Frühstart ins Leben - Marianowicz Medizin

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Münchner Merkur Nr. 290 | Mittwoch, 15. Dezember 2010
MEDIZINKOLUMNE
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Am 16. Dezember 1773 schlichen die Freimaurer auf die
Schiffe der East India Company und warfen 342 Kisten Tee
über Bord. Dieses historische
Ereignis ging als „Boston Tea
Party“ in die Geschichte ein
und verbindet seither die
USA einerseits mit dem Beginn der Unabhängigkeit, andererseits aber auch mit dem
Tee an sich.
Den Tee auf die Erde gebracht haben allerdings die
Götter: Das zumindest glauben die Chinesen. Und sie
müssen es wissen, denn der
älteste oder erste Tee kam aus
China. Tee ist auch das Nationalgetränk der Russen. So unterschiedlich die Volksstämme auch sein mögen, so sehr
verbindet sie die Liebe zu einem starken und süßen Tee.
Den Engländern ist bis heute
ihr Five o’Clock Tea (FünfUhr-Tee) heilig. In Ostfriesland trinkt man mindestens
zehnmal so viel Tee wie in anderen Teilen Deutschlands.
GEBURTSMEDIZIN
Leben
Teetrinken ist fast immer
eine Zeremonie. Tee ist weltweit das Getränk Nummer
eins – und avanciert mehr
und mehr vom Modegetränk
zum Heilmittel. Aber nach
wie vor sind einige Fragen ungeklärt: Ist grüner Tee wirklich so gesund? Und ist Beuteltee tatsächlich schlechter?
Zunächst zum grünen Tee:
Dieser gilt ja quasi als Wunderdroge. Und nicht zuletzt
deshalb werden viele Lebensmittel mit grünem Tee versetzt, um deren gesundheitliches Image zu verbessern.
Aber ob grüner oder
schwarzer Tee – die Pflanze
ist immer dieselbe. Lediglich
die Verarbeitung ist unterschiedlich. Denn schwarzer
Tee ist fermentiert und grüner
eben nicht. Die Fermentation
von Tee ist nichts anderes als
eine Reaktion mit Sauerstoff,
also eine Oxidation. Dadurch
entstehen Aromastoffe, die
später den Geschmack ausmachen – und zwar den blu-
Hauptsache gesund
Dr. Barbara Richartz
It´s Teatime!
Priv.-Doz. Dr. med. habil. Barbara Richartz,
Chefärztin in Bad Wiessee, erklärt, warum
Trinken von Tee so gesund ist und wie man diesen
am besten zubereitet.
migen oder karamellartigen
Geschmack des schwarzen
Tees und den heuartigen Geschmack des grünen Tees.
Weil dieser nicht fermentiert
wird, hat er einen höheren
Catechin- und Polyphenolgehalt. Diese Stoffe sind anti-
oxidativ und wirken daher
vorbeugend gegen Krebs und
Herzinfarkt. Allerdings sind
das nur die Ergebnisse von
Beobachtungen. Diese sind
zwar interessant, wurden
aber nie wissenschaftlich bewiesen.
Doch gibt es noch einen
anderen Unterschied: Grüner
Tee enthält weniger Koffein,
dafür aber mehr Gerbstoffe
als Schwarztee. Deshalb kann
er ziemlich bitter sein, vor allem bei falscher Zubereitung.
Bei der China-Zubereitung
beispielsweise wird der Tee
vor dem Trinken „gewaschen“. Das heißt, man übergießt den grünen Tee mit heißem, aber nicht kochendem
Wasser. Nach zwei bis drei
Minuten wird dieser „Tee“
weggeschüttet. Man genießt
erst den zweiten Aufguss (die
Bitterstoffe sind rausgewaschen). Bei der Japan-Methode lässt man den grünen Tee
einfach sehr kurz, also ein bis
zwei Minuten, ziehen, ehe
man ihn trinkt. Im Gegensatz
dazu enthalten Früchtetees
oder der Rotbuschtee keine
oder fast keine Gerbsäuren
und können daher ohne Probleme auch länger ziehen.
Nun zu der Frage Beuteltee
oder Blättertee: In umfangreichen wissenschaftlichen Studien wurde zunächst der Coffeingehalt untersucht. Da
schnitten loser Tee und Beuteltee in etwa gleich ab. Als
Nächstes untersuchten die
Forscher den Polyphenolgehalt. Das Ergebnis war recht
unerwartet: Die Beuteltees
wiesen sogar die höheren gesundheitsfördernden
Polyphenolwerte auf. Die Beuteltees von heute müssen sich also nicht mehr verstecken. Sie
sind viel besser als ihr Ruf.
Und – egal ob schwarz oder
grün – Hauptsache, Sie trinken einen dampfenden Tee.
Denn der ist jetzt in der kalten Jahreszeit nicht nur wohltuend, sondern auch noch extrem gesund!
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Frühstart ins Leben
Immer mehr Babys in
Deutschland kommen zu
früh zur Welt. Mit der Geburt beginnt für ihre Eltern eine Zeit des Hoffens
und Bangens. Denn Frühchen haben einen schweren Start ins Leben.
Frühchenstation wird Kathrin
Müller-Menrad zum zweiten
Zuhause. Vor allem in den
ersten Wochen ist ihre Angst
groß. Denn viele Extremfrühchen tragen schwere Schäden
davon. Die Blutgefäße im Gehirn reißen leicht. Das kann
zu schweren Behinderungen
führen. Die Lungen sind noch
unreif. Erkrankungen der
Atemwege sind die Folge.
Auch Helena hat es nicht
leicht: Sie bekommt eine Infektion nach der anderen.
Dann der große Tag: Die Waage zeigt 1000 Gramm – eine
magische Grenze. Jetzt hat
Helena gute Überlebenschancen. Kathrin Müller-Menrad
hat einen Kuchen für die
Krankenschwestern
gebacken. Darauf steht: „Helena,
1000 Gramm, danke“.
VON STEFANIE REIFFERT
Die Ärmchen sind so schmal
wie der Daumen eines Erwachsenen. Das Köpfchen
passt in die hohle Hand: Auf
dem Foto ist Helena wenige
Tage alt. 630 Gramm Leben,
angeschlossen
an
dicke
Schläuche und Sonden. Sie
halten sie am Leben. Denn
Helena kam 15 Wochen zu
früh zur Welt.
Elf Jahre ist das her. Aus
dem zerbrechlichen Baby ist
ein fröhliches Mädchen geworden. Doch Mutter Kathrin
Müller-Menrad blickt ernst,
als sie das Fotoalbum mit den
Bildern von damals durchblättert. Nie wird sie vergessen, wie ihre kleine Tochter
ums Überleben kämpfte. Wochen der Angst, wie sie viele
Frauen in Deutschland erleben.
Zu Hause geht die
sorgenvolle Zeit für
die Eltern weiter
Helena heute und vor elf
Jahren: Das Mädchen kam
15 Wochen zu früh zur
Welt (links) und wog bei
ihrer Geburt gerade einmal 630 Gramm. Viele Wochen lang kämpfte sie um
ihr Leben. Eine sorgenvolle Zeit für ihre Mutter Kathrin Müller-Menrad, die
auf dem Foto (oben) mit
ihrer Tochter in einen Inkubator für Frühgeborene
blickt. In so einem lag damals auch Helena, die insgesamt fünf Monate auf
der Station I10B im
Münchner Klinikum Großhadern bleiben musste.
Ältere Mütter haben
ein höheres Risiko für
eine Frühgeburt
Etwa 63 000 Kinder kommen hierzulande jedes Jahr zu
früh, also noch vor der 37.
Schwangerschaftswoche, zur
Welt. Und die Zahl der Frühgeburten steigt weiter. Heute
werden bereits neun von hundert Babys zu früh geboren.
Damit liegt Deutschland über
dem europäischen Durchschnitt von sieben Prozent,
sagt Silke Mader, Vorsitzende
der Stiftung für Frühgeborene
und Neugeborene mit Erkrankungen (EFCNI).
Eine Ursache dieses Anstiegs: Immer mehr Frauen
entscheiden sich erst spät für
ein Kind. Mit steigendem Alter steigt aber nicht nur das Risiko für eine Frühgeburt, die
Fruchtbarkeit nimmt gleichzeitig ab. „Dadurch nimmt
auch die Zahl der künstlichen
Befruchtungen zu“, sagt Mader. Diese führen häufiger zu
Mehrlingsschwangerschaften
– und so ebenfalls zu einem erhöhten Risiko einer Frühgeburt. Auch Stress, Geldsorgen
und soziale Ängste erhöhen
dieses. Und nicht jeder Gynäkologe nimmt sich die Zeit,
die Schwangeren eindringlich
auf Gefahren hinzuweisen.
Etwa dass jeder Schluck Alkohol, Kaffee, aber auch Passivrauchen schädlich sind.
Bei Kathrin Müller-Menrad
war eine falsche Lage der Pla-
FOTO/REPRO: KLAUS HAAG
zenta der Grund für die Frühgeburt – eine eher seltene Ursache. Der Muttermund war
durch die Plazenta verdeckt.
Frühwehen, die bei den meisten Müttern ohne Komplikationen ablaufen, können dann
zu heftigen Blutungen führen.
Viel öfter sei eine Infektion
die Ursache einer Frühgeburt,
sagt Dr. Uwe Hasbargen, stellvertretender Direktor der
Frauenklinik des Münchner
Klinikums Großhadern. Bei
fast der Hälfte der Frauen sind
es Keime. Diese befallen zunächst die Scheide, dann
wandern sie über den Gebärmutterhals bis zur Fruchtblase. Der Körper reagiert, indem
er versucht sie abzustoßen.
Wehen setzen ein.
Doch ist es nicht mangelnde Hygiene, die zu einer Infektion führt. Mit Keimen wie
Darmbakterien kommt die
Scheide ständig in Kontakt.
Normalerweise habe der Körper ein sehr effizientes Ab-
wehrsystem, erklärt Hasbargen. So halten Milchsäurebakterien den pH-Wert in der
Scheide niedrig. Schädliche
Keime können sich nicht
mehr vermehren. Eine weitere
Barriere ist der lange Gebärmutterhals, der am Gebärmutterhalskanal
mit
einem
Schleimpfropf abgedichtet ist.
Doch die Scheidenflora
kann sich durch Medikamente, Ernährung, Stress und
auch die Schwangerschaft
selbst verändern. Auch die Sicherheitsbarriere des Gebärmutterhalses kann einreißen.
Etwa durch eine Ausschabung nach einer Fehlgeburt
oder eine Behandlung wegen
Gebärmutterhalskrebs.
Doch können Frauen selbst
vorbeugen: Durch einen Vaginalabstrich beim Gynäkologen lässt sich leicht feststellen,
ob die Scheidenflora verändert ist. Vorgeschrieben sei so
eine Untersuchung aber nicht,
kritisiert Silke Mader. „Wir
fordern daher, dass die Vorsorgebehandlung standardisiert wird“, sagt sie. Schwangere können zudem mit Teststreifen den pH-Wert in der
Scheide messen – und so eine
Infektion früher erkennen.
Dennoch: Viele Frühgeburten lassen sich nicht verhindern. Wie bei Kathrin MüllerMenrad. Schon in der 18.
Schwangerschaftswoche bekam sie Wehen und Blutungen. Sechs Wochen wird sie in
einer Kreisklinik behandelt.
Dann lässt sie sich ins Klinikum Großhadern verlegen.
Sie ahnt, dass sich die Geburt
nicht mehr lang hinauszögern
lässt. Und sie weiß, dass ihre
Tochter dann die beste Versorgung brauchen wird, die
sie bekommen kann. Ende der
24. Woche wagt sie den
Schritt. Denn ab diesem Zeitpunkt ist ein Baby außerhalb
des Mutterleibs lebensfähig.
Zehn Tage hält sie dort
noch durch. Wehenhemmen-
de Medikamente verzögern
die Geburt. Jeder Tag bringt
das Baby in ihrem Bauch dem
Überleben ein entscheidendes
Stück näher. „In der 24. Woche bringen zwei Tage noch
einen wichtigen Fortschritt
für die Reife des Babys“, erklärt Hasbargen. Doch dann
lässt sich die Geburt nicht
mehr hinauszögern. Die Plazenta hat sich abgelöst. Es
sind keine Herztöne des Babys zu hören. Die Ärzte entscheiden sich für einen Notkaiserschnitt. Nach nur 25
Wochen und drei Tagen
kommt Helena zur Welt.
Zum ersten Mal sieht Müller-Menrad ihr Kind auf einem Foto. Erst einen Tag später kann sie es auf der Frühchen-Intensivstation
besuchen. Erschrocken ist sie
nicht, als sie ihre winzige
Tochter sieht. „Ich dachte: Ist
die süß“, erinnert sie sich.
Fünf Monate lang muss Helena in der Klinik bleiben. Die
„Bis zur Jahrtausendwende
galten 28 vollendete Schwangerschaftswochen als Marker“, sagt Hasbargen. Allerdings sei es kompliziert, das
genaue Alter der Schwangerschaft zu bestimmen. Beim
Gewicht ist das einfacher. „So
kam es zu der Grenze von
1000 Gramm“, sagt er. Doch
gelten alle Frühchen, die weniger als 1250 Gramm wiegen,
als Hochrisiko-Patienten. Sie
dürfen ab Januar 2011 nur
noch in spezialisierten Zentren behandelt werden. Diese
müssen nachweisen, dass sie
mindestens 30 solcher Frühchen pro Jahr versorgen.
Doch auch zu Hause geht
die sorgenvolle Zeit für die Eltern weiter. Ein Jahr lang
braucht Helena eine Sauerstoffbrille. Nahrung bekommt
sie über eine Magensonde.
„Sie hat keinen Hunger gespürt“, erzählt die Mutter.
Auch an feste Nahrung gewöhnt sie sich erst spät. „Es
können eine große Zahl von
Entwicklungsverzögerungen
auftreten“, bestätigt Mader.
Manche Kinder könnten sich
auch später noch schlecht
konzentrieren, haben Lernprobleme und Bewegungsstörungen. Umso wichtiger sei eine gute Nachsorge. Doch dabei werden die Eltern oft alleingelassen, kritisiert Mader.
Noch immer gebe es kein flächendeckendes Angebot.
Auch Kathrin Müller-Menrad musste vor elf Jahren allein zurechtkommen. Doch
sie hatte Glück. Ihre Tochter
entwickelte sich gut. Auch mit
dem Essen gab es schon bald
keine Probleme mehr. „Heute
muss ich sie sogar manchmal
bremsen“, sagt Müller-Menrad froh und schaut zu ihrer
Tochter.
17
DIE TÄGLICHE
MEDIZIN
Heute: Mit dem MRT
Brustkrebs erkennen
Viele Frauen vertrauen bei
der Früherkennung von
Brustkrebs auf die Mammografie. Doch mit dem
Röntgen der Brust kann
der Arzt nur ein Drittel der
Vorstufen von Krebs entdecken. Gerade aber die
Diagnose von Vorstufen
kann lebensrettend sein.
Die Mammografie kann
zwar winzige Kalkablagerungen, die eine Vorstufe
von Krebs sind, sichtbar
machen. Umgekehrt aber
bilden etwa 20 Prozent der
Krebsvorstufen gar keinen
Mikrokalk. Bei jüngeren
Frauen ist zudem das
Brustgewebe so dicht, dass
der Arzt den Kalk, und somit auch den Krebs, nicht
erkennen kann. Hinzu
kommt, dass die Strahlung, die bei der Mammografie entsteht, auch selbst
krebserregend sein kann.
Dieses Risiko ist bei älteren Frauen geringer, weshalb die Mammografie erst
ab 50 Jahren sinnvoll ist.
Eine Untersuchung im
Kernspintomografen kann
weiterhelfen.
Mit dem MRT kann man
Brustkrebs früh erkennen.
Kernspin ist genauer
Bei der Kernspintomografie, oder auch Magnetresonanztomografie
(MRT),
wird der Körper schnell
wechselnden Magnetfeldern ausgesetzt. Der Arzt
bekommt dadurch ein millimetergenaues Bild des
untersuchten Organs oder
Knochens. Weil die Methode ohne Röntgenstrahlen auskommt, hat sie –
anders als die Mammografie – keine Nebenwirkungen. Nur Herzschrittmacherpatienten dürfen nicht
in die Röhre.
Im Unterschied zum Röntgen kann der Arzt mit der
Kernspinuntersuchung bereits die Krebsvorstufen
erkennen, die gar keinen
Mikrokalk bilden. Bevor
sich die Zellen zu einem
bösartigen Karzinom entwickeln, kann der Arzt sie
bereits entfernen.
Mit dem MRT lassen sich
Vorstufen von Brustkrebs
sicherer erkennen. DPA (2)
Nur in Kombination
Da die Untersuchung
kostspielig ist, wird sie von
vielen
Krankenkassen
nicht oder nur zum Teil
übernommen. Nur in Einzelfällen und auf spezielles
Anraten des Arztes wird
sie in Deutschland durchgeführt. Zudem erkennt
auch eine Untersuchung
im MRT nicht jeden Tumor. Sie ist dann sinnvoll,
wenn es in der Familie bereits Fälle von Brustkrebs
gab oder das Brustgewebe
sehr dicht ist. Wie auch bei
Ultraschall und Mammografie gilt auch hier, dass
sie mit anderen Methoden
kombiniert werden sollte.
Damit kann Brustkrebs
bekämpft werden, bevor er
entsteht.
BETTINA DOBE
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