Kapitel 7 Holzfenster im Spannungsfeld zwischen Normen

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Kapitel 7
Kerstin Schweitzer
Institut für Holztechnologie Dresden gemeinnützige GmbH
Holzfenster im Spannungsfeld zwischen Normen, Energiestandards
und Denkmalschutz
Holzfenster in erhaltenswerter Bausubstanz
1
selbst das denkmalwerte Bauelement sein,
2
als erhaltenswerter Bestandteil eines Denkmals verstanden werden,
3
im Zusammenhang mit einem erhaltenswerten Gebäude
4
oder einem Baudenkmal einen wesentlichen Einfluss auf
die Fassadengestaltung besitzen oder
nach Umnutzung eines Denkmals als neue, zeitgemäße
In diesem Beitrag werden Holzfenster in erhaltenswerter
Bausubstanz von Altbaubeständen betrachtet. Ob eine Bausubstanz erhaltenswert ist, entscheiden zunächst elementare
Voraussetzungen. Neben der ausreichenden Standsicherheit des Gebäudes muss es für eine zeitgemäße, sinnvolle
Nutzung geeignet sein und daraus resultiert letztlich ein
Gestaltungselemente dienen.
wirtschaftlicher Wert. Sind keine denkmalschutzrechtlichen
Bedingungen gestellt, werden Veränderungen den genannten Kriterien untergeordnet, und der Fokus liegt oft allein auf
der Wahrung des äußeren Erscheinungsbildes.
Ob die Bausubstanz zusätzlich auch aus Sicht des Denkmalschutzes erhaltenswert ist, ergibt sich aus der Frage, inwieweit
die Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt. Dies kann z. B.
zur Bewahrung prägender Stadtansichten oder der Dokumentation wichtiger Elemente der Stadt- und Baugeschichte
der Fall sein. Das trifft nicht nur für Einzelbauten zu, sondern
kann sich auch auf ganze Stadtteile und -viertel, Straßenzüge
oder bauliche Gesamtanlagen einschließlich deren engere
Umgebung beziehen. Bei Bausubstanz im denkmalschutzrechtlichen Zusammenhang gelten strengere Regeln. Das
Spektrum reicht von ausgewählten Einschränkungen baulicher
Veränderungen bis zum Anspruch, das Baudenkmal trotz notwendiger Eingriffe in seiner Zeugnis- und Aussagefähigkeit
zu erhalten.1 Beim »rein optischen« Nachbau geht der historische Zeugniswert, wie z.B. die verwendeten Materialien,
deren Verarbeitung oder Originalkonstruktionen, verloren.
Holzfenster prägen das Gesamtbild erhaltenswerter Bausubstanz stark und nehmen dabei unterschiedliche Bedeutungen ein.2 So können sie
1
URL: http://www.denkmalpflege-forum.de/Download/Leibild_
Denkmalpflege_Imhof_Verlag.pdf; letzter Zugriff: Dezember 2011.
2 Schrader 2001.
PaX Classic GmbH Fachtagung Herbst 2010
1 Denkmalgeschütztes Gründerzeitgebäude vor der Sanierung (Leipzig, Floßplatz), Foto: Schweitzer, 2010
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Holzfenster im Spannungsfeld zwischen Normen, Energiestandards und Denkmalschutz
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Kerstin Schweitzer
Unsaniertes Gebäude der »Postsiedlung« in Dresden (Baujahre 1926 bis 1928, Architekt Paul Löffler), Foto: Schweitzer, 2012
In diesem Beitrag werden zum einen die in 2 beschriebenen Fenster unter dem Aspekt ihrer Zukunftsfähigkeit bei
Die umrissene Thematik spiegelt sich beispielsweise im Zusammenhang mit der großen Zahl noch bestehender Grün-
heutigen gesetzlichen und normativen Rahmenbedingungen
betrachtet. Zum anderen beziehen sich die Ausführungen auf
Möglichkeiten, mit nachempfundenen bzw. neuen Konstruk-
derzeitbauten (Abb. 1) oder den nach dem Ersten Weltkrieg
entstandenen Wohnsiedlungen wider (Abb. 2). Charakteristisch für Gründerzeithäuser sind repräsentative Fassaden mit
tionen das »Erhaltenswerte« von bestehenden Holzfenstern
dekorativen Gliederungen aus Sandstein auf der Straßenseite,
fortzuschreiben (siehe 3 und 4).
während die zum Hof gerichtete Seite durch einfache Putz-
3
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Aufwendige Fassadengestaltung (Detail), Fotos: Schweitzer, 2010; Kräter, 2012
PaX Classic GmbH Fachtagung Herbst 2010
Kerstin Schweitzer
Holzfenster im Spannungsfeld zwischen Normen, Energiestandards und Denkmalschutz
4 Galgenfenster, 1887, Foto:
Schweitzer, 2010; Bild in:
Fenster im Profanbau
fassaden gekennzeichnet sind.3 Die etwa zwischen 1870
und 1930 entstandenen Gebäude sind dem Historismus
große Glasscheiben auf. Durch aufwendige Profilierungen
und Zierelemente setzen sie die Fassadengestaltung fort.
zuzuordnen – dieser Baustil enthält Strömungen von Neugotik, Neorenaissance und Neobarock – und stehen in vielen
Fällen unter Denkmalschutz. In der Regel werden dabei zur
Auch die etwa zwischen 1920 und 1950 entstandenen,
heute oft unter Denkmalschutz stehenden Wohnsiedlungen
sind durch Holzfensterkonstruktionen wie Verbund- oder Kas-
Schaffung eines gehobenen Wohnkomforts umfangreiche
tenfenster geprägt (Abb. 2, 5). Der Wert dieser Siedlungsge-
Veränderungen im Gebäudeinneren zugelassen, dafür aber
Treppenhäuser und Fassaden einschließlich der Fenster und
Türen so detailgetreu wie möglich wiederhergestellt. Wäh-
bäude ist ebenfalls maßgeblich davon abhängig, inwieweit
es gelingt, die Fenstergestalt und -funktion an zeitgemäße
Ansprüche anzupassen, ohne dabei die architektonische Ge-
rend die zum Hof gerichteten Fenster eher funktionell, ohne
samtaussage des vorherrschenden Stils – hier die Klassische
Schmuckelemente gestaltet sind (ursprünglich oft einfachverglaste Einfachfenster) und mit schlichten Sandsteingewänden
eingefasst sind, befinden sich auf der Straßenseite große,
Moderne und deren Strömungen, wie Neue Sachlichkeit,
Bauhaus oder Funktionalismus – zu zerstören.
Die Bewältigung dieser Aufgabe führt unweigerlich zum
hochwertige Fenster (z.B. Kastenfenster), die untrennbar mit
Spannungsfeld zwischen der zu erhaltenden Baukultur und
dem Erscheinungsbild der Fassade verbunden sind (Abb. 3)
und für einen hohen Lichteinfall in die bis zu 3,75 m hohen
den geltenden baurechtlichen Rahmenbedingungen. Trotz
der konfliktbeladenen Auseinandersetzung zwischen den
Räume sorgen.
In Gründerzeithäusern ist die Form der sogenannten Galgenfenster (Abb. 4) weit verbreitet. Merkmale sind die asymmet-
kontroversen Interessen muss die Suche nach geeigneten
Lösungen Priorität haben. Eine der wichtigsten Herausforderungen stellen dabei die etablierten Energiestandards dar.
rische, T-förmige Teilung in zwei untere Öffnungsflügel ohne
Die sich daraus ableitenden Auswirkungen auf erhaltens-
Setzholz und klappbare, ungeteilte Oberlichter oberhalb
eines Kämpfers. Im Vergleich zu älteren Fenstern weisen sie
3 Energetische Sanierung 2011.
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