STADTWERKE BOCHUM Im Neubau der Stadtwerke Bochum nutzen Tageslichttechnik und künstliche Beleuchtung gemeinsame Komponenten. Der Neubau beherbergt die Verwaltung und das Kundenzentrum der Stadtwerke. Bei der Gebäudeplanung wurde großer Wert auf Energieeffizienz gelegt. Gute Dämmung, natürliche Belüftung und innovative Tageslichttechnik kommen zum Einsatz. Architektur Im Oktober 2004 wurde der Neubau der Stadtwerke Bochum fertig gestellt. In den von den Architekten Gatermann+Schossig geplanten Gebäuden arbeiten seit Anfang 2005 die Verwaltung und das Kundenzentrum der Stadtwerke. Das Gebäudeensemble besteht aus einem fünfgeschossigen Atrium und einem 16-geschossigen Hochhaus mit quadratischem Grundriss. Besonderes Augenmerk richteten die Architekten bei ihren Planungen auf ein intelligentes, zeitgemäßes Energiekonzept. Moderne Technik für Energieeinsparung und umweltschonende Gebäudenutzung. Eine wichtige Rolle im Energiekonzept der Architekten spielt die Außenhaut des Gebäudeensembles. Bei der Gestaltung von Fassaden und Dächern wurde großer Wert auf umweltfreundliche und energieeffiziente Lösungen gelegt. So wurde durch konstruktive Maßnahmen ein guter Wärmeschutz realisiert, der den Heizwärmebedarf deutlich reduziert. Zur Klimatisierung wird die Methode der Nachtauskühlung herangezogen. Motorisch aufklappbare »Fassaden-Kiemen« bzw. Klappen im Glasdach des Atriums belüften das Gebäude in der Nacht auf natürliche Weise. Aber auch hinsichtlich der Beleuchtung kommen Systeme zum Einsatz, die auf die Nutzung natürlicher Ressourcen setzen. Ein integrales Tages-Kunstlicht Konzept nutzt gemeinsame Komponenten. Die Planung der künstlichen Beleuchtung sowie Planung und Entwurf des Tageslichtkonzeptes wurden von Köster Lichtplanung realisiert. Nutzung Die Grundrisskonfiguration eröffnet Möglichkeiten für die verschiedensten Büroanordnungen. Die Stadtwerke haben sich für eine Kombination aus Einzelbüros mit Standardgrößen an den Aussenfassaden entschieden, die mit leichten Trennwänden von einander abgetrennt werden. Nach innen zum Atrium hin wurden offene Kombibüros mit frei eingestellten Möbellandschaften angeordnet. Geschossweise ergänzen so genannte 'meeting-points' die Bürolandschaften. Licht Überhitzung und Blendung 60 % der Fassadenabwicklung des Gebäudes für die Stadtwerke Bochum bestehen aus transparenten Flächen. Da auf einen außen liegenden Sonnenschutz vor den Fenstern verzichtet werden sollte, war ein hoch effizientes innen liegendes System gefragt. Für den Sonnenschutz war ein F (Abminderungsfaktor) von <0,42 erforderlich, um den durch die Bauphysik geforderten g-Wert von <0,17 zu realisieren. Dieser gWert war erforderlich, um ohne Klimatechnik, nur mit Kühldecken, das Gebäude vor Überhitzung zu schützen. Tageslicht Diese hohen Anforderungen an den Sonnenschutz wurde mit dem monoreflektiven Jalousiensystem »RETROLux« begegnet. Das System wurde vom Lichtplaner Dr-Ing. Helmut Köster entwickelt und von der Firma RETROSoIar hergestellt. Die » RETROLux«-ialousielamellen verfügen über ein erstes w-förmiges Teilstück zur Lichtausblendung und über ein zweites Teilstück, das Lightshelf, das das Licht in die Raumtiefe lenkt. Das w-förmige Teilstück retro-reflektiert die hohe, überhitzende Sonne auch bei flacher Lamellenanstellung vollständig mit einer einzigen Reflexion (monoreflektiv). Auf Grund der Monoreflexion kommt es zu keiner Aufheizung in der Fassade, Absorptionsprozesse sind minimiert. »RETROLux« wurde für dieses Gebäude erstmalig mit einer Reflektivität von circa 96 % eingesetzt und erreicht damit die geforderten g-Werte bzw. Fc-Werte (F = 0,42) in geöffnetem Zustand bei Horizontalpositionierung der Lamellen! © Helmut Köster, Dr-Ing., Köster Lichtp/anung, Frankfurta. M. www.koester-lichtplanung.de © LICHT 1/2005 Seite 1/2 Hierdurch ist gewährleistet, dass die Fassade — auch bei herabgelassenem Sonnenschutz — hochtransparent bleibt und die Räume, auch in der Kombibürozone mit ihren größeren Raumtiefen, hervorragend ausgeleuchtet werden. Simulationsberechnungen mit einer von Dr-Ing. Köster entwickelten Software bestätigen das gute thermische Verhalten der Systeme im Tagesgang. Die Berechnungen wurden für eine Kombination des »RETRO Lux«-Systems mit einem Isolierglas IP 66/36 durchgeführt. Sonnenschutz Nachts fährt der Sonnenschutz gemäß voreingestellter Werte bis auf Riegelhöhe hoch und bildet dann eine geschlossene Reflexionsfläche für die indirekte künstliche Beleuchtung. Dieser integrale Nutzen der Jalousie ist durch die hoch reflektive (weiße) Lamelleunterseite möglich. Die Unterseite der Lamellen ist mattweiß mit circa 86% Reflektivität. Durch den geschlossenen Behang im Oberlicht der Fenster kann die Beleuchtungsstärke in Fensternähe infolge der weißen Lamellenunterseiten um circa 50 bis 100 lx angehoben werden. Die Reflexion des künstlichen Lichts in der Fensterebene greift die Lichteinfallsrichtung des natürlichen Lichts auf — ein Aspekt, der von den Nutzern der Büros als positiv bewertet wird. Für das hier vorgestellte Projekt wurde vom Lichtplaner eine spezielle Riegelleuchte entwickelt. Es ergeben sich Beleuchtungsstärken von> 500 lx bis 2,5 m Raumtiefe vom Fenster aus gemessen. Sämtliche Leuchten wurden von der Firma Ludwig Leuchten hergestellt. Beleuchtung Eine zweite Beleuchtungskomponente bilden die so genannten Trennwandleuchten. Diese Leuchten sind in den Oberlichtern der Trenn wände zwischen Kombibüros und Fluren installiert. Sie beleuchten gleichzeitig die Büros und die Flure. Dr-Ing. Köster entwickelte hierfür eine spezielle, patentierte Reflektortechnik. Durch ihre kompakten Abmessungen können die Reflektoren und Leuchtmittel in den Trennwänden von nur 60 mm Breite eingebaut werden. Durch diese Lichtlösung sind weder gesonderte Flurleuchten noch zusätzliche Leuchten in den Büros erforderlich. Die Trennwand selbst wird zur indirekten Leuchte mit einem gezielten Lichtaustritt über einen speziellen Sekundärreflektor mit wahlweise symmetrischer oder asymmetrischer Ausformung. Das Licht wird gleichzeitig in die Innenräume und die Flure abgegeben und wird zur optischen Brücke zwischen Büroräumen und Verkehrszonen. Die Glassystem-Trennwände wurden von der Firma Clestra Hauserman hergestellt. Die Trennwandleuchten arbeiten mit einem Wirkungsgrad von 83 %. Bauherr: Stadtwerke Bochum Architekt: Gatermann + Schossig, Köln Tragwerksplanung: Horz+Ladewig GmbH, Köln und Weber & Partner Ingenieurgesellschaft, Köln Landschaftsarchitektur: Schümmelfeder Stöcker Partner, Düsseldorf Lichttechnikplanung: Köster+Köster Lichtplanung, Frankfurt am Main Leuchten: Ludwig Leuchten, Mering Monoblock-Systemtrennwände: Ciestra Hauserman, Dreieich Tageslichtlenksysteme: Retrosolar Kirn Quellenangabe: »Tageslichtdynamische Architektur — Grund lagen, Systeme, Projekte«, Helmut Köster; ISBN 3-7643-6729-6, Birkhäuser- Verlag für Architektur © Helmut Köster, Dr-Ing., Köster Lichtp/anung, Frankfurta. M. www.koester-lichtplanung.de © LICHT 1/2005 Seite 2/2