20 | Baudokumentation Speisen im Grünen Elegant fügt sich der Holzpavillon der Schulmensa des Königin-Charlotte-Gymnasiums in Stuttgart der Architekten Gergs+Blum+Schempp mit seiner rauen Douglasienschalung in die umliegende Baumwiese ein. Fotos: Achim Birnbaum BAUDOKUMENTATION Die längt zu klein gewordene Schulküche des Königin-Charlotte-Gymnasiums in Stuttgart hat mit dem Neubau der Schulmensa wieder genügend Platz, damit die hungrigen Mäuler gestopft werden können. Der hölzerne Pavillon integriert sich gut in den schuleigenen Garten und wird von den Schülern auch außerhalb der Schulzeit gern genutzt. von Hanna Geisswinkler W ürde dieser Holzpavillon nicht auf einem Schulgelände, sondern in einer öffentlichen Parkanlage stehen, könnte seine Funktion durchaus vielfältiger Natur sein: ein Veranstaltungspavillon zum Beispiel. Weit gefehlt, in diesem Gebäude speisen künftig die Schüler und Schülerinnen des Stuttgarter Königin-Charlotte-Gymnasiums. Die grüne Lage des Pavillons inmitten einer Baumwiese erfreut aber nicht nur die Kinder, sondern ist auch ganz im Sinne der Schulleitung, die die bisher brachliegende Parkanlage wiederbelebt wissen wollte. Die Positionierung in der Nähe des Haupteingangs des Schulzentrums erweist sich zudem als äußerst günstig für eine effiziente Warenanlieferung. Ebenfalls kann der Pavillon außerhalb der üblichen Unterrichtszeiten bei Abendveranstaltungen auf direktem Weg erschlossen werden, ohne dass das Schulgelände überquert werden muss. MITTAGESSEN MIT AUSSICHT Mit der ansprechenden Ausführung der Schulmensa gelingt dem Stuttgarter Architektentrio Siegfried Gergs, Hans Jörg Blum und Marcus Schempp, das für den Bau der Schulmensa verantwortlich zeichnet, die notwendige Auffrischung des in den Siebzigerjahren erbauten Schulgebäudes in Stahlbetonbauweise. Aus architektonischer Sicht komplettiert der Pavillon das Gebäudeensemble und schirmt den Park im Norden gegen die Straße ab. Über eine L-förmige gepflasterte Veranda öffnet sich das Gebäude Richtung Park und bildet einen Übergangsbereich zum Speisesaal. Teile der Veranda sowie der Großteil der Glasflächen, die den Blick vom Speisesaal in den Grünraum freigeben, werden von einem bis zu vier Meter frei auskragenden Dach bedeckt. Das Vordach schützt auf diese Weise vor sommerlicher Überhitzung und ermöglicht bei nasser Witterung den Aufenthalt an der frischen Luft. So sehr sich der Speisesaal Richtung Park mit bodentiefen Holz-Alu-Glasflächen öffnet, verschließt sich das Gebäude weitgehend nach Nordwesten. Hier sind die Schulküche mit allen notwendigen Nebenräumen, Sanitäranlagen sowie die Zufahrt für die Anlieferung untergebracht. Im Übrigen werden die Kinder von ehrenamtlichen „Kochmüttern und Kochvätern“ verköstigt. Dieses Modell besteht seit 1992 und hat sich von ursprünglich 30 geplanten Mittagstellern, die damals noch in der alten Schulküche kredenzt wurden, auf eine Ausgabe von 250 bis 300 Mahlzeiten pro Tag gesteigert. Die neue Schulmensa bietet mit ihrer Nutzfläche von 343 Quadratmeter die ideale Infrastruktur für solche Dimensionen, zumal die zusätzliche Versorgung der benachbarten Riedseeschule ebenfalls angedacht ist. Es waren übrigens auch die Kocheltern, die sich mit der Bitte um Unterstützung an das Architekturbüro gewandt haben, als die Kapazität der alten Schulküche einfach nicht mehr ausreichte. AUF HOLZ GEBAUT Der Kiefernhain auf der Nordseite und die extra angepflanzten Obstbäume, die künftig von den Kindern gepflegt werden sollen, waren unter anderem maßgebliche Faktoren für die Entscheidung der Architekten, das Gebäude in Holz auszuführen. „Ebenfalls war es uns wichtig, den Schülern das Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen näherzubringen“, erklärt Architekt Siegfried Gergs, der bei der Auswahl der Materialien grundsätzlich nachwachsende, natürliche Baustoffe bevorzugt. Brettsperrholzbinder und lastabtragende Stützen bilden die tragende Skelettkonstruktion mit einem Knoten-Stütze-Dachtragwerk. Dazwischen befinden sich an den beiden verschlossenen Seiten des Pavillons aussteifende Rahmenelemente aus Dreischichtplatten. Für die innere Verkleidung wie auch für die Fassade kam Douglasienholz zum Einsatz. Eine Schutzschicht aus Hartwachsöl bringt die Maserung des rötlichen Douglasienholzes zur Geltung. Die Fassade besteht aus vorgefertigten 120 Zentimeter breiten Elementen. Außen wird sie von einer gut hinterlüfteten, vertikalen Douglasienschalung geschützt, die als Kontrast zur glatten Glasoberfläche in ihrer Struktur variiert. Die unterschiedlich tiefen Schalungsbretter verleihen der Fassade eine gewisse Rauigkeit und sorgen für eine spontane Unregelmäßigkeit. „Ursprünglich waren Bretter mit Schwarten – unentrindete, sehr rustikal wirkende Hölzer – geplant. Von dieser Idee war die Schulleitung weniger begeistert“, meint Gergs. Gemeinsam mit Hansjörg Blum führt er seit 2000 das Architekturbüro in Stuttgart. Marcus Schempp ist 2008 in die Bürogemeinschaft eingetreten. Abgesehen von einem kleinen Dachüberstand aus Blech, ist die Fassade vollständig der Witterung ausgesetzt. Die dadurch BAUEN Baudokumentation | 18. März 2013 In angenehmer Atmosphäre mit Blick in den Park schmeckt es den Schülern und Schülerinnen des Königin-Charlotte-Gymnasiums gleich noch besser. Wenn es an der Zeit ist, 250 bis 300 Mittagessen auszugeben, öffnet sich diese elegante, mit Douglasienholz verkleidete Essensausgabe zwischen Speisesaal und Küche. schon eingetretene, vorprogrammierte Vergrauung ist beabsichtigt. Die Besonderheit der Fassade oder „eine Spezialität des Architekturbüros“, wie es Gergs formuliert, ist die verdeckte Befestigung der Fassadenelemente, die das Einhängen in eine spezielle Vorhängekonstruktion möglich macht. Keine Schrauben oder Nägel sind an der Außenseite sichtbar. sind unter der Bodenplatte versteckt. Und zu guter Letzt noch ein Zuckerl, das den Architekten gelungen ist: Trotz großzügiger Verglasung Richtung Park wurde der vom Amt für Umweltschutz vorgeschriebene Glasanteil an der Fassade von 35 Prozent nicht überschritten. ALLES WIESE Die Parkwiese setzt sich auf zweierlei Arten im und am Gebäude fort. Zum einen soll der grüne Linoleumboden die Wiese in den Innenraum weiterführen. Gergs scherzt, „dass Architekten mit ihren Beschreibungen hier oft übertreiben“, und sieht die Farbwahl Grün dann doch „eher in Anlehnung an junge Buchenblätter“. Zum anderen findet sich das Grün auf dem extensiv begrünten Dach mit innenliegender Dachentwässerung wieder. Die ursprünglich vorgesehene Installation von Solarkollektoren wurde vor allem aufgrund der hohen Bäume im Süden wieder verworfen. Dafür konnte die Schulmensa an die neuinstallierte Holzpelletsheizung der Schule angeschlossen werden. Natürliche Querlüftung im Speisesaal ist durch einen horizontalen Fensterschlitz auf der Nordwestseite möglich. Einzig in der Küche wird mechanisch entlüftet. Zudem ist die vorgeschriebene Senkung der Nachhallzeit im Speisesaal mit gelochten Platten an der abgehängten Decke sichergestellt. Alle Hausanschlüsse Schnitt Projektdaten Sigmaringer Straße 85, Stuttgart Bauherr Architekt Baumeister Statik KS Erdbau, Rohbau Landeshauptstadt Stuttgart, Schulverwaltungsamt, Stuttgart Gergs-Blum-Schempp, Stuttgart Karl Wildermuth GmbH & Co. KG, Bietigheim-Bissingen Gauger und Partner, Filderstadt Fenster Karl Wildermuth GmbH & Co. KG, Bietigheim-Bissingen Holzbau Moser KG, Salach Thomas Hasselwander GmbH, Stuttgart Haustechnik Wörner GmbH, Stuttgart-Möhringen M. Tittel GmbH & Co., Stuttgart Baubeginn Bauende Juli 2011 Juni 2012 Holzbau Schreinerarbeiten HKLS Grundriss Das erste Fenster für flache Dächer. 1 2-Scheiben Verglasung 2 Kuppel QFenster plus Lichtkuppel QDurchsturzsicher 2 QAusgezeichnete Schallund Wärmedämmung 1 QFernbedienung, Regensensor und Sonnenschutz Q4 Varianten: Fix, Öffenbar, Brandrauchentlüftung Jetzt neu: Dachausstieg U = 0,72 W/(m2K) vgl. EN 1873 Innovationspreis für energieeffiziente Produktneuheiten bis Durchsturzsicher 37 db vgl. ÖNORM B3417:2010 für CXP Mehr unter: www.velux.at/flachdachfenster 21