Für Sie gelesen 211 Fazit Das unterschiedliche

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Giannopoulou C, ­Dudic
A, Pandis N, Kiliaridis S. Slow and fast orthodontic tooth move­
ment: an experimental study on humans.
Eur J Orthod 2016
Aug; 38(4): 404–440.
doi: 10.1093/ejo/cjv0
70. Epub 2015 Oct 8.
Hintergrund: Ziel der Studie war es, die
unterschiedliche Geschwindigkeit von
Zahnbewegungen in Abhängigkeit von
Alter und Lokalisation (Mandibula/Maxilla) zu untersuchen.
Inspiriert von Tierstudien wurde die Hypothese der „slow versus fast movers“
aufgestellt. Bis zum heutigen Zeitpunkt
wurde jedoch keine klinische Studie zu
dieser Thematik vorgelegt. Abgesehen
vom wissenschaftlichen Interesse für diesen Vorgang handelt es sich dabei sicherlich um ein Phänomen, das dem Praktiker
im alltäglichen Einsatz nur allzu bekannt
vorkommen wird.
Allgemein betrachtet lassen sich mehrere
Faktoren beschreiben, die die Zahnbewegung beeinflussen können:
1. Kraft: Ausmaß/Frequenz/Dauer
2. Biologische und genetisch vorgegebene Antwort des Gewebes, wie z. B.
Knochen, Parodontalapparat usw.
3. Alter
4. Ernährung
Material und Methoden: In der Studie
wurden 11 Teilnehmer (7 weibliche und 4
männliche) untersucht. Das Alter variierte von 11,3 bis 28,6 Jahre.
Einschlusskriterien:
1. Guter allgemeiner Gesundheitszustand
2. Keine vorangegangene Kieferortho­
pädie
3. 4 Prämolaren-Extraktionen geplant
4. Die Zahnbewegung wurde nicht durch
andere Zähne bzw. durch die Okklu­
sion eingeschränkt.
Versuchsaufbau:
Ein standardisiertes Konzept wurde entworfen. Bei jedem Patienten wurden 8
Wochen lang 2 Prämolaren nach bukkal
bewegt. Ein TPA bzw. Lingualbogen diente während dieser Phase als Verankerung.
Ein Teilbogen (0,019 x 0,025 TMA) wurde
bis zu einer Kraft von 1N (100 g) aktiviert
und anschließend in das Bracket einligiert. Nach 4 Wochen erfolgte die Nachaktivierung des Bogens, wobei die Kraft
innerhalb dieses Zeitraumes niemals unter 50 g sank.
Auswertung:
Gipsmodelle wurden vor und nach der
Versuchsanordnung hergestellt und mittels 3D-Scanner digitalisiert. Anfangsund Schlussmodelle wurden übereinander gelegt und verglichen. Die Auswertung erfolgte insgesamt 2-mal, um eventuelle Ungenauigkeiten ausschließen zu
können.
Resultate: Die Zahnbewegung variierte
innerhalb des Zeitraumes von 2 Monaten
interindividuell zwischen 0,6 –5,5 mm.
Während dieser Zeitspanne betrug der
Durchschnittswert der Maxilla 3,06 mm
und derjenige der Mandibula 1,97 mm.
Die mögliche Interaktion lag mit Berücksichtigung des Alters in der Maxilla um
0,47 mm höher als in der Mandibula.
Anhand dieser Werte lässt sich folgende
Schätzung ableiten: Die Geschwindigkeit
der Zahnbewegung nimmt pro Lebensjahr um ca. 0,11 mm ab. Jedoch konnte
dies nicht als statistisch signifikant belegt
werden.
Spezifische Marker (wie RANKL & Osteoprotegerin) konnten innerhalb des Sulcus-Fluids bestimmt werden und zeigen
eine Veränderung ihrer Konzentration
nach Kraftapplikation. Sie sind ein Spiegel sowohl der lokalen als auch der systemischen Verhältnisse des Patienten. Daher hofft man, in Zukunft ein genetisches
Profil für „slow and fast movers“ erstellen
zu können, um somit eine individuell angepasste kieferorthopädische Therapie zu
ermöglichen.
Fazit
Der Lückenschluss erfolgt in der
Maxilla schneller als in der Mandibula.
Jüngere Patienten sprechen besser auf
die Behandlung an als ältere (z. B. die
initiale Zahnbewegung). Die Applika­
tion einer Kraft von 50 g oder 100 g
wies keinen merklichen Unterschied in
der Zahnbewegung auf.
DDr. Rainer Biedermann, MSc
[email protected]
Assistenzarzt der
Universitätsklinik für
Kieferorthopädie
Medizinzentrum
Anichstraße 35/G1
A-6020 Innsbruck
Biedermann R. Das unterschiedliche Ausmaß an … Inf Orthod Kieferorthop 2016; 48: 211 · DOI 10.1055/s-0042-121636
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Das unterschiedliche Ausmaß
an Zahnbewegung in der
Kieferorthopädie
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