47.49.50.Architektur in FL

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Architektur in Liechtenstein
JPatchworkstruktur,
Schräge, zwei Farbtöne:
So vielseitig präsentiert
sich die Fassade.
UND PLÖTZLICH
WAR ALLES SCHRÄG
Ein unkonventioneller Bau in Ruggell
ADer Eingangsbereich zeigt deutlich,
wie der Betonkubus
das Wohngebäude
durchdringt.
Doris Kobler und Roland Walser wollten kein 08/15-Häuschen.
Deshalb steht jetzt eingangs Ruggell ein Gebäude, das mit
kräftigem Orange und schrägen Kanten die Blicke auf sich zieht.
VON TAMARA FROMMELT (TEXT) UND DANIEL SCHWENDENER (BILDER)
ch wusste schon von klein auf, dass
ich kein normales Haus möchte, wie
jedes Kind es zeichnet», erzählt Doris Kobler. Zu wissen, was sie will, vor
allem aber auch zu wissen, was sie nicht
will, das fand die Gamprinerin wichtig,
als sie ihren Traum vom Haus auf dem
Grundstück ihrer Mutter in Ruggell in
die Realität umzusetzen begann. Der
Prozess, während dessen die Ideen für
das Gebäude reiften, dauerte von August 2007 bis Mai 2008, dem Baubeginn. Im Juni 2009 zog das Paar ein.
«bauen+wohnen» besuchte die beiden
I
sechs Wochen später. Wer nach Ruggell
fährt, entdeckt das Haus an der linken
Strassenseite schon bald. Der neuzeitliche Bau mit seiner orangebraunen
Metallgeflechtfassade und die den Kubus durchdringende Garage aus hydrophobiertem Sichtbeton fällt auf. Einzelne Glasbausteine erzeugen im Garagenkubus eine Spannung und bringen
Licht in den Garagentrakt. Auf drei Seiten besteht die Fassade aus einbrennlackiertem Strickmetall mit durchscheinender anthrazitfarbener Stamisol-Folie. Die Metallgeflechte wurden in einer
Patchwork-Struktur montiert. Deren
Farbe verändert sich je nach Sonneneinstrahlung. «Gegen Norden ist die Fassade, bestehend aus einem anthrazitfarbenen Sinusblech, welches das Konzept
abrundet, energetisch geschlossen und
dient als Witterungs-Schutzwand», erklärt Architekt Patrick Indra.
Innen wiederholen sich einige Elemente der Fassade: Der Beton bei den
Wänden im Treppenbereich, das Orange
in der Küche und an einer weiteren
Wand im Obergeschoss sowie diverse
schräge Elemente.
bauen+wohnen 4/09
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Architektur in Liechtenstein
JJZwei Kuben greifen ineinander:
Das braun-orange Wohn- und das
Garagengebäude aus Sichtbeton.
J«Splitlevel» nennt der Architekt die
verschiedenen Raumhöhen. Hier
sichtbar durch die Treppe, welche
das höher gelegene Wohnzimmer mit
dem Ess- und Kochbereich verbindet.
Interessant: Die mit Glühbirnen
ausgeleuchteten Einlässe in der
Betonwand.
1
GDie Balkenleuchte wirkt wie ein
Kunstwerk an der einzelnen, orange
gestrichenen Wand im Obergeschoss.
Geschützter Innenhof
Im Entree befindet sich rechterhand die
praktischerweise durch eine Schiebetüre abgetrennte Garderobe. So bleibt
der Eingangsbereich frei von Schuhen,
Mänteln und Jacken etc. Nebenan befindet sich eine separate Toilette. Die limefarbenen Wandfliesen sorgen für einen
Frischeeffekt.Vom Vorraum kommt man
direkt ins grosszügige Esszimmer und
nimmt gleich das satte Grün von draussen wahr. Zwei grosszügige Fenster geben den Blick frei auf die Terrasse und
den Rasen. Geschützt durch die Garage
ist hier ein kleiner Innenhof mit Sitzplatz entstanden, überdacht vom Obergeschoss. Dank dieser Auskragung
konnte die Bauherrschaft auf Sonnenstoren verzichten. Nur ein Spazierweg
führt an der Terrasse vorbei ins Riet.
Weitere Häuser dürfen in dieser Zone
nicht mehr gebaut werden, weshalb das
Grundstück offen wirkt. Ein Bambus«Kasten» mit der Breite des Gebäudes
erweitert den Raum nach aussen und
schützt – Richtung Feldweg ausgerichtet
– hier wie auch vor dem Küchenfenster,
vor Einblicken. Die eingeschossige Garage schirmt den Sitzplatz zudem vom
Lärm der Hauptstrasse ab und sorgt für
zusätzlichen Sichtschutz. Es ist ruhig,
man wähnt sich in einer Naturoase. Einziger Wermutstropfen: Roland Walser
bezeichnet die Lage des Grundstücks als
«Flugschneise für Insekten», was sich an
den Fenstern immer wieder bemerkbar
mache.
«Ein Kracher»
Ein orangefarbener Block bildet das
Zentrum der Küche. «Ein Kracher», wie
Doris Kobler sagt. Hier wird zubereitet,
gekocht und abgespült. Parallel dazu
verschwindet, in Weiss gehalten, der
Stauraum in Form von
raumhohen
Einbauschränken, die auch als
Raumtrenner
zwischen Vorraum und
Küche fungieren. Am
breiten Ende des Küchenblocks
befindet
sich keine weitere
Wand, sondern ein raumhohes Fenster.
Die Schiebevorhänge können bei Bedarf zugezogen werden. In die Küche
gelangt man übrigens auch direkt aus
der Garage über eine Speisekammer.
Diese dient als Temperaturpufferzone
und erlaubt es, einen Teil der Einkäufe
bereits hier bequem zu verstauen.
Etwas weniger Platz als Esszimmer
und Küche sprach das Paar dem Wohnzimmer zu, das mit einer Schiebetüre
verschlossen werden kann. Es ist weniger für Gäste gedacht als für einen gemütlichen Fernsehabend zu zweit. Dennoch sorgt auch hier das wandhohe Fen-
ster inklusive Sitzbank für den perfekten Ausblick ins Grüne. «Alle Fenster erscheinen wie Landschaftsbilder, die sich
jeden Tag aufs Neue verändern», so Patrick Indra.
Über eine Treppe gelangt man in die
obere Etage mit Gästezimmer und -bad,
Waschküche, Schlaf-, Badezimmer und
Büro. Die Zimmer sind linear angeordnet, die gegenüberliegende Wand ist
zum Teil in Orange gehalten. Eine Balkenleuchte ist
wie ein Kunstwerk schräg
an dieser Wand befestigt
und sorgt für effektvolles
Licht. Das Orange spiegelt
sich an Wand und Decke
wider. «Das Frontfenster
lässt den Flur gewollt endlos erscheinen. Durch die Schrägstellung des Fensters scheint man in die
Umgebung zu schweben», so Patrick
Indra.
Sichtbarer Splitlevel
In die Treppenwand, die aus deckend lasiertem Sichtbeton besteht, sind rechteckige Löcher eingelassen. Puristisch
erscheinende «Glühbirnen, wie sie Edison erschuf», so Indra, sorgen in jeder
Aussparung für gedämpftes Licht.
Das Herz der oberen Etage ist das Badezimmer. Zwar unterscheidet es sich in
der Ausstattung nicht von herkömm-
JJZwei grosszügige
Fenster geben im
Essbereich den Blick
frei auf die Terrasse
und den Rasen.
Auf dem Tisch ist das
Modell des Hauses
zu sehen.
JEin «Kracher»:
Der orangefarbene
Küchenblock.
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ein Tag im Leben
von ...
Architektur
in Liechtenstein
«ALLE FENSTER ERSCHEINEN WIE LANDSCHAFTSBILDER,
DIE SICH JEDEN TAG AUFS NEUE VERÄNDERN.»
Aussichtsreich ist auch das Wohnzimmer. Schön zu sehen, ist zudem der dunkelbraune Korkboden.*
lichen Badezimmern, doch die aussergewöhnliche Raumhöhe von über 2,60
Metern, das Dachfenster und eine
Treppe, die den Nassbereich mit den
Lavabos und der Toilette verbindet, verwandeln das Badezimmer in einen Wellnessbereich, in dem man gerne verweilt.
Der Splitlevel, also die verschiedenen
Ebenen des Raumes, wird auch hier
sichtbar. Die Dusche scheint durch die
schmalen, vertikal gewählten Fliesen
gegen oben ins Endlose zu laufen. Sie
wird mit einer Regenbrause komplettiert. Der ganze Raum ist lichtdurchflutet und verfügt über einen praktischen
Wäschedurchwurf in den Wirtschaftsraum.
Offener Nischenbereich
Das Badezimmer ist zum einen durch
den Vorraum erschliessbar, zum anderen
auch durch das Schlafzimmer – über die
Ankleide, in der sich die raumhohen
Kleiderschränke befinden. Im Schlafzimmer hat man Zugang zu einem grosszügigen Westbalkon. Das Büro befindet
sich neben dem Schlafzimmer in einem
offenen Nischenbereich und ist somit
kein abgetrennter Raum. Einbauschränke verstärken den Nischencharakter. Ein leichtes Hellgrün kontrastiert
zum ansonsten dominanten Orange.
Bis auf Bad und Waschküche zieht sich
durch das ganze Haus ein dunkelbrau-
ner Korkboden im quadratischen Format. Da die Bewohner gerne barfuss gehen, sahen sie im angenehm temperierten Kork einen idealen Bodenbelag. Patrick Indra: «Dadurch, dass die Fugen
kaum sichtbar sind, hat er einen durchgehenden, monolithischen Charakter.»
Was die Möbel betreffe, sei zu diesem
Boden zudem alles kombinierbar.
Die Bauherrschaft wollte ihr Traumhaus im Minergie-Standard erstellen. So
verfügt das Gebäude über eine optimale
Dämmung, eine kontrollierte Wohnraum-Lüftung sowie eine Luft-WasserWärmepumpe. Das Ganze wurde mit
Fotovoltaik-Zellen auf dem Dach abgerundet, welche den gewonnenen Strom
direkt ins Netz speisen. Eine Dachbegrünung wirkt sich klimatisch vorteilhaft aus und verfolgt einen ökologischen Gedanken: «Die Grünfläche, die
durch den Bau genommen wurde, wird
auf dem Dach wieder zurückgegeben»,
so Patrick Indra.
«Nichts Gewöhnliches»
«Wir sind durchs ganze Land gefahren,
haben Fotos gemacht und uns nach den
Architekten erkundigt, deren Bauten
uns gefielen», erklärt Doris Kobler. Mit
ihren Wünschen wurde das Paar dann im
Architekturbüro Indra + Partner Est.
vorstellig. Nichts Gewöhnliches, das war
klar – eine L-Form könnten sie sich vor*Loewe TV-Installation von Kind Vision, Bendern
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stellen. So konnte das Grundstück, abgesehen vom Sitzplatzteil, in alle Richtungen voll ausgenutzt werden. «Wir
haben überall bis an die Grenze gebaut», so Kobler. Das Modell, das der
Architekt entworfen hat, steht noch auf
dem Esstisch.
Die letzte Version war das Ergebnis
eines gemeinsamen Herantastens, da
laut Patrick Indra zwar viele von etwas
Ausgefallenem reden, später aber eine
Neutralisierung wünschen. Bei Doris
Kobler war das anders. «Mir gefiel der
erste Vorschlag, aber ich sagte, es dürfe
ruhig ungewöhnlicher sein.» Der Architekt nahm ein paar Änderungen vor
«und plötzlich war alles schräg», erinnert sich Doris Kobler und lacht. Im
Falle des Kubus, in dem sich die Garage
und die Heizung befinden, entpuppte
sich dies gar als signifikanter Platzgewinn für den Sitzplatz. „
DDer Grundriss des
Erdgeschosses. Hier wird
die aussergewöhnliche
Form des Gebäudekomplexes, die sich durch die
beiden Kuben ergibt,
sichtbar.
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