ch.holzbau Ausgabe 1-2.2013_KK

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Ausgabe 1/2.2013 | 10.50 CHF | www.ch-holzbau.ch
FOKUS:
DECKEN:
Übersicht über
verschiedene Systeme
OBJEKT:
FERTIGUNG + TECHNIK:
BETRIEBSFÜHRUNG:
Viel Holz für Berner
Sanitätspolizei
Brandschutz bei
sichtbaren Holztragwerken
So offerieren
Zimmereien
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Seite 57
Seite 68
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OBJEKTE
Fokus auf Funktionalität
und Nachhaltigkeit
Der Neubau für die Berner Sanitätspolizei ist äusserlich schlicht
gehalten, was einen spannenden Gegensatz zur komplexen und
doch kostenbewussten Konstruktion bildet. Er gehört zu den bedeutendsten Holzprojekten, die in den letzten Monaten im Kanton Bern
realisiert wurden, und wird als Vorzeigeobjekt für den Holzbau und
für energieeffizientes und ökologisches Bauen beworben. Die
Vorgabe für den Architekten lautete: Holz als Baustoff muss sein.
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OBJEKTE
Der dreigeschossige Bau kann in Zukunft bei Bedarf um weitere drei Stockwerke erhöht werden.
Der alte Standort der Sanitätspolizei in
der Berner Innenstadt war für 70 Personen konzipiert, mit den Jahren wuchs der
Personalbestand aber auf 150 Angestellte,
weshalb insgesamt neun Objekte dazugemietet werden mussten. Das war eine sehr
komplizierte Ausgangslage für den Betrieb,
der sich zudem in der verkehrstechnisch
problematischen Innenstadt befand. Weil
die Sanitätspolizei Bereitschaftsdienst
für rund einen Drittel der gesamten Berner Kantonsbevölkerung leistet, wurde ein
Neubau unumgänglich, um die Arbeitsprozesse zu erleichtern und so einen lückenlosen Rettungsdienst garantieren zu können.
Der neue Standort für die Blaulichtorganisation wurde verkehrstechnisch optimal
am Stadtrand in der Nähe einer Autobahnausfahrt gewählt.
Der gewünschte Baustoff stand von
Anfang fest: Es sollte Holz sein. «Der Kanton Bern möchte den Einsatz von Holz
im Bau fördern», erläutert Michael Frutig
vom Amt für Grundstücke und Gebäude,
der Projektleiter seitens der Bauherrin. Im
Rahmen seiner Nachhaltigkeitsstrategie
habe sich der Kanton als Zielwert vorgege-
ben, jährlich mindestens 1500 Kubikmeter
Holz zu verbauen. «Und wenn das gleich
mit einem einzigen Gebäude gelingt, umso
schöner», so Frutig.
Erweiterung möglich
Diese 1500 Kubikmeter Holz wurden im
Neubau des Betriebsgebäudes für den
Rettungsdienst und die Kantonale Sanitätsnotrufzentrale, Sano genannt, erreicht.
Fotos: Dominique Wehrli
Die Architektur mit dem prägnanten,
rechteckigen Baukörper ist gradlinig und
ermöglicht verschiedene Nutzungen in einem Gebäude. Im kompakten Dreigeschosser, der durch die horizontale Betonung der
Fassadengliederung fast ein wenig niedrig
wirkt, sind Büros, Schulungs- und Schlafräume, in denen die Rettungssanitäter, die
nachts Bereitschaft haben, sich ausruhen
können, sowie Fuhrpark und Werkhof un-
Die Herausforderung für den Architekten bestand darin, verschiedene Nutzungen
wie den Fuhrpark oder die Schlafräume unter einem Dach zu vereinen.
Zeichnung: Müller + Truniger Architekten
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OBJEKTE
1 Empfang
2 Foyer
3 Notfallzimmer
4 med. Technik
5 Bikeraum
6 Lavage
7 Bereitschaftshalle
8 Retablierung
9 Medikamentenlager
10 med. Technik
11 Abfallraum
12 Schlosserei
13 Fahrzeugwartung
14 Malerei
15 Schreinerei
16 Sauerstoffumfüllung
Die Grundform des Gebäudes orientierte sich an der Form der
Parzelle, auf die es zu stehen kam. Zeichnungen: Müller + Truniger Architekten
1 Bibliothek
2 Gruppenleiterraum
3 Ärzte/Care
4 Ausbildung
5 Regie
6 Garderobe Damen
7 Garderobe Herren
8 Fitness
9 Aufenthalt
10 Cafeteria
11 Küche
12 Mannschaftsraum
13 Tagesverantwortlicher
14 Mannschaftsraum
15 Schlafraum 1
16 Schlafraum 2
17 Schlafraum 3
18 Schlafraum 4
19 Schlafraum 5
20 Schlafraum 6
21 Elektro Not
22 Elektro Netz
23 Terrasse
Eine Haupttreppe trennt den aktiven Bereich wie die Garderobe von den Schlafräumen.
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OBJEKTE
Blick in den Fuhrpark der Ambulanzen im Erdgeschoss.
tergebracht. Die formale Einschränkung
auf nur wenige Fenstertypen, welche in der
Addition rings um das Gebäude auftreten,
ist wirkungsvoll, sie bewirkt, dass der Bau
trotz seiner vielen Funktionen optisch als
Einheit wahrgenommen wird. Damit der
Bau nicht wieder so schnell an seine Kapazitätsgrenzen stösst, ist zu einem späteren Zeitpunkt eine Aufstockung auf bis zu
sechs Geschosse möglich.
Neben der Funktionalität lag der Fokus bei der Projektierung auf der Nachhaltigkeit, unter anderem wurde der Bau im
anspruchsvollen Minergie-P-Eco-Standard
realisiert.
An Rückbau gedacht
Um diese Zertifizierung zu erreichen, war
es wichtig, den Neubau so zu konzipieren,
dass dereinst der Rückbau problemlos erfolgen kann, weshalb eine systemgetrennte
Bauweise gewählt wurde. Die verschiedenen Einzelteile der Bauteile können einfach
voneinander getrennt und recycelt werden.
Der Holzkörper umschliesst einen Treppenkern aus Beton.
Beton sei hier nicht aus Brandschutzgründen gewählt worden, erläutert der Architekt Andreas Müller von Müller & Truniger Architekten, der zusammen mit Dieter
Schudel den Bau plante, sondern wegen
der Erdbebensicherheit.
Ingenieurholzbau
Eschenholz-Stützen von 440 x 440 mm ermöglichen die Ableitung der extremen Lasten, die heute aus drei, später aus sechs
Geschossen entstehen. Die Verbindung
der Hauptträger an die Stützen erfolgte im
GSA-System, einer Eigenentwicklung der
neuen Holzbau AG Lungern, die die Brettschicht-Bauteile lieferte. Die Tragstruktur
wurde als Skelettbau montiert.
Es kamen zwei Deckensysteme zum
Einsatz, wobei es sich bei beiden Systemen um steife Holzbetonverbunddecken
(HBV) handelt. Zum einen wurden bauseits 18 cm dicke vollflächige Brettstapelelemente 14 cm dick betoniert. Der Verbund
Foto: Dominique Wehrli
zwischen Brettstapel und Beton ist über
ins Holz eingeschnittenen Kerven formschlüssig ausgeführt. Dieses Deckensystem wurde über dem ganzen Erdgeschoss
und im Kernbereich der Obergeschosse
angewendet.
Im Aussenbereich und kam eine Rippendecke mit Brettschichtträgern und einer vorgefertigten 50 mm starken Filigranbetonplatte zum Einsatz. Sie bekam eine
9 cm dicke Schicht Ortbeton. Der Verbund
zwischen Holz und Beton ist über eingeklebte Armierungsstähle sichergestellt. Die
Filigran-Betondecke dient dem sommerlichen Wärmeschutz, die Masse des Betons
soll die Wärme regulieren. Holz als Baumaterial ist im Inneren via Balken und Träger
sichtbar. Ebenfalls sichtbar ist die Untersicht der filigranen Schalungsdecke.
Berner Sanitätspolizei
Die Sanitätsnotrufzentrale nimmt
pro Jahr rund 237 000 Anrufe
und 60 000 Funkgespräche entgegen. Der Rettungsdienst leistet
alljährlich 16 000 Notfalleinsätze
und Verlegungstransporte in der
Region Bern. Die 30 Einsatzfahrzeuge legen in 12 Monaten über
500 000 Kilometer zurück. Der
Radius der Sanitätspolizei umfasst 40 Gemeinden mit rund einem Drittel der Berner Kantonsbevölkerung. Die Sanitätspolizei
ist also für fast 330 000 Bernerinnen und Berner in ständiger
Bereitschaft.
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OBJEKTE
1: Eschenholzstützen ermöglichen die
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Ableitung der extremen Lasten.
2: Es kamen zwei Deckensysteme zum
Einsatz.
3: Die Deckenspriessen sind gemäss
den Angaben des Holzbauingenieurs
montiert.
4: Ein Detail der Verbindung.
5: Der Verbund zwischen Holz und
Beton ist über eingeklebte Armierungsstähle sichergestellt.
6: Angestellte von Wenger Holzbau AG
bei der Arbeit.
7: Die Auffahrt aus der Garage des
Untergeschosses.
Fotos: Pirmin Jung Ingenieure, Wenger Holzbau AG
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OBJEKTE
Die Installationsleitungen wurden unter einer abgehängten Decke platziert, sind also
frei zugänglich und können jederzeit problemlos ausgetauscht werden.
Gebäudehülle
Die Aussenwände bestehen aus vorfabrizierten Holzelementen. Die 380 mm starke
Wärmedämmung sorgt für die geforderten
Werte zur Erreichung der Minergie-P-Vorgabe. Die Aussenverkleidung erfolgte aus
praktisch astfreier Weisstannen-Schalung
aus Schweizer Starkholz, behandelt mit
Vorbewitterungslasur.
Mobile Trennwände
Das Gebäude ist für den reibungslosen
Betrieb von drei Seiten her erschlossen.
Fahrzeugausfahrten beziehungsweise -zufahrten liegen auf der Westseite, Anlieferung und Wartung auf der Ostseite und der
Hauptpersonenzugang ist nordseitig.
Im Untergeschoss befindet sich die
Einstellhalle für Fahrzeuge, die weniger
häufig verwendet werden, im Erdgeschoss
die Garage für die Sanitätswagen sowie
die Werkstätten. In den Räumen im ersten
Obergeschoss ist der Bereitschaftsdienst
untergebracht. Die Cafeteria sowie die Aufenthalts- und Mannschaftsräume sind gegen Südwesten ausgerichtet, ihnen ist eine
grosszügige Terrasse angegliedert.
Eine Haupttreppe trennt gezielt den
aktiven Raum von den Ruhezonen, also
den Schlaf- und Garderoberäumlichkeiten im östlichen Bereich des Gebäudes.
Wenn in der Nacht ein Notruf eingeht, dann
müssen die Rettungssanitäter schnellstmöglich mit den Rettungsfahrzeugen ausrücken. Zentral gelegene Rutschen garantieren den schnellen Zugang zu den
Einsatzfahrzeugen.
Im zweiten Obergeschoss befinden
sich die Räumlichkeiten für die Ausbildung,
das Kommando sowie die Notrufzentrale.
Dieses Etage ist so aufgeteilt, dass im Norden die kleinteiligen Büros liegen, im Süden die grossflächigen Schulungsräume
und die Zentrale. Mobile Trennwände erlauben maximale Raumgrössen von bis zu
170 Quadratmetern.
Die Baukosten (BKP2) beliefen sich
auf 23 070 000 Franken.
Via die Balken und Träger ist Holz im Innenbereich als
Baumaterial sichtbar.
Foto: Pirmin Jung Ingenieure
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Susanna Vanek
Am Bau Beteiligte
Bauträgerschaft:
Amt für Grundstücke und
Gebäude des Kantons Bern
Nutzer:
Sanitätspolizei der Stadt Bern
Architekt:
Müller & Truniger Architekten,
Zürich
Holzbauingenieur:
Pirmin Jung Ingenieure
für Holzbau,
Rain
Holzbau:
Wenger Holzbau AG,
Steffisburg
Kosten
Kennwerte (SIA 416)
Geschossfläche
Rauminhalt
Hauptnutzfläche
Nutzfläche
BKP2
3593
736
5890
5605
in CHF pro m3
Die Fassade besteht aus praktisch astfreier Weisstannen-Schalung,
die mit Vorbewitterungslasur behandelt wurde. Foto: Wenger Holzbau AG
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