von Kollektiven Heike Delitz Unter einer Soziologie des Imaginären l

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Das gesellschaftliche Imaginäre und der 'affektive Drang' von Kollektiven
Heike Delitz
Unter einer Soziologie des Imaginären lassen sich differente soziologische Ansätze versammeln,
von denen der Vortrag sich – wegen der hier bereits vorliegenden gesellschaftstheoretischen
Ausarbeitung - einer der beiden französischen soziologischen Traditionen des 'Imaginären'
widmet. Es gibt einerseits die Schule um Michel Maffesoli, in der mit Gilbert Durand eher eine
psychologisch-anthropologische Tradition vorzuherrschen scheint. Diese Autoren operieren mit
dem Begriff des 'kollektiven' oder 'sozialen' Imaginären. Zum anderen (und darauf liegt die
Konzentration des Vortrages) gibt es jene französische Tradition, die eher im Begriff des
gesellschaftlichen Imaginären zusammengefasst werden könnte.
Diese Tradition steht implizit in der Tradition von Émile Durkheims religionssoziologischem und
gesellschaftstheoretischem Spätwerk. Sowohl dessen Affekt- und Symbolsoziologie, als auch
Durkheims 'Soziologie des religiösen Imaginären' werden vor allem in der Theorie der 'imaginär
instituierten Gesellschaft' von Cornelius Castoriadis weiter entfaltet. In engem Zusammenhang
mit diesem Werk haben Marcel Gauchet und Claude Lefort ähnliche Theorien der Gesellschaft
vorgelegt - sowie ähnliche methodologische, gesellschaftsanalytische Vorschläge: Eine jede
Gesellschaft ist (so könnte man diese Theorien zusammenfassen und explizieren) eine mehrfach
kontrafaktische imaginäre Institution (vorgestellte Fixierung): Sie 'braucht' die Imagination einer
Identität über die Zeit hinweg (gegenüber der eigenen ständigen Veränderung); ebenso wie die
einer kollektiven Einheit (gegenüber der Spaltung, den sozialen Ungleichheiten und Kämpfen);
und eines Grundes oder gesellschaftsbegründenden Außen (gegenüber der eigenen Kontingenz).
Dieser Grund, dieses Außen ist das zentrale Imaginäre (Castoriadis) einer Gesellschaft: eine
Bedeutung, die nämlich vollständig imaginiert ist, sofern sie sich auf keine andere Bedeutung
und nichts Reales bezieht, und ihrerseits alle weiteren gesellschaftlichen Bedeutungen,
Handlungen und Subjektformen sowie Einteilungen der Menschen und Nichtmenschen
begründet. Von dieser Idee einer zentralen oder letzten imaginären Bedeutung her schlagen die
drei Autoren gesellschaftsanalytische, idealtypische Differenzierungen vor - zwischen religiösen
und politischen Formulierungen der imaginären Institution oder Gründung der Gesellschaft.
Innerhalb dieser Klärung einer Soziologie des gesellschaftlichen Imaginären geht der Vortrag
schließlich auch auf die Rolle von Affekten ein: Castoriadis spricht im Zusammenhang mit dem
zentralen Imaginären auch von einem je spezifischen 'affektiven Drang', den es für jede
Gesellschaft analytisch herauszufinden gelte.
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