titelthema Nur passiv ist zu wenig

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Deutschlandweit erste Modulbau-Kita als EnergiePlus-Gebäude in Dortmund
Nur passiv ist zu wenig
Nach inzwischen fünf mit ALHO erfolgreich realisierten Kitas hat das Wohnungsbauunternehmen DOGEWO21 am Dortmunder Phoenixsee nun eine Betreuungseinrichtung fertiggestellt,
die nicht nur mit kindgerechten, funktionalen Räumen von sich reden macht. Das zweigeschossige, in bewährter Qualität erstellte Gebäude für vier Kindergruppen ist ein sogenanntes
EnergiePlus-Gebäude, das – wie der Name schon verrät – mehr Energie erzeugt, als es selbst
verbraucht. Ein Novum in Dortmund und über die Stadtgrenzen hinaus.
D
er Architekt Andreas Haus aus
Herborn hat viel Erfahrung mit
dem Bau von Kindertagesstätten.
Allein für die DOGEWO21 hat er inzwischen neun Betreuungseinrichtungen
realisiert, fünf davon zusammen mit ALHO
in Modulbauweise. Doch die Realisierung
einer der neuesten Kitas der Wohnungsbaugesellschaft, am Nordufer des Phoenixsees in der Weingartenstraße gelegen,
war auch für den erfahrenen Planer
etwas Besonderes: Der zweigeschossige
Gebäuderiegel wurde als Energie-PlusHaus konzipiert, deckt seinen Verbrauch
für Heizung, Warmwasser und Hilfsenergie aus erneuerbaren Energien und soll
laut Vorgabe darüber hinaus mindestens
1.000 kWh/a erzeugten Ökostrom ins
Netz speisen.
EnergiePlus-Gebäude übertreffen jeden
bisherigen Energie-Standard, denn auch
Niedrigenergiehäuser verbrauchen, wie
Experten betonen, noch zu viel Energie, und selbst Passivhäuser emittieren
weiterhin schädliches CO2 in die Atmos-
phäre. „Die Kita in der Weingartenstraße
hat Pilotcharakter,“ sagt Andreas Haus
nicht ohne Stolz. „Sie ist wegweisend für
ganz Deutschland, da sie bundesweit als
erste Modulbau-Kita EnergiePlus-Standard
erreicht. Für mich als Architekten war das
eine spannende Herausforderung, der ich
mich gerne gestellt habe.“
Wegweisend für ganz
Deutschland
Dass ALHO Modulgebäude auf Passivhausniveau realisieren kann, ist seit dem
Neubau der LVR-Klinik in Düren bekannt.
Mit der neuen Kita setzt der Modulbauspezialist nun erneut ein Zeichen für
nachhaltige, energieeffiziente Architektur.
Im Mai 2014 begannen die Bauarbeiten für eine Klimaschutzsiedlung „An
den Mühlenteichen“ am Dortmunder
Phoenixsee. Im Rahmen der Kampagne
„100 EnergiePlus-Häuser für Dortmund“
entstehen dort 17 Wohnhäuser, die mehr
Energie produzieren als sie verbrauchen.
Auch Bestandsgebäude werden dort
energetisch aufgerüstet. Im Zentrum des
Wohngebiets steht die neue ModulbauKita, die selbstverständlich dieselben
energetischen Vorgaben erfüllt. Ziel ist
es, umweltverträgliches Bauen als einen
wichtigen Bestandteil einer nachhaltigen
Siedlungsentwicklung zu fördern. Die
Siedlung am Phoenixsee übertrifft die
Landesanforderungen an die Energieeffizienz sogar noch deutlich, da sie die
höheren Standards der Kampagne „100
EnergiePlus-Häuser für Dortmund“ einhält.
Jedes Haus dort erzeugt einen Endenergieüberschuss von mindestens 1.000
kWh pro Jahr.
Architekt Haus hatte die nicht ganz
leichte Aufgabe, seinen Baukörper in ein
Areal bestehend aus Neubauten und Bestandsgebäude zu integrieren. So gab der
Bebauungsplan strenge Baugrenzen vor,
innerhalb derer sich der Architekt mit der
Konzeption seines Modul-Neubaus mit
1.089 Quadratmeter Bruttogrundfläche
bewegen durfte. Außerdem lag eine An-
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bauverpflichtung an ein dreigeschossiges
Wohngebäude vor. „Sowohl städtebaulich als auch energetisch eine optimale
Lösung bezogen auf Gebäudekubatur,
Gebäudeausrichtung und Angliederung
an die Freiflächen zu finden, war hier
nicht ganz einfach,“ erklärt Andreas Haus,
„Viele unterschiedliche Aspekte mussten
bedacht werden. Unser Entwurf hat den
Gestaltungsbeirat der Stadt Dortmund
jedoch sogleich überzeugt, sodass ALHO
unverzüglich mit der Modulbau-Planung
beginnen konnte.“ 27 Raummodule
wurden in der Raumfabrik individuell
vorgefertigt und in nur vier Tagen vor Ort
zu einem rund 36 Meter langen, 26 Meter breiten und 7 Meter hohen Neubau
montiert.
Klarer Grundriss,
kommunikative Fassade
Die von der Caritas als MontessoriKinderhaus geführte Kindertagesstätte ist
als zweigeschossiges Gebäude angelegt
und bietet vier Kindergartengruppen mit
insgesamt 75 Kindern – 16 davon in
der U3-Betreuung – ausreichend Platz
zum kreativen Spielen und Lernen. Die
Gebäudekubatur ist kompakt gestaltet
und erreicht im Verhältnis zwischen
Außenhülle und Volumen den günstigen
Wert von 0,45 m-1. Auch im Innern ist
der Neubau klar gegliedert und bietet auf
übersichtlichem Grundriss kindgerechte
Orientierung und diverse Blickbezüge
nach draußen.
Im Norden ist die Erschließungs- und
Verwaltungszone angeordnet, im Kernbereich liegt die Flurzone mit Garderobe, Sanitärbereichen und Technik, nach Süden
hin orientieren sich die Gruppenräume
und die zugehörigen Nebenräumen – auf
jeder Etage je zwei Gruppenräume. Im EG
mündet der Flur auf der Ostseite in das
Büro der Einrichtungsleitung und im Westen in einen 55 Quadratmeter großen
Mehrzweckraum der direkte Anbindung
an die Gartenfreifläche hat. Die Versorgungsspange schiebt sich ebenerdig
teilweise aus der Gebäudeflucht heraus.
Mit ihrem extensiv begrüntem Flachdach
und der Holzverschalung hebt sie sich
von den hellen Putzflächen des HauptBaukörpers ab. Auch findet die Lärchenholzverkleidung eine Wiederholung an
den Brüstungen der Gruppenraumloggien
im OG. Die Eingangsfront ist als Rahmenfassade gestaltet und wirkt wie ein
großes Tor, das jeden Morgen die Kinder
begrüßt. „Diese Idee ist dominierendes
Gestaltungselement“, erklärt der Architekt. „Eine behütende, einladende Geste,
die den Charakter des gesamten Hauses
als einen freundlichen Ort symbolisieren
soll, der jeden Tag die Kinder aufs Neue
Willkommen heißt.“
Die Lage des Flurs, der als Verkehrs- aber
auch als Spiel- und Aufenthaltsfläche
zentrale Doppelfunktion besitzt, lässt sich
an der Fassade durch ein die Etagen übergreifendes vertikales Fensterband ablesen. Während die Nordseite – energetisch
sinnvoll – eher geschlossen ist und nur
kleine Fensteröffnungen aufweist, wendet
sich die Südseite mit großen Glasflächen
in Pfosten-Riegel- Konstruktion der Sonne
zu. Diese fangen viel Tageslicht ein
und schaffen eine lichtdurchflutete und
freundliche Atmosphäre in den Gruppenräumen. Bei flachem Sonnenstand im
Winter sind effektive solare Energiegewinne möglich, im Sommer sorgen große
Dachüberstände für baulichen Sonnenschutz und angenehme Verschattung,
Dachbegrünung für ein angenehmes
Mikroklima.
Definiertes Ziel:
Deutlicher
Energiegewinn
Das Konzept für das EnergiePlus-Haus
erstellte ALHO in Zusammenarbeit mit
Die erste Modulbau-Kita, die als EnergiePlus-Gebäude ausgeführt ist: Die Kita des Wohnungsbauunternehmens DOGEWO21 am Dortmunder
Phoenixsee.
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dem Ingenieurbüro für Wärme- und
Energietechnik Wortmann & Scheerer in
Bochum. „Zunächst galt es eine Energiebilanz für das Kita-Gebäude aufzustellen,
um dann errechnen zu können, wie viel
Energie wir produzieren müssen, um die
Vorgaben zu erreichen“, erläutert Klaus
Wember, Geschäftsführer bei Wortmann
& Scheerer und für das Energiekonzept
verantwortlich. „Dabei gingen wir davon
aus, dass die Kita von insgesamt 100 Personen – Kindern, Betreuern und Hilfskräften – an fünf Tagen die Woche jeweils 11
Stunden lang genutzt wird.“
Die wesentlichen Einflussfaktoren für die
Energiebilanz sind die Wärmedämmung,
der Lüftungswärmebedarf, der Warmwasserbedarf, sowie der Energiebedarf
der ausgewählten Pumpen und Lüftungsgeräte. Die Modulbauweise erreicht mit
ihrer hocheffizienten Dämmung aller
Bauteile in fast allen Bereichen passivhaustaugliche Werte, was sich bereits
grundlegend positiv auf den Energiebedarf im Gebäude auswirkt. „Beim Lüftungskonzept gingen wir in den Gruppenräumen und Gruppennebenräumen von
einem möglichst geringen Luftwechsel
bei ausreichender Luftqualität aus und
legten die Luftmenge pro Person auf
mindestens 15 m³/h fest“, so Wember
weiter. „Höhere Luftmengen hätten einen
höheren Energiebedarf der Anlage bedeutet, und sie führen zudem zu trockener
Luft im Winter.
Eine weitere Energieeinsparung für die
Lüftung wird durch CO2-gesteuerte Luftmengen erreicht, die bei nicht belegten
Räumen die Luftmenge reduzieren. Die
Fenster des Gebäudes sind trotz der
mechanischen Lüftung zu öffnen. Es ist
also eine zusätzliche natürliche Belüftung
durch die Fenster im Sommer jederzeit
möglich“. Darüber hinaus sieht das
Konzept eine Wärmerückgewinnung
durch die Lüftungsanlage von 80 Prozent
vor und Geräte mit geringem Stromverbrauch. Jeder Raum der Kita wird durch
die Belüftungsanlage mit Zu- und Abluft
versorgt. Die Temperaturregelung über
die Lüftungsanlage und Heizung erfolgt
im Gebäude automatisch.
Als zentrale Wärmeerzeugung für Fußbodenheizung und Warmwasserbereitung
dient eine Sole-Wasser-Wärmepumpe.
Für die Installation der dafür nötigen
Erdsonden, waren auf dem Gelände fünf
122 Meter tiefe Erdreichbohrungen
notwendig. „Um den Warmwasserbedarf
zu ermitteln, konnten wir weder auf standardisierte DIN- noch auf real gemessene
Werte aus anderen DOGEWO Kitas
zurückgreifen. Der Bedarfswert wurde auf
8 Liter pro Person und Tag festgelegt“,
erläutert Klaus Wember die Berechnungsgrundlage. Fußbodenheizung und Warm-
In der Außenansicht besticht die neue Kita durch ihr freundlich-modernes Design.
Bildnachweis (alle Bilder): ALHO
wasserbereitung werden über dezentrale
„Wohnungsstationen“ eingebunden.
Eine optionale elektrische Nachheizung
sorgt, wenn gewünscht, für höhere
Wassertemperaturen, beispielsweise in
der Kita-Küche. Das Verteilnetz mit ca.
45 °C Vorlauftemperatur reicht jedoch in
der Regel für die Warmwasserbereitung
aus, zumal gerade in einer Kita die Warmwassertemperaturen niedrig zu halten
sind, um Verletzungen durch Verbrühen
bei den Kindern vorzubeugen.
Modulbau: Fit für
EnergiePlus
Energetisch kommen beim Modulbau die
positiven Eigenschaften der eingesetzten
Leichtbaukonstruktionen zum Tragen,
die bei schlanken Bauteilquerschnitten
hoch wärmedämmende Konstruktionen
ermöglichen. Die Kindertagesstätte weist
Dämmstärken mit bis zu 28 Zentimetern
auf. Der U-Wert der dreifach-verglasten
Fenster beträgt 0,60 W/(m2K) für die
Scheiben und 1,30 W/(m2K) für die
Rahmen. Selbstverständlich werden im
Modulbau alle Anforderungen der jeweils
gültigen Energieeinsparverordnung
(EnEV) erfüllt, durch die Kopplung mit
regenerativen Systemen wie Photovoltaik
oder Erdwärme kann jedoch ein Jahresprimärenergiebedarf deutlich unterhalb des
Passivhausniveaus bis hin zum EnergiePlus-Haus erreicht werden, wie die Kita
in der Weingartenstraße eindrucksvoll
beweist. Das gelegentlich angeführte Pro-
blem der hohen Wärmeleitfähigkeit der
tragenden Stahlkonstruktion wird durch
Überdämmung des Stahlrahmens soweit
minimiert, dass der im Außenwandquerschnitt liegende Stahl keine relevante
Wärmebrücke mehr darstellt. In diesem
Zusammenhang gilt es zu beachten, dass
die Berechnung des U-Wertes nach der
für den Modulbau gültigen Norm DIN
EN ISO 10211 unter Berücksichtigung
der Wärmebrücken zu führen ist, da die
Berechnung nach DIN EN ISO 6946 für
Gebäude in Stahlmodulbauweise per
Definition nicht zulässig ist.
Um die projektierten Energiebedarfswerte
für die Beheizung, die Warmwasserbereitung und die Lüftungstechnik verifizieren
zu können, wurde im Gebäude eine
umfangreiche Messtechnik installiert. Von
besonderem Interesse dürfte hier sein, in
welchem Umfang die CO2-Steuerung der
Lüftungsanlage zu einer Energieeinsparung beitragen kann. Zur Energiegewinnung dient eine 228 Quadratmeter große
Photovoltaikanlage, die sich – mit Ausnahme der Durchgangswege zur Wartung
und des Dachaufbaus für Technikelemente verschatteten Bereiche – über das
gesamte Dach der Kita erstreckt. „Der
Jahresertrag der Photovoltaikanlage liegt
bei etwa 30.940 kWh. Stellt man diesem
Wert den Energiebedarf von insgesamt
26.941 kWh/a gegenüber, ergibt sich
ein Überschuss von fast 4.000 kWh/a
– und somit haben wir die Vorgaben der
Kampagne '100 EnergiePlus-Häuser für
Dortmund' sogar noch übertroffen“, fasst
Wember zusammen.
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