Beauftragte für Umwelt, Klimaschutz und Energie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg Impulsreferat 11.-13. Oktober 2013 Zur Tagung des INEP Institutes in Kooperation mit dem ver.di Bildungs- und Tagungszentrum Walsrode, der ver.di GewerkschaftsPolitische Bildung gGmbH und der Hans-Böckler Stiftung Erwartungen, Ziele, Optionen zur sozialen Gestaltung der Energiewende Im Rahmen des Transformationskongresses vom Juni 2012 ist bereits deutlich geworden, dass die Energiewende ein Teil einer gesamtgesellschaftlichen Veränderungsprozesses ist. Es geht nicht nur um die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energieträger, sondern um den Abschied vom Überfluss im Umgang mit den Ressourcen unserer Erde. Darum möchte ich, bevor ich auf die Erwartungen, Ziele und Optionen für eine SOZIALE Energiewende nach einem Jahr des Transformationsprozesses eingehe kurz ausholen: Mit Begriffen wie soziale Marktwirtschaft, Sozialwissenschaften, soziale Sicherungssysteme verbinden wir alle hier im Saal verschiedenste Werte, unterschiedliche moralische, sozialethische Vorstellungen entstehen, die den Wortanteil SOZIAL definieren. Die Zuordnung der zahlreichen SOZIALEN Komponente wird so vielfältig sein, wie die Form der Kieselsteine - 1 -Seite 1 von 8 Beauftragte für Umwelt, Klimaschutz und Energie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg in einem Bachlauf. Deutlicher wird dies noch, wenn ich jetzt die Begriffe CSU für Christlich Soziale Union und SPD die Sozialdemokratische Partei Deutschland hier nenne. Sie werden sehr schnell erkennen, dass sozial eben nicht gleich sozial ist. Schon hieran erkennen wir, dass es nicht DIE Erwartungen, DAS Ziel oder DIE Option für eine SOZIALE Energiewende geben kann. Was nun können wir als Kirche beitragen, um die Energiewende zu einer Erfolgsgeschichte werden zu lassen und wie könnte unser Beitrag aussehen, um diese Erfolgsgeschichte auch sozial, also von der Gemeinschaft getragen und dem Allgemeinwohl dienend, zu gestalten. Ein kurzer Blick auf unseren Aktionsradius verdeutlicht unsere OPTIONEN: Als zivilgesellschaftlicher Akteur wird der Einrichtung Kirche, den Kirchengemeinden und den kirchlichen Einrichtungen ein hohes Maß an gesellschaftlicher Gestaltung zugesprochen, denn es sind in der hannoverschen und der oldenburger Kirche 3,3 Mio. Christen und Christinnen organisiert. Allein in der oldenburger Kirche gibt es nahezu 1000 Kirchen, Gemeindehäuser und Pfarrhäuser, die mit Strom und Wärme versorgt werden müssen. Eine Abkehr von der Nutzung fossiler Brennstoffe zu Verwendung von erneuerbaren Energiequellen für die Strom und Wärmeversorgung ist ein erster konkreter Schritt und die ganz praktische Seite der Wende (Richtungswechsel). Die Kirche in Oldenburg hat z.B. einen Rahmenvertrag mit einem überregionalen Stromlieferanten für eine Laufzeit von 2 Jahren abgeschlossen, der ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen liefert und fast 98% der KG und kirchlichen Einrichtungen versorgt, obwohl regionale Stromlieferanten eine - 2 -Seite 2 von 8 Beauftragte für Umwelt, Klimaschutz und Energie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg bedeutende Rolle im gesellschaftlichen Kontext spielen. Regionale Stromversorger stellen Arbeitsplätze zur Verfügung, unterstützen finanziell Sportvereine oder kulturelle Einrichtungen, treten also als Arbeitgeber und Förderer auf – ein in unserem gesellschaftlichen Zusammenwirken bedeutender Beitrag dem Allgemeinwohl zu dienen und Gemeinschaft zu unterstützen – also auch sozial zu agieren – und dennoch bieten wir als Kirche hier einen anderen Weg an, der einen Beitrag zur Energiewende leistet. – Sie erkennen schon das Spannungsgefüge, welches sich auftut, wenn wir aktuell gelebte soziale Zusammenhänge neuen sozialen Anforderungen gegenüberstellen. Es wird für den Einzelnen schwierig, sich auf den Weg zu machen, die neuen Zielrichtungen anzunehmen, denn das bewährte gesellschaftliche Gefüge mit seinen sozialen Grundelementen Stabilität und Auskömmlichkeit im Alltag gesichert hat – was können wir als kirchlicher Akteur also tun, um diesem Spannungsfeld zu begegnen? 1. Dialoge organisieren, 2. Dialoge organisieren und 3., sie ahnen es schon, Dialoge organisieren…. Menschen an erforderliche Veränderungen heranzuführen, sie zu motivieren, sich den neuen Herausforderungen zu stellen, ihre Sorgen und Zukunftsängste ernst nehmen und die Unsicherheiten offenlegen ist ein offensiver Vorgang, und bedarf der Zeit und der stetigen Wiederholungen und Begleitungen. – Ihnen dann ihre Möglichkeiten aufzuzeigen, gestalterisch den Herausforderungen zu begegnen ist ein weiterer Handlungsansatz – Genau an diesen sensiblen Stellen besteht das überaus große Potential der NGO`s GEMEINSAM mit den Menschen in Verbindung zu treten. Nicht die interressengeleiteten Positionen der Organisationen stehen dabei im Mittelpunkt, sondern das - 3 -Seite 3 von 8 Beauftragte für Umwelt, Klimaschutz und Energie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg gemeinsame Ziel, den Menschen auf dem Weg der Veränderung (Transformation) Begleiter zu sein, Angebote zur kreativen Gestaltung anzubieten und gemeinschaftlich erarbeitet Lösungen zur Umsetzung zu bringen. Ich sprach eben von Menschen und Akteuren. Wer aber sind diese Menschen und Akteure? Schauen wir uns da genauer um, stellen wir fest, dass der Christ in unserer Kirchengemeinde, vielleicht sogar als ehrenamtlich Tätiger, ein und die selbe Person ist, die durch die Gewerkschaft gebunden ist, nämlich in seinem Arbeitsalltag, und „der Mensch“ ebenso in den Umweltverbänden vor Ort aktiv ist. Die Zielgruppen der NGO`s weisen also große personelle Schnittmengen auf! Den eben genannten Dialog im partnerschaftlichen Gemeinschaftsangebot zu entwickeln ist eine ungemein große Option, um die Energiewende sozial zu gestalten – Gewerkschaften, Umweltverbände und Kirchen als gemeinschaftliche Akteure im REGIONALEN Kontext einzusetzen , um Aufklärung zu leisten, Widersprüche aufzulösen und MIT den Menschen Lösungen zu erarbeiten ist ein starkes Pfund, mit dem wir wuchern können – Dieser Dialog muss sozial ausgerichtet sein Aber welche Komponenten machen das Wort SOZIAL nun aus, so dass wir die Energiewende SOZIAL nennen können? VERSTÄNDIGUNG miteinander und VERSTÄNDNIS füreinander sind die Basis, um eine Interessenbalance herzustellen. GEMEINSCHAFT ausgerichtet am GEMEINWOHL ermöglicht die TEILHABE der breiten Gesellschaft. BARMHERZIGKEIT, also die Fähigkeit, Not zu erkennen und sich ihr zu öffnen sowie - 4 -Seite 4 von 8 Beauftragte für Umwelt, Klimaschutz und Energie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg HILFSBEREITSCHAFT und RÜCKSICHTNAHME sind Fähigkeiten von Handelnden, um im Dialog miteinander die Teilhabe organisieren zu können. Nicht zu vergessen ist VERANTWORTUNG für sich selbst und für die Gemeinschaft sowie die SELBSTBESTIMMTHEIT – denn Menschen sind nur dann bereit Veränderungen anzunehmen, wenn dies ohne Zwang und aus einer Freiheit heraus geschehen kann. Da diese Tagung anknüpft an den Transformationskongress vom Juni 2012 möchte ich als zivilgesellschaftlicher Akteur nun unsere konkreten Handlungsoptionen sichtbar machen, und die Einladung aussprechen, diese Optionen gemeinschaftlich zu nutzen! Übrigens etwas, was wir im Überfluss und ohne nachteilige Folgewirkungen verschwenderisch verwerten können, ohne dass es jemals versiegen könnte: Gemeinschaft! Als Nichtregierungsorganisation können wir in unserem eigenen Aktionsradius gemeinschaftlich zu einer Abkehr vom Bisher aufrufen, in unseren Gremien Beschlüsse fassen, die der Zielsetzung einer auf Ausgleich und Teilhabe, auf Verantwortlichkeit und Selbständigkeit, Auf Fürsorge und Rücksichtnahme und am Gemeinwohl orientierten Energiewende entsprechen – Mit dem eben genannten Rahmenvertrag zur Stromversorgung mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen, haben wir in eine regional sehr empfindliche Netzwerkstruktur eingegriffen. Sie wurde trotz örtlicher Irritationen mitgetragen. Wie viele Kommunen auch, haben wir in der oldenburger Kirche - 5 -Seite 5 von 8 Beauftragte für Umwelt, Klimaschutz und Energie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg ein integriertes Klimaschutzkonzept, was uns Handlungsoptionen aufzeigt, um dem erklärten nationalem Klimaschutzziel der CO²Reduzierung zu entsprechen. Die EKD und acht weitere Kirchen in Deutschland wollen durch konkrete Maßnahmen wie beispielsweise der energetischen Sanierung von Pfarr,- und Gemeindehäusern oder im Bereich der Mobilität, der Beschaffung und im Bildungsbereich dafür Sorge tragen, dass das gesetzte Klimaschutzziel und damit auch die Energiewende als Teilbereich erreicht werden kann. Die Zielsetzung ist also geklärt, auch wir, als kirchliche Organisation sind Adressaten für eine gelingende Energiewende im Rahmen von Veränderungsprozessen beim Verbrauch von Ressourcen unterschiedlichster Art. Mit unserem Dachkataster können wir ermessen, inwieweit wir durch Installation von Photovoltaikanlagen einen weiteren Beitrag zur Energiewende leisten können. Das Modell unserer Vorstellung ist einen Beitrag zur Energiewende von untern zu organisieren, indem die Verantwortung bei den Bürgern bleibt. Das Genossenschaftsmodell ist in der Praxis schon lange erprobt und ermöglicht es den Bürgern, vor Ort wirtschaftlich von den Vorteilen der Energiewende zu profitieren. Gelingt es uns dann noch, die Dividende für ehrenamtliche Arbeit bereitzustellen, dienen die Gewinne der Energiewende dem Gemeinwohl und der Erhaltung der Gemeinschaftsstrukturen. Diese regionalen Bürgerprojekte schaffen vor Ort Wertschöpfung, lassen Verantwortlichkeit in den Händen, die den Nutzen davon haben und ermöglichen gleichberechtigte Mitbestimmung – Im Bildungssektor haben wir für unsere unterschiedlich - 6 -Seite 6 von 8 Beauftragte für Umwelt, Klimaschutz und Energie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg strukturierten Kirchenkreise z.B. für 2014 einen 6-Stationenzyklus mit dem Titel „Auf der Suche nach der Klimawahrheit“ geplant. Zielsetzung ist der Dialog vor Ort, die Menschen über klimarelevante Themen in den Prozess des Mitgestaltens zu begleiten. Alle sechs Veranstaltungen werden Angebote darstellen, gemeinsam mit Akteuren eine Plattform der Zusammenarbeit zuschaffen. Mit brandaktuellen Themen, wie beispielsweise die Verpachtung von kirchlichen Ländereien nur noch an Landwirte zuzulassen, die eine dreijährige Fruchtfolge garantieren, und damit also der Anbau von jährlichem Energiemais für Biogasanlagen nicht mehr zu ermöglichen, soll ausgiebig diskutiert werden. Der NABU und der BUND sind hier gesetzte Partner; genauso wie die Landwirte, deren individuelle Existenz bedroht erscheint und die Biogasbetreiber – das wird beispielsweise ein sehr spannender Abend, ermöglicht er einen Dialog, der die Vielschichtigkeit der gegensätzlichen Interessenlagen offen legt: Allgemeinwohlinteressen (Erhalt einer intakten Umwelt durch Förderung der Biodiversität) versus Existenzsicherung (der Bauern und der landwirtschaftlichen Arbeitsplätze.) Sozial-ethisch und moralisch problematisch wird es auch, wenn Bioprodukte für Biogasanlagen oder Biokraftstoffe Anbauflächen für Nahrungsmittel verdrängen oder gar dadurch die Weltmarktpreise verändern, dass in anderen Regionen der Welt Hunger verursacht wird. In diesen Dialogen, mit den unterschiedlichen Interessenlagen starke PARTNER an der Seite zu wissen, ist die Grundlage für eine soziale Energiewende! WIR dürfen es nicht zulassen, dass die Forderung nach einer sozialen Energiewende lediglich auf die Reform des Erneuerbare Energien Gesetz und die daraus resultierenden unsozialen - 7 -Seite 7 von 8 Beauftragte für Umwelt, Klimaschutz und Energie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg Umlagen reduziert wird. Eine soziale Energiewende ist mehr, als nur der Wechsel von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern; es ist der Aufruf an die Gesellschaft, Gemeinschaft zu organisieren, um sowohl individuelle, wie regionale Lösungen zu erarbeiten. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Unterstützungen müssen darauf gerichtet sein, diese Gemeinschaft zum Grundprinzip jeglicher Förderung zu machen, sonst gelingt es nicht, Teilhabe und Gemeinwohl zu schaffen. WIR als NGO`s können dieses WIR ganz konkret in den regionalen Bezügen leben. Fangen wir damit an! Herzlichen Dank für Ihr Gehör! - 8 -Seite 8 von 8