oberbodens zu vermeiden. Muss Oberboden auf Unterboden aufgetragen werden, so sind die Belastungsgrenzen des Bodens genau zu prüfen. Der Einbau sollte wieder vom Oberboden her erfolgen. Eine Hilfe zur Lastverteilung können auch hier Baggermatratzen sein. Ist all das nicht möglich, ist von speziell angelegten Pisten aus zu arbeiten. * organoleptische Prüfung: Untersuchung ohne fremde Hilfsmittel nur mit körpereigenen Sensoren. Z. B. sehen, riechen, fühlen, schmecken 172 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Soll der Oberboden später als der Unterboden aufgebracht werden, empfiehlt sich eine passende Zwischenansaat. Sie bewirkt eine Gefügestabilisierung, verhindert Erosion und Verschlämmung und steigert die Bodenaktivität. Der Boden wird belastbarer.131 Bei großflächigen Erdeinbaumaßnahmen auf geneigten Flächen ist das Erdreich vom größeren Höhenpunkt her, der Hangneigung folgend, nach unten hin einzubauen. Bei Hangwasser durch Schichten- oder Regenwasser wird so ein Aufstauen im frisch angelieferten Erdreich vermieden. Für einen freien Ablauf des Wassers im weiteren Verlauf muss gesorgt werden. Der Boden ist grundsätzlich locker einzubauen. Mit Hilfe einer Moorraupe kann er unter idealen, trockenen Bodenverhältnissen schiebend verteilt, eingeebnet und leicht angedrückt werden. (Kein Anheben des Bodens, da sonst das Gewicht der Maschine sonst zu groß wird.) Die Bodenlast ist auf 300 g/cm² zu begrenzen.131 Bei bloßer Verteilung durch Schüttung ist ein zu erwartende Setzung zu berücksichtigen. Bei Mutterbodenauftrag von 30-40 cm wird eine Stärke nach Setzung von ca. 25-30 cm erricht. Größere Stärken würde aufgrund ihres Gewichte zu übermäßiger Verdichtung führen.131 Eine Besonderheit auf Baustellen stellt das Verfüllen von Gruben und Gräben dar, insbesondere wenn aus baulichen Gründen oder örtlichen Gegebenheiten gewisse Bedingungen erfüllt sein müssen (z. B. Rohrbettung, begrenzte Setzung), demgegenüber aber die Fläche anschließend für vegetationstechnische Zwecke genutzt werden soll. In diesen Fällen ist eine besondere Abstimmung zwischen Forderungen aus Bau- und aus Bodensicht sicher zu stellen. Denn sonst ist ein Abzeichnen der durch den Eingriff beeinflussten Flächen von der umgebenden Vegetationsfläche durch mangelhaften Wuchs unvermeidbar. Diese rühren wiederum von falschem eingebauten Fremdmaterialien oder Bodenschädigungen her. 6.8.8.7 Invasive Neopythen Invasive Neopyten sind gebietsfremde Pflanzenarten, welche eingeschleppt wurden, sich rasch verbreiten und einheimische Pflanzen verdrängen. Manche von ihnen sind auch gesundheitsbedenklich oder gesundheitsschädlich wie Ambrosia oder Herkulesstaude. Eine weitere Verbreitung sollte unterbunden werden. Daher ist bei Zu- und Ablieferung von Boden auf deren mögliches Vorkommen zu achten und eine Verschleppung zu vermeiden. Im Zweifel ist die Untere Umweltbehörde hinzuzuziehen.134 6.8.9 Ansaat Vor Ansaat ist der Boden auf seinen Zustand zu prüfen. Gegebenenfalls sind Nacharbeiten vorzunehmen, wie z. B Bodenlockerung. Ein Abnahmeprotokoll ist erforderlich. Boden sollte 173 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes immer schnellstmöglich begrünt werden. Die Auswahl des Saatgutes und eventuelle Düngergaben sind mit dem Fachmann entsprechend des Bedarfs und der zukünftigen Nutzung der Fläche abzustimmen. Es sollte ein Bewirtschaftungsplan erstellt und vorab vertraglich geklärt werden, welche Beteiligten (Eigentümer oder Bauherr, falls nicht identisch) für welche Ertragsverluste aufkommen werden. Nach Empfehlung der Schweizer Bodenschutzrichtlinie werden, bei geplanter landwirtschaftlicher Nutzung bis zu zwei Jahre Grünnutzung ohne Weidegang gefordert. Bei Befahrung ist eine Überbelastung zu vermeiden. Mais und Hackfrüchte sind keinesfalls anzubauen. Anschließend ist eine getreidebetonte Fruchtfolge für eine weitere Stabilisierung des Bodengefüges und eine gesunde Bodenentwicklung förderlich.99 6.9 Sonderthemen 6.9.1 Versiegelung Unter versiegelten Böden werden vollständig überbaute oder bedeckte Böden durch Gebäude, Asphalt, Beton oder Pflaster verstanden. Diese können fossilieren15, das heißt, in ihrem eingeschlossenen Entwicklungsstand verbleiben und so als historisches Dokument dienen. Die natürlichen Bodenfunktionen sind damit gestoppt. Ein wesentlicher Aspekt einer Bodenüberbauung ist, dass diese Bodenfläche ihre Wasserspeicherfähigkeit völlig verliert und damit einen Beitrag zu Hochwasserereignissen liefert. Offenporige Pflasterflächen, Rasengittersteine oder wassergebundene Oberflächen aber auch schlichte Bodenverdichtungen haben vergleichbare Auswirkungen in verminderter Form. Auch sie sind kein Ersatz für eine natürlich belassene Oberfläche. Im Idealfall werden vor einer Versiegelung der Oberboden und auch der Unterboden bis in die baulich notwendige Tiefe entfernt, gesichert und an anderer Stelle sinnvoll wieder verwendet. Der eventuell unter der Versiegelung verbliebene Unterboden kann nach einer Entfernung der Überbauung und erneuter Rekultivierung sich unter Umständen wieder entwickeln und seine Bodenfunktionen erneut übernehmen. Das tatsächliche Auswirkungsmaß der unterschiedlichen Befestigungsarten auf das Ökosystem Boden wäre noch zu untersuchen. Gleiches gilt für flächig begrenzte Überbauungen (Pfade und Wege). 174 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 6.9.2 Erdverlegte Abwasserleitungen Abwasserleitungen sind dafür konzipiert, Schmutzwasser an der Entstehungsquelle (häuslich oder gewerblich) zu sammeln und – in der Regel – zu Kläranlagen zu leiten. Von dort gelangt es gereinigt (entsprechend den gesetzlichen Vorgaben) in den Vorfluter. Schmutzwasser kann, neben den mitgeführten stofflichen Anteilen, schadstoffhaltig sein aber auch Keime und Erreger mit sich führen. Diese Bestandteile bergen eine Gefahr für Boden und Grundwasser bei Undichtigkeit der Leitungen. Durch Sanierung von Grundleitungen kann Bodenverunreinigung in beträchtlichem Maß verhindert werden. Man geht aufgrund Schätzungen von über 500 000 km öffentlicher und von 1,1 bis 1,3 Mio. km privater Grundleitung in Deutschland aus135. Durch unterschiedliche Gesetzte und untergesetzliche Regelungen wurde mit Stand 9/2010 die Verpflichtung, die Grundleitungen in Stand zu halten und für Dichtheit zu sorgen festgeschrieben. Dies ist jedoch noch nicht deutschlandweit flächendeckend eindeutig rechtsverbindlich. Dennoch sollte sich jeder Eigentümer in der Pflicht sehen für dichte Grundleitungen zu sorgen. So gibt es in der Zwischenzeit ein breites Angebot an Sanierungsmethoden mit unterschiedlichem Maß an direkten Eingriff (Aushub) aber auch indirekten Eingriff in den Boden (Injektionen und Verpressarbeiten, Schlauchliner usw.). Im Planungsfall sind die Vor- und Nachteile einer offenen Bauweise gegenüber einer geschlossenen abzuwägen. Grundsätzlich sind auch bei solchen Sanierungen die bodenschützenden Vorgaben und Hinweise für Baumaßnahmen gültig. 6.9.3 Kampfmittelräumung Besonders durch die Auflassung militärisch genutzter Flächen und die Rückführung in das allgemeine Grundvermögen, mit anschließend möglichst uneingeschränkter Nutzungsmöglichkeit werden auch heute noch großflächige Räumungsarbeiten in Deutschland notwendig. Auch bei diesen Arbeiten sollten bodenschonende Aspekte eine Berücksichtigung finden. Im Vordergrund muss bei diesen Arbeiten aber immer die Sicherheit der Mitarbeiter der untersuchenden Stellen und der Kampfmittelräumdienste stehen. Hier darf es keine Kompromisse geben. Kampfmittel enthalten meist giftige Stoffe. Ein Entweichen in die Umwelt gilt es zu verhindern. Sind die Stoffe noch im Objekt enthalten, so kann in der Regel das Kampfmittel im Ganzen geborgen und geordnet entsorgt werden. Für flächenhafte Untersuchungen werden häufig die Geländeflächen mit Fahrzeugen abgefahren, welche mit Detektorgeräten bestückt sind. Bei diesen Fahrten sollte auf die Belastbarkeit des 175 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Bodens in Abhängigkeit von Witterung und Bodeneigenschaften geachtet werden. Als TrägerFahrzeug werden PKW oder Traktoren genutzt. Eine Reduzierung der Bodenbelastung ist auch hier durch Reduzierung der Aufstandslast (Doppelbereifung, Ketten) möglich. Dies bedeutet auch einen Sicherheitsfaktor für den Fahrer, da bei größerer Reichweite der Druckkräfte der Räder in die Tiefe die Gefahr erhöht ist, mögliche vorhandene Munition auszulösen. Müssen Großobjekte als Einzelobjekt ausgegraben werden, so ist nach Möglichkeit Oberboden wieder getrennt von Unterboden zu lagern. Die Fahrzeugwahl ist dem Untergrund anzupassen. 6.9.4 Regenerative Energie Als besonderer Aspekt soll das heutige Streben nach Nutzung regenerativer Energien angeführt werden. Als Antrieb wird der ökologische Nutzen für unsere nachfolgenden Generationen genannt. Auch mit politischer Unterstützung wird ein Umsteigen auf diese Techniken gefordert und gefördert. Dazu zählen u. a. Solarenergie, Geothermie und Windkraft. Die Nutzung dieser Energien ist in der Regel mit Baumaßnahmen verbunden. Dabei ist zu prüfen in wieweit es zu Bodenschädigungen kommt. Denn auch bei diesen Baumaßnahmen sind die ökologisch positiven Wirkungen (durch die Nutzung regenerativer Energien) den möglicherweise dadurch verursachten Schädigungen des Bodens gegenüber zu stellen. Im Folgenden werden diese beispielhaft dargestellt. 6.9.4.1 Solarenergie Photovoltaikanlagen werden nicht nur großflächig auf Dächer aufgebracht sondern auch als sog. Solarparks auf der grünen Wiese gebaut. Beispielhaft ist eine solche in folgenden Bildern dargestellt. Bildquelle 136 Bild 41: Solarpark in der Übersicht 176 Bildquelle 137 Bild 42: Fahrspuren Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Infolge der Baumaßnahmen wurden die Flächen intensiv befahren. Die Bodenschädigung durch übermäßige Belastung des Bodens bei zu großer Feuchtigkeit ist in den Bildern offensichtlich. Die Bodenverdichtungen machen sich auch im spärlichen Bewuchs bemerkbar. Aufgrund weiterer Bilder nach Internetrecherche muss man leider vermuten, dass dies die Regel ist. Bei Berücksichtigung der Vorgaben und Hinweise für bodenschonende Baumaßnahmen wären beim Bau von Solarparks aber Bodenschäden weitest gehend vermeidbar. Dies sollte ein Ziel beim Bau zukünftiger Anlagen sein. 6.9.4.2 Geothermie Als Geothermie bezeichnet man die Nutzung von Erdwärme aus unterschiedlichen Tiefen für u. a. Heizzwecke. Die Erdwärme kann oberflächennah (wenige Meter bis ca. 400 m Tiefe) oder aus großen Tiefen (Tiefenbohrungen bis einige Kilometer Tiefe) gewonnen werden. Für beide Methoden sind umfangreiche Bodeneingriffe und Baumaßnahmen notwendig, für die bodenschonendes Handeln gefordert wird. Bei der Planung der Baustelleneinrichtung sind besonders auf eine platzsparende und belastungsarme Nutzung der Fläche für mit Maschinenstandort und Zufahrtswegen zu achten. Bohrungen selbst beanspruchen Bodentiefen, welche aus Sicht dieser Arbeit nicht relevant sind.* Für sogenannte Erdwärmekollektoren hingegen werden bis in wenige Meter Tiefe Rohre in großen Längen verlegt, damit das in den Rohren umlaufende Medium eine Wärmeenergieaustausch mit dem, das Rohr umgebenden Boden vornehmen kann. Die Bodentemperaturen schwanken, im Vergleich zu den Außenlufttemperaturen, in gepufferter Form. Sie können wegen des Unterschiedes im Winter zum Heizen und im Sommer zum Kühlen genutzt werden. Der Wärmeenergieabzug aus dem Boden führt zu einer Temperaturabsenkung im Boden und zu einer Verzögerung der Schneeschmelze und der Aktivität von Flora und Fauna. Die biologische Produktivität der Oberflächenvegetation wird reduziert. Um eine effektive Leitungslänge auf geringer Fläche in einigen Meter Tiefe unterzubringen, muss eine umfangreiche Erdbewegung stattfinden. In der Regel ist ein kompletter Aushub des mit Rohren zu bestückenden Bereiches notwendig. Verschiedene Systeme wurden bislang entwickelt: · Flächenkollektor, vergleichbar einer Fußbodenheizung * Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass aus anderen – hier nicht zu diskutierenden Gesichtspunkten – sehr wohl Risiken für Natur und Umwelt zu prüfen sind. 177 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · Grabenkollektor: ein ca. 3m tiefer Graben wird an den Grabenwänden mit übereinanderliegenden Rohren bestückt · Spiralkollektor: vergleichbar dem Flächenkollektor, aber die Rohre sind spiralförmig überlappend verlegt. · Erdwärmekörbe: korbartig als Spiralen gedrehte Rohre werden in Erdlöcher eingelassen. Die Körbe können säulenartig (Durchmesser ca. 50 cm) oder konisch mit einem oberen, größeren Durchmesser von ca. 2 m sein.138 Bild 43, 44 und 45: Einbau eines Erdwärmekollektorkorbes (Der Bagger steht auf dem Mutterboden!!) 139 138 Bild 46 + 47: Flächen- und Grabenkollektor Für einen optimalen Bodenkontakt der Rohre mit bestmöglicher Wärmeübertragung wird ein Einschlämmen des Erdreiches empfohlen. Für ein Einfamilienhaus bedeutet das, auf 100 bis 200 m² des Gartens (je nach Bedarf) flächig Ober- und Unterboden auszuheben und anschließend wieder einzuschlämmen oder unter Verdichtung zu verfüllen. Das Bodengefüge wird dabei völlig zerstört. Die Bodenökologie wird auf extreme Weise geschädigt. Eine 178 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes bodenschonende Maßnahme ist bei diesen Vorgängen nicht möglich. Dem Bauherrn sollten zumindest die Folgen seines Tuns bewusst sein. In der Regel dürfte er im Glauben sein, ökologisch sinnvoll zu handeln. Als Mindestforderung sollten daher Leitfäden und Beratungsschriften zu Erdwärmekollektoren auch diesen bodenschädigenden Aspekt darstellen. Eine sinnvolle Anwendung diesen Kollektoren ist denkbar in Bereichen, in welchen das Bodengefüge ohnehin geschädigt ist. In Frage kommen Bereiche der Baugrube oder Flächen, welche durch intensive Siedlungsnutzung geringe natürliche Bodenfunktionen aufweisen. Die Bilder 41 bis 45 demonstrieren den massiven Bodeneingriff beim Einbau. 6.9.4.3 Windkraftanlagen Große Windkraftanlagen benötigen an sich zwar eine relativ geringe Standfläche aber auch die Maßnahmen zur Erstellung der Fundamente und zur Montage der Einzelteile der Anlage beanspruchen einen großflächigen Eingriff in – in der Regel landwirtschaftlich genutzte – Bodenfläche. Durch Schwerlastmaschinen wird der Untergrund extrem beansprucht, auch auf den Zufahrtswegen, welche häufig erst errichtet werden müssen (siehe Bild). Eine sorgsame Planung des Bauablaufes und ein besonderer Schutz des Bodens werden notwendig. Folgendes Foto soll das Ausmaß der benötigten Fläche veranschaulichen. Auf eine Windparkanlage bezogen vervielfacht sich entsprechend die Bodenbelastung. Bild 48: Windkraftanlage aus der Vogelperspektive Photo: Paul Langrock 140 179 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 180 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Teil C: Erfordernisse 181 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 182 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 7 Handlungsbedarf 7.1 Einleitung Das Bewusstsein zunehmender Ressourcenverknappung und steigender Umweltbelastung haben seit Mitte des letzten Jahrhunderts ein stetig zunehmendes umweltpolitisches Handeln sowohl national als auch global nach sich gezogen. Als Leitziel hat sich das Bild des nachhaltigen Handelns etabliert, welches – nach zeitgemäßem Verständnis – auf eine Formulierung im Report der „World Commission on Environment and Development“, der sogenannten „Brundtland Kommission“ im Jahr 1987 zurück geht:141 “Sustainable development meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.“ “Eine nachhaltige Entwicklung befriedigt die Bedürfnissen der heutigen Generation, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“ Seit 1994 ist der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in Verantwortung für die künftigen Generationen auch als Staatsziel im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verankert. (Art. 20a GG) Nach dem Verständnis der Enquête-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des Deutschen Bundestages basiert das Prinzip der Nachhaltigkeit auf den drei Säulen einer ökonomischen, ökologischen und sozialen Betrachtung.142 Gerade in Bezug auf bodenrelevantes Handeln und gerade auch im Baubereich, ist die Säule der Ökologie noch deutlich zu stärken. Dies zeigen die vorangehenden Kapitel. Betrachtet man die bisherigen Ausführungen summarisch, so kann man feststellen, dass ein wissenschaftliches Wissen über die Gefahr, das Geschehen und das tatsächliche Vorhandensein von Bodenschädigungen grundsätzlich gegeben ist. In manchen Bereichen wurde bereits eine ausreichende Wissensbasis geschaffen, um schädigende Folgen menschlichen Handelns vermeiden oder gar beseitigen zu können. An anderer Stelle muss noch Forschung und Entwicklung betrieben werden, um das Ausmaß anthropogener Eingriffe in den Boden beurteilen, das Maß einer Schädigung definieren und Gegenmaßnahmen einleiten zu können. In der Praxis fehlen zum Teil – mangels wissenschaftlicher Basis oder aus politischen Gründen – taugliche Untersuchungs- und Beurteilungsparameter. Konkrete Handlungsanweisungen können dann nicht vorgegeben werden. Geschieht dies dennoch, z. B. von Institutionen ohne rechtsgebende Kompetenz, werden sie mangels Belegbarkeit oder rechtlicher Belastbarkeit in Frage gestellt. Begründete und rechtlich gesicherte Vorgaben erfüllen ihren Vorsorgezweck dagegen i. Allg. zuverlässig. 183 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Das wissenschaftliche Wissen muss fortgeschrieben werden und verstärkt im alltäglichen Umgang mit Boden seine Anwendung finden. Das kann gefördert werden, indem für das Thema Verständnis gewonnen wird, es politisch angestoßen (Fördermittel) und rechtlich weiter abgesichert wird. Dies kann auch durch Institutionen und Privatinitiativen, also Nichtregierungsgruppen (non gouvernment organisations, NGO) i. w. S. vorangetrieben werden. Im Folgenden werden grundsätzliche Ansätze vorgestellt, welche ein bodenschützendes Handeln im Zuge von Baumaßnahmen positiv verstärken können. Für eine Stärkung des ökologischen Handelns gibt es zahlreiche Ansatzpunkte, die man durch theoretische * 144 heuristik “ Betrachtungen systematisiert hat.143 Die ökologieverträgliche „Verhaltens- wird bedingt durch die Determinanten · Objektive Ermöglichung (äußere Gegebenheiten) · Soziales Dürfen (Gesetze, Regelungen, Normen) · Individuelles Können (Fähigkeiten, Fertigkeiten) · Persönliches Wollen (Motivation/Antriebskraft)144 Hoheitliches Handeln kann situative Gegebenheiten mit Hilfe umweltpolitischer Instrumente beeinflussen, um umweltverträgliches Handeln zu fördern. Als solche werden genannt: · Ordnungsrechtliche Instrumente · Ökonomische Instrumente · Suasorische Instrumente142 ** Diese Instrumente folgen den im „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag)“ in Art. 74 festgeschriebenen Umweltprinzipien: · Vorsorgeprinzip (Vermeidung der Umweltbelastungen vor Entstehung) · Verursacherprinzip (Kosten zur Vermeidung, Beseitigung und zum Ausgleich von Umweltbeeinträchtigungen werden dem Verursacher zugerechnet) · Kooperationsprinzip (Umweltpflege ist eine gemeinschaftliche Aufgabe von Staat und Bürgern)145 146 * Heuristik: Lehre, Wissenschaft von den Verfahren, Probleme zu lösen. (Quelle: DUDEN, Das Fremdwörterbuch, 2005) ** su|a|so|risch [Adj.] gut zur Überredung geeignet (Bertelsmann Wörterbuch) 184 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Dadurch ist jedoch nur die Richtung des Handelns vorgegeben aber noch keine Willensäußerung zum Maß des Umweltschutzes. 7.2 Ordnungsrechtliche Instrumente Ordnungsrechtliche Instrumente „basieren [...] auf Ge- und Verboten, d. h. Auflagen, die den Wirtschaftssubjekten bei der Ausübung ihrer Wirtschaftstätigkeit gemacht werden“142 Sie beeinflussen das soziale Dürfen. Als Ziel sind die vom Gesetzgeber gewünschten Limitierungen vorgegeben. Vorteil Wesentlicher Vorteil dieser Instrumente ist die Wirksamkeit. Es wird als Mittel zur direkten Verhaltensteuerung angewendet und kommt daher primär zur Gefahrenabwehr zum Einsatz. Nachteil Ordnungsrechtliche Instrumente sind statisch und geben durch Vorgabe konkreter Grenzen keinen Anreiz zu weiterer ökologischer Optimierung. Dies ist nachteilig zu bewerten. Eine Fortschreibung entsprechend des wissenschaftliche Standes und der gesellschaftspolitischen Ansprüche ist daher stetig nötig. Forderungen Grundsätzlich wird eine konkretere Festschreibung des nötigen Bodenschutzes in Normen gefordert. In den Abwägungsprozessen scheint der Boden gegenüber wirtschaftlichen Interessen sonst zu geringes Gewicht zu haben.147 Ungünstige Voraussetzung des Umweltrechtes in Deutschland ist die Verstreuung der Regularien auf eine breite Palette von Rechtsordnungen. Es ist unübersichtlich und uneinheitlich.142 Ebenso verstreut finden sich Vorgaben zum Bodenschutz. Das BBodSchG ist dann meist nur subsidiär gültig (siehe Kap. 4.1.3). Daher ist primär eine Vereinheitlichung und damit eine bessere Übersichtlichkeit des Umweltrechts und auch des Bodenschutzrechtes zu fordern, wodurch grundsätzlich die Nachvollziehbarkeit des Themas klarer und die Anwendung leichter wäre. Als Folge wäre eine bessere Akzeptanz zu erwarten. Zusätzlich ist eine Konkretisierung des Bodenschutzrechtes aus pedologischer Sicht erforderlich, da zurzeit lediglich vordergründige und offensichtliche Schädigungen des Bodens rechtlich belangt werden können, nicht aber die versteckten mit gleichwohl wesentlichen Auswirkungen. Eine Berücksichtigung der Erkenntnisse aus pedologischen Untersuchungen (vgl. Ausführungen 185 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes im Kapitel 3) würde gerade auch die Notwendigkeit des nichtstofflichen Bodenschutzes verstärkt in den Fokus rücken. Dazu ist ergänzend eine Untermauerung der schon heute allgemein formulierten, aber kaum beachteten Forderungen nach nicht stofflichen Bodenschutz im Sinn des § 2 Abs. 7 Nr. 3 des BBodSchG durch konkret messbare Vorsorge-, Prüf- und Maßnahmenwerte zu untermauern. Nur so kann auch eine praktikable Anwendung gewährleistet und der stetige Streit um das Maß des Schutzes vermieden werden. Gleichwohl ist die Problematik deutlich, wissenschaftlich fundierte Grenzwerte überhaupt zu formulieren, da diese nach heutigem Wissenstand z. T. nicht nennbar, messbar oder praktikabel formulierbar sind. Eine weitere Problematik wird durch die Diskussionen um die geplante „Ersatzbaustoffverordnung“ deutlich. Der Schutzwille kollidiert mit weiteren ökologischen Interessen wie z. B. dem die Kreislaufwirtschaft (Abfallverwertung) auszubauen. Aus Sicht des (Produktions-) Prozessablaufes gibt es drei theoretische Ansatzpunkte für eine direkte Verhaltenssteuerung bei Baumaßnahmen und zwar: · am Input · an der Produktion · am Output Übertragen auf den Boden im Bereich von Siedlungs- und Verkehrsflächen (SuV) wird zurzeit versucht, den Input durch Wertvorgaben zu steuern. (30 ha Flächeninanspruchnahme bis zum Jahr 202013) Die Wirksamkeit ist jedoch abgeschwächt, da die Vorgabe lediglich eine Willensformulierung (indirekte Verhaltenssteuerung) und eben keine Rechtsvorschrift (direkte Verhaltenssteuerung) darstellt. Letzteres wäre an dieser Stelle für eine Durchsetzbarkeit zu fordern. Im Bereich SuV kann während der Produktion (hier die Durchführung der Baumaßnahme) der Boden durch konkrete Handlungsmaßnahmen geschützt werden. Einer direkten Verhaltenssteuerung entsprächen rechtliche Vorgaben zur Steuerung der Handlungen während der Baumaßnahme. Zum Beispiel wird in der Schweiz die Einsetzung einer Bodenkundlichen Baubegleitung ab bestimmten Baustellengrößen gesetzlich vorgegeben. Weitere Steuerungsmöglichkeit ergibt sich aus dem Maß der übertragenen Rechte. Für einen solchen Schritt muss jedoch ein Bewusstsein der negativen Konsequenzen auf den Boden durch Baumaßnahmen auf politischer Seite vorhanden sein und der Wille einen entsprechenden Schutz gesetzlich zu verankern. Beides ist in Deutschland im Bereich Bauwesen nur sehr punktuell und eingeschränkt (im Sinn von nachhaltiger Siedlungsentwicklung) festzustellen. (Hinweise in: Zweiter Bundesbodenschutzbericht28 und Koalitionsvertrag 2009148). 186 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Die Betrachtung des Outputs kann bei baurelevanter Betrachtung des Bodens auf den Baustoff Boden bezogen werden. Dieser kann an Ort und Stelle wiederverwendet oder anderswo abfallrechtlich verwertet werden (Das Bergrecht ist darüber hinaus mit seinen Sonderregelungen hier nicht Gegenstand der Betrachtung). Da vorhandene Regularien (z. B. LAGA M 20, vgl. Kap. 4.4.2) mangels rechtlicher Belastbarkeit offenkundig nicht ausreichend waren, bemüht sich der Gesetzgeber derzeit um die sogenannte „Ersatzbaustoff-Verordnung“ als direktes Steuerelement des Verhaltens in diesem Sektor des Bodenschutzes. Dies wird grundsätzlich begrüßt, jedoch inhaltlich von betroffenen Wirtschaftsverbänden scharf diskutiert. Sie wird sich nach Einführung in der Praxis erst bewähren müssen. Konkrete Vorsorgeregelungen gegen mögliche nichtstoffliche Bodenschädigungen, welche sowohl am Ursprungsort des ausgehobenen Bodens, durch Transport oder am Ort des Wiedereinbaues geschehen können, werden aber weiter vermisst. Gleiches ist für mögliche stoffliche Bodenschädigungen bei Erdumlagerungen am Herkunftsort (vgl. § 12 BBodSchV) festzustellen. Bereits heute ist eine theoretische Durchsetzung bodenschützender Maßnahmen durch den Bauherrn oder einen betroffenen Anlieger möglich, wenn sich nach Abschluss einer Baumaßnahme eine Bodenschädigung und dadurch z. B. ein Minderertrag nachweisen lassen. Durch eine Schadensbeseitigung oder einen Schadensausgleich würden dem Verursacher (i. d. R. der Bauunternehmer) Kosten entstehen, welche er bei angemessenem Arbeiten hätte vermeiden können. Diese sind grundsätzlich einklagbar. Mangels konkreter Grenzparameter und eines breiten, fehlenden Verständnisses für die im Boden ablaufenden Prozesse ist diese Klage aber in der Regel nicht durchsetzbar. Untergeordnete Hindernisse sind dabei fehlende Dokumentationen des Bodenzustandes, der langsame Ablauf der Bodenprozesse und ihrer Auswirkungen sowie zu spätes Erkennen der Mängel. Eine Fortschreibung der Gesetze und Normen entsprechend des wissenschaftlichen Standes und der gesellschaftspolitischen Ansprüche (Stichwort: Nachhaltigkeit) ist also stetig nötig. Im Themenbereich Bodenschutz und da eben auch im Zusammenhang mit Baumaßnahmen wird dies als überfällig angesehen. 7.3 Ökonomische Instrumente Ökonomische Instrumente „beeinflussen nicht direkt die Wirtschaftsaktivität eines einzelnen Produzenten, sondern versuchen, bestehende Marktmechanismen so zu modifizieren, dass sich die Wirtschaftssubjekte in ihrem Verhalten dem gewünschten Ziel anpassen.“142 Im marktwirtschaftlichen Umfeld bietet die Menge oder/und der Preis einen Ansatz zur 187 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Einflussnahme.142 Zum Teil ermöglichen sie überhaupt erst ein ökologisches Handeln. Unter dem Strich kann eine „objektive Ermöglichung“ herbeigeführt werden, wenn die hindernden Gegebenheiten auf finanzielle, materielle oder geistige Begrenzungen zurückzuführen sind. Letztendlich sind ökonomische Instrumente aber nur Angebote. Sie zählen zur indirekten Verhaltenssteuerung. Vorteil Positiv zu werten sind die, im Rahmen der Angebote gegebenen, ökonomischen Entscheidungsspielräume. So pendelt sich in Abhängigkeit der situativen Wirtschaftlichkeit ein Maß an umweltgerechten Handeln ein, welches im Idealfall das primär gewünschte Maß überschreitet. Der Akteur handelt – wenn auch von außen angestoßen – weitgehend aus freiem Willen heraus. Nachteil Dagegen ist die zeitverzögerte Wirkungswiese ökonomischer Instrumente nachteilig zu sehen. Zunächst müssen sich z. B. Angebote auf dem Markt etablieren und anerkannt werden und anschließend der ökonomische Ansatz seine ökologische Wirkung entfalten. Durch die Problematik, alle externen Faktoren eindeutig zu identifizieren, quantifizieren und zu monetarisieren142 und deren Zusammenspiel auf dem Wirtschaftsmarkt zielgerichtet zu steuern können Unterstützende oder sanktionarisch wirkende Festsetzungen in der Praxis immer wieder in ihrer beabsichtige Wirkung fehlgeleitet werden. Mitnahmeeffekte vermindern zusätzlich die beabsichtigte ökologische Wirkung. (z. B Subventionen für Dinge kassieren, die man ohnehin getan hätte.) Forderungen Im Einzelnen sind im hier diskutierten Zusammenhang folgende Ansätze denkbar: · Bereits bei neuer Freigabe von Bodenfläche für SuV-Nutzung können steuernde Mittel eingesetzt werden. Bei einer geregelten aber deutlichen Reduzierung der Fläche, welche für SuV zur Verfügung steht, würde sich der Preis über das Angebot regeln (z. B. Ausgabe von Umweltzertifikate). Dann könnten im Vergleich auch wieder bereits belastete Grundstücke interessant werden. · In gleicher Weise kann man am Preis ansetzen, indem z. B. Umweltabgaben gleich einer „Ökosteuer“ bei Neuinanspruchnahme von Flächen fällig wird. · Dagegen könnten durch Subventionen ungenutzte und ev. belastete Flächen im Bereich von SuV attraktiver werden als eine Neuinanspruchnahme. 188 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes · Wird die für SuV freigegebene Fläche im Zuge von Baumaßnahmen in irgendeiner Form degradiert, werden Abgeben fällig. (Hierzu werden konkrete Beurteilungs- und Bewertungsmaßstabe benötigt) (Kompensationsmodelle) · Im umgekehrten Fall (Bodenfunktionen werden im Bereich der SuV-Fläche wieder hergestellt) greift ein Belohnungssystem. · Der Einsatz einer Bodenkundlichen Baubegleitung (BBB) wird durch den Staat direkt (Kostenerstattung) oder indirekt (steuerlich absetzbar) finanziell gefördert. · Werden Mehraufwendungen durch bodenschonende Maßnahmen im Zuge einer Baumaßnahme bedeutend, könnten diese vom System aufgefangen werden. (Förderung ab einer bestimmten Mindestaufwendung) · Soll der Boden an einen anderen Ort verbracht werden (was grundsätzlich nicht wünschenswert ist), können Abgaben geltend gemacht werden. · Auch Folgemaßnahmen, wie z. B. langfristige Rekultivierungsmaßnahmen zur erneuten Herstellung eines gesunden Bodengefüges, welche vorübergehend einen Ernteausfall bedeuten, können durch finanzielle Anreize gefördert bzw. aufgefangen werden. · Im Detail sind auch punktuelle Fördermöglichkeiten denkbar wie Steuervergünstigungen oder Subventionen für besonders bodenschonende Geräte wie Moorraupe, Mehrachser oder Baggermatratzen. Unter diesem Blickwinkel ist eine Zahl weiterer Ansätze denkbar, wobei diese umso unwirksamer werden je kleiner die Nische ist, die sie bedienen. 7.4 Suasorische Instrumente Suasorische Instrumente „umfass[en] alle Maßnahmen, mit denen der Staat versucht, auf die [...] Aktivität der Wirtschaftssubjekte Einfluss zu nehmen ohne dabei jedoch einen direkten Zwang auszuüben (Ordnungsrecht) (ökonomische Instrumente).“ oder 142 aber direkt in die Marktmechanismen einzugreifen Die Maßnahmen müssen nicht zwangsläufig vom Staat ausgehen. Grundsätzlich ist es jedem Einzelnen oder auch Zusammenschlüssen von Personen möglich, Einfluss auf andere Personen oder Kreise oder sich selbst (Selbstverpflichtung) auszuüben. Suasorische Instrumente versuchen primär „individuelles Können“ (Qualifikation) und „persönliches Wollen“ (Motivation) zu beeinflussen. Auch suasorische Instrumente dienen der indirekten Verhaltenssteuerung. Vorteil Da die Maßnahmen darauf abzielen, ein umweltgerechtes Handeln auf freiwilliger Basis herbei zu führen, ist zu erwarten, dass, falls dies geschieht, dieses auch mit entsprechender Effizienz 189 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes umgesetzt wird. Basieren Maßnahmen oder Verpflichtungen auf Vereinbarungen mit dem Staat, so wird im Gegenzug in der Regel auf ordnungspolitische oder (repressiv wirkende) ökonomische Instrumente verzichtet. Der staatliche Deregulierungsansatz ist hier positiv zu bewerten142, ebenso die Motivation zum freiwilligen Handeln. Nachteil Kritisch gesehen werden die Wahrscheinlichkeit ein vorgegebenes Ziel zu erreichen (keine direkte Druckausübung), die möglicherweise zu geringen Zielformulierungen (nicht viel mehr, als das, was ohnehin getan wird) sowie mögliche Trittbrettfahrer bei Selbstverpflichtungsvereinbarungen.142 Rahmenbedingungen Der auf einen freien Willen basierende Ansatz ist gleichzeitig dessen Achillesferse. Um motivierend auf diesen freien Willen einzuwirken zu können, müssen · Werte bewusst sein (z. B.: Der Boden ist an sich ein schützenswertes Gut) · Bedürfnisse geweckt (z. B.: ich will den Boden schützen und schonen) · Einstellungen* modifiziert (z. B.: Um den Boden bei Baumaßnahmen zu schützen müssen neue Ablaufverfahren entwickelt werden. Bewährte und eingeübte Handlungen gelten nicht mehr und werden durch neue ersetzt. Dieser Umstand wird in Kauf genommen) · Erwartungen erzeugt werden. (wie schnell und einfach ist das Ziel zu erreichen und wie attraktiv ist das Ergebnis)149 (z. B.: Es sind keine Nacharbeiten nötig, daher wird Aufwand und Geld eingespart) Zusätzlich ist eine Ertüchtigung zur anschließenden Bewältigung der ökologischen Aufgaben notwendig. Bestandteile einer solchen Qualifikation sind: · Allgemeines ökologisches Wissen (situationsübergreifend, hier bautechnische und bodenkundliche Aspekte) · · * Aufgabenspezifische, technisch-fachliche Qualifikation o Handlungswissen (Methoden zur ökologieverträglichen Aufgabenerfüllung) o Folgewissen (ökologische Folge der jeweiligen Handlungsweise) Schlüsselqualifikationen (z. B. Konfliktfähigkeit, vernetztes Denken)149 das bedeutet: von Werten geprägt aber objekt- und situationsbezogen (in der Regel änderungsresistent!) (z.B.: Umweltbewusstsein ist vorhanden, aber auf ein gewohntes Auto wird grundsätzlich nicht verzichtet.) 190 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Im Einzelnen sollen diese Methoden das · Individuelle Können (Fähigkeiten, Fertigkeiten) · Persönliche Wollen (Motivation, Antriebskraft)144 befördern. Dabei kommen informatorische Instrumente (Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit) und Administrative Maßnahmen (Beseitigung bestehender Hürden, die ökologisches Verhalten noch behindern) zum Einsatz. Gerade im Bereich Bodenschutz sind die Wissensdefizite unter Nichtfachleuten verbreitet. Während punktuell Behörden und Gruppierungen sich um eine Informationspolitik bemühen, ist das Thema noch nicht in der breiten Bevölkerung, bei den Wirtschaftssubjekten oder auch allen verantwortlichen Behörden angekommen. Hier besteht flächenhaft Nachholbedarf. So besteht die Überzeugung, dass weitgehend alle am Bau Beteiligten bei ausreichender Information und Begleitung ihre Arbeiten entsprechend bodenschonend aus freiem Willen durchführen werden. Voraussetzung ist, dass Mehrleistungen honoriert werden. Gefordert werden an dieser Stelle für den Themenbereich „Bodenschutz bei Baumaßnahmen“, im Sinn dieser Arbeit zunächst verstärkt hoheitliche Aktivitäten, welche das genannte Bewusstsein, die Bedürfnisse, Einstellungen und Erwartungen zielorientiert beeinflussen. Vereinzelt geschieht dies bereits auf Bundes-, Länder- oder kommunaler Ebene. Im Einzelnen können das, speziell auf den Baubereich bezogen, Informationsschriften, -veranstaltungen oder Schulungen sein für · alle Bauwilligen (auch bei genehmigungsfreien und Landschafts- bzw. Gartenbaumaßnahmen) · am Bau beteiligte Unternehmer (Bauunternehmer, aber auch Handwerker aller Art) · Planer, Ingenieure · Behördenmitglieder (Baubehörde, Umweltbehörde) · in die Rechtsprechung involvierte Personen Darüber hinaus sind suasorische Maßnahmen aus nichthoheitlicher Initiative denkbar. Als Beteiligte werden Auftraggeber (öffentliche und nichtöffentliche), Auftragnehmer und Interessenvertreter des Bodens i. w. S., als zweiter Schritt aber auch Interessenverbände der Zielgruppen (Architektenkammer, Ing.-Verband, Bauwirtschaft) gesehen. Der Bundesverband Boden (BVB) hat bereits Initiative ergriffen, desgleichen manche Bundesländer (NordrheinWestfalen104) oder Kommunen (Aachen). Die punktuellen Bemühungen müssen sich 191 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes flächendeckend entwickeln und schließlich möglichst alle Akteure erreichen. Und letztendlich muss zum bodenschützenden und schonenden Handeln derjenige motiviert werden, der die Handlung vor Ort bestimmt und ausführt. Zunächst besteht die Notwendigkeit, bodenkundliches Wissen zu verbreiten, um eine Akzeptanz in der Sache zu erreichen. Ziel dieser Informationspolitik ist als erstes der Bürger, im Zusammenhang mit Baumaßnahmen ist · der Bauherr (Beurteilung der Vertragseinhaltung, eventuell unter Hinzuziehung eines Sachverständigen,) · der Bauunternehmer (Wissen um die Konsequenzen seiner bodeneingreifenden Handlungen) aber auch · die Behörde (als Bauherr, als Ausführende, aber auch in überwachender Funktion) aufzuklären und zu überzeugen. Im Einzelnen kann dies durch Expertenrunden, Vorträge oder Konferenzen angestoßen werden, um bei weiteren Beteiligten das Interesse zu wecken und eine Mitarbeit zu veranlassen. Im Weiteren bewirkt dies eine Verbreitung des Themas in allen beteiligten Fachkreisen. In gemeinsamen Arbeitsgruppen können dann Arbeitsprozesse und Vorgaben entwickelt werden. Schließlich finden die Ergebnisse über die Experten den Weg in die technischen Regelwerke. Derzeit sind Formulierungen, wie sie aus der Sicht der Pedologen allgemein gefordert werden in Deutschland nur vereinzelt und nicht allgemeingültig dokumentiert. (z.B. LANUV, NRW 104: “Bodenschutz beim Bauen“). Der Bundesverband Boden (BVB) erarbeite in den Jahren 2009 und 2010 in einer Arbeitsgruppe Vorschläge und Hinweise. Erste Ergebnisse wurden im September 2010 auf der Jahresversammlung des BVB vorgestellt. Diese nicht hoheitliche Initiative wurde in Ermangelung staatlicher Aktivität in den bodenkundlichen Fachkreisen für notwendig erachtet. Als suasorische Maßnahme hat sie den Nachteil, dass sie nur sukzessive in die Fläche gebracht werden kann und weitere Beteiligte, in diesem Fall die Baubranche oder den Bauherrn, nicht zu einer Anteilnahme nötigen kann. Ein Grundstein ist damit dennoch gelegt. In der Folge wäre auch – bei Akzeptanz der Notwendigkeit des Bodenschutzes – eine privatwirtschaftliche Initiative denkbar, indem z. B. die Bauwirtschaft sich selbstverpflichtend Regeln aufstellt, die über das derzeit praktizierte und gesetzlich geforderte Maß hinaus bei ihren Bautätigkeiten einzuhalten sind. 192 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 7.5 Zusammenfassung Umweltgerechtes (bodenschützendes) Handeln kann nur unter Einbeziehung aller Beteiligten gelingen. Hoheitlich (Bund, Länder, Kommunen) muss der Wille dazu bekundet und vorgelebt werden. Durch breit angelegte Informations- u. Kommunikationsstrategien muss in weiteren Schritten dieser Wille in die Fläche zu den Akteuren gebracht werden. Die Zielsetzungen (nach hier postuliertem Verständnis: Der Schutz natürlicher Funktionen des Bodens gegenüber anderen Funktionen, unter Abwägung aller zu berücksichtigenden Belange) sind konkret zu formulieren. Durch ordnungsrechtliche, ökonomische und suasorische Instrumente steht den Umweltakteuren (hoheitliche, NGOs oder privat(-wirtschaftliche)) einerseits eine breite Palette an Werkzeugen bereit, um aktiv auf der anderen Seite die Akteure am Baugeschehen in ihrem Sinn i. w. S. zu beeinflussen. Die vorgestellten umweltpolitischen Instrumente können, gerade auch in ihrer diversen Verknüpfbarkeit, bezüglich des Grades der Zielerreichung sowie der wirtschaftlichen Effizienz142 ein sehr unterschiedliches Maß erreichen. Ihr Einsatz ist daher immer grundlegend zu prüfen und wohl zu dosieren. 193 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 194 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 8 Zusammenfassung und Ausblick Betrachtet man den Schutz des Bodens unter dem Blickwinkel der Vorsorge, so sind zum einen Schäden durch Stoffeinträge, zum anderen Schäden durch Veränderung der inneren Bodenstrukturen und Zerstörung des Bodengefüges durch Umschichtung und übermäßiger Gewichtslast möglich. Die zukünftige Vermeidung derartiger Schäden aufgrund von Baumaßnahmen i. w. S steht im Fokus dieser Arbeit. Um alle beteiligten Akteure einer Baurealisierung von der Notwendigkeit dieses Ziels zu überzeugen und ihnen die notwendigen Kenntnisse zur Umsetzung dieses Ziel an die Hand zu geben, wurden die erforderlichen Grundlagen zusammengestellt. Denn das Begreifen der Zusammenhänge wird als Basis für ein umweltgerechtes Handeln gesehen. Der Begriff Boden unterliegt unterschiedlichsten Definitionen. Als besonders schützenswert wird der Teilbereich Mutterboden (Oberboden) gesehen, welcher durch seinen – im Vergleich – hohen Humusgehalt und seine hohe Bodenaktivität (Ablauf von chemischen, biologischen und physikalischen Prozessen) bestimmend für die Umsetzungsprozesse im Boden ist. Der darunter befindliche Unterboden unterliegt gleichsam einem besonderen Schutz, weist aber geringe Bodenaktivitäten auf und ist daher nur begrenzt regenerationsfähig. Er gilt daher als besonders empfindlich für Schädigungen. Der Untergrund unter dem Unterboden, das Ausgangsgestein, aus welchem in erdgeschichtlichen Zeitmaßstäben Boden entsteht, wird nicht als Boden im Sinn dieser Arbeit gesehen, erfüllt aber Bodenfunktionen im Sinn des Bundesbodenschutzgesetzes und ist ebenfalls entsprechend zu schützen. Bodeneingriffe durch Baumaßnahmen in den Untergrund sind damit nicht Gegenstand bodenschützender Betrachtungen der vorliegenden Arbeit. Weiter muss bei Baumaßnahmen nach der Verwendung des Bodens unterschieden werden. Zum einen kann Boden im Zuge der Bautätigkeit als Baugrund oder für bautechnische Zwecke dienen. Dieser Boden wird in der Regel derart verdichtet, dass er keine natürlichen Bodenfunktionen mehr übernehmen kann. Ein nichtstofflicher Bodenschutz greift hier nicht. Eine stoffliche Verunreinigung hat dennoch zu unterbleiben. Zum anderen ist jener Bodenanteil besonders sorgsam zu behandeln, welcher nach Abschluss der Arbeiten wieder weitgehend natürliche Funktionen übernehmen und der Vegetation dienen soll. Jegliche Änderung des Schichtenaufbaues und des Gefüges, sei es durch Bodenumwälzung (Aushub, Transport oder Einbau), Vermischung oder Bodenverdichtung durch Befahren und in der Folge Verminderung der Porengröße, Porenzahl und Porenkontinuität und dem damit 195 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes einhergehenden Sauerstoff- und Wassergehaltmangel, bewirkt eine Störung des bodeneigenen Ökosystems in häufig erheblichem Maß. Neben den grundsätzlich zu vermeidenden Stoffeinträgen jeglicher Art (geregelte Abfallbeseitigung, Auffangen von Tropf- und Sprühverlusten u. Ä., Nutzung nur von zugelassenen Bau- und Bauhilfsstoffen) ist eben auch die nichtstofflich bedingte Bodenschädigung zu vermeiden. Das notwendige Bewusstsein und Wissen sowie die Grundlagen dafür werden in der Breite bei den an Baumaßnahmen Beteiligten, aber auch auf politischer Ebene und in den ordnungsrechtlichen Instrumenten noch vermisst. Das Bodenschutzrecht ist weit verstreut und schwer durchschaubar. Sein Schwerpunkt liegt noch immer im nachsorgenden Bodenschutz (Altlastenbearbeitung). Die in den Grundsätzen formulierten Forderungen zum Schutz des Bodens sind sehr allgemein gefasst. Konkrete Parametervorgaben sind für bestimmte Bereiche nicht formuliert. Infolgedessen entstandene untergesetzliche Regelungen für die Praxis haben sich als nicht rechtlich belastbar erwiesen. In nur wenigen technischen Regelwerken stehen Hinweise für (Landschafts-) vorbeugende Maßnahmen gegen zu erwartende Gefügeschäden durch Baumaßnahmen zur Verfügung. DIN-Normen sind zum Teil in ihrem Anwendungsbereich eingeschränkt und ihre Inhalte nicht immer konform. Dem gegenüber hat der bodenkundige Experte, der Pedologe, keinen Zugang zum Planungsund Baugeschehen, es sei denn, er wird explizit hinzugezogen. Er wäre mit seinem Fachwissen in der Lage, Hilfestellung für vorbeugende Planungen und Bauabläufe zu geben, so dass Schädigungen von Bodengefügen weitgehend vermieden werden können. Es gilt zum einen, das Fachwissen beider Seiten, das bodenkundliche Wissen des Pedologen und das geo-, erdbau- und bautechnische Fachwissen der Baufachleute im Sinn einer bodenschonenden und wirtschaftlichen Siedlungsentwicklung und eines entsprechenden Bauablaufes zusammenzubringen. Zum zweiten gilt es, daraus Grundregeln zu formulieren und Parameter zu nennen, auf deren Basis in der Praxis entsprechend den bodenschonenden Zielvorgaben gehandelt werden kann. Als Drittes sind diese Regeln so zu fixieren, dass sie rechtlich belastbar sind und dadurch eine tatsächliche Schutzfunktion entwickeln. In der Konsequenz empfiehlt sich eine Neuordnung der bodenrechtlichen Grundlagen und zwar auf Ebene der Gesetze und Verordnungen aber auch auf der Ebene der technischen Regelwerke (u. a. DIN-Normen). Zur zügigen Realisierung eines breiten Bodenschutzes beim Bau wird neben der Nutzung der ordnungsrechtlichen Instrumente auch die Anwendung ökonomischer (Steuern, Abgaben, Subventionen) und willensbeeinflussender Bewerbung des Themas) empfohlen. 196 Instrumente (Wissensvermittlung, Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Schließlich sind Leitlinien und Arbeitshilfen zum vorbeugenden Schutz des Bodens bei Baumaßnahmen zu erstellen und Bauwilligen und Bautätigen zur Verfügung zu stellen. Erste Beispiele stehen bereits jetzt zur Verfügung (Bsp. LANUV NRW). Für inhaltliche Konkretisierungen sind zum Teil weiter gehende Untersuchungen und Forschungsaktivitäten notwendig. Im Vergleich zu anderen Naturschutzgütern wie Wasser und Luft hat der Boden in seiner Schutzwürdigkeit sowohl ordnungsrechtlich als auch im Gesellschaftsverständnis noch aufzuholen. Gerade im Teilbereich „Umgang mit Boden bei Baumaßnahmen“ ist Bodenschutz noch entwicklungsfähig. Die Basis ist allerdings gelegt, vielerorts sind Bemühungen in diese Richtung erkennbar. Parallelen zu Land- und Forstwirtschaft können gezogen werden. Das Ziel, Baudurchführungen in Zukunft möglichst bodenschonend abzuwickeln kann erreicht werden. Alle beteiligten Akteure sind aufgefordert, daran intensiv mitzuarbeiten. Ein zügiges Voranschreiten wäre im Sinn der Bewahrung der Naturgüter für unsere Nachkommen – auch im globalen Kontext – dringend wünschenswert. 197 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 198 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 9 Verzeichnisse 9.1 Abkürzungsverzeichnis AG AG Al AN ATV AVV BauGB BBB BNatSchG C Ca cbar CKW DIN Fe FK GG ha HAT k K KA 5 KAK kPa KrW-/AbfG KW L LABO LAGA LAWA LCKW m MBO Mg MKW Mn N Na Auftraggeber Auftragnehmer Aluminium Auftragnehmer Allgemeine technische Vorschriften Abfallverzeichnisverordnung Baugesetzbuch Bodenkundliche Baubegleitung Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) Kohlenstoff Kalzium centibar Chlorkohlenwasserstoffe Deutsches Institut für Normung Eisen Feldkapazität Grundgesetz Hektar Hauptausschuss Tiefbau Durchlässigkeitsbeiwert in m/s Kalium Bodenkundliche Kartieranleitung, 5. Auflage Kationenaustauschkapazität Kilopascal Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetz ) Kohlenwasserstoffe Lehm Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser Leichtflüchtige Chlorkohlenwasserstoffe Meter Musterbauordnung Magnesium Mineralölkohlenwasserstoffe Mangan Stickstoff Natrium 199 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes OOC PAK pF-Wert PSM PWP ROG s S S Si SKW SLKW SuV t T Ti U UMK WHG WP ZTV 200 Sauerstoff-Ion Organic Carbonate = Organischer Kohlenstoffanteil Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe negativer dekadische Logarithmus der Saugspannung, diese in cm WS Pflanzenschutzmittel permanenter Welkepunkt Raumordnungsgesetz Sekunde Sand Schwefel Silizium Schwerlast-LKW Schwerlast-LKW Siedlung und Verkehr (Gewichts-)Tonne Ton Titan Schluff Umweltministerkonferenz Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) Welkepunkt Zusätzliche technische Vorschriften Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 9.2 Bildverzeichnis Bild 1: Wasser- und Landanteil an der Erdoberfläche......................................................................................................13 Bild 2: Anteil der Ertragsfläche an der Landfläche .........................................................................................................13 Bild 3: bisherige Wachstum der Weltbevölkerung sowie Prognose bis 2050...................................................................14 Bild 4: Flächennutzungsanteile in Deutschland im Jahr 2008..........................................................................................15 Bild 5: Tägliche Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche ........................................................................................16 Bild 6: Kreislauf der Gesteinsumwandlung mit Einordnung der Böden............................................................................22 Bild 7: Anteile der Elemente an der Erdkruste in Masse-% (ca.-Angaben)......................................................................24 Bild 8: links: Kettensilikat; Mitte: Bandsilikat; rechts Schichtsilikat ...................................................................................24 Bild 9: Zweischicht-Silikat Kaolinit Die Kugeln symbolisieren eingelagerte H+-Ionen......................................................26 Bild 10: Tonmineral Smectit. Die Kugeln symbolisieren austauschbare Kationen. ..........................................................26 Bild 11: Verdeutlichung der Bildungs- und Umbildungspfade der Tonminerale (M = Metallkation)..................................27 Bild 12: Dreiecksdiagramm der Bodenarten des Feinbodens ..........................................................................................29 Bild 13: Bodenarten des Feinbodens in einem 2-dimensionalen Koordinatendiagramm dargestellt ..............................30 Bild 14: Aggregatzusammensetzungen in Abhängigkeit ihrer Größe im Vergleich zu den Kornfraktionen ......................33 Bild 15: Beispiele häufiger Wasserleitfähigkeiten von wassergesättigten Böden ............................................................36 Bild 16: Durchlässigkeitsbenennung der Durchlässigkeitswerte. (nach DIN 18130-1).....................................................36 Bild 17: Wasserspannungskurven verschiedener Böden: Sand S, Lehm L, Ton T..........................................................38 Bild 18: Schema der Meniskenwirkung............................................................................................................................38 Bild 19: Eigenschaften einer Parabraunerde aus Geschiebemergel unter Laubwald ......................................................40 Bild 20: Bodenorganismen entsprechend ihrer Größe.....................................................................................................43 Bild 21: Eintrag von Schadstoffen und deren weiteres Verhalten im Boden ....................................................................47 Bild 22: Atommodell des Benzol ......................................................................................................................................50 Bild 23: chemische Strukturformel des Benzol.................................................................................................................50 Bild 24: Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAK .........................................................................................51 Bild 25: Tiefenverteilung der Vorbelastungen an Bsp. einer Parabraunerde aus Geschiebemergel ...............................56 Bild 26: „Druckzwiebeln“ bei links weichem und rechts festem Boden ............................................................................56 Bild 27: Abgrenzung der Anwendungsbereiche...............................................................................................................87 Bild 28: Flussdiagramm: Verwertung von Bodenmaterial ................................................................................................88 Bild 29: Einhaltung der Geringfügigkeitsschwellen bei Abfallverwertung und Produkteinsatz .........................................90 Bild 30 + Bild 31: links: Tensiometer unterschiedlicher Größe, rechts: Darstellung deren Funktionsweise ...................108 Bild 32: Nomogramm .....................................................................................................................................................109 Bild 33: Entscheidungsablauf zur Bestimmung der Verdichtungsempfindlichkeit des Bodens ......................................110 Bild 34: Von der Baugrunderkundung zu erdstatischen Berechnungen.........................................................................117 Bild 35: Darstellung von Sieblinien ................................................................................................................................126 Bild 36: Plastizitätsdiagramm mit Bodengruppen...........................................................................................................128 Bild 37: Moorraupe, Bild 38: Kettendozer, .....................................................................................................................140 Bild 39: 3-Achs-Dumper.................................................................................................................................................142 Bild 40: Erdabtrag vom Oberboden (A-Horizont) bzw. vom Untergrund (C-Horizont)....................................................169 Bild 41: Solarpark in der Übersicht, Bild 42: Fahrspuren ...............................................................................................176 Bild 43, 44 und 45: Einbau eines Erdwärmekollektorkorbes..........................................................................................178 Bild 46 + 47: Flächen- und Grabenkollektor...................................................................................................................178 Bild 48: Windkraftanlage aus der Vogelperspektive ......................................................................................................179 201 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 9.3 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Erdoberflächen und deren Nutzung in Flächen- und Prozentanteile...............................................................13 Tabelle 2: Flächenverteilung der SuV-Flächen in Deutschland im Jahr 2008 in km² .......................................................15 Tabelle 3: Ergebnis eines vergleichenden Versuches .....................................................................................................23 Tabelle 4: Kohlenstoffgehalte im Boden. .........................................................................................................................31 Tabelle 5: Schwankungsbereiche von Lagerungsdichten und Porenziffern (C-Gehalt bis 2 %) ......................................35 Tabelle 6: Übersicht zu Anwendungsbereichen und Regelwerken ..................................................................................84 Tabelle 7: Regelmächtigkeit der durchwurzelbaren Bodenschicht nach Vollzugshilfe.....................................................85 Tabelle 8: Zuordnungswerte für die Verwendung in bodenähnlichen Anwendungen - Feststoffgehalte..........................88 Tabelle 9: Vorgaben für Bodenbeschreibungen und -arbeiten und deren Anwendungsbereiche ....................................93 Tabelle 10: Bodenbeurteilung für eine Umlagerungseignung nach DIN 19731 ...............................................................95 Tabelle 11: Einstufung in Boden- und Felsklassen nach ATV DIN 18300 .......................................................................99 Tabelle 12: grundsätzliche Einsatzbereich von Maschinen ...........................................................................................108 Tabelle 13: Gegenüberstellung der Werte in unterschiedlichen Einheiten der verbalen Beurteilung des LANUV .........112 Tabelle 14: Benennung und Beschreibung von organischen Böden (Tabelle 2, ISO 14 688-1) ....................................123 Tabelle 15: Korngrößenfraktionen (DIN EN ISO 14688-1).............................................................................................124 Tabelle 16: Grundlagen von Bodenklassifizierungen (DIN EN ISO 14688-2) ................................................................125 Tabelle 17: Vom Wassergehalt an der Fließgrenze abhängige Einstufung von Tonen und Schluffen nach DIN 18196128 Tabelle 18: Konsistenz bindiger Böden (nach DIN 18122) ............................................................................................129 Tabelle 19: Bodeneigenschaften, Bezeichnung und Einheiten der Bodenkenngrößen (nach DIN 1080-6) ...................134 Tabelle 20: Überblick über Bau- und Bodenrelevante Normen (Literaturauswahl, Liste ergänzt)..................................136 Tabelle 21: Beispiele von Bodenschlusskoeffizienten (empirisch ermittelt) ...................................................................139 Tabelle 22: Bodenpressung verschiedener Geräte beispielhaft, div. Einheiten im Vergleich ........................................140 Tabelle 23: Vergleich der Maschinenleistung im Verhältnis zum Einsatzgewicht und zur Bodenpressung ...................141 Tabelle 24: Tragfähigkeit verschiedener Materialien in bar ...........................................................................................141 Tabelle 25: spezifische Bodendrücke für SKW und Dumper beispielhaft im Vergleich nach Werkangabe in bar..........142 Tabelle 26: Beispiele zu erwartender Gesamtrollwiderstände .......................................................................................143 Tabelle 27: Maximale Lagerhöhe in Erdzwischendepots...............................................................................................170 Tabelle 28: Max. Lagerhöhe in Erdzwischendepots ......................................................................................................171 202 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 9.4 Literaturverzeichnis 1 STAR, Karl et al.: Bodenkunde und Standortlehre. 1. Aufl. Stuttgart: UTB Ulmer, 2008 2 Beste, Andrea: Landwirtschaftlicher Bodenschutz in der Praxis, 1. Aufl. Berlin: Verlag Dr. Köster, 2005 3 AMTSBLATT DER EUROPÄISCHEN UNION VOM 31.1.2009: VERORDNUNG (EG) Nr. 73/2009 DES RATES vom 19. 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Auflage, Skript der Universität Koblenz-Landau im weiterbildenden Fernstudiengang angewandte Umweltwissenschaften, 2006 143 DEUTSCHER BUNDESTAG: Zwischenbericht der Enquete-Kommission Schutz des Menschen und der Umwelt, Bonn 1997 144 LUTZ VON ROSENSTIEL: Grundlagen der Organisationspsychologie, 4. Auflage, Stuttgart 2000 in KATHRIN RHEINLÄNDER, RALF ANTES, KAY FIEDLER: Umweltbewusstsein von Unternehmensmitgliedern. Skript der Universität Koblenz-Landau im weiterbildenden Fernstudiengang Angewandte Umweltwissenschaften, 2006 145 PETER-CHRISTOPH STORM IN BECK-TEXTE: Umweltrecht, München, Deutscher Taschenbuch Verlag 2007 146 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) 1990 207 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes 147 SCHWEIZ: BUNDESAMT FÜR UMWELT BAFU: Zehn Eckpunkte für den Bodenschutz der nächsten Jahrzehnte, 2007, http://www.bafu.admin.ch/boden/index.html?lang=de&download (Abruf: 05.06.2010) 148 CDU,CSU,FDP: Wachstum. Bildung. Zusammenhalt. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU,CSU und FDP, 17. Legislaturperiode http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf (Abruf: 22.08.2010) 149 KATHRIN RHEINLÄNDER, RALF ANTES, KAY FIEDLER: Umweltbewusstsein von Unternehmensmitgliedern. Skript der Universität Koblenz-Landau im weiterbildenden Fernstudiengang Angewandte Umweltwissenschaften, 2006 208 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Anhang 209 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Anhang 1: Weltkarte „Soil Production Index“ Quelle: Food and Agriculture Organization of the United Nations http://www.fao.org/geonetwork/srv/en/main.home; search for: “soil production index” 210 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Anhang 2: Typische Landböden Deutschlands 211 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Anhang 3: Böden in den Bodenregionen Deutschlands 212 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Anhang 4: Arbeitshilfe für die Bodenansprache, Datenblatt 213 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Anhang 5: Auszug aus Tabelle „Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke“ aus DIN 18196 (beispielhaft) 214 Bau und Boden – Grundlagen, Erfordernisse und Maßnahmen des Bodenschutzes Erklärung Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel und Quellen verwendet habe. Königswinter, den 25. September 2010 Mit der Weitergabe meiner Diplomarbeit durch die Universität Koblenz-Landau an Dritte (z.B. Bibliotheken, Behörden, Unternehmen, interessierten Privatpersonen) erkläre ich mich einverstanden. Königswinter, den 25. September 2010 215