Architektur 54 9. April 2017 | sonntagszeitung.ch Lehrschwimmbad Allmendli: Kacheln in Grüntönen sollen beruhigend wirken, Blick über den Zürichsee beim Schwimmen, hohe Glasfassaden sorgen für Lichteinfall, Garderoben. Ein Bad im Bunker Ein Architektinnen-Team des Büros Illiz Architektur hat eine ehemalige Truppenunterkunft in Erlenbach am Zürichsee in ein Schwimmbad verwandelt Andrea Eschbach (Text), Hertha Hurnaus (Fotos) Das Hallenbad Allmendli in Erlenbach an der Zürcher Gold­ küste ist durchflutet von Licht und bietet eine grandiose Aussicht über den Zürichsee. Nichts bringt einen auf die Idee, dass hier vor nicht all­ zu langer Zeit Rettungstruppen übernachteten – in einer ehemali­ gen unterirdischen Militärschutz­ anlage. Nun geniessen Schul­ kinder, Vereinsmitglieder und Senioren Schwimmunterricht, Training oder Aquafit. Anfang Jahr kürten die Leser der Branchenweb­ site swiss-architects.com das Bad zum «Bau des Jahres 2016». «Es heisst, man bekommt nur einmal im Leben die Chance, ein Schwimmbad zu bauen», sagt Petra Meng, Architektin und Mit­ begründerin von Illiz Architektur. Das Büro, das je einen Standort in Zürich und Wien hat, überzeugte die Gemeinde Erlenbach im Wett­ bewerb mit seinem Entwurf. Grund für den Neubau waren fehlende An­ gebote für den Schwimmunterricht der Kinder in der Seegemeinde. In zweijähriger Planungs- und Bauzeit verwandelte das Team um die Architektinnen Sabrina Mehlan, Petra Meng und Stefanie Wögrath den Bunker auf dem Erlenbacher Schulareal in ein Lehrschwimmbad. Statt das Schwimmbad einzugraben, haben sie das eigentliche Schwimmbecken in die bestehende unterirdische Kubatur nur hineingehängt: «So liegt der Wasserspiegel des Beckens ebenerdig im Gelände und ermög­ licht beim Schwimmen einen weiten Blick auf den See», erklärt Petra Meng. Spiel mit dem Kontrast von Massivität und Leichtigkeit Nur wenig erinnert heute an die ur­ sprüngliche Situation. Zwei schein­ bar ineinander verschlungene dunkle Quader ruhen an der Ge­ ländekante. Sie markieren den Ab­ schluss des Schulareals. Zwischen den beiden flankierenden Stütz­ wänden spannt sich die geschoss­ hohe Glasfassade auf – wie eine Blase umfüllt sie das rohe Beton­ gerippe. Die Südostecke der Mili­ tärunterkunft wurde freigelegt und Teile der Aussenwand entfernt. Der Bau besticht durch seine harmonischen Proportionen: Die Architektinnen spielen dabei mit dem Kontrast von Massivität und Leichtigkeit. Der freigelegte Be­ stand und das ihm aufgesetzte Tragwerk wurden zu einer neuen Einheit zusammengefügt. Gläser­ ne Gebäudeecken lassen die bei­ den Fassadenflächen sanft inein­ ander übergehen. In Richtung Nor­ den und Osten ist der Pavillon mit einem einfachen, anthrazit-grünen Trapezblech verkleidet. Ein leicht zurückversetzter Dachrand macht das Gebäude zusätzlich filigraner. Im unterirdischen Teil sind neben Becken und Hubboden die Haus- und Schwimmbadtechnik untergebracht. Das Bad selbst ist erschlossen durch das partiell frei­ gelegte Untergeschoss. Über einen Windfang führt der Eingangs­ bereich direkt in die nach Ge­ schlechtern getrennten Gardero­ ben. Auf den ehemaligen Bunker verweisen die Betondecke, die mit einem Schutzanstrich versehen ist, sowie die Leitungsführungen. Architektin Meng: «Wir wollten den massiven, rohen Charakter der Anlage erhalten.» Bei Beleuchtung scheint sich die Gebäudehülle aufzulösen Eine schmale Treppe führt in die Schwimmhalle. «Bei den Bewegun­ gen, die innerhalb des Gebäudes stattfinden, haben wir uns vom Ein- und Auftauchen in einen See inspirieren lassen», so Petra Meng. Dies zeigt sich deutlich im Farb­ konzept. Die Architektinnen ent­ schieden sich gegen die sonst in Bädern häufig verwendeten weis­ sen Kacheln und setzten stattdes­ sen auf Grün: «Die Farbe hat einen beruhigenden Effekt, nicht um­ sonst ist das Innere von U-Booten oft dunkelgrün.» Und so sind die Wände im unterirdischen Teil in tiefem Dunkelgrün verkleidet. Je höher man wieder an die Oberfläche und ans Tageslicht auf­ steigt, desto lichter werden die Farbtöne der Plättchen. Auf Höhe der Wasseroberfläche setzen silbrig-grüne und rosafarbene Fliesen helle Akzente – wie an einem sonnigen Ufer eines Sees voller Seerosen. Die massive Betonkassetten­ decke überspannt die gesamte Grundfläche der Badehalle. Bei aller Kargheit sorgt sie dennoch für eine besondere Atmosphäre im lichten Raum. An den Rändern ruht sie auf einer dichten Reihe schlanker Betonstützen. Zwischen den Stützen faltet sich der silber­ graue Boden zu Sitzbänken, die das Becken aus Edelstahl umrah­ men. «Am schönsten ist es, wenn der Innenraum in der Dämmerung zu leuchten beginnt», sagt Petra Meng. «Dann scheint sich die ganze Gebäudehülle aufzulösen.»