14 Diagnose & Therapie Ganzheitlich-ästhetische Zahnmedizin Untrennbar verbunden: PA-Therapie und Ästhetik Galt früher die Kariesprophylaxe als Schwerpunkt der Zahnmedizin, ist es heute die Vorbeugung und Behandlung der Volkskrankheit Parodontitis. Die im Volksmund »Parodontose« genannte Entzündung und Zerstörung des Zahlhalteapparts breitet sich — trotz aller Aufklärung und Recalls — enorm aus. Von Dr. Lena Kertag D Fotos: Dr. Ilse-Phil Weber ass mit Zahnproblemen nicht zu spaßen ist, dass »schlechte Zähne« im Extremfall tödlich sind, war schon früher bekannt. Thomas Mann schrieb in den Buddenbrooks » . . . dass der Senator Thomas Buddenbrook an einem Zahne gestorben sei«. Heute ist der Zusammenhang zwischen Pardontis (PA) und Folgeerkrankungen wie erhöhtes Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt, Diabetes, Atemwegs- und rheumatische Erkrankungen nachgewiesen. In diesem Zusammenhang sind die folgenden Zahlen erschreckend: Eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Mundgesundheit stellte fest, dass innerhalb der letzten acht Jahre bei der Gruppe der 65- bis 74-Jährigen eine Steigerung der mittelschweren bis schweren Parodontitis von 64 auf Unschöne freiliegende Zahnhälse bei PA (links) können mit Kompositen und einem Glasfaserverbund »geschient« werden (rechts). 88 Prozent stattfand – doch nur zehn Prozent der Betroffenen unterziehen sich einer entsprechenden Behandlung. Dabei ist bei diesem Befund eine langfristige, eigentlich eine lebenslange Betreuung der Patienten erforderlich. Diese sogenannte UPT (unterstützende PA-Therapie) dient der Gesundherhaltung von noch nicht befallenem Gewebe und der rechtzeitigen Erkennung von Re- oder Neuinfektionen. tate einsetzen lassen, tritt mittlerweile auch eine Variante der PA häufiger auf, die Periimplantitis, die den Verlust von Implantaten zur Folge hat. Hinzu kommen altersbedingte Faktoren, etwa die Veränderung der Mundflora: Speichelfluss und Mundtemperatur sinken, der Mund wird trockener. Vor allem durch Medikamenteneinnahme entsteht bei über 88 Prozent der über 55-Jährigen eine Wurzelkaries. Parodontitis und Periimplantitis Parodontitis ist eine bakteriell bedingte Entzündung, die zur Zerstörung des Zahnhalteapparats (Parodontium) führt. Von den etwa 500 Bakterienarten in der Mundhöhle sind allerdings nur einige wenige krankheitserregend, hier spielt auch das Immunsystem eine wichtige Rolle. Risikofaktoren für diesen entzündlichen Vorgang, der Gewebe zerstört, das Zahnfleisch zurückgehen lässt und letztlich zu Lockerung und Verlust der Zähne führt, sind u. a. Zahnbelag, (Zahnstein) eine verminderte Immunabwehr, Rauchen, aber auch Darmbelastung, Schwermetallvergiftung, Blasenschwäche, Mangelerscheinungen, Stress, Piercings u. a. Da sich immer mehr Patienten Implan- UPT — unterstützende PA-Therapie Wichtigste Prävention bei bestehender PA ist ein enger Recall, etwa alle drei bis sechs Monate. Dabei erfolgt eine professionelle subgingivale Reinigung (der Zahnfleischtaschen). Dies dient nicht allein der Vorbegung und Behandlung der Parodontitis, sondern auf diese Weise soll verhindert werden, dass PA-Erreger und Toxine in den ganzen Körper streuen. In der ganzheitlichen Zahnmedizin kommt die Suche nach Alternativen hinzu: Ernähungsumstellung, homöopathische Antibiotika, spezielle Speicheltests u. ä. Eine Studie hat zudem gezeigt, dass durch regelmäßiges Ausdauertraining auch parodontale und gingivale Entzündungen zurückgehen können. Das Interview zum Thema Dr. med. dent. Ilse-Phil Weber betreibt seit 1992 eine Praxis für ganzheitlich-biologische Zahnmedizin und Ästhetik in MünchenSendling (Kassen und privat). Sie ist zusätzlich in Homöopathie und in Akupunktur ausgebildet und qualifiziertes Mitglied der GZM (Internationale Gesellschaft für ganzheitliche Zahnmedizin e. V.). Laufend Fortbildungen in zahnärztlicher Naturheilkunde und ästhetischer Zahnmedizin (u. a. in Hamburg, Berlin, Würzburg, New York und Las Vegas). Frau Dr. Webers Schwerpunkte sind ganzheitlichbiologische Zahnmedizin und vor allem ästhetische metallfreie Restaurationen. Sie ist qualifiziert in Umweltzahnmedizin und zertifiziert in ästhetisch-biologischer Faltenunterspritzung bei Lippen und Mund. Infos: www.zahnarztpraxis-dr-weber.de Frau Dr. Weber, UPT heißt das Schlagwort bei Parodontitis-Betroffenen. Was versteht man darunter? Dr. Weber: Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Parodontitis nicht nur ein isoliertes Krankheitsbild ist, sondern eine systemische Erkrankung, die zudem sehr negative TOPFIT 1 / 2014 Auswirkungen auf die Gesamtgesundheit haben kann. Daher kann man die PA auch nicht quasi mechanistisch und isoliert behandeln, sondern es braucht eine differenzierte Diagnostik und eine lebenslange, ebenso differenzierte Therapie, nämlich die unterstützende PATherapie, kurz UPT. Welche alternativen Behandlungen setzen Sie als ganzheitliche Zahnärztin ein? Dr. Weber: Neben der unerlässlichen Kürettage und Reinigung der Zahnfleischtaschen suchen wir individuell nach Alternativen. Dazu gehören – je nach Patient – Ernährungsumstellung, homöopathische Antibiotika, ätherische Öle u. a. Als besonders hilfreich hat sich die Gabe von Omega-3-Fettsäuren (Leinöl, Rapsöl) erwiesen. Auch regelmäßiges Ausdauer- bzw. Schwimmtraining führt nachweislich zu einer Steigerung der lokalen Immunabwehr und damit zum Rückgang parodontaler Entzündungen. Es scheint auch eine genetische Disposition zu geben. Hat man dann einfach Pech? Dr. Weber: Das ist richtig, wir führen hierzu spezielle Blut- und Speichel- tests durch, um den Immunstatus zu bestimmten. Ebenso richtig ist aber, dass bei rechtzeitiger und richtiger Behandlung einer PA fast immer Einhalt geboten werden kann. Allerdings ist die Behandlung langwierig. Deshalb sind regelmäßige Untersuchungen und die Mitarbeit der Patienten so wichtig. Sie sind für ästhetische Zahnsanierungen bekannt. Was unternehmen Sie bei PA? Dr. Weber: Bevor es zum Zahnverlust kommt, schöpfen wir alle Möglichkeiten der Zahnsanierung aus. Lange Zahnhälse und lockere Zähne schienen wir mit biokompatiblen Kompositen und einem Glasfaserbund. Auch Hyaluronsäure ist bei zurückgezogenem Zahnfleisch hilfreich. Man spritzt sie unter die Papille. Auf diese Weise verschwinden die unschönen leeren Dreiecke zwischen den Zähnen.