PatienteninformationSupraventrikuläreTachykardien Carl-Thiem-KlinikumCottbus PatienteninformationzurKatheterbehandlung desanfallsartigenHerzrasens (paroxysmalesupraventrikuläreTachykardien) Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, Ihnen wurde eine Katheterbehandlung des anfallsartigen Herzrasens empfohlen. Die Abteilung Rhythmologie der 1. Medizinischen Klinik des Carl-Thiem-Klinikums Cottbus (Chefärzte Dr. Große Meininghaus & Dr. Kruells-Muench) ist auf die Katheterbehandlung von Herzrhythmusstörungen spezialisiert. Vorbereitend und ergänzend zu einem ausführlichen persönlichen Gespräch möchten wir Sie über die Sinnhaftigkeit und Auswahl des geeigneten Behandlungsverfahrens, die Durchführung und Erfolgsaussichten, sowie mögliche Risiken dieser Behandlung informieren. Für das Auftreten supraventrikulärer Tachykardien können z.B. verantwortlich sein: Überzählige Leitungsbündel (zum Beispiel WPW-Syndrom) Doppelleitungen im AV-Knoten = AVNRT = AV-Nodale-Reentry-Tachykardie (Herzrasen durch kreisende Erregung im AV-Knoten) Das Herzrasen fühlt sich regelmäßig an, beginnt plötzlich und unerwartet, endet ebenso plötzlich (Lichtschalter-Phänomen). Im Verlauf von Jahren werden die Ereignisse immer häufiger und halten länger an, bzw. lassen sich nur noch durch medikamentöse Eingriffe im Krankenhaus unterbrechen. Subjektiv werden die Episoden als Herzrasen, Pulsationen bis in den Hals ausstrahlend, Schwindel und Schwarzwerden vor den Augen, Bewusstseinsverlust, Herzschmerzen, Luftnot oder sonstige Beschwerden wahrgenommen. Medikamente sind bei o.g. Formen nicht, nicht zuverlässig oder nicht anhaltend hilfreich und wirksam. StandApril2017 Dr.D.GroßeMeininghaus 1 PatienteninformationSupraventrikuläreTachykardien Carl-Thiem-KlinikumCottbus DasElektrizitätswerkdesHerzens Eigene elektrische Impulse lösen den mechanischen Pumpvorgang des Herzens aus, in Ruhelage 50 bis 80 mal in der Minute Bestandteile des „Erregungsbildungsund Reizleitungsgewebes“ des Herzens sind • der Sinusknoten, • der AV-Knoten, • das His-Bündel, • die Tawara-Schenkel, • die Purkinje-Fasern. Der “normale Herzschlag“ entsteht im Sinusknoten und wird durch die Vorhöfe zum AV-Knoten geleitet. Über das His-Bündel und die TawaraSchenkel erreicht der Impuls die Hauptkammern, und führt zum Pumpvorgang des Herzens. Die Herzvorkammern und die Herzhauptkammern sind elektrisch voneinander getrennt (elektrische Isolation). Diese Trennung wird im „Normalzustand“ nur vom AV-Knoten und His-Bündel „durchbrochen“. ^ StandApril2017 Dr.D.GroßeMeininghaus 2 PatienteninformationSupraventrikuläreTachykardien Carl-Thiem-KlinikumCottbus AVNRT=AV-Knoten-Herzrasen AV-Knoten und His-Bündel stellen die einzige natürliche elektrische Verbindung zwischen Vor- und Hauptkammern dar. Unter bestimmten Umständen kann die Leitung im AV-Knoten „zweigeteilt“ sein: Doppelleitung des AV-Knotens („funktionelle Längsdissoziation“) • über eine langsame Leitungsbahn (geschlängelter Pfeil), • sowie eine schnelle Leitungsbahn (gerader Pfeil). Hierbei kann die elektrische Leitung in jedwede Richtung stattfinden: Zum Beispiel • über die langsame Bahn (geschlängelter Pfeil) von oben nach unten (vom Vorhof zur Hauptkammer), • über die schnelle Bahn (gerader Pfeil) von unten nach oben (in umgekehrter Richtung). StandApril2017 Dr.D.GroßeMeininghaus 3 PatienteninformationSupraventrikuläreTachykardien Carl-Thiem-KlinikumCottbus Aus der Verbindung der beiden „Aktivierungsfronten“ entsteht ein „elektrischer Kreis“, ausgelöst durch Stolperschläge des Herzens. AV-Knoten-Herzrasen entsteht durch eine „elektrische Kreisverbindung“ von langsamer und schneller Leitungsbahn. Dieser Kreis dreht sich 170 bis 220 mal in der Minute, resultierend in ebenso vielen Herzaktionen. DieKatheterbehandlung Die Therapie besteht folgerichtig in der Unterbrechung der zweiten Leitung, hier fast immer der „langsamen Bahn“ durch Hitzeenergie (Hochfrequenzstrom). StandApril2017 Dr.D.GroßeMeininghaus 4 PatienteninformationSupraventrikuläreTachykardien Carl-Thiem-KlinikumCottbus ÜberzähligeLeitungsbündel Wird die elektrische Isolation zwischen Vor- und Hauptkammern durch eine zusätzliche (überzählige) Bahn überbrückt, kann auch dieses die Ursache für anfallsartiges Herzrasen darstellen. Eine Form wird nach den drei Erstbeschreibern als WPW-Syndrom (Wolff, Parkinson & White) bezeichnet. In Kombination mit Vorhofflimmern können diese Leitungsbündel für lebensbedrohende Formen des Herzrasens mit Herzsschlägen bis 300/min verantwortlich sein. WPW-Herzrasen (korrekt:AV-ReentryTachykardie) entsteht durch eine „elektrische Kreisverbindung vom Vorhof (1), über den AV-Knoten (2), die Hauptkammer (3), das überzählige Leitungsbündel (4), wieder in den Vorhof (1), 170-220 „Runden“ in der Minute mit ebensovielen Herzschlägen. StandApril2017 Dr.D.GroßeMeininghaus 5 PatienteninformationSupraventrikuläreTachykardien Carl-Thiem-KlinikumCottbus DieKatheterbehandlung Die Behandlung besteht folgerichtig in der Beseitigung (Verödung) der „überzähligen“ Leitungsbahn durch Hochfrequenzstrom-erzeugte Hitzeenergie. ElektrophysiologischeUntersuchung beisupraventrikulärenTachykardien Durchführung • • • • • • • Dauer in den meisten Fällen 45 – 90 Minuten unter örtlicher Betäubung, falls gewünscht „Schlafnarkose“ Zugänge über beide Leisten-Blutadern (Venen) Vorschieben von vier (3-5) Kathetern (je 2 vom linken und vom rechten Bein aus) Vor der Untersuchung ist meist unklar, welche Form des anfallsartigen Herzrasens (AVNRT; WPW; andere Formen) zugrunde liegt (auch im EKG meist nicht vorab zu bestimmen). Kontrolle der Katheterlage mit Röntgenbildgebung (eine frühe Schwangerschaft sollte ausgeschlossen sein) Verödungsbehandlung: Hochfrequenzstrom erzeugt Hitze, und verödet einen 4-5 mm großen Gewebebezirk im Herzen, der für das Herzrasen verantwortlich ist StandApril2017 Dr.D.GroßeMeininghaus 6 PatienteninformationSupraventrikuläreTachykardien Carl-Thiem-KlinikumCottbus Erfolgsaussichten:Heilungsaussichten=95% • • das heisst: echte Heilung, dieses Herzrasen tritt zeitlebens nie mehr auf Wiederauftreten des Herzrasens = 2-5% behandelbar durch erneute Katheteruntersuchung Mißerfolg möglicherweise bei • nicht-erreichbarem Ursprungsort der Rhythmusstörung, • oder nur mit erhöhten Risiken verbundene Erreichbarkeit bzw. Durchführung einer Verödungsbehandlung, – Besprechung im Vorfeld (sofern vorhersehbar) oder vor einer Zweituntersuchung, – in der Zwischenzeit durch die eindeutige Identifikation der Rhythmusstörung bessere (effektivere) medikamentöse Behandlung. Risiken:1-2% • • • • • • Bluterguss (1-2%) Gefäßverletzung, Herzverletzung (sehr selten, < 1%) Blutgerinnsel (extrem selten) Schmerzen bei der Behandlung (sehr gut zu beeinflussen) Herzrasen während der Untersuchung (zwingende Bedingung, um die Ursache zu erkennen und erfolgreich zu behandeln; „ein letztes Mal“ 😀) bei Behandlung einer AVNRT; sehr selten: Beschädigung der schnellen Leitungsbahn bei der Verödung der langsamen Leitungsbahn ➔ Unterbrechung des gesamten AV-Knotens (Häufigkeit < 0,5% = 1:200 ➔ sehr langsamer Herzschlag (20-30/min) ➔ Notwendigkeit zur Herzschrittmacher-Operation. Wir möchten Ihnen versichern, dass die Abwägung des geeigneten Behandlungsverfahrens und die Notwendigkeit zur Durchführung der Behandlung ausführlich mit ihnen diskutiert und von uns begleitet wird. Es handelt sich um ein Verfahren, welches in nahezu allen Fällen die Möglichkeit eröffnet, die Herzrhythmusstörung dauerhaft zu beseitigen, sowie auf die medikamentöse Herzrhythmus-Therapie verzichten zu können. Wir wünschen Ihnen beste Genesung und bedanken uns für das in uns gesetzte Vertrauen. Dr. D. Große Meininghaus, Dr. J. Kruells-Muench und das Team der 1. Medizinischen Klinik Carl-Thiem-Klinikum Cottbus StandApril2017 Dr.D.GroßeMeininghaus 7