Dr. Roman Schweidlenka, Mag.a Veronika Strauß DIE SCHWARZE SZENE Populäre Jugendkulturen und ihr Verhältnis zu Spiritualität, Satanismus und Rechtsextremismus Anmerkung der Verfasser: Die Verfasser/-innen verwenden in dieser Broschüre das generische Maskulinum und bitten die Leser/-innen das weibliche Geschlecht stets mitzudenken. Impressum Medieneigentümer und Herausgeber: LOGO jugendmanagement gmbh. Verfasser: Roman Schweidlenka, Veronika Strauß, 1. Auflage 2004, 2.Vollständig überarbeitete Auflage 2011, ergänzt und erweitert unter der Mithilfe von Roland Filzwieser, Katharina Ganster, Benjamin Grilj, Alexandra Koch, Alex Mikusch und René Molnar, Layout/Lektorat: Veronika Strauß, Johannes Heher, 3., inhaltlich weitgehend unveränderte Auflage 2017. INHALT VORWORT DER LANDESRÄTIN MAG.A ELISABETH GROSSMANN................................................................. 4 VORWORT DER LEITERIN DER FA6A, HR.IN MAG.A ALEXANDRA NAGL ......................................................... 5 ÜBER DIE DYNAMIK EINER FACHBROSCHÜRE.............................................................................................. 6 BEGRIFFSDEFINITIONEN ............................................................................................................................... 8 1. DIE SCHWARZE SZENE ........................................................................................................................... 11 2. HEADBANGER SCHOCKEN DAS SYSTEM: METAL .................................................................................. 14 2.1 DER BEGRIFF (HEAVY) METAL ..........................................................................................................15 2.2 GESCHICHTE UND STRÖMUNGEN DES METAL ................................................................................16 2.3 ERSCHEINUNGSBILD UND AUSDRUCKSFORMEN .............................................................................41 2.4 VERBREITUNG DES METAL – ZUSAMMENSETZUNG DER MUSIKER UND FANS .............................55 2.5 FRAUEN IM METAL ............................................................................................................................58 2.6 KRITIKER DES METAL ........................................................................................................................60 2.6.1 SATAN IM METAL ..................................................................................................................... 64 2.6.2 NATIONALSOZIALISMUS UND METAL ..................................................................................... 69 2.6.3 WIDERSTAND GEGEN NSBM .................................................................................................... 99 3. DIE SCHWARZE ROMANTIK: GOTHIC ................................................................................................... 109 3.1 GESCHICHTE DER GOTHIC-BEWEGUNG ........................................................................................ 109 3.2 DIE WELT DES GOTHIC ................................................................................................................... 114 3.2.1 DAS OUTFIT DER GOTHS........................................................................................................ 114 3.2.2 WELTBILD DER GOTHIC-SZENE ............................................................................................. 116 3.3 VORWÜRFE GEGEN DIE GOTHIC-BEWEGUNG ................................................................................ 121 3.3.1 DER VORWURF DES SATANISMUS......................................................................................... 121 3.3.2 DER RECHTE RAND ................................................................................................................ 122 3.4 WIDERSTAND .................................................................................................................................. 128 3.5 ZUSAMMENFASSUNG .................................................................................................................... 129 3.6 EXKURS: LAIBACH .......................................................................................................................... 129 3.7 EMOTIONAL HARDCORE (EMO)...................................................................................................... 130 4. LAVEYS SATANISMUS ........................................................................................................................... 133 5. EXKURS: VAMPIRISMUS........................................................................................................................ 141 6. DIE SZENE SIND WIR – DAS JUGENDKULTURZENTRUM eXplOsiV ..................................................... 155 7. FÜR EINE OFFENE DISKUSSION ............................................................................................................ 156 8. QUELLENVERZEICHNIS ......................................................................................................................... 159 9. WEITERFÜHRENDE MEDIEN ................................................................................................................. 170 10. ABBILDUNGEN...................................................................................................................................... 174 11. AUTORENBIOGRAPHIEN ...................................................................................................................... 176 3 VORWORT DER LANDESRÄTIN MAG.A ELISABETH GROSSMANN Jugendbewegungen haben in der Vergangenheit Geschichte geprägt und schreiben sie auch heute maßgeblich mit. Gerade innovative Bewegungen, die sich vom Mainstream der Gesellschaft distanzieren, schockieren dabei oft durch ihr Aussehen oder radikale inhaltliche Positionen. In unserer Gegenwart ist es die schwarze Szene, die Jugendkulturen wie Metal, Gothic oder auch den Jugendsatanismus umfasst, die durch ihr Outfit – vielfach schwarze Kleidung und ungewöhnliche Formen des Schminkens – für Aufsehen und Ablehnung bei manchen Mitbürger/-innen sorgt. Aufgabe der Politik, wie ich sie sehe, ist es, auch Raum für ungewohnte, subkulturelle Strömungen zu sichern, sofern diese im Rahmen der Gesetze agieren. Die vorliegende LOGO- Fachbroschüre, in einem langen, konstruktiven Prozess unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Roman Schweidlenka, unterstützt von freiwillig mitarbeitenden Insider/-innen, erstellt, geht auf Inhalte und Entwicklungen der verschiedenen Strömungen der schwarzen Szene ein, die wir ja auch in der Steiermark kennen. Dabei werden viele Vorurteile ausgeräumt, die einzelnen Strömungen können auch vom Außenstehenden verstanden und eingeschätzt werden. Wenn damit auch mehr Toleranz und Sympathie für die in der Szene Tätigen geweckt wird, kommt die kritische Auseinandersetzung, vor allem mit Rechtsextremismus und Satanismus, nicht zu kurz. In diesem Zusammenhang ist es erfreulich zu lesen, dass sich die Grazer Metalszene erfolgreich gegen rechtsextreme Vereinnahmungsversuche gewehrt hat. Ihre Mag.a Elisabeth Grossmann (Landesrätin für Bildung, Familie, Frauen und Jugend) 4 VORWORT DER LEITERIN DER FA6A, HR.IN MAG.A ALEXANDRA NAGL Jugend bewegt. Sie erprobt neue Ausdrucksformen, entwickelt neue Lebensstile, reagiert auf die kulturellen und politischen Anforderungen ihrer Zeit. Manchmal gehen Jugendkulturen dabei ausgefallene Wege. Die schwarze Szene, zu der Wissenschaftler/ -innen Metal, Gothic und Satanismus zählen, fordert die Gesellschaft immer wieder heraus. Das Outfit der Szenevertreter/-innen, meist schwarze Kleidung und ungewöhnliche Frisuren, ruft oft Misstrauen, sogar Aggressionen hervor. Die intensive Beschäftigung mit nicht christlichen religiösen Weltanschauungen, die vor allem den Bereich des neuen Heidentums betreffen, provozierte schon manche ideelle Auseinandersetzung. Nicht zuletzt führten rechtsextreme Unterwanderungsversuche der betreffenden Jugendszenen zu medialen Schlagzeilen. Unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Roman Schweidlenka hat ein engagiertes Team jugendlicher Mitarbeiter/-innen eine zweite, völlig neu überarbeitete und erweiterte LOGO-Fachbroschüre zur schwarzen Szene entwickelt. Die vielfältigen Beiträge, die unterschiedliche Perspektiven beinhalten, garantieren ein Werk von hoher Qualität. Die Darstellung von Inhalten und Entwicklungen, die die angesprochenen Jugendkulturen prägen, bringen die Diskussion auf eine sachliche Ebene und entschärfen viele Sorgen und Ängste, die etliche Mütter und Väter haben, deren Kinder in der schwarzen Szene unterwegs sind. Gleichzeitig stellt die Fachbroschüre klar, dass – zumindest an den Rändern – auch antidemokratische Kräfte bemüht sind, die Jugendlichen über das Medium Musik für ihre eigenen Interessen zu vereinnahmen. Jugend lebt. Die Lektüre der vorliegenden Fachbroschüre führt das anschaulich vor Augen. Für diese vitale jugendliche Entwicklung, die nicht ohne Einflüsse auf die Erwachsenenwelt bleibt, sollen die notwendigen Rahmenbedingungen gesichert sein. Denn unsere Jugend ist unsere Zukunft. Ihre HR.in Mag.a Alexandra Nagl (Leiterin der Fachabteilung 6A Gesellschaft und Generationen) 5 ÜBER DIE DYNAMIK EINER FACHBROSCHÜRE Roman Schweidlenka Die schwarze Szene, ein Begriff, der Jugendkulturen wie Metal, Gothic, Jugend-Satanismus und ihre weit ausladenden, dynamischen Weiter- und Nebenentwicklungen umfasst, begleitete meine Arbeit im Rahmen der LOGO ESO.INFO bereits seit Mitte der neunziger Jahre. Aus Texten, die ich von Zeit zu Zeit zu dieser Thematik entwarf entstand allmählich eine beachtliche Sammlung. Die Religionswissenschaftlerin Simone Philipp konnte im Rahmen eines geförderten Projekts weitere Recherchen durchführen und einen Teil meiner Studien aktualisieren. So konnten wir 2004 die LOGO-Fachbroschüre „Die schwarze Szene“ der Öffentlichkeit präsentieren. Bereits damals halfen uns einige Szeneninsider bei der manchmal schwierig zu treffenden Einordnung verschiedener Trends und Bands. Was ich schnell erkannte: Auch bei den in der Szene Beheimateten gehen Einschätzungen und Perspektiven oft weit auseinander, was durchaus als gelebte Demokratie bewertet werden kann. Bald erreichten mich dann Statements zur Broschüre: Viele Zustimmende, auch solche mit konstruktiver Kritik. Nun ist die schwarze Szene, neben Goa, vermutlich die kreativste, die am stärksten kulturelle Impulse vermittelnde, Jugendkultur unserer Gegenwart und daher in stetem Wandel. Das führte zur Erkenntnis, eine völlig überarbeitete, erweiterte Neuauflage in Angriff zu nehmen. Während ich die wissenschaftliche Leitung übernahm, leistete Veronika Strausz umfassende wissenschaftliche und organisatorische Arbeit, um die Broschüre zu einem fundierten Werk von, wie ich hoffe, hoher Qualität zu machen. Neben ausführlicher Recherche-, Analyse- und Schreibarbeit organisierte sie die Beiträge unserer ehrenamtlich arbeitenden Gastautoren und eine ganztägige Arbeitsklausur mit hochkarätigen Szeneninsidern, die vielfältige Erkenntnisse hervorbrachte. René Molnar schließlich stellte uns gegen Ende der Arbeit an der Broschüre seine Fachstudie „Hitler´s Headbanger?“ selbstlos zur Verfügung, die die Grazer Metalszene analysierte. So danke ich neben den bereits erwähnten Kollegen Veronika Strausz, René Molnar und Simone Philipp unseren ehrenamtlich Mitarbeitenden Roland Filzwieser, Katharina Ganster, Benjamin Grilj, Alex Mikusch, Alexandra Koch (Textbeiträge); Frank Kumnig und Susanne Sackl (Anmerkungen) die sich aus Idealismus am Projekt beteiligten. Detaillierte Autorenbiografien finden Sie im Anhang. Ich hoffe, mit dieser Fachbroschüre dazu beizutragen, Klischees und Ängste über die behandelten markanten Jugendkulturen abzubauen, gleichzeitig aber auch den kritischen Finger auf problematische Randerscheinungen und Teilbereiche zu legen. Eine Anmerkung sei abschließend gestattet: In der Szene, auch in der medialen Welt, wird oft der Begriff „rechts“ für rechtsextreme Gruppen und Ideologien verwendet. So haben sich „rechte Bands“, die eigentlich rechtsextrem sind, in der Literatur eingenistet. Wir konnten uns 6 nicht völlig von dieser üblich gewordenen Begriffsverwendung freimachen. Um der Fairness und wissenschaftlichen Redlichkeit die erforderliche Ehre zu erweisen, möchte ich klarstellen, dass „rechts“ eine legitime politische Ideologie und Praxis der Demokratie darstellt, während „rechtsextrem“ meist mit antidemokratischen Einstellungen verbunden ist. Ich wünsche unserer LOGO-Fachbroschüre eine weite Verbreitung und interessierte Leserschaft! Dr. Roman Schweidlenka (Leiter des Bereichs „Esoterik, Sekten, Okkultismus“ bei LOGO jugendmanagement gmbh) 7 BEGRIFFSDEFINITIONEN Roman Schweidlenka RASSISMUS: Prozess, durch den soziale Gruppen auf Grund physischer, kultureller oder sozioökonomischer Merkmale oder Staatsangehörigkeit andere Gruppen als unterschiedlich wertig, beziehungsweise minderwertig, kategorisieren. Rassistisches Denken geht von der unabänderlichen Zugehörigkeit des einzelnen Menschen zu einer Volksgruppe aus. Dieser werden allgemeingültige Charakterzüge unterstellt, die dann auf alle Gruppenmitglieder projiziert werden. Es wird die natürliche Überlegenheit der eigenen Gruppe behauptet und dadurch das Recht zur Benachteiligung anderer Gruppen abgeleitet. NATIONALISMUS: Selbst in einschlägigen Lexika findet man zu diesem Begriff keine einheitliche Definition. Am ehesten lässt sich Nationalismus als Forderung und Streben nach Schaffung und Sicherung eines Nationalstaates darstellen. Weiters ist er auch als aggressive Äußerung eines übersteigerten Nationalgefühls auf Kosten anderer Nationen und Nationalitäten verstehbar. Völkischer Nationalismus wird charakterisiert durch die Idee einer ethnisch reinen Nation, die auf genetischer Abstammung basiert. RECHTSPOPULISMUS: Ist eine Strömung, die seit Anfang der 1980er Jahre existiert, mittlerweile aber in ganz Europa verbreitet ist. Hier werden populäre Meinungen des Volkes oft widersprüchlich vertreten. Die Anhänger sehen sich als Vertreter von traditionellen, „echten“ Werten. Oft werden einfache Lösungen für komplexe Probleme angeboten. Rechtspopulismus zeigt sich auch in der Intoleranz gegenüber „Anderen“ und „Fremden“. Als Feindbilder gelten vor allem Ausländer, linke Demonstranten und „ausgeflippte“ oder nicht der bürgerlichen Norm angepasste Jugendliche. RECHTSRADIKALISMUS: Um die nicht immer leicht zu bestimmende Grenzlinie zwischen Demokratie und Extremismus besser ziehen zu können, wurde der Begriff Rechtsradikalismus eingeführt. Gemeinsam mit dem Linksradikalismus bildet er die entgegengesetzten Eckpunkte eines Kontinuums, dessen Zentrum vom demokratischen Sektor gebildet wird. RECHTSEXTREMISMUS: Gesamtheit von Einstellungen, Verhaltensweisen und Aktionen die von der rassisch oder ethnisch bedingten sozialen Ungleichheit der Menschen ausgehen, nach ethnischer Homogenität von Völkern verlangen und 8 das Gleichheitsgebot der Menschenrechts-Deklaration ablehnen. Im Zusammenhang damit werden Demokratie und Multikulturalismus abgelehnt und bekämpft. Rechtsextremismus schließt folgende Anschauungen ein: • Ablehnung des Prinzips der Gleichheit • Ausländerfeindlichkeit • Antisemitismus • Ablehnung von Demokratie • Gewaltakzeptanz und -bereitschaft • Wunsch nach einem starken Führer • Schwarz-Weiß-Malerei • Glaube an Weltverschwörungstheorien ALS NEONAZISTISCH/NEOFASCHISTISCH bezeichnet man nur Organisationen, Parteien und Personen, die sich auf den 1922 in Italien unter Mussolini oder den 1933 in Deutschland unter Hitler zur Macht gelangten Faschismus beziehungsweise Nationalsozialismus berufen. Neonazismus ist ein radikalisierter und gewaltbereiter Rechtsextremismus. So ist jeder Neonazi ein Rechtsextremist, aber keineswegs jeder Rechtsextremist ein Neonazi. Wichtig: die Grenze zwischen den Strömungen verläuft oft fließend! 9 10 1. DIE SCHWARZE SZENE Veronika Strauß Unter diesem Begriff werden heute für gewöhnlich subkulturelle Strömungen zusammengefasst, die auf Grund ihres optischen und akustischen Profils für Außenstehende eine homogene Gruppe bilden, deren tatsächliche Schnittmenge sich aber lediglich durch ähnliche Vorlieben hinsichtlich Musik, Kunst, Mode und oft auch Ansichten bezüglich der gesellschaftlichen Situation bildet. „Die klassische Schwarze Szene wurde in den 1980ern Abb. 1 und in der ersten Hälfte der 1990er Jahre zunächst aus der Dark-Wave-Bewegung gebildet, deren Mitglieder ursprünglich in Jugendkulturen wie Punk, New Wave, Gothic, New Romantic oder im Post-Industrial-Umfeld verankert waren.“1 Ab Mitte der Neunziger Jahre wurden die Grenzen zwischen den Szenen immer diffuser. Dark Wave und Metalszene, sowie Mittelalter-, Neofolk- & Neuheidenszene rückten enger zusammen bzw. bedienten sich gegenseitig an den Stileigenheiten der anderen Genres. Dasselbe gilt für Teile der Electroszene. „Die Schwarze Szene präsentiert sich heute als eine [...] alternative Bewegung junger (und nicht mehr ganz so junger) Menschen, deren Erscheinungsbild von einer bemerkenswerten Vielfalt ist. Symptomatisch für diese Vielfalt ist auch die Schwierigkeit, einen geeigneten Oberbegriff für diese Szene zu finden.“2 Die Vielfalt, die durch die Vermischung dieser Szenen entstanden ist, bringt aber nicht nur kreatives Potential mit sich. Vielfach tauchen Vorwürfe der „Verwässerung“ und Kommerzialisierung auf, was gegen die Grundideen vieler Basisströmungen verstoßen würde.3 Die Befürchtung des „Ausverkaufes“ ist naheliegend, sieht man sich die mittlerweile ins uferlose expandierenden (ehemaligen) Szene- bzw. Underground – Festivals, Lokale, Verkaufsläden und Versandhandelvertriebe an. Die Frage, welche Gruppierungen nun genau unter den Begriff „Schwarze Szene“ fallen, ist nicht einmal von Szenevertretern eindeutig zu beantworten. Obwohl sicherlich größtenteils ein Gefühl der Solidarität entstehen kann, wenn Teile der Szene öffentlichen Angriffen ausgesetzt werden, so gilt in „friedlichen Zeiten“ untereinander wohl eher der Spruch „Familie kann man sich nicht aussuchen“. 1 http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_Szene, 2011. Farin, 2001, S. 147. 3 Vgl. dazu: Fiebag, 2006, S. 80, und http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_Szene, 2011. 2 11 Im Umfang dieser Broschüre werden im speziellen die Metal- und Gothic Szene beachtet, in ihren Grundlagen erklärt und hinsichtlich ihrer Einflüsse antidemokratischer, satanistischer, okkultistischer und esoterischer Art beleuchtet. Jedoch sehen die Verfasser die hier nur am Rande erwähnten Szenen Dark Wave, Neofolk, Industrial, Medivial und Electro genauso zugehörig zur großen „Familie“ der „Schwarze Szene“. 12 13 2. HEADBANGER SCHOCKEN DAS SYSTEM: METAL Roman Schweidlenka/Veronika Strauß Da der ursprünglich für die gesamte Szene verwendete Begriff „Heavy Metal“ inzwischen nur mehr ein bestimmtes Subgenre bezeichnet, wird in der Broschüre der Überbegriff „Metal“ für die Gesamtheit der Strömungen verwendet. Metal war in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren eine der beliebtesten und zugleich von konservativen Moralhütern am meisten gefürchtetsten Musikrichtungen. 1984 brachte der so genannte „Heavy Metal“ bereits 10% des Gesamtumsatzes der Musikindustrie ein, ab 1987 war trotz massiver Widerstände von Metalgegnern ein „Peak“ erreicht. Nach einer Krise, in der das Interesse sowohl an der Musik, als auch an der Subkultur massiv zurückging, breitete sich spätestens ab Mitte der neunziger Jahre eine rundum erneuerte Metalbewegung aus, die sowohl die „Urformen“ zuließ, als auch Anleihen bei anderen Musikstilen nahm. Metal entwickelte sich zu einer gesellschaftlich relevanten Szene und damit zu einem kontinuierlich wachsenden Wirtschaftsfeld. Die Musik, die Künstler und die Anhänger des Metal werden häufig als musikalisch, kulturell und sogar intellektuell oberflächlich angesehen. Tatsächlich hat Metal die Konturen der Rockmusikgeschichte neu geschärft und damit einhergehend auch die Sexualpolitik, kulturelle und ästhetische Normen und sogar die Musikindustrie in den Vereinigten Staaten, Europa und anderen fortgeschrittenen Demokratien neu mitgeprägt.4 Trotz des hohen Erfolgskurses hat Metal fast ebenso viele Gegner wie Fans. So fordern zahlreiche „Experten“ seit Beginn der achtziger Jahre ein Verbot des Metal. Der Hauptvorwurf lautet: Verbreitung von satanistischen Ideologien und Anstiftung zu ebensolchen Praktiken. Auch Drogeneinnahme, Sexismus, „Unzucht“, Gewalttätigkeit und Selbstmord sowie antidemokratische und neonazistische Betätigung sollen mit dem Metal einhergehen. Bettina Roccor beschreibt die Problematik der selbsternannten Experten in ihrem Buch „Heavy Metal – Die Bands, die Fans, die Gegner“ vortrefflich, indem sie anmerkt: „Es sind in der Regel Menschen mit Hochschulabschluss, die ihre Ansichten über Heavy Metal in der Öffentlichkeit äußern dürfen – der Titel verleiht ihnen eine Autorität, die den meisten Fans fehlt. Der Normalbürger ohne nähere Hintergrundinformation schenkt automatisch eher dem Herrn in Anzug und Krawatte Glauben als dem nietenbewehrten, tätowierten, mit Schmuck behängten Langhaarigen in schmuddeligen Jeans und Lederweste.“5 4 5 Vgl. LeVine, 2010, S. 11. Roccor, 1998, S. 15. 14 Was ist eigentlich Metal? Auf welchen (musik)historischen Hintergrund baut diese Szene auf? Und was ist dran an den Vorwürfen der Kritiker? Die vorliegende Broschüre hofft, ein weiteres kleines Stück dieses großen, problembehafteten Feldes zurück in die lebendige Diskussion bringen und angemessen beleuchten zu können. 2.1 DER BEGRIFF (HEAVY) METAL Um den später für etliche, sich aus Hard/Heavy Rock entwickelnde Gruppen verwendeten Begriff des „Heavy Metal“ ranken sich zahlreiche Entstehungs- bzw. Einführungsmythen. „The Soft Machine“, der 1962 veröffentlichte Roman von William Burroughs beinhaltet die Figur des „Uranian Willy, the Heavy Metal Kid“. Wikipedia spricht dabei von einer „frühe[n] Verwendung [des Begriffes] im populärkulturellen Kontext“6. Weiters wird darauf verwiesen, dass die Veröffentlichung seiner Werke die spätere Begriffsentwicklung der Szene- und Stilbezeichnung vermutlich beeinflusst hat. Steppenwolf sang 1968 im Klassiker „Born to be wild“ von „heavy metal thunder“. „I like smoke and lightning Heavy metal thunder Racin’ with the wind And the feelin' that I’m under“ Steppenwolf, Born to be Wild, 1968 Daneben gibt es die militärische Bezeichnung „heavy metal“ für schwere Waffen und den chemischen Begriff des „heavy metal“ für Schwermetall. Unleugbar dokumentiert ist die Anwendung des Begriffes auf die Musikszene in einer 1971 erschienenen Ausgabe der Zeitschrift „Creem“, in der es in einem Review7 heißt: „All you true blue Heavy fans, take heart. This album is a crusher. […] Sir Lord Baltimore seems to have down pat most all the best heavy metal tricks in the book.“8 Die Bezeichnung wurde auch für die Musik von Led Zeppelin und Black Sabbath verwendet, wobei sich der Begriff zuerst in den USA und ab ca. 1979 in Europa durchsetzte. 6 http://de.wikipedia.org/wiki/Heavy_Metal, 2011. Die Kritik bezieht sich auf das Album „Kingdome Come“ der amerikanischen Band „Sir Lord Baltimore“. 8 http://www.creemmagazine.com/_site/BeatGoesOn/SirLordBaltimore/KingdomCome001.html, 2011. 7 15 „(Heavy) Metal“ stand und steht für Härte und Unverwüstlichkeit. In ebendieser Tradition wirbt zum Beispiel das weltgrößte Metal Festival „Wacken Open Air“9 mit den Slogans „Faster, Harder, Louder“10 und „Louder Than Hell“. Auch die im englischen und deutschen Sprachraum sehr verbreitete Redewendung: „Ist es zu laut, bist du zu alt!/If it’s too loud, you’re too old!“11 lässt sich hier einbinden, wobei in letzterer Wendung auch noch der Bezug zur ausdrücklichen Jugendszene hinzukommt. So wesentlich die jugendlichrevolutionäre Prägung des Metal in seinem Ursprung war – in den letzten Jahren und Jahrzenten hat sich auch hinsichtlich des Alters der Mitglieder in dieser Szene einiges verändert. Szene-Insider wie René Molnar12 weisen, wie am Anfang des Kapitels angemerkt, darauf hin, dass als Überbegriff heute nur noch „Metal“ legitim sei, da sich neben der Spielart, welche als „Heavy Metal“ bezeichnet wird, noch eine Vielzahl anderer „Metal“-Stilrichtungen entwickelt haben. In der öffentlichen Diskussion hat sich der Begriff „Heavy Metal“ aber derart verankert, dass eine Korrektur nur schwer möglich ist. 2.2 GESCHICHTE UND STRÖMUNGEN DES METAL Die Wurzeln dieser Musikrichtung reichen bis in die sechziger Jahre zurück, konkret in die englische Arbeiterklasse mit ihrer damals noch relativ ungebrochenen Arbeiterkultur, die Rocker und Skins prägten. Dieser Arbeiterkultur werden von Soziologen die Eigenschaften hierarchisch, territorial und maskulin zugeordnet. Körperliche Kraft stand hoch im Kurs. In ebendiesem Umfeld wuchs der 1948 geborene Ozzy Osbourne13 als „Spinner“, Querdenker und Rebell auf. Nach zahlreichen Gelegenheitsjobs und einer Gefängnisstrafe, die er auf Grund einiger Einbrüche absaß, gründete er 1968 mit einigen Schulfreunden die Polka Tulk Blues Band. Als zwei Mitglieder die Gruppe verließen, erfolgte die Umbenennung in Earth. Musikalisch waren v. a. Jazz und Blues dominant. Im Gegensatz zur anlaufenden Love & Peace-Bewegung waren die Songs von Earth „böse“ und beschäftigten sich mit Hass, Unrecht, Gewalt, Repression und Verzweiflung. Um Verwechslungen mit einer gleichnamigen Band zu vermeiden wurde die Band 1969 nach einem von Geeze Butler, dem Bassisten der Band geschriebenen Song, Black Sabbath14 benannt. Gleichzeitig erfolgte ein Stilwechsel – tiefer gestimmte Gitarren unterstützten die besondere Düsterheit der von virtuosen Soli durchzogenen Musik. 9 www.wacken.com Woher der Slogan, der 1994 von der österreichischen Hard Rock und Heavy Metal Band „Alkbottle“ zu „Blader, fetter, lauter & a bissl mehr“ persifliert wird, originär stammt, ist leider nicht nachvollziehbar. 11 Mancherorts wird behauptet, die Wendung sei von Ted Nugent, einem US-amerikanischen Rockmusiker, geprägt worden. 12 Geschäftsführer des Jugendkulturzentrums Explosiv, Metal-Musiker, siehe Autorenbiographie. 13 Bürgerlicher Name: John Michael Osbourne. 14 Anspielung auf den gleichnamigen italienischen Horrorfilm von Mario Bava,1963. 10 16 Ihre Bühnenshow wurde zunehmend okkulter und beinhaltete Utensilien wie Grabkreuze und schwarze Kerzen. Mit Aktionen wie symbolischen Menschen- oder Mädchenopferungen machten Black Sabbath besonders schnell von sich reden. Die Fans fanden sich auf den Konzerten in einer Welt der Dunkelheit wider, die Band zelebrierte nach Selbsteinschätzung symbolisch die „Austreibung“ des Bösen. Der Aufstieg von Black Sabbath war auch die Zeit, in der in Künstlerkreisen der Satanismus Anton Szandor LaVeys15 populär wurde. Die entsetzten Reaktionen, die Boykotte durch die Fachpresse und Radiosender waren für Black Sabbath die beste Werbung. Die Band setzte bewusst auf den inszenierten Okkultismus, begleitet von der Sensationspresse, die über schwarze Messen, Entjungferungs- und Tieropferrituale auf der Bühne berichtete. Wegen seiner extremen Drogen- und Alkoholexzesse trennte sich Black Sabbath 1981 von „Madman“ Ozzy Osbourne, der nach Entziehungskuren erfolgreich als Solokünstler weitermachte und bis heute für volle Konzerthallen und Festivalwiesen sorgt. Neben Black Sabbath zählen Deep Purple16 und Led Zeppelin17, die kommerziell erfolgreichste der drei Bands, zu den „Vätern“ des Hard bzw. Heavy Rock auf deren Basis sich der Metal erst entwickeln konnte. Frontman Jimmy Page18 von Led Zeppelin (gegründet 1968) bekannte sich zu schwarzmagischen Praktiken und eröffnete einen Buchladen für okkulte Literatur. Des Weiteren kaufte er das ehemals von Aleister Crowley19 bewohnte Boleskine-Haus am Ufer des Loch Ness in Schottland, in dem 1980 der Schlagzeuger der Band an seinem Erbrochenen erstickte. Dieses Ereignis schien in manchen Augen den „Beweis“ für den ledzeppelinschen Teufels-Pakt zu erbringen. Dem Heavy Rock kann zwar durchaus nachgesagt werden, emotionalen Entladungen zu dienen und Möglichkeit zum „Herausschreien“ des Alltagsfrusts zu bieten, sie kann aber nicht, wie lange tradiert, nur als aggressives Geschrei20 per se abgetan werden. „Die Formen des Schreiens in Stilen wie Hard Rock oder Heavy Metal sind weniger als einfaches Geschrei zu bezeichnen, sondern einer besondere Form des gesanglichen Ausdrucks, der ebenso wie ein Belcanto21 erlernt werden muss.“22 Als stiltypisch erklärte Vorurteile vereinfachen und verzerren das Verständnis des Genres stark.23 Trotzdem ist festzustellen, dass in den Ursprüngen der Heavy Rock Musik, Musiker und Publikum meist aus derselben benachteiligten 15 siehe dazu Kapitel „LaVeys Satanismus“. www.deeppurple.com, 2011. 17 www.ledzeppelin.com, 2011. 18 Bürgerlicher Name: James Patrick Page. 19 Okkultist, Kabbalist, Magier, Mystiker, Poet und Verleger, 1875–1947. 20 Vgl. Kemmelmeyer, 2006, S. 189. 21 Ital. „schöner Gesang“. 22 Finkl, 2009, S. 28. 23 Vgl. ebda. 16 17 Unterschicht stammten. So waren die Texte extrem hart, laut und unbequem. Sie hatten nicht die Love & Peace-Freiräume der Hippies zum Thema, sondern Presslufthämmer, Straßenlärm, Kreissägen und Maschinengewehre; extreme Gesellschaftskritik. Die kritischen Töne, zugegeben nicht immer einfach zu erahnen, wurden von der Öffentlichkeit oft vollständig ignoriert. Die offizielle Elite des Rock und die dazugehörenden Medien wollten sich mit diesem proletarischen Auswuchs nicht weiter beschäftigen. Eine eher musiktheoretisch ausgerichtete Betrachtung macht den Unterschied zwischen Hard Rock und Heavy Metal wie folgt fest: „Für die Begleitgitarre im Hard Rock sind Quintakkorde auf Grund ihres besonders im Verbindung mit Verzerrung harten Klanges typisch, während im Heavy Metal eher der Gebrauch von Quartakkorden vorgesehen ist.“24 In Kanada punktete in den siebziger Jahren die Heavy Rock-Band Rush25 und in Australien gründeten sich AC/DC26, die als eine der beliebtesten und langlebigsten Formationen dieser Art bezeichnet werden kann. In Deutschland etablierten sich zur selben Zeit die Scorpions27. Rund um den Globus bildeten sich „Heavy“Bands – die „Szene“ begann sich in größerem Ausmaß zu bilden. Zu den Pionieren der in den späten Siebziger bzw. frühen achtziger Jahren neuen Musikrichtung Heavy Metal zählt die Band Judas Priest28 (gegründet 1969), deren Mitglieder aus der englischen Arbeiterstadt Birmingham stammen. In der Anfangszeit wechselten sich noch Jobs am Bau mit diversen Musikauftritten ab. Judas Priest hatten schließlich mit einem neuen Outfit Erfolg: hautenges, schwarzes Leder, Nieten und Ketten. Dieses gern als „Machokluft“ gesehene Outfit wurde im Lauf der Zeit kennzeichnend für die Heavy Metal-Szene. Zu Beginn eines Konzerts erschienen die Bandmitglieder auch gerne mit einem Motorrad, üblicher Weise einer Harley-Davidson auf der Bühne – einem Symbol für Freiheit und Abenteuer. Gerade vor dem Hintergrund des damals so exzessiv männliche Macht und Potenz demonstrierenden Szene-Umfelds ist es interessant, dass Judas Priest-Sänger Rob Halford29 der erste Metal-Sänger war, der sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte – allerdings erst 1998. Die Band ist auch heute noch sehr erfolgreich. Den ersten großen Generationswechsel innerhalb des Metal, der zu Beginn der achtziger Jahre stattfand, kennzeichnet der Begriff „New Wave of British Heavy Metal“ (NWoBHM). Das Aufkommen der NWoBHM signalisierte die Rebellion gegen die kommerzielle Zähmung des Rock, gegen den Kapitalismus, gegen die Unterhaltungsindustrie und für die künstlerische Autonomie und Authentizität der Musikgruppen. Scharen von Fans, als „neue Wilde“ bezeichnet, füllten die Pubs an speziellen Metal24 www.radical-music.com/genres_de/rock/hard_rock.html, 2011. www.rush.com, 2011. 26 www.acdc.com, 2011. 27 www.the-scorpions.com, 2011. 28 www.judaspriest.com, 2011. 29 *1951, Sutton Coldfield, Warwickshire, England. 25 18 Clubabenden. Neben dem üblichen schwarzen Lederoutfit gab es die „Kutte“, üblicherweise eine ärmellose Jeans- oder Lederweste mit Aufnähern („patches“) der verschiedenen Lieblingsbands.30 Die Eigenständigkeit dauerte so lange, bis die großen Plattenfirmen die bis dahin verpönte Musikrichtung entdeckten und vermarkteten. Mit der NWoBHM begann auch die Aufsplitterung des Genres. Zu den Bands dieser Zeit zählten neben Judas Priest unter anderem Girlschool, Iron Maiden, Motörhead und Saxon. Die Bands der NWoBHM werden heute oft unter dem Subgenre-Begriff Heavy Metal zusammengefasst. Zeitgleich mit der Revolution des Punkrock veröffentlichte die Band Motörhead31 ihre ersten erfolgreichen Alben. Der ehemalige „Jimi Hendrix Experience“–Roadie und Frontman der Band Ian „Lemmy“ Kilmister32 bildete optisch und künstlerisch einen Kontrast zu den etablierten „hübschen Rockstarjungs“33. „Er war ein schlagfertiges und charismatisches Argument für ein gefährliches Leben und wurde zum Großherzog der dreckigen Gleichgültigkeit; Fans imitierten seine Outlawkleidung aus Patronengürteln, Jeansweste, Cowboyhemden und Motörhead-Aufnähern. […] Black Sabbath hatten den Heavy Metal eingeführt, Judas Priest verliehen im Glanz, und Motörhead stabilisierten ihn mit neuem Mumm. Heavy Metal schluckte den Punkrock und drängte weiter voran.“34 1981 erschien erstmals Kerrang!35 – ursprünglich eine Beilage zum britischen Musikmagazin Sounds. Dieses „Nebenprodukt“ wurde zu einem wichtigen Medium der NWoBHM und verdrängte schließlich sein Herkunftsmagazin vom Markt. Die Titelseite der Erstausgabe zierte Angus Young von AC/DC. „1980 stand die Bewegung in voller Blüte […]. Obwohl es sich hauptsächlich um aufstrebende Londoner Bands handelte, dominierten sie mit ihren überzeugenden Liveauftritten den Heavy Metal des kommenden Jahrzehntes.“36 Im selben Jahr erschien das gleichnamige Debüt-Album der Band „Iron Maiden“37, die hinsichtlich der stilistischen Entwicklung des Heavy Abb. 2: Erstausgabe „Kerrang“ Metal eine zentrale Rolle spielte. Der von Steve Harris38 etablierte Bandname 30 Zahlreiche Beispiele für „Kutten“ gibt in der der „Kuttengalerie“ von http://www.igelmetal.de/uploads/oldschool/kutten/kutten.htm, 2011. 31 Gegründet 1975, Großbritannien, www.imotorhead.com, 2011. 32 * 1945, in Stoke-on-Trent, Staffordshire, England. 33 Christe, 2004, S. 42. 34 Ebda. 35 www.kerrang.com, 2011. 36 Christe, 2004, S. 53. 37 Gegründet 1975, Großbritannien, www.ironmaiden.com, 2011. 38 Stephen P. Harris, *1956 in London, England. Bassist und Songwriter der Band „Iron Maiden”. igelmetal.de: 19 dürfte auf das mittelalterliche Foltergerät, die „Eiserne Jungfrau“ zurückzuführen sein. Eine weitere Dimension erhielt der Name durch die Anspielungen auf die damalige Parteivorsitzende der britischen Konservativen, Margaret Thatcher (die sich selbst als „Iron Lady“ bezeichnete), deren Konterfei die Cover der Singles „Women in Uniform“ und „Sanctuary“ ziert. Auf erstgenanntem lauert sie dem Bandmaskottchen „Eddie“ mit einem Maschinengewehr auf, auf dem zweiten wird sie bei dem Versuch ein Konzertplakat von „Iron Maiden“ herunterzureißen von „Eddie“ getötet. „Die britische Regierung reagierte auf die Beliebtheit der Platte mit Zensur […]“39 und ließ Teile des Gesichtes von Thatcher verdecken. Abb. 4: Women in Uniform Abb. 3: Sanctuary Obwohl bereits 1975 gegründet, stellten sich die ersten musikalischen Erfolge der Gruppe erst zu Beginn der 80er Jahre ein. „Mit der Single Running Free traten Iron Maiden bei BBCs Top of the Pops auf und spielten dort als erste Band seit The Who ohne Playback. Damit wurden sie ebenso außerhalb der Umgebung Londons bekannt. Es folgte eine ausgedehnte Großbritannien-Tournee als Vorband von Judas Priest, eine Europatournee mit den US-Hardrockern Kiss40 und ein Auftritt im Vorprogramm von UFO41 im Rahmen des Reading-Festivals.“42 Iron Maiden verstanden es, inhaltlich Arbeiter-Ethos, (öko-)politische Themen und Horror zu abenteuerlichen Geschichten zu verbinden und musikalisch fundiert auf die Bühne zu bringen. Der Einsatz einer zweiten Leadgitarre gilt unter vielen Fans als einer der Schlüssel zu ihrer musikalischen Durchsetzungskraft. Das 39 Christe, 2004, S. 48. Gegründet 1973, New York City, New York, USA, www.kissonline.com, 2011. 41 Gegründet 1969, London, England, www.ufo-music.info, 2011. 42 http://de.wikipedia.org/wiki/Iron_Maiden, 2011. 40 20 Album „Killers“ steigerte ihre internationale Popularität was zu Spannungen43 mit dem Sänger Paul Di’Anno44 und schließlich zu dessen Rausschmiss führte. Der Einstieg von Bruce Dickinson45 als neuer Frontman von Iron Maiden erwies sich als äußerst fruchtbar. „Im August 1980 präsentierte Sounds46 ein Konzert mit dem Titel Monsters of Rock, bei dem Judas Prist, Saxon, die Scorpions, Rainbow, Riot, April Wine und sechzigtausend Fans auf dem Gelände von Castle Donington zum ersten reinen Heavy-Metal-Festival zusammenkamen.“47 Rückbetrachtet war die wichtigste Dimension dieser Zusammenkunft laut Ian Christe, „dass die loyalen Heavy-Metal-Fans in Massen herbeiströmten, sobald sie zeigen durften, wie zahlreich sie waren. „Das Monsters of Rock entwickelte sich zum bedeutendsten Heavy-Metal-Festival der 80er und frühen 90er Jahre. Auch Iron Maiden traten mehrmals in Donington auf.48 Ebenfalls aus dem NWoBHM Umfeld stammt die heute dem „Black Metal“ zugeordnete Formation Venom49. Ihre erste Single „In League with Satan/Live Like an Angel” erregte auf Grund ihrer antichristlichen Aussagen Aufmerksamkeit. Ian Christe wirft (und das sicher nicht als Einziger) der Band musikalisches Unvermögen vor, gesteht ihnen aber durchaus künstlerische Qualitäten zu. „Venom brachen mit der Vorstellung von Sorgfalt und künstlerischer Raffinesse und ersetzten sie durch einen aufregenden chaotischen Strudel.“50 Das zweite Album trug den Titel „Black Metal“ und wurde so zum Namensgeber für ein ganzes Subgenre.51 Musikalisch beeinflussten Venom auch die Richtungen Speed Metal, Thrash Metal und Death Metal. Sie genießen in der Szene Kultstatus. Metal traf in den Vereinigten Staaten von Amerika direkt auf das abebbende Diskofieber und die Überbleibsel der Punkbewegung. Nur allmählich entwickelte sich auch hier eine zusammenhängende Szene. Durch das Tauschen von Musikkassetten und Szenemagazinen versuchten die Fans an Neuigkeiten über Bands und Konzerte heran zu kommen. „Als Metalhead musste man außergewöhnlich engagiert sein, um an neue 43 Vgl. Christe, 2004, S. 58. Bürgerlicher Name: Paul Andrews, *1958 in Chingford, England. 1977-1981 Sänger von Iron Maiden. 45 Bürgerlicher Name: Paul Bruce Dickinson, *1958 in Worksop, Nottinghamshire, England. 1981-1993 und gegenwärtig seit 1999 Sänger von Iron Maiden. 46 Britisches Musikmagazin, das vom Spin-Off „Kerrang!“ (ursprünglich als Beilage von Sounds erschienen) abgelöst wurde. Siehe S. 27. 47 Christe, 2004, S. 49. 48 Nach Höhenflügen in den 80er und frühen 90er Jahren bargen die späten 90er einige Krisen. Bruce Dickinson und Adrian Smith (Gitarre) verließen die Band, kehrten aber beide 1999 wieder zurück. Iron Maiden erlebten – pünktlich zur „Wiederauferstehung des Metal“ ein Comeback der Sonderklasse. Die ansonsten ansich sehr stiltreu operierende Gruppierung vollzog 2006 einen deutlichen Schwenk hin zu einer progressiven Spielweise. 49 Gegründet 1979, Newcastle, England, www.venomslegions.com, 2011. 50 Christe, 2004, S. 54. 51 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Venom_(Band), 2011. 44 21 Musik zu kommen“.52 Amerikanische Metal-Magazine gab es vorerst nicht, sehr wohl aber aufstrebende Metal-Bands. Als Wegbereiter des US-amerikanischen Metal gelten vor allem (Hard) Rock-Formationen wie Van Halen53 (Westküste) und Kiss (Ostküste). „Die Musik von Kiss war eine kommerziell funktionierende Mischung aus hymnischem, gitarrengeprägtem Hard Rock und Balladen, bei denen die Gitarren dann wegflossen. Das war der Sound, der den „Stadion-Rock“ und das „Pop-Metal“ ermöglichten, die später in den 1980er Jahren die Rockmusik beherrschten.“54 Van Halen wird von Christe als DER musikalische Vorreiter des Metal genannt. „Spielte man 1980 in Los Angeles etwas, das auch nur entfernt nach Heavy Metal klang, ohne Van Halen zu sein… galt man als Idiot.“55 Auch Alice Cooper56, der mit Horror-Schock-Effekten seine Kritik an der bürgerlichen Doppelmoral auszudrücken suchte, kann dazu gezählt werden. „Ozzy Osbourne“57, der in Los Angeles wohnte, seit er mit Black Sabbath 1976 dorthin übersiedelt war, schaffte den Brückenschlag zwischen den europäischen und amerikanischen Einflüssen.“58 Der amerikanische Metal war in seinen Anfängen düster und aufgeladen mit Showeffekten. Es entwickelten sich zahlreiche neue Stilrichtungen. „Den ursprünglichen Heavy Metal an Geschwindigkeit und Aggressivität übertreffend, entwickelten sich so in den USA der vom Hardcore-Punk beeinflusste Thrash Metal und der Speed Metal […].“59 Parallel dazu etablierte sich Glam Metal. Auch in Europa erfolgten Weiterentwicklungen. Als die Hard’n’Heavy-Welle nach Österreich kam geschah dies im Underground und unter starker Einflussnahme der deutschen Nachbarn. Einige lokale Bands waren aber durchaus bekannt: „[…] U8, No Bros, Blind Petitition, Cat Walk, Sextiger, Ballroom Blitz. Was sich konkret im österreichischen Underground tat, ist nicht überprüfbar, da es keine gesicherte Dokumentation des Geschehens gibt.“60 Auch über die Entwicklung der eigentlichen Metal Szene ist wenig bekannt. Sicher ist, dass provokante Vorarbeiter wie Drahdiwaberl61 den kritischen Umgang mit politischen Themen und das Aufzeigen sowohl von gesellschaftlich tolerierten menschlichen Grausamkeiten, als auch tabuisierten „Grauslichkeiten“ einen Platz auf der Bühne des Metal sicherten. Aber auch die okkulten und rechts bis rechtsextrem orientierten Strömungen scheinen durchaus auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. 52 Christe, 2004, S. 62. Gegründet 1974, Pasadena, Kalifornien, USA, www.van-halen.com, 2011 54 Erlewine, 1995. 55 Christe, 2004, S. 62. 56 *1948 in Detroit, Michigan, USA, bürgerlicher Name: Vincent Damon Furnier, www.alicecooper.com, 2011. 57 *1948 in Aston, Birmingham, England, www.ozzy.com, 2011. 58 Christe, 2004, S. 63. 59 http://de.wikipedia.org/wiki/Metal, 2011. 60 Anastasiadis, 2000, S. 171. 61 Gegründet 1969, Österreich, www.drahdiwaberl.at, 2011, Hardrock/Heavy Metal/Punk. 53 22 Bedeutsam waren in den ersten Jahren auch die Formation No Bros62, deren Hit „Heavy Metal Party“ Geschichte geschrieben hat und Liquid Gallon, die allerdings nie einen Plattenvertrag bekamen. Auf Grund der chronologischen Gleichzeitigkeit und wechselweisen Beeinflussung sind nachfolgend ohne zeitliche oder geographische Reihung einige Subgenres beschrieben. LITE METAL Musikalisch bereits in den siebziger Jahren durch US-amerikanische Hard Rock Bands wie Kiss oder Aerosmith63 vorbereitet, wurde die Genrebezeichnung später auf Gruppen wie Van Halen oder Bon Jovi64 übertragen. Die Texte des Lite Metal behandeln gern tabuisierte Themen wie Sexualität und Lust. Der Begriff „Lite Metal“ ist allerdings umstritten. Sam Dunn rechnet z. B. Van Halen und Guns’n’Roses65 der Kategorie Pop Metal66 zu, die aber (zumindest in Europa noch) nicht als geläufige Bezeichnung gesehen werden kann. Gerade die Zuordnung von Bands in diesem speziellen Bereich des Metal erweist sich als schwierig und uneinheitlich. So kann es geschehen, dass dieselben Bands als dem Lite, dem Glam, dem Hair und dem Power Metal zugehörig beschrieben werden. Bettina Roccor67 blendet z. B. die Bezeichnung Lite Metal völlig aus und führt die hier unterschiedlich kategorisierten Gruppen alle unter Glam Metal. GLAM METAL (HAIR METAL) Der Glam Metal hat seine Wurzeln im Glam Rock, einer Anfang der 1970er Jahre vor allem im britischen Raum populären Spielart des Rock. Der Stil des Glam Metal ist geprägt von seiner Vorliebe für Lidschatten, Lippenstift und femininer Kleidung. Daher wurde er von anderen Metal-Richtungen als „Schwulenmusik“ diffamiert. Die Musik ist einfach und für Metal relativ melodisch. Glam Metal erweiterte das Spektrum der Hörerschaft. Vertreter sind z. B. Poison68, Mötley Crüe69, Twisted Sister70, W.A.S.P.71, Ratt72 und Cinderella73. 62 Gegründet 1974, Österreich, www.nobros.com, 2011, Hard Rock/NWoBHM. Gegründet 1969, Sunapee, New Hampshire, USA, www.aerosmith.com, 2011. 64 Gegründet 1983, New Jersey, USA, www.bonjovi.com, 2011. 65 Gegründet 1985, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.gunsnroses.com, 2011. 66 Vgl. Dunn/McFayden, 2005. 67 Vgl. Roccor, 1998, S. 117. 68 Gegründet 1983, Harrisburg, Pennsylvania, USA, www.poisonweb.com, 2011. 69 Gegründet 1981, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.motley.com, 2011. 70 Gegründet 1973, New York City, New York USA, www.twistedsister.com, 2011. 71 Gegründet 1982, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.waspnation.com, 2011. 72 Gegründet 1979, San Diego, Kalifornien, USA, www.therattpack.com, 2011. 73 Gegründet 1982, Philadelphia, Pennsylvania, USA, www.cinderella.net, 2011. 63 23 SLEAZE METAL Ähnlich problematisch wie schon beim Speed Metal ist die Bestimmung des Subgenres Sleaze Metal. Die Bezeichnung taucht in Schriftstücken zwar auf, allerdings nur selten und wenn, dann vor allem in Verbindung mit Hair und Glam Metal. Häufiger ist die Rede von Sleaze Rock74. „Sleaze-Rocker pflegten eine UnderdogMentalität, sahen sich als die Ausgestoßenen der Gesellschaft und unterstrichen ihre Rebellen-Attitüde mit entsprechenden optischen Merkmalen und Kleidungsvorlieben: Toupierte Haarpracht war passé, dafür diente nun nicht selten ein möglichst breites Stirnband als Kopfschmuck; Tattoos als Hautverzierung und zerrissene Jeans als Standard-Beinkleid waren obligatorisch, Westernboots unterstrichen die OutlawMentalität.“75 Die Texte weisen oft auch rassistische und homophobe Elemente auf. Vertreter sind unter anderem Guns’n´Roses76, Skid Row77 und The 69 Eyes78 DOOM METAL Als Doom Metal wird eine kontemplative Richtung im Metal bezeichnet, als deren Wurzel gerne Black Sabbath angenommen wird. Kennzeichnend sind langsame, schwere Gitarrenriffs und eine allgemein düstere Stimmung. Melancholie, Trauer, Endzeitstimmung, Sehnsucht, Verzweiflung und Tod gehören zu den klassischen Inhalten der Songs.79 Vertreter sind z. B. Cathedral80, Jack Frost81, My Dying Bride82, Empyrium83, Type O Negative84. POWER METAL Markige Texte, die heroische Zeiten und Fantasy-Ereignisse behandeln, gehören wohl zu den hervorstechendsten Merkmalen auf inhaltlicher Seite. Kriegslüsterne Heiden oder mittelalterliches Schlachtgetümmel stehen im Mittelpunkt. Die Melodien sind eingängig und, bis auf die häufig anzutreffenden Balladen, in relativ hohem Tempo gespielt, was dem europäischen Zweig dieser Kategorie 74 Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Sleaze_Rock, 2010. www.breakoutmagazin.de/archiv/aglam3.html, 2011. 76 Gegründet 1985, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.gunsnroses.com, 2011. 77 Gegründet 1987, New Jersey, USA, www.skidrow.com, 2011. 78 Gegründet 1990, Helsinki, Finnland, www.69eyes.com, 2011. 79 Vgl. www.doom-metal.com/whatisdoom.html, 2010. 80 Gegründet 1990, England, www.cathedralcoven.com, 2011; nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen USamerikanischen Progressive Rock Band www.cathedralprogrock.com, 2011. 81 Gegründet 1993, Linz, Österreich, www.jackfrost.at, 2011. 82 Gegründet 1990, Halifax, England, www.mydyingbride.org, 2011. 83 Gegründet 1994, Hendungen, Deutschland, www.empyrium.de, 2011. 84 Gegründet 1989/90, New York City, New York, USA, www.typeonegative.net, 2011. 75 24 unter anderem auch den Namen Melodic Speed Metal eingetragen hat. Vertreter sind z. B. Virgin Steele85, Fates Warning86, Manowar87, Rhapsody of Fire88, Hammerfall89. SYMPHONIC METAL Ursprünglich wurde diese Bezeichnung vor allem auf Gruppierungen angewandt, die sich besonders durch pompöse Arrangements mit symphonischen Elementen auszeichneten. Symphonische Elemente der klassischen Musik verschmolzen mit stilistischen Eigenheiten des Metal. Es ist dies eines der Subgenres, das sich stilistisch bei derart vielen anderen bedient, dass kaum festgelegt werden kann, welchem Hauptgenre es zuzuordnen ist. Sowohl Progressive, als auch Power Metal und Gothic Metal sind stilistisch spürbar. Als Vertreter dieses Genres können z.B Blind Guardian90, Haggard91, Nightwish92, Within Temptation93, After Forever94, Sonata Arctica95 und Therion genannt werden. Für die mystischen Texte Therions zeichnet Thomas Karlsson verantwortlich, der Gründer der inzwischen internationalen esoterischen Loge „Dragon Rouge“96. CLASSIC METAL Unter diesem Begriff wird zu viel grundlegend Verschiedenes verstanden, als dass er hier tatsächlich definiert werden kann. Einerseits wird er bezüglich des „klassischen“ Heavy Metal der 80er Jahre97 (NWoBHM; …) verwendet, andererseits wird „classic“ auch als Bezug zur „klassischen Musik“98 gewertet, was dem Symphonic Metal entspräche. PROGRESSIVE METAL „Progressive Metal ist eine stilistische Synthese aus den Musikrichtungen Heavy Metal, Progressive Rock und Psychedelic Rock, die seit den 1990er Jahren zu großer Popularität gelangte.“99 Auch Elemente aus Jazz und Klassik spielen eine wesentliche Rolle. Dadurch finden sich unter den Fans dieses Subgenres auch 85 Gegründet 1981, New York City, New York, USA, www.virgin-steele.com, 2011. Gegründet 1983, Connecticut, USA, www.fateswarning.com, 2011. 87 Gegründet 1980, Auburn, New York, www.manowar.com, 2011. 88 Gegründet 1993 (urspr. „Rhapsody“), Triest, Italien, www.rhapsodyoffire.com, 2011. 89 Gegründet 1993, Göteborg, Schweden, www.hammerfall.net, 2011. 90 Gegründet 1984, Krefeld/Meerbusch, Deutschland, www.blind-guardian.com, 2011. 91 Gegründet 1989, München, Deutschland, www.haggard.de, 2011. 92 Gegründet 1996, Kitee, Finnland, www.nightwish.com, 2011. 93 Gegründet 1996, Niederlande, www.within-temptation.com, 2011. 94 Gegründet 1995, Niederlande, www.afterforever.com, 2011. 95 Gegründet 1996, Finnland, www.sonataarctica.info, 2011. 96 www.dragonrouge.net, 2010. 97 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Heavy_Metal, 11.04.2011. 98 http://de.wikipedia.org/wiki/Klassische_Musik, 11.04.2011. 99 http://de.wikipedia.org/wiki/Progressive_Metal, 11.04.2011. 86 25 oft „Nicht-Metaller“. Die Musik ist von kompositorischer Vielfalt geprägt und technisch anspruchsvoll. Neben der klassischen Band-Besetzung (Gitarren, Schlagzeug, Gesang) werden häufig auch Synthesizer sowie Streich- und Blasinstrumente miteinbezogen. Vertreter sind z. B. Fates Warning100, Psychotic Waltz101, Dream Theater102, Queensryche103, Tool104und Pain of Salvation105. EXTREME METAL Black, Death und Thrashmetal können unter dem Oberbegriff Extreme Metal zusammengefasst werden. „Der Name suggeriert bereits die wichtigsten musikalischen Parameter: Schnelle Tempi sowie vielfältige Tempowechsel und extreme Kakophonie und Ähnliches sind für jene Substile charakteristisch. Auf textueller Ebene finden sich oftmals ebenfalls extreme Elemente und Thematiken, wie etwa die explizite Darstellung von Gewalt, Misanthropie oder extremistische politische Ansichten.“106 Ausführliche Infos zu Extreme Metal liefert das 2007 erschienene Buch „Extreme Metal“107 von Keith Kahn-Harris. Die Stilrichtungen des Extreme Metal sind für diese Broschüren besonders relevant und deshalb etwas ausführlicher beschrieben als andere. THRASH METAL Häufig wird der Name des Subgenres falsch ausgesprochen und so vom Thrash (von engl. to thrash: dreschen/prügeln) zum Trash (engl. „Müll“) Metal. „Der ursprüngliche Thrash Metal zeichnet sich vor allem durch schnelles und präzises Riffing aus. […] Thrash Metal wird allgemein als Ausgangspunkt für die extremen Metal-Stile angesehen. Typisch für die Texte von Thrash-Metal-Bands sind die Thematisierung von Gewalt oder politische Themen. Einige der frühen Bands spielten mit satanistischen Themen, die aber oft mit Schilderungen von Krieg und sozialen Missständen vermischt wurden oder später durch diese ersetzt wurden.“108 Drei für die gesamte Musikgeschichte des Metal wichtige Zentren, abgesehen von England und Skandinavien, sind auch in der Entstehungsgeschichte des Thrash im Focus: 100 Gegründet 1983, Connecticut, USA, www.fateswarning.com, 2011. Gegründet 1988, El Cajon, San Diego, www.psychoticwaltz.com. 2011. 102 Gegründet 1985 (urspr. als „Majesty“), New York City, New York, www.dreamtheater.net, 2011. 103 Gegründet 1981, Seattle, Washington, USA, www.queensryche.com, 2011. 104 Gegründet 1990, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.toolband.com. 2011. 105 Gegründet 1984 (urspr. als „Reality“), Eskilstuna, Schweden, www.painofsalvation.com, 2011. 106 http://de.wikipedia.org/wiki/Extreme_Metal, 2010. 107 Kahn-Harris, 2007. 108 http://de.wikipedia.org/wiki/Thrash_Metal, 11.04.2011. 101 26 • San Francisco Bay Area (US-Westküste) • New York (US Ostküste) • Ruhrgebiet (Deutschland) Metallica109, Exodus110, und Kreator111 gelten neben Slayer112, Anthrax113 und Megadeth114 als früheste Thrasher. Slayer, deren Markenzeichen Geschwindigkeit, Brachialität und sprachliche Aggression sind, gerieten später durch ihr nicht unproblematisches Spiel mit Satanismus und neofaschistischem Gedankengut in den Blickpunkt der Kritik. Einige der folgenden Kapitel beschäftigen sich damit im Detail. In der Szene wurde zur damaligen Zeit allerdings streng zwischen künstlerischer und privater/gesellschaftlicher Ebene getrennt. Auf der künstlerischen Ebene war alles erlaubt, was als Fiktion und Kritik realer Vorkommnisse interpretiert werden konnte. So erhielten z. B. Horrortexte und satanistische Elemente ihre Legitimität. Auf privater Ebene sollten die Musiker sich nicht zu rassistischen, rechtsextremen oder sexistischen Statements bekennen. Die Übertragung von z. B. gewalttätigen Phantasien in die gesellschaftliche Realität war tabu. Dieser Ehrenkodex, der bis zum Auftreten neonazistischer Black MetalBands eingehalten wurde, ist zum Verständnis der Metal-Szene wichtig. Unterschätzt wurde die metapolitische Bedeutung derartiger künstlerischer „Visionen“: Was auf der Ebene der Kunst und der Ideen dargestellt wird, kann nur allzu leicht in die gesellschaftliche Realität hinein kippen und sich auch realpolitisch manifestieren. SPEED-METAL Es ist umstritten, ob Speed-Metal als eigenständiges Genre bezeichnet werden kann oder eine frühe Unterkategorie des Thrash-Metal darstellt. Die meisten Bands, die stilistisch Speed-Metal Elemente verwenden, sind nicht ausschließlich diesem Subgenre zuordenbar. Als Vorreiter dieses „Zwischen-Genres“ gilt die kanadische Band Anvil115. Als weitere Vertreter können (partiell) Motörhead und Exciter116 gesehen werden.117 109 Gegründet 1981, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.metallica.com, 2011. Gegründet 1982, Bay Area, Kalifornien, USA, www.exodusattack.com, 2011. 111 Gegründet 1982, Essen, Deutschland, www.kreator-terrorzone.de. 2011. 112 Gegründet 1981, Huntington Park, Kalifornien, USA, www.slayer.net, 2011. 113 Gegründet 1981, New York City, New York, USA, www.anthrax.com, 2011. 114 Gegründet 1983, USA, www.megadeath.com, 2011. 115 Gegründet 1978, Kanada, www.anvilmetal.com, 2011. Sehenswert ist der 2010 erschienene Film „Anvil! The Story of Anvil“, der den kurzen weltweiten Erfolg und das Versinken in der Vergessenheit der Band Anvil dokumentiert. Siehe www.anvilthemovie.com, 2011. 116 Gegründet 1978, Kanada, www.hemidata.se/exciter, 2011. 117 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Speed_Metal, 2011. 110 27 BLACK METAL Der Black Metal erhielt seinen Genre-Namen durch den Titel der 1982 erschienenen zweiten Platte der Gruppe Venom118, die aber musikalisch eher dem Thrash Metal zuzuordnen ist. Inhaltlich befassten sich die Texte von Venom, wie auch die der frühen Black Metal Bands, bevorzugt mit Satanismus. Die Beinamen der Bandmitglieder sollten das Image noch unterstreichen. So nannte sich der Sänger und Bassist von Venom, Conrad Lant „Cronos“119 und der Schlagzeiger Anthony Bray „Abbadon“120. Das Verwenden von Beinamen oder Pseudonymen ist in diesem Genre häufig zu beobachten. Black Metal hantiert eindeutig mit satanistischen und okkulten Texten und Symbolen und es fällt schwer, Show-Satanismus von tatsächlichem Satanismus zu unterscheiden. Offen angegriffen wird generell die (christliche) Kirche als Institution, wohingegen Glaube und/oder Religion an sich oft als zumindest neutral gewertet werden. Besonders bei der Betrachtung amerikanischer Black Metal Bands muss das Handeln einiger konservativer, oft als doppelmoralisch empfundener christlich-fundamentalistischer Kirchen mitgedacht werden, deren Einfluss auf Gesellschaft und Politik in den USA sehr groß ist. Die Auseinandersetzung zwischen Musik und Kirche hat (nicht nur in den USA) bereits lange Tradition. Blues, Rock’n’Roll, Rock und Metal wurde (und wird teilweise noch) nachgesagt, ein Medium des Teufels zu sein, um junge Menschen vom Glauben bzw. „dem rechten Weg“ abzubringen. Black Metal bemüht sich so gesehen in erster Linie um Abgrenzung zur herrschenden bürgerlichen Religiosität. Der Satanismus ist hierbei als die größtmögliche Provokation für Kirche und Bürgertum zu verstehen. Skandinavien gilt als Wiege des Black Metal. Musikalische Vorreiter sind unter anderem King Diamond121 bzw. dessen Band Mercyful Fate122. King Diamond brachte unter anderem eine Vorform des später für den Black Metal so typischen Corpse Paint auf die Bühne. Die Ausbreitung des Black Metal erfolgte in drei Wellen, wobei die erste etwa Mitte der 80er Jahre abebbte. Bands wie Celtic Frost123, Darkthrone124, Hellhammer125 und Mayhem126 waren bis dahin prägend. „1984 veröffentlichte die schwedische Band Bathory127 (die musikalisch eher dem Thrash und Viking Metal zugeordnet wird) ihr […] Debüt-Album, mit 118 Newcastle, England. Figur aus der griechischen Mythologie, Vater des Zeus, Anführer der Titanen. 120 Biblische Figur; Name abgeleitet von hebräisch abad „Untergang, Vertilgung, Abgrund“. 121 Bürgerlicher Name: Kim Bendix Petersen, *1956 in Kopenhagen. 122 Gegründet 1981, Dänemark, Heavy-Metal, www.covenworldwide.org, 2011. 123 Gegründet 1984, Schweiz, www.celticfrost.com, 2011. 124 Gegründet 1986, Norwegen, www.darkthrone.no, 2011. 125 Gegründet 1982, Nürensdorf, Schweiz, www.hellhammer.org, 2011. 126 Gegründet 1984, Norwegen, www.thetruemayhem.com, 2011. 127 Gegründet 1983, Schweden, www.bathory.se, 2011. 119 28 dem der typische Krächzgesang aufkam und dessen roher Proberaum-Klang den Standard des „schmutzigen“ Klangs setzte, der dem Black Metal seither eigen ist.“128 Die zweite Welle rollte in den frühen 90ern los. Maßgeblich an der Ausformung beteiligt ist der MayhemGitarrist „Euronymous“. Varg Vikernes129, ein Freund und der spätere Mörder von Euronymous, der sich auch „Count Grishnackh“ nannte, gründete das Black Metal/Ambient Projekt Burzum130. Vikernes verband satanistische Vorstellungen mit neonazistischen Agitationen (siehe Ausführungen zum NS-Kult im Heavy Metal). Emperor131, Darkthrone und Immortal132 vollzogen Stilwechsel und passten sich dem neuen Bild des Black Metal an. Grundsätzlich ging es um die klare Abgrenzung vom als zu massentauglich empfundenen Death Metal.133 „Durch ein Interview, das Varg Vikernes einer norwegischen Tageszeitung gab und in dem er die Black-Metal-Szene mit den Kirchenbränden134 in Verbindung brachte, und einen kurz darauf veröffentlichten, reißerischen Artikel über die Vorgänge innerhalb der norwegischen Black-Metal-Szene im britischen Magazin Kerrang! geriet die Szene 1993 ins Blickfeld einer breiteren Öffentlichkeit. Musiker von Bands wie Satyricon135, Marduk136, Emperor, Burzum, Dimmu Borgir137 und Darkthrone gaben in Interviews Abb. 5 Abb. 6 neben gewaltverherrlichenden Aussagen auch solche von sich, in denen sie mit Rassismus und Rechtsextremismus kokettierten und so für den Boykott des Black Metal durch zahlreiche Medien sorgten.“138 128 http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Metal, 2011. 1994 wegen Mordes und Brandstiftung zu 21 Jahren Haft verurteilt. 2009 auf Bewährung entlassen. 130 Gegründet 1991, Norwegen, www.burzum.org, 2011. 131 Gegründet 1991, Norwegen, www.emperorhorde.com, 2011. 132 Gegründet 1990 (urspr. als „Amputation“), Norwegen, www.immortalofficial.com, 2011. 133 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Metal, 2011. 134 Es gab in Norwegen zahlreiche Brandstiftungen, die mit der Black-Metal Szene in Verbindung gebracht wurden. Burzum vermarktet sogar eine Art Kirchenbrand-Tourshirt. Vgl. Abb. 5 und 6. 135 Gegründet 1990 (urspr. als „Eczema“), Norwegen, www.satyricon.no, 2011. 136 Gegründet 1990, Norrköping, Schweden, www.marduk.nu, 2011. 137 Gegründet 1993, Norwegen, www.dimmu-borgir.com, 2011. 138 http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Metal, 2011. 129 29 Die dritte Welle, etwa ab Mitte der 90er, spaltete die „Szene“. Einerseits erfolgt eine Hereinnahme von musikalischen Einflüssen anderer Genres, wie z. B. der klassischen und der elektronischen139 Musik, andererseits bemühten sich die – aus ihrer Sicht – einzig „wahren“ Black Metal Bands um härtere Ausdrucksformen und die intensivstmögliche Abgrenzung gegenüber „Kommerz“ und Massentauglichkeit. Weltweit setzte ein Nachahmungsprozess des nordischen Black Metal ein, den Mortiis140 schlichtweg als „peinlich“ bezeichnete: „Wenn sich ein Typ aus Griechenland an Thors Hammer festhält, wozu soll das gut sein? Er soll ein Symbol für Zeus oder Kronos nehmen und wenigstens seinen eigenen mythologischen Göttern Respekt entgegenbringen!“141 Nicht nur die Musik, auch das aggressive Verhalten wurde als „dazugehörig“ kopiert – es kam zu zahlreichen Friedhofsschändungen und Kirchenbränden. „Von der BlackMetal-Welle peinlich berührt, versuchte eine engagierte Fraktion an möglichst rohen, einfachen Sounds festzuhalten und echtem Gefühl den Vorzug vor greller Symbolik zu geben.“142 Dazu gehörten Bands wie Darkthrone, Carpathian Forest143, Havohej144 und Hemlock145. Christe führt in seinem erstmals 2003 erschienen Buch „Höllenlärm“ aus, dass sich das „Extreme in Norwegen in die soziale Akzeptanz ergeben“ hat, „da die Bands jetzt unverständlicher Weise Zuspruch dafür erhielten, dem Land eine musikalische Identität verschafft zu haben.“146 Bands wie Cradle of Filth147 und Dimmu Borgir verliehen den nicht im Untergrund verwurzelten Teilen der Szene neuen Glanz. Was Christe nicht erwähnt, aber der Wahrnehmung bei Konzerten, Festivals und in einschlägigen Kneipen entspricht: Der „Underground“ existiert weiterhin. Jene, die die Inhalte des Black Metal so ernst meinen, dass jede Art von finanziellem Profit zu einer Beleidigung der Idee würde, scheren sich natürlich nicht um Breitenwirksamkeit und öffentliches Aufsehen. Der Politologe Dr. Rainer Fromm bezeichnet in einem Gutachten für die BPiM148 den Black Metal als „eine Subkultur der Widersprüche, die Blut, Gewalt und Stärke glorifiziert und gleichzeitig ihren Frieden mit der oftmals schockierenden Umwelt sucht.“149 139 Verbindung zu Industrial/Black/Dark Ambient Gründungsmitglied von Emperor, später bekannt für seine Dark Ambient Solo-Projekte. 141 Christe, 2004, S. 296. 142 Ebda. 143 Gegründet 1990, Sandens, Norwegen, www.tnbm.no, 2011. 144 Gegründet 1993, New York City, New York, USA, keine Website auffindbar. 145 Gegründet 1992, New York City, New York, USA, keine Website, Fansite: www.myspace.com/hemlockworship, 2011. 146 Christe, 2004, S. 296.; Man denke an Metal-Bands beim Euro-Visions-Songcontest, in Werbungen etc. 147 Gegründet 1991, Suffolk, England, www.cradleoffilth.com, 2011. 148 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, Deutschland. 149 Genese der Black Metal-Subkultur und des Neosatanismus in der Rockmusik, www.bundespruefstelle.de, 2011. 140 30 2009 erschien der nicht unumstrittene Dokumentarfilm „Until The Light Takes Us“150, der sich der norwegischen Black Metal Szene widmet. DEATH METAL Als die erste Welle des Black Metal abebbte, gewannen Death Metal und etwas später auch Viking Metal an Bedeutung. 1985 nimmt die Formation Death151 die Demo „Infernal Death“ in Florida auf. Chuck Schuldiner152, der Sänger von Death, gilt als Begründer des Death Metal. Im Unterschied zum schrillen, hohen „Gekreische“ das im Black Metal üblich ist, sind hier tiefe dunkle „Growls“ ein wesentliches Stilelement. Als wichtiger Vorarbeiter des Death Metal gilt die, ebenfalls kalifornische, Thrash-Metal Gruppe Slayer. Possessed153, auch aus der Bay Area stammend, gelten als eine der ersten tatsächlichen Death Metal Formationen. „Durch das rasende, vernichtende Tempo des Grindcore154 entzündet, machte die massive Feuersbrunst des Death Metal alles andere vergessen. Die letzten Spuren von traditionellem Rock’n’Roll wurden von den neuen Gebietern – dem Triumvirat Death, Morbid Angel155 und Deicide156 – endgültig verwischt.“157 Deicide gelten als die bekannteste Death Metal-Formation. Der Sänger und Bassist von Deicide, Glen Benton158, ließ sich ein umgedrehtes Kreuz in die Stirn einbrennen159, bezeichnete sich selbst wie auch die übrigen Bandmitglieder als von Dämonen besessen und tätigte ferner die Aussage, dass „Death Metal und Satanismus Hand in Hand zu gehen hätte[n].“160 Zu den einflussreichsten Vertretern des Florida Death Metal161 zählen auch Obituary162 und Brutality163. Inhaltlich liegt dem Death Metal eine zutiefst pessimistische Weltsicht zu Grunde. Der Tod an sich ist Angelpunkt und Richtung. Weiters handeln die Texte vom Horror der Gentechnik, von Aufrüstung und Umweltzerstörung, sozialem Leid und Massenvernichtung. Die Bühnenshows dürften vor allem von sogenannten Splatter164-Filmen inspiriert worden sein. Die Sexualität, sofern sie besungen wird, ist manchmal ebenfalls auf den Nach-Todesbereich (Nekrophilie) verschoben, etwa bei zahlreichen Texten der 150 Aites, Aaron, Ewell, Audrey: „Until The Light Takes Us“, Variance Films, 2009. Gegründet 1983 (urspr. als „Mantas“), Tampa, Florida, USA, www.emptywords.org, 2011. 152 *1967 in Long Island, New York, USA. 153 Gegründet 1983, San Francisco, Kalifornien, USA, www.myspace.com/666possessed, 2011. 154 Im Hardcore-Punk wurzelnder Musik-Stil. 155 Gegründet 1984, Tampa, Florida, USA, www.morbidangel.com, 2011. 156 Gegründet 1987 (urspr. als „Amon“), Florida, USA, www.deicide.com, 2011. 157 Christe, 2004, S. 250. 158 *1967 in den USA. 159 Vgl. Abb. 24. 160 Dornbusch/Killguss, 2005, S. 227. 161 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Florida_Death_Metal, 2011. 162 Gegründet 1984 (urspr. als „Executioner“), Tampa, Florida, USA, www.obituary.cc, 2011. 163 Gegründet 1986, Tampa, Florida, USA, http://originalbrutality.tripod.com, 2011. 164 „Splatter“ setzt sich aus den engl. Worten „splash“ und „to spatter“ zusammen – beide bedeuten „spritzen“, hier vor allem das Herumspritzen des Blutes. 151 31 Formation Cannibal Corpse165. Der Death Metal verherrlicht allerdings nicht die Freude an dieser dargestellten Welt, sondern besingt die Angst davor. Die menschliche Existenz gilt ihm als ständig von Tod und/oder Irrsinn bedroht. „Während England das Heimatland des Heavy Metal gewesen war und das Herz des Thrash in San Francisco pochte [wie das des Black Metal in Skandinavien], gedieh Death Metal auf der ganzen Welt.“166 Neben der bedeutenden US-amerikanischen Szene begann sich zu Anfang der 90er Jahre auch im skandinavischen Raum eine Szene zu entwickeln, die im sogenannten Melodic Death Metal (auch New Wave of Swedish Death Metal, NWoSDM) gipfelte167: „Entombed168, Dismember169, At the Gates170, Grave171, Dissection172, In Flames173 – diese energiegeladenen Verwalter des schwedischen Göteborg-Sounds betonten Power neben Groteskem und lockten viele bereitwillige Mainstream-Rockfans in die Tiefen des Death Metal.“174 Der Bezug zu okkulten und satanistischen Themen ist nicht von der Hand zu weisen. „Metallica, Megadeth und Anthrax hatten dem Satanismus bereits zu Beginn ihrer Laufbahn abgeschworen, Death Metal aber stellte die mythische Auslegung wieder in den Vordergrund.“175 Es wird immer wieder versucht, die Bands des Black und Death Metal zu unterteilen nach jenen die tatsächlichen Satanismus praktizieren und propagieren (hier werden oft Deicide, Mayhem, Dark Funeral und Marduk genannt), und jenen, die Protestbzw. Show-Satanismus betreiben (wie Possessed, Dimmu Borgir und Cradle of Filth). Show-Satanismus äußert sich durch ein betont dämonisches Image der Musiker und eine entsprechende Aura, die durch hasserfüllte, verbitterte Bühnenshows mit Kunst-Blut und Tierkadavern verstärkt wird.176 WHITE METAL UND UNBLACK METAL Beides sind Untergenres des so genannten Christlichen Metal die sich ausschließlich mit christlichen Inhalten befassen.177 Diese Strömungen stellten eine Gegenreaktion auf die satanistische Welt des Black Metal dar und entstanden in den USA ab ca. 1985. Die Gruppen dieser Richtungen vertreten meist ein strenges „Recht- und Ordnung“-Christentum mit reaktionären, fundamentalistischen Inhalten. Armut, Hunger oder AIDS werden z. B. als Strafen Gottes für vorehelichen Geschlechtsverkehr gesehen und auch 165 Gegründet 1988, Buffalo, New York, USA, www.cannibalcorpse.net, 2011. Christe, 2004, S. 251. 167 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Melodic_Death_Metal, 2011. 168 Gegründet 1989, Stockholm, Schweden, www.entombed.org, 2011. 169 Gegründet 1988, Stockholm, Schweden, www.dismember.se, 2011. 170 Gegründet 1990, Göteborg, Schweden, www.atthegates.se, 2011. 171 Gegründet 1988, Visby, Schweden, www.grave.se, 2011. 172 Gegründet 1989, Strömstad, Schweden, www.dissection.se, 2011. 173 Gegründet 1990, Göteborg, Schweden, www.inflames.com, 2011. 174 Christe, 2004, S. 262. 175 Ebda. S. 254. 176 Vgl. Schweidlenka: Satanismus, 2010. 177 http://de.wikipedia.org/wiki/Christlicher_Metal, 2010. 166 32 antisemitische Weltverschwörungstheorien sind aus diesen Musikerkreisen bekannt. „Im Gegensatz zum später entstandenen Unblack Metal wirken die Texte [des White Metal] positiv, direkt und plakativ und sind stark von reformatorischen und evangelikalen Einflüssen geprägt. Die Band Stryper verband ihr musikalisches Schaffen zudem mit offensiver Evangelisation, etwa durch das Verschenken von tausenden Bibeln während ihrer Konzerte. […] Im Unblack Metal werden primär negative Aspekte des Lebens wie Melancholie, Trauer und innere Verzweiflung, die mühsame Suche nach Gott oder Hass und Wut beleuchtet.“178 Vertreter sind z. B. Stryper179, Bloodgood180, 7th Angel181 und Horde182. Auch in anderen Metal Subgenres wie z. B. dem Heavy, Power, Death, Doom und Gothic Metal sind Bands mit christlichen Inhalten vertreten.183 CROSSOVER – DIE VERSCHMELZUNG MUSIKALISCHER STILE MIT METAL Der ursprünglich Mitte der siebziger Jahre aufgekommene Begriff des „Crossover“ erlebte Ende der achtziger bzw. zu Beginn der neunziger Jahre eine Renaissance, als Vermischungen zwischen Metal, HipHop, Alternative Rock, Rap, Punk und Funk versucht wurden. „Den Startschuss gab wahrscheinlich 1992 das Debütalbum von Rage Against The Machine184, obwohl schon Jahre vorher Gruppen wie Fugazi,185 White Zombie186, aber auch Rapper wie Run DMC187 damit begonnen hatten, die bis dahin als unvereinbar geltenden stilistischen Grenzen bis zur Unkenntlichkeit zu verwischen.“188 Die stilistische Öffnung führte auch zu einer Erweiterung des Hörerkreises. Der Rap war, neben dem Punk, eine der ersten Musikrichtungen, die für die „Metalvariante“ des Crossover bedeutend wurden. Metal galt lange Zeit als Musik der weißen Unterschicht, die gegen das wohlhabende Bürgertum rebellierte, doch spätestens diese Fusion machte die Musik und Szene auch für schwarze Fans zugänglich und interessant. Auch oder gerade die Fachliteratur189 definierte den „Metalfan“ lange als männlichen, weißen, sozial unterprivilegierten Arbeiter in den mittleren Zwanzigern. Mittlerweile widersprechen viele Autoren dieser Annahme deutlich und bestreiten – zumindest seit der 178 Ebda, 2011. Gegründet 1983, Orange County, Kalifornien, USA, www.stryper.com, 2011. 180 Gegründet 1984, Seattle, Washington, USA, www.bloodgoodband.com, 2011. 181 Gründungsjahr unbekannt, USA, keine Website auffindbar. 182 Gegründet 1994, Australien, keine Website auffindbar, Fansite: www.thanatosmetal.com/horde, 2011. 183 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Christlicher_Metal, 2010. 184 Gegründet 1991, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.ratm.com, 2011. 185 Gegründet 1987, Washington D.C., USA, Post-Hardcore/Indie-Rock/Art-Punk, www.southern.net, 2011. 186 Gegründet 1985, USA, www.zombiefaq.com, 2011. 187 Gegründet 1982, New York City, New York, USA, www.rundmc.com, 2011. 188 Graf, 2001, S. 5. 189 Siehe dazu: Roccor, 1998; Kemper/Langhoff/Sonnenschein, 1998, S. 244-259. 179 33 „Gattungsaufweichung und den daraus resultierenden Stilbastarden“190 – die Gegebenheit dieses homogenen Szenebildes. Zwar gab es auch rassistische Färbungen, verbale Rassismen wie „Speak English or die“ von M.O.D.191 (Method of Destruction). Sozial-darwinistische Texte wie „Der Untermensch“ von Type o Negative192 blieben aber Ausnahmen. Mit der zunehmenden Politisierung der Metal-Szene entdeckten „Metalintellektuelle“ Gemeinsamkeiten von Fans aller Hautfarben und Schichten: Das gesellschaftliche Außenseitertum, der Hass auf das System und die Wünsche nach Sozialreformen. Es kam zu einigen Allianzen, bei denen schwarze Anliegen in die Metal-Szene hineingetragen wurden (Run DMC, Beastie Boys, …). Bekannte Bands, die sich des Crossover bedienen sind z. B. Biohazard193, Body Count194, Clawfinger195, Dirty Rotten Imbeciles196, Dog eat Dog197, Faith No More198, Living Colour199, und Suicidal Tendencies200. NU METAL/NEW METAL Hier werden vornehmlich Elemente des Thrash Metal, Hardcore, Grunge, Industrial, Punk und Rap kombiniert, wobei der Unterschied zum Crossover in der härteren Spielart, tiefer gestimmten Gitarren und dem eher spärlichen Einsatz von Rap-Passagen201 liegt. Graf202 bezeichnet den Nu Metal als „populäre Schnittstelle“ zwischen den oben genannten Musikgenres und schreibt die Etablierung des Begriffes den medialen Erfolgen der Bands Korn (bzw. KoЯn )203, Slipknot204 und Papa Roach205 zu. Weitere bekannte Bands sind z. B. Coal Chamber206, Limp Bizkit207, Linkin Park208, Ill Niño209. 190 Schäfer, 2002. Gegründet 1986, New York City, New York, USA, www.billymilano.com, 2011. 192 Gegründet 1989/90, New York City, New York, USA, www.typeonegative.net, 2011. 193 Gegründet 1987, New York City, New York, USA, www.biohazard.com, 2011. 194 Gegründet 1989, USA, keine Website auffindbar. 195 Gegründet 1991, Schweden/Norwegen, www.clawfinger.net, 2011. 196 Gegründet 1982 (urspr. als „US-Dirty Rotten Imbeciles“), Houston, Texas, USA, www.dirtyrottenimbeciles.com, 2011. 197 Gegründet 1991, New Jersey, USA, www.dogeatdog.nl, 2011. 198 Gegründet 1982, San Francisco, Kalifornien, USA, www.fnm.com, 2011. 199 Gegründet 1984, New York City, New York, USA, www.myspace.com/livingcolourmusic, 2011. 200 Gegründet 1982, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.suicidaltendencies.com, 2011. 201 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Nu_Metal, 2010. 202 Graf, 2001, S. 202. 203 Gegründet 1993, Bakersfield, Kalifornien, USA, www.korn.com, 2011. 204 Gegründet 1995, Des Moines, Iowa, USA, www.slipknot1.com, 2011. 205 Gegründet 1993, Vacaville, Kalifornien, USA, www.paparoach.com, 2011. 206 Gegründet 1994, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.myspace.com/coalchambermusic, 2011. 207 Gegründet 1994, Jacksonville, Florida, USA, www.limpbizkit.com, 2011. 208 Gegründet 1996 (urspr. als „Xero“ bzw. „Hybrid Theory“), Los Angeles, Kalifornien, USA, www.linkinpark.com, 2011. 209 Gegründet 1999, New Jersey, USA, www.illnino.com, 2011. 191 34 METALCORE Aus Elementen von Heavy, Threash und Melodic Death Metal sowie des Hardcore Punk entwickelte sich der Metalcore, in Anspielung auf die NWoBHM auch „New Wave of American Heavy Metal“ genannt. Aus dem Metalcore entwickelte sich der schnellere und aggressiver gespielte Death Core. Musikalisch orientiert sich dieses Genre mehrheitlich am Metal, inhaltlich jedoch mehrheitlich am Hardcore. Gesellschaftliche und politische Themen und ein starker Jugendbezug stehen im Vordergrund. 210 Vertreter sind z. B. As I Lay Dying211, Caliban212, Chimaira213, Heaven Shall Burn214, Bullet for My Valentine215 und Killswitch Engage216. Als Subgenre des Hardcore, nicht des Metal, gilt der Hatecore217, eine Strömung, deren Texte sich durch besonders aggressive und hasserfüllte Texte auszeichnen. „Heute wird der Begriff oft mit Gruppen in Verbindung gebracht, die dem Rechtsextremismus, Neonazismus, Rassismus und der White-SupremacyIdeologie anhängen oder nahe stehen, weshalb dieses Subgenre hier Erwähnung findet.“218 Weitere Fachbroschüren zum Thema erhältlich unter www.logo.at. GOTHIC METAL In den frühen 90er Jahren begannen Bands wie Paradise Lost219, Tiamat220 und My Dying Bride221 damit, typische Elemente des Gothic mit Metal zu verbinden. „1995 brachte die norwegische Band Theatre of Tragedy222, mit ihrem ersten Album das markanteste Merkmal für den typischen Gothic Metal mit ein, und zwar den Wechselgesang zwischen Mann (Growls, Grunts) und Frau.“223 In diesem Genre sind Überschneidungen mit Doom und Symphonic Metal häufig zu beobachten. Der Song „Black No. 1“ von Type O Negative (die allerdings vor allem dem Doom Metal zugeordnet werden) verhalf dem Stil, zumindest vorübergehend, zu großer Popularität. Gerade diesem Genre werden auf Grund eines düsteren 210 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Metalcore, 2010. Gegründet 2001, San Diego, Kalifornien, USA, www.asilaydying.com, 2011. 212 Gegründet 1997, Hattingen, Deutschland, www.calibanmetal.com, 2011. 213 Gegründer 1998, Cleveland, Ohio, USA, www.chimaira.com, 2011. 214 Gegründet 1996 (urspr. als „Before the Fall“), Saalfeld an der Saale, Deutschland, www.heavenshallburn.com, 2011. 215 Gegründet 1999, Wales, Großbritannien, www.bulletformyvalentine.com, 2011. 216 Gegründet 1999, Westfield, Massachusetts, USA, www.killswitchengage.com, 2011. 217 Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Hatecore, 2011. 218 http://de.wikipedia.org/wiki/Hatecore, 2010. 219 Gegründet 1988, Halifax, England, www.paradiselost.co.uk, 2011. 220 Gegründet 1988, Schweden, anfangs Black/Death Metal, gelten später als Begründer des Gothic Metal, www.churchoftiamat.com, 2011. 221 Gegründet 1990, Halifax, England, www.mydyingbride.org, 2011. 222 Gegründet 1993, Stavanger, Norwegen, www.theatreoftragedy.com, 2011. 223 http://www.metalstile.de/gothic-metal.html, 2011. 211 35 Erscheinungsbildes viele Bands fälschlicherweise zugeordnet (Oomph!, Rammstein, HIM, Lacrimas Profundere, Cradle of Filth, etc.).224 In den achtziger Jahren wäre eine Annäherung von Metal und Gothic schwer möglich gewesen. Die Welt der eher feminin anmutenden Goths schien mit der rauen Metal-Macho-Männlichkeit unvereinbar. Auf beiden Seiten war aber das Interesse an okkultistischen Themen vorhanden. Im Gothic Metal trafen sich nun die okkulten Interessen der beiden Strömungen. Weitere Merkmale, die eine Annäherung der beiden Szenen erleichterten, waren der Hang zu extremen Outfits und – für die bürgerliche „Normalgesellschaft“ – extremen Lebenseinstellungen, Nichtanpassung, Widerstand gegen Gleichschaltung und Normierung im Sinne des Mainstream. Von Bedeutung ist ferner der Gothic Rock, worauf im Kapitel über die Gothic Szene näher eingegangen wird. 224 36 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Gothic_Metal, 2011. INDUSTRIAL Alex Mikusch Industrial entwickelte sich Mitte der 1970er Jahre in England und den USA. Stilprägend war die Band Throbbing Gristle225 aus England mit ihrem Label „Industrial Records“. Hier wird Provokation als Kunstform eingesetzt. Dabei ist die Provokation jedoch kein Selbstzweck, sondern beabsichtigt eine Verstörung des Hörers, die ein Reflektieren seines eigenen Handelns bewirken soll. Die Vertreter entstammten anfangs Kunsthochschulen. Ähnlich wie beim Wiener Aktionismus wollten die Industrial-Vertreter durch Provokation die Wurzeln von Faschismus und Unterdrückung aufzeigen. Die Künstler versuchten, durch bewusste Provokation die Doppelmoral der Gesellschaft sichtbar zu machen. Die Musikrichtung Industrial brach mit herkömmlichen Vorstellungen von Musik. Mit Synthesizern, Alltagsgeräuschen und Sprach-Samples wurden teils ruhige, teils orkanartige Klangbilder erzeugt. Mit dem Gesamtkonzept wollte man die hoch technisierte Industriegesellschaft und deren Medien kritisieren, in welchen man die Ursachen für pervertiertes menschliches Verhalten sah. Ursprünglich verstand sich Industrial als ganzheitliches avantgardistisches Musikkonzept, das mit sämtlichen Elementen von Schock und Provokation Tabus brechen wollte. Der Industrial wollte durch extreme Darstellungen von Krieg, Faschismus, Nationalsozialismus, Sexualität und Tod irritieren und wachrütteln. Diese Kunstform ist stark anfällig für Fehlinterpretationen, zum Verständnis dieser Inszenierungen gehört eine große Portion an Reflexionsbereitschaft. Im Laufe der 1980er vermischte sich die Industrial Szene mit anderen Stilrichtungen: Gothic, Dark Wave, Neofolk, Metal, usw. „Mitte der 1980er lösten sich die meisten Industrialbands der ersten Stunde auf, da der anfangs so innovative Impuls verfiel und das ursprünglich komplexe Geflecht aus Kunst, Medientheorie und Provokation zu einem Stereotyp degenerierte.“226 In den 1990ern sind etliche Bands mit dem Industrial-Etikett versehen worden, die jedoch mit dem ursprünglichen Konzept nur mehr wenig zu tun hatten und haben: Nine Inch Nails227, Ministry228, Marilyn Manson229 usw. Der heutige Industrial teilt sich musikalisch in eine an den Ursprüngen der Musik orientierte Stilrichtung, sowie in eine mehr dem Techno verpflichteten Weiterentwicklung. Inhaltlich schrecken einige dieser Bands nicht davor zurück, Tabubrüche noch weiter zu überspitzen. Diese werden oft nicht mehr in einen kritischen Diskurs gestellt, sondern offen ausgelebt. Im Laufe der Zeit wurde 225 Gegründet 1976, England, www.throbbing-gristle.com, 2011. Dornbusch, 2002, S. 288. 227 Gegründet 1988, Cleveland, Ohio, USA, www.nin.com, 2011. 228 Gegründet 1981, Chicago, Illinois, USA, www.ministrymusic.org, 2011. 229 Gegründet 1989, Tampa, Florida, USA, www.marilynmanson.com, 2011. 226 37 aus einer Bewegung mit einem eher linken Background eine, die sich mittlerweile in weiten Teilen offen der rechten Ideologie verschreibt. Teilweise mit einem Hang zur Nazi-Esoterik, wie etwa bei Death in June230, oder dem Musiker Boyd Rice, der rassistische und sozialdarwinistische Thesen propagiert. Die 1980 gegründete slowenische Band Laibach231 gilt als „Kult“ und steht beispielhaft für die kontroverse Art des Industrials. Bei Laibach verschmelzen viele Musikstile zu einer neuen Einheit und einer in dieser Form einzigartigen Klangcollage. In dieser spiegelt sich die Denkweise der Band wider. Laibach arbeiten mit dem Stilmittel der Überidentifizierung von totalitärer Ideologie. So bestehen ihre Konzerte aus multimedialen Performances bei denen sie Uniformen tragen und ihr Sänger als Erlöserfigur erscheint. Der eindringlich beschwörende Gesang des Sängers Milan Fras gilt als gewaltiger Einfluss auf den Sänger Till Lindemann, der seit Mitte der 1990er mit der erfolgreichen deutschen Band Rammstein ausgehend von Ostberlin die Welt musikalisch erobert. FOLK METAL Diese Stilrichtung mischt, sowohl hinsichtlich der Spielweise, als auch der instrumentellen Besetzung, Metal mit folkloristischen Elementen aller Art. Als Wegbereiter gilt die Band Skyclad232, die erstmals 1991 englische Folklore in ihre Musik einbrachte. Die Abgrenzung zu Pagan-, Viking-, und Mittelaltermetal ist nicht immer klar. So werden z. B. dem entsprechenden Artikel233 der Seite www.laut.de folgend auch mancherorts Bathory234, die von Wikipedia235 ganz klar dem Vikingmetal zugeordnet werden, als „Erfinder“ des Folkmetal gesehen. Die Gruppe In Extremo236, ebenfalls gerne als Folk Metal bezeichnet, fällt eher in den Bereich Mittelalter Metal. Das Feld des Folk Metal beschränkt sich nicht auf den europäischen Raum, sondern hat sich vielmehr explosionsartig weltweit (weiter)entwickelt. Elemente aus beinah allen Ethnien finden ihren Widerhall. Und es muss nicht zwingend der eigene Kulturkreis vertreten werden, wie die Celtic-Folk-Metal Band Tuatha de Danann237 aus Brasilien beweist. Einen guten Überblick über die Vielfalt dieser Szene bietet der Wikipedia Artikel „Folk-Metal“, in dem über fünfzig Gruppen aus Kulturkreisen beinah aller Kontinente gelistet werden. Auffallend ist die überwiegende Hinwendung zu frühgeschichtlichen Kulturen und deren 230 Gegründet 1981, Großbritannien, www.deathinjune.net, 2011. Gegründet 1980, Trbovlje, Slowenien, www.laibach.nsk.si, 2011. 232 Gegründet 1990, Newcastle upon Tyne, England, www.skycladmusic.co.uk, 2011 233 www.laut.de/Folk-Metal-(Genre), 2010. 234 Gegründet 1983, Schweden, www.bathory.se, 2011. 235 http://de.wikipedia.org/wiki/Folk_Metal, 2010. 236 Gegründet 1995, Siegen, Deutschland, ww.inextremo.de, 2011. 237 Gegründet 1995, Varginha, Brasilien, www.myspace.com/tuathadedanann, 2011. 231 38 Mythologien. Vertreter des Folk Metal sind zum Beispiel: Chthonic238, Eluveitie239, Finntroll240, Korpiklaani241, Mägo de Oz242, Orphaned Land243, Tuatha de Danann. MITTELALTER METAL/MITTELALTER ROCK Auch die Bezeichnung Medieval Folk Metal ist zu finden, wonach der Mittelalter Metal/Rock ein Subgenre des zuvor genannten Folk Metal wäre.244 Gemeint ist jedenfalls die Verbindung von modernen, historisch inspirierten Instrumenten, „wie beispielsweise Sackpfeife, Harfe, Drehleier, Schalmei, Blockflöte und/oder mittelalterlichen Texten mit Elementen moderner Rock- und Metal-Musik wie E-Gitarre, E-Bass, Schlagzeug oder Elektronik.“245 Stilprägend für den deutschen Raum waren vor allem die Gruppen In Extremo, Subway to Sally246 und Corvus Corax247. Weitere Vertreter sind zum Beispiel Haggard248 und Schandmaul249. Der Versuch nicht-deutschsprachige Bands diesem Begriff zuzuordnen erwies sich als äußerst schwierig, da die meisten (z. B. die finnische Band Waltari250) im Laufe ihres Bestehens vielen verschiedenen Stilen zugeordnet werden können und die Phase des Mittelalter Metal nicht im Vordergrund steht. Eine gute Recherchehilfe bietet hier der Artikel „Neo-Medieval-Music“251 der englischsprachigen Wikipedia Seite. Bezeichnender Weise wurde der deutschsprachige Artikel „Mittelalter Metal“ im April 2011 gelöscht bzw. zu „Mittelalter Rock“252 verschoben. VIKING METAL Roland Filzwieser Umstritten bleibt sicherlich, wo die genaue Grenze zwischen Viking Metal und Viking Black Metal zu ziehen ist. Zählen für die einen alle Bands, deren Texte und Artwork sich mit der Wikingerzeit und der nordischen Mythologie befassen, selbst wenn sie musikalisch eher im Black Metal (seltener auch im Death Metal) beheimatet sind als Viking Metal Bands, so verstehen die anderen unter Viking Metal nur jene Musik, welche 238 Gegründet 1995, Taipeh, Taiwan, www.chthonic.tw, 2011. Gegründet 2002, Winterthur, Schweiz, www.eluveitie.ch, 2011. 240 Gegründet 1997, Helsinki, Finnland, www.finntroll.net, 2011. 241 Gegründet 2003, Lahti, Finnland, www.korpiklaani.com, 2011. 242 Gegründet 1988/89, Spanien, www.magodeoz.com, 2011. 243 Gegründet 1991, Israel, www.orphaned-land.com, 2011. Arbeitet mit vielfältigen folkloristischen Anleihen, wird allgemein aber eher zum Death, Doom u./o. Progressive Metal gezählt. 244 Vgl. http://rateyourmusic.com/genre/Medieval+Folk+Metal, 2011. 245 http://de.wikipedia.org/wiki/Mittelalter-Rock, 2010. 246 Gegründet 1992, Potsdam, Deutschland, www.subwaytosally.com, 2011. 247 Gegründet 1989, DDR, www.corvuscorax.de, 2011. 248 Gegründet 1989, München, Deutschland, www.haggard.de, 2011. 249 Gegründet 1998, München, Deutschland, www.schandmaul.de. 2011. 250 Gegründet 1986, Helsinki, Finnland, www.waltarimusic.com, 2011. 251 http://en.wikipedia.org/wiki/Neo-Medieval_music, 2010. 252 http://de.wikipedia.org/wiki/Mittelalter-Rock, 2011. 239 39 eben erwähnte Thematik mit einer Mischung aus recht frei kombinierbaren Elementen des Black Metal und des Folk allgemein, sowie skandinavischer Volksmusik im Speziellen, vertonen. Vom Viking Metal zu unterscheiden ist im Übrigen der Pagan Metal welcher sich mit dem Heidentum und der Mythologie außerhalb Skandinaviens befasst, wobei es naturgemäß auch häufig zu Überschneidungen kommen kann. Ein früher Vorreiter des Genres ist sicherlich die Band Manowar, die 1983 mit dem Lied „Gates of Valhalla“ auf dem Album „Into Glory Ride“ begann, immer wieder Themen der skandinavischen Mythologie und Geschichte aufzugreifen. Einen nächsten großen Schritt für den Viking Metal machte 1988 die schwedische Band Bathory mit dem Album „Blood Fire Death“, welche sich diesem Thema als erste skandinavische Band, und darüber hinaus als Gesamtkonzept annahm. Als Urheber des Begriffes „Viking Metal“ wird oft die norwegische Band Enslaved genannt, die diesen 1994 im Booklet ihres Albums „Frost“ als Untertitel abdrucken ließ. Ein weiteres Charakteristikum, welches allerdings bei Weitem nicht nur auf Viking Metal zutrifft, ist, dass viele Bands neben Englisch auch in einer skandinavischen Sprache bzw. ihrer Landessprache singen. So haben etwa Enslaved, Einherjer253, Windir254, Himinbjørg255 und Helheim256 Lieder auf Norwegisch, Thyrfing257, Månegarm258, Odhinn259 und Mithotyn260 auf Schwedisch, Falkenbach261 und Sólstafir262 auf Isländisch sowie Týr263 auf Färöisch herausgebracht, um hier exemplarisch nur einige wichtige Bands zu nennen. Neben den obgenannten Stilrichtungen existiert noch eine Vielzahl weiterer die sich oftmals überschneiden! Es soll hier aber nur um eine grobe Einteilung und die grundlegende Erklärung einiger Subströmungen gehen um ein Grundverständnis der Vielfalt der Szene zu bekommen. 253 Gegründet 1993, Haugesund, Norwegen, www.einherjer.com, 2011. Gegründet 1994, Sogndal, Norwegen, www.windir.no, 2011. 255 Gegründet 1996, Chambéry, Frankreich, www.himinbjorg.fr, 2011. 256 Gegründet 1992, Bergen, Norwegen, www.helheim.com, 2011. Nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen NSBM/Industrial Band. 257 Gegründet 1995, Stockholm, Schweden, www.thyrfing.com, 2011. 258 Gegründet 1995 (urspr. als „Antikrist“), Norrtälje, Schweden, www.manegarmsweden.com, 2011. 259 Gegründet 1995, Sundsvall, Schweden, www.myspace.com/trueodhinn, 2011. 260 Gegründet 1993, Mjölby, Schweden, http://www.myspace.com/mithotyn, 2011. 261 Gegründet 1989, Island, www.facebook.com/OfficialFalkenbach, 2011. 262 Gegründet 1994, Reykjavík, Island, www.solstafir.net, 2011. 263 Gegründet 1998, Kopenhagen, Dänemark, www.myspace.com/tyr1, 2011. 254 40 2.3 ERSCHEINUNGSBILD UND AUSDRUCKSFORMEN TEXT UND BILD „Es ist überraschend und bezeichnend zugleich, dass bisher [1998] nur wenige brauchbare wissenschaftliche Arbeiten über Texte und Musik des Heavy Rock veröffentlicht wurden. Die wenigen schriftlichen Zeugnisse der Auseinandersetzung mit diesem Genre sind meist von zwei Sachverhalten gekennzeichnet: Entweder werden die Texte sowie die dazugehörige Musik nicht als künstlerischer Ausdruck oder gar als Auseinandersetzung mit sozialen Verhältnissen ernst genommen, oder die entsprechenden Autoren verfolgen mit ihren Veröffentlichungen gesellschaftspolitische Ziele.“264 Die Vielfalt der wissenschaftlichen Werke, die sich explizit auf die Analyse der Bild- und Textbotschaften des Metal beziehen, ist nach wie vor nicht überwältigend. Sieht man sich jedoch die wissenschaftlichen Arbeiten (im Besonderen Diplomarbeiten und Dissertationen) der letzten Jahre an, wird deutlich, dass Metal öfter als Untersuchungsgegenstand auftaucht und vor allem wesentlich differenzierter wahrgenommen wird, was daran liegen könnte, dass viele der Autoren selbst ein Naheverhältnis zu dieser Musikszene haben. „Metal goes science“, sozusagen. Besonders interessant im Zusammenhang mit Texten und sprachlichem Ausdruck ist die Website der Forschungsgruppe der Linguistik an der Bergischen Universität Wuppertal, die sich mit der Soziosemiotik im Heavy Metal auseinandersetzt, zu finden unter http://wupperhead.wordpress.com. Waren in der Anfangszeit (Heavy) Metal Cover vor allem geprägt von heroischen Darstellungen, Horrorgestalten (z. B. das Maskottchen „Eddie“ von Iron Maiden) und okkulten Symbolen, so hat sich inzwischen, entsprechend der Erweiterung und Entfaltung der musikalischen Landschaft, auch hinsichtlich der Bildbotschaften einiges getan. Jedes Subgenre hat auch in diesem Punkt seine stilistischen Eigenheiten und so ist inzwischen die gesamte Bandbreite grafischer Kunst auf Metal Covern zu finden. Bei einem großen Teil der vertriebenen Medien ist, wenig verwunderlich, nach wie vor der Hang zu düsteren oder/und martialischen Motiven deutlich spürbar. In der Metalszene erlebt das Vinyl erneut Aufschwung – nicht zuletzt auf Grund der ausdrucksstark gestalteten Plattenhüllen, die in diesem Format besser betrachtbar sind als die „Miniaturen“ die CDs zieren. „Das lebhafte Interesse der Metalmusiker an tabuisierten Themen verschafft ihnen eine gewisse Aufmerksamkeit im gesellschaftlichen Diskurs, führt jedoch in Fällen der Zensur häufig zur Marginalisierung und Ausgrenzung.“265 264 265 Becker,1998, S. 3f. www.textem.de/2050.0.html, 2011. 41 Eine interessante Entwicklung ist die unterschiedliche Gestaltung von Covern für den deutschen und den internationalen Markt.266 Zumeist waren nicht kreative Überlegungen oder Marketing-Aspekte der Ursprung, sondern Zensur und Indizierung die dem Jugendschutz dienlich sein sollten. Die Diskussionen über deren Sinnhaftigkeit sind bis heute nicht abgeebbt und werden vermutlich auch niemals einschlafen. Abb. 8: Cannibal Corpse – Gallery Of Suicide (Originalversion) Abb.9: Sorpions – Virgin Killer (Originalversion) 266 42 Vgl. Abb. 9–12. Abb.8:: Cannibal Corpse – Gallery Of Suicide (Version für den deutschen Markt) Abb. 8: Sorpions – Virgin Killer (Version für den deutschen Markt) Bei der Indizierung von Metal Cover stehen politische Gründe hinter Erotik und Gewalt zurück. „Deren mitunter sexistische Motive huldigen machohaften Idealen von starken, heldenhaften Männern und spärlich bekleideten Frauen als verfügbare Lustobjekte einer Männerphantasie, beispielweise das W.A.S.P.-Cover von „Animal – f..k like a beast“, das T.N.T.-Cover von „Deflorator“ oder „Club Mondo Bizarre“ von Pungent Stench. Auch eher harmlos anmutende Motive, wie das der LP „Condition Critical“ der Band Quiet Riot, auf dem sechs Hände ins Bild ragen, die einem auf einer Krankenbahre festgeschnallten Mann eine Metallmaske anlegen – während ihre Platte „Metal Health“ kein Ärgernis erregte – stehen, wie die LP „Let them eat metal“ der Band „The Rods“, wo eine Frau in weißen Dessous eine geschälte Banane, in der sich ein Metalldildo befindet, an ihre Brust drückt, seit Mitte der 1980er Jahre auf dem Index.“267 Aus welchen Gründen optische Schockeffekte eingesetzt werden ist nur anhand der jeweiligen Bands bzw. Cover diskutier- und analysierbar. Ähnlich wie bei der Covergestaltung verhält es sich bei den Texten. Sie konkretisieren die Emotionen der Musik und liefern Beispiele für das zu vermittelnde Lebensgefühl.268 Nihilistische und hedonistische Grundthemen, Wut über die gedankenlose Konsumgesellschaft, den „Mainstream“ oder das epische Glorifizieren heroischer Heldentaten – all das können Zutaten von Metal-Lyrics sein. Wieder ist die Ausgestaltung stark abhängig vom Subgenre. Patrick Hahn sieht im Aufruf „sich neu aufzurichten und trotz aller Widerstände gegen das Böse zu kämpfen“269 ein Leitmotiv im (Heavy) Metal der ersten Stunde. „Gegen Frauenbewegung, Pille und die Schlappe in Vietnam half offenbar die ostentativ zur Schau getragene maskuline Vitalität, die ihren Ausdruck z. B. in tiefen Stimmen, blanken, muskulösen Oberkörpern und größtmöglicher Potenz, also Lautstärke, findet.“270 Einige Gruppen singen z. B. sozial oder ökologisch engagierte Texte: Die Band Iron Maiden brachte mit „The Trooper“ einen Antikriegssong, mit „2 Minutes to Midnight“ die Schilderung eines nuklearen Holocausts und mit „Run to the Hills“ eine Absage an den Völkermord an den Indianern Nordamerikas auf den Markt. Die Gruppe Nevermore271 produzierte Gesellschaftskritisches wie den Song „Medicated Nation“, der die Methoden der Pharmaindustrie kritisiert oder die Platte „Enemies of Reality“, deren Texte vom Verfall der Gesellschaft, vom Streben nach Ruhm, von korrupten Religionen und Eitelkeit handeln. Florian Heesch glaubt, dass die Aggression in Metaltexten zu selten hinterfragt wird. „Die abstoßenden Texte, die es da gibt, und die düstere Bildlichkeit sind ja eine Fiktion, die nicht mit der Wirklichkeit 267 Pieper 2000, S. 4, www.telos-verlag.de/seiten/musikzensur.pdf, 2010. Vgl.Feser/Hillebrand, 1998, S. 64. 269 www.nmz.de/online/diva-satanica-eine-konferenz-ueber-heavy-metal-and-gender-an-der-koelnermusikhochschule, 2010. 270 Ebda. 271 Gegründet 1991, Seattle, Washington, USA, www.myspace.com/nevermorefans, 2011. 268 43 verwechselt werden darf.“272 Auch die Autoren von „Musik- und Sprachstile“273 sprechen sich für die Verortung der textlichen Inhalte jenseits einer realen Welt aus. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind nicht alle Texte als reine Fiktion anzusehen. Für einen großen Teil der Lyrics dürfte die Aussage Heeschs aber zutreffen. Vieles in den Texten ist ironisch, sarkastisch und mit derbem Humor angereichert. Außenstehende sind schockiert, da gerne alles für bare Münze genommen wird. Eigentlich ist es bei den Texten noch viel unmöglicher eine allgemeine Aussage zu treffen, als bei Covergestaltungen, da die Bandbreite der Inhalte und Ausdrucksformen genau so reichhaltig und vielfältig ist, wie das gesamte musikalische Feld zwischen Schlagermusik und Free-Jazz. Das Kapitel „Musik- und Sprachstile. Hip-Hop, Heavy Metal und Hard Rock“ der bereits erwähnten Studie274 analysiert unter anderem Texte der lokalen Gothic Metal Band Nekros275 und der Band Lithium276 und kommt dabei zu dem Schluss, dass die alleinige Interpretation des Inhaltes mittels der akustischen Botschaft zu einer grundlegenden Fehldeutung führen kann. Raue Sounds können auch für positive Gefühle und Aussagen stehen und sind nur durch das Zusammenspiel mit dem Text erschließbar. Weiters ist eine Diskrepanz zwischen „künstlerischer Aussage“ und dem tatsächlichen Umsetzen der Botschaften im eigenen Leben durchaus gegeben. Die aufgrund der behandelten Inhalte der Band Nekros durchwegs morbid erscheinende Sichtweise des Lebens kann keinesfalls auf den Alltag der Bandmitglieder übertragen werden. Die Schmerzgrenze dessen, was als schockierend oder anrüchig empfunden wird, hat sich definitiv verändert. Neben „normalen“ Bühnenshows mit den üblichen szeneeigenen Stilmitteln (oft pyrotechnisch aufwendig gestaltet mit einem ausgeklügelten Bühnenbild und energiegeladenen „Choreografien“) sind in einigen Spielrichtungen des Metal auch Themen wie konkret angewandte physische und psychische Gewalt sowie Satanismus zu finden. Das Verspritzen von Körperflüssigkeiten von Tier und Mensch oder das Tragen von so genannter „Corpsepaint“ („Leichenbemalung“) ist vor allem in der Black Metal Szene beliebt. In den frühen Neunzigern wurde Corpsepaint im Black Metal auch vor allem zur Abgrenzung vom Death-Metal Trend eingesetzt. Außerdem verstärkt die Schminke die Todesthematik. „Heute sehen viele Corpsepaint zu unreifem Kitsch entartet; so beschweren sich in jüngerer Zeit einige „Puristen“ der Szene, Corpsepaint büße seinen früheren Wert ein, da es immer mehr zur Mode verkomme; so merkt Azter von der dänischen Band Denial of God277 an, zu viele Musiker würden es verwenden, ohne zu wissen warum und dass sie es nicht als Corpsepaint bezeichnen sollten, wenn sie damit nicht wie Leichen aussehen.“278 272 www.zeit.de/kultur/musik/2009-10/metal-gender-kongress, 2010. Vgl. Feser/Hillebrand, S. 80. 274 Vgl. Feser/Hillbrand u.a. 275 Keine Detailinformation, keine Website auffindbar. 276 Keine Detailinformation, keine Website auffindbar. 277 Gegründet 1991, Dänemark, www.denialofgod.net, 2011. 278 http://de.wikipedia.org/wiki/Corpsepaint, 2010. 273 44 Mayhem und Gwar279 machten sich mit der Präsentation von Tierkadavern und dem Verschütten von (künstlichem) Blut einen Namen. Die Gewalt wird dargestellt, sie soll allerdings als Provokation verstanden und nicht als Aufforderung zu entsprechenden Aktionen gedeutet werden. Auch die Musikinstrumente werden im Metal, ähnlich wie in anderen Musikrichtungen, in die Bühnenshows mit ihrer eigenen Bedeutung miteinbezogen, als mystische Heilsbringer, magische Zauberschwerter und auch als phallische Symbole. Die Adaption von Symbolen verschiedenster Kulturkreise ist im Metal beliebt. Aufgrund der inhaltlichen Auseinandersetzung des jeweiligen Subgenres bzw. deren Herkunft sind folgende als besonders relevant anzusehen: PENTAGRAMM Dieser inzwischen wohl, buchstäblich wie wortwörtlich, jedem Kind bekannte fünfzackige (pentá: griechisch für „fünf“; gramma: Strich/Linie) Stern gehört zu den ältesten in der Metalwelt inflationär verbreiteten Symbolen, was, hat man das Kapitel über die Wurzeln und Entstehungsgeschichte aufmerksam gelesen, kaum verwundert. Das Pentagramm ist ein altes, kulturgeschichtlich vielschichtig verwurzeltes Zeichen, das zumeist dem Schutz seines Trägers bzw. seines unmittelbaren Umfeldes dient. Sieht man etwas genauer hin, fällt auf, dass es sich bei dem in der Schwarzen Szene verwendeten Zeichen zumeist um ein umgekehrtes Pentagramm, auch als Drudenfuß oder Alpfuß bezeichnet, handelt. Abb. 101: Pentagramm/Drudenfuß Abb. 10: Logo der Church of Satan Auch diese Version des Pentagramms symbolisiert an sich Schutz. Der Okkultismus vereinnahmte das invertierte Pentagramm als Zeichen des Satans. Als „Siegel des Baphomet“ wird der mit einem Ziegenkopf ausgefüllte und von hebräischen Lettern umgebene Drudenfuß von LaVey als Zeichen der Church of Satan280 übernommen.281 279 Gegründet 1985, USA, www.gwar.net, 2010. Siehe dazu Kapitel „LaVeys Satanismus“. 281 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Drudenfuß_(Symbol), 2011. 280 45 In szeneeigenen Internetforen erwachsen immer wieder brennende und oft haarsträubende Diskussionen darum, welche Zeichen denn nun tatsächlich die guten/bösen, hellen/dunklen, abwehrenden/anrufenden, linksdrehenden/rechtsdrehenden, etc. sind. MJÖLNIR Der Hammer „Mjölnir“ ist die magische Waffe des germanischen Gottes Thor. Seine Geschichte wird in der Edda282 beschrieben. Es werden sowohl kunstvolle Repliken, als auch moderne Neugestaltungen des Thorshammers getragen. Dieses Symbol erfreut sich in der gesamten Schwarzen Szene größter Beliebtheit und steht für Stärke und Tatkraft.283 „Zahlreiche Menschen, insbesondere in Skandinavien und Norddeutschland, tragen Thorshämmer allerdings auch als reinen Schmuck ohne religiösen oder ideologischen Abb. 11 Symbolgehalt, abgesehen von einer Verbundenheit mit nordischer bzw. skandinavischer Kultur und Geschichte und Interesse an der Wikingerzeit. […] Als legal verwendbares „germanisches“ Symbol hat in jüngerer Zeit auch die rechtsextreme Szene den Thorshammer für sich entdeckt. Aus diesem Grunde wird er immer häufiger auch in Listen rechtsextremer Symbole und Zeichen geführt.“284 Weiters werden gerne verschiedene Runen (germanische Schriftzeichen) getragen bzw. als Artwork auf Covern und Textilien verwendet. Es ist zu beachten, dass gerade das Pentagramm und „Thors Hammer“ inzwischen teilweise als (bedeutungsarmer) Modeschmuck getragen werden. In der LOGO-Broschüre „Rechts rockt?“285 werden eine Vielzahl von Symbolen erläutert, die dem politisch äußerst rechten Rand der Rock- und Metal Szene zugeordnet werden können. Interessant zum Nachschlagen ist auch die Broschüre „Das Versteckspiel“286, die sowohl als Druckausgabe287 bestellt, als auch online gelesen werden kann. „Rechts rockt?“ erhältlich auf www.logo.at 282 Als Edda werden zwei verschiedene auf Altisländisch verfasste literarische Werke bezeichnet, Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Edda, 2011. 283 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mjölnir, 19.04.2011. 284 Ebda. 285 Mikusch/Schweidlenka, Rechts rockt?, 2017. 286 www.dasversteckspiel.de 287 www.dasversteckspiel.de/Broschuere.html, 2011. 46 OUTFIT UND ACCESSOIRES Das (Klischee-)Bild des 80er-Jahre-Metalfans (männlich, weiß, Arbeiter) manifestierte sich auch in der Kleidung der Musiker und ihrer Anhänger. Die Anhänger des Metal waren in den Anfangszeiten „rein optisch sehr deutlich im Straßenbild erkennbar. Nach außen hin wurde ein visuell stark ausgeprägtes Image gepflegt.“288 Während es in der Anfangszeit des Metal keine spezielle „Tracht“ gab und verschiedene Stile möglich waren – wenn auch Black Sabbath bereits ganz in Schwarz auftraten – so kam Ende der siebziger Jahre, im Gefolge von Judas Priest, dann das schwarze Leder als Symbol von männlichem Körperkult, Härte und musikalischer Kompromisslosigkeit auf. Dazu wurden die langen Haare praktisch verpflichtend. Einzelne Bandmitglieder trugen T-Shirts anderer Bands, um so den solidarischen Geist der Metal-Community zu zeigen. „Heavy Metal plakatiert seine Zugehörigkeit zur Sphäre der Subkulturen, der club cultures.289 Pathos und Provokation, Pole übersteigerten Ausdrucks einer Abweichung vom goldenen Mittelmaß, einer imaginierten gesellschaftlichen Mitte.“290 Die vielzitierte Kutte (vermutlich herrührend vom engl. „cut-off“, was sich auf die abgeschnittenen Ärmel bezieht) ist wohl ein Kleidungsstück der Metaller (aber nicht nur!) der allerersten Stunde und dürfte aus der Biker- bzw. Rocker-Szene übernommen worden sein. Darunter versteht man für gewöhnlich eine Jeans- oder Lederweste, die mit Aufnähern (Patches) verziert ist. Patches gibt es vom kunstvoll gestickten Einzelstück bis hin zur gedruckten Massenware. Für einige ist die Kutte eine mit Respekt zu behandelnde, die persönliche (Fan)-Geschichte erzählende „Reliquie“, die z. B. nicht gewaschen werden darf oder von der niemals Aufnäher entfernt werden dürfen. Dieses Ausstattungsstück wird nicht (mehr) in der gesamten Szene verwendet. Ende der achtziger Jahre brachen US-Metal-Bands das schwarze Kleidungsmonopol. Sie griffen die Showtraditionen mit dem dazugehörigen Glitter auf. In den neunziger Jahren, mit dem Crossover, wichen die Stile vollständig auf. Outfit-Mischformen erschienen, produziert von einer regen Modeindustrie. Symbole und Slogans vieler rebellierender Jugendkulturen seit 1945 sind seitdem am Markt erhältlich und werden gerne gekauft. Ein tendenzieller Hang zu schwarzer Kleidung ist nach wie vor nicht abzustreiten, deshalb aber noch lange nicht „verpflichtend“. Alle „traditionellen“ Accessoires und Styles der ersten Stunde – egal ob Lederkluften, Nieten oder Patronengurte – existierten noch in dem einen oder andern Genre. Gerne getragen werden auch Textilien und Schuhe im Military Look (Camouflage-Hosen, Militärstiefel und diverse 288 www.textem.de/2050.0.html, 2011. Siehe dazu: Thornton, 1996. 290 www.textem.de/2050.0.html, 2011. 289 47 Ausrüstungsgegenstände), was vor allem auf Festivals durchaus auch praktischen Erwägungen entspringen kann, sowie T-Shirts, Longsleeves und Kapuzenpullover – mit Band-Motiv, (Celtic) Knotwork oder Tribal. Neben all diesen möglichen „Erkennungszeichen“ gibt es aber eine große Anzahl von Metalfans, die jegliche Form der Uniformierung ablehnen. Die Motivationen dafür sind unterschiedlich. Zu Beginn wie heute sorgen Magazine (z. B. DarkScene291, Metal Hammer292, Rock Hard293, Schwermetall294, Stormbringer295) für Szene-Information und Community-Feeling. Nicht unterschätzt werden darf auch die Wertigkeit von einschlägigen Festivals, die nicht selten Wochenend- und Urlaubsplanung der Fans dominieren. Immer wieder spannend zu lesen und ein deutliches Zeichen dafür, dass einen Metalhead mehr ausmacht, als sich die „richtigen“ Klamotten zu kaufen, sind Diskussionen, die seit geraumer Zeit in Internetforen geführt werden. Beispielhalber werden nachfolgend Diskussionsausschnitte aus dem Online-Forum eines deutschen Metal Magazins und einer populären „Frage- & Antwort-Seite“296 abgebildet. Bezeichnend ist in beiden Fällen, dass eine vermutlich sehr junge szenefremde Person versucht, quasi „Mitglied“ der Metal Szene zu werden, in dem sie sich „entsprechend“ kleidet. In beiden Foren folgen, neben ironischen Kommentaren in Wort und Bild, in erster Linie Ratschläge zu sich selbst zu stehen und die Musik und nicht „Outfitklischees“ als wesentlich zu betrachten, als Reaktion (siehe Abbildung auf den nächsten Seiten). 291 www.darkscene.at, 2011. www.metal-hammer.de, 2011. 293 www.rockhard.de, 2011. 294 www.schwermetall.ch, 2011. 295 www.stormbringer.at, 2011. 296 www.gutefrage.net, 2011. 292 48 49 Abb. 12: MetalHammer-Forum 50 Abb. 13: Gutefrage.net 51 DER KÖRPER ALS AUSDRUCKSMITTEL Ronnie James Dio297, 1979–1983 und 1991–1992 Sänger von Black Sabbath, nahm für sich in Anspruch, den unter Metalheads weit verbreiteten Teufelsgruß298, mit abgespreizten Daumen, Zeige- und kleinem Finger, in die Szene eingebracht zu haben. Er soll das Zeichen von seiner Großmutter übernommen haben. Als „Erfinder“ sah sich fast zeitgleich auch Gene Simmons299, Bassist der Band Kiss. Tatsächlich dürfte es sich ursprünglich (unter anderem!) um eine Geste gegen den bösen Blick300 gehandelt haben. Die älteste bekannte Darstellung wurde auf etruskischen Grabsteinen gefunden.301 Wer dieses, in Deutschland auch liebevoll als „Pommesgabel“ bezeichnete, „Erkennungszeichen“ tatsächlich in die Szene eingebracht hat, ist wohl nicht mehr eindeutig nachvollziehbar. Große Verwechslungsgefahr besteht mit dem Zeichen der amerikanischen Gebärdensprache für „I love you“ und dem Handzeichen der grauen Wölfe302, das durch vorgestreckten Zeige- und kleinen Finger die Ohren und mit den übrigen Fingern die Schnauze eines Wolfes symbolisieren soll. Abb. 14: Mano Cornuta Abb. 15: „I L Y“ – I love you 297 *1942 in New Hampshire; bürgerlicher Name: Ronald James Padavona. Auch Mano Cornuta (ital. „gehörnte Hand“), Devils horns, Metal Fork. 299 *1949 in Haifa, Israel, bürgerlicher Name: Chaim Witz. 300 Zu den vielfältigen Bedeutungs- und Verwendungsmöglichkeiten der http://de.wikipedia.org/wiki/Mano_cornuta, 2010. 301 Hall,1997, S. 359. 302 Mitglieder der rechtsextremen türkischen Partei der Nationalistischen Bewegung. 298 52 „Mano Cornuta“ siehe: Als szenetypisch gilt das sogenannte „Headbangen“, ursprünglich wohl eine Art unbewusste Trancetechnik, die bereits in Amsterdamer Hippiekreisen der späten sechziger Jahre praktiziert wurde. Der Kopf wird im Takt der Musik schnell vorwärts/rückwärts bzw. seitwärts oder in Kreis- und Achterform bewegt, wofür es regional unterschiedlich eigene Bezeichnungen gibt. Um einiges riskanter ist das sogenannte „Stagediven“, das auch in vielen anderen Musikrichtungen üblich ist. Dabei springen Personen von der Bühne ins Publikum, was zumeist im Abb. 16: Headbangen“ Crowdsurfen303, also dem Überkopf-von-der-Menge-vor-derBühne-weitergereicht-werden, mündet. Stagediven und crowdsurfen ist bei vielen Konzerten und Festivals aus Sicherheitsgründen verboten. Eine weitere Variante des körperlichen Ausdrucks vor der Bühne ist der Moshpit. Die im Regelfall nahe vor der Bühne stehenden Fans bilden spontan einen „pit“ (Kessel, Grube) in dem in enger Formation vehement „gemosht“ wird. „Beim Moshen bilden die Tänzer einen Pulk und schubsen sich gegenseitig durch die Gegend, wobei sich die Tänzer jedoch nur an Armen und Schultern gegenseitig abstoßen und üblicherweise nicht hart zuschlagen.“304 Variationen davon sind der Circle-pit, bei dem im Kreis gelaufen wird, und die Wall of Death, die meist von den Musikern der spielenden Band angesagt wird. Hierbei stehen sich zwei Gruppen des Publikums gegenüber und stürmen auf ein Signal hin aufeinander los. Abb. 17: Circle pit Über die genauen Unterschiede zwischen Bangen, Moshen, Pogen, Wrecken und dergleichen wird laufend diskutiert. 303 304 Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Crowd_surfing, 2010. http://de.wikipedia.org/wiki/Moshen, 2011. 53 Obgleich diese „Tanzformen“ gewalttätig wirken, kommt es nur in Ausnahmefällen zu ernsthaften Verletzungen. Auf Schwächere wird Rücksicht genommen, ist jemand gestürzt, hilft man dieser Person sofort auf und schafft sie aus der „Gefahrenzone“. So führt die Musik in Zusammenhang mit der körperlichen Bewegung zur Befreiung aufgestauter Wut und Aggression, die Fans geraten in einen Zustand jenseits von Schmerz oder Erschöpfung, sie gehen in der Massenekstase auf und transzendieren zeitweise ihr Ich; ein von Rockkonzerten gut bekanntes Phänomen, das zumindest ansatzweise mit schamanistischen Ekstasepraktiken und -zuständen verglichen werden kann. Die Sehnsucht nach einer „unio mystica“305 ist tief im Menschen verwurzelt und hat Aufklärung und Industrialisierung offenbar heil überstanden, wenngleich der Mystiker der Vergangenheit und der Headbanger des Metal in verschiedenen kulturellen Zusammenhängen stehen. Nur wenige Metal-Musiker und -Fans konsumieren harte Drogen, um das Metalerleben noch zu steigern, eine zunehmende Zahl von Metalheads lehnt Drogen jeder Art ab. Die fortschreitende Industrialisierung, Durchrationalisierung und Kommerzialisierung aller Lebensbereiche führt zu einem Verlangen nach einer „starken“ Musik, die man körperlich spüren kann, bei der Aggressionen, Frustrationen und das Gefühl des Eingekerkertseins in triste, unveränderbare Arbeitsverhältnisse abgebaut werden können. Metal war in den Anfängen eine Musik für Rebellen, die von parteipolitischem Engagement oder dem Hippie-Aussteigertum wenig hielten. Ihr Frust wurde bei Konzerten abgebaut, gleichzeitig erfolgte ein Sicherheitsgefühl, das die „Community“ gewährte. Insider betonten, dass die zwanghafte Normalität unserer neoliberalistischen Arbeitswelt in Wirklichkeit den Horrorszenarien der Metaltexte gleichzusetzen sei. Werwolf und Vampir würden zu Chefs, Politikern, Lehrern etc. In Musik und Texten wird der alltägliche Horror in eine magisch-phantasievolle Kunstwelt übertragen und dort in Form szeneeigener Rituale verarbeitet und abreagiert. Das Eintauchen in Todesangst und Horror verschaffe so nebenbei auch den heiß begehrten „Adrenalinkick“. Provokation und Kritik sollen die strukturelle Gewalt unserer neoliberalen Gesellschaft bewusstmachen. Musiker und Fans sprechen hierbei oft von einem kathartischen Erleben. Daher ist es auch durchaus verständlich und einleuchtend, dass sich der Großteil der Metal-Fans im Kontrast zu den gesungenen Texten und den Bühnenshows für Frieden, soziale Gerechtigkeit und Gewaltfreiheit ausspricht. „Heavy Metal ist ein kulturelles Phänomen der technischen Welt, er reflektiert das Maschinenzeitalter, die unerbittliche Rhythmik und Lautstärke, der die Menschen in ihrer Umwelt ausgeliefert sind. Heavy Metal ist zugleich eine emotionale, kraftvolle Musik, der ein gutes Stück Rebellion innewohnt. 306 305 306 54 Eigentlich ein Begriff der (christlichen) Mystik; „Einswerdung“ (mit Gott). Bettina Roccor, 1998, S. 136. Werden als Möglichkeit der individuellen Abgrenzung erdachte Systeme popularisiert, wie es mit einigen zum Mainstream erhobenen Bands und Strömungen im Metal passiert ist, „setzt sich ein Verfremdungsprozess in Gang. Historisch schlug sich das im Heavy Metal meist in der zunehmenden akustischen wie auch ideologischen Radikalisierung nieder.“307 2.4 VERBREITUNG DES METAL – ZUSAMMENSETZUNG DER MUSIKER UND FANS Wie im musikgeschichtlichen Kapitel ausgeführt, hat die Szene ihre Ursprünge in den USA und Mittel- bzw. Nordeuropa. Wesentliche Einflüsse kamen später auch aus Südamerika und Asien (vor allem Japan). Inzwischen ist Metal eine weltweit wirkende kulturelle Bewegung, die sich fortlaufend in Wachstum und Weiterentwicklung befindet. Für die Fans gibt es zwei wichtige Komponenten: An allererster Stelle steht unverrückbar die Musik. An zweiter die Gemeinschaft. Die Vernetzung der Fans funktioniert, abgesehen vom Kontakt bei Konzerten, Festivals und Plattenbörsen, vor allem über Internet-Foren. Für den metallischen Reisenden gibt es Websites mit Hinweisen auf einschlägige Bars und Geschäfte, wie z. B. den „Metal Travel Guide“308. Wie die meisten Services in der Welt des Metal, ist auch dieses durch Fan-Initiative entstanden und nicht kommerziell orientiert. Abb. 18 Nicht nur die berühmten internationalen Musikgruppen sind wichtig. Gerade Metal lebt vor allem auch durch regionale Bands, denen in Jugendzentren und ähnlichen Einrichtungen eine Chance gegeben wird aufzutreten. Wichtig ist den (meisten) Fans, dass die Musiker „echt“ sind. Das heißt, dass sie sich nicht (vorrangig) nach kommerziellen Vorgaben des kapitalistischen Musikbusiness richten, ihre Musik leben und die Szene (die Fans) wertschätzen. Zum Ehrenkodex der Musikgruppen gehört es, mit dem gleichen Einsatz sowohl für 20 als auch für 20.000 Fans zu spielen. 307 308 www.textem.de/2050.0.html#c3118, 2011. www.metaltravelguide.com 55 „You can't be something you're not!” Pantera/Walk Durch eigene Contests für Nachwuchsbands (in Österreich z. B. „WOA-Metal-Battle“309, „Metalchamp“310 und „Rock the Nation Award“311) ist es vielen kleinen Formationen möglich auf großen Festivals vor einem internationalen Publikum zu spielen. Metal ist die Musikrichtung einer Minderheit, die diese auch sein will. Es findet aber seit ca. Ende der 90er Jahre erneut312 eine nicht überall in der Szene gern gesehene Öffnung zum Mainstream statt, die enormen Zulauf, vor allem bei jungen Hörern verzeichnet. Anschauliche Belege dafür sind Line Up und Besucherzahlen großer Musikfestivals (in Österreich z. B. „Nova Rock“, Deutschland z. B. „Rock am Ring/Rock im Park“) auf denen immer mehr „metallisches“ verschiedenster Couleur Einzug hält. Ursprünglich war Metal für eine weiße, aus der Unterschicht stammende, männliche Hörerschaft konzipiert. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Metal an sich rassistisch geprägt ist. Inzwischen gestaltet sich die Szene – natürlich je nach Subgenre – vielschichtig und offen. Sowohl unter den Musikern, als auch den Fans sind Menschen aller Nationen und sozialen Schichten vertreten. Beispiele dafür sind Bands wie Abaddon313, Blasphemy314, Chthonic315, District Unknown316, Killswitch Engage317, Nevercell318 und Suffocation (USA, afro-amerikanischer Schlagzeuger). Ein gutes Bild der weltweiten Verbreitung und kulturellen Wandlung des Metal zeichnet „Global Metal“319, eine bereits erwähnte Dokumentation des kanadischen Kulturanthropologen Sam Dunn und des Filmreporters Scot McFayden. Metal hat sich inzwischen weltweit verbreitet und ist von den unterschiedlichsten Kulturräumen geprägt, bereichert und erweitert worden. Neben Global Metal beschäftigt sich eine inzwischen beachtliche Zahl filmischer Aufarbeitungen wie „Heavy Metal in Baghdad“320 und „Heavy Metal. Louder than Life“321 mit den Konsequenzen dieser Entwicklung. 309 www.metal-battle.com www.metalchamp.com 311 www.myspace.com/RTNAWARD 312 Die erste „Kommerzwelle” erfasste den Metal laut Kommentaren in einschlägigen Online-Foren bereits Mitte der 80er Jahre. Dann war die Szene für einige Zeit totgesagt. 313 Gegründet 2004, Chaguanas, Trinidad and Tobago, www.myspace.com/abaddontt, 2011. Nicht zu verwechseln mit „Abbadon” aus Deutschland. 314 Gegründet 1984, Burnaby, Kanada, keine Website auffindbar. Afro-kanadischer Gitarrist. 315 Gegründet 1995, Taipeh, Taiwan, www.chthonic.tw, 2011. 316 Afghanistan, erste afghanische Metal Band! Keine weiteren Infos auffindbar. Siehe dazu: http://news.orf.at/stories/2003561/2003587, 2011. 317 Gegründet 1999, Westfield, Massachusetts, USA, www.killswitchengage.com, 2011. Afro-amerikanischer Sänger. 318 Gegründet 2000, Dubai, Vereinigte Arabische Emirate, www.nervecell.net, 2011. 319 Dunn/McFayden: Global Metal, Universal Pictures Germany GmbH, 2007. 320 Alvi/Moretti: Heavy Metal in Baghdad, Vbs Iptv LLC, 2007. 321 Carruthers: Heavy Metal: Louder Than Life, Metropolis, 2006. 310 56 „Heavy Metal ist eine internationale musikzentrierte Teilkultur“322, aber auch eine dezidierte „Außenseiterkultur, was zu einem engeren Zusammenschluß der Fans untereinander führt“323 als dies in vielen musikbeeinflussten Szenen üblich ist.324 „From Brazil to Ghana, and in upwards of 150 countries in between, the music has grown continuously during the last twenty years, adding local musical, lyrical and fashion elements while remaining true to the hardcore, anti-authoritarian, do-it-yourself attitude that first made it popular in the United Kingdom and the United States almost two generations ago.”325 Zensur ist im Metal seit seinen Ursprüngen ein wichtiges Thema. Äußerst interessant ist die Aufarbeitung von Mark Levin „Headbanging against repressive regimes. Heavy metal in the Middle East, North Africa, Southeast Asia and China“326, die über das Portal Freemuse327 kostenlos verfügbar ist. Im Mittleren Osten und Nordafrika zum Beispiel haben Anhänger des Metal kaum eine Chance sich gegen die repressiven Vorstellungen von Liberalisierung und Demokratisierung durchzusetzen.328 Setzten sich die Fans des Heavy Metal früher vornehmlich aus Mitgliedern der Arbeiterklasse zusammen, gibt es heute kaum eine soziale Schicht oder Bildungsstufe, in der keine Metalheads zu finden sind. Gerade in Ländern, in denen um Demokratie und (künstlerische) Freiheit gerungen werden muss, finden sich die Metal-Musiker und eine große Zahl der Metalfans in Akademikerkreisen. „In many cultures, members of the metal and related scenes – and especially musicians – function as “organic intellectuals” their comparatively high level of education and political awareness – a large share of artists and fans are college students or graduates, many artists have backgrounds as doctors, lawyers, MBAs or PhDs – provide them with the skills not merely to express the frustrations of the larger mass of their societies, but to offer examples of how to resist, however surreptitiously, government and corporate control.”329 322 Roccor, 1998, S. 135. Roccor, 1998, S. 136. 324 Im Anhang unter „Weiterführende Medien“ befindet sich eine ausführliche Auflistung von verschiedensten FilmDokumentationen zum Thema. 325 LeVine, 2010. S. 9. 326 www.freemuse.org/sw36408.asp, 2011. 327 www.freemuse.org, 2011. 328 Vgl. Levin, 2010, S. 17. 329 LeVin, 2010, S. 19. 323 57 Es gibt keine gemeinsame politische Ideologie. Florian Heersch wirft in einem Interview mit der „Zeit“ auf, dass in der internationalen Szene politische Inhalte wesentlich öfter anzutreffen sind, als in der deutschen. „Hier geht es allein um Musik, wer politische Inhalte gleich welcher Richtung transportieren will, bekommt Schwierigkeiten.“330 Im Rahmen dieser Broschüre wird im Kapitel „Zum Nazivorwurf und zum NS-Kult im Metal“ im Speziellen auf die Gefahren der Unterwanderung durch rechtsradikale Interessensgemeinschaften eingegangen. In diesem Zusammenhang lesenswert ist auch die Fachbroschüre „Demokratie tschüss!“ erhältlich auf www.logo.at. Das körperliche Erscheinungsbild der Fans spielt in Metal-Kreisen im Großen und Ganzen insofern kaum eine Rolle, als dass Menschen mit Behinderung oder stark übergewichtige Personen weder ausgegrenzt noch gemobbt werden. 2.5 FRAUEN IM METAL Die Position der Frau im Metal hat sich ab Anfang der neunziger Jahre stark gewandelt. In der Fangemeinde wie auf der Bühne scheinen zwar nach wie vor die Männer das Feld zu dominieren, der Anteil an Frauen ist aber in den letzten Jahren – sowohl auf ausübender als auch auf konsumierender Seite – markant gestiegen. Unter den Musikern ist das Vordringen in bis dato klar männliche Domänen (Gitarren, Schlagzeug) für Frauen immer noch untypisch; „ihre Rolle beschränkt sich [dann] in der Regel auf den Gesang.“331 Das Thema „Frauen im Metal“ bzw. „Gender und Metal“ ist immer öfter auch im Fokus wissenschaftlicher Diskurse. Im Oktober 2009 fand beispielsweise ein vielbeachteter internationaler Kongress zum Thema „Heavy Metal und Gender“ in Köln statt, der von Deena Weinstein, die 1991 mit ihrer „Kultursoziologie des Heavy Metal“ eines der ersten wissenschaftlichen Bücher zum Thema verfasst hat, eröffnet wurde. Weinstein zufolge erklärt sich der ursprünglich vorherrschende „Männlichkeitskult“ im Metal durch einen Versuch der Kompensation des männlichen Machtverlustes z. B. angesichts der Frauenbewegung und ihrer „Begleiterscheinungen“. René Molnar, der Leiter des Grazer Jugendkulturzentrums Explosiv, führt die ursprüngliche Mehrheit männlicher Hörer und Musiker darauf zurück, dass Metal sehr viel mit Rebellion zu tun hat. Frauen wären nicht aktiv ausgegrenzt worden, das offene Rebellieren sei den „Mädels“ in dieser Zeit 330 331 58 www.zeit.de/kultur/musik/2009-10/metal-gender-kongress, 2010. Altrogge, 2001. weniger eigen gewesen, weswegen viele eher zu Disco332 als zu Metal tendierten. Molnar macht die konservative Erziehung und den Zeitgeist für die ursprüngliche Unterrepräsentanz der Frauen im Metal verantwortlich. Heute sind laut MMag.a Susanne Sackl, die an der Fertigstellung ihres Dissertationsprojektes zum Thema Geschlechterbilder im Heavy Metal arbeitet, bei vielen Bands Männer und Frauen im Publikum annähernd gleich verteilt. Die Musikwissenschaftlerin Sarah Chaker333 schätzt laut UNISpiegel in ihrer Dissertation „Black und Death Metal. Der Sound. Der Markt. Die Szene.“ den Anteil weiblicher Fans in den genannten Subgenres auf ca. 15%. Ihnen würden hier die Identifikationsfiguren fehlen.334 Aus einem Bericht zum eingangs erwähnten Kongress „Heavy Metal and Gender“ geht hervor, dass die unterschiedlichen Betrachtungsweisen sehr stark vom Genre bzw. dem geographischen Gebiet und dessen gesellschaftlichen Struktur abhängig sind. So gibt es z. B. gerade in der Türkei eine hohe Anzahl weiblicher Metal-Musiker und Dr. Pierre Hecker, wissenschaftlicher Mitarbeiter am „Centrum für Nah- und MittelostStudien der Philipps-Universität Marburg“, sieht „die türkische Metal-Szene bei aller patriarchalen Widersprüchlichkeit als einen möglichen Fluchtort säkularer Frauen“.335 Inhaltlich sind Frauenfiguren im Metal häufiger anzutreffen. Ob posierend auf Plattencovern oder als zu rettende Maid in Songtexten – das zu Beginn der Bewegung kolportiere Frauenbild dürfte ebenfalls mit der von Weinstein beschriebenen Kompensationsbedürftigkeit zusammenhängen. Inzwischen scheint sich aber, natürlich je nach Genre, auch das relativiert zu haben. „Es kursieren diverse Frauenbilder im Metal, die erst nach und nach eine Reevaluation erfahren.“336 Im Vortrag „Women and Moral Degradation in Jamrud’s Songs” sprach Muria Endah Sokowati aus Indonesien über die ebenfalls indonesische Metalformation Jamrud337, die das Übernehmen des westlichen, nicht ihrer Tradition entsprechenden, Frauenbildes in die indonesische Kultur als moralischen Werteverfall kategorisieren.338 332 Stilrichtung der Popmusik, die Mitte der 70er Jahre zu einem eigenen Genre wurde. Sie trägt den klingenden Spitznamen „Frau Doktor Death Metal“. 334 vgl. www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,608101-2,00.html, 2010. 335 Elflein, 2009, S. 2. 336 http://www.textem.de/2050.0.html, 2011. 337 Gegründet 1989 (urspr. als „Jam Rock“), Cimahi, West Java, Indonesien. Keine Website auffindbar. 338 Elflein, 2009, S. 3. 333 59 (HARD)ROCK UND METALBANDS IN DENEN FRAUEN BEDEUTEND SIND/WAREN: Band-Name Frauenanteil Gründung Land Stil Arch Enemy Sängerin 1996 Schweden Melodic Death M. Arkona Sängerin 2002 Russland Folk/Pagan Metal Draim STH alle 1993 Schweden Grunge/Heavy Metal Girlschool alle 1978 GB NWoBHM Holy Moses Sängerin 1980 Deutschland Thrash Metal Ice Age alle 1985 Schweden Thrash Metal Kittie alle 1996 Kanada Nu Metal Nightwish Sängerin 1996 Finnland Symphonic Metal Phantom Blue Sängerin 1987 USA Heavy Metal Rockbitch mehrheitlich 1996 USA Crossover Rock Goddess alle 1977 GB NWoBHM Warlock Sängerin 1982 Deutschland Heavy Metal Vixen alle 1980 USA Hard Rock The Donnas alle 1993 USA Rock/Punk Rock The Gathering Sängerin 1989 Niederlande Death/Doom M. The Great Kat Sängerin/Gitarristin 1986 USA Speed Metal The Runnaways alle 1975 USA Hard Rock/Punk shEver alle 2004 Schweiz Doom Metal Die Webseite www.metaladies.com listet ausschließlich Frauen Metalbands und www.metalmaidens.com ist „the online zine dedicated to women in metal & rock“. In Belgien findet 2011 zum neunten Mal das „Metal Female Voice Festival“339 statt, bei dem ausschließlich „female fronted“ Bands auftreten. Ihnen ist auch die Seite www.femalemetal.com gewidmet. 2.6 KRITIKER DES METAL Musik ist eine Geschmacksfrage, worüber sich sprichwörtlich nicht streiten lässt. Die Themen, mit denen sich Metal befasst und die Motivationen, die hinter dieser Musik stehen bzw. stehen könnten bescheren allerdings reichlich Material für Diskussionen. 339 60 www.metalfemalevoicesfest.be, 2011. Heute ist Metal ein globales Phänomen das gleichermaßen Fans wie Gegner mobilisiert hat. Die „long haired music“, wie Metal in Malaysia und China beschrieben wurde, wurde von den Regierungen beider Staaten verboten. In zahlreichen Ländern des Mittleren Ostens wurden und werden Musiker und Fans verhaftet und ihnen wird Teufelsanbetung vorgeworfen.340 In den historischen Ursprungsländern des Heavy Metal konzentrieren sich die Vorwürfe neben der Nähe zum Satanismus auf die Verleitung zum Suizid und das Verbreiten von antidemokratischen, meist rechtsextremen Ansichten. 1984 erschien das Buch „Wir wollen nur Deine Seele - Rockszene und Okkultismus. Daten, Fakten, Hintergründe“, verfasst vom evangelischen Theologen Hans-Ulrich Bäumer. Es hat im deutschen Sprachraum zahlreiche Neuauflagen erreicht und wurde kostenlos in Schulen verteilt. In einem großen Rundumschlag betrachtet Bäumer die Rockszene und zeigt viele angebliche oder tatsächliche Verbindungen einzelner Musiker mit dem okkulten Bereich auf. Seiner Meinung nach verführe die Musik zu Teufelsanbetung, Drogenmissbrauch, Gewalttätigkeit und Selbstmord. Ein weiterer fanatischer Gegner ist der spanische Jesuit Fernando Salazar Bañol. In seinem Buch „Die okkulte Seite des Rock“ von 1987 macht er die gesamte Rockmusik inklusive Elvis Presley für alle Probleme des Planeten verantwortlich. Dazu gehören neben Satanismus, freier Liebe, Lust an der Sexualität, Homosexualität, Kriminalität, Rebellion, Anarchie und Ketzerei auch die Verstümmelung von ungeborenen Kindern im Mutterleib und sogar das Sterben von Zimmerpflanzen. Übereinstimmend beurteilen diese Bücher die Musik des Metal als einzigen Negativfaktor in einer ansonsten gesunden Gesellschaft. Die Jugend gilt in ihren Augen als schwach und leicht verführbar. Nun kann also der Satan, indem er sich der Metal-Musik bedient, ohne weiteres die leicht verführbare Jugend verderben. Reto Wehrli, der sich in seiner 2001 erschienenen Arbeit „Verteufelter Heavy Metal“ auf wissenschaftlichem Niveau mit dem Phänomen des Metal befasst, behauptet, dass dieser in zwei Bereiche einzuteilen sei, in den dionysischen und den chaotischen. Ersterer stellt die lustvolle Seite des Lebens dar und beschäftigt sich vor allem mit leicht anrüchigen Themen aus dem sexuell-erotischen Bereich. Der letztere zeigt die harte Realität des Lebens bis ins Extrem der Ausweglosigkeit und handelt von Wahnsinn, Lärm, Hass, Gewalt und Tod. Beide Bereiche werden von den Gegnern als vom Teufel geschickt angesehen. Zu diesen „wissenschaftlichen“ Werken von Gegnern des Metal kommen Bestsellerromane wie z. B. „Rock im Rückwärtsgang“ von Michael Buschmann (1987) oder „The God of Rock“ von Michael K. Haynes (1982). 340 Vgl: LeVine, 2010. S. 7. 61 Des Weiteren organisieren sich Bürgerinitiativen, die gegen Metal demonstrieren. 1980 kam es zu einer ersten öffentlichen CD-Verbrennung in Iowa, USA und bereits 1981 zur zweiten. Im vom evangelischen Fundamentalisten Preston Fletcher geleiteten „Freedom Village“341 (USA) können verschreckte Eltern ihre Metal-Fan-Kids zwangstherapieren lassen. Hier werden diese religiösen Fanatiker durchaus ernst genommen. Eine Behauptung der Gegner betrifft die angeblich versteckten Rückwärtsbotschaften342 (backward masking), durch die die Metalhörer zu satanistischer Praxis angeregt würden. Satan habe sich so zum Herrn der Rockmusik gemacht, mit der er Millionen von Jugendlichen verdirbt. Die Musiker seien nur noch willenlose Opfer der Hölle, der sie ihre Seelen versprochen haben und dafür im irdischen Leben Erfolg und Reichtum ernten, was sich derartige Kritiker unter normalen Umständen bei „dieser Musik“ nicht vorstellen können. Diese angeblichen Rückwärtsbotschaften werden im Abschnitt „Satan im Metal“ näher beleuchtet. Auch mit Prozessen machen die Gegner mobil: Immer wieder lautet die Anklage auf Mitschuld am Selbstmord von Jugendlichen durch direkte oder versteckte Aufforderungen dazu. Ozzy Osbourne stand dreimal wegen seines Songs „Suicide Solution“ vor Gericht, den drei Jugendliche bei ihrem Selbstmord (zwischen 1984–1988) aufgelegt hatten. Das Lied war ursprünglich für den AC/DC Sänger Bon Scott geschrieben worden, der 1980 an den Folgen seines Alkoholismus verstarb. Osbourne selbst versteht das Lied als Warnung vor dem langsamen Suizid durch Alkohol und wurde in den oben genannten Prozessen auf Grund psychiatrischer Gutachten freigesprochen. 1990 wurde die Band Judas Priest angeklagt. Ihr Song „Better by You, better than Me“ wurde für den Selbstmord zweier Jugendlicher verantwortlich gemacht. Die angebliche versteckte Botschaft (Do it!) wurde durch ein Gutachten als atemtechnischer Seufzer entlarvt. So erfolgte auch in diesem Fall ein Freispruch. Trotz dieser und weiterer haltloser Vorwürfe an die Musik des Metal wurden und werden schwarzgekleidete Jugendliche, die diese Musik lieben und entsprechende T-Shirts ihrer Idole tragen, immer wieder ohne Überprüfung der Hintergründe als Satanisten, manchmal auch als Neonazis diskriminiert.343 Durch solch unqualifizierte Beschuldigungen können die Jugendlichen aber erst recht zu einer satanistischen Betätigung getrieben werden. Auch ganze Staaten machten immer wieder gegen die Metalheads mobil. Im ehemaligen real existierenden Sozialismus galt Metal als subversiv, ja sogar generell als faschistoid. In Singapur wurden Metal-Fans 341 www.freedomvillageusa.com, 2011. Siehe dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Rückwärtsbotschaft, 2010. 343 Diese Aussage stützt sich auf Erfahrungswerte aus der Beratungstätigkeit bei LOGO jugendmanagement. 342 62 gezwungen, sich die Haare abzuschneiden oder bekamen Einreiseverbot. In einigen islamischen Staaten gibt es für Metalheads ein religiös bedingtes Tätowierungsverbot. Weltweit werden sie in der bürgerlichen bzw. Boulevard-Presse als arbeitsscheu, gewalttätig und asozial beschrieben. Sie gelten als geistig etwas minderbemittelt, sollen saufend, grölend und raufend in Langhaarhorden durch die Städte ziehen und „unschuldige“ Bürger verschrecken. Ebenso rümpften in den Anfängen des Metal die alte Rock-Garde der Woodstock-Generation und die mit ihr verbündeten Magazine verachtungsvoll die Nasen über Metal. In ihren Augen war er zu proletarisch, zu brutal und wurde als kultureller „bullshit“, der nichts von Political Correctness hält, abgetan. Aber auch dieses vernichtende Urteil konnte den Siegeszug des Metal nicht verhindern. Die TV-Musik-Sender scheuten zunächst aus Angst um ihren (angeblichen) guten Ruf die Ausstrahlung von Metal-Clips. Spätestens der kommerzialisierte „Nu Metal“ (auch „New Metal“) sorgte für eine Trendwende. Neben dem zu dieser Zeit bereits gut etablierten Format „Headbangers Ball“ auf MTV wurden auch in Programmen des Massen-TVMusiksender „Viva“ metallische Beiträge gebracht. So wie die Gegner einseitig die negative Seite des Metal darstellen, so tun es die Befürworter mit der positiven und spiegeln damit manchmal die Schwarz-weiß-Malerei ihrer Kritiker. Sämtliche Strömungen des Metal werden nur positiv betrachtet, Kritik wird als „spießig“ oder „uninformiert“ ausgeblendet oder abgekanzelt. So weisen junge Verteidiger der Szene immer wieder eine Verharmlosung des Satanismus auf. Sie verherrlichen die Thesen von Anton Szandor LaVey und Aleister Crowley, was teilweise als Reaktion auf die "bürgerliche" Kritik verstanden werden kann. Ein typisches Anti-Kritiker-Zitat aus der Szene: „Der Hang zu düsteren Themen und das Schreiben derartiger Texte, auch aus dem okkulten Bereich, waren schon immer Kritikpunkte der Gesellschaft gegenüber der Metal- und der Gothic-Szene. Schnell kommt man in den Ruf, Satanist, Kinderschlächter und Friedhofsschänder in einer Person zu sein. Andererseits sind für diese Gesellschaft Massentierhaltung, Tierversuche oder Massenabschlachtung und Bombardements Tausender von Menschen am Fernsehbildschirm total normal.“344 Es gibt aber innerhalb der Szene auch viele kritikfähige Anhänger, die z. B. vehement gegen die neonazistischen Unterwanderungsversuche vorgehen. 344 Matzke/Seeliger, 2002, S. 89 (Zitat Alexander Krull von „Atrocity“). 63 2.6.1 SATAN IM METAL Bettina Roccor unterteilt die satanistischen Bezugnahmen im Metal in drei Gruppen: Dem „Satano Poser“345 geht es um den Coolness-Faktor und das Schockieren seines (bürgerlichkonservativen) Umfeldes. Das Tragen von Symbolen, wie umgekehrten Kreuzen und dem Drudenfuß ist, oft inhaltlich unreflektiert, Mittel zu Abgrenzung. Diese „Mode-Satanisten“ bilden die größte Gruppe. Die zweite Gruppe bilden die gewaltbereiten Satanisten. Hass und Verachtung, die Gesellschaft und das Christentum betreffend, und das Streben nach Macht stehen im Vordergrund. In Norwegen wurden von fanatischen Black Metal Anhängern zahlreiche Kirchenbrände gelegt. Die Bestrebung, die (Black) Metal Szene von unwürdigen „Verrätern“ zu säubern wird in Taten von Varg Vikernes bzw. seinen Anhängern deutlich, die u.a. den Tourbus der Band Paradise Lost und die Haustüre von Therion-Mitglied Christoffer Johnsson in Brand setzte(n).346 Der Großteil der Metal Szene lehnt diese Art des Fanatismus grundlegend ab.347 Die intellektuellen Satanisten setzen sich tatsächlich mit der Philosophie des Satanismus auseinander. Ihnen geht es um „das höchste Maß an individueller Selbstentfaltung“348. Viele berufen sich auf die von Anton Szandor LaVey gegründete Curch of Satan. Die Auseinandersetzung und das Spiel mit dem Satanismus wird von etlichen Metal-Bands gerne als Mittel des Protestes, zur Provokation und der „Erhöhung öffentlichen Interesses“ genutzt. Das Landeskriminalamt Brandenburg spricht in diesem Zusammenhang von Kultursatanismus.349 Possessed, eine der ersten Black Metal Bands, kommentierte die starke Bezugnahme des Genres auf Satanismus mit einem lapidaren: „It’s just an image. It sells.“350 Auch der kritische Umgang mit Okkultismus und Satanismus wird besungen wie z. B. in „The Number of the Beast“ (Iron Maiden, 1982). AC/DC wiederum geht es in „Highway to Hell“ um die frei und ohne Rücksicht auf Gesetze und Moral genossene Lebenslust. Auf einzelnen Covers von Black Metal CDs wird zum Kampf gegen das Christentum aufgerufen und damit subtil für Gewalt geworben (etwa auf einem Cover der Band Rebaelliun351, auf dem brennende Kirchen zu sehen sind). Der Satanismus wird dabei als künstlerische Provokation begrüßt und soll als Protest gegen 345 Vgl. Roccor, 1996, S. 279. Vgl. Roccor, 1996, S. 279. 347 Vgl. Wetzel, 2002, S. 8. 348 Roccor, 1998, S. 171. 349 Landeskriminalamt Brandenburg, 2000, S. 4. 350 Roccor, 1998, S. 271. 351 Gegründet 1998, Brasilien, www.myspace.com/rebaelliun, 2011. 346 64 die christliche Kirche und ihre Vertreter verstanden werden. In zahlreichen Songtexten werden Kreuzzüge, Hexen- und Ketzerverfolgungen und die Inquisition scharf kritisiert und verurteilt. Die Metal-Community wendet sich dabei vor allem gegen die Scheinheiligkeit einiger – besonders in den USA mächtiger – Subströmungen des Christentums, die „das eine predigen und das andere tun“. Da der Satanismus sich demgegenüber ähnlich verhält, wird er oft als „Verbündeter im Kampf“ herangezogen. Dabei passiert es auch oft, dass Vordenker des modernen Satanismus wie Crowley oder LaVey (siehe weiter unten) verharmlost oder als „rebellische gute Onkel“ dargestellt werden. Zu den Vertretern der dritten Gruppe, die also tatsächlich an die satanistische Philosophie glauben, zählen z. B. Mercyful Fate352 mit ihrem Leader King Diamond353, einem Anhänger der Church of Satan, Morbid Angel354, die ein umfassendes okkultes Weltbild mit vielen Anleihen aus verschiedenen Mythologien vertreten oder Deicide355, eine radikale satanistische Band („Fundamentalsatanismus“), deren Sänger Glen Benton356 sich ein auf dem Kopf stehendes Kreuz in die Stirn einbrennen ließ und sich zu Tieropfern bekannte.357 Er rief zu politischem Engagement auf, um den Einfluss des Christentums auf Kinder und Jugendliche zurückzudrängen und plädierte für die Freiheit, eine satanistische Religionspraxis ausüben zu können. Der Satanismus, den Glen Benton vertritt, kann Anton LaVeys Prinzipien (siehe Kapitel LaVeys Satanismus) zugeordnet werden. 352 Gegründet 1981, Kopenhagen, Dänemark, www.covenworldwide.org, 2011. (Heavy) Metal. *1956, Kopenhagen, Dänemark, www.covenworldwide.org, 2011. 354 www.morbidangel.com, 2010. 355 www.deicide.com, 2010. 356 *1967, USA, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Glen_Benton, 2011. 357 Siehe seine Ausführungen unter www.reocities.com/SunsetStrip/Stadium/6078/deicideint.html, 2010. 353 65 Abb. 201: King Diamond Abb. 192: Glen Benton Deicide schaffte es, zahlreiche aktive Fans zu werben, schuf sich aber ebenso einen festen Stamm an aktiven Gegnern. 1993 unternahm die Band mit Gorefest358 und Atrocity359 eine Europatournee. Begleitet wurde diese von etlichen Bombendrohungen, deren Urheber radikale christlich-fundamentalistische Gruppen und extreme Tierschützer waren. Weiters war die Band in einen Prozess verwickelt, nachdem vier Jugendliche einen Überfall begangen hatten und sich dazu auf Deicide als Anstifter beriefen.360 Immer wieder mussten sich Musiker vor Gericht verantworten: Ihnen bzw. ihrer Musik wurde vorgeworfen durch satanistische, gewaltverherrlichenden Botschaften die Basis für (Ritual-)Morde zu schaffen. 2001 wurde Slayer361 für den Mord an der 15-jährigen Elyse Pahler mitverantwortlich gemacht. Drei Jugendliche hatten unter Drogeneinfluss das Mädchen getötet um es ihrer Aussage nach Satan darzubieten. Das Opfer sollte ihnen Erfolg mit der eigenen Band bescheren. Vor Gericht sagten die Täter aus, die Musik von Slayer habe sie hierzu inspiriert, vor allem die Songtexte zu „Postmortem“ und „Dead Skin Mask“. Aufgrund der mangelhaften Beweise wurden Slayer allerdings von dem Vorwurf der Mitschuld freigesprochen.362 358 Gegründet 1989, Niederlande, www.gorefest.nl, 2011, Death-Metal. Gegründet 1985 (urspr. „Instigator“), Ludwigsburg, Deutschland, www.atrocity.de, 2011. (Death-) Metal. 360 Vgl. Wehrli, 2001, S. 8. 361 Gegründet 1981, Huntington Park, Kalifornien, USA, www.slayer.net, 2011.Thrash Metal. 362 Siehe hierzu: www.laut.de/vorlaut/news/2001/01/24/01404, 2010. 359 66 Große Medienwirksamkeit bewies auch die mehrmalige Anklage von Ozzy Osbourne, dessen Lied „Suicide Solution“363 Jugendliche zum Selbstmord verleitet haben soll. Angeblich sei eine Botschaft mitaufgenommen worden, die auf das Unterbewusstsein wirkt. Das Lied behandelt laut Osbourne den langsamen Verfall (also eine Art Selbsttötung) durch Alkoholmissbrauch. 1999 wurde von den amerikanischen Medien der Amoklauf an der Columbine Highschool (oft als das „Schulmassaker von Littleton“ bezeichnet) mit Marylin Manson364 in Verbindung gebracht. Allerdings stellte sich heraus, dass die Täter keine Fans von Manson waren. Trotzdem mussten einige Konzerte abgesagt werden und die Band zog sich für drei Monate zurück.365 Der Film Bowling für Columbine366, in dem auch ein Interview mit Manson-Frontman Brian Warner gezeigt wird, versucht unter anderem die tatsächlichen Hintergründe des Amoklaufes zu beleuchten. Black Metal ist jenes Subgenre, das sich gezielt mit satanistischen Inhalten auseinandersetzt. „Anders als bei den traditionellen Bands die den Teufel gelegentlich als Sinnbild für das Böse bzw. für uneingeschränktes Vergnügen verwendeten, beschrieben diese Bands satanistische Rituale, Dämonenbeschwörungen, Hexensabbate und höllische Szenarien.“367 Die zweite Welle des Black Metal368 bescherte dem Subgenre neuen Schwung. Bands wie Mayham, Emperor und Burzum schockierten durch bis dato noch nicht dagewesene extreme Härte. „Mit dem Aufgreifen all dessen, was als evil (böse) definiert wurde, wollte sich die Szene als absoluten Gegenpol zu einer christlich-humanistischen Gesellschaft und ihrem Wertekanon positionieren. Das implizierte die Ablehnung des „Guten” nach christlicher Definition, vor allem der Ideale der Nächstenliebe, der Gnade und der Vergebung. Mit der Integration satanistischer und nazistischer Elementen wollte man sich kompromisslos gegen die Gesellschaft und in musikalischer Hinsicht abseits des kommerziellen Mainstreams stellen.“369 BACKWARD MASKING Für die Gegner des Heavy Metal ist eine Tatsache klar: Der Teufel beeinflusst durch verschiedene Methoden diese Art der Musik. Die Krönung des Wirkens Satans sollen die sogenannten Rückwärtsbotschaften sein, die sich angeblich nahezu auf jeder Metal Schallplatte finden. Spielte man die Platten vorwärts ab, seien die sublimen Botschaften gar nicht oder nur kaum hörbar, für das Unterbewusste dagegen sehr wohl 363 Erschienen auf seinem ersten Solo-Album, Blizzard of Ozz, 1980. Gegründet 1989, USA; Rock/Alternative Metal, gleichzeitig Künstlername des Frontman Brian Hugh Warner. 365 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Marilyn_Manson, 2011. 366 Michael Moore, 2002; gewann einen Oscar. 367 Roccor, 1998, S. 269. 368 Etwa zu Beginn der 1990er Jahre, vgl. „Headbanger schocken das System“, Abschnitt Black Metal. 364 369 Lohmann, www.turnitdown.de/526.html, 2011. 67 verständlich. Der erste, der diese These in Umlauf brachte, war David A. Noebel370. In seinem 1965 erschienen Buch „Communism, hypnotism and the Beatles: An analysis of the Communist use of music, the Communist master music plan“ wird behauptet, dass die kapitalistische Ordnung durch unterschwellige Botschaften in Rocksongs unterminiert werde. Die Liste der Bands, denen angebliche Rückwärtsbotschaften in irgendeiner Hinsicht unterstellt wurden, ist sehr lang und beginnt bei den Beatles. Größter Beliebtheit bezüglich Backward-Masking erfreute sich die Ballade „Stairway to Heaven“ von Led Zeppelin, in der sich, spielte man sie rückwärts ab, ein satanistisches „Glaubensbekenntnis“ befände. Der angebliche Text lautet: „ Listen! We have been there […] I will sing because I live with Satan [...] Serve me! [...] There is no escaping it [...] with Satan. If we´ve got to life with Satan [...] Master Satan [...]”371 Trotz der Masse an „wissenschaftlichen“ Abhandlungen zu diesem Thema, konnte der Vorwurf der sublimen Botschaften nicht bestätigt werden. Doch haben im Zuge der folgenden öffentlichen Diskussion einzelne Bands zur Provokation tatsächlich absichtlich Rückwärtsbotschaften auf ihre Platten montiert, so etwa Venom in ihrem Song „At War with Satan“ (Rückwärtstext: „I will return“) oder „In League with Satan“ (Text: „Praise to hell! I´m gonna burn your soul, crush your bones, make you bleed. You´re gonna bleed for me!”). Diese Botschaften sind allerdings bereits beim normalen Abspielen deutlich als Montagen zu erkennen. Auf einigen Platten finden sich auch Stellungnahmen gegen das Backward-Masking oder abgrenzende Rechtfertigungen. Aber auch diese absichtlichen und oft in höchstem Maße ironischen Einspielungen wurden in die Liste der ernstzunehmenden Manipulationen eingereiht. Zusammenfassend ist anzumerken, dass es keine Rückwärtsbotschaften auf Platten gibt, die mit dem Ziel der sublimen Beeinflussung ihrer Hörerschaft aufgenommen wurden. Es gibt lediglich Bands, die im Anschluss an die bereits in Gang gekommene Diskussion absichtlich Rückwärtsbotschaften als Provokation aufnahmen. 370 371 68 *1937, USA, religiöser Führer, siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/David_A._Noebel. Bäumer, 8. Auflage 1991, S. 26. Das Abhörergebnis von Wehrli fällt leicht unterschiedlich aus. Wetzel zitiert in seiner Arbeit Thomas Hermanns372, der gesagt haben soll: „Ich hab’ mir neulich ‘ne Heavy Metal-Platte gekauft und dann rückwärts abgespielt, um zu hören, ob da satanische Botschaften drauf sind. Tatsächlich ertönte eine Stimme und sagte: Falsche Richtung, du Trottel!“373 Wie Wehrli folgert, hätte es, wären tatsächlich auf das Unterbewusstsein wirkende, zu Gewalt, Mord und Selbstmord aufrufende, Botschaften auf den Platten zu hören, angesichts der Verkaufszahlen weltweit zu „infernalischen Auswüchsen“ kommen müssen.374 2.6.2 NATIONALSOZIALISMUS UND METAL „Gerade das Absetzen von der ersten, eher kommerziell ausgerichteten Black Metal-Generation, ließ den Begriff des Real Underground entstehen.“375 Zu satanistischen Symbolen gesellen sich immer öfter neonazistische, was auch zu Auseinandersetzungen innerhalb der Szene(n) führte. Bei Konzerten in Europa und in den USA agitieren Neonazis, über das Internet werden Black Metal-Fans mit neonazistischer Ideologie beworben und zur politischen Solidarität mit der jugendlichen Neonaziszene aufgerufen. Vor allem in Kleinstädten der USA hat dies bereits zu ernsthaften Problemen geführt. Black Metal und neonazistische Ideologie und Agitation gehen immer mehr Hand in Hand. Die Anhänger dieser Musikrichtung sollen sich vom Mainstream der Gesellschaft absondern und Stämme bilden, so dass die Völker unvermischt bleiben und nicht vermarktet werden können376. Stammesutopien der linksliberalen Alternativbewegung der siebziger und achtziger Jahre tauchen seit einigen Jahren am rechten Rand wieder auf. Das multikulturelle Credo wich dabei einer völkischen Ideologie, die wieder auf die sogenannte „Rassenreinheit“ abzielt. Abgesehen von verschiedenen Bands, die tatsächlich der neurechten Bewegung zugeordnet werden können, gibt es aber auch eine nicht unbedeutende Anzahl von Bands, denen der Vorwurf des NS-Gedankengutes zu Unrecht gemacht wurde. Dies wiederfuhr zum Beispiel der Band Kiss, deren zwei „S“ im Logo die Sigrune zum Vorbild hätten. Dies ist allerdings nicht der Fall, denn sie leiten sich von dem US-Warnschild für Abb. 223 Abb. 214 372 Deutscher Moderator, Komiker, Drehbuchautor und Regisseur, *1963. Wetzel, 2002, S. 7. 374 Vgl. Wehrli, S. 129. 375 Fromm, 2003, S. 9. 376 Vgl. Einführungstext von www.nsbm.org. 373 69 elektrische Hochspannung her. Gene Simmons (Bassist von Kiss) bekräftigt die Tatsache, nichts mit Naziideologie zu tun zu haben, später mit dem Hinweis auf seine eigene jüdische Herkunft und seinen Migrationshintergrund377. Das selbe Symbol findet man als Schrägstrich des Bandlogos der Formation AC/DC. Jene Formation hatte auch noch zusätzlich das Problem, dass ihr Name als Anti-Christliche Botschaft (AntiChrist/Death To Christ bzw. AntiChrist/Devils Corporation) gelesen wurde statt als (gängige) englische Abkürzung für Wechselstrom/Gleichstrom (alternating current/direct current). Die Vorwürfe konnten nicht bestätigt werden. Als Quellen des Neonazismus werden in Gedankengut und Texten der einzelnen Bands zahlreiche Größen der Szene herangezogen, so Adolf Hitler378, Benito Mussolini379 oder der italienische Neofaschist Julius Evola380. Aber auch heute noch lebende und aktive Neonazis oder Rechtsextremisten werden gerne und oft rezipiert, so Michael Moynihan381, Jan van Helsing382 oder Varg Vikernes383. Vikernes sagte im Interview mit dem Black Metal Magazin Infernus: „Ich unterstütze alle Diktaturen, Hitler, Stalin, Ceauşescu… Und ich will selbst Diktator von Skandinavien werden. Make war, not love! […] Ich bin stolz, ein norwegischer Wikinger und arischer Mensch zu sein. Heil Hitler! Black Metal for White People!“384 „Damit war eine neue Qualität erreicht. Für Count Crishnackh und seine Jünger hieß die Steigerung von Satanismus offenbar: Faschismus.“385 MICHAEL MOYNIHAN Katharina Ganster Der provokative Künstler, Journalist, Schriftsteller, Verleger und Musiker Michael Moynihan hat einen extrem kontroversiellen Ruf. Er wird abwechselnd als rechts- oder linksextrem, als Faschist oder Anarchist bezeichnet, und scheint selbst mit diesen Zuschreibungen zu spielen und zu provozieren. So bezeichnete er sich Anfang der neunziger Jahre als Faschist, hat das aber mittlerweile zurückgezogen, da er eingesehen habe, dass die Öffentlichkeit diesen Begriff in einer anderen Weise deutet als er es tut. Er sehe sich eher als „jenseits von Gut und Böse“ und ist der Überzeugung, dass die traditionellen Begriffe von politisch „rechts“ 377 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Kiss_(Band), 2010. *1889 in Braunau am Inn, Österreich, Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches. 379 *1883 in Dovia, Italien, Italienischer Diktator. 380 *1898 in Rom, Italien, Philosoph, Esoteriker. 381 *1969 in Boston, Massachusetts, USA, US-amerikanischer Musiker, Verleger und Journalist. 382 *1967 in Dinkelsbühl, Deutschland, Autor. Bürgerlicher Name: Jan Udo Holey. 383 *1973 in Bergen, Norwegen, Musiker, Autor und Aktivist. Bürgerlicher Name: Kristian Larsson Vikernes. 384 Vgl. Der Spiegel, 1994, S. 91f. 385 Billerbeck,1994, S. 275. 378 70 und „links“ heutzutage an Bedeutung verloren hätten und man sich selbst und andere neu definieren müsse. Ende der Neunziger veröffentlichte er Statements gegen das Herrenrassendenken der amerikanischen „White Supremacists“ und gegen den Hitlerkult. Was man deutlich bei ihm feststellen kann ist ein provokantes Verhalten seit den frühen Neunzigern, ein Hochstilisieren seiner Person durch Mythologisierung, Provokation und Okkultisierung, ein Favorisieren von totalitären oder in einer anderen Weise extremen Ideologien und eine relativ deutlich ausgeprägte Vergangenheitssehnsucht, wobei das imaginierte, bessere „Damals“ – als Gegenbewegung zu Spaß- und Konsumgesellschaft – von Einfachheit, Disziplin und Naturrecht geprägt ist. Deshalb überrascht es nicht, dass er mit Vordenkern des Dritten Reichs wie Julius Evola, Jörg Lanz von Liebenfels, Friedrich Nietzsche oder Karl Maria Wiligut sympathisiert und Mitglied in eher rechten neuheidnischen Gruppen ist. Er hat außerdem enge Kontakte zu verschiedenen rechten und linken Organisationen, der Church of Satan und vielen anderen, extremen Künstlern, vor allem im Industrial-Bereich, in dem er selbst musikalisch aktiv ist. Der schwedische Professor und Autor (Gods of the Blood) Matthias Gardell schreibt über ihn, er würde am besten beschrieben als „heidnischer Anarchofaschist, mit allen Paradoxien und Zweideutigkeiten, die in dieser Kategorisierung enthalten sind“.386 Das 1998 erschienene Buch Lords of Chaos, das er mit dem Norweger Didrik Søderlind zusammen recherchiert und verfasst hat, scheint jedoch – trotz Unkenrufen von Sensationsjournalisten – relativ objektiv zu beschreiben, was in den frühen neunziger Jahren in der skandinavischen Metalszene geschah und warum. Es hat dafür im Jahr 1998 außerdem den „Firecracker Alternative Press Award“ gewonnen. Kritiker bemängeln jedoch, dass zu wenig Distanz zwischen Autor und Thema erkennbar sei, und dass es den rechten Ideologien – vor allem von Varg Vikernes – ein zu unkommentiertes Forum bietet. Interessanterweise ist aber gerade Vikernes einer der schärfsten Kritiker dieses Buches und behauptet, die Autoren hätten keine Ahnung von der Thematik, stellten sie falsch dar und hätten „die Köpfe einer Generation von Metalfans mit Lügen gefüllt”387. Dass er damit nicht aussagen will, dass das Buch zu rechtslastig wäre, wird im Abschnitt über Vikernes selbst klarwerden. NATIONAL SOCIALIST BLACK METAL (NSBM) „NSBM is a type of ‘modern’ black metal, coming from the movement that arose in Scandinavia during the early 1990s. Many of the bands which initiated this genre, including Burzum, Darkthrone, Mayhem, and Impaled Nazarene, have cited or alluded to National Socialism and its imagery and ethos as part of the inspiration toward their music. Although black metal varies in sound and ideal, it shares across 386 387 Gardell 2003, S. 276. www.burzum.org/eng/library/lords_of_chaos_review.shtml, 2010. 71 its genre an obsession with darkness and destruction of the Judeo-Christian social ideal, as well as a blistering sound of rasping vocals and distorted, chaotic guitars over droning percussion.“ (Selbstdarstellung388) Der Begriff National Socialist Black Metal (NSBM) bezeichnet die neonazistische Strömung innerhalb des Black Metal. Es handelt sich hierbei nicht um eine gänzlich neue Erscheinung – „neonazistische und antisemitische Gruppierungen [waren] schon immer in dieser Subkultur vorhanden“389 und griffen zu Provokationszwecken darauf zurück. Varg Vikernes gilt als einer der wichtigsten Wegbereiter. Einschlägige Magazine gab es in den USA bereits in den neunziger Jahren, das Medium Internet verhalf in Folge zu einer raschen globalen Verbreitung. Die Website www.nsbm.org gibt sich exklusiv und rebellisch. Eine Zeit, so ist auf der mit Hakenkreuzen versehenen Start-Seite zu lesen, in der die Erde vergiftet, alte Rassen und Kulturen vernichtet und in der viele Menschen zu Sklaven der Konsumgesellschaft geworden sind, verlangt nach extremen Musikstilen und Ideologien. Ferner bekennen sich die Verfasser der Seite dazu, dass NSBM eine hasserfüllte Musik ist, die die Zuhörer kleiner werden lässt und sie mit uralten mystischen Glaubensrichtungen durchdringt. „Black Metal ist die Musik unseres Widerstands und Protests gegen ein System, das unsere heidnische Identität, die Identität der weißen Völker, beschränkt und zerstört“, erklärt Rob Darken390 von der polnischen Band Graveland391 im Kommentar zum 1997 erschienenen Album „Following The Voice Of Blood“: „We dedicate this album to all people who are still faithful to true spirit and ideas of Black Metal, particularly to Black Metal underground... Do not forget that true Black Metal is intrasignence and inflexibility, resistance and persistence, rage and hatred, severity and retribution...”392 Darken dementiert – bezugnehmend auf einen im Szene-Magazin Rock Hard393 erschienen Artikel – dass Graveland dem NSBM zuzuordnen ist. Das Dementi erfolgte als offener Brief auf der Website der Band und ist zu finden unter „Interviews“. Unter „Bilder“ ist auf derselben Seite der abfotografierte Rock Hard Artikel abrufbar. 388 www.nsbm.org, September 2010. http://de.wikipedia.org/wiki/NSBM, 2011. 390 Bürgerlicher Name: Robert Fudali, Pseudonym: Lord Wind. 391 Gegründet 1992, Breslau/Warschau/Polen, www.graveland.org, 2011. Black Metal, später Pagan Metal. 392 Vgl. www.darklyrics.com/lyrics/graveland/followingthevoiceofblood.html, 2011. 393 Mühlmann, 2007, S. 58-61. 389 72 Der Nationalsozialismus wird laut nsbm.org als logische Konsequenz aus der Weltanschauung des Black Metal angesehen. Nach Jahren der Wut und des Widerstands habe sich Black Metal nunmehr gegen den Materialismus gewandt und damit – angeblich logischerweise – seine Erfüllung im NSBM gefunden. Es gehe gegen Konformität und alte Denkstrukturen. Ausgehend von den okkulten Botschaften der Gruppe Black Sabbath sei es zu einer spirituellen Ablösung von der jüdisch-christlichen Religion und dem damit verbundenen sozialen Empfinden gekommen. Der Satanismus im Black Metal habe schließlich zu einer Neubesinnung auf alte heidnische Religionen und Kulte geführt, zu einer spirituellen Veränderung des Bewusstseins. Eine der daraus abgeleiteten Forderungen: Eine eigenständige, indoarische Kultur mit den gleichen Rechten, die von den Liberalen und Vertretern der Political Correctness auch für Farbige und Indianer gefordert werden. Teile aus Hitlers „Mein Kampf“, seine Korrespondenz mit Goebbels, Nietzsche und – das ist keine humoristische Einlage! – „Das Kapital“ von Karl Marx, werden als wichtige ideologische Schriften für NSBM angegeben.394 Darüber hinaus werden Savitri Devi395 und Helena Petrovna Blavatsky396 als Quellen des NSBM angegeben.397 „Das Recht des Stärkeren ist Gesetz!“ lautet eine der Stellungnahmen oder: „In 500 Jahren werden wir sehen, wer Affe ist und wer Mensch. Totalen Tod den Schwachen!“398 Durch die Ausrottung der Schwachen und Förderung der Starken werde im Sinne der Evolution eine schönere Welt geschaffen. Menschen mit angeblich niederem Bewusstsein werden von jüdisch-christlichen und kapitalistischen Politikern manipuliert, um heidnische, nordische, gnostische oder arische Glaubenssysteme zu zerstören. „Wenn du Black Metal kennst, weißt du, dass Christen und Juden von uns nicht willkommen geheißen werden... Ihr müsst sterben!!“399 Damit sind weiters auch Farbige, „Zigeuner“ und Slawen gemeint. Ziel ist die Wiederherstellung angeblich weißer Heimatländer. Judentum und Christentum werden mit Rache, Sadomasochismus, Fetischismus, Grausamkeit etc. gleichgesetzt. Seitenabrufe von 2001 zeigten derartige Äußerungen gerne mit „Heil Hitler!“ und „Joerg Haider World Consulate 2004!! Yes!!“ bekräftigt400. Inzwischen wurden diese Aussagen von der Website entfernt. „Although there is wide diversity (snicker, snicker) among the beliefs of the members of the NSBM movement, most espouse some variants of the philosophy and political ideality put forth by Adolf Hitler and the NSDAP in 1930s Germany; many are also inspired by Benito Mussolini, Julius Evola, Savitri Devi 394 Vgl. www.nsbm.org, 2011. *1905 in Lyon, Frankreich, bürgerlicher Name: Maximine Portaz, Schriftstellerin, Idol der Neonazi-Szene. 396 *1831 in Dnipropetrowsk, Ukraine. Schriftstellerin, Okkultistin. 397 Weitere Informationen zu diesen „Ikonen“ des NSBM gibt es in der Fachbroschüre „Die braune Aura der Esoterik“ von LOGO jugendmanagement gmbh. 398 Vgl. www.nsbm.org, 2011. 399 Ebda. 400 Vgl. ebda. 395 73 and H.P. Blavatsky's Theosophy. Most accept to some degree all of the major beliefs of National Socialism, including ethnic nationalism, a rigid ethos of honor, environmentalism and anti-Semitism.“ (Selbstdarstellung401) Das Judeo-Christentum ist der Feind Nr. 1, da es die alte einheimische Kultur zerstört hat. So muss laut NSBM darauf geachtet werden, dass sich die Rassen nicht vermischen. Jede Kultur soll für sich alleine stehen, das hat oberste Priorität. Auf der NSBM-Website sind folgende Bands als NSBM Bands aufgelistet: Absurd, Burzum, Gontyna Kry, Graveland, Infernum, Infester, I Shalt Become, Kataxu, Legion of Doom, Lord Wind, Ohtar, Thor´s Hammer, Thunderbolt, Veles, Winter Funeral. Weiterhin werden folgende Bands als NSBM-beeinflusst bezeichnet: Angelcorpse, Bathory, Beherit, Blasphemy, Darkthrone, Impaled Nazarene, Marduk, Mayhem, Zyklon-B und die folgenden als nationalsozialistisch geprägt: Motörhead, Repulsion, Slayer. Diese Auflistung, darauf sei noch einmal ausdrücklich hingewiesen, erfolgte von www.nsbm.org und darf daher keineswegs als repräsentativ angesehen werden. Auf der NSBM-Website finden sich auch Links zu nationalsozialistischen oder dem Gedankengut nahestehenden Organisationen, z. B. zur National Alliance402 zur Libertarian National Socialist Green Party403 oder zum Earth First! (EF!) Journal404. EF!405 ist ein internationales Netzwerk von radikalen Umweltgruppen. Abb. 23–247 401 www.nsbm.org, September 2010. www.natvan.com, 2011. 403 www.nazi.org, 2011. 404 www.earthfirstjournal.org 405 www.earthfirst.org, 2011. 402 74 Weiters werden das Hitler Historical Museum406, diverse Bands, im speziellen Burzum407, und die Befreiung von Hendrik Möbus408 propagiert. Der NSBM ist auch in den USA eng mit der rechtsextremen Neuheidenszene verbunden, so mit der Pagan Front, die als Koalition von Music Labels, Bands, Organisationen und rechtsextremen Einzelkämpfern weltweit verbreitet ist, ihren Sitz aber in den USA hat. Zu den Mitgliedern zählen unter anderem Dungeons of Darkness409 Records, die eine enge Verbindung zu den deutschen Label Darker Than Black Records aufweisen, das wiederum vom satanistischen Neonazi und Mörder Hendrik Möbus410 und seinem Bruder gegründet bzw. geführt wurde.411 Einzelne Gruppen, wie die bereits erwähnte Pagan Front412, versuchen sich im Internet als interessant für jugendlichen Entdeckermut darzustellen. Eine Recherche von 2001 brachte jenes, von Simone Phillip übersetze Statement zu Tage: „Bevor du weiterklickst, lies bitte das folgende Statement sorgfältig. Wenn du dich angegriffen fühlst durch den radikalen Stolz weißer Leute, den heidnischen Glauben und die starke antichristliche Ausrichtung, dann empfehlen wir, dass du diese Webseite nicht aufsuchst. Wenn doch, dann tust du das auf deine eigene Verantwortung und gib niemand außer dir selbst die Schuld, dass du deine geistige Gesundheit riskierst.“413 Das kann natürlich auf der Suche nach einem „Kick“ interessant sein... Wie viele Beiträge ist auch dieser inzwischen nicht mehr auffindbar. Bands, die über Pagan Front promotet Abb. 258 406 www.hitler.org, 2011. www.burzum.com, 2011. 408 www.nsbm.org/pub/hendrik, 2011. 409 „Dungeons of Darkness“ ist auch ein Song-Titel auf dem Debut-Album von Burzum. 410 *1976 in Sondershausen, Deutschland, Musiker. 411 Vgl. www.nsbm.org/media/splc_report.html, 2011. 412 www.thepaganfront.com, 2011. 413 http://heathenfront.org, 2001; diese Seite ist nicht mehr existent. 407 75 werden sind z. B.: Absurd414, Dark Thule415, Graveland, Pantheon416, Der Stürmer417, Sunwheel, Temnozor418 und Wodulf419. Labels, die über Pagan Front promotet werden sind z. B.: Old Legend Productions, Dark Hidden, Deathabyss Productions, Werewolf Promotions, Lower Silesian Stronghold. Weiters ist die Heathen Front420 (Allgermanische Heidnische Front – AHF421 bzw. Deutsche heidnische Front – DHF422, gegründet 1998) von Bedeutung. Diese internationale Vereinigung, in der Vikernes eine große Rolle spielt und in der u.a. sein antisemitisches Buch Vargsmål vertrieben wird, wurde in den USA von James Mason423 geleitet. Dieser war als Jugendlicher Mitglied der American Nazi Party424 (ANP) und Chef der National Socialist Liberation Front425 (NSLF). Laut nsbm.org ist er gegenwärtig der Führer des Universal Order, einer okkulten Formation, die auf den Zusammenbruch des Systems wartet, und wird gemeinsam mit Charles Manson426, dem Anstifter zum satanistischen Mord an der Schauspielerin Sharon Tate und heutigen Neonazisprücheklopfer, als zweiter Hitler verehrt. Mason hat auch ein Buch über den Manson geschrieben, das unter dem Titel Siege im Storm-Verlag von Michael Moynihan veröffentlicht wurde, und steht mit ihm in regem Kontakt.427 Auch das rumänische Label Tellurian Battleground Productions, das von „Orcrist, dem Judenschlächter“ geleitet wird, ebenso wie die Breath of Night Records, stehen dem Faschismus und dem NSBM nahe.428 „Reverend“ Thomas Thorn von der 1991 gegründeten Industrial Rock Band The Electric Hellfire Club429 sprach sich für Kirchenverbrennungen aus. 414 Gegründet 1992, Sondershausen, Deutschland, www.hordeabsurd.com, 2011. Black/Pagan Metal. Gegründet 2002, Ioannia, Grichenland, www.thepaganfront.com/darkthule, 2011. 416 Gegründet 1993, Tucson, Arizona, USA, www.thepaganfront.com/pantheon, 2011. 417 Gegründet 1998, Athen, Griechenland, www.thepaganfront.com/dersturmer, 2011. 418 Gegründet 1996, Obninsk, Russland, www.thepaganfront.com/temnozor, 2011. 419 Gegründet 2002, Athen, Griechenland, keine Website auffindbar. 420 http://heathenfront.webs.com, 2011. 421 Siehe dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Allgermanische_Heidnische_Front, 2011. 422 Siehe dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Heidnische_Front, 2011. 423 Ausführliche Biographie unter http://thescorp.multics.org/18siege.html, 2011. 424 www.americannaziparty.com, 2011. 425 Keine Website auffindbar. 426 *1934 in Cincinnati, Ohio, USA. 427 Vgl. www.nsbm.org/media/splc_report.html, 2011. 428 Vgl. www.nsbm.org/media/splc_report.html, 2011. 429 http://de.wikipedia.org/wiki/The_Electric_Hellfire_Club, 2011. 415 76 NS-GEDANKENGUT IM METAL – LÄNDERBEISPIELE: Vereinigte Staaten von Amerika Eine Musikgruppe aus den USA, die sehr in den Blickpunkt der Diskussion geraten ist, ist die Formation Slayer430. Vor allem ihr Song „Angel of Death“, der die Experimente von Josef Mengele im Konzentrationslager Auschwitz beschreibt, bildete einen Stein des Anstoßes. Die Grenze zwischen reiner „Darstellung“ und Verherrlichung ist hier schwer erkennbar. „Tom Araya selbst äußerte im ‚Sounds’-Magazin (zit. nach „US Metal Vol. 1, a.a.O.): ‚Wir sagen nicht, daß Mengele Gott ist. Wir sagen nur: das ist Mengele, das hat er getan, und hier ist ein Song über ihn.“431 Im Anschluss an die entstandene öffentliche Diskussion bekannte sich Bandmitglied Jeff Hanneman sogar dazu und klebte Hakenkreuze und Waffen-SS-Symbole auf seine Gitarre und seine Jacke. Es ist jedoch nicht auszumachen, ob dies als Provokation gedeutet werden kann oder nicht. Der Chilene Tom Araya sprach sich in einem Interview mit dem Szene-Magazin „Rock Hard“ sinngemäß für die faschistische Diktatur in Chile unter Pinochet aus.432 Der offizielle Fanclub der Band trägt den Namen Slaytanic Wehrmacht433. Bei Konzerten soll es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen linken und rechten Slayerfans gekommen sein. Tatsache ist, dass die Band recht leichtsinnig mit den von ihnen verwendeten Symbolen aus der Zeit des Dritten Reiches umgeht (Sig-Rune im Band-Logo, etc.). In dem, zumindest im Internet nicht mehr nachvollziehbar existenten, Musikmagazin „Pit“ (Colorado) scheinen Musiker aus dem Dunstkreis des NSBM angeblich unkritisiert zur blutigen Gewaltanwendung gegen katholische Kirchen und Farbige und zur Neueröffnung von Konzentrationslagern aufzurufen. Eine weitere Person, die in diesem Umfeld in den USA eine bedeutende Rolle spielt, ist der bereits im vorangegangenen Kapitel erwähnte Michael J. Moynihan. Seine erste Ein-Mann-Band Coup De Grace434, die dem Industrial zuzurechnen ist, wurde in den späten siebziger Jahren von der englischen Band Throbbing Gristle435 beeinflusst, die durch Neonazioutfit und entsprechende Songtextinhalte auffiel. Sie wurden auch als „death art fascists“ oder „gegenkultureller Faschismus“ bezeichnet. Auseinandersetzungen gab es mit Bands, die zum Rock against Racism436 gehörten. Nach der Auflösung traten einige Mitglieder von Throbbing Gristle dem Orden „Thee Temple ov Psychick Youth“437 bei. 430 www.slayer.net, 2011. www.crossover-agm.de/thema_haarus10.htm, 2011. 432 Vgl. www.crossover-agm.de/thema_haarus10.htm, 2011. 433 www.slatanicwehrmacht.com 434 Bedeutet „Gnadenstoß“ oder auch „Gnadenschuss“, von 1984-1989. 435 Gegründet 1976, England, www.throbbing-gristle.com, 2011. 436 Siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/Rock_Against_Racism 437 www.topy.net 431 77 Nach der Auflösung von Throbbing Gristle sprang die Industrial Band Whitehouse438 als rechtsextremer Nachwuchs ein. Verehrung fanden hier vor allem die SS und eine Ideologie, nach der die wahren freien Menschen über Gut und Böse stehen und so auch die Freiheit haben, ein Kind zu Tode zu quälen. Nachdem sich Whitehouse 1985 aufgelöst hatten, kam es 1990 zu einem Neustart, bei dem auch der Moynihanfreund Peter Sotos439, ein ehemaliger Punk, beteiligt gewesen war. Sotos ist bekennender Sadist. 1986 wurde er wegen des Besitzes von Kinderpornographie verhaftet. Zur damaligen Zeit gab er das Magazin „Pure“ heraus, das detaillierte Schilderungen von Kinderfolterungen beinhaltete und außerdem sadistische Mörder verherrlichte, ebenso wie den Holocaust und die Nazis. Moynihan pflegte auch enge Kontakte zu James Mason und Charles Manson und dessen inzwischen nicht mehr existenten Family440. Über seinen Verlag Storm Books441 veröffentlichte Moynihan 1992 das Buch „Siege“, das Mason über Manson geschrieben hat. In einem späteren Interview gibt sich Moynihan immer noch fasziniert von der Persönlichkeit Mansons.442 Ferner bestand ein Kontakt zu Anton LaVey, dem Gründer der Church of Satan. Moynihan traf LaVey 1989 und outete sich als dessen begeisterter Fan. Angeblich fanden sie ihre Gemeinsamkeit darin, dass sie beide gegen die „Sklavenmentalität“ seien. Das Buch Lords of Chaos ist der satanistischen Black Metal-Szene in Norwegen gewidmet. Es wird fälschlicherweise immer wieder, auch unter interessierten Jugendlichen in Österreich, als „objektive“ Information bezüglich der satanistisch-rechtsextremen norwegischen Black Metal-Szene gehandelt. 443 Moynihan erweist sich allerdings bei genauerem Hinsehen als Holocaustleugner und Freund des Faschismus und kann auf eine große Neonazifangemeinde zurückgreifen. Er schreibt für Neonazi- und rechtsextreme Zeitschriften, z. B. das französische Blatt Filosofem444, und gehört zur neuheidnischen Gruppe „Tribe of the Wulfings“, einer Unterorganisation der „Asatru Alliance“445, bei der er führendes Mitglied ist. Ihren Sitz hat die Organisation in Arizona und ihr Führer Michael Murray war Mitglied der ANP. 438 Siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/Whitehouse_(band) *1960 in Chicago, Illinois, USA, Musiker, Autor. 440 Die Charles Manson Family bzw. später The Family war eine Hippie-Sekte die vor allem durch Überfälle, Morde und Drogenmissbrauch auf sich aufmerksam machte. 441 zu finden über die Seite www.welcome.to/bloodaxis, 2011. 442 Coogan, S. 52 443 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Moynihan, 2011. 444 http://laserareas.tripod.com/bklist/filosofem.htm. 445 www.asatru.org; Asatru zu sein, bedeutet nicht gleichzeitig politisch rechter oder rechtsextremer Gesinnung zu sein. „Asengläubige“ sind sehr wohl auch in andereren politischen Lagern bzw. sehr häufig in „neutralem Gebiet“ zu finden. In Skandinavien ist Asatru offiziell als Religion anerkannt. 439 78 Moynihan war auch Mitglied der von Boyd Rice446 und Nicolas Schreck447 gegründeten „Abraxas Foundation“448, einer okkult-faschistischen Denkfabrik, die eng in Verbindung mit der Church of Satan steht. Aus dieser Szene heraus entwickelte Moynihan 1989 seine Band „Blood Axis“449. Blood Axis veröffentlichte Redefragmente Adolf Hitlers, des rumänischen Faschisten Corneliu Codreanu, des Lyrikers Ezra Pound und auch von Charles Manson. Die CDs weisen das Krückenkreuz auf, das manchmal mit dem Ku Klux Klan in Zusammenhang gebracht wird. Eine der umstrittensten CDs heißt „The Gospel of Inhumanity.“450 In den USA wurde die Band Zielscheibe antirassistischen Protests, unter anderem in San Francisco. In der Abb. 269: Blod Axis - The Gospel of Inhumanity BRD wurden ihre Platten über das Label Cthulhu (bestand von 1981-1999) vertrieben. 1998 gab es eine Europatournee, die 16 Konzerte in 11 Staaten umfasste, bei denen es allerdings fast keinen Protest gab. Moynihans Verbindungen führen auch nach Österreich, konkret zum Wiener Musiker Kadmon, dessen Band „Allerseelen“ und der Schriftenreihe „Aorta“. Gemeinsam mit Kadmon nahm Blood Axis eine CD auf. Kadmon, der bereits Texte von Evola auf einer CD veröffentlichte, ist ein politischer Unterstützer des Mörders Vikernes, der seiner Meinung nach wegen seiner „Wikingerethik“ im Gefängnis sitze. Kontakte bestehen auch zum rechtsextremen neuseeländischen Satanisten Kerry Bolton, der den Faschismus in die dortige Musikszene einschleusen möchte. Dazu werden unter anderem Texte von Boyd Rice (siehe unten) und Kadmon publiziert. Bolton war Mitglied in der faschistisch-magischen Gruppe „Black 446 Elektro- bzw. Industrial Musiker, Mitglied der Church of Satan, www.boydrice.com. Sänger der 1992 aufgelösten Band Radio Werewolf. 448 http://www.boydrice.com/interviews/fifthpath.html, 2011 449 www.welcome.to/bloodaxis, 2011. 450 Schröder, 2000, S. 82. 447 79 Order of the Trapezoid“451, einer Vorläufergruppe des „Schwarzen Orden von Luzifer“452, die als Ableger der Church of Satan bezeichnet werden kann. Inzwischen scheint der „Black Order of the Trapezoid“ wieder aktiv geworden zu sein. Es gibt eine neugestaltete Website mit vielfältiger Information und natürlich der Möglichkeit mit einem „Marshall“ des Ordens Kontakt aufzunehmen. Es bestehen auch Verbindungen zu Christian Bouchet, einem rechtsextremen französischen OTO453-Führer, der mit der okkulten Gruppe „Thelema“454 verbunden ist, welche wiederum mit der neurechten Gruppe „Nouvelle Résistance“455 verknüpft ist. Bouchet ist ein Grenzgänger: Er möchte Linksextreme und Rechtsextreme vereinen und präsentiert sich als Fan von Ulrike Meinhof und der RAF (Rote Armee Fraktion). Er steht auch hinter der Musikzeitschrift „Napalm Rock“456, die im Unterstützungsnetzwerk für Vikernes aktiv ist457. „In fact I think highly of Varg Vikernes - he is a courageous and brave Norseman. [...] I understand his actions (church arsons and the murder of the traitor EURONYMOUS).”458 Gungnir (Editor of Napalm Rock) An dieser Stelle muss auch die Band „Rahowa“459 (Akronym füt „Racial Holy War“) Erwähnung finden. Deren Gründer George Burdi ist gleichzeitig der Inhaber von Resistance Records, dem größten neonazistischen Versand der USA. Norwegen Katharina Ganster Seit den frühen neunziger Jahren kann man in der norwegischen Black Metal Szene eine Vermischung von satanistischem und neonazistischem Gedankengut feststellen, seit den späten neunziger Jahren werden immer häufiger satanistische Symbole durch nordisch-heidnische ersetzt (z. B. im Logo der Band Enslaved, das zuvor ein verkehrtes Kreuz zeigte, jetzt einen Thorshammer präsentiert). Als Vorreiter dafür gilt die Band „Bathory“, die schon auf ihrem 1988 erschienenem Album „Blood Fire Death“ den satanistisch geprägten Bereich des „Okkult-Rock“ verließen und über germanische Mythologie sangen. Gemeinsam ist beiden 451 www.trapezoid.org www.myspace.com/schwarzerordenvonluzifer 453 Ordo Templi Orientis, www.oto.org 454 www.thelema-93.info 455 Derzeit keine eigene Website auffindbar, es empfiehlt sich aber den Artikel “‘National revolutionary’ groupuscules and the resurgence of ‘left-wing’ fascism: the case of France’s Nouvelle Résistance.“ von Jeffrey Bale zu diesem Thema zu lesen. Siehe www.miis.edu/media/view/18971/original/balenouvelleresarticle.pdf, 2011. 456 Keine Website auffindbar. 457 Vgl. www.oraclesyndicate.org/pub_e/k.coo_e/publ_08-02_2.htm, 2004. 458 Moynihan/Søderlind, 1998, S. 310. 459 Gegründet 1990, Kanada, Keine Website auffindbar. 452 80 Bereichen, dass das Christentum als aufgesetzte Religion verstanden wird, die sowohl die ursprüngliche Bevölkerung als auch die ursprüngliche Religion gewaltsam überlagert hätte. In diesem und weiteren Alben von „Bathory“ werden nordische Helden und Götter verehrt und skandinavische Freiwillige in der Waffen-SS gelobt. Moynihan nennt das ein „absichtliches Flirten mit der Ikonographie von Faschismus und Nationalsozialismus“460 . Anlässlich des Mordes von Varg („Count Grishnackh“, „Greven“) Vikernes (Band Burzum) an Øystein („Euronymous“) Aarseth (Band „Mayhem“) wurde, auch durch das Buch „Lords of Chaos“ von Michael Moynihan, mehr aus dieser skandinavischen Szene bekannt. Statt dem damals üblichen Kokettieren mit satanistischen oder heidnischen Motiven als Provokation, die selten ernst genommen wurde, entstand in Skandinavien eine neue, um vieles härtere und brutalere, Szene. Insbesondere Mayhem arbeiteten schon in den späten achtziger Jahren an einem Image, das auch heute noch von vielen Fans des Genres als „true“ angesehen wird. Bühnenshows mit verwesten Tierkadavern und Selbstverstümmelung, Aufrufe zu Mord und Selbstmord, und zu Krieg gegen alle „Poser“ und „Pseudos“. Es wird oft spekuliert, dass gerade bzw. nur in einem Land wie Norwegen, in dem die Sonne im Winter einige Zeit komplett verschwindet und die Selbstmord- und Depressionsrate sehr hoch ist, dieser Musikstil so richtig blühen konnte. Das scheint eine plausible Erklärung für die Vorgänge im Skandinavien der Neunziger zu sein, Verständnis dafür aufzubringen fällt jedoch trotzdem schwer. Ein Anfang der Ereignisse wird oft im Selbstmord von Per „Dead“ Ohlin, dem Sänger von „Mayhem“, gesehen. Sein Bandkollege Euronymous verbreitete danach Mythen über diese Tat, behauptete, Teile von Deads Hirn gegessen zu haben und Teile seines Schädels als Anhänger zu tragen. Außerdem fotografierte er ihn und verwendete das Bild des Toten als Albumcover. Euronymous gründete das Label „Deathlike Silence Productions“ und eröffnete 1991 einen Plattenladen in Oslo, den er „Helvete“ („Hölle“) nannte. Dort traf sich die norwegische Black Metal-Szene und tauschte sich aus, Euronymous sah sich als ihr Anführer und Trendsetter. Diesen inneren Kreis von Freunden und Bands nannte er später „Norwegian Black Circle“ und es scheint, als hätten die damaligen Besucher des Ladens sich auch um Euronymous' Gunst bemüht. Auch Vikernes kam öfter in Euronymous' Geschäft, und sein Ein-Mann-Projekt „Burzum“ wurde von Euronymous' Label unter Vertrag genommen. Die beiden wurden schnell Freunde, da Euronymous der festen 460 Moynihan/Søderlind,1998, S. 22. 81 Überzeugung war, dass Burzum in sein Konzept von „truly evil music“ passte. Außerdem kam Vikernes aus Bergen, sechs Stunden Fahrt von Oslo entfernt, und übernachtete deswegen öfter im Keller von „Helvete“.461 Der „Norwegian Black Circle“ scheint damals nur ein unorganisierter Haufen von Leuten gewesen zu sein, die sich in Euronymous' Geschäft trafen, er entwickelte jedoch eine gefährliche Eigendynamik und war verantwortlich für viele Straftaten. 1991 kam es zu ersten Kircheneinbrüchen (Euronymous dekorierte seinen Laden mit den gestohlenen Dingen), Friedhofsschändungen und Morddrohungen – die Medien stürzten sich darauf und erklärten den „Circle“ zu einer geheimen, durchorganisierten Vereinigung. In öffentlichen Interviews – teilweise europa- oder weltweit publiziert – fingen Euronymous und Vikernes an, extremste Ansichten über die Black Metal-Szene zu propagieren, und jeder von beiden wollte sich als ideologischer Kopf herausstreichen. Beide erkannten jedoch, dass es für die teils weit entfernten Fans als lächerlich und wie leere Worte erscheinen musste. So geschah es, dass Vikernes anfing, Stabkirchen anzuzünden (ob er in Bergen die berühmte Stabkirche von Fantoft anzündete, wie er behauptet, ist nicht geklärt und er wurde dafür nicht verurteilt), um seinen Reden über den Kampf gegen das Christentum auch entsprechende Taten folgen zu lassen, die ihm von der Black Metal-Gemeinschaft weltweit Anerkennung einbringen sollte. Und wirklich scheint die Szene die Botschaft positiv aufgenommen zu haben, denn etwa 45 bis 60 Feuer oder versuchte Brandstiftungen an norwegischen Kirchen sind dokumentiert, davon mindestens ein Drittel mit deutlichen Verbindungen zum „Norwegian Black Circle“462. Nach Aussagen von Vikernes' damaligen Freunden war er zu dieser Zeit ein Teufelsanbeter und trat gegen Nazis auf, erst nach seiner Verhaftung 1993 hätte er mit nationalsozialistischer Ideologie sympathisiert.463 Heute leugnet er all das und meint, er sei schon mit 15 „Skinhead“ gewesen (nicht im rassistischen Sinn, sondern als Gegenbewegung zu den Punks in Bergen) und habe Satan immer nur als Symbol für Odin verwendet.464 Vikernes, der nun auch von seiner Mutter Varg genannt wird465 (er hat den Namen mit 20 offiziell ändern lassen), wuchs mit einem sehr autoritären Vater auf und verbrachte im Alter von sechs Jahren ein Jahr im Irak wo er – laut seiner Mutter – einige seiner Ansichten entwickelt haben könnte. Überall wurde er bevorzugt behandelt, weil er blond und hellhäutig war, und er habe das als grobe Ungerechtigkeit empfunden.466 461 Moynihan/Søderlind,1998, S. 65. Moynihan/Søderlind,1998, S. 79. 463 Moynihan/Søderlind,1998, S. 67. 464 Moynihan/Søderlind,1998, S. 148., Wikipedia. 465 Moynihan/Søderlind,1998, S. 142. 466 Moynihan/Søderlind,1998, S. 142 und S. 147. 462 82 Warum er wirklich seinen ehemaligen Freund Euronymous umgebracht hat, liegt immer noch im Dunkeln, und es gibt sowohl von ihm selbst als auch von der „Gegenseite“ legendenhafte Darstellungen darüber. Klar ist nur, dass er am 16. Mai 1994 zu 21 Jahren Haft verurteilt wurde. Die Anschuldigungen waren der Mord an Øystein Aarseth, das Anzünden der Åsanekirche in Bergen, der Skjoldkirche in Vindafjord und der Holmenkollenkapelle in Oslo, und der versuchten Brandstiftung der Storteveitkirche in Oslo.467 Seit seinem Aufenthalt im Gefängnis veröffentlichte er Bücher und Tonträger, die immer extremer seinen ideologischen Standpunkt vertreten: Skandinavier seien die wahren Arier, müssten zu ihrer „natürlichen UrDemokratie“ zurückkehren und die „Fesseln“ des Christentums abwerfen. Alles „nicht-Arische“ sei für diese „Herrenmenschen“ zu meiden. Mittlerweile wurde er 2009 aus dem Gefängnis entlassen und lebt mit seiner Familie in Telemark, verbreitet seine Ideen jedoch immer noch zumindest über das Internet. Schweden Für die schwedische Szene von größter Bedeutung ist die Black Metal Band Bathory. Ihr erste Alben „The Return“ und „Under the Sign of the Black Mark” die zwischen 1984 und 1987 veröffentlicht wurden, verhalfen dem Schwedischen Metal sich eine neue, extremere Identität zu schaffen.468 Bathory kann als Vorläufer der neuen ariergläubigen Black Metal-Gemeinde angesehen werden. Die Verbindungen zur norwegischen Szene sind nach wie vor eng. Nefandus469 erregten öffentliches Interesse, nachdem das Bandmitglied Michayah Belfagor mit zwei Kumpanen Jagd auf einen Farbigen veranstaltet hatte.470 Die Gruppe bekennt sich öffentlich zum Satanismus und gibt auch zu, dem Faschismus nicht fern zu sein, ihn zumindest ideologisch zu unterstützen.471 Eine weitere Band von Belfagor ist Ofermod472. Er gibt an, zum Schreiben der Texte durch seine Erfahrungen mit Meditation und Astralreisen inspiriert zu werden. Bei der Gründung 1998 bezeichnete die Band ihre Musik als „Orthodox Black Metal“, verlagerte sich später allerdings auf „Orthodox Death Metal“473 „da sie das Wort Satan nicht mehr verwandte, sondern seine heiligste Essenz unbenannt belassen wollte, die noch vor dem Kosmos existiert habe. Aufgrund seiner okkulten Erfahrungen kam Belfagor vor den anderen Mitgliedern zu dieser Sichtweise, während diese 2004 noch religiöse Teufelsanbeter waren.“474 467 www.dagbladet.no/2009/03/10/nyheter/innenriks/fengsel/5216306, 2010. Vgl. Scott/Van Helden, S. 180. 469 www.nefandus.org, 2010. 470 Vgl. Moynihan/Søderlind, S. 331. 471 Siehe: www.angelfire.com/ak/tiagoblackmetal/nefandus.html, 2010. 472 Gegr.1996, Nörrköping, Schweden, www.myspace.com/ofermodrapetheworld, 2011. Black Metal. 473 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Ofermod, 2011. 474 http://de.wikipedia.org/wiki/Ofermod,2011. 468 83 Der Sänger der Gruppe „Dissection“475, Jon Nödtveidt476, wurde „wegen Beihilfe zum Mord an […] einem 38jährigen homosexuellen Algerier, sowie illegalen Waffenbesitzes, zu zehn Jahren Haft verurteilt; als Haupttäter wurde Vlad, Mitglied und Kopf des „Misanthropic Luciferian Order“, dem Nödtveidt ebenfalls angehörte, verurteilt. Während seiner Inhaftierung arbeitete Nödtveidt an neuen Dissection-Titeln.477 Auf das Konto der Bandmitglieder sollen außerdem einige Kirchenbrandstiftungen und Grabschändungen gehen. Der Sänger der Gruppe „Algaion“478, Märten Björkman, wurde wegen Brandstiftung eines alten Gebäudes zu einer einmonatigen Haftstrafe verurteilt479, aber auch verschiedene Stellungnahmen gegen das Christentum und für den Satanismus ließen sich in Interviews einer inzwischen aus dem Netz genommenen Website nachlesen.480 So vermischen sich in der schwedischen Black Metal-Szene Arierverherrlichung, Antisemitismus, Rassismus, Gewalt und Satanismus. All das wird als politische Methode Teil dieses bizarren neonazistischen Black Metal-Teufelkultes. Deutschland Nach der deutschen Wiedervereinigung schlossen sich viele Metalheads der in-rechtsextreme-Richtungabgedrifteten Skinheadszene an. Einige deutsche Bands überschritten dann auch die Grenze der vorher nur formal vorhandenen Ablehnung gegenüber Ausländern. Der bekannteste Fall in Deutschland ist der als „Satansmord von Sondershausen“ bekannt gewordene Mord am Schüler Sandro Beyer, der von Mitgliedern der Band „Absurd“481 verübt wurde. Der Band-Leader Hendrik Möbus verbüßte eine mehrjährige Haftstrafe. Satanistische Züge mögen zwar in der Presse breitgetreten worden sein, langfristig wesentlicher war aber wohl die rechtsradikale, sadistische Motivation hinter der Tat. „Absurd“ gelten als vom „Inner Circle“ beeinflusst. Sandro Beyers Grabstein zierte das Cover der 1995 veröffentlichten Aufnahme „Thuringian Pagan Madness“.482 Hendrik Möbus wuchs als Kind protestantischer Eltern im Thüringer Sondershausen auf. Nach dem Fall der Mauer wurde er zum linksradikalen Punk, später gründete er die Black Metal-Band „Absurd“. Die jungen Musiker trafen sich auf Friedhöfen und propagierten eine Mischung aus Neosatanismus und neuheidnischer 475 Gegründet 1989, Strömstad, Schweden, www.dissection.se, 2011, Melodic Black Metal/Melodic Death Metal. Nahm sich 2006 durch einen Kopfschuß das Leben. Seine Leiche wurde in einem satanistisch anmutenden Szenario aufgefunden. 477 http://de.wikipedia.org/wiki/Dissection, 2011. 478 Gegr.1993, Åtvidaberg, Schweden, www.myspace.com/algaion, 2011, Atmospheric Black Metal. 479 Moynihan/Søderlind, S. 330. 480 www.lysator.liu.se/~marten/Algaion/index1htm, 2003. 481 http://de.wikipedia.org/wiki/Absurd_(Band), 2010. 482 Davisson, 2010, S. 194. 476 84 Mythen mit Arierverherrlichung. Von den anderen Jugendlichen des Ortes wurde die Gruppe eher gemieden, nur der etwas jüngere Sandro Beyer, ebenfalls ein Außenseiter, suchte Anschluss, wurde von den AbsurdMitgliedern aber abgelehnt. 1993 kam es dann zum Mord an dem damals 15-Jährigen durch Möbus gemeinsam mit zwei seiner Kollegen, da dieser sich aufgrund der anhaltenden Ablehnung über Möbus‘ Clique Kinder des Satans lustig gemacht hatte. Seither boomt laut dem heimischen Pfarrer Hauskellner die örtliche Satanistenszene, die sich auch logenartig organisiere. Im Gefängnis studierte Möbus die Schriften des Nationalsozialismus und alte heidnische Religionen. Ebenso wie Vikernes, zu dem er sich hingezogen fühlte, kam er hinter Gittern in immer stärkeren Kontakt mit dem Faschismus. Obwohl der Mord an Sandro Beyer immer wieder mit dem Satanismus der Gruppe „Absurd“ in Verbindung gebracht wird, handelt es sich dabei nicht um ein bewusstes Opfer an Satan, die Tat kann eher im Feld des Neofaschismus gesehen werden, da die Gruppe, wie Möbus später in verschiedenen Interviews483 äußerte, nur einen Volksschädling beseitigen wollte. 1998 wurde Möbus auf Bewährung entlassen. Er floh allerdings nach einem Konzert, für das ihm NS-Wiederbetätigung (Zeigen des Hiltlergrußes) zur Last gelegt wurde, nach Seattle/USA: Zunächst nahm ihn der rechtsextreme heidnische „White Order of Thule“484 auf, nach einem Streit über den Aufbau einer Black Metal-Firma floh Möbus jedoch weiter zum faschistischen Skinmusikmagazin „Resistance-Record“485 und der „National Alliance“486 mit ihrem Chef William Pierce, der als mächtigster US-Neonazi galt. Dieser gab ihm Asyl als „politischem Flüchtling“, der in Deutschland aufgrund seiner Gesinnung verfolgt werde. Wörtlich sagte Möbus: „Ich betrachte den deutschen Nationalsozialismus als die perfekte Synthese aus dem satanisch/luziferischen Willen zur Macht, dem elitären Sozialdarwinismus und dem arisch-germanischen Heidentum.“ Wichtig ist für ihn ein Leitsatz der SS: „Den Tod zu geben und den Tod zu empfangen.“487 Über seine NPD-Kontakte versuchte Pierce, mehr Einfluss in Deutschland zu gewinnen. Möbus sollte ihm dabei helfen und Jugendliche rekrutieren. Immerhin kannte der „Satansmörder“, wie ihn die Presse gerne nennt, die rechtsextreme europäische Musikszene und er hatte Erfahrungen darin, wie man jugendliche Goths und Black Metal-Fans für rechtsextreme Anliegen instrumentalisiert. Gemeinsam mit seinem älteren Bruder Ronald leitet Möbus das deutsche Label „Darker Than Black“488, zu dem polnischen Rechtsaußenlabel 483 dpa 30.07.2001. http://en.wikipedia.org/wiki/White_Order_of_Thule, 2010. 485 www.resistance.com, 2010. 486 www.natvan.com, 2011. 487 Vgl. Thielke, 2000, S. 134f. 488 www.darker-than-black.com, 2010. 484 85 „Pagan Front“489 bestehen gute Kontakte. Ronald (Hellstrum) Möbus gab außerdem das Magazin „Infernus“490 heraus. Heute verbreitet Roland Möbus National Socialist Black Metal (siehe oben) und verlegt Neonazibands. Bands, die in diese Richtung wirkten, waren Impaled Nazarene, Dark Throne, Mayhem, Burzum, Abysmal, Unholy, Barad Dúr, Asatru und die polnische Gruppe Graveland. Nach der Verhaftung von Hendrik Möbus in den USA im August 2000 und seiner Überstellung nach Deutschland wurde er von Pierce zum Märtyrer der ariergläubigen White Power Bewegung491 hochstilisiert. Heute lassen sich im Internet zahlreiche Seiten zu Möbus finden492, die sich um eine angeblich genauere Darstellung des Falls bemühen und sich für den aus „politischen Gründen“ Gefangenen einsetzen und um seine Haftentlassung kämpfen. Aufgrund ihrer Popularität soll auch die der Neuen deutsche Härte zugeordnete Ostberliner Formation „Rammstein“493 genannt werden. In ihren Videoclip zu „Stripped“494 wurden Ausschnitte aus Leni Riefenstahls Film „Triumph des Willens“495 eingefügt. Vor allem in den USA und in England führte dies zu einem Ausstrahlungsverbot des Liedes. In Deutschland durfte das Video nur nach 22 Uhr gezeigt werden. Auch das Massaker von Littleton im Jahr 1999 wurde mit der Gruppe in Verbindung gebracht. Den Tätern wurde unter anderem nachgesagt, neben der Musik von Marilyn Manson auch die der Band Rammstein zu hören496. Die Gruppe wehrte sich gegen die Vorwürfe rechtsextreme Ideologien zu propagieren. Mit dem Song „Links 234“ wollten sie auch musikalisch ein Zeichen setzen, das ihre Position klarstellte. In einem im Breakout Magazin erschienen Interview sagt ein Mitglied der Band: „Da haben wir uns gedacht, gut, wir sagen was Klares. Wir haben auch ein extrahartes Lied gemacht, um zu zeigen, daß gerade eine linke Band auch harte und böse Musik machen kann. Wir sind natürlich böse, wollen es auch sein; wir wollen, daß die Jugendlichen mit der Musik ihre Eltern ärgern. Daß die Eltern sagen: Mach aus, den Dreck! - Dafür ist Rockmusik da! Aber irgendwann ist halt mal böse und rechts in einen Topf geschmissen worden, und mit dem Vorurteil wollen wir aufräumen. Wir marschieren, aber wir sind links, absolut klar bekennend links.“497 489 www.thepaganfront.com, 2010. Vgl. Der Spiegel, 1994, S. 91f. 491 http://de.wikipedia.org/wiki/White_Power, 2011. 492 Siehe z. B. http://nsbm.org/pub/hendrik und www.mourningtheancient.com/evelyn.htm, 2011. 493 Gegründet 1994, Berlin, Deutschland, www.rammstein.de, 2011, Neue deutsche Härte. 494 Cover Version eines Stückes von Depeche Mode. 495 NS-Propagandafilm über den Reichsparteitag der NSDAP 1934 in Nürnberg. 496 www.arte-tv.com/tracks/20001110/dtext/manson.htm, 2010 497 http://www.breakoutmagazin.de/archiv/aram11.html, 2011. 490 86 Aufgrund der Relevanz für die deutsche Szene muss hier auch das französische Magazin „Deo Occidi“ genannt werden, war es doch die erste relevante Propagandafläche „des Neonazizweiges der deutschen Schwarz-Metaller.“498 Ein Mitglied der bayrischen Black Metal Band Slice499 erklärte darin seinen Gebrauch des Hakenkreuzes damit, dass er die Leute wissen lassen möchte, dass er Arier und Deutscher sei. Außerdem drücke es seinen Hass auf Moslems und Juden aus.500 Ähnliche Statements sind in diesem Magazin von der Formation Mayhemic Truth501 zu lesen. Die Band gilt als Wegbereiter für den deutschen Black Metal.502 Schweiz Im Juli 2001 kam es nach einem Death Metal-Konzert im Luzerner Friedenstal zu einer Friedhofsschändung durch sieben jugendliche Metal-Fans. Laut Polizeiaussagen hatten sich die Jugendlichen, von Alkohol und (Black Metal-)Musik berauscht, zu den Vandalenakten hinreißen lassen, mit Satanismus habe die Tat aber angeblich überhaupt nichts zu tun.503 Der Death Metal-Musiker und rechtsextreme Satanspriester Satorius hatte dort den Schwarzen Orden von Lucifer504 gegründet. In einem Interview505 bekennt sich Satorius zum Satanismus in der von LaVey propagierten Form und weist eine gedankliche Nähe zu gewissen Ansichten und Theoretikern des Dritten Reiches, wie etwa Karl Maria Wiligut, nicht von sich. Menegroth steuerte einen Song zum Julius Evola Tribute Album „The Spirit of Europe“ bei.506 Weiters beruft sich die Band auf Filippo Tommaso Marinetti und vermengt ihre Songtexte mit Verschwörungstheorien des Dritten Reiches.507 Die Metal- und Crossover Band Samael unterhielt einige Zeit gute Kontakte zu Mitgliedern von Mayhem. Der Bassist soll sogar ein Stück vom Gehirn des Mayhem-Sängers nach dessen Ermordung zugesandt bekommen haben. Samael brachte zwar ein T-Shirt auf den Markt, auf dem der Konterfei Christi mit einer NS-Parole in Verbindung gebracht wurde, tat dies aber nach eigener Angabe, um das Christentum als totalitär zu kritisieren und damit zu provozieren.508 Die rechtsextremen Äußerungen einiger norwegischer Musiker bezeichnete der Sänger von Samael „als zwangsläufige Folge ihrer Versuche, Extreme auf die Spitze 498 Fromm, 2003, S. 9. Keine Website auffindbar. 500 Vgl. Fromm, 2003, S. 9 501 Bestand von 1992–1998. Zwei Mitglieder machen unter dem Namen „Morrigan“ weiterhin Musik. 502 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mayhemic_Truth, 2011. 503 Unter http://www.agpf.de/Satanismus.htm#31.7.01 kann ein Interview der Neuen Luzerner Zeitung mit beteiligten Jugendlichen nachgelesen werden. 504 www.myspace.com/schwarzerordenvonluzifer, 2011. 505 www.schwarzeorden.ch/interview_nlz.htm, 2003, Seite 2011 nicht mehr verfügbar. 506 Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Menegroth_(band), 2011. 507 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/National_Socialist_Black_Metal, 2011. 508 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Samael_(Band), 2011. 499 87 zu treiben und Tabus zu brechen. Eine solche Sichtweise sei ‚von Grund auf völlig falsch’, aber er könne ‚den Weg in ein solches Loch‘ nachvollziehen.“509 Ein Schweizer (Extreme-)Metal-Fan, der unter dem Pseudonym „Azrael“ die Internetseite „Taste of Black“510 betreibt und Mitglied der germanisch-heidnischen Forenplattform Lichtwärts ist, beschreibt in einem Interview mit der Aufklärungsgruppe Krokodil511 den „Kampf gegen den Rechtsextremismus im Metal, vor allem gegen den NS Black Metal“ als wichtiges Ziel seiner Plattform. Die „totalitäre, antisemitische, einseitige und verquere Weltanschauung hat nichts mehr mit dem ursprünglichen Gedanken des Metal zu tun, außerdem wird durch solche Bands das Heidentum sehr schnell in den Dreck gezogen.“512 Österreich Die vom Journalisten Franko Petri für „News“ enttarnte satanistische Grazer Metalzeitschrift513 The Art Of Necronomicon514 schrieb z. B.: „Dies ist ein weiterer Beitrag des Circle of Hate, um den Haß gegen diese christlich-soziale Welt zu schüren. Mögen wir oder unsere Nachkommen einmal die Kraft haben, um wie unsere Väter in die Schlacht zu ziehen. Um unser Ziel zu erreichen, bedarf es viel Durchhaltevermögen, welches nur die B.M.515-Elite aufweisen kann. So sei es, bei Wotan!“ Die Wiener Band Abigor516 galt einige Zeit lang als Aushängeschild des Black Metal in Österreich517. Die Band pflegte enge Verbindungen zur deutschen Band Absurd bzw. Hendrik Möbus. „Wegen Möbus’ Mitwirkung am Album „Nachthymnen (From the Twilight Kingdom)“ und eigener Aussagen wurde Abigor am äußersten rechten Rand verortet, wogegen sich die Band halbherzig versuchte abzugrenzen.“518 Die Gründer Peter Kubik und Thomas Tannenberger sehen sich als Satanisten und wollen ihre Einstellung auch über Abigor transportieren.519 Nicht zuletzt entwickelte sich der Wiener Metal-Musiker Kadmon zu einer Drehscheibe rechtsextremer Bands und Ideologien. In den neunziger Jahren tauchte ein Teil der Elite der jungen FPÖ in das Wiener Musikund Diskoleben ein. Neben einer Vorliebe für Techno streiften einige Kollegen aus dem Umfeld von HC 509 http://de.wikipedia.org/wiki/Samael_(Band), 2011. www.taste-of-black.ch, 2011. 511 Projekt von EBIS e.V. (Eltern- und Betroffenen-Initiative zur Selbsthilfe gegenüber neuen religiösen und ideologischen Bewegungen, Baden-Württenberg, e.V.) 512 www.aufklaerungsgruppe-krokodil.de/MetalIsTheLaw.pdf 513 2011 kann die Existenz dieses Magazins nicht mehr belegt werden. 514 Keine Website auffindbar. 515 Black Metal 516 Gegründet 1993, Österreich, www.abigor.at, 2011, Black Metal bzw. Industrial Black Metal. 517 Vgl. www.legacy.de/contenido/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=22&idart=686, 2011. 518 http://de.wikipedia.org/wiki/Abigor_(Band), 2011. 519 Ebda. 510 88 Strache auch mit dem Black Metal-Musiker Kadmon durch das nächtliche Wien, der ihnen alte Wiener Sagen, vorzeitliche Mythen und (neu)heidnische Kulte näherbrachte. Kadmon, vulgo Gerhard Petak, betreibt die Band „Allerseelen“ und gibt die Heftreihen „Ahnstern“ und „Aorta“ heraus, in denen auch der satanistische Filmemacher Kenneth Anger zu Wort kam. Kadmon vertonte Aussagen des italienischen Faschisten Julius Evola und des „SS-Rasputin“ Karl Maria Willigut. Auch Nazi-UFOs bevölkern das Weltbild des Musikers.520 „In Österreich gibt es kaum Bands, die sich selbst als ‚NSBM’ bezeichnen, jedoch einige Versände, die Tonträger von NSBM-Bands vertreiben. So sind beim ‚Irdenwerk Versand’ aus Oberösterreich diverse Tonträger von NSBM-Bands wie ‚Bilskirnir’, ‚Draugurz’, ‚Seigneur Voland’, ‚Kristallnacht’ und vielen anderen erhältlich.“521 Das obersteirische Label Napam Records522 wurde 2007 vom Szenemagazin Rock Hard aufgrund der im Sortiment befindlichen Produktionen von NSBM-Bands befragt. Der Inhaber fühlte sich durch die Fragen des Journalisten angegriffen und berief sich auf Fachleute, die das Sortiment prüfen würden.523 Aufruhr gab es 2005 um das „Dunkelheit“-Festival524. Ursprünglich als 2-Tages-Festival geplant hätte es in Niederhollabrunn in Niederösterreich stattfinden sollen.525 Nach massiven Protesten wurde die Veranstaltung auf einen Tag gekürzt und nach Graz verlegt, wo es ebenfalls zu Protesten (v.a. der Antifa) und verschärften Kontrollen am Einlass kam. Wie sinnvoll es ist, Festivalbesucher anhand von Band T-Shirts auszusortieren und nach Hause zu schicken, sei dahingestellt. Einer speziellen Betrachtung soll die Grazer Metalszene unterzogen werden. Sie entwickelte sich laut einem mit René Molnar geführten Interview526 sehr langsam. „Es begann in Graz mit 15 bis 20 Personen, heute sind es 1500 bis 2000, wobei ich von einigen Tausend Sympathisanten ausgehe. Der Inner Circle, also der harte Kern, umfasst 500 bis 600 Menschen.“527 Ferner räumt Molnar mit der Annahme auf, dass der überwiegende Anteil der Szenemitglieder aus dem Lehrlingsbereich käme. Er hat sich im Rahmen seiner Arbeit zur Erlangung des Abschlusses „Akademischer Jugend- und Soziokulturpädagoge“528 an der Pädagogischen Hochschule Steiermark mit der Frage beschäftigt, inwieweit eine rechtsextreme Ausrichtung bei jugendlichen Grazer Metalfans vorliegt und kommt zu dem Schluss, dass die Szene sich eher im politisch neutralen bis linken Spektrum bewegt und somit Rechtsextreme eine Minderheit bilden. 520 Vgl. Horaczek/Reiterer, 2009, S. 81f. www.infoladen-wels.at/print/aktuelles/mehr.php?no=19, 2011. 522 www.napalmrecords.com, 2011. 523 Vgl. Mühlmann, 2007, S. 60. 524 Veranstalter waren das Label „Ashen Productions“ und das Online Magazin „blackmetal.at“ 525 Vgl. http://www.infoladen-wels.at/print/aktuelles/mehr.php?no=19, 2011. 526 Schweidlenka: Interview mit Rene Molnar, 2011. 527 Ebda. 528 Molnar, 2011. 521 89 „Die Grazer Metaler sind sicherlich weniger rechts[extrem] als der Durchschnitt bei den steirischen Jugendlichen. Zurzeit sehe ich in Graz keine Chance für eine rechtsextreme Unterwanderung der Szene. Der Widerstand gegen rechtsextreme Unterwanderung nimmt übrigens im gesamten deutschen Sprachraum zu. Metaller weisen auch eine große Teilnahmequote bei Wahlen auf.“529 Nicht nur unter den Fans, auch in Musikerkreisen sieht Molnar die Situation ähnlich. Zwar gibt es Bands, bei denen nicht sicher auszumachen ist, ob sie provozieren oder tatsächlich rechtsradikale Ideologien verbreiten wollen wie z. B. Flammensturm530 und Interregnum531, an sich ist die Szene aber auch, was die lokalen Musikgruppen betrifft, eher politisch neutral bzw. latent links orientiert. Auch was satanistische Tendenzen betrifft ist die Grazer Szene laut Molnar relativ unbelastet. Ein großer Teil bezeichnet sich als atheistisch. Abb. 30 Unter den Grazer Metalheads herrsche hinsichtlich der hohen Wahlbeteiligung ein überdurchschnittliches Demokratieverständnis. Sie beobachten die aktuellen politischen Geschehnisse durchwegs kritisch. „Die Altersgruppe der 16-bis-20-jährigen Szenemitglieder zeigen ein größeres Interesse an Politik, als ihre steirischen Altersgenoss/-innen.“532 Ferner verortet Molnar in der untersuchten Szene eine durchwegs tolerante Haltung gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund. „Zusammenfassend kann man sagen, dass die Grazer Metalzene besser ist als der Ruf des Metals als solches.“533 Molnar konkludiert, „dass es sich bei der Grazer Metalszene um keine rechtsorientierte Szene handelt, und dass dieselbe derzeit nicht durch rechtsextreme Kreise unterwanderbar ist.“534 529 Schweidlenka: Interview mit Rene Molnar, 2011. Graz, www.flammensturm.at, 2011, Black Metal. 531 Gegründet 2006, Graz, Österreich, www.interregnum.at, 2011, Viking Death Metal. 532 Molnar, 2011, S. 40. 533 Ebda. 534 Ebda. 530 90 Eine Liste österreichischer Metal Bands findet man in den „Metal Archives“.535 Die schwarz/braune Szene in Osteuropa Benjamin M. Grilj In dieser Beschreibung soll der geographische Begriff „Osteuropa“ und alle Im- und Explikationen nicht thematisiert werden. Da die Entwicklungslinien zwischen den Ländern des ehemaligen COMECON (meist Ostblock genannt) und der ehemaligen UdSSR aber gänzlich different sind, soll hier die Situation in den europäischen Ländern der Ex-UdSSR (Russland, Ukraine, Weißrussland, Estland, Lettland, Litauen und Moldawien) an Hand von einigen Beispielen beschrieben werden. Grundsätzlich müssen vier Dinge vorausgeschickt werden, die sich wesentlich von der Situation in Westund Zentraleuropa unterscheiden, aber essentielle Folgen hatten und zum Teil auch noch heute haben: • Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Deutschland lange Zeit die alleinige Schuld an diesem und dem Holocaust gegeben; in Österreich z. B. folgte die Diskussion um eine Mitschuld erst Mitte der 1980er, in Frankreich und anderen Ländern noch später. Die Situation in Osteuropa unterscheidet sich davon aber, da im Sinne des kollektiv-sozialistischen Denkens jeder Sowjet Europa vom Nationalsozialismus befreit hat, als ob er tatsächlich in der Roten Armee gedient hätte. Diese Interpretation der Geschichte verhinderte größtenteils eine Aufarbeitung der Fragen von Kollaboration, Antisemitismus und herrschendem faschistoiden Gedankengut. • Das sowjetisch-planwirtschaftliche Marktsystem hatte auch eine Entsprechung in der Musiklandschaft, sodass es als einziges Plattenlabel Melodia gab, welches politisch kontrolliert wurde. Rock oder Metal waren als „rowdyhaft“ und „dekadent“536 verschrien und dementsprechend unerwünscht. Das „unkultivierte, rüpelhafte Betragen, Herumgröhlen und rücksichtslose Gedränge“ wurde nicht nur als „Oppositionshaltung“ sondern als „gestörte Beziehung zur sozialistischen Gesellschaft überhaupt“537 verstanden, womit eine Veröffentlichung auf Melodia für Bands aus diesem Genre nahezu unerreichbar war. Dies änderte sich erst mit den Reformen Gorbatschows, die das Label marktwirtschaftlichen Gesetzen unterwarfen und damit öffneten. • Wegen der herrschenden Zensur waren die meisten ausländischen und alle inländische Bands, die dem Profil Melodias nicht passten, vom Verkauf ausgeschlossen, sodass sie sich andere, illegale, 535 www.metal-archives.com/lists/AT, 2011. Vgl. Wicke, P.: Rockmusik und Politik. Ch. Links: 1996, S. 29. 537 Vgl. ebda. S. 32. 536 91 Vertriebsmöglichkeiten suchen mussten. So war ein musikalischer Austausch ausschließlich auf persönliche Kontakte beschränkt und Szenen konnten sich primär regional entwickeln. • In den meisten der angeführten Länder wird das kyrillische Alphabet verwendet, was sich häufig negativ auf eine Verbreitung in West- und Zentraleuropa auswirkt(e). Russland D.I.V. D.I.V. (Д.И.В.) ist die einzige der hier angeführten russischen Bands, die es nicht mehr gibt, soll aber wegen ihrer Reichweite Erwähnung finden. Gegründet 1987 in Moskau können sie am ehesten im Oi!538 verortet werden, wechselten aber (vermutlich durch den häufigen Besetzungswandel) immer stärker in den Thrash Metal über. Inhaltlich bleiben die Texte aber, unüblich für den Thrash, eindeutig rechtsradikal, faschistoid und nationalsozialistisch. Der Sänger von D.I.V. versuchte sich daneben auch als rechtsextremer Politiker, scheiterte aber. International Beachtung findet die Band nur in Skinhead-Kreisen aufgrund der Schweizer Dokumentation Skinhead Attitude. Der Versuch an RAC (Rock against Communism – gegründet von Ian Stuart von Skewdriver) anzukoppeln schlug auch fehl, da D.I.V. immer wieder durch ihre (Alkohol-)Launen negativ auffielen und nicht ernst genommen wurden. Bis 2004 veröffentlichte die Band elf Alben mit teils eindeutigen Titeln wie „Genocide“ oder „Mein Kampf“ für das Label „Rebel Records Russia“. Bedeutend sind sie, weil sie noch zu Zeiten des Kommunismus offen nationalsozialistische Äußerungen verlauten ließen und deswegen heute vielfach als Türöffner für die radikale rechte Szene in Osteuropa bezeichnet werden. Kolovrat Bei dieser Band fällt die politische Einteilung leicht, da allein schon der Name Kolovrat (Коловрат) Sonnenrad bedeutet, das auch als Bandlogo fungiert: eine achtarmige, rechtsgedrehte Swastika. Daneben ist Kolovrat gleichzeitig der Kampfname eines russischen Kriegsherren und Deckmantel der aktuellen russischen Rechtsradikalen. Die Band formierte sich 1994 in Moskau unter dem Namen Russian Ghetto, den sie aber 1997 zu Gunsten von Kolovrat änderte, um ihre „politischen Ansicht zu verdeutlichen.“539 Mittlerweile veröffentlichten sie 10 Alben auf dem eigenen Label Kolovrat NS und sind fest im internationalen Geschehen verankert: Sie spielen auf zahlreichen NSBM- und Pagan-Festivals in ganz Europa und veröffentlichten auch eine Split-CD540 mit den deutschen Neonazis von Nahkampf unter dem Titel „Russian-German NS Unity“. Die Song-Texte sind 538 Musikstil dessen Anhänger zumeist aus der Skinhead- und Punkszene kamen [Anm. d. Red.] Interview mit dem Sänger Timonichev, A. in: Aryan Music, 23.06.2006. 540 Darunter wird eine meist von zwei, manchmal aber auch von mehreren Bands gemeinsam herausgebrachte CD verstanden [Anm. d. Red.]. 539 92 klar antisemitisch und nationalsozialistisch: „das einzig wahre politische System für die Weißen ist der Nationalsozialismus, der modern, angemessen und fortschrittlich ist. [...] Der 2. Weltkrieg war ein brudermordender Krieg, der von den Zionisten angezettelt wurde um die Gefahr von Seiten der Nationalsozialisten zu bannen, die sowohl die Herrschaft der Zionisten als auch deren Existenz gefährdeten. 18 war ein großartiger Politiker und Stratege des 20. Jahrhundert [...].“541 Musikalisch gesehen begannen Kolovrat als RAC also im rechtsradikalen Oi! Häufig stößt man auf Beschreibungen, dass sie heute Trash Metal spielen würden, was aber sehr weit hergeholt ist. Man kann sie eindeutig im Rechts-Rock verorten, der aber wesentlich melodischer als sein deutsches Pendant ist. M8L8TH M8L8TH (oder Moloth88/Молотх88) wurden 2002 im russischen Tver gegründet. In beiden Formen verwenden sie die 88 als Zahlencode für „Heil Hitler“ – im Bandlogo finden sich daneben auch noch das verkehrte Kreuz und ein angedeutetes Hakenkreuz. Bekanntheit erreichten sie aber nicht mit ihrer Musik, sondern auf Grund der Tatsache, dass der Sänger Alexey wegen vierfachen Mordes und mehreren (teils schweren) Raubüberfällen in einer Haftanstalt für psychisch gestörte Gewaltverbrecher einsitzt. Die erste LP von M8L8TH wurde auf Stellar Winter Records veröffentlich, das zur Pagan Front gehört, die aktuellste bei Lost Reich Records. Musikalisch sind sie dem NSBM zuzuordnen; in den Texten finden sich krude Aneinanderreihungen von nordischer und altslawischer Mythologie, russischem Nationalismus, faschistoiden Rassentheorien und Christenhass. Rodovest So wie bei M8L8TH lässt sich bei Rodovest (Родовест) schon viel aus dem Bandlogo erkennen: Neben Streitäxten findet sich ein Sonnenrad, mehrere angedeutete Swastiken und eine eindeutige. Rodovest wurde 2002 in Volgograd gegründet und ist auf dem Label Soldatus Inconnus (heute Vae Victis, die von Frankreich aus den deutschen NSBM-Markt beliefern), auf dem unter anderem auch Pagan Hellfire läuft. Daneben sind sie in der rechtsextremistischen Pagan Front aktiv und covern Lieder von Absurd und Burzum. Musikalisch wurde Rodovest stark von Temnozor542 beeinflusst, sodass sich neben typischen Black-, Viking-, Doom- und Death-Metal-Elementen auch Reminiszenzen an die russische Volksmusik heraushören lassen. Was musikalisch schon angedacht ist, findet eine Entsprechung in den Texten, wo russische Folklore mit Paganismus und Nationalsozialismus vermengt wird. 541 542 Interview mit dem Sänger Timonichev, A. in: Aryan Music, 23.06.2006. Hinweis: Die Zahl 18 steht für Adolf Hitler. Pagan Metal, Russland, gegründet 1996. 93 Stella Aria Zwei Jahre nach Moloth88 wurde 2004 ebenfalls in Tver Stella Aria (Стелла Ариа) gegründet, wobei es auch personelle Überschneidungen gibt. Auch wenn es im Deutschen so anmutet, der Name Aria hat nichts mit Ariern zu tun, sondern mit der Arie543. Die Bedeutung von Stella ist allerdings mehrdeutig: so kann es entweder ein weiblicher Vorname sein, oder im Russischen „Denkmal“, „Säule“ oder im Lateinischen „Stern“ bedeuten. Daneben gibt es noch aus der Medizin das Arias-Stella-Phänomen, das die Veränderung der Gebärmutterschleimhaut nach einem Abort beschreibt. Bisher hat Stella Arja nur ein Album im Selbstverlag veröffentlicht, wird aber mittlerweile über Aryospher Productions vertrieben, die ansonsten Bands wie Endlösung im Programm haben. Musikalisch versuchen sie, Black-Metal mit Industrial und Ambient zu verbinden und übersteigern diese seltsame Mischung noch mit Texten über Arier im Weltall. Temnozor Eine der bekanntesten rechtsradikalen Bands Russlands ist sicherlich Temnozor (Tемнозор), die über ein ausgezeichnetes Netzwerk verfügten, in der rechtsradikalen Pagan Front, Blood & Honour Russland und der White Power Bewegung aktiv sind und mit Stellar Winter Records das einzige NSBM/RAC-Label Russlands besitzen. Temnozor hat mittlerweile auch jenseits eingeweihter Fans eine derartige Bekanntheit in ZentralEuropa erreicht, dass eine Reihe von Konzerten in den Niederlanden, Deutschland und auch Ungarn544 entweder abgesagt wurde, oder im Geheimen stattfinden musste. Seit der Gründung 1996 in Obninsk fallen die Bandmitglieder (es gibt eine sehr starke Fluktuation in der Besetzung; die 17 aktuellen und vorherigen Bandmitglieder sind das Who-Is-Who der osteuropäischen Neonaziszene) vor allem mit rassistischen und antisemitischen Äußerungen auf: „pagan revival will stay only a dream until modern civilization based on materialism and judaism is annihilated. [...] If most of you will act the same way, trying to break the chains of judeo-christian slavery and consequences of its noxious impact (i.e. disastrous ecological, demographic and geopolitic state of the whole White Race) speaking a lot but doing nothing, then soon there will be nothing and nobody to save. We have to act now.“545 Sie bekennen sich offen zum Nationalsozialismus und dem „heiligen Rassenkrieg [...] KULTURKAMPF“546. Ihre zweite LP erschien 2004 bei Maximum, einem der größten russischen Hard-Rock/Metal-Labels, wurde aber bereits nach zwei Tagen Verkauf verboten – zu diesem Zeitpunkt war aber fast die gesamte Auflage bereits verkauft. 543 Arier von pers. „āryā“: „edel“; Arie von ital. „aria“: „Weise“, „Luft“. Vgl. www.telegraaf.nl/binnenland/5695444/__Onderzoek_naar__nazi-band___.html, 2011. 545 Interview mit Kai Mathias Stalhammer von Nargathrond 1998: www.rusmetal.ru/vae_solis/Temnozor.htm, 2011. 546 Resistance #23, 2004. 544 94 Für den Vertrieb in Zentral-Europa haben sie Partner in anderen einschlägigen rechtsradikalen Organisationen wie Hakenkreuz Productions, Ascent Records, Eastside Records, Nebelfee Klangwerk und anderen gefunden, mit denen sie auch über die Pagan Front und Stella Winter Records kooperieren. Musikalisch gesehen können sie dem Folk- und Black-Metal zugeordnet werden, wobei sie versuchen, russische Instrumentierung und Melodien mit Black-Metal zu vereinen. Bei ihren Auftritten versuchen sie außerdem, ihre russische Herkunft mit (Fantasie-)Trachten darzustellen. In ihren Texten geht es primär um Paganismus, Krieg, Nationalsozialismus und Beschreibungen der Natur, wie sie auch bei anderen BlackMetal-Bands zu finden sind. Velimor Velimor (Велимор) wurde 2002 in Novomoskovsk gegründet. Der erste Schlagzeuger Ulv Gegner Irminisson, Mitbegründer der häufig als ersten russischen NSBM Band bezeichneten Raven Dark und des NSBMNetzwerkes BlazeBirth Hall, wurde 2005 von einem angeblich militanten Anti-Faschisten erstochen. Die Band, die mittlerweile vier Alben veröffentlicht hat, steht bei Stellar Winter unter Vertrag. Musikalisch sind sie Temnozor ähnlich, wenngleich weniger russische Volksmusik Verwendung findet. Ihre Texte behandeln im Wesentlichen die Themen Krieg, Paganismus und Antisemitismus. Abb. 271: Startseiten-Grafik der BlazeBirth Hall Woods of Fallen Das 1996 in Moskau gegründete Duo Woods of Fallen versucht möglichst unerkannt zu bleiben. Die vorhandenen sechs Aufnahmen sind Proberaummitschnitte, daneben sind sie auch nur auf zwei Samplern vertreten, wovon einer eine Burzum Tribute CD ist. Beide Mitglieder sind in der Szene aber äußerst aktiv: So spielten sie beide bei Temnozor und einer, ebenso wie der schon erwähnte Ulv Gegner, ist Gründungsmitglied von Raven Dark und BlazeBirth Hall. Gorruth, der noch immer die Texte für Temnozor schreibt, ist der Eigentümer von Stellar Winter Records, über die auch die Aufnahmen von Woods of Fallen vertrieben werden. Musikalisch sind sie dem Black Metal zuzuordnen und haben im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Bands (fast) keine Reminiszenzen an die russische Tradition (weder musikalisch, noch 95 inhaltlich oder grafisch beim Logo): So werden keine kyrillischen Buchstaben verwendet, es findet sich eine Abbildung Wotans in Begleitung eines Rabens und Wolfes und darüber thront ein rechtsgedrehtes, abgerundetes Hakenkreuz. Die Texte, die nur sehr spärlich vorhanden sind, huldigen größtenteils dem Paganismus und Nationalsozialismus. Ukraine Dub Buk Die 1997 in Charkiv gegründeten Dub Buk (Дуб Бук – Eiche und Buche) erlangten auch in Österreich 2008 eine gewisse Bekanntheit, nachdem eine Anzeige wegen Wiederbetätigung nach dem NS-Verbotsgesetz gegen ihren österreichischen Vertrieb Ashen Records eingereicht wurde. Neben Dub Buk waren dort auch Bands wie Pogrom, Gestapo 666, Nokturnal Mortum oder Nordisches Blut unter Vertrag. Mit Nokturnal Mortum verbindet sie sehr viel, da sie nicht nur dieselben Vertriebswege nutzen (lange Zeit waren beide auf Eastside Records), sondern auch personelle Überschneidungen vorhanden sind. Musikalisch entwickelte sich Dub Buk aus einem sehr puristischem Black-Metal hin zum Melodic-BlackMetal. In ihren Texten transportieren sie vornehmlich paganistische, antisemitische, antichristliche, nationalsozialistische (ein verschobenes, abgerundetes Hakenkreuz ist auch zentrales Element des Logos) Inhalte, die mit Heldenmythen der Kiewer Rus (das erste „russische“ Staatswesen, bevor es eine Trennung zwischen Russen und Ukrainer gab) verknüpft werden. Dementsprechend sind die Songtexte fast ausschließlich auf Russisch und Ukrainisch. Finist 2002 formierte sich in Charkiv die Power-Folk-Metal Band Finist, benannt nach einem Falken der russischen Mythologie. Verbindungen hat diese Band vor allem mit Nokturnal Mortum, da drei von ihnen in beiden Bands spielen. In den Texten geht es primär um die Themen Krieg, arisch-slawischen Stolz, Rassismus und Ukrainischen Nationalismus. Obwohl diese Band nicht einmal ansatzweise dem Black-Metal zugeordnet werden kann, reiht sie „metalcrypt“ in den NSBM ein, und warnt Fans des Power Metals, sich diese Band anzuhören, da ihre Texte nationalsozialistisch und rassistisch sind.547 Auf ihrer eigenen Myspace Seite bezeichnen sie ihren Stil als Brutal Ukrainian Nationalism, der „new light to the ukrainian NSMB Scene“548 bringen solle und verwenden das ukrainische Wappen als Hintergrundbild. Auffallend ist allerdings, dass sie obwohl sie so 547 548 96 www.metalcrypt.com/pages/review.php?revid=3138, 2011. www.myspace.com/finist1, 2011. „stolze Patrioten“ sein wollen, sowohl auf das Ukrainische als Sprache, als auch auf das kyrillische Schriftsystem verzichten. Nokturnal Mortum Kaum eine andere NSBM-Band aus Ost-Europa ist derart bekannt wie auch wandelbar wie Nokturnal Mortum. 1991 als, wie sie es selbst bezeichnen „Unholy Death Metal“549 Band in Charkiv unter dem Namen „Suppuration“ gegründet, wurden sie zwei Jahre später die Black-Metal Band Cristaline Darkness, bevor sie in der Originalbesetzung von Suppuration 1994 zuerst Nokturnal Mortum und schließlich ein Jahr später Nokturnal Mortum wurden. 1997 schaffte die Band den Durchbruch im Westen, was vor allem über The End Records und Nuclear Blast ermöglicht wurde. Beide trennten sich aber aufgrund der zunehmend (offen) geäußerten nationalsozialistischen Ausrichtung der Band von dieser.550 Stilistisch gesehen wandelten sie sich von einer relativ thrashigen Death Metal Band zu einer melodischen Black Metal-Band, oder wie sie es selbst bezeichnen „Folk Symphonic Black Metal-Band“. Sie kombinieren ukrainische Volksmusik und Instrumente mit einem melodischen Black-Metal, der sich aber vor allem durch den klaren Gesang vom skandinavischen oder britischen unterscheidet.551 In der zentral-europäischen Szene wird häufig über die ideologische Ausrichtung von Nokturnal Mortum diskutiert, wobei vor allem das A-Blaze Magazin sich der Peinlichkeit Preis gab, zu behaupten, dass sie nicht „unter das Akronym ‚NSBM‘ subsumiert werden können, da sich weder die Texte noch die Präsentation dieser Bands politisch kategorisieren lassen.“552 Leider basierten diese und ähnliche Äußerungen entweder auf Unwissen, oder auf Verleugnen von Tatsachen, da der Sänger Knjaz Varggoth in einem Interview mit dem Firegoat schon Jahre zuvor meint: „[...] They [Runes of Dianceht] play the same style of music as Nokturnal Mortum: national socialistic Black Metal.“553 Anfangs bezeichneten sie ihren Stil und auch ihre Texte noch als „Lunar Black Metal“554, worunter sie vor allem Christenhass subsumierten, ab dem Album „To the Gates of Blasphemous Fire“ verbreiteten sie aber offen nationalsozialistisches, antisemitisches Gedankengut und waren bis 2008 Mitglied der Pagan Front. Im Text von „The Taste of Victory“ präsentieren sie den Zweiten Weltkrieg als von Juden angestifteten Bruderkrieg. Auch wenn der Sänger in aktuelleren Interviews immer wieder behauptet, dass sie nun unpolitisch seien, bezeichnet er den Revisionisten Migual Sirrano als einen der Haupteinflüsse seiner Texte, womit er die zuvor gemachte Aussage negiert. 555 549 www.rusmetal.ru/mortum/bio.html, 2011. Vgl. www.firegoat.com/eng/?id=3&d=16, 2011. 551 Vgl. www.metalunderground.com/reviews/details.cfm?releaseid=445, 2011. 552 ablazemagazin.de/ablaze/index.php?mact=News,cntnt01,detail,0&cntnt01articleid=85&cntnt01returnid=15, 2011. 553 www.firegoat.com/eng/?id=3&d=16, 2011. 554 www.metalunderground.com/reviews/details.cfm?releaseid=445, 2011. 555 Vgl: http://frostkamp.wordpress.com/2008/08/05/nokturnal-mortum-interview, 2011. 550 97 Aufregung gab es auch noch in Bezug auf die W:O:A Roadshow, bei der 2008 in Kiew auch Nokturnal Mortum hätte spielen sollen – ihr Auftritt wurde dann aber kurzer Hand (ohne Nennung von Gründen) gecancelt. Im Gegensatz zu Drudkh, wo eine eindeutige Zuschreibung schwierig ist, handelt es sich bei Nokturnal Mortum um ein Aushängeschild des ukrainischen NSBM. Sokyra Peruna Sokyra Peruna ist eine international sehr gut verknüpfte Kiewer Band, die sich zwischen Pagan Metal und Rechtsrock bewegt. Sie werden meist als RAC kategorisiert, brechen die Genregrenze allerdings immer wieder in Richtung Thrash und Pagan auf. Inhaltlich sind sie eindeutig rechtsradikal und vermischen nationalsozialistisches Gedankengut mit ukrainischem Nationalismus. Das Logo mit dem linksgedrehten, abgerundeten Hakenkreuz lässt eine ideologische Nähe erkennen. Sie sind bei Blood & Honour und Division East Europe aktiv und haben im Zuge dessen auch Sampler mit Bands wie Front18, Vandal, H8 oder Kolovrat veröffentlicht. Daneben sind sie Mitglieder der German Slavonic Army und haben im Zuge dessen eine Gedenkveranstaltung für Ian Stuart556 in Kiew organisiert, in Folge dessen eine Split-LP mit Brigade M aus Holland und Antisystem aus Russland veröffentlicht wurde – eine von insgesamt vier Split-CDs. Daneben haben sie bis jetzt sechs Alben produziert, die vom rechtsradikalen Label Eastside Records vertrieben werden. Hate Forest Hate Forest wurden 1995 in Charkiv gegründet und haben sich 2004/2005/2006557 wieder aufgelöst. Sie haben stets versucht, sich von der Öffentlichkeit fernzuhalten, keine Interviews zu geben und sich nicht eindeutig politisch zuordnen lassen. Ihr Label Primitive Reactions hat keine NSBM Bands unter Vertrag.558 In einschlägigen Metal-Magazinen werden sie aber trotzdem unter dem Genre NSBM gelistet559, obwohl keine der sehr spärlichen Texte veröffentlicht worden sind und es kaum vorstellbar ist, dass diese verstanden werden könnten. Als Belege für die nationalsozialistische Ausrichtung gelten die offizielle Website (es handelt sich dabei nur um eine MySpace-Seite) und das Merchandise. So findet sich auf der Myspace-Seite die Zeile „every subhuman buying hate forest releases buys a weapon against himself.“560 Als Merchandise wird unter anderem ein Pulli mit dem Bild Roman Shukewytschs verkauft, der als Offizier an der Seite von Wehrmacht und SD in der Operation Nachtigall in der Westukraine gekämpft hatte und für (mindestens) ein Pogrom an der jüdischen und polnischen Zivilbevölkerung in Galizien verantwortlich ist. 556 Britischer Sänger, *1957, †1993; Kopf der neonazistischen Band Skrewdriver, Gründer von Blood and Honour. Die Quellen nennen kein eindeutiges Jahr. 558 Taghut stehen allerdings auf Grund ihrer islamophoben Texte unter Verdacht. 559 Vgl. www.chroniclesofchaos.com/reviews/albums/2-3277_hate_forest_purity.aspx, 2011. 560 www.myspace.com/hateforestukraine, 2011. 557 98 Daneben gibt es Hinweise auf die Zugehörigkeit zur rechtsextremen Szene, wie beispielsweise, dass Hate Forest häufig mit Kolovrat aufgetreten ist. Weißrussland Molot/Molat Die einzige weißrussische Band, die hier beschrieben werden soll, ist die 2004 in Orsha gegründete Band Molot (Молот). Der Name und das Logo haben zwar einen direkten Bezug zur UdSSR, die Band selbst steht allerdings ideologisch auf der gegenüberliegenden Seite. Alleine, wenn man sich die Sampler, auf denen die Band vertreten ist, ansieht, weiß man, welcher Gedanken Kinder hier am Werk sind: So findet man ihren Song „White Power“ auf dem Sampler „10 Years in Valhalla – Ian Stuart Donaldson Memorial“, der auch auf Blood & Honour Russia vertreten ist. Andere Sampler, an denen sie beteiligt sind, wären der „Lost Freedom Burzum-Tribute-Sampler“, „Tribute to Legion 88“ oder „Shave ´em all“. Songtitel wie Aryan Knight, Racial War, White Rock, White Power, Kolovrat, und ähnliche lassen auch keinen Zweifel zu. Molot, die mit Thrash Metal beginnen und im Laufe der Zeit zu einer Mischung aus Black-Metal und Rechtsrock wechseln, kehren damit zu ihren musikalischen Wurzeln zurück, als sie noch Arachia (diese tauchen in einschlägigen Internetforen immer wieder unter der Bezeichnung Apaxia auf, wobei hier einfach kyrillische Buchstaben als lateinische gelesen wurden) hießen. Unter dem alten Namen war bereits nationalsozialistisches Gedankengut in den Texten vertreten, wurde aber bei weitem versteckter formuliert, als dies Molot tut. Ihr Vertrieb läuft über den ukrainischen, rechtsradikalen Versand Evil Barber Records, der mittlerweile in Deutschland indiziert ist. Abschließende Bemerkungen Auffallend bei der Recherche war, dass beinahe alle russischen Band-Websites gesperrt waren, obwohl es im russischen Recht kein Verbotsgesetz wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung gibt.561 Des Weiteren war es verwunderlich, dass eigentlich alle russischen Bands aus dem direkten Umfeld Moskaus kommen. Für die Ukraine ist es erstaunlich, dass die Bands aus dem Osten (Charkiv und Kiew) kommen, wohingegen faschistische Parteien im Regelfall ihrer Wählerschaft im Westen des Landes haben. Von den ukrainischen Bands waren auch keine Websites gesperrt. 2.6.3 WIDERSTAND GEGEN NSBM Bereits 1997 haben Jugendliche, die sich mit dem Satanismus im Rahmen des Projekts „Jugend und Musik“ des BORG Hasnerplatz (Graz) beschäftigt haben, diese harte Musikszene kritisiert: „So fordern Bands wie Burzum, Bathory und Immortal richtiggehend zu satanistischen Taten in ihren Texten auf. Die oben 561 Da sich mein aktueller Server in der Ukraine befindet, ist es auszuschließen, dass dieser aufgrund europäischer Gesetze gesperrt wäre. 99 genannten Gruppen erreichen eine kaum für möglich gehaltene Dimension. So nach dem Motto: „Die alten Bands haben nur darüber gesungen, wir tun es“ testen Extrem-Gruppen wie Darkthrone, Mayhem, Emperor oder Immortal ihre wirre Zerstörungslyrik an lebenden Objekten."562 90% der Metalheads stehen dem NSBM ablehnend gegenüber. Gegen die rechtsextreme Unterwanderung des Heavy Metal regt sich seit Jahren Widerstand: So tragen viele Metalfans antifaschistische Aufnäher auf ihrer Kleidung, viele sind bei der Antifa, den Autonomen oder den Grünen aktiv. Manche Deutsche haben sich auch für eine Karriere in der CDU entschieden. In der Regel sind rechtsextreme Personen – so in der westdeutschen Metal-Community – ein Feindbild. Die meisten Metalbands wenden sich unmissverständlich gegen Unterdrückung, Rassismus, Gewalt und Intoleranz. Kreator oder Rumble Militia leiten ihre Konzerte mit Stellungnahmen gegen den Faschismus ein. Im Rahmen des Wacken-OpenAir, eines großen, jährlich stattfindenden Metal-Festivals in Norddeutschland, kam es zu einer Antifa-Kampagne. Es gibt eine Initiative Metalheads gegen Faschismus, unterstützt unter anderem. von „Metalheads against brown insanity“ (siehe oben) und „Pagans against fascism“563. Folgendes Grundsatzstatement wurde 2001 abgegeben: „In letzter Zeit machen sich in der Metal-Szene (vor allem beim BM) schändliche Missstände breit. Die Rede ist von der „Politisierung“ dieses Musikstils. Rechtsextremes, faschistisches Gedankengut wird angepriesen und findet zunehmend Anklang, vor allem bei unerfahrenen „Neueinsteigern“. Dabei sei einmal in aller Deutlichkeit ausgesprochen, dass Metal NIE wirklich politisch orientiert war (oder zumindest nie in solch einer extremen Form). Diese Musik symbolisierte immer Rebellion gegen bestehende Systeme, gegen die Gesellschaft an sich und die Unterdrückung durch staatliche Organisationen, die der Massenkontrolle dienen (als da wären z. B. die Kirchen). Faschismus widerspricht dieser Ideologie vollkommen, er fördert das Wohl einzelner Machthaber und die vollkommene Kontrolle des Individuums. Faschismus zerstört, beschmutzt altehrwürdige Dogmen, er missbraucht sie für sich. Aus ihm heraus und nur aus ihm waren eben diese Volksunterdrückungsmaschinerien, die wir eigentlich von jeher bekämpft haben. Christentum ist nur ein Beispiel. Faschismus ist schändlich und beleidigend für all diejenigen, die dem Metal wirklich treu geblieben sind.“564 „Leider werden bezüglich dieses Themas immer noch zu oft die Augen geschlossen. Nur wenige sind bisher wirklich bestrebt, auf diese Missstände aufmerksam zu machen. Viele Fans argumentieren mit der Differenzierung zwischen Ideologie und Sound. NSBM aber basiert gerade auf der Grundlage, seine vermeintlich „rassenstolze“ Ideologie durch die Musik zu vermitteln, diese beiden Elemente lassen sich nicht trennen (Wer hört schon Musik, ohne sich für die Songtexte zu interessieren?) Diejenigen, die auf dieses 562 Projektbericht Jugend und Musik des BORG Hasnerplatz, S. 13 Die Website http://mars.spaceports.com/~wolfshof/paf.htm scheint nicht mehr existent zu sein. 564 Ebda. 563 100 Argument zurückgreifen sind schlichtweg ignorant, denn wer die entsprechende Musik hört, der unterstützt damit auch die Bands und ihre Ziele.“565 Eines muss zur Kenntnis genommen werden: Es gibt ein weltweites, gut zusammenarbeitendes Netzwerk, das folgende Trends und deren Organisationen vereint: • • • • Rechtsextremer/neonationalsozialistischer Black Metal (NSBM) Rechtsextremes/neonationalsozialistisches Neuheidentum Rechtsextreme/neonationalsozialistische Okkult- und Satanistenorden Rechtsextreme/neonationalsozialistische politische Organisationen Alle rechtsextremen/neonationalsozialistischen Mörder – von Manson über Vikernes bis zu Möbus – haben in diesem Zusammenhang ein weltweites Unterstützungsnetzwerk. Innerhalb der Szene wird vielerorts Widerstand demonstriert. Auf den Kutten vieler Metalfans sind Aufnäher mit durchgestrichenem Hakenkreuz bzw. dem NSBM Schriftzug zu sehen. René Molnar vom Jugendkulturzentrum Explosiv wurde in einem Interview gefragt, wie die Metalfans in der Einrichtung auf rechtsextreme Vereinnahmungsversuche oder Meldungen reagieren würden. Seiner Erfahrung nach reagieren die Leute nur vereinzelt aggressiv. Zumeist würde das Gespräch gesucht.566 „Aber der allgemeine Widerstand gegen rechts ist deutlich spürbar, wie gesagt ist das ein internationaler Trend, den man auch im Internet verfolgen kann. Die Abfuhr für rechte Bands ist heute weit verbreitet!“567 Festivals sprechen sich öffentlich dezidiert gegen nationalsozialistisches Gedankengut im Metal aus. Musiker, Veranstalter, Label und Fans schließen sich in Vereinigungen wie Metalheads against racism zusammen. Abb. 282: PartySan (Festival) Against NSBM 565 Ebda. Vgl. Roman Schweidlenka: Interview mit René Molnar, Geschäftsführer des Jugendkulturzentrums Explosiv, Graz, 15.05.2011. 567 Ebda. 566 101 Abb.36: + 297: Banner von Metalheads against racism Abb. 305 Auch Gruppierungen, die dem Genre nahestehen, setzen Aktionen und bilden Gemeinschaften gegen nationalsozialistische bzw. faschistische Unterwanderung. Abb. 318 + 329 Es werden aber auch immer wieder Stimmen laut, die solche Initiativen, vor allem, wenn sie de facto nur am „Papier“ (bzw. als Banner/Logo im Internet) bestehen, anzweifeln. Mangelnde inhaltliche Auseinandersetzung wird befürchtet und sogar die Distanzierung von NSBM aus taktischen Gründen.568 Es gilt – was eigentlich immer gelten sollte – auch in diesem Fall: Nicht allem nachlaufen, was oberflächlich „gut“ wirkt, sondern kritisch mit den Hintergründen auseinandersetzen! „Das Gegenteil von Gut ist nicht Böse, sondern gut gemeint!“ lautet ein vielzitierter Spruch von Kurt Tucholsky, der hier durchaus passend erscheint. Auch auf Wikipedia findet man eine Liste einiger – von Schreibern von Wikipedia(!) – als rechtsextrem eingestufter Metal Bands569. 1 568 569 Vgl. http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/unklare-distanzierungen-black-metal http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Rechtsextreme_Metal-Band, 2011. 102 RECHTE UNTERWANDERUNG Katharina Ganster Zwischen Musikgeschmack, Politik und Religion ist deutlich zu unterscheiden. Jemand, der eine Band mag, die als rechts gilt, ist nicht automatisch selbst rechts, ebenso wenig wie jemand, der sich als Satanist oder Asatru (Anhänger der nordischen Mythologie) bezeichnet. Zwar ist es schon ein persönliches Statement, wenn man das T-Shirt einer rechten Band bei einem Konzert trägt (z. B. Burzum, Graveland), ich finde jedoch die vorherrschende Praxis, solche Leute kategorisch aus Konzerten auszuschließen, nicht in Ordnung. Ich kenne selbst viele Metalfans, die solche T-Shirts aus Protest, Provokation oder aufgrund ihrer Vorliebe für die Musik (ohne politische Hintergedanken) tragen, oder einfach, weil ihnen die Motive auf den Shirts gefallen. Wenn bekannt wird, dass Menschen mit solchen Shirts nicht in ein Konzert gelassen werden, können wirklich Rechtsradikale einfach ein anderes anziehen und ihre Ideologie trotzdem verbreiten. Ich persönlich bin ohnehin gegen jegliche Form der Ausgrenzung und der Verbote von Ideologien, weil sich meiner Meinung nach dadurch die Selbstverantwortung der Menschen zurückbildet und dem Schubladendenken Tür und Tor geöffnet wird. Passend scheint mir hier ein Zitat von Rüdiger Sünner aus dem Buch „Schwarze Sonne“: Gegen [den] Einfluß [radikaler Ideologen], wie auch gegenüber anderen „Gurus“ der neuheidnischen und rechten Esoterik könnte u.a. mehr Aufklärung über die nach wie vor stiefmütterlich behandelte mystischsuggestive Seite des Nationalsozialismus helfen. Man muß etwas wissen über Germanen, Hakenkreuzsymbolik, Runen, Kultstätten und Mythen, wenn man diese neuen „Propheten“ mit mehr als nur moralischer Empörung gegenübertreten will. Der Schulunterricht klammert diese Themen aus, und man hat den Eindruck, daß sich Pädagogen oder Erzieher auch nicht näher damit befassen wollen. In ihrem Hang, all dies eher zu verdrängen oder mit „politisch korrekter“ Ächtung zu überziehen, befördern sie sogar noch die Abwanderung der entsprechenden Themen in unkontrollierbare Dunkelzonen, wo sie von charismatischen Ideologen und Künstlern mit neuer Faszinationskraft aufgeladen werden. Denn vor allem viele Jugendliche sind in ihrer Suche nach glühenden Bildern und Idealen besonders empfänglich für alles Ausgegrenzte und suchen sich mit untrüglichem Instinkt gerade das heraus, was die Gesellschaft verurteilt.570 Persönliche Erfahrungen mit rechtsradikaler „Unterwanderung“ Ein Trend zu „rechts“ ist deutlich zu beobachten, aber nicht nur in der Musikkultur, sondern in der Jugendkultur allgemein. Einige Bands haben den Ruf, rechtsextrem zu sein oder sind es tatsächlich, das hat jedoch wenig Auswirkungen auf deren Fans. Meiner Wahrnehmung nach ist ein Metal-Fan entweder 570 Sünner, 1999, S. 200f. 103 unpolitisch und wendet sich von einer rechten Band ab, wenn er davon erfährt, oder er bezeichnet sich als rechts und hört deswegen nur spezielle Bands, die als rechts gelten. Dass die Musik bzw. die Texte einer Band jemandes politische Einstellung nach rechts verändert hätte kann ich mir persönlich nicht vorstellen, zumal sich meines Wissens viele Fans die Texte nicht anhören, nicht verstehen oder nicht ernst nehmen. Einige Jugendliche mit rechtsradikalem Gedankengut haben dies aus Provokationsgründen, andere aus persönlichen Erfahrungen oder dem Umfeld heraus, andere finden es phasenweise einfach nur „cool“. Wirklich rechtsradikale Metalfans gibt es vermutlich wenige, und sie werden vom Großteil der „Szene“ nicht ernst genommen bzw. gemieden, und es scheint auch keine „Missionierung“ oder „Rekrutierung“ stattzufinden. 104 105 106 107 108 3. DIE SCHWARZE ROMANTIK: GOTHIC Simone Phillip/Roman Schweidlenka Die Goths gelten durchaus als liberale und offene Jugendsubkultur, da die Bewegung eine erstaunliche Vielfalt aufweist. Von den Medien (rechten wie linken) wurde diese Szene bis heute kaum richtig dargestellt und erfasst. Eine erste Schwierigkeit stellt bereits die Wahl der richtigen Bezeichnung für die Bewegung dar. Mitbedingt durch viele Berichte in der Massenpresse, die alles andere als up to date sind und weiterhin mit den alten Begriffen hantieren, ist die Bezeichnung „Grufties“ heute zu einem Schimpfwort geworden. Ursprünglich spielte sie auf die Vorliebe der Bewegung an, sich des Öfteren auf Friedhöfen aufzuhalten und bezeichnete somit „die Leute aus der Gruft“. Die Anhänger der Bewegung nennen sich selbst allerdings selten so, häufiger bezeichnen sie sich als Goths oder New Romantics. Der Begriff Gothic leitet sich von den sogenannten Gothic-Novels des 18. und 19. Jahrhunderts. ab, einer Art intellektueller Horrorromane, etwa von E.A. Poe, H.P. Lovecraft oder M. Shelly verfasst. Die in diesen Romanen dargestellte Atmosphäre, etwa auch die Beschäftigung mit den darin vorkommenden dämonischen Wesen (z. B. Vampire), spielt für die Bewegung eine große Rolle. Manche Journalisten wollen die Goths darüber hinaus mit dem gotischen Zeitalter in Zusammenhang bringen und mit der Vorliebe dieser Jugendbewegung für die gotische Schrift und den entsprechenden Stil. In Deutschland hat sich auch die Schreibweise "Gotik" (ohne "h"!) eingebürgert. Die Bezeichnung New Romantics geht auf das Zeitalter der Romantik zurück, das mit seinen Idealen sehr wichtig für die Bewegung ist. Exakte Differenzierungen der einzelnen Stile innerhalb der Szene gibt es nicht, die Grenzen und Zuordnungen sind fließend und verschwimmen oft. Daher spricht man heute eher von der „schwarzen Szene“. Im folgenden Text wird von den Autoren allerdings die Bezeichnung Goths als Beschreibung der Bewegung gewählt. 3.1 GESCHICHTE DER GOTHIC-BEWEGUNG Ende der siebziger und zu Beginn der achtziger Jahre bildete sich die Musik des New Wave als ein Ableger der Punk Bewegung heraus, an die sich die spätere Bezeichnung „Dark Wave“ anlehnt. Heute wird die Musikrichtung des New Wave eher als „Independent“ bezeichnet. Zunehmend wurden unter diese neue Art der Punk-Musik eher Bands mit melancholischen und düsteren Texten subsummiert, bis in der Mitte der achtziger Jahre in England erstmals der Begriff „gothic“ benutzt wurde. Durch den Kontakt mit dem Hard Rock der damaligen Zeit wurde der Gothic Rock ins Leben gerufen. 109 In den neunziger Jahren entstand dann die Bezeichnung „Dark Wave“ als Oberbegriff für die neue Musikrichtung, unter der wiederum viele Untergruppen zu verstehen waren. Die neue Richtung des Gothic war in England entstanden und kam zu Beginn der achtziger Jahre auch nach Kontinentaleuropa. Schon damals gab es die verschiedensten Bezeichnungen für die Fans dieser Musik, sie selbst nannten sich in dieser Zeit noch Waver. Für viele war die Bewegung damals noch eher eine düstere Form des Punks als eine eigenständige Szene. Siouxsie and the Banshees571 können als erste New Wave Band bezeichnet werden, kurz darauf folgten The Cure572. The Cure brachten das später von vielen Goths imitierte Kleidungsideal, schwarz oder weiß, dazu das weißgeschminkte Gesicht und die auftoupierten Haare auf. Bald folgten Joy Division573 und Bauhaus574. Bereits 1970 wurde die elektronische Form der neuen Bewegung durch die Band Kraftwerk575 vorbereitet, die vor allem durch Depeche Mode576 zur Perfektion gebracht wurde und die mit ihrem Elektropop eine steile Karriere darboten. Parallel dazu entstand die Avantgarde Musik, die ihre Wurzeln im Dadaismus der 20er Jahre sah. Die bekannteste Strömung hieraus ist der Industrial, in dem eine Mischung aus Industrielärm, Alltagsgeräuschen und ähnlichem mit Hilfe der Elektronik entfremdet und in Musikform gebracht wurde. Hierbei faszinierte vor allem der Umgang mit dem Morbiden und Destruktiven. Die Gruppe Throbbing Gristle577 prägte mit dem von ihnen gegründeten Label Industrial Records (IR)578 auch den Namen des neuen Stils. Es sollte sich hierbei um die Musik der Industriegesellschaft handeln. Der Gothic Rock der achtziger Jahre wurde vor allem durch die Band Sisters of Mercy579 begründet. In den USA waren zur selben Zeit Christian Death580 besonders prägend. Ende der achtziger Jahre wurden ihre Alben derart politisch provokativ (Verwendung von Nazisymbolen), dass einige in Deutschland nicht mit dem Originalcover erscheinen durften. 571 Gegründet 1976, London, England, www.siouxsieandthebanshees.co.uk, 2011. Gegründet 1976 (urspr. als „Easy Cure“), Crawley, England, www.thecure.com, 2011. 573 Gegründet 1977, (urspr. als „Warsaw“), Manchester, England, keine Website bekannt. 574 Gegründet 1978, England, www.bauhausmusik.com, 2011. 575 Gegründet 1970, Düsseldorf, Deutschland, www.kraftwerk.com, 2011. 576 Gegründet 1980, Basildon, England, www.depechmode.com, 2011. 577 Gegründet 1976, England, www.throbbing-gristle.com, 2011. 578 Gegründet 1975, London, England, siehe ebenfalls www.throbbing-gristle.com, 2011. 579 Gegründet 1980, Leeds, England, www.the-sisters-of-mercy.com, 2011. 580 Gegründet 1979, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.christiandeath.com, 2011. 572 110 Eine weitere Untergattung des Wave, die vor allem Europa weiterhin prägte, war die Richtung der Heavenly Voices, eine maßgeblich durch die Band Dead Can Dance581 begründete Untergattung. Ebenfalls zur selben Zeit entstand eine andere Untergruppe der Bewegung: der Neofolk, begründet durch die Gruppen Current 93582 und Death In June583. Beide Gruppen sind aufgrund ihrer rechtsextremen Gesinnung mehrfach in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Hier vermischt sich folkloristische Musik mit dem Sound des Industrial. Große Bedeutung kommt dabei dem Gesang zu, auch eine gewisse Reinheit der Musik und des Gesangs wird wieder propagiert. Um Ian Read bildete sich die Band Sol Invictus584 und um Patrik Leagas585 das Musikprojekt Sixth Comm586 (manchmal auch „Six Comm“ oder „6 Comm“). Diese Formationen gelten als Kern des Neofolk, in Deutschland kommen unter dem Begriff Neuer deutscher Folk (NDF) noch weitere Gruppen wie Forseti587 oder Orplid588 dazu. Weiterhin spielen in diesem Umfeld die Gruppen Nature and Organisation, Fire & Ice, Ostara, Cernunnos, Woods, The Soil Bleeds Black, Sieben, Hagalaz´ Runedance und Von Thronstahl eine Rolle. Der Neofolk ist die am massivsten rechtsextrem bzw. neonazistisch geprägte Untergruppe des Gothic bzw. der schwarzen Szene. 1982 gründeten sich Front 242589 mit rein elektronisch geprägten Klängen und schufen den Begriff des EBM (Electronic Body Music), eine fast ausschließlich von Männern dominierte Richtung. Die neunziger Jahre der neuen Musikrichtung waren geprägt vom Crossover. Etliche Anleihen wurden aus anderen Gattungen entnommen. Ein wichtiger Vertreter war hier The Prodigy590. Erstmals bewegten sich auch Heavy Metal und Wave aufeinander zu und die alte Feindschaft bröckelte ein wenig ab. Von Bedeutung war hier Project Pitchfork Media591, die allerdings stark zu Kommerzialisierung der Szene beitrugen. In dieser Zeit tauchten unzählige „FreizeitGoths“ auf, gegen die sich der Kern der Szene hartnäckig, aber wenig erfolgreich, zur Wehr setzte. 581 Gegründet 1981, Melbourne, Australien, www.deadcandance.com, 2011. Gegründet 1982, England, www.brainwashed.com/c93, 2011. 583 Gegründet 1981, Großbritannien, www.deathinjune.net, 2011. 584 Gegründet 1987, England, www.blackeaster.de, 2011. 585 Ehem. Schlagzeuger von „Death In June“. 586 Gegründet 1985, Großbritannien, www.hagshadow.net/6comm, 2011. 587 Erste Veröffentlichung 1999, www.myspace.com/windzeit, 2011. 588 Gegründet 1996, Halle an der Saale, Deutschland, www.orplid.de, 2011. 589 Gegründet 1981, Brüssel, Belgien, www.front424.com, 2011. 590 Gegründet 1990, England, www.theprodigy.com, 2011. 591 Täglich aktualisierte Website mit News aus der Musikwelt, gegründet 1996 (urspr. als „Turntable“), Minneapolis, Minnesota, USA, www.pitchfork.com, 2011. 582 111 Durch den Kontakt der Metal- mit der Gothic-Szene wurde erstere mit einer neuen Innerlichkeit erfasst. Melancholie und Besinnlichkeit waren plötzlich die Themen. Die Lautstärke und das Tempo wurden gedrosselt und der Gothic Metal592 entstand. Eine Art Weltuntergangsstimmung war Anfang der neunziger Jahre verbreitet, bedingt durch eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, Lehrstellenmangel und steigende Leistungsanforderungen, das weitere Auseinanderdriften zwischen Armen und Reichen, ungelöste Umweltprobleme und Kriegsgreuel (Golfkrieg, Bosnienkrieg). Die goldenen Zeiten waren spätestens jetzt vorbei. Die Jugend war die Erbin einer kaputten Welt. Wer keinen guten Job oder reiche Eltern hatte, besaß keinen Zugang zur „Fun- und Eventkultur“. Die schwarze, depressive Romantik spiegelte die gesellschaftliche Situation wieder. Die Gruppen des Gothic Metal: Paradise Lost593, My Dying Bride594, Solitude Aeternus595, Tiamat596, Depressive Age597. Auch Wolfsheim598 profitierte von der neuen medialen Aufmerksamkeit der Szene. Mit einigen ihrer Texte, unter anderem „Die Flut“ (1998), gerieten sie aber immer wieder in die Kritik, da sie die faschistische Ästhetik bevorzugten. Die Industrial Musik spielt allein schon in ihren Texten mit diversen Tabubrüchen der Gesellschaft und greift Themen auf, die sonst eher verschwiegen werden, so etwa Faschismus, Gewalt, Pädophilie etc. Bei einigen Bands wurde diese Grenze dann jedoch überschritten und zeigte deren wirkliche Gesinnung. So geschehen etwa bei der Gruppe Genocide Organ599, als bei einem Konzert im Jahre 2000 der von ihnen häufiger benutze Ruf „White Power“ von Teilen des Publikums mit dem Hitlergruß beantwortet wurde und sie dies unkommentiert stehen ließen. In den neunziger Jahren blüht aber auch der klassische Dark Wave, mit Gruppen wie Lacrimosa600, Illuminate601, Deine Lakaien602, Qntal603, In Extremo604, Das Ich605 oder Goethes Erben606. Letztere wurden 592 Siehe dazu auch Kapitel 2.2, Abschnitt „Gothic Metal“ (Seite 35f). Gegründet 1988, Halifax, England, www.paradiselost.co.uk, 2011. 594 Gegründet 1990, Halifax, England, www.mydyingbride.org, 2011. 595 Gegründet 1987 (urspr. als „Solitude“), Texas, USA, auch Doom Metal, www.eternalsolitude.com, 2011. 596 Gegründet 1988, Schweden, anfangs Black/Death Metal, gelten später als Begründer des Gothic Metal, www.churchoftiamat.com, 2011. 597 Gegründet 1990, Berlin, Deutschland, anfangs Thrash Metal mit Doom und Progressive-Einflüssen, www.myspace.com/depressiveagetribute, 2011. 598 Gegründet 1987, Hamburg, Deutschland, www.wolfsheim.de, 2011. 599 Gegründet 1985, Mannheim, Deutschland, www.myspace.com/genocideorgan, 2011. 600 Gegründet 1990, Schweiz, www.lacrimosa.ch, 2011. 601 Gegründet 1993, Karlsruhe, Deutschland, www.illuminate.de, 2011. 602 Gegründet 1985, Deutschland, www.deine-lakaien.com, 2011. 603 Gegründet 1991, Deutschland, www.qntal.de, 2011. 604 Gegründet 1995, Siegen, Deutschland, ww.inextremo.de, 2011. 605 Gegründet 1989, Deutschland, www.dasich.de, 2011. 606 Gegründet 1989, Deutschland, www.goetheserben.de, 2011. 593 112 nach ihrem Aufruf gegen rechts auf dem Dark-X-Mas-Festival 1992 von rechten Gruppierungen bedroht und antworteten darauf mit einem Album gegen rechts namens „Die Brut“. Für Aufsehen sorgte in diesem Umfeld ein Projekt in Bayreuth, das sich „Neue deutsche Todeskunst“607, analog zu der „Neuen deutschen Welle“ in den achtziger Jahren, nannte. Das Projekt war mit der Plattenfirma Danse Macabre608 verbunden und entstand 1989 im Umfeld der Band Das Ich. Unter dem Begriff versammelten sich deutschsprachige Projekte aus dem Dark-Wave-Umfeld, die melancholische und nihilistische Texte in poetische Form brachten. Sie wurden auch „Neue deutsche Todeskünstler“ genannt. Zunächst lebten viele ausgeflippte Künstler in einer Kommune und teilten ihren Profit. Als die erfolgreichen Gruppen später nicht mehr teilen wollten, löste sich das Projekt 1993 auf. Die zugehörigen Gruppen: Relatives Menschsein609, Das Ich, Die Form610, Deine Lakaien, Printed at Bismarck's Death611, Happy Cadavres612, Endraum613, Placebo Effect614, Still Silent615, Operating Strategies616. Zu Beginn der neunziger Jahre fand im Zuge des Crossover auch der Sadomaso-Bereich Eingang in die Gothic-Szene. Die Vorliebe für Lack und Leder mit den damit verbundenen Praktiken war schon durch den Stil des EBM mit seiner entsprechenden Kleidung vorbereitet worden. Womöglich ist es die Welt des Morbiden und Bizarren, die in dieser Szene ausgelebt wird. Bedeutend sind hier vor allem die Gruppen Die Form und Umbra Et Imago617, die auch in ihren Bühnenshows eindeutig mit Sadomaso-Praktiken spielen. Eine neue weitere Untergruppe der Bewegung existiert unter dem Begriff Neue deutsche Härte618, eine Bezeichnung, die seit 1997 für viele verschiedene Band verwendet wurde. In diesen unterschiedlichen Gruppen wurden tabuisierte Symbole benutzt, zu deutschen Texten gesungen und das „R“ hart gerollt (etwa bei Rammstein). Es handelt sich um eine vor allem männlich dominierte Subkultur. Obwohl die Bewegung des Gothic in England entstanden ist, fand sie ihre größte Ausprägung in Deutschland, das mit seiner Romantik und seinen romantisierenden Jugendbewegungen ein guter historischer Nährboden war und ist. Berlin gilt als die Welt-Hauptstadt der Gothic-Bewegung. So soll es in der BRD 20.000 607 Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Deutsche_Todeskunst, 2011. Gegründet 1990, Wirsberg, Deutschland, www.dansemacabre.de, 2011. 609 Gegründet 1990, Kaufbeuren, Deutschland, www.relatives-menschsein.de, 2011. 610 Gegründet 1977 (ursp. Als BSAM-Live Act), Frankreich, www.dieform.net, 2011. 611 Gegründet 1983, Stuttgart, Deutschland, www.printedatbismarcksdeath.de, 2011. 612 Gegründet 1989, Magdeburg, Deutschland, keine Website auffindbar. 613 Gegründet 1989, Frankfurt am Main, Deutschland, www.endraum.net, 2011. 614 Gegründet in den späten 1980ern, keine Website auffindbar. 615 Keine Daten auffindbar. 616 Gegründet 1985, Deutschland, keine Website auffindbar. 617 Gegründet 1991, Karlsruhe, Deutschland, www.umbraetimago.de, 2011. 618 Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Deutsche_Härte, 2011. 608 113 bis 60.000 Goths geben. Bereits im sozialistischen Ostdeutschland war Gothic als jugendkulturelle Widerstandsform gegen die kommunistische Diktatur extrem wichtig. Schon 1985-1988 war in Leipzig „die Hölle los“. Als Wegbereiter bzw. erste Welle der Gothic-Musik gelten unter anderem die Gruppen: 45 Grave, Alien Sex Fiend, Bauhaus, Christian Death, Covteau Twins, Danielle Dax, Dead Can Dance, Death in June, Diamanda Galas, Einstürzende Neubauten, Flesh For Lulu, Gene Loves Jezebel, Joy Division, Kommunity FK, Lords Of The New Church, Lydia Lunch, March Violets, Nick Cave And The Bad Seeds, Sex Gang Children, Siouxsee And The Banshees, Sisters of Mercy, Southern Death Cult, Specimen, Super Heroines, The Birthday Party, The Cramps, The Cure, The Damned, Theatre of Hate, Tones On Tail, Virgin Prunes, Voodoo Church, X-Mal Deutschland, X-Voto. Einige weitere Gothicgruppen: Bakterielle Infektion, Bleeding Roses, Blood Axis, Corvus Corax, Das Ich, Deine Lakaien, Dreadful Shadows, Eternal Afflict, Faith and the Muse, Forthcoming Fire, Ghosting, Gill´s Love, Goethes Erben, Jubilee Cure Clan, L`Ame Immortelle, Lacrimosa, Love Like Blood, Mila Mar, Moonday, Neurotic Doll, Pitchfork Media, Qntal, Sorrow, Stendal Blast, Sweet Williams, Theatre of Tragedy, Tiamat, Umbra et Imago, Weissglut, Wolfsheim, Wumpscut, Zeus Machine. Einige Szenezeitschriften der Gothic-Bewegung: Orkus, Sonic Seducer, Gothic, Zillo, EMP, Entry, Astan, Sigill (rechte Szene). 3.2 DIE WELT DES GOTHIC Nach diesem kurzen Überblick über die Geschichte und die verschiedenen Strömungen der GothicBewegung, sollen nun die Anhänger der Szene näher beleuchtet werden. Im Blickpunkt werden dabei ihr Outfit, ihre Lebenssicht und weitere wichtige Stichpunkte der Bewegung stehen. 3.2.1 DAS OUTFIT DER GOTHS Die Gothic-Bewegung lebt von den Menschen, die die Szene tragen. Es gibt keine herausragenden Helden und auch keine Mega-Stars im Musikbereich. Gothic ist die Jugendsubkultur, deren Kernszene kaum von der Kommerzialisierung zu vereinnahmen ist; zu extrem mögen ihre provokanten, oft selbstgefertigten Outfits sein. Die Rebellion dieser Jugendbewegung gegen die Gesellschaft war und ist vor allem eine ästhetische. Am ehesten fällt im Straßenbild die schwarze Kleidung der Bewegung auf, die daher zu Recht den Namen „schwarze Szene“ trägt, zu der wie beschrieben auch Heavy Metal und andere „artverwandte“ Musikszenen 114 gezählt werden können619. Auch das blasse Make-Up ist ein auffälliges Merkmal. Die schwarze Kleidung, die noch aus der pessimistischen Weltsicht der siebziger Jahre, letztendlich aus dem Punk, stammt, symbolisiert das Dunkle, die Nacht, den Underground und das Unbekannte; „In Darkness we trust“ könnte wohl ein verbreitetes Motto der Szene sein620. Schwarz ist aber auch die Farbe „edler Bescheidenheit“, der Trauer und der Resignation. Über das Outfit wird die Verbundenheit zu der Szene gestärkt, die oft über die eigentlichen Goths hinausreicht. Schwarz wurde zu einem Lebensgefühl, zu einer Lebenseinstellung, zum Lebensstil, der 24 Stunden am Tag andauert. Das Outfit, auch das oft stundenlange Stylen der Goths vor einem Event am Wochenende, gehörten dazu. Grundsätzlich können zwei unterschiedliche Arten, sich zu kleiden in der Szene unterschieden werden: Zum einen der Romantik-Stil, bei dem lange, wallende, schwarze Gewänder aus Samt oder Seide getragen werden, dazu kommen Spitzenhemden mit Rüschen, besonders bei Burschen. Die Haare der Mädchen sind lang und schwarz oder sehr blond, bei Männern dominiert – zumindest in den Anfängen – die sogenannte Nestfrisur, bei der die Haare von den Seiten weg gleichmäßig hochtoupiert werden. Die New Romantics, eine Untergattung der Goths, tragen auch farbige Samtstoffe und legen ein ausgeprägtes Make up an den Tag. Die Vorbilder hierzu liegen im Glam Rock der siebziger Jahre. Daneben gibt es gleichberechtigt den Lack- und Leder-Stil, bei dem hautenges Gewand aus Lack oder Leder, oft mit Nieten besetzt, getragen wird. Die Mädchen sind hier des Öfteren nur knapp bekleidet und auch die Männer tragen gerne durchscheinende sexy anmutende Klamotten. Hier ist der Übergang zum Fetisch- und Sadomaso-Bereich fließend. Dazwischen gibt es alle möglichen Mischformen der Kleidungsstile, die nicht klar voneinander abgegrenzt werden können. So herrscht eine große Toleranz innerhalb der Szene. Von Außenstehenden werden sie aber aufgrund ihrer schwarzen Kleidung des Öfteren mit anderen Strömungen der Schwarzen Szene verwechselt bzw. mit satanistischen oder faschistischen Umtrieben in Verbindung gebracht. Die Bewegung der Goths hat wie die meisten Jugendkulturen eine Szeneninsidersprache und dazu eine eigene Infrastruktur entwickelt. Große „schwarz-romantische“ Festivals mit eigenen „heidnischen Dörfern“ – wie das inzwischen legendäre Wave-Gotik-Treffen621, das jährlich in Leipzig stattfindet – und einschlägige Discos und Clubs schweißen die Szene zusammen. 1992 gab es das erste Wave-Gothic-Treffen in Leipzig, zu Pfingsten 2003 waren es 20.000 Besucher, die 100 Bands lauschten. 619 Siehe dazu Einführungskapitel „Die schwarze Szene“ (S. 11f). vgl. Großegger/Heinzlmaier,2002, S. 150. 621 www.wave-gotik-treffen.de 620 115 Obwohl die Szene heute immer mehr in den „Overground“ gerät, fällt ihre Vereinnahmung schwer, da die Kernszene der Goths ihre Mitläufer meist ablehnt und häufig als oberflächliche Ignoranten (Plastic-Goths) bezeichnet, so z. B. den verkommerzialisierten, auf Outfitoberflächlichkeiten reduzierten, japanischen Visual Rock. Und schon entsteht ein neuer Underground in der Szene, der sich gegen die kommerzielle Ausschlachtung richtet. Goths der ersten Stunde schotten sich heute – vergleichbar den Traditionalisten unter den Metalheads – oft von den Veränderungen in der Szene ab und fürchten, dass der „Geist“ durch die neue, nachrückende Gothic-Generation verloren geht. Sie wehren sich gegen die „fremden“ Einflüsse auf „Real Gothic“. Doch die Weiterentwicklung ist nicht aufzuhalten. Crossover-Entwicklungen, vor allem in den Bereichen der Sadomaso- und Fetischszene, können wie oben gezeigt wurde, seit einiger Zeit stattfinden. Gothic kann als ursprünglich die wohl intellektuellste und tiefgründigste Jugendsubkultur gelten, was damit zusammenhängen mag, dass viele Goths aus dem Bildungsbürgertum kommen. Im Gegensatz zur ursprünglichen Heavy Metal Szene der 80er, die oft auf reißerische und minderwertige Literatur zurückgriff, sind bei den Goths literarische und philosophische Größen wie Goethe, Hesse, Nietzsche, Sartre, Camus, Novalis, Baudelaire, Dostojewskij, Gogol, Poe, Lovecraft, Shelley, Stoker etc. vielfach „in“. Auch die Gespräche, die in der Szene geführt werden, sind weit vom sonstigen Mainstream und der Oberflächlichkeit anderer Jugendbewegungen entfernt. Man diskutiert eher über den Sinn des Lebens oder über gelesene Literatur, statt sich in Oberflächlichkeiten wie das neue Auto oder Handy zu ergießen. Auffallend an der Szene ist ihre Friedfertigkeit und der Respekt vor dem Anderen, verbunden mit einem hohen Maß an Toleranz. So ist die Gothic-Szene auch weitgehend unpolitisch, da die Selbstverwirklichung im Vordergrund steht. 3.2.2 WELTBILD DER GOTHIC-SZENE Aufgrund ihres exzentrischen Äußeren, der schwarzen Kleidung und des langsamen, bedächtigen Ganges, wird die Bewegung von manchen Medien und Teilen der Bevölkerung immer wieder im Umfeld des Satanismus gesehen. Die Goths werden als „Knochenlutscher“, Geisteskranke“ „Sektierer“ beschimpft oder und „depressive eignen sich hervorragend als Feindbilder für den spießigen, intoleranten Kleinbürger. Abb. 40: Persiflage auf den Kleidungsstil der Goths 116 Was sind aber nun tatsächlich das Weltbild und die Themen, mit denen sich die Goths vorrangig beschäftigen? Wesentlich für die Szene im Gesamten ist eine umfassende und vor allem philosophische Beschäftigung mit dem Tod, der in unserer Kultur in der Regel tabuisiert wird. Glaubt man Szeneninsidern, dann haben viele Goths, durch ihre Beschäftigung damit, den Tod allerdings besser verarbeitet als Otto Normalverbraucher. Sie hegen die Überzeugung, dass wenn der Tod wie in vorkirchlichen Zeiten erst einmal entdämonisiert wurde, auch ein lockerer Umgang in der Gesellschaft damit erreicht werden kann. Kenner der Szenen sind überzeugt, dass die Goths keine Subkultur sind, die zum Selbstmord anstiftet, sondern die um Todesakzeptanz bemüht ist. Dennoch: Sehnsucht und schwarze Romantik sind Schlüsselbegriffe. Düstere Theatralik herrscht vor, der Weltuntergang ist ein wichtiges Thema, Endzeitstimmung ist immer wieder angesagt. So wie im Mittelalter die Pest wütete, so wütet heute AIDS, ist eine der Stellungnahmen aus der Szene. Depressive Verstimmungen, Melancholie, Todessehnsucht bei aller Todesakzeptanz, manchmal auch Nekrophilie sind für die Gothszene (mit)prägend. Und ein Trend zu noch mehr Morbidität, Melancholie und Nekrophilie wird von einigen Insidern prognostiziert; eine Reaktion, die die immer frustrierenden Lebensverhältnisse im amtierenden Neoliberalismus spiegelt. Die schwarze Musik ist „dunkle Poesie, die von Sehnsucht, Liebe und dem Tod erzählt“622. Die Depressionen des menschlichen Lebens, die von der Szene als normal erachtet werden, sollen nicht versteckt oder ausgegrenzt, sondern ganz natürlich miteinbezogen und gelebt werden, da sie nur hierdurch überwunden werden können. Durch diesen etwas ungewöhnlichen Umgang mit bestimmten Problemen der Jugendzeit ist die Gothic-Bewegung wohl zurecht als eine Szene bezeichnet worden, in der sich vor allem Außenseiter versammeln. Und sie fühlen sich auch wohl dort. So kommt es, dass die Szene schwer zugänglich ist, Neueinsteiger eher gemieden werden und auch untereinander der Kontakt oft nicht so eng ist. Eher ist man gemeinsam einsam. Die Bewegung des Gothic führte auch zu einer Renaissance eines verklärt dargestellten Bildes des Mittelalters innerhalb der Szene. Minne und Innerlichkeit gewannen an Wert. Oft ist dieses Mittelalterbild unter dem Einfluss des Neofolk heiter und lebensfroh, es ist die Welt der einfachen Leute und der Spelunken. Meister Selbfried von der Musikgruppe Corvus Corax623 meint zur Musik des Mittelalters: „Diese Lieder vermitteln die Realität zwischen ausgelassen-diesseitigem Tanz und Übersinnlichkeit. Es ist die Nähe von 622 623 Matzke/Seeliger, 2002, S. 77 (Zitat Thomas Rainer von „L’Âme Immortelle“, einer österreichischen Band). Gegründet 1989, DDR, www.corvuscorax.de, 2011. 117 Leben und Tod, von Anfang und Ende, die der mittelalterliche Mensch jeden Tag aufs Neue erfuhr. Jeder neue Tag konnte auch der letzte sein, Leben war ein Geschenk, das man sich täglich hart erarbeiten musste, dessen man sich aber auch mit ganzer Kraft freuen durfte.“624 Dazu kommt aber immer wieder – gleichsam als Gegenpol – eine dunkle Mittelaltermystik der Goths, die zwischen Spinnweben, Leichen, Geistern, dunklen Schlössern und flackerndem Kerzenschein mit langen, tanzenden Schatten angesiedelt ist. Hier wird das Mittelalter zu einer Zeit, in der Mythen noch lebendig und der Tod ein präsenter und integrierter Bestandteil der Gesellschaft waren, beschworen. Gothic bedeutet auch eine beachtliche neuheidnische Renaissance, die ebenfalls mit dem Neofolk verbunden ist. Keltische, germanische, nordische und antike Mythen und Riten, dazu Magie und Runenglauben greifen immer mehr in der Szene um sich. Wie im Satanismus stehen umgedrehte Kreuze, Totenköpfe sowie Pentagramme und andere religiöse Symbole hoch im Kurs. Es kommt zu einer Vermischung von christlichen, heidnischen und satanistischen Zeichen. Die Goths sind in der Regel keine Satanisten, auch wenn es zu Überlappungen an den Rändern kommen kann und von etlichen Goths gewisse satanische Regeln praktiziert und Lehren studiert werden. So können auch die Werke von Aleister Crowley oder Anton Szandor LaVey zur Lektüre der Goths zählen. Grabschändungen etc. bleiben aber den Satanisten vorbehalten. Bei den Goths ist die Vermischung der verschiedenen Symbole eher aus dem Wunsch und der Suche nach einer neuen Religiosität zu verstehen. Das Neuheidentum, das sich auf (vermeintliche) Wurzeln der eigenen vorchristlichen Kultur beruft, kommt dem Wunsch der Goths am nächsten. In diesem Umfeld ist es auch zu verstehen, weshalb das Interesse der Bewegung an sogenannten Zwischenwesen, wie Vampiren etc. besonders groß ist. „Wäre Dracula in unsere Zeit hineingeboren worden – als moderner Teenager von Heute – wäre er ganz sicher ein Teil der Gothic-Szene. Und würde er sich auch noch für Metal interessieren, stünde er wahrscheinlich als Sänger vor einer Gothic-Metal-Band. Er würde versuchen, mit Bands wie ‚Dimmu Borgir’, ‚Cradle of Filth’, ‚Lacrimosa’ und wie sie alle heißen, gleich zu ziehen.“625 Es lassen sich durch diese Sehnsucht nach den eigenen Wurzeln aber immer wieder auch rechte Tendenzen in der Szene finden. Das Projekt Hagalaz`Runedance626 war mit der isländischen odingläubigen Organisation Ásatrú627 und einigen einschlägigen, magischen Gemeinschaften verbunden. So werden auch verschiedene Größen des Faschismus wieder als Lektüre herangezogen, wie Julius Evola oder Armin Mohler. Interessante 624 Matzke/Seeliger, 2002 S. 70f. Matzke/Seeliger, 2002 S. 83 (Zitat Christofer Johnsson von „Therion“). 626 Gegründet 1996, Norwegen, keine eigene Website auffindbar. http://de.wikipedia.org/wiki/Hagalaz%E2%80%99_Runedance, 2011. 627 www.asatru.is, 2011, Ásatrú ist in Island eine anerkannte Religionsgemeinschaft. 625 118 Siehe dazu Aspekte liest man auch im Wikipedia-Artikel zu Andrea „Nebel“ Haugen628, der Urheberin des aktuellen Projektes „Nebelhexe“ und „Hagalaz`Runedance“, das seit 2002 abgeschlossen ist. Das Feindbild der neuheidnisch geprägten Goths war und ist immer die katholische Kirche im Speziellen und das Christentum im Allgemeinen. Goths sind auf der Suche nach dem Göttlichen in bewusstem Gegensatz zur Kirche bzw. den Kirchen, die als verlogen und altmodisch empfunden und beschimpft werden. Die Sehnsucht nach Spiritualität, so meinen es junge Insider, ist einfach nicht auszurotten. Wie auch in der Restbevölkerung ist der Wiedergeburtsglaube weit verbreitet. Sektiererische Ansätze und organisierte magische Orden sind – bis jetzt – in der Szene Randerscheinungen. Im Zuge der Crossover-Entwicklung wurde auch die „Freude am Leiden“, die durch verschiedene Elemente des Sadomaso-Bereiches und der Fetisch-Szene Eingang in die Welt des Gothic gefunden hatte, enttabuisiert. Die Verbindung Lust und Schmerz wird allerdings nicht im pervertierten Sinne gesehen, sondern es geht um den „Schmerz, um das wirkliche Leben zu fühlen.“629 So wird das Leiden inszeniert. In der dunklen Seite der verdrängten Triebe des Menschen sind nach Meinung der Anhänger dieser Ausprägung noch kräftige Instinkte und Impulse verborgen, die dem Menschen wieder „Power“ geben. Dies verbinden sie mit dem Neuheidentum, wo diese Kräfte angeblich rituell gesteuert und ausgelebt werden konnten. Heute seien sie durch die sexualitätsfeindliche Christianisierung und eine verkommerzialisierte, seichte Sexualität verdrängt. Durch solche Äußerungen werden intensive Positionen gegen ein konsum- und werbedominiertes Sexualverhalten und die damit verbundenen seelischen Prägungen und Verhaltensweisen deutlich. Ob die einzelnen Gruppen die von ihnen propagierten Meinungen allerdings nachhaltig und vor allem auch deutlich zum Ausdruck bringen können, in dem sie in ihren Bühnenshows sadomasochistische Spielereien miteinbeziehen, ist fragwürdig. Dies bedeutet wohl eher eine erneute Verkommerzialisierung dieser Art der Sexualität. Vor allem im Bereich der Industrial-Szene ist die Spielerei mit Fetisch und Sadomaso weit verbreitet, was womöglich in Zusammenhang mit den dort beliebten Lack- und Leder- Klamotten steht. Dieses Outfit ist allerdings heftig umstritten, da es oft an die Nazi-Ästhetik erinnert. Die Verbindung der Gothic- mit der Sadomaso- und Fetisch-Szene zeigt Rituale, die durchaus den Charakter einer (Ersatz-)Religion haben. Die Kultur der Goths ist besonders offen erotisch und sexuell aufgeladen. Die Formation Mother Destruction630 verbindet in ihren Anschauungen ihre Sicht der Sexualität mit dem Neuheidentum. Auf ihrer 628 http://de.wikipedia.org/wiki/Andrea_Haugen, 2011. Matzke/Seeliger, 2002, S. 130 (Zitat Mozart von „Umbra et Imago“). 630 Keine genauen Daten, siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/Mother_Destruction, 2011. 629 119 2003 noch abrufbaren Website631 huldigten sie außer der heiligen Sexualität auch dem Paganismus, den nordischen Mysterien und Thelema, dem Orden, der durch A. Crowley vorwiegend geprägt wurde. Die Gruppe arbeitet mit Kirlian Camera632, einer umstrittenen Band (s.u.), zusammen. Ihre Sängerin Amodali bezeichnet sich selbst als Hexe und Angehörige der weiblichen Magie und sie schwärmt: „Unsere LiveDarbietungen sollen eine wilde Zelebration sexueller Kraft, der Lebenskraft der Runen und der Schlange sein. Für mich sind Sexualität und Kreativität voneinander abhängig und als extrem heilige Kräfte zu begreifen.“633 Gothic ist, wie andere Jugendkulturen auch, vor allem Protest, die Ablehnung der etablierten Gesellschaft und der Politik, sowohl in ihrer neoliberalen, als auch – vor dem Fall der Mauer – in ihrer realsozialistischen Variante. Gothic schließt damit an Bewegungen wie die der Hippies an. Gothic ist gegen Leute „in grauen Anzügen, die für uns denken“. Die verbreitete heidnische Spiritualität und die Suche nach einem relativ einfachen Lebensstil werden zu einer Absage an eine durchpolitisierte Welt, die in alle Lebensbereiche eindringt. Die Verweigerung der traditionellen Politik wird für viele Goths zu einer Form höherer Politik, die sich mit spirituellen Inhalten und Überzeugungen verbindet. Es geht gegen die Reduzierung des Menschen auf seine gesellschaftliche verordnete Funktionalität, gegen den allgegenwärtigen Produktionszwang, gegen eine wuchernde „Überrationalität“, die Gefühle und Lebensqualität verdrängt. Es geht Goths oft – um mit Erich Fromm zu sprechen – gegen das Haben, für das Sein. Junge Menschen befinden sich wieder einmal auf der Suche nach dem „Natürlichen“, nach Sinn, Identität und einer geistigen Heimat. Wieder einmal ist eine Jugendbewegung auf der Suche nach den Wurzeln – wie schon so viele vor ihr. Diese werden verstärkt in der eigenen Geschichte gesucht: im Mittelalter, aber auch bei den heidnischen Gesellschaften des frühen Europa. Neben dem Respekt vor der Natur im heidnischen Sinn ist der Respekt vor dem geistigen Erbe des heidnischen und mittelalterlichen Europas angesagt. Für seine Fans eröffnet der mit den Goths verbundene Neofolk daher archaische Gefühlswelten. Es lebt die Sehnsucht nach Zauber und magischen Geheimnissen. Naturreligiöse, mythische und rituelle Ansätze richten sich gegen Materialismus und Neoliberalismus. Die entsprechenden Gruppen sehen sich oft in der Traditionen der Schamanen, Druiden und Runenmeister. Sie wollen meist „leise“ in den gesellschaftlichen Freiräumen und Nischen spielen, als Undergroundkultur gegen die Sinnentleerung des modernen Menschen wirken. Durch den berechtigten Rechtsextremismusvorwurf, der vielen Neofolk-Gruppen gemacht wurde, wird diese Nischenmentalität aber oft in das grelle Scheinwerferlicht medialer Aufmerksamkeit gezogen. 631 www.motherdestruction.com, 2003. www.kirliancamera.de, 2011. 633 www.motherdestruction.com/archieve/archivetop.html, 2003. 632 120 3.3 VORWÜRFE GEGEN DIE GOTHIC-BEWEGUNG Die Jugendbewegung der Goths ist vielen Anklagepunkten ausgesetzt. Aufgrund des schwarzen Outfits und der verwendeten Symbole werden die Jugendlichen immer wieder auch mit den Anhängern z. B. der Black Metal-Szene verwechselt. So kommt es zu vielmals ungerechten Übertragungen von einer Gruppe auf die andere. Dazu tragen die verschiedenen Symbole, die innerhalb beider Szenen vorkommen, bei, aber auch der besonders tolerante Umgang der Gothic-Bewegung mit anderen Strömungen. Wenige Goths beziehen klar Stellung. Die Szene grenzt sich nur wenig gegen satanistische oder rechte Strömungen ab. Grundsätzlich ist zu sagen, dass der Vorwurf des Satanismus an die Bewegung der Goths nicht verifizierbar ist. Sie halten sich zwar wegen der Atmosphäre gerne auf Friedhöfen auf, haben aber generell mit Grabschändungen und dergleichen nichts zu tun. Solche Vorfälle sind aus den Reihen der Goths nur am Rand bekannt geworden. Anders verhält es sich mit dem Vorwurf des Faschismus, dem einige, vor allem nicht dem Kern der Szene angehörige, Goths allein durch die von ihnen verwendeten Symbole und gehörte Musik nahestehen, ohne es zu wissen oder sich aktiv damit auseinander zu setzen. In dieser völligen Distanz zu jeder politischen Meinung unterscheidet sich die Bewegung der Goths allerdings kaum von anderen Jugendgruppen. Interessante Artikel zur Gothic-Bewegung sind auf der Online Plattform der „Austrian Gothic Community“634, „Gothic-Info“635 und dem „Portal für Jugendszeneforschung“636 zu finden. 3.3.1 DER VORWURF DES SATANISMUS Der Vorwurf des Satanismus, der von außen an die Szene herangetragen wird, ist sehr groß. Auf einer Gothic Website637, die sich vor allem mit dem Thema Satanismus beschäftigt, werden einige Morde, bei denen die Täter aus dem Umfeld der Gothic-Szene zu kommen scheinen, mit dem Satanismus in Verbindung gebracht, allen voran der Mord des sogenannten „Satanspärchen“ Manuela und Daniel Ruda, die am 6. Juli 2001 einen 33-jährigen Bekannten mit exakt 66 Messerstichen, Hammerschlägen und Machetenhieben ermordeten. Beide gaben an, ihren Auftrag von Satan erhalten zu haben. Der Ermordete war nach der Tat derartig entstellt, dass ihn nur eine Genanalyse identifizieren konnte. Das Ehepaar Ruda gehörte nach ihrer Kleidung und ihrem Benehmen der Gothic-Szene an und daher warf die Tat ein extrem schlechtes Licht auf die gesamte Bewegung. Nach der öffentlichen Diskussion äußerten sich viele Goths zu den ungerechten 634 www.gothic.at/artikel, 2011. www.gothicinfo.de, 2011. 636 www.jugendszenen.com, 2011. 637 www.satanshimmel.de, 2011. 635 121 Vorwürfen und distanzierten sich von dem begangenen Verbrechen der Rudas. Das Ehepaar Ruda wurde zu 13 bzw. 15 Jahren Haft verurteilt und bis zum Beginn der Haft in einer geschlossenen Klinik untergebracht. Auf derselben Seite ist auch eine Äußerung des so genannten „Satansmörders von Sondershausen“, Hendrik Möbus, zu lesen. Auch er distanziert sich von der Tat. Er selbst möchte sich nicht als Satanist bezeichnen und auch seine damalige Tat hatte angeblich nichts mit Satanismus zu tun. Er kenne das Ehepaar Ruda nicht und distanziere sich daher von deren Verbrechen, da er dies lediglich als Versuch sehe, das öffentliche Interesse auf sich zu ziehen. So sei auch die Tat von Sondershausen im Laufe des Prozesses immer mehr zum Medienspektakel verkommen und dabei seien Vorwürfe gegen den Täter Möbus aufgekommen, die seiner Meinung nach nicht den Tatsachen entsprechen. Weiterhin wird auch der sogenannte Amoklauf des Florian K. besprochen, der am 2. Juli 2003 in der Schule auf seine Lehrerin schoss und sich anschließend selbst tötete. Auch Florian soll der Gothic-Szene angehört und dem Satanismus nahegestanden haben. Grundsätzlich hat die Gothic-Bewegung allerdings nichts mit dem Satanismus zu tun. Lediglich ein Spielen mit bestimmten Symbolen wird dort praktiziert, die oft auch unreflektiert verwendet werden. Weiterhin können Werke der Begründer des Satanismus, Aleister Crowley oder Anton S. LaVey zur Lektüre der Jugendlichen zählen, tatsächlicher Satanismus wird allerdings selten praktiziert und auch die gehörten Musikgruppen stehen diesem Thema ablehnend gegenüber. Es gibt in der Gothic-Bewegung kaum Musiker, die sich, im Gegensatz zum Black Metal, offen zum Satanismus bekennen und womöglich noch Mitglieder der Church of Satan sind. 3.3.2 DER RECHTE RAND Etwas anders verhält es sich mit den teilweise durchaus berechtigten Rechtsextremismusvorwürfen an die Bewegung. Viele Goths spielen in ihren Symbolen und ihren Texten mit rechter Symbolik, meist allerdings ohne sich dessen bewusst zu sein. Da die Themen Tod, Zerfall, Treue, Liebe etc. sowieso eine Rolle in der Szene spielen, passt sich dies gut dem faschistischen Stil an. Die Band Death in June638 wurde ursprünglich als Punkprojekt gegründet und rutschte im Lauf der Zeit immer weiter nach rechts ab. Der Bandname ist der Verehrung des 1934 ermordeten SA-Führers Ernst Röhm gewidmet, der in faschistischen Kreisen immer als Linker und aufgrund seiner Homosexualität im Nationalsozialismus Verfolgter gehandelt wird. Der Frontman der Band, Douglas Pearce639, gibt sich wie 638 639 Gegründet 1981, Großbritannien, www.deathinjune.net, 2011. *1956 in Sheerwater, England, siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/Douglas_P., 2011. 122 angeblich Ernst Röhm homosexuell und führt dies immer dann als Gegenbeispiel an, wenn der Band der Vorwurf des Faschismus gemacht wird. Tatsächlich verbirgt sich hinter der propagierten Homosexualität Pearces ein handfester Frauenhass, verbunden mit den hoch stilisierten Männerbündnissen des Faschismus. Heute produziert die Band Neofolk und hat sich der musikalischen Reinheit verschrieben. Ihre Mitglieder favorisieren die Ästhetik des Faschismus und treten daher des Öfteren auch gerne in SSUniformen auf. Auf ihrer Website640 findet sich der SS-Totenkopf und eine Peitschenfaust, beides eindeutig faschistische Symbole. Dazu trägt eine ihrer Platten den Namen Rose Clouds of Holocaust, eine andere Brown Book und sie haben das Horst Wessel-Lied auf einer ihrer CDs aufgenommen, das als zweite Hymne des Nationalsozialismus gilt. Weiterhin reiste die Band auch an die Front des Kroatienkrieges und spielte dort für die serbischen neofaschistischen HOS-Milizen. Auch Ian Read641, der in verschiedenen Bands spielte, die alle der rechten Szene nahezustehen scheinen, ist heftig umstritten. Nachdem er zu Beginn Kopf der Band Current 93 war, spielte er bei Death in June, dann bei Sol Invictus und schließlich bei Fire & Ice642. Das Label, das all diese Bands verlegt, ist World Serpent Distribution643, das die Midgardschlange Jormungand zu ihrem Logo erhoben hat. Das Label hat sich auf Neofolk spezialisiert und verlegt daher auch rechtsextreme Bands wie Ostara (ehemals Strength through Joy), Coil und weitere. Der Musiker Josef Maria Klumb (alias „Jay Kay“) machte mit rechtsextremen Sprüchen von sich reden. Klump gilt als die treibende Kraft der Bands Forthcoming Fire644, Weissglut645 und Von Thronstahl646. Forthcoming Fire wurde 1990 von ihm gegründet, nachdem Klumb in diversen Punkbands gespielt hatte. Danach schloss er sich der Band Weissglut an, bis er diese im Jahre 1998 wegen seiner rechten Gesinnung verlassen musste. Heute ist Klumb der Kopf der Formation Von Thronstahl und ist bei der Herausgabe zweier CDs zu Ehren von L. Riefenstahl und des Nazi-Bildhauers J. Thorak beteiligt gewesen. Die Band Von Thronstahl inszenierte bei ihrem Auftritt beim Wave-Gotik-Treffen 2000 in Leipzig eine Reichsarbeitsdienstperformance, allerdings ohne ihren Sänger Klumb, dem war zuvor der Auftritt gerichtlich untersagt worden. 640 www.deathinjune.net, 2011. Geburtsjahr nicht bekannt, aufgewachsen in England, siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/Ian_Read_(musician) 642 Gegründet 1991, England, www.mackaos.com.au/ACT/Fice.html, 2011. 643 Die Website www.worldserpent.com ist nicht mehr abrufbar. Siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/World_Serpent_Distribution 644 Gegründet 1990, Bingen am Rhein, Deutschland, www.forthcomingfire.com, 2011. 645 Gegründet 1996, Bingen am Rhein, Deutschland, www.weissglut.net, 2011. 646 Gegründet 1995, Deutschland, www.vonthronstahl.de, 2011. 641 123 Neben problematischen, deutschtümelnden Texten erklärte Klumb unter anderem seine Sympathie und Unterstützung für Jörg Haider und dessen FPÖ647. Auch für den rechtsextremen Esoteriker Jan van Helsing, mit dem er angeblich befreundet ist, macht er Werbung in seiner Musik und singt gegen die angebliche Weltverschwörung der Illuminaten tapfer an. So kooperiert er auch seit 1994648 mit dem rechtsextremen und kriegsverherrlichenden Verlag und Vertriebsdienst Verlag und Agentur Werner Symanek (VAWS)649. Symanek650 verlegt vor allem verschwörungstheoretische Literatur. Zudem vertreibt er Fahnen mit der Schwarzen Sonne, die Himmlers Wewelsburg zierte und heute als wichtiges esoterisch-neonazistisches Symbol und Erkennungszeichen gilt. Auf der Eingangsseite des Verlages wird eine Warnung ausgesprochen, nach der der Besucher durch die verwendete Sprache mit Propaganda unterwandert werden könnte und der Verlag daher keine Haftung für eventuelle Folgeschäden übernimmt. Die angebliche Unterwanderung ist natürlich aus Sicht des Verlages ein Vorurteil gegenüber VAWS. Dennoch werden hier Bücher über Josef Thorak und diverse Verschwörungsliteratur angeboten, unter anderem zu einer angeblich neuen Waffenproduktion in Israel, wo eine Genwaffe, die schlimmste Waffe aller Zeiten, entwickelt werden soll651. Der Verlag ist weiterhin mit dem ultrarechten Kampfblatt Unabhängige Nachrichten verbunden, welches dieselbe Adresse und Bankverbindung wie der VAWS hat. Klumb ist weiterhin mit der Szenezeitschrift Sigill/Zinnober und der NPD verbunden. Die Gruppe Blood Axis652, begründet 1989 durch den Autor des vielzitierten Werkes „Lords of Chaos“ Michael Moynihan, spielt in ihrem Namen auf die Achsenmächte Deutschland – Italien an (Etliche Bemerkungen zu M. Moynihan wurden bereits im Kapitel über den Heavy Metal gemacht). Sie bedienen sich als Symbol des Krückenkreuzes, das auch beim Ku-Klux-Klan Verwendung findet. Moynihan ist bekennender Heide und gehört der Asatru Alliance653 und seit 1994 dem Tribe of the wulfings, einer Unterorganisation der Asatru Alliance an. Er propagiert den Bruch mit dem angeblich schwachen Christentum. Wichtige Personen, auf die er sich beruft sind: Jörg Lanz von Liebenfels, Ludwig Fahrenkrog, dem der Song Electricity gewidmet ist, oder Karl Maria Wiligut (Weisthor). Moynihan ist Inhaber des Labels und Verlages Storm (zu finden auf der Website von Blood Axis), in dem er das Buch Siege herausgab, das von James Mason geschrieben wurde und von Charles Manson, der den satanistischen Mord an Sharon Tate in Auftrag gab, handelt. 647 Matzke/Seeliger, 2002, passim, u.a. S. 166 Heller/Maegele, 2001, S. 165 und Lemhöfer/Eimuth, 2001, S. 24. 649 www.vaws.de, 2011. 650 * 1965, Deutschland. 651 www.vaws.de/gen-waffe.htm, 2003. Diese Unterseite war 2011 nicht mehr abrufbar und der Begriff „Gen Waffe“ auf der gesamten Seite nicht mehr auffindbar. 652 Gegründet 1989, USA, www.welcome.to/bloodaxis, 2011. 653 www.asatru.org, 2011. 648 124 Die Band Sol Invictus wurde 1987 von einem ehemaligen Death in June Mitglied, Tony Wakeford gegründet654. Die Metapher der „unbesiegten Sonne“ ist Julius Evolas Buch „Revolte gegen die moderne Welt“655 entnommen worden. Weiterhin bediente sich Sol Invictus auch für ihre Lieder einiger Texte des italienischen Faschisten. So heißt das erste Album „Against the Modern World“ und erinnert wiederum an besagtes Buch von Evola. Die Band propagiert das neue Heidentum, unter anderem den altrömischen Mithraskult und die Rückkehr zu den echten Wurzeln der europäischen Kulturen und Völker. Gemeinsam mit Blood Axis, Boyd Rice und Death in June haben Sol Invictus 1989 in Osaka/Japan eine Performance unter dem Titel „Total War“ aufgeführt. Die Band Ostara656 trug bis 1999 den Namen Strength Through Joy. Heute trägt die Band den Namen einer im Jahre 1905 erschienenen Zeitschrift, die von Jörg Lanz von Liebenfels657 herausgegeben wurde. Die Organisation Kraft durch Freude658 war von der nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterschaft ins Leben gerufen worden und sollte angeblich den Erhalt der Arbeitskraft durch eine positive Freizeitgestaltung gewährleisten. Tatsächlich diente die Organisation der Verbreitung von NS-Propaganda. Ihre letzte Platte Ultima Thule wird vom rechtsextremen Label Eis & Licht659 herausgegeben. Für ihren Song Ways to Strength and Beauty zitierten sie Martin Heidegger und ihre CD-Hülle zu Salute to Light ziert ein Bild aus Leni Riefenstahls Filmen. Auch die Band Kirlian Camera660 merkte an, die Naziästhetik zu favorisieren, gibt sich allerdings nicht offensichtlich faschistisch. Ihr Frontman Angelo Bergamini hat ein weiteres Projekt mit dem Namen Stalingrad, das sich 1998 an der CD zu Ehren J. Thoraks beteiligte. Weiterhin gab die Formation eine CD in Andenken an die Gründung des faschistischen Kroatien 1941 heraus, als Kroatien sich durch das Einmarschieren deutscher NS-Truppen unabhängig machte. Hier gab es von kroatischer Seite aus Konzentrationslager, in denen Serben und Juden ermordet wurden. Der Wiener Musiker Kadmon661 ist Aktivist bei rechtsextremen Vereinigungen und gibt die in einigen Wiener Buchhandlungen aufliegenden kleinen Zeitschriften Ahnstern und Aorta heraus. Von einer Wiener Postfachadresse aus versendet er überdies Materialien, die einen Bezug zu rechtsextremer Esoterik haben. Zudem veröffentlichte er auf seinen CDs Texte von Jörg Lanz von Liebensfels, einem Begründer der 654 www.blackeaster.de, 2011. Veröffentlicht 1934. 656 www.ostara.net, 2011. 657 *1874, Wien, Österreich. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Jörg_Lanz_von_Liebenfels, 2011. 658 Siehe: http://en.wikipedia.org/wiki/Kraft_durch_Freude, 2011. 659 www.eislicht.de, 2011. 660 www.kirliancamera.de, 2011. 661 Bürgerl. Gerhard Petak, Mitglied der österr. Band „Allerseelen“, www.myspace.com/allerseelen, 2011. 655 125 Ariosophie und von Karl Maria Wiligut, der als „Rasputin Himmlers“ traurige Berühmtheit erlangte. Er ist ein politischer Unterstützer des Mörders Vikernes, der wegen seiner „Wikingerethik“ im Gefängnis sitze. Als Emblem verwendet Kadmon u.a. die „schwarze Sonne“, das okkulte Symbol der SS, die in der Wewelsburg Himmlers angebracht war. Das Projekt Der Blutharsch662 von Albin Julius und seiner Freundin Marthynna spielt mit Nazisymbolen wie der Sigrune. Die Band hatte sich 1997 aus der ehemals bestehenden Formation The Moon Lay Hidden Beneath A Cloud663 gebildet. Diese Band ist eher der Industrial-Szene zuzuordnen, da sie nach Julius die männliche Seite der Musik darstellen soll. So ist das ewige Thema der Band der Umgang mit dem Krieg, da hier der Mann seine Männlichkeit beweisen kann. Die Bezeichnung Blutharsch meint die Vorkämpfer einer Truppe, die als erste eine Stadt besetzten und siegreich waren oder auch getötet wurden. Ebenso ist es aber auch eine Bezeichnung für getrocknetes Blut. Die Band setzt sich gegen eine Europäisierung und für eine Bestrafung der Engländer ein. Ihr Wahlspruch lautet: Viele Feinde, viel Ruhm. Viele ihrer Lieder behandeln die Heimat und das Vaterland. Eine weitere wichtige Figur dieser Szene ist Boyd Rice, der unter dem Pseudonym NON664 experimentelle Musik veröffentlicht. Dieser hat enge Verbindungen mit der US-Neonaziskinheadszene und der neonazistischen White Aryan Resistance665 in Kalifornien. So hatte er Kontakte zum rechtsextremen Skinheadführer Robert Heick und seiner American Front666 die Angriffe auf linke und alternative Buchläden in San Francisco durchführte. Rice gründete 1984 die Abraxas Foundation667. Der Gott Abraxas vereint in sich nach der Mythologie die Kräfte des Lichts und der Dunkelheit. Ziel der Foundation ist eine Synthese aus Okkultismus, Faschismus und Sozialdarwinismus. Heute ist Rice auch Mitglied der Church of Satan. Er propagiert einen offenen Sozialdarwinismus und verherrlicht die Gewalt. Total War ist das bekannteste Lied der Band, zu dem er gemeinsam mit anderen rechten Musikern eine Performance in Japan aufführte (siehe oben). Rice besuchte Charles Manson des Öfteren im Gefängnis und startete Kampagnen zu dessen Haftentlassung. Über Manson kam er auch in Kontakt mit James Mason, der wie erwähnt ein Buch über den 662 Gegründet 1997, Wien, Österreich, www.derblutharsch.com, 2011. Gegründet 1993, Wien, Österreich, keine Website http://en.wikipedia.org/wiki/The_Moon_Lay_Hidden_Beneath_a_Cloud, 2011. 664 Ab 1975. Zu Rice und NON siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Boyd_Rice, 2011. 665 www.resist.com, 2011. 666 www.americanfront.org, 2011. 667 http://www.boydrice.com/interviews/fifthpath.html, 2011. 663 126 auffindbar, siehe: Satansmörder verfasste. Es kam zur Gründung der Mason Work Group, die den Inhaftierten unterstützte, für die sich auch Michael Moynihan begeistern konnte. Weitere Bands, die als rechtsextrem gelten: Swirling Swastikas668 aus Italien, die Gruppe Waldteufel669, die ihre Seite im Internet „Heimatseite“ statt Website nennt, und weiterhin die Gruppe Orplid670, die sich zum Heidentum und Neofolk bekennt, Camerata Mediolanense671 und Scivias672 Obgenannte Bands können auf diversen Samplern vereint gefunden werden, z. B. Im Blutfeuer673, Cavalcare la Tigre674, Riefenstahl, Thorak675, etc. Die Sampler wurden zu speziellen Anlässen aufgenommen. „Cavalcare la Tigre“ wurde 1998 zum 100. Geburtstag von J. Evola veröffentlicht. Auch etliche Zeitschriften stehen mit dem rechten Rand der Gothic-Szene in Verbindung. Etwa die Junge Freiheit676, die Deutsche Stimme677, die Zeitung der NPD oder auch das Blatt Sigill aus Dresden, das sich in Zinnober678 umbenannt hat. Obwohl Sigill und auch jetzt das Nachfolgemagazin Zinnober sich selbst als nonkonform und musikalisch heterogen bezeichneten, spielt das Blatt bereits in seinem Namen auf Julius Evola und dessen Autobiographie „Der Weg des Zinnober“ an. 1993 tauchte das Magazin Sigill auf und konnte zunächst als wirklich neutrales, eher kleines Fanzine bezeichnet werden, ab 1995 mischten sich aber mehr und mehr rechte Töne in die Schriften. Im Jahre 2001 wird Sigill in Zinnober umbenannt, angeblich um den neuen Kurs deutlich zu machen, der eingeschlagen werden soll, sich aber offensichtlich nicht besonders vom bisherigen unterscheidet. Die Szene, die mit all diesen Magazinen erreicht wird, ist eher intellektuell als offensichtlich brutal. So war ein wesentlicher Autor des Zinnober Magazins, Peter Bossdorf, lange Zeit auch Autor bei Zillo, einem neutralen Fanzine der Szene, bis er dieses 1997 verlassen musste. Auch etliche Label verlegen fast ausschließlich rechte Bands: so z. B. Eis & Licht, die sich auf Neofolk spezialisiert haben. Eis & Licht werden von Stephan Pockrand betrieben, der auch das Fanzine Zinnober herausgibt. Im Jahre 2001 wurde er mit einem Stand auf dem Wave-Gotik-Treffen vertreten, auf dem er auch die Hefte von Zinnober feilbot. 668 Keine Detailinformation, keine Website auffindbar. Keine Detailinformation, www.waldteufel.net und www.myspace.com/waldteufel, 2011. 670 Gegründet 1996, Halle an der Saale, Deutschland, www.orplid.de, 2011. 671 Gegründet 1994, Italien, www.cameratamediolanense.it, 2011. 672 Kein Gründungsjahr bekannt, Ungarn, scivias.hu und www.myspace.com/sciviasofficial, 2011. 673 Siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Im_Blutfeuer, 2011. 674 Siehe www.musik-sammler.de/album/154249, 2011. 675 Keine Detailinformation, keine Website auffindbar. 676 www.jungefreiheit.de, 2011. Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Junge-Freiheit-Urteil http://de.wikipedia.org/wiki/Junge_Freiheit, 2011. 677 www.deutsche-stimme.de, 2011. 678 www.zinnober.net, 2011. 669 und 127 Schlussendlich stehen mit dem rechten Rand die Loki-Foundation679 und die Prophecy Productions680 in Verbindung. Prophecy Productions übernahmen die Veröffentlichungen der Band Orplid und übersetzten das Buch Lords of Chaos von Michael Moynihan ins Deutsche. 3.4 WIDERSTAND Rechtsextreme Gruppen sind eine Randerscheinung in der Gothszene, die durch die linksliberale Alternativbewegung der siebziger und achtziger Jahre mitgeprägt wurde. So konnte die extreme Rechte kaum Anhänger in der Gothic-Szene gewinnen. Dennoch gibt es viele verschiedene Berührungspunkte zwischen Goths und den Neuen Rechten, da in beiden Gruppen der Glaube an alte heidnische Religionen verbreitet ist. Anlass für heftige Kritik rechter Bands auch innerhalb der Gothic-Szene selbst bildete die Tatsache, dass auf dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig in den letzten Jahren immer wieder auch rechte Bands gespielt haben, wie etwa Von Thronstahl, Death in June, Waldteufel oder Allerseelen. Neben autonomen Antifagruppen gibt es innerhalb der Szene eine breite Ablehnung gegenüber rechtsextremem Gedankengut, etwa die rührigen Grufties gegen rechts681, die einige Male schon so tatkräftig ans Werk gingen, dass verschiedene Tourneen rechtsextremer Bands abgesagt werden mussten. Diese Gruppe hat eine 82-seitige Broschüre über den rechten Rand der Szene verfasst, die über das Internet bestellt werden konnte. Mittlerweile ist allerdings auf der Website der Gruppierung zu lesen, dass sie ihre politischen Aktivitäten am 9. November 2003 eingestellt haben. Begonnen hatte die Arbeit 1998 und die Gruppe kann etliche Erfolge vorweisen. Sie wurde aber auch mehrfach von verschiedenen Seiten kritisiert und angeklagt, mehrere der von ihnen dargestellten Bands fühlten sich beleidigt und zu Unrecht angegriffen. Weiterhin existierte Darklife Austria682, eine Website der österreichischen Goths. Ein Link weist zum Wiener Revolutionsbräuhof683 und der angeschlossenen Anarchistischen Buchhandlung – bekannte linksextreme Vereinigungen. Im englischsprachigen Ausland bildeten sich die Goths against Hate684, um gegen die Unterwanderungsversuche des rechten Randes vorzugehen. Auch einige der Gothic-Bands bezogen im Lauf der Zeit eindeutig Stellung gegen rechts. So verfasste die Formation Das Ich für das Dark-X-Mas Festival 1992 in Hamburg eine Resolution gegen Faschismus und Neonazismus, die die ebenfalls auftretende Band Death in June damals als einzige angeblich aus 679 www.loki-found.de, 2011. www.prophecyproductions.de, 2011. 681 www.gruftiesgegenrechts.de, 2011. 682 Bei der Überarbeitung 2011 war die Website allerdings nicht mehr auffindbar. 683 Eine der ältesten anarchistischen Gruppen in Österreich, keine Website auffindbar. 684 Keine Website auffindbar. 680 128 Provokation nicht unterschrieb. Die Band Goethes Erben verweigerte die Aufnahme ihrer CDs in den Katalog des rechtsextremen VAWS (Verlag und Agentur Werner Symanek). Frankfurter Szenediskos verweigern in zunehmendem Maß das Spielen rechtsextremer Gothic-Gruppen. 3.5 ZUSAMMENFASSUNG Trotz dieser verschiedenen Aktivitäten scheinen viele Goths am rechten Auge blind zu sein. Da mag die Aversion gegen eine lustlose, moralinsaure Political Correctness eine Rolle spielen. In dem Buch Gothic! von Matzke/Seelinger dürfen rechte Goths publizieren, ohne dass die von ihnen Angegriffenen zu Wort kommen. Selbst Michael Moynihan, bekannter internationaler rechtsextremer Agitator in den jugendlichsubkulturellen Musikszenen, wird häufig in Schutz genommen, so wie in der Metal-Szene sein Buch ohne Kritik zitiert wird. „Wenn auch von einer durchgängig rechten Unterwanderung der Szene keine Rede ist, so ist man sich in der Gothic-Szene doch bewusst, dass [...] der rechte Rand wächst. Beängstigend ist, dass bei Konzerten diverser Bands Teile des Publikums das Gehabe weder als Ironisierung noch als Provokation begreifen, sondern cool oder mystisch finden. Oftmals fehlt die ernsthafte Auseinandersetzung mit heidnischen Riten, Symbolen und dem Germanenkult überhaupt. Doch mittlerweile distanzieren sich auf jedem größeren Festival DJs, Bands und Einzelkünstler von rechten Infiltrationsversuchen. Gerade Jüngere werden darauf hingewiesen, dass die Szene ursprünglich linke Gesellschaftskritik beinhaltete.“685 Eine politische Verwirrung wird in der Gothic-Szene deutlich, die auch weitere Teile unserer Gesamtgesellschaft erfasst hat. Diese Verwirrung ist erklärbar durch die geschickte ideologische Strategie der Neuen Rechten, neofaschistische Inhalte als apolitisch oder konservativ zu präsentieren. 3.6 EXKURS: LAIBACH Katharina Ganster Die slowenische Gruppe Laibach686 um den Sänger Milan Fras wurde 1980 von dem mittlerweile verstorbenen Sänger Tomaž Hostnik (Suizid 1982) gegründet und repräsentiert den musikalischen Teil der Richtung Neue Slowenische Kunst, die sie selbst 1984 mitbegründet haben. Ihre Musik ist schwer zu beschreiben, ein Mix aus klassischer Musik, Industrialeinflüssen und elektronischer Umsetzung; Wikipedia nennt sie „Avantgarde“. 685 686 Rüttimann, 2001 www.laibach.nsk.si, 2011. 129 Seit ihrer Gründung und Namensgebung schaffen sie bewusst Provokationen gegen ihre Regierung und weltweit gegen Organisationen bzw. Staaten (NATO, USA...). So ist der Bandname die deutsche Version der Hauptstadt Ljubljana, im Tito-Jugoslawien eine unerwünschte Form. Schon in den ersten Jahren ihres Bestehens gingen die Provokationen so weit, dass es Verbote und Skandale regnete. Projekte mussten abgesagt oder aufgelöst werden, ein Plattenvertrag mit der staatlichen Plattenfirma ZKP RTV wurde von deren Seite ohne Angabe von Gründen aufgehoben und nach einem Fernsehauftritt wurde jegliche öffentliche Präsentation der Band oder ihres Namens verboten. Trotzdem gingen sie 1983 auf Europatournee und wurden daraufhin von mehreren Theaterhäusern eingeladen, musikalisch etwas zu laufenden Projekten beizusteuern. Samples und Covers von berühmten Liedern verschiedenster Stile (von Wagner über Šostakovič, Beatles, Opus, Kraftwerk, Queen und Rolling Stones) wurden von Anfang an exzessiv verwendet. Zusammenarbeit mit anderen Musikgruppen (Morbid Angel, slowenisches Philharmonie-Orchester, Chöre) standen ebenso an der Tagesordnung. Wichtig ist ihnen vor allem Kritik an Politik (Album NATO), Religion (Album Jesus Christ Superstars) und Nationalismus (Album Volk). Künstlerisch differenziert verwenden sie jedoch teils kontroverse Stilmittel, wofür ihnen von vielen Seiten Kritik zukommt. Sie scheinen mit totalitären Regimen zu kokettieren oder diese zu parodieren, die Interpretation liegt dabei im Auge des Betrachters. Richard Wolfson etwa sagt über sie: „Laibachs Methode ist extrem simpel, effizient und schrecklich anfällig für Fehlinterpretationen.“687 So überzeichnet z. B. das Video zum Opus-Cover „Life is life“ Propaganda-Bilder und -Filme des Dritten Reiches, und kann als faschistisch orientiert interpretiert werden. Auch die bombastisch-orchestralen Klänge ihrer Stücke, meist begleitet von Marschmusik-Pauken, scheinen in diese Richtung zu schlagen. Fras' Bassstimme trägt noch dazu bei, die vorgetragenen Lieder als politische bzw. religiöse Reden wahrzunehmen, und Rammstein-Sänger Till Lindemann bediente sich später gerne seines „affektiert maskulin-heroisch-germanischen Habitus“688. Für diese Überzeichnung bedienen sie sich der Versatzstücke des Faschismus, des Kommunismus und der christlichen Ikonographie. Obwohl sie selten aus ihren selbstgewählten Rollen der Verherrlicher von totalitären Regimen fallen, kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass sie in ihrer künstlerisch-provokativen Überzeichnung der dargestellten Ideologien diese parodieren und nicht gut heißen. 3.7 EMOTIONAL HARDCORE (EMO) Veronika Strauß Aufgrund der Tatsache, dass das öffentliche Interesse sich dem Begriff Emo in der letzten Zeit stark zugewandt hat, sollen auch dazu einige Worte gesagt werden. Bei dem auch als EmoCore bekannten 687 688 „Warriors of weirdness“, The Daily Telegraph, 4. September 2003. http://de.wikipedia.org/wiki/Laibach, 2011. 130 Musikstil handelt es sich um ein Subgenre des Hardcore Punk, womit nicht unbedingt eine Verbindung zur Schwarzen Szene besteht. „Schon Anfang der achtziger Jahre suchten einige Musiker der Hardcore/PunkSzene nach Wegen, um auf die zunehmende Härte und den Machismo in Teilen der Hardcore-Szene zu antworten – Umgangsformen, die nicht viel mit den Hardcore-Idealen zu tun haben. Stattdessen wollten sie offen Emotionen und Gefühle zeigen und dies auch in ihren Songs verarbeiten. Dies war – trotz aller fortschrittlicher Gedanken – in der damaligen rauen, eher pessimistisch denkenden Hardcore-Szene verpönt.“689 Die Fans des Musikstils Emotical Hardcore kannten eigentlich keinen zwingenden einheitlichen, szeneeigenen Dresscode. Die Musik stand bzw. steht im Vordergrund. Abb. 4133: Billy Werner von der Band Hot Cross Abb.42: Mode-Emo Etwa seit dem Jahrtausendwechsel bezeichnet sich auch eine jugendliche Modeströmung, die sich durch an asiatische Comics (Manga/Anime) angelehnte Haarschnitte und Kleidungselementen aus Gothic und Post-Punk auszeichnet, als Emo. Weltverschlossenheit, Traurigkeit, Tiefgang und suizidale Tendenzen werden gerne mit diesen Emos in Verbindung gebracht. Das Outfit steht deutlich im Vordergrund. Bestimmte Bekleidungsmarken und Muster gehören zum Szenecode. Das Mischen von morbid anheimelnden und an sich nach Massengeschmack als „nicht schön“ eingestuften Accessoires (Totenköpfe, Spinnen, Nietenarmbändern, etc.) und „niedlichem“ Kitsch (Hello-Kitty, rosa Plüsch, etc.)690 gilt als typisch. Anleihen nimmt das Outfit auch am Rockabilly691- und Psychobilly692 Style. Jedenfalls ist grundsätzlich zwischen der tatsächlichen Musikszene und der (jugendlichen) Modeströmung zu unterscheiden! Die vorangehende Unterteilung ist aus Sicht Vieler sicher ebenso mangelhaft wie unvollständig – einer der besten Beweise dafür, dass die Szene lebt. Um Einmischung wird gebeten! Statements können (nurmehr bis Ende 2017!) an [email protected] geschickt werden. 689 http://de.wikipedia.org/wiki/Emo, 2011. Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Emo, 2011. 691 http://de.wikipedia.org/wiki/Rockabilly, 2011. 692 http://de.wikipedia.org/wiki/Psychobilly, 2011. 690 131 132 4. LAVEYS SATANISMUS Katharina Ganster Satanismus unter Jugendlichen kann verschiedenste Formen annehmen, und mit dem Internet als Bezugsquelle an „Informationen“ kann es sogar noch unkontrollierter vonstattengehen als früher, als man sich einschlägige Bücher bestellen oder die „richtigen“ Freunde haben musste. Da Information und Förderung der Kommunikationskultur zwischen Jugendlichen und Bezugspersonen einen wichtigen Schutz gegen diese Gefahren darstellt, soll dieser Artikel vor allem die Hintergründe und Inhalte der wichtigsten Strömungen erklären, um aufgeklärt mit betroffenen Jugendlichen diskutieren zu können. GESCHICHTLICHER HINTERGRUND Schon in der Antike gab es Menschen die glaubten, der Gott des Alten Testaments sei ein böser Gott gewesen und Satan ein guter Engel, der gegen ihn gekämpft hatte. Darum kehrten einige dieser Gnostiker alle Wertmaßstäbe der Bibel um. Da es bei ihnen nur den höchsten Wert der Erkenntnis (gr. „gnosis“) gab, wurden alle moralischen Konventionen ignoriert, die diesem Erkenntnisstreben zuwiderlaufen könnten. Zwar verehrten sie den Teufel nicht, aber christliche Schriftsteller unterstellten ihnen dies und so wurde ihre Glaubensauffassung zur Basis von späteren Teufelskulten.693 Im Mittelalter gab es verschiedene, von der katholischen Kirche als Ketzer bezeichnete, christliche Sekten, die teilweise viele Glaubensinhalte der Gnostiker übernahmen. Ob unter ihnen auch Teufelsanbeter waren, kann man nicht mehr mit Sicherheit sagen.694 Im 13. Jahrhundert begegnet uns jedoch die Sekte der Luziferianer, die den Teufel als Schöpfer der Welt betrachtet und alle christlichen Werte und Verhaltensweisen umkehrte. Auch Templer und „Hexen“ wurden beschuldigt, den Teufel anzubeten695. Die ersten „schwarzen Messen“ waren christliche Rituale, die aufgrund der übersinnlichen Magie, die sie erzeugten, für „dunkle Zwecke“ missbraucht wurden (Verfluchung eines Feindes, Beschwörung von Geistern). Richtige schwarze Messen mit Umkehrung von christlichen Symbolen, Roben, die mit nackten Frauen und Schweinen bestickt waren, schwarzen Hostien oder Urin statt Messwein treten im 15. und 16. Jahrhundert auf.696 Satanismus im Sinne einer Hinwendung zum „Bösen“ ist also kein modernes Phänomen und kann in vielen historischen Phasen auch als Protestbewegung gegen vorherrschende Missstände gedeutet werden. Oft waren es jedoch auch Zirkel von Adeligen, die aus Langeweile gegründet wurden. Die Schriften dieser ersten Satanisten und viel älterer Schwarzmagier sind heute teilweise noch im Umlauf, 693 Vgl. Cavendish, 1980, S. 332-335. Vgl. Cavendish, 1980, S. 337. 695 Ebda, S. 341. 696 Ebda, S. 367-376. 694 133 werden von esoterischen Verlagen nachgedruckt und über das Internet verkauft. Die berühmtesten Vorbilder der heutigen Satanisten sind jedoch Aleister Crowley und Anton Szandor LaVey. ALEISTER CROWLEY Edward Alexander (1896 zu Aleister keltisiert) Crowley wurde 1875 in England geboren, gründete 1907 den Orden Astrum Argentum (Silberner Stern) und 1920 das religiös-philosophische System von Thelema. Er war Okkultist, Schriftsteller und Verleger und starb 1947 in England. Seine Kindheit war geprägt von streng christlichen Regeln seiner Eltern, die beide Mitglied in einer fundamentalistisch-christlichen anglikanischen Sekte waren. Seine Familie war reich und er erbte schon mit elf Jahren ein ansehnliches Vermögen, das ihm lebenslang finanzielle Sorgen abnahm. Ab 1896 zeigte sich sein Interesse für Magie und er trat verschiedenen Orden (Hermetic Order of the Golden Dawn, Ordo Templi Orientis) bei und beeinflusste viele von ihnen relativ stark. Er war begeisterter Bergsteiger, bereiste Amerika, Asien, Afrika und Europa und experimentierte Zeit seines Lebens mit den verschiedensten Drogen. 1920 gründete er auf Sizilien die magische Kommune Abtei von Thelema, die 1923 von italienischen Behörden aufgrund von Skandalgeschichten über Rituale aufgelöst wurde. In diesen Ritualen sollen die Teilnehmer Drogen konsumiert und das Blut geopferter Katzen getrunken haben. Er wurde 1925 auf einer okkultistischen Konferenz zum Weltheiland ausgerufen. Sein Drogenkonsum stieg immer mehr an, bis er 1947 wegen Herzversagen und chronischer Bronchitis verstarb. Sein skandalöses Auftreten bestand vor allem darin, sich offen zum (experimentellen) Drogenkonsum zu bekennen und seine (damals) radikalen Ansichten über (homosexuellen) Geschlechtsverkehr zu äußern. Er nannte sich „The Great Beast 666“ (gr. „to mega therion“) und verband in seinem magischen Denken östliche und westliche, magische und religiöse Traditionen, erfand aber viel dazu. Ziel seiner Magie bestand in der Weiterentwicklung des Individuums. Der zentrale Satz „Do what thou wilt shall be the whole of the law“ („Tu was du willst soll das ganze Gesetz sein“) wurde und wird immer wieder zu oberflächlich interpretiert. In seinen Schriften legt er Wert darauf, dass das Individuum erst erforschen müsse, worin dieser eigene Wille überhaupt bestehe. Auch das Thelema-Konzept zielt auf die Verwirklichung des wahren spirituellen Willens ab. Der Spruch bedeutet also weder „Tu, worauf immer du Lust hast“, noch ist es ein Freibrief für Hedonismus und Egozentrik. Eine Bewertung seiner magischen Schriften fällt schwer, da viele von ihnen auf Drogenräusche hindeuten, oder zumindest so kryptisch formuliert sind, dass sie dem „Uneingeweihten“ nichts sagen und nur nach Nonsens klingen. Ein Nachwirken Crowleys ist in mehreren Formen in den esoterischen Kreisen der HippieBewegung, in vielen Bands (Led Zeppelin, Black Sabbath, The Beatles, Iron Maiden etc.) und bei vielen 134 Schriftstellern festzustellen. Die meisten der Anspielungen und Zitate sind jedoch (mehr oder weniger deutlich) satirisch oder provokant gemeint. Charles Manson, der von Crowleys Ideen (und von Rassismus und Weltuntergangsideologien) fasziniert war, bildet eine deutliche Ausnahme. Quellen berichten, er hielt sich für Satan und Jesus in einer Person, oder als Reinkarnation von Crowley selbst. Seine Sekte, die Manson Familiy, beging 1969 mindestens neun Morde, die er zwar angeordnet, aber nicht selbst mit durchgeführt hatte. Crowley selbst sah sich nie als Satanist, und wird auch von der Church of Satan (CoS) nicht als solcher eingestuft. Auch wird geleugnet, dass Crowley ein Vorläufer der CoS sei, obwohl man in den Schriften LaVeys oft sehr deutliche Anspielungen (vor allem die Anlehnung an „Tu was du willst“) oder Inspirationen durch Crowley findet.697 Unter http://hermetic.com/crowley kann man viele von Crowleys Schriften auf Englisch im Volltext lesen. ANTON SZANDOR LAVEY Biographie 1930 wurde Howard Stanton Levey als Sohn von russisch-, ukrainisch- und französischstämmigen Amerikanern geboren. Seine Eltern unterstützten sein musikalisches Talent, und er brach die High School mit etwa 15 ab um einem Zirkus – zuerst als Hilfsarbeiter, dann als Musiker – beizutreten. Später spielte er in verschiedenen Burlesque-Clubs als Pianist. Seine Biographie weist viele Ungereimtheiten auf, die vermutlich auf seine Erfahrungen im Showbusiness zurückzuführen sind. So scheint er gewisse Episoden seiner Vergangenheit erfunden oder aufgebauscht zu haben um zu einer schillernden Persönlichkeit zu werden (z. B. behauptet er, eine kurze Affäre mit der noch unbekannten Marilyn Monroe gehabt zu haben, was sich mittlerweile als Lüge herausgestellt hat). Später begann er, sich mit dem Okkulten zu beschäftigen und Vorlesungen in einem „magischen Zirkel“ zu halten, in der Walpurgisnacht (30. April) 1966 gründete er dann schlussendlich die Church of Satan. Diese war von Anfang an nie geheim, aber sehr mystisch aufgebaut. Schon 1967 wurde unter starker medialer Präsenz die erste satanische Hochzeit zelebriert, und auch satanische Begräbnisse und Taufen (z. B. seiner zweiten Tochter Zeena) wurden durchgeführt. Die Presse nannte ihn den „Black Pope“ („Schwarzen Papst“). Durch verschiedene Bücher, Musikalben und Presseauftritte in Zeitung und Fernsehen erlangte er und seine CoS relativ schnell große Berühmtheit. 697 Vgl: http://de.wikipedia.org/wiki/Aleister_Crowley, 2011. 135 Mit seinen drei Lebensgefährtinnen bekam er zwei Töchter (Karla, Zeena Galatea) und einen Sohn (Satan Xerxes Carnacki). Er starb 1997 an einem Lungenödem, wurde eingeäschert und seine Asche wurde in einer satanischen Bestattungszeremonie unter seinen Erben aufgeteilt.698 Interpretation Bei LaVeys Schriften ist es wichtig, einen Unterschied zu machen zwischen Satanist und Teufelsanbeter.699 Der erstere ist für ihn ein verantwortungsvolles Wesen, das seinen eigenen Weg geht und sich nicht der Masse anpassen will. Satan repräsentiert für ihn die symbolische Kraft, außerhalb der Gesellschaft stehen zu können, deshalb führt er unter den „infernal names“700 auch die „bösen“ Götter von Indianern, germanischen Stämmen, Indern etc. auf. Diese Namen sind für ihn auch Ausdruck von Kraft und Stärke, und müssen in Ritualen dementsprechend rezitiert werden. In all seinen Schriften legt er großen Wert auf den Klang und die Poetizität der verwendeten Worte, da er weiß, dass die Formulierung oft wichtiger ist als der Inhalt. „Teufelsanbeterei“ ist für ihn eine Form des Jugendprotestes, der sich in simpler Umkehrung christlicher (oder gesellschaftlicher) Werte – z. B. schwarze Messen – manifestiert und meist hirnlos ist. Er verabscheut diese „Pseudo-Satanisten“701, die Tieropfer begehen und Friedhöfe schänden, weil es Spaß macht oder „cool“ ist, ganz deutlich und verurteilt sie aufgrund des mangelnden philosophischen Hintergrundes.702 Seine Schriften sind einfacher zu lesen als die von Crowley und zielen sehr auf die Psychologie seiner Leserschaft ab. Man kann LaVey auf viele verschiedene Arten lesen. Wichtig dabei ist, sich immer daran zu erinnern, in welchem Umfeld er geschrieben hat. In einem prüden Amerika der sechziger Jahre, aufgewachsen im Zirkus unter „Freaks“ und den Ausgestoßenen der Gesellschaft, wollte er vielleicht genau solchen Leuten eine Ideologie geben, die sagt: „es ist in Ordnung, so wie ihr seid“. Wenn man die Schriften LaVeys auf diese philosophisch-psychologische Art liest, erkennt man, dass viele seiner Ansichten darauf abzielen, den Menschen in seiner Eigenart zu stärken, ihn von der Masse abzuheben, ihn dazu aufzufordern, selbst Verantwortung zu übernehmen und seinen eigenen Weg zu gehen. Alle „magischen“ Rituale, die er beschreibt, sind einfache psychologische Methoden, um dieses Ziel zu erreichen. Auch verbietet er etwa, Tiere oder Kinder zu opfern oder unschuldigen Menschen Leid anzutun.703 Die Quintessenz des Kapitels „On the Choice of a Human Sacrifice“704 ist, dass man diejenigen, die man hasst, in einem Ritual symbolisch 698 Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Anton_LaVey, 2011. Teilweise wird im deutschen Sprachraum auch ein Unterschied zwischen „satanisch“ und „satanistisch“ (imitierend, teufelsanbeterisch) gemacht. 700 Vgl. LaVey, 1976, S. 58-60, 145. 701 Ebda, 1976, S. 104. 702 Vgl. LaVey, 1976, S. 52, 100, 104. 703 Ebda, S. 89. 704 Ebda, S. 87-90. 699 136 zerstören soll (psychologisch gesehen also nur für sich selbst), damit man sein Leben harmonischer gestalten kann, ohne von ihnen belästigt zu werden. Er nennt die satanischen Rituale eine „Form von Psychodrama“.705 Diese Psychodramen werden in der zweiten Hälfte des Buches706 wie in einem Drehbuch detailliert beschrieben. Mit keinem einzigen Wort billigt er dabei jemals die aktive physische Zerstörung eines Menschen- oder Tierlebens durch einen Satanisten. Seine Religion will die Philosophie und Ideologie einer neuen Zeit sein. Er verabscheut jegliche Religionen, die – wie das Christentum – die menschliche Natur und dessen fleischliche Gelüste verleugnen wollen und ruft dazu auf, genau diese Werte zu Tugenden zu erheben. Seine Nine Satanic Statements707 sprechen davon, den modernen Menschen zu fördern und zu bestätigen: Genuss, vitale Existenz, reines Wissen, Liebe und Verantwortung übernehmen nur für diejenigen, die sie verdienen, Rache statt Ertragen von Leid708 und alle sogenannten „Sünden“ – die für ihn alle zu psychischer, mentaler oder emotionaler Befriedigung führen – werden für ihn durch Satan repräsentiert. Kritik Das alles mag harmlos und rein philosophisch klingen, aber es gibt für den gebildeten, und noch mehr für den jugendlichen Leser, Gefahren zu beachten. Durch sein rhetorisches Talent versteckt er viele Ideologien und Prämissen in einer Umgebung von allgemeiner Information und Fakten. Oft liest man über diese Stellen, ohne viel nachzudenken und nimmt sie so ins Unterbewusstsein auf. Die Gefahr dabei ist, dass seine Religion eben nicht nur das Individuum als solches stärkt, sondern auch das Potential hat, die Gesellschaft zu verändern. Viele seiner philosophischen Ansichten fördern ein faschistoides Menschenbild, scheinen oft sogar nationalsozialistische Ideologien gutzuheißen (jedoch ohne Rassismus, da jedes Individuum selbst elitär werden muss, was für einen Satanisten nicht vererbbar ist709). LaVey werden Sympathien mit Alfred Rosenberg (ein führender Ideologe im Nationalsozialismus) und Adolf Hitler nachgesagt, Einflüsse von Nietzsche, Crowley und radikalen sozialdarwinistischen Schriften sind spürbar. Die Zerstörung von Feinden wird zwar nur symbolisch propagiert, gewisse Stellen lassen dies jedoch zweideutig erscheinen (z. B. Punkt 11 der „Satanischen Regeln der Erde“: „If someone bothers you, ask them to stop. If they don’t stop, destroy them.“ – „Wenn dich jemand belästigt, fordere ihn dazu auf, dies zu unterlassen. Wenn er nicht damit aufhört, vernichte ihn.“). 705 Ebda, S. 100. Ebda, S. 107. 707 Ebda, S. 25. 708 Hier als ideologischer Hintergrund gemeint, als Umkehrung des christlichen „die-andere-Backe-bieten“. Was genau er oder seine Jünger unter Rache verstehen, wird nirgends direkt angesprochen. Selbstjustiz ist jedoch verpönt, und die gesamte CoS macht sich stark für ein striktes Befolgen aller Gesetze der Gesellschaft, in der ein Satanist lebt. 709 http://www.churchofsatan.com/Pages/Feared.html, 2011. 706 137 Eine Gesellschaft von LaVey-Satanisten würde zwar aus klugen Menschen bestehen, die jedoch, um ihre Ziele zu erreichen, vermutlich auch über Leichen gehen würden. Alle christlich-humanitären Werte, die das soziale Zusammenleben erleichtern und angenehmer gestalten sollten, wären dabei wertlos. Altruismus und Selbstaufopferung wären die neuen Sünden, Demokratie würde zu einem Fremdwort werden. Es würde nicht mehr um gesellschaftliche Harmonie, sondern um persönlichen Erfolg gehen. Angesichts des heute vorherrschenden Neoliberalismus und Turbokapitalismus ist das natürlich hauptsächlich eine Religion für die (Erfolg-)Reichen und Starken, oder diejenigen, die es um jeden Preis werden wollen. In gewissem Sinne leben wir also schon unter der Herrschaft von Menschen mit einer solchen Ideologie, auch wenn sie sich nicht als Satanisten bezeichnen würden. Die CoS heißt auch eine Stratifizierung der Gesellschaft gut (eine Einteilung in Stände, Klassen, Intelligenzniveaus o.ä.), auch wenn das bedeutet, dass es Reichenghettos und Armenviertel gibt. Sie ist gegen jegliche egalitäre gesellschaftliche Theorie und betont die Verschiedenheit der Menschen.710 Die weitere Entwicklung der Church of Satan nach dem Tod von LaVey geht einen noch kompromissloseren Weg. Besonders die Schriften von Peter Howard Gilmore (seit 2001 Hohepriester der CoS) sprechen eine deutliche Sprache: Eugenik wird befürwortet (die Auswahl von elitären Individuen vor der Geburt, auch Genmanipulation ist für ihn etwas Positives; die Vernichtung von behinderten Kindern im Mutterleib wird nicht angesprochen aber scheint implizit mitgemeint zu sein) und Satanisten seien die höchste Stufe der menschlichen Entwicklung, sozusagen eine Art Herrenrasse. Sie stehen über der Gesellschaft (nicht außerhalb wie bei LaVey!) und haben das Recht (oder die Pflicht), alle anderen Menschen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Der Wohlfahrtsstaat und Antidiskriminierungskampagnen (wie etwa die Frauenquote) sollen abgeschafft, weltweite Hilfs- und Spendenaktionen gestoppt werden. Außerdem führt er LaVeys „Lex Talionis“ (Gesetz der Vergeltung, Auge um Auge) weiter und scheint auch Selbstjustiz gutzuheißen.711 Einige ehemalige Mitglieder der CoS haben sich auch deswegen abgespalten, so wurde 1975 der Temple of Set aufgrund von administrativen und philosophischen Meinungsunterschieden gegründet, und 1997 gründete LaVeys Tochter Karla die First Satanic Church, die sie im Geist ihres Vaters weiterführen will.712 710 LaVey, 2000, S. 95 und http://www.churchofsatan.com/Pages/Feared.html, 2011. Vgl http://en.wikipedia.org/wiki/Peter_H._Gilmore, www.thesatanicscriptures.com, www.churchofsatan.com/Pages/Feared.html, 2011. 712 Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Temple_of_Set, http://en.wikipedia.org/wiki/First_Satanic_Church, 2011. 138 Persönliches Fazit Die Autorin dieses Artikels hat sich selbst ab dem Alter von 14 Jahren (bis heute in unterschiedlicher Intensität) mit Aleister Crowley und später mit LaVey und der CoS intensiv beschäftigt (war jedoch niemals Mitglied dieser Organisation). Aufgrund der Tatsache, dass dieses Interesse weder bleibende geistige oder körperliche Schäden nach sich gezogen hat, noch sie zu einem gewaltverherrlichenden oder menschenverachtenden Wesen gemacht hat, mag es sein, dass dieser Abriss über Satanismus ein wenig zu positiv ausfällt. Die Autorin ist jedoch der festen Überzeugung, dass Jugendliche, die sich für eine ähnliche Thematik interessieren, nicht in erster Linie gefährdet oder mental instabil, sondern eben interessiert sind. Als Historiker und Atheist ist sie der Überzeugung, dass die großen Weltreligionen viel mehr geistigen und körperlichen Schaden anrichten können (Verleugnung der eigenen Triebe und Vorlieben, Verbot von Homosexualität und der Verwendung von Kondomen etc.), vor allem bei Jugendlichen. Die sogenannte Teufelsanbeterei – mit „Tische rücken“, Geisterbeschwörung, Zelebrieren von schwarzen Messen usw. – stellt ein größeres Risiko dar (Realitätsverlust, Angstzustände, Selbstmordgefährdung), darf jedoch nicht mit den Praktiken der CoS in Verbindung gebracht werden. Oft sind das kleinere Gruppen von meist gleichaltrigen Jugendlichen, die gegen die Gesellschaft rebellieren wollen, sich für Okkultes interessieren, geheimnisvoll erscheinen wollen und in Wirklichkeit keine Ahnung haben, was sie eigentlich tun. Wie auch bei größeren Sekten ist hier die Gefahr vor allem bei einem charismatischen Anführer zu suchen, der die anderen dazu zwingt, Dinge zu tun, die sie eigentlich nicht tun wollen, und psychische Kontrolle über sie ausübt. Gefährlich wird es vor allem dann, wenn diese Gruppen anfangen, zu „missionieren“, das heißt Leute für ihre Gruppierung zu rekrutieren, „Mutproben“ fordern etc.713 Ein extremer Fall von Jugendstrafdelikt in diesem Umfeld stellt der sogenannte „Satansmord von Sondershausen“ aus dem Jahr 1993 dar, der kein eigentlicher satanistischer Akt war, von der Presse jedoch als solcher betitelt wurde, da sich die Beteiligten „mit satanistischem Gedankengut und mit Tötungsdarstellungen in Filmen“ beschäftigt hatten. Der wahre Hintergrund ist umstritten, es scheint jedoch, dass der Hauptverantwortliche Hendrik Möbus vor allem aus rechtsradikalen Motiven heraus gehandelt hatte.714 Das Wichtigste bei der Kontaktaufnahme mit Jugendlichen, die vielleicht in dieser Szene sein könnten, ist immer das Gespräch zu suchen, Motive und Hintergründe herauszufinden, und immer auch argumentieren zu können. Viele Jugendliche interessieren sich für Rechtsradikalismus, Satanismus und dergleichen aus einer gewissen Orientierungslosigkeit heraus, kommen vielleicht aus zerrütteten Verhältnissen oder aus 713 714 Gugenberger, 1999, S. 13. Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mordfall_von_Sondershausen, 2011. 139 einem lieblosen Umfeld und suchen in Gruppierungen der Jugendsubkultur eine Ersatzfamilie. Einige interessieren sich vielleicht nur aus Neugierde dafür, kommen dann aber eventuell in einen Sog, aus dem sie von alleine nicht mehr herauskommen. Wenn man diesen Menschen mit Interesse an und Verständnis für ihre Situation begegnet, und mit ihnen ernsthaft kommuniziert, ist ihnen mehr geholfen als jegliche Verurteilung oder Tabuisierung. Satanismus soll dabei weder verniedlicht noch verdammt werden, es ist im Gegensatz wichtig, sowohl Positives als auch Negatives zu (er)kennen und herauszustreichen. Der beste Schutz für Jugendliche ist immer Information und Förderung der eigenen Selbstverantwortung. 140 5. EXKURS: VAMPIRISMUS Roman Schweidlenka Die meisten „Vampire“ sind Mitglieder der schwarzen Szene und betreiben den Vampirismus als Mode, Gesellschaftsspiel, künstlerische Gestaltung oder Zeitvertreib, meist verbunden mit einer Mittelaltersehnsucht, einer Ablehnung der modernen Gesellschaft und magischen Übungen. Beliebt sind Vampir-Rollenspiele (unter anderem White Wolf, Requiem, Dracula Ressurrection, etc.), bei denen die Spieler in die Rolle der dämonischen Fabelwesen schlüpfen. Die Vampir-Spiele sind meist in der modernen Welt angesiedelt, in der aber neben den Menschen allerlei Spukwesen der Dunkelheit leben. Eine Minderheit sieht sich jedoch als „echte“ Vampire, nicht als Menschen. Sie schreiben sich im Gegensatz zu den Vampiren „Vampyre“. In dieser Szene ist Menschenblut-Trinken, verbunden mit kriminellen Handlungen (bis hin zum Ritualmord als extreme Randerscheinung), eine beliebte Praxis. Während es in Deutschland damit bereits Probleme gibt, beschränkt sich in der Steiermark nach vorliegender Erkenntnislage das Interesse auf Anfragen, intellektueller Beschäftigung und dem Wunsch nach Aufklärung. Höchst bedenklich ist „Das Buch Noctemeron. Vom Wesen des Vampirismus“ des Frater Mordor, erschienen im satanistischen deutschen Bohmeier Verlag. In diesem Buch werden zahlreiche Tötungsarten erklärt, verschiedene Formen des Blut-Trinkens (auch tödliche) und okkulte Ritualmorde beschrieben und die Bildung geheimer schwarzmagischer Okkultzirkeln empfohlen, die an Sekten erinnern. „Verrätern“ droht der Tod. Feindbilder sind die moderne Gesellschaft und staatliche und kirchliche Stellen. Während in Deutschland der Verkauf des Buchs an Jugendliche unter 18 Jahren verboten ist, ist es in Österreich in den Buchhandlungen frei zugängig. IM DUNKLEN BLUTREICH DES FRATER MORDOR Eine Analyse vampiristischer Blutergüsse in Buchform Seit Oktober 2005 ist der Verkauf des Buches (1. Band) an Jugendliche unter 18 Jahren in Deutschland verboten. Das Buch darf in den Buchhandlungen auch nicht sichtbar aufgelegt werden. In Österreich gibt es eine derartige Bestimmung nicht. Beiträge mancher Autoren sind darin anonym. Das Buch wird als „voodooistisch, vampiristisch, grausam, nekrophil, kannibalistisch, sexistisch, blutig“ beworben. Als mögliche Nebenwirkungen werden angegeben: Alpträume, Phobien, Gerichtsprozesse, Kontrollverlust, 141 psychische und physische Störungen, Krankheiten, Verwirrungen.715 Die Praktiken werden durchaus richtig als „gefährlich“ bezeichnet.716 Wahnsinn ist nicht ausgeschlossen.717 Das Buch wurde von einem angeblichen echten Vampyr geschrieben. Elitär ist die Vampyrgesellschaft: Die „Erhabenheit unserer Rasse“ wird beschworen.718 „Wir sind die Höllenengel“.719 Wahre Vampyre sind angehalten, treue Knechte um sich zu scharen.720 Keine staatlichen und moralischen Gesetze gelten für den Vampyr, er ist Weltenherrscher und Despot.721 Dazu hat er die ewige Jugend.722 Gegner sind dezidiert staatliche und kirchliche Stellen, die nicht wissen, „wie nahe ihre Vernichtung ist.“723 Da die Bücher von einem „echten“ Vampyr geschrieben sind, gibt es vielfältige Polemiken und Abwertungen der Goths, der „Pseudo-Vampir-Szene“ und der Vampir-Spiele-Fans.724 Die Bücher versuchen in der Esoterik-, Hexen-, Magier-, Goths-Szene, unter anderem in den entsprechenden Chat-Räumen des Internets.725, zu werben: „Sucht doch den wahren Vampyrismus! Strebt doch nach mehr!“ Esoteriker werden vor allem im zweiten Band726 angesprochen, wo eine durchaus missbräuchliche Einführung in die europäische und östliche Esoterik, unter anderem in den Taoismus, erfolgt (z. B. Tao als „schwarze Pilgerfahrt“727). Eine neue Zeit, ein neues Jahrtausend wird beschworen.728 Auch der Bezug zu gängigen, in Teilen der Eso-Szene beliebten Weltverschwörungstheorien ist gegeben.729 Morde werden bejaht, ja gefordert: Weit weniger Menschen können von Vampyren getötet werden als weltweit verhungern:730 – Mord an Menschen als ökologisch notwendige Tat: 715 Mordor 2007, S. 4. Ebda, S. 11. 717 Ebda, S. 14. 718 Ebda, S. 105. 719 Ebda, S. 123. 720 Ebda, S. 108. 721 Ebda, S. 22 und S. 182. 722 Mordor 2005, S. 210. 723 Mordor 2007, S. 239. 724 Vgl. Mordor 2007, S. 24f, S. 176f; Mordor 2005, S. 207. 725 Mordor 2007, S. 25. 726 Mordor 2005, passim. 727 Mordor 2005, S. 172. 728 Ebda, S. 19. 729 Mordor 2005, S. 201, S. 204. 730 Mordor 2007, S. 20. 716 142 „Wir töten und vernichten, weil wir es wollen.“731 „Wir sind die Jäger der Menschen und hielten ursprünglich das Gleichgewicht seiner Entwicklung … Ein lebensfähiges Gleichgewicht kann nur hergestellt werden, wenn die menschliche Population um 20% reduziert wird. Wir sind die Jäger …“732 „Wir sind die Hüter der Welt! Wir sind die Jäger der Menschen!“733 Das Naturbild ist geprägt von „Fressen und Gefressenwerden“734. „Das Leben ist ein Kampf und letztlich überleben nur die Fähigsten.“ Extremer Sozialdarwinismus, eine wichtige ideologische Basis aller rechtsextremen Weltanschauungen, wird deutlich: „In einem Kampf selbst gibt es keine Moral oder Fairness.“735 Der Mensch ist ein Werwolf. „Es sind die Zähne eines Raubtieres, die wir hinter unseren leumündigen Lippen tragen. Es sind keine Werkzeuge, um einen romantischen Adlerlass zu gewährleisten, keine Spielzeuge, um sacht ein Gefäß zu punktieren und tröpfchenweise das Blut zu vergießen – wir haben die Fänge der Jäger und sie dienen zum Reißen der Beute. Sie verursachen klaffende Wunden und sprudelndes Blut – und den Tod.“736 Und: „Dein Weinen und Flehen wird dich nicht schützen.“737 Säuglinge und bedeutende Persönlichkeiten sollen nur bei absoluter Notwendigkeit gejagt werden. „Außer den Geschützten können alle Menschen vogelfrei genannt werden. Ihr Blut ist das Recht aller Schatten.“738 „Du hast das Recht, jene zu vernichten, die dir (deine) Rechte verweigern.“739 Meditationssätze wie „Ich verschlinge die Nahrung lebendig: ich esse lebendige Menschen.“, finden sich im Buch.740 Satanisch-schwarzmagische Rituale zur Vernichtung von Feinden unter Anrufung Lucifers werden vorgestellt.741 Auch Blutrituale zur Einweihung von Kindern.742 731 Ebda, S. 20. Ebda, S. 28. 733 Ebda, S. 28. 734 Ebda, S. 28. 735 Mordor 2005, S. 23. 736 Mordor 2007, S. 104. 737 Ebda, S. 105. 738 Ebda, S. 115. 739 Ebda, S. 128. 740 Ebda, S. 154. 741 Ebda, S. 261-263. 742 Ebda, S. 270f. 732 143 Die Bildung geheimer schwarzmagischer, satanischer Ordenszirkel wird angeordnet, die sich gegenüber der Gesellschaft absolut tarnen müssen. Das bedeutet: auch keine auffällige Kleidung. Menschenblut-Trinken muss im Geheimen erfolgen. Die Orden sind autoritär-hierarchisch aufgebaut. Verräter werden von den „Ältesten“ „mit allen Konsequenzen aus(ge)merz(t).“743 Das Todesurteil wird von silbernen Rittern mit engen Sehschlitzen durchgeführt, die sich gegenseitig nicht kennen dürfen. Der Abtrünnige wird von Schwerthieben zerteilt.744 Diese Orden haben einen extremen Sektencharakter. Blutgewinnung, Blut-Trinken wird in allen Varianten, auch den tödlichen, genau beschrieben.745 „Der Vampir … definiert sich durch die Aufnahme der Lebensenergie anderer Wesen, um seine eigene Macht zu potenzieren. Diese Absorption geschieht vorwiegend über das Medium Blut.“746 Auch genaue ausführliche Anleitungen zum effektiven Töten und Morden werden gegeben.747 Auch Anweisungen, wie man Kopftrophäen getöteter Gegner mumifiziert, finden sich.748 Dazu gibt es das „Gebet“ an den „Geist der Finsternis“: „Mache mich zum Männerfresser. Mache mich zum Frauenfresser. Mache mich zum Kinderfresser. Mache mich zum Werwolf.“749 743 Mordor 2007, S. 112, S. 128, S. 282f. Ebda, S. 159f. 745 Ebda, S. 183-189. 746 Mordor 2005, S. 205. 747 Mordor 2007, S. 189-191. 748 Ebda, S. 194. 749 Ebda, S. 237. 744 144 „TWILIGHT“ – DIE NEUE „MORMONEN-BIBEL“? Alexandra Koch Abseits der von Schweidlenka beschriebenen „Vampyrgesellschaft“ rund um Frater Mordor entstand ein über die Mitglieder der schwarzen Szene hinaus bekannter Hype zum Thema „Vampire“. Die Anhänger des neuen Vampir-Trends sind aber nicht einer der ausdifferenzierten Unterkategorien aus der „Szene der Vampire“ beizuordnen. Es sind „einfach nur“ Fans der vielen neuen Vampir-TV-Serien, -Filme und natürlich der dazugehörigen Stars bzw. Starletts. Die wenigsten gehören dabei zu den oben erwähnten „VampirKategorien“ – dem Lifestyle-Vampir, dem geistigen oder alternativen Vampir, oder dem Realvampir, auch Vampyr genannt.750 Dennis Sand meint dazu, dass „der Vampir […] den Sprung in die Lebenswelt geschafft [hat], [und] er […] Teil der Populärkultur [geworden ist]“.751 Denn der Vampir-Interessierte beschäftigt sich nicht (nur) des Blut-Trinkens oder Pfahl-Tötens wegen damit, vielmehr geht es um die Fragen der eigenen Identität. Jeder Jugendliche ist heutzutage geprägt von dem Wunsch der von der Gesellschaft geforderten Individualität, und gleichzeitig dazu doch angepasst bzw. akzeptiert zu sein: Individualität durch Gruppenzugehörigkeit. Dabei begleiten uns – nicht nur im Jugendalter – immer ähnliche Fragen: Wer bin ich? Wohin gehöre ich? Und welchen Platz nehme ich in der Gesellschaft ein? Vielleicht weniger offensichtlich fragt man sich in Zeiten der Reizüberflutung auch, ob man denn integriert genug in die bekannte Leitkultur ist bzw. wie man sich sonst seinen Platz in alternativen Lebensformen finden könnte? Hinzu kommt der neue Umgang mit der Frage nach Gut und Böse der Postmoderne, welche die Unterhaltungsindustrie nur zu gerne aufgreift und in Büchern und Filmen abhandelt. In Fantasy-Blockbustern werden die Protagonisten dabei bewusst in ein Spannungsfeld von traditionellen Wertevorstellungen und der jetzigen, scheinbar unbegrenzten Liberalität gesetzt, mit welchem sich die jugendlichen Suchenden nur allzu gern beschäftigen/identifizieren.752 Und genaue diese Suche nach Identität nutzen unter anderem auch religiöse Gemeinschaften, um ihre Ansichten und „Lösungsvorschläge“ – teils versteckt, teils offensichtlich – unter Jugendliche zu streuen, 750 Lifestylevampir: von literarischen Vorlagen inspirierter Vampirfan, der sich hauptsächlich mit der Vergänglichkeit auseinandersetzt und „nur“ als Modeerscheinung in der Szene gilt. Alternativer Vampir: geht davon aus, eine vampirische Seele in seinem Körper zu haben. Er ernährt sich nicht von Blut, sondern von der Lebensenergie anderer Personen. Realvampir/Vampyr: ist in seiner Selbstwahrnehmung Vampir, der sich durch sogenannte „Spender“ und ohne Gewaltanwendung von Blut ernähren muss. (Vgl.: Sand, Dennis: Der wahre Vampir trinkt nur Blutkonserven. In: Welt-Online, 15.07.2010, in: http://www.welt.de/kultur/article8480440/Der-wahre-Vampir-trinkt-nur-Blutkonserven.html) 751 Zitiert nach ebda. 752 Vgl.: Heimerl, Theresia, Was, wenn der Böse der Gute ist? Theologische und kulturtheoretische Anmerkungen zur Twilight-Saga, in: Münsteraner Forum für Theologie und Kirche 11/2009, in: http://www.theologie-undkirche.de/twilight.pdf. 145 denn wer weiß schon, dass „Edward und Bella“ Erfindungen einer gläubigen und praktizierenden Mormonin753 sind? Die von der amerikanischen Autorin Stephenie Meyer verfasste „Bis(s)-Tetralogie“ – meist als die „TwilightRomane“ bekannt, war Auslöser für den neu entstandenen Rummel rund um die blassgesichtigen Geschöpfe. Mit Erscheinen des ersten verfilmten Teils von „Twilight“, „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“754, entstand auch im europäischem Raum eine regelrechte Hysterie rund um einen recht neuen Typus von Vampirgeschichte. Unter Kinokritikern gerne und oft als seichter und langweiliger Teenager-Vampirfilm abgetan, werden die fünf Verfilmungen (der letzte der vier Teile wird in zwei Filme aufgesplittet) aber hinsichtlich des bereits erzielten und zukünftig wohl noch größeren Erfolgs gerne als Nachfolger der „Harry Potter“-Filme gehandelt. Der Inhalt der innerhalb von vier Jahren geschriebenen Romanvorlage lässt angesichts der Tatsache, dass sich „weiblicher Teenie in jugendlich-gutaussehenden Vampir verliebt“, kaum bis gar nicht auf einen mormonischen Zusammenhang schließen. Schon oft behandelte Teenageremotionen wie Liebe, Freundschaft, Vertrauen, wie auch Hass, Tod und Eifersucht sind Grundpfeiler der Erzählungen Meyers – mit dem Unterschied, dass sie in eine Liebesgeschichte zwischen einem „normalen“ 17-jährigen Mädchen und einem schon über hundert Jahre alten 17-jährig-gutaussehenden Vampir eingebettet sind – auch keine gänzlich neue Geschichte, aber in ihrer Ausführung und Intensität soweit verändert, dass neben der Hauptzielgruppe der 12-bis-18-jährigen Mädchen, diesmal auch besonders deren Müttergeneration angesprochen wird. Schmerz und Sehnsucht sind dabei wohl die treibenden Kräfte.755 In welcher Beziehung steht „Twilight“ aber nun zu den Mormonen? Bei aufmerksamer Lektüre verschiedener Interviews mit der Autorin, der Dankesworte in ihren Büchern oder gar ihrer Homepage, eröffnet sich den Interessierten die Tatsache, dass Meyer Zeit ihres Lebens gläubige, praktizierende Mormonin (LDS) ist. Dabei betont sie vorbehaltlos, wie intensiv die Inhalte ihrer Romane mit den Lehren ihrer Kirche verbunden sind. Zurückhaltender ist sie allerdings bei einer detaillierteren Darstellung dieser Verbindungen zwischen einer nach außen hin so erzkonservativen, wie wirtschaftlich fortgeschrittenen, Glaubensgemeinschaft und 753 In den meisten Fällen wird der Begriff „Mormone“ mit dem eines Mitgliedes der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ – im Deutschen abgekürzt mit HLT, im Englischen mit LDS für „Latter Day Saints“ – gleichgesetzt. Der Ausdruck „Mormone“ leitet sich vom Propheten Mormon ab, welcher als einer der Redakteure des „Buches Mormon“ gilt. Da das „Buch Mormon“ – neben der Bibel – für alle von der Hauptkirche LDS abgespaltenen Glaubensgemeinden als Heilige Schrift gilt, sollte der Begriff „Mormone“ richtigerweise als Überbegriff für „alle auf mormonischer Glaubensbasis existierenden Gemeinden“ verwendet werden. Um Missverständnisse zu vermeiden, wird in den folgenden Ausführungen auf die herkömmliche Handhabung – der Begriff „Mormone“ als Synonym für „ein Mitglied der LDS“ – zurückgegriffen. Falls anders gehandhabt, wird im Einzelnen darauf verwiesen. 754 Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen, engl: Thwilight (Catherine Hardwicke USA, 2008). 755 Mehr über die Hintergründe der Meyer Romane in: Bardola, 2009 und Gresh, 2009. 146 ihrer Liebesgeschichte zwischen einem „normalen“ Teenagermädchen und einem Vampir. Die Frage, was ein Vampir mit den Lehren und/oder der Lebenswelt von Mormonen zu tun hat, stellt sich also unweigerlich. Bevor aber eine Analyse der Romane Meyers hinsichtlich mormonischer Einflüsse angestellt wird, soll zunächst ein kurzer Einblick in den Inhalt der vier Teile der Romanserie gegeben werden. Weibliche Hauptprotagonistin ist Isabella Swan, die in einen kleinen, tristen Ort namens Forks zieht, um bei ihrem Vater zu leben. In der Schule lernt sie Edward Cullen kennen, der mit seinen „Geschwistern“ ein abgeschiedenes Teenagerleben führt. Grund dafür ist, dass die Cullens allesamt Vampire von einem neuartigen – von Meyer kreiertem – Schlag sind, sie sind nämlich „Vegetarier“. Damit ist gemeint, dass sie sich nicht, wie üblich, von Menschenblut ernähren, sondern eine so hohe Selbstbeherrschung aufbauen, dass sie sich von Tierblut ernähren können. Diese Beherrschung gelingt nur im engen Zusammenleben und Zusammenhalt der Familie, was der typischen Lebensweise eines Vampirs entschieden widerspricht. Ein weiterer Grund für Edwards Entscheidung für diese ungewöhnliche Lebensweise ist der Wunsch, dass er nicht als Monster wahrgenommen werden will. Bella, für ein 17-jähriges Mädchen ebenfalls auffällig zurückgezogen, befasst sich alsbald mit dem überaus attraktiven wie auch scheuen und undurchschaubaren Edward. Intensiviert wird ihr Interesse an ihm, als er ihr auf spektakuläre Art und Weise das Leben rettet. Kurz darauf kann sie das Geheimnis Edwards und seiner Familie lüften und einer Liebesromanze und (schwierigen) Eingliederung in die Familie steht nichts mehr im Wege. Probleme mit „nicht-vegetarischen“ Vampiren, eine Trennung auf Zeit von Bella und Edward, das Erstarken von Bellas Freund Jacob – einerseits als Werwolf, und andererseits in Bezug auf seine Zuneigung zu Bella – die zunächst unüberwindbar scheinende Kluft zwischen Vampiren und Werwölfen und die endgültige Vereinigung von Bella und Edward sowie deren Folgen, sind die beherrschenden Themen in den folgenden drei Romanen. Die Inhalte geben im ersten Moment wenig über den möglichen Einfluss mormonischer Vorstellungen preis. Am Beispiel von Glaubensgrundsätzen, Werten und Moralvorstellungen des Mormonentums soll nun versucht werden, die nicht immer sofort zu erkennenden Verbindungen zur „Twilight-Saga“ sichtbar zu machen.756 Die Religionsgemeinschaft/en der Mormonen wird/werden in den Büchern an keiner Stelle namentlich erwähnt, auch direkte Verweise auf bekannte mormonische Riten werden vermieden. Wenn auch nicht offensichtlich vorhanden und von Meyer möglicherweise auch gar nicht beabsichtigt, so ist bei genauerer Betrachtung eine Vielzahl an mormonischen Merkmalen, Symbolen, Handlungsweisen und/oder Ritualen in allen vier Teilen erkennbar. 756 Die in diesem Abschnitt angeführten Verbindungen sind nur ausgesuchte Beispiele. Eine komplette Analyse findet man in jenem von der Autorin verfassten Werk: ‚Weltabgeschieden, erzkonservativ, strohtrocken?“ Mormonische Lebenswelten im Spannungsfeld zwischen Selbstwahrnehmung und medialer Darstellung, Graz, Leykam Verlag, 2010. S. 84-103. 147 Zur besseren Übersicht und Orientierung bei den zu vergleichenden Beispielen wird eine entsprechende Auswahl aus der von der LDS erstellten Themenübersicht „Glaube und Lehre“757 und weiteren von der Gemeinschaft angegebenen Kernthemen als Grundgerüst verwendet. EHE UND FAMILIE/SIEGELUNG/PRÄGUNG Die deutlichsten Parallelen zur mormonischen Lebenswelt weisen die Moralvorstellungen und die Familienstruktur der Cullens im Roman auf. Schlagworte wie Enthaltsamkeit, Heirat, die Zeugung von Kindern, penible Hierarchievorstellung von Mann und Frau, oder die strikte Ablehnung von Sex vor der Ehe, Abtreibung und Ehebruch sind Hauptelemente der funktionierenden fiktiven Vampirfamilie wie auch einer gläubigen Mormonenfamilie bzw. überhaupt einer nach christlichen Wertevorstellungen lebenden Familie. Enthaltsamkeit bezieht sich dabei nicht nur auf die Sexualität, in Hinsicht auf das Wort der Weisheit wird damit auch der Verzicht auf Alkohol, etc. angesprochen, was aber nicht Thema dieses Abschnitts ist. Jugendliche der LDS werden sehr früh auf „Sexuelle Reinheit“758 getrimmt: „Unterhaltet vor der Ehe keine sexuellen Beziehungen und seid dann später eurem Ehepartner absolut treu. Der Satan könnte euch versuchen, auf den Gedanken zu kommen, dass sexuelle Intimität vor der Ehe in Ordnung sei, wenn man verliebt ist. Das stimmt nicht.“759 Bei Nichteinhaltung dieses Verbots hat man allerdings die Möglichkeit der inneren Umkehr und kann dabei auf die Vergebung des Herrn hoffen. Meyer setzt, getreu ihrer religiösen Überzeugung, auf die in den USA allgemein sehr populäre Praktik der Enthaltsamkeit bis zur Eheschließung. Kein Verbot hindert die Hauptprotagonisten an einer sexuellen Vereinigung, die physische Natur Edwards – die Unberechenbarkeit seiner Kräfte, die bei extremen Gefühlsausbrüchen nicht mehr kontrollierbar sind – lässt die beiden Jungverliebten zunächst in Enthaltsamkeit miteinander leben. Wie bereits Thöne erkennt, wird Geschlechtsverkehr gleichgesetzt mit Kontrollverlust.760 Kontrollverlust wird in der mormonischen Gemeinschaft als Schwäche und Sünde empfunden. Je stärker man an Gott und an seine Gebote glaubt, desto weniger muss man davor Angst haben, auf den falschen Weg abzugleiten. Der Verlust der Kontrolle über sich, über seine Gefühle, etc. zeugt von zu wenig Glauben bzw. von einer falschen Entscheidung, die man für sich getroffen hat. Der eindringliche Hinweis im Film wie im Buch, auf Sex vor der Ehe zu verzichten, hat breite Kritik nach sich gezogen: 757 Siehe u. a. „Glaube und Lehre“, in: http://hlt.at/ueber-die-kirche/glauben-und-lehre.html. Überschrift aus der Broschüre „Für eine starke Jugend“, LDS. 759 Ebda. S. 26. 760 Vgl. Thöne, 2009, S. 50. 758 148 „Das spießige Weltbild ihrer Glaubensgemeinschaft spiegelt sich eins zu eins in den Romanen. Als Mormonin propagiert sie [Stephenie Meyer] Enthaltsamkeit vor der Ehe. Kein Sex vor der Hochzeit ist für [...] Meyer religiöse Pflicht. [...] Stephenie Meyers Romane passen perfekt in eine reaktionäre Weltanschauung, die in den USA weit verbreitet ist und sogar staatlich gefördert wird. Die Botschaft: Sex vor der Ehe ist gefährlich“761, oder: „Führe ein keusches und tugendhaftes Leben, fordert der Ehrenkodex der BYU [Brigham Young University762], und irgendwie bringt Meyer das Kunststück fertig, aus der alten, doch immer erotisch aufgeladenen Vampirgeschichte ein Keuschheitstraktat zu formen.“763 Dabei ist die Geschichte Meyers durchwachsen von erotischen und sexuell aufgeladenen Szenen und Gedanken, oder wie Freund es ausdrückt: „Meyers Prosa wird von Hormonen nachgerade geschwemmt.“764 In einer Zeit, in der Sex einerseits als Massenware gehandhabt wird und der kategorische Imperativ „man muss Sex haben“ unübersehbare Bedeutung besitzt, wächst andererseits eine Front gegen die fortschreitende Banalisierung von Sex. Die (jugendliche) Anhängerschaft der Enthaltsamkeit vor der Ehe nimmt in den USA stetig zu, und auch in Europa ist ein solcher Trend inzwischen bemerkbar. Das Schlagwort „Heirat“ führt damit zum nächsten Punkt der Gegenüberstellung „Vampir-Mormonen“. Wie es die Kirche lehrt, strebt Edward zuerst eine Vermählung mit Bella an, bevor er sich auf sexuellen Kontakt mit ihr einlässt. Der Grund aber, weshalb Edward auf das Eheversprechen besteht, hat nichts mit religiösen Hintergründen zu tun. Edwards Gründe könnten nach mormonischem Glauben als eher zweifelhaft angesehen werden. Nicht das Credo, dass „[…] körperliche Intimität […] ein heiliger Bestandteil der ehelichen Beziehung [ist]“, und „dadurch […] Kinder in die Familie [kommen], und die Bindung zwischen den Ehepartnern […] im Laufe ihres Lebens immer fester wird“765, ist treibende Kraft für Edwards Verhalten, sondern ein Versprechen, das er Bella abgerungen hat. Dieses besagt, dass sie erst dann in einen Vampir verwandelt wird, wenn sie ihn heiratet und ein Studium abschließt. Beides widerstrebt ihr, da sie die Vorstellung einer Hochzeit als veraltet ansieht und einem Studium nicht jenen Wert beimisst, wie es die Cullens tun. Das weiß Edward und nutzt es zu seinen Gunsten aus. Zwar lässt sich vordergründig sexuelle 761 Stamer, Dunja/Riek, Anna: Sehnsucht nach Keuschheit. 23.01.2009, http://www.aspekte.zdf.de/ZDFde/inhalt/15/0,1872,7507695,00.html. 762 Universität der LDS 763 Freund, Wieland: Stephenie Meyer. Mit Vamprien gegen Potter. 12.06.2008, http://www.welt.de/kultur/article2092236/Stephenie_Meyer_Mit_Vampiren_gegen_Potter.html. 764 Ebda. 765 Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hg.): „Lass Tugend deine Gedanken zieren“, 2006. S. 1. in: in: 149 Enthaltsamkeit als Ideal nach geradezu mormonischen Grundsätzen erkennen, doch sind die Beweggründe im gegebenen Fall andere. Erst im letzten Teil der Tetralogie kommt es zur Hochzeit zwischen den Hauptfiguren. Dabei sind die Motive, eine Ehe einzugehen, nicht nur in Bezug zu oben genannten Punkten im Buch/Film eine komplett konträre. Die „Proklamation an die Welt“ vom ehemaligen Präsidenten der Gemeinschaft, Gordon B. Hinckley, über die Familie besagt nämlich unter anderem: „Das erste Gebot, das Gott Adam und Eva gab, bezog sich darauf, dass sie als Ehemann und Ehefrau Eltern werden konnten. Wir verkünden, dass Gottes Gebot für seine Kinder, sich zu vermehren und die Erde zu bevölkern, noch immer in Kraft ist. Weiterhin verkünden wir, dass Gott geboten hat, dass die heilige Fortpflanzungskraft nur zwischen einem Mann und einer Frau angewandt werden darf, die rechtmäßig miteinander verheiratet sind.“766 Zusammengefasst hieße das, dass es zum Hauptauftrag eines Menschen gehört, ein Kind zu zeugen, und das geht nach mormonischem Glauben erst nach der Vermählung. Bella und Edward haben hingegen kaum mit dem Gedanken an ein Kind gespielt, noch weniger, eine Ehe aus dem einzigen Grund der Zeugung von Nachwuchs angestrebt. Dazu kommt noch, dass nach dem Roman die Geburt eines Vampirs, gezeugt von einem Vampir und einem Menschen, so gut wie unmöglich ist. Und trotzdem findet Meyer einen Weg, dieses Gebot einzulösen. Bella wird nach der Hochzeitsnacht, ganz dem Klischee einer (der vielen) konservativreligiösen Ansicht(en) nach, schwanger. Abgesehen von den Schwierigkeiten und Turbulenzen, die diese – alles andere als normale – Schwangerschaft mit sich bringt, hat sich die mormonische Grundidee einer (Gründung der) Familie wie ein roter Faden durch die Vampirgeschichte gezogen. Doch nicht nur die Verbindung Bellas mit Edward weist in vielen Gesichtspunkten Hinweise zu mormonischen Werten und Glaubensinhalten auf. Die Werwölfe, bzw. Wölfe – das Pendant zu den Vampiren – heiraten nicht im herkömmlichen Sinne, sie werden „geprägt“. Diese Prägung wird nicht allen Werwölfen zuteil. Diejenigen, die sie empfangen, können sich nicht dafür oder dagegen entscheiden, ebenso wenig können sie darauf Einfluss nehmen, an welchen Menschen sie geprägt werden. Prägungen sind in Meyers Romanen zwischen unterschiedlichen Geschlechtern, jedoch unabhängig vom Alter der Partner möglich. 767 Die Prägung sei mächtiger als die Liebe auf den ersten Blick und am ehesten als Finden eines 766 Hinckley, Gordon B.: Die Familie. Eine Proklamation an die Welt. 23.09.1995, in: http://hlt.at/kirchenliteratur/familienproklamation.html?0=. 767 Jacob erfährt die „Prägung“ auf die Tochter von Bella und Edward zum Zeitpunkt ihrer Geburt. Es hat also weniger etwas mit sexueller als mit seelischer Verbindung zu tun. 150 Seelenverwandten zu verstehen, wird dem Leser vermittelt. Diese unlösbare Bindung ist vergleichbar mit der „Siegelung“, das Sakrament der Eheschließung unter Mormonen. Nach der LDS heißt es: „Die Krönung heiliger Handlungen liegt in dem Sakrament der Eheschließung, auch Siegelung genannt. Ein besonders bevollmächtigter Geistlicher stiftet diese, über den Tod hinausreichende, ewige Verbindung, die dem Ziel dient, die Familie für immer zu vereinen. Voraussetzung für die Eheleute, um mit all ihren Angehörigen – Vorfahren und Nachfahren – in Ewigkeit vereint zu sein, ist die Beachtung von Regeln und Geboten und ein christlicher, gottgefälliger Lebenswandel, den der Ortsbischof mit einer schriftlichen Empfehlung zum Betreten des Tempels, Tempelschein genannt, attestiert.“768 Somit werden ein gemeinsames Weiterleben (mit den Kindern) nach dem Tod und die Auferstehung ermöglicht. Paare, die sich nur standesamtlich trauen lassen, erlangen zwar die Erlösung, haben aber keinerlei Möglichkeit, jemals die Stufe eines Gottes zu erreichen. Das heißt, die Weiterexistenz der Ehe im Jenseits bedeutet nicht nur „ewige Liebe“, sondern ist auch Grundvoraussetzung eines weiteren Fortschritts in Richtung Gottwerdung. Die über den Tod hinaus gehende Ehe wird in Meyers Roman durch die Unsterblichkeit der Vampire symbolisiert. Zunächst nur an den Familienmitgliedern der Cullens ausmachbar (jeder hat seinen Partner bereits gefunden, außer Edward), wird durch die Verwandlung Bellas in einen Vampir (nach der Hochzeit) – gebissen von Edward – auch ihre Verbindung „lebenslänglich“. Diese unlösbaren und ewigen Zusammenschlüsse unter Vampiren und Werwölfen fungieren somit als Vorbild menschlichen (mormonischen) Zusammenlebens. Im Buch und Film kurz angeschnitten wird auch die Art des Zusammenlebens der Familie Cullens. Die Großfamilie Cullens ist in den Augen der nichtsahnenden Mitmenschen ein seltsames Konglomerat von Adoptivkindern, die untereinander wiederum Paare bilden. Dabei fallen Parallelen zu Großfamilien, wenn nicht sogar polygam lebenden Familien, auf. Die wichtige soziale und wirtschaftliche Funktion und Absicherung, die einer Großfamilie zugeschrieben wird, kann auch der Familie Cullens beigemessen werden. Als nicht nur unter Menschen ungewöhnlich wirkende Familie, sind die Cullens auch für andere, „normal Blut trinkende“ und meist alleinstehende, Vampire alles andere als herkömmlich und sind dadurch immer Anfeindungen ausgesetzt. Der Zusammenschluss zu einer großen Gruppe ermöglicht ihnen, sich gegen Angreifer zu verteidigen, um ihr auserwähltes Leben nach ihren Maßstäben leben zu können. Klingt vertraut, oder? 768 „Tempel“, in: http://hlt.at/familie-und-tempel/tempel.html?0=. 151 OFFENBARUNGEN Nicht gerade typische Charakteristika eines Vampirs sind die verschiedenen übernatürlichen Kräfte, die jeder einzelne im Buch vorkommende Vampir, auch jene, die nicht der Cullens-Familie angehören, aufweisen kann. Besonders die Fähigkeit des „Sehens“ erinnert sehr stark an die Offenbarungen des Religionsgründers Joseph Smith jun. Insbesondere die Gabe der Figur Alice, einer „Schwester“ Edwards, in die Zukunft schauen zu können, ähnelt jener Smiths und seiner Nachfolger bezüglich seiner/ihrer Prophezeiungen. Dabei wäre zu beachten, dass die Zukunftsvisionen nicht immer haltbar gemacht werden können, da sie abhängig von den Entscheidungen der Umwelt sind. Dennoch nimmt Alice in der Geschichte die Stellung einer so genannten „Offenbarungsempfängerin“ ein, wie es die Propheten und Präsidenten, aber auch jeder Gläubige (natürlich nur im privaten Ausmaß), sind und sein können. An den Reaktionen und Entscheidungen, die auf die fiktiven wie auf die „realen“ (natürlich in keiner Weise nachweisbaren) Offenbarungen erfolg(t)en, ist eine absolute Hörigkeit oder, abgeschwächt formuliert, ein absolutes Vertrauen auszumachen. Dabei ist ein schon immer behandelter Diskussionspunkt jener der Glaubhaftigkeit der Offenbarungen. Denn nur allzu oft hatten Präsidenten „Eingebungen“ zur rechten Zeit – beispielsweise, wenn Smith die offenbarten Worte, die zusammengefasst als „Wort der Weisheit“ bekannt wurden, und deren Inhalt zum Verbot von Tabak (z. B.) führten, gerade zu dem Zeitpunkt erhielt, als sich seine Frau Emma über den übermäßigen Konsum von Pfeifen und Zigaretten in ihrem Haus beschwerte. Ebenso verdächtig erscheint die Offenbarung, die Wilford Woodruff gerade im Jahre 1890 ereilte, als die Gemeinschaft der Mormonen enorm unter dem Druck der amerikanischen Regierung stand, die Praktizierung der Vielehe aufzugeben, um ein anerkannter Bundesstaat – Utah – der USA werden zu können. Diese besagte angeblich, dass Gott den Gläubigen aufgrund der veränderten Umstände nun doch vorschrieb, von der Lehre der Polygamie abzulassen und den von der amerikanischen Regierung verlangten Verzicht zu unterschreiben. Die Offenbarung war aber eigentlich „nur“ ein Manifest, welches eine unter Druck getroffene Entscheidung beinhaltete. Zudem handelte es sich ja um einen Betrug, da dieses neue „Gesetz“ von den wenigsten umgesetzt oder eingehalten und die Mehrehe weiterhin praktiziert wurde. Interessant ist die Tatsache, dass Woodruff kurz vor dieser Offenbarung immer wieder lehrte und auch offenbarte, dass man in keiner Weise von dieser von Gott gegebenen Lehre absehen sollte und dem Rest der USA sogar mit Zerstörung drohte, sollte dieser seine Haltung in Bezug auf die Polygamie nicht ändern.769 Diese willkürlich anmutende Verwendung angeblicher Offenbarungen zur Steuerung von Vorgängen ist in ähnlicher, nur nicht negativ dargestellter, Form bei Alices „Prophezeiungen“ erkennbar. Sie verlässt im letzten Teil der Buchreihe ihre Familie sogar für kurze Zeit, um sie in ihren Entscheidungen nicht zu 769 Vgl. u. a.: Rudolph, Holger, Mormonen online.de/index.php?inc=body_polygamie.htm. 152 und Polygamie, in: http://www.mormonismus- beeinflussen, damit die Dinge ihren erhofften richtigen Lauf nehmen können. Steckt hinter dieser Beschreibung des Umgangs mit übernatürlichen Kräften ein leiser Vorwurf Meyers an die Autoritäten der Kirche, ihre Offenbarungen zu sehr zu ihren Gunsten und nicht zum Nutzen der Gemeinde einzusetzen? Jedenfalls wird auch bei diesem Punkt wieder sehr deutlich, welcher Einfluss „Entscheidungen“ auf zukünftige Geschehnisse in den Vorstellungen der LDS beigemessen wird. FAZIT Die Werte und Moralvorstellungen, welche die LDS predigt und lebt, sind in Bezug auf „Enthaltsamkeit“, „Heirat“ und „Familiengründung“ als gängige und tradierte Muster der Gesellschaft natürlich auch NichtMormonen bekannt. Nicht nur die Entstehungsgeschichte weist darauf hin, dass die LDS eine von vielen amerikanischen Neu-Christenformierungen des 19. Jahrhunderts ist; insbesondere die Selbstzuschreibung, die einzigen wahren Christen zu sein, zeugt vom unmittelbaren Einfluss christlich-moralischer Grundsätze, Lehre und Werte. Die Miteinbeziehung der Bibel (des Alten Testaments) in die „mormonischen Heiligen Schriften“ hat natürlich zur Folge, dass viele Grundsätze, welche in der Analyse der „Twilight“-Bücher bzw. Filme als mormonisch gewertet wurden, auch als rein christliche gesehen werden können. Dem ist ohne Weiteres zuzustimmen, doch ist – wie gezeigt – zu beachten, dass zudem spezifisch mormonische Lehren und Vorstellungen, neben den oberflächlich „nur“ christlich anmutenden Argumenten, in den Büchern wie auch im Film herausgefiltert werden können.770 Zu hinterfragen wäre der Missionsgehalt und die Intensität des Einflusses auf die Jugendkultur, der einer so weltbekannten Buchreihe innewohnt. Ob Meyer die Gedankenmuster ihrer Kirche nun bewusst oder unbewusst in ihre Erzählungen eingebracht hat, kann – auch wenn sie selbst es nicht ausschließt, aus Intuition gewisse Punkte miteinbezogen zu haben – nicht mit Gewissheit herausgefunden werden, wäre in der Geschichte der Literatur aber auch kein absolutes Novum. Da die LDS aber die Mission als einen zentralen Lebensinhalt jedes Gläubigen ansieht und männlichen Mormonen ab 19 Jahren sowie neuerdings auch Frauen ab 21 Jahren nahegelegt wird, in die Welt zu gehen und die Lehren ihrer Kirche hinauszutragen, ist man geneigt, einen Missionshintergrund erkennen zu wollen – besonders in Hinsicht auf die jugendliche Zielgruppe. Wesentlich einfacher, schneller und kostengünstiger ist es natürlich, wenn ein Buch (oder mehrere Bücher) die Aufgabe der Missionare zusätzlich unterstützt. Es wäre natürlich unbedacht, zu glauben, dass Leser von Meyers Büchern nun ohne weiteres zur LDS konvertieren würden; doch allein die Begeisterung der noch sehr jungen und leicht beeinflussbaren Teenager (und der älteren weiblichen Generation, die in diesem Thema möglicherweise tief vergrabene Träume wiederzufinden glauben) über die 770 Zu einer „rein“ christlichen (katholischen) Untersuchung des Films Twilight siehe: Heimerl: Was, wenn der Böse der Gute ist? 2009, in: http://www.theologie-und-kirche.de/twilight.pdf. 153 anzustrebende Enthaltsamkeit in Verbindung mit der wahren Liebe zeigt, wie leicht sich aktuell anmutende Verhaltensweisen (liberale Einstellung zu Sex und Beziehung) durch neue ersetzen lassen. Wenn es der LDS (und anderen konservativen Gruppierungen) gelingt, konservativen und als veraltet angesehenen Lebensweisheiten zu neuer Popularität zu verhelfen und sich einige Menschen anschicken, jenen zu folgen, dann ist ein wichtiger Schritt in Richtung Mission bereits getan. Entsprechen nämlich bereits wesentliche Einstellungen und Überzeugungen jener, die Missionare einer religiösen Gruppierung vertreten und transportieren, verringert sich damit automatisch die Distanz, und die Empfänglichkeit für neues Gedankengut ist wesentlich höher. Gastkommentar Schweidlenka: „Mit diesen Büchern wird subtil und unterschwellig der geistige Nährboden für eine erzkonservative Lebenseinstellung und Moral bereitet.“ Mit einem Zitat über die Twilight-Romane, Vampire und heutiger Jugendkultur von Bruno Amatruda aus dem Artikel „Vampire im Schulzimmer“ schließt dieser Exkurs: „Die Botschaft der Twilightbücher ist wohl an die (real existierende oder intendierte?) postmoderne Jugend gerichtet, die irgendwann merkt, dass ewig jung, schön und ungebunden zu sein, das Leben nicht sinnvoll macht. Der Zweifel, den die „guten“ Vampire in diesen Lebensentwurf einbrechen lassen, ist genährt von traditionellen Familienwerten und der Idee ewiger Liebe. Damit scheint allerdings der ursprüngliche Vampirmythos am Ende gelangt zu sein. Ein derart verbürgerlichter, ja „christianisierter“ Vampir ist eine Umkehrung dessen, was der Vampirmythos zu allen Zeiten darstellen wollte. Allein, der Mythos selbst ist ewig, nur seine Form verändert sich. Daher sind ihm auch in Zukunft neue Variationen der Vampirlegende zuzutrauen.“771 771 Zitiert nach Amatruda, Bruno: Vampire im Schulzimmer. Religiöse und psychologische Aspekte des Vampirmythos, in: Tá katoptrizómena, Das Magazin für Kunst, Kultur, Theologie, Ästhetik, Heft 69, in: http://www.theomag.de/69/bram2.htm. 154 6. DIE SZENE SIND WIR – DAS JUGENDKULTURZENTRUM EXPLOSIV Alex Mikusch Das Grazer Jugendkulturzentrum Explosiv ist einer jener Orte, an denen jugendliche Metal-, Punk-, Pop-, Hip-Hop- und Rock-Bands sowie diverse DJ-Richtungen die Chance erhalten, erstmals unter professionellen Bedingungen und öffentlich vor Publikum zu spielen. Hier finden aber auch etliche Konzerte bekannter Bands statt, die gut besucht sind. Ursprünglich gegründet, um sich mit den Anliegen und Problemen einer immer stärker werdenden jungen Musikszene in Graz zu beschäftigen, ist das „Explo“ heute aus dem steirischen Jugend- und Kulturleben nicht mehr wegzudenken. Der Trend Jugendlicher, einer bestimmten Musikszene anzugehören, ist nach wie vor präsent – mit dem Zusatz, dass junge Menschen heutzutage Trends selbst auf die Beine stellen, aktiv in die Tasten hauen und Bands gründen. Seit Jahren leistet der 1988 gegründete Verein bereits anerkannte Kulturarbeit für Jugendliche. Nachdem das alte Explosiv Ende 2006 geschlossen werden musste, wurde das neue Explosiv 2010 an einem anderen Standort eröffnet und strahlt seitdem in hellem Glanz. Durch die Verlegung in den Industriekomplex der alten Zuckerlfabrik Engelhofer am Bahnhofgürtel 55a wurde das Explosiv unter der Leitung von Geschäftsführer René Molnar zum größten Jugendkulturzentrum der Steiermark. In den neuen Räumlichkeiten wurde das ursprüngliche Konzept um einiges erweitert und ausgebaut. Auf insgesamt 1400 Quadratmetern finden Jugendpartizipation und Präventionsarbeit genügend Platz zur Verwirklichung. Unter Beteiligung von insgesamt rund 80 Jugendlichen wurde hier 3 Jahre lang umgebaut. Die Lage ist ideal – es liegt in der Industriezone, es gibt Grünflächen und Parkplätze, außerdem ist es wesentlich größer als vorher. Das Angebot ist riesig: regelmäßige Veranstaltungen, offener Jugendkulturbetrieb, verschiedene Projekte, ein eigener Mädchenraum, 9 Proberäume und ein Tonstudio. Das Herzstück bilden eine große Konzerthalle für etwa 400 Besucher, sowie eine Chill-out-Zone im Barbereich, wo auch Konzerte in kleinerem Rahmen stattfinden können. Darüber hinaus finden im Explo auch Informationsveranstaltungen und Workshops zu den Themen Jugendkultur, Rechtsextremismus und Musik statt. Jugendkulturzentrum eXplOsiV Bahnhofgürtel 55a, 8020 Graz Tel: 0676 | 3478028 [email protected], www.explosiv.at 155 7. FÜR EINE OFFENE DISKUSSION Veronika Strauß, 2004 Das Einfließen von rechten Ideologien in die Metalszene ist kein Märchen, das die bösen Medien erfunden haben, sondern Tatsache. Ich selbst gehöre erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit (etwa 5 Jahren) in den engeren „Dunstkreis“ des Metal, das heißt ich würde mich nicht als dem „eingeschworenen Kern“ der Szene zugehörig bezeichnen. Um meinen Blickwinkel etwas klarer darzulegen: Ich gehöre zum in erster Linie konsumierenden Teil, das heißt ich besuche regelmäßig einschlägige Konzerte und Festivals, trage BandWear, lese Szene-Magazine, habe viele Bekannte/Freunde „in der Szene“ etc. Die (größtenteils) unkritische Einbindung von Gedankengut (vor allem Symbolen und Parolen) verschiedenster Kulturkreise und ideologischer Strömungen ist in der gesamten „Dark Scene“ nichts Ungewöhnliches. Meines Erachtens ist vor allem durch das verstärkte Bedürfnis der Menschen nach Spiritualität und Identitätsfindung in „hehren Kulturen“ (Keltentum, Germanen, indianische Kulturen, etc.) ein neues, altes Gefahrenpotential (wieder) aufgetaucht. Natürlich, auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesen Themen hat sich dadurch verstärkt. Es ist aber nicht zu erwarten, dass sich jeder zuerst Gedanken über die Absicherung des Wahrheitsgehaltes und die meist mehrfachen Bedeutungen der verwendeten Begriffe macht. Die Neigung zu Okkultem („Verborgenem“; dieser Begriff wird leider häufig nur in seiner negativen Bedeutung verwendet) ist, so denke ich, beinah jedem Menschen eigen und hat in erster Linie mit Neugier zu tun! Das Lernen von Runenreihen, das Zeichnen von „bedeutungsschwangeren“ Symbolen und rezitieren von „magischen“ Formeln übt einen spielerischen Reiz auf viele aus. Sogar im „Bravo“ bekommen die Leser Anleitung zu Liebeszaubertränken und ähnlich „Magischem“. Gefährlich wird es aber an dem Punkt, an dem sich jemand diese Neugier zu Nutzen macht und nicht mehr die Interessen des Individuums, das sich mit solchen Dingen beschäftigt, im Vordergrund stehen, sondern die Interessen einer Einzelperson oder Gruppe, die ein bestimmtes Ziel verfolgt. Manipulation. Der wirksamste Schutz dagegen ist die kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensbereichen. Ich habe festgestellt, dass auf gezieltes Nachfragen nach möglicherweise rechtsradikalen Hintergründen von Bands gehäuft drei Arten von Reaktionen auftreten: • die Verharmlosung des Angesprochenen; regelrechtes „Herunterspielen“ auch immer wieder mit einer Anspielung auf die (angebliche) Engstirnigkeit des Fragenden und das „Diktat der Gesellschaft“. • Gleichgültigkeit, meist verbunden mit Aussagen wie „I hör net auf die Texte!“, „Mich interessiert nur die Musik, was die Typen sonst machen is mir wurscht!“ (Interessanter Weise kommen Aussagen dieser Art in erster Linie beim jüngeren Publikum (ca. 13-21 Jahre) vor) • 156 Der Befragte sieht sich und die Szene angegriffen und reagiert verbal aggressiv. („Immer auf uns!“) Es stellt sich die Frage, aus welchem Grund solche Reaktionen auftreten. Unwissenheit oder bewusste/unbewusste „Verdrängung“ um die Szene zu schützen spielen sicherlich eine große Rolle. Eine interessante Dynamik hat auch die Vereinnahmung von Randkulturspezifischem durch die Massenkultur in die Metal-Szene gebracht. Szenetypische „Accessoires“ sind auf einmal „hip“ und werden bei großen Modemärkten en masse verkauft, Song-Klassiker werden ausgegraben, quasi entweiht, und im Fernsehen von „trendigen“ Moderatoren angepriesen. Ist es da nicht verständlich, dass eine Szene, die sich zu einem guten Teil bewusst am Rand positioniert hat, weil man nicht so sein möchte wie die anderen, immer radikalere Mittel und Wege suchen muss um in der ach so toleranten Gesellschaft noch eine Identität zu finden? Ich habe mir oft überlegt, ob ich nicht mit den Bemühungen, die Szene von Vorwürfen des Satanismus und Rechtsradikalismus freizuschaufeln, auch die Seele der Bewegung mit Füßen trete. Vielleicht ist ein gewisser Abstand, eine Mystifizierung und auch Angst notwendig um die „Dark Scene“ vor dem Ausverkauf zu bewahren? Nichtsdestotrotz: Das Gefahrenpotential, das durch die Unterwanderung der Szene entsteht, ist zu groß, um es unter dem Aspekt der Individualität unter den Tisch zu kehren. Es liegt nun an den Menschen, die sich dieser Szene zugehörig fühlen, einen Schritt nach vorne zu machen und auf der einen Seite die Toleranz gegenüber Andersartigem zu demonstrieren um selbst nicht unter die Räder zu kommen, andererseits aber auch dem „Rest der Welt“ zu zeigen, dass es sich sehr wohl um eine eigenständige, wichtige kulturelle Strömung handelt, die dieselbe Existenzberechtigung hat wie andere. Die offene Diskussion und Förderung der eigenen Kritikfähigkeit ist meiner Meinung nach einer der besten Wege, um einerseits den „Geist der Szene“ zu bewahren und gleichzeitig jene zu bremsen, die versuchen, „gefährliches“ Gedankengut einzuschleusen. ZUR ÜBERARBEITETEN AUFLAGE Veronika Strauß, 2011 Die Neubearbeitung dieser Fachbroschüre hat mich erneut darauf aufmerksam gemacht, wie aktiv und lebendig die Metal Szene ist – ob noch immer oder schon wieder sei dahingestellt. Der permanente Diskurs erscheint mir nach wie vor wesentlich, sowohl für das Selbstverständnis der sich innerhalb dieser Kulturszene Bewegenden, als auch für das Verständnis der Außenstehenden. Gerade die gegenwärtigen politischen Umwälzungen zeigen sehr deutlich, dass eine fruchtbare Diskussion nur zwischen Menschen stattfinden kann, welche solide informiert sind und die Grundbereitschaft zu einer zivilisierten Auseinandersetzung mitbringen. Politischer wie religiöser Fundamentalismus und Dogmatismus können dafür keinen fruchtbaren Boden bieten und so möchte ich mich, wie auch schon vor 157 sieben Jahren, erneut für die Förderung der Kritikfähigkeit und den Mut zur offenen Diskussion hinsichtlich aller Belange unserer Gesellschaft aussprechen. Durch die intensive Recherche, Analyse und Schreibarbeit, die mir vor allem das Kapitel „Headbanger schocken das System“ (Seite 14) beschert hat, konnte ich meinen Einblick in die Historie des metallischen Szenegeschehens um ein Vielfaches erweitern. Es scheint, als habe sich seit der wissenschaftlichen Aufbruchsstimmung, zu der „Frau Dr. Death Metal“ Bettina Roccor mit ihren Arbeiten zum Thema „Metal“ sicher wesentlich, wie schon innerhalb des Textes angemerkt, beigetragen hat, zwar einiges in Bewegung gesetzt, sieht man sich die Arbeiten aber im Detail an, erwächst die Vermutung, dass es immer noch zu wenige sind, die neue Erkenntnisse zur Szene publizieren. Einige Werke werden fast überall – und wie ich eingestehen muss auch in dieser Broschüre – wiedergekäut. Besonders an der Neuauflage der „Schwarzen Szene“ sind vor allem die vielfältigen und vielfärbigen Einschätzungen der Experten aus unterschiedlichsten wissenschaftlichen und szeneinternen Kreisen, denen ich vielmals für ihre Unterstützung danken möchte. Erst ihre Beiträge und auch ihre moralische Unterstützung während des Schreibprozesses geben dem vorliegenden Werk den besonderen Anstrich, der es hoffentlich sowohl für wissenschaftliche als auch für private Zwecke zu einem interessanten und nicht undiskutierten Informationsmedium macht. 158 8. QUELLENVERZEICHNIS Aufgrund mangelnder Quellennachweise in der ersten Auflage konnten einige Belege nicht mehr nachvollzogen werden. Im Falle von Weblinks kann dies auch bedeuten, dass nicht mehr aufrufbare Seiten angeführt sind. Diese sind durch eine Jahreszahl vor 2011 erkennbar. DRUCKWERKE Altrogge, Michael: Tönende Bilder. Interdisziplinäre Studie zur Musik und Bildern in Videoclips und ihre Bedeutung für Jugendliche. 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WEITERFÜHRENDE MEDIEN BÜCHER UND ONLINE-LITERATUR Bardola, Nicola: Bestseller mit Biss. Liebe, Freundschaft und Vampire – alles über die Autorin Stephenie Meyer, München, 2009. Chaker, Sarah: „This means war”. Krieg: Zentrales Inhaltsmoment im Black und Death Metal“, in: Annemarie Firme und Ramona Hocker (Hrsg..): Von Schlachtenhymnen und Protestsongs. Zur Kulturgeschichte des Verhältnisses von Musik und Krieg, GRIN Verlag, Bielefeld, 2006. Chaker, Sarah: Black und Death Metal – Eine empirische Untersuchung zu Gewalt, Religion und politischer Orientierung. Magisterarbeit, 2004. Cusick, Suzanne G.: „On Musical Performances of Gender and Sex”. In: Elaine Barkin und Lydia Hamessley (Hrsg.), Audible Traces. Gender, Identity, and Music, Zürich, 1999. Frith, Simon: Performing Rites. On the Value of Popular Music, Cambridge, Massachusetts, 1996. Gresh, Lois H.: Alles über Bella und Edward, München, Piper Verlag, 2009. 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Foto S. 13: Veronika Strauß Grafik S. 106–107 Eric Lestrade, www.metaluniverse.net Grafik S. 108: Xtra-Undergroundfashion Katalog „Gothic Dreams“, 10 Jahre Jubiläumsausgabe, 2001, bearbeitet von Veronika Strauß. Foto S. 180: Veronika Strauß FORTLAUFEND NUMMERIERTE ABBILDUNGEN Abb. 1: http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_Szene Abb. 2: www.evilwalks.com Abb. 3–4: www.ironmaidencommentary.com Abb. 5–6: www.officialabyssrecords.com Abb. 7: www.flickr.com, feinsteinphotos Abb. 8 http://cceviyxec.blogspot.com Abb. 9: http://soulmusicmetal.blogspot.com Abb. 10: http://backstage2.fr Abb. 11: http://vanrockout.com/?p=1653 Abb. 12: http://jpc.de Abb. 13-16: http://de.wikipedia.org/wiki/Church_of_Satan und Grafik V.Strauß Abb. 17: Nordisk familjebok (1904–1926) Abb. 18: Foto Veronika Strauß Abb. 19: http://pointersviewpoint.wordpress.com/2010/08/09/top-10-common-hand-symbols/ Abb. 20: Foto Edi Herič; Hair Model: Robert Fuchs Abb. 21: Foto Veronika Strauß Abb. 22: www.metaltravelguide.com 174 Abb. 23–24: http://last.fm Abb. 25–26: http://moviestore.nl Abb. 27–29: www.nsbm.org/ Abb. 30: www.thepaganfront.com Abb. 31: www.amazon.com Abb. 32: Molnar, 2011, S. 35. Abb. 33: www.thepaganfront.com/bbh Abb. 34: www.party-san.net Abb. 35–36: www.metalheadsagainstracism.org Abb. 37: www.lastfm.jp/user/Cadderly13 Abb. 38: www.netz-gegen-nazis.de/artikel/unklare-distanzierungen-black-metal Abb. 39: www.metropolis-radio.de Abb. 40: http://alraaz.blogspot.co.at/2011_04_01_archive.html Abb. 41: http://en.wikipedia.org/wiki/Billy_Werner Abb. 42: www.pinterest.at/pin/539165386610079408/ 175 10. AUTORENBIOGRAPHIEN DR. ROMAN SCHWEIDLENKA geboren 1952 in Wien. Historiker, zahlreiche Bücher und Artikel, Mitarbeiter an wissenschaftlichen Forschungsprojekten (gemeinsam mit E. Guggenberger), intensive Referententätigkeit, seit 1996 Leiter der LOGO ESO.INFO. MAG.A VERONIKA STRAUß geboren1980 in Graz. Studium der Volkskunde und Kulturanthropologie in Graz. Förderpreis für wissenschaftliche Arbeiten der AK Steiermark, Mitarbeit an Forschungspublikationen. Seit 2000 Mitarbeiterin von LOGO in den Bereichen Jugendinformation & Beratung und Esoterik, Sekten, Okkultismus. Hobbymusikerin. Seit ca. 1999 als aktiver „Fan“ in der Metalszene. Mitbegründerin und Organisatorin des W:O:A-Forum-Camps. Weitere Infos auf xing.com. SIMONE PHILIPP, MA (CO-AUTORIN DER 1. AUFLAGE) geboren 1976 in Deutschland. Studium der Klassischen Archäologie, Religionswissenschaft und Kunstgeschichte an den Universitäten Tübingen und Heidelberg. Abschluss im Herbst 2002 mit dem Titel Magistra Atrium, Thema der Magisterarbeit: Der Hekate-Kult in der Antike und seine Rezeption im Internet. Mitarbeit an einigen wissenschaftlichen Lexika und Ausstellungskatalogen. Durch Textbeiträge waren an der Überarbeitung der 2. Auflage beteiligt: KATHARINA GANSTER, BA geboren 1982 in Graz. Maturathema im Fach Religion: Church of Satan; Studium: Volkskunde, Geschichte und Russisch in Graz. Seit 1993 Heavy-Metal Fan (Iron Maiden, Manowar, etc.), seit 1996 auch der härteren Gangart (Death Metal, Black Metal), Interesse für Satanismus und involviert in die Grazer/steirische „Szene“. MAG. ROLAND FILZWIESER, BA geboren 1982. Studierte Geschichte und Skandinavistik in Wien. Diplomarbeit über Gesellschaft und Mythologie des mittelalterlichen Skandinavien. Seit frühen 90ern großes Interesse an Black-, Viking-, Pagan-, Power- und Melodic-Death-Metal. UNIV. DOZ. MAG. DR. BENJAMIN M. GRILJ geboren 1981 in Graz. Philosoph, Historiker, seit 2008 im Auftrag der Österreich Kooperation/des OeAD als Dozent für Kulturwissenschaft an der Universität Czernowitz, Ukraine. Gründer von perspectiv.east, Mitbegründer vom east center, (teilweise aktives) Mitglied bei unterschiedlichen NGOs, Vorträge und Publikationen im In- und Ausland zu Themen wie Grenze, Judentum, österreichische Geschichte, Identität und Sprache. 176 ALEX MIKUSCH geboren 1975. Diplomsozialpädagoge, Spielpädagoge, Erlebnispädagoge und Outdoortrainer, kurz: Jugendarbeiter. Seit 1994 in verschiedenen Bereichen der offenen Jugendarbeit tätig. Seit 2006 bei Jugendstreetwork Graz. Seit 2003 Obmann Jugendkulturzentrum Explosiv. Mitglied der Plattform gegen antidemokratische Strömungen. Referententätigkeiten zum Thema Jugendkulturen und Rechtsextremismus. RENÉ MOLNAR geboren 1963 in Graz. Akademischer Jugend- und Soziokulturpädagoge, Geschäftsführer des Jugendkulturzentrums Explosiv. Fachliche Schwerpunkte: Musik, Gewalt, Unterwanderung der Jugendkulturszene durch rechtsextreme Kreise. Thema der Abschlussarbeit: Metalszene. Referent für die steirische ARGE Jugend gegen Gewalt in Schulen und Jugendzentren, Multiplikatorenausbildner. MAG.A ALEXANDRA KOCH, M. PHIL. geboren 1980 in Graz. Studium der Geschichte und Religionswissenschaft an der Universität Graz; Forschungen zur Österreichischen Geschichte des17.–19. Jahrhunderts und zur medialen Repräsentanz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), sowie zu Fragen des interreligiösen Dialogs. Projektleiterin (u.a.) bei LOGO jugendmanagement gmbh. 177 DANKSAGUNG Folgenden Personen möchten wir besonders für die zur Verfügungstellung ihrer Zeit, Geduld und ihres Fachwissens danken: Frank Kumnig für das musikgeschichtliche Fachwissen und das sorgfältige Ausdiskutieren von GenreZuordnungen und musikgeschichtlichen Detailfragen. MMag.a Susanne Sackl für das genaue Lesen und Tipps zu Fachliteratur. Reaktionen auf diese Fachbroschüre, auch Korrekturen und Ergänzungen, nehmen wir gerne entgegen und sind bereit, diese bei einer eventuellen weiteren Auflage zu berücksichtigen. Die Szene ist im Wandel. Für aktuelle Informationen und Mitteilungen sind wir dankbar 178 180