Erläuterung: Zielkatalog und Entwurfszielarten Der Zielkatalog ist ein verbaler und visualisierter Wissensspeicher, der auf den „Datenlisten“ (siehe Verzeichnis: Datenlisten,) basiert und zusätzlich einschlägige, objektspezifische Vorschriften1 beinhaltet. Als ein komprimiertes Verzeichnis von MUSS-, SOLL-, KANN- und WUNSCH-Zielen dient er dazu, dem Entwerfenden die zu erarbeitende Entwurfslösung optimieren zu helfen. Erläuterungen der Entwurfszielarten: MUSS-Ziele sind Ziele, die Verordnungen oder Gegebenheiten beinhalten. Verordnungen sind Ge- bzw. Verbote der Legislative und Exekutive, die Einhaltung verlangen: Gesetze, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften. Die Verordnungen regeln den Umgang mit der Umwelt, die statischen, physikalischen und hygienischen Anforderungen an Gebäude zum Schutz der die Gebäude nutzenden Menschen, sowie die Nachbarschaftsregelungen. Diese wurden mit Hilfe des „Vorschriften-Informations-Systems (VIS)“ in Erfahrung gebracht. Das „VIS“ ist Bestandteil der Datenblatt-Bibliothek der „Deutschen Bau-Dokumentation“. Von dort konnte man auf Anfrage - unter Angabe des zu entwerfenden Objektes und des Bundeslandes, in dem das Objekt erstellt werden soll - eine kostenlose Liste beziehen, mit Hinweisen auf einschlägig zu beachtende Gesetze, Rechtsverordnungen, Verwaltungsvorschriften und zu beachtende Förderbestimmungen (Heinze GmbH, Postfach 1505, Bremer Weg 184, 29219 Celle). Auch über das Internet zu beziehen unter: www.baunetz.de/arch/baurecht SOLL-Ziele sind Ziele, die Regeln oder Vereinbarungen beinhalten. Regeln sind Richtlinien, die von privatrechtlichen Institutionen, Komitees der EU oder internationalen Normungsorganisationen formuliert und in Regelwerken zusammengefaßt, festgeschrieben bzw. zur Anwendung empfohlen werden. Vereinbarungen sind ergänzende Abmachungen zwischen privatem oder öffentlichem Bauherrn und dem Architekten, die im „Architektenvertrag“ schriftlich festgelegt werden und vom Architekten zu erfüllen sind. KANN-Ziele sind Ziele, die Anforderungen beinhalten. Anforderungen beinhalten qualitative oder quantitative Eigenschaften eines zu entwerfenden Objektes und seiner Teile, die der Architekt festlegt. WUNSCH-Ziele sind Ziele, die „Träume“ beinhalten. „Träume“ sind zukunftsorientierte Wunschbilder, die z.B. der Architekt oder der Bauherr als eine bewußte Herausforderung gegenüber dem Ist-Zustand aufstellt. WUNSCH-Ziele sind gegebenenfalls durch die Verhältnisse, d.h. durch die Zeit oder das Umfeld geschaffene Umstände, in denen das Objekt entworfen wird, nicht erreichbar. Sie können dann nur in einem Annäherungsprozeß angestrebt werden. Durch die Bereitstellung eines solchen spezifischen Objekt-Fachwissens und den zu beachtenden, notwendigen Vorschriften wird der Entwurfsprozeß verkürzt. Die mehr routinemäßigen Arbeitsschritte werden hiermit zeitlich optimiert und dem Entwerfenden bleibt damit mehr Zeit für die kreativ-gestalterische Arbeit. Dadurch entstehen zwangsläufig ausgereiftere Entwurfslösungen. Ein Zielkatalog besteht im einzelnen aus zwei Teilen: 1 Im Rahmen des ME kommen nur Vorschriften in Betracht, die vorrangig die Planungs- und Entwurfstätigkeit des Architekten betreffen. Diese Vorschriften muß der Architekt im Rahmen seiner Bauaufgaben kennen, sonst läuft er Gefahr, dass man ihm die Unkenntnis einer bestimmten Vorschrift als Pflichtverletzung vorwirft und ihn dafür in Haftung nimmt. 1. dem Zugriffsteil bestehend aus 1.1 Zugriffsmerkmalen mit den relevanten Objekt-, Objektteil-, Objektbereichs- oder ObjektplatzBezeichnungen, siehe Objektmatrix unter „3. Räume, und 1.2 den objektrelevanten Merkmalen wie a) Nutzerart, b) Nutzeranzahl, c) Funktionen2 und d) Raumstruktur 2. dem Informationsteil, der nach einer möglichst eindeutigen, widerspruchsfreien Gliederung mit Hilfe von Schlagworten einen gezielten Zugriff zu entwurfsrelevanten Daten ermöglicht. Insgesamt muß ein Zielkatalog noch folgende Anforderungen erfüllen: erkennbarer Katalogaufbau (z.B. strukturiert nach Schlagworten in bezug auf: Umwelt, Nutzer, Objekt, Nutzung, Gestalt, Technik und Kosten. (Link >Schlagwortkatalog) möglichst vollständig (innerhalb gesetzter Grenzen) erweiterungsfähig leicht handhabbar einen schnellen, unkomplizierten Zielzugriff ermöglichen. Anmerkung: Ein schriftlich formulierter Zielkatalog ist bei Trägern/Bauherren noch nicht üblich, aber unbedingt erstrebenswert, weil Kann- und Wunschziele sonst von der Träger-/Bauherrschaft häufig nur mündlich geäußert oder allenfalls in Protokollen festgehalten werden. Dadurch können leicht Mißverständnisse entstehen, die dann zu unnötigen Kosten führen und sinnvolle Lösungen schlicht unmöglich machen. Der Zielkatalog sollte zum festen Vertragsbestandteil zwischen dem Träger/Bauherren und dem Architekten werden. Er enthält Angaben, was verwirklicht werden soll und unter welchen Rahmenbedingungen das Gewollte und Gewünschte zu realisieren ist. Er bildet die Basis für die Projektierungsarbeiten durch die Architekten. Der Zielkatalog wird vom Architekten nach den Kann- und Wunschzielvorstellungen des Trägers/Bauherren vor dem eigentlichen Planungsprozess erstellt. Der Zielkatalog ist ein dynamisches Instrument, das dem Planungs- und Baufortschritt entsprechend weiterbearbeitet und präziser gestaltet werden kann. Hinweis: Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) führt als Grundleistung in der Leistungsphase (LPH) 2. Vorplanung das Aufstellen eines planungsbezogenen Zielkatalogs (Programmziele) auf. Dieser ist Ausgangspunkt für den Planungsprozeß. „Planen und Bauen heißt, relativieren zu müssen und Kompromisse zu schließen. Entwerfen ist nichts anderes als die realisierbare Kombination einer begrenzten Anzahl von Idealmerkmalen. Insofern ist das ‚ideale’ Reihenhaus fiktiv, bleibt unrealisierbar, weil es theoretisch eine unendliche Vielzahl positiver Kriterien erfüllen könnte (Nutzen), die aber zwangsläufig auch wieder negative Folgen hätte (Kosten).“ (Hose, Georg: Verschiedene Reihenhaustypen - Ihre Vorteile und Nachteile. Diplomarbeit an der GH Kassel, Fachbereiche Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung, August 1983, S. 65. Hg.: Arbeitsgemeinschaft Freiraum und Vegetation, Kassel 1991) Eine Auflistung von objektrelevanten Funktionen (s. Objektmatrix unter „2. Funktionen“) ist notwendig, weil diese als „Geburtshelfer“ für weitere Entwurfsziele, -ideen im Zielkatalog dienen könnten. 2