Theoretische Physik 1 Mechanik - TUM

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Technische Universität München
Fakultät für Physik
Ferienkurs
Theoretische Physik 1
Mechanik
Skript zu Vorlesung 1:
Grundlagen der Newton’schen Mechanik, Zweiteilchensysteme
gehalten von:
Markus Krottenmüller & Markus Perner
27.08.2012
Inhaltsverzeichnis
1 Grundlagen der Newton’schen Mechanik
1.1 Raum, Zeit und Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Newtonsche Grundgesetzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1
1
2 Zweiteilchensysteme
2.1 Zentralkräfte . . . . . . . . . . . .
2.2 Drehimpuls und effektives Potential
2.3 Das Kepler-Problem . . . . . . . .
2.4 Das Streuproblem . . . . . . . . . .
.
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2
3
3
4
5
klassische Streuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
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Abbildungsverzeichnis
1
Ferienkurs Theoretische Physik 1
27.08.2012
1 Grundlagen der Newton’schen Mechanik
Die Newton’sche Mechanik umfasst den schon in der Schule benutzten Formalismus
zur Beschreibung der Dynamik von Massepunkten.
1.1 Raum, Zeit und Bewegung
Zeit: Die Zeit in der klassischen (nicht relativistischen) Mechanik ist ein unabhängiger,
kontinuierlicher Parameter.
Raum: Die Position eines Teilchens wird durch einen Vektor ~r im euklidischen Raum R3
beschrieben. Es gibt verschiedene Koordinatensysteme in denen dieser Vektor beschrieben ist. Die wichtigsten sind die kartesischen, die Polar- und die Zylinderkoordinaten.
Bewegung: Die Bewegung eines Teilchens im Raum ist durch seine Bahnkurve ~r(t)
r
vollständig beschrieben. Aus ihr ergibt sich die Geschwindigkeit ~v (t) = d~
(t) und die
dt
2
d~v
d ~
r
Beschleunigung ~a(t) = dt (t) = dt2 (t) des Teilchens zu allen Zeiten. Bei der Darstellung von Bahnkurven in z.B. Polarkoordinaten ist zu beachten, dass die Einheitsvektoren
dann nicht mehr zeitunabhängig sind (Kettenregel beachten!).
Beispiel ebene Polarkoordinaten:
~r(t) = r(t)~er
(1)
˙ er + r(t)~e˙ r = r(t)~
˙ er + rφ̇~eφ
~v (t) = ~r˙ (t) = r(t)~
~a(t) = ~v˙ (t) = r̈~er + ṙφ̇~eφ + ṙφ̇~eφ + rφ̈~eφ − rφ̇2~er = (r̈ − rφ̇2 )~er + (rφ̈ + 2ṙφ̇)~eφ
1.2 Newtonsche Grundgesetzte
1. Axiom: Es gibt Bezugssysteme (Inertialsysteme) in denen sich ein Massepunkt im
Kräftefreien Raum mit konstanter Geschwindigkeit bewegt (Trägheit).
2. Axiom: Mit der Kraft F~ , der Masse m und dem Impuls p~ = m~v gilt:
d~p
d2~r
F~ =
=m 2
dt
dt
(2)
3.Axiom: „actio=reactio“ F~21 = −F~12
Die allgemeine Form der Newton’schen Bewegungsgleichung in Anwesenheit eines Kraftfeldes F~ (~r, ~r˙, t) lautet:
m
d2~r
= F~ (~r, ~r˙, t)
dt2
1/6
(3)
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27.08.2012
Die Problemstellung besteht nun darin, diese Differentialgleichung zu lösen. Für den
eindimensionalen Fall F~ (~r, ~r˙, t) = F (x) und nach Einführung eines Potentials U (x) mit
F (x) = − dU
(x) lässt sich die Newton’sche Bewegungsgleichung formal durch Trennung
dx
der Variablen lösen:
Zx
t − t0 =
1
0
dx
0
(E − U (x ))
2
(4)
pm
x0
Dabei ist E = T (x) + U (x) die konstante Gesamtenergie, die sich aus der kinetischen
Energie T (x) = m2 ẋ2 und der potentiellen Energie U (x) zusammensetzt. Durch
Inversion von t(x) erhält man nun die Bahnkurve x(t). Um die Lösung der Bewegungsgleichungen zu vereinfachen, suchen wir im Folgenden nach sogenannten Erhaltungsgrößen, Größen, die zeitlich konstant sind.
2 Zweiteilchensysteme
Newton’sche Bewegungsgleichungen für ein abgeschlossenes Zweiteilchensystem:
m1~r¨1 = F~21
m2~r¨2 = F~12
(5)
~ =
Dieses Problem reduziert sich durch Einführung der Schwerpunktskoordinate R
m1 ~
r1 +m2 ~
r2
, wobei M = m1 + m2 die Gesamtmasse ist, und der Relativkoordinante
M
~r = ~r1 − ~r2 auf ein Einteilchenproblem. Es folgt nämlich für den Schwerpunkt unter
~¨ = 0. Das heißt der Gesamtimpuls P~ = M R
~˙ ist eine ErAusnutzung des 3. Axioms M R
~¨ = 0 gilt,
haltungsgröße bzw. Konstante der Bewegung. Bezugssysteme, in denen M R
heißen Inertialsysteme und es existiert immer ein Inertialsystem in dem der Schwerpunkt ruht (Schwerpunktssystem). Die Bewegungsgleichung für die Relativkoordinate
lautet nun
µ~r¨ = F~ ,
was einem Einteilchenproblem mit der reduzierten Masse µ =
2/6
(6)
m1 m2
M
entspricht.
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2.1 Zentralkräfte
Zentralkräfte sind Kräfte, die von einem bestimmten Punkt aus nur radial wirken.
Für uns relevant sind nur spezielle Zentralkräfte der Form F~ (~r) = f (r) |~~rr| = f (r)~er . Für
integrable Funktionen kann man wieder ein Potential U (r) definieren mit
~ (r) = − dU (r) = − dU (r) ~er , U (r) − U (r0 ) = −
F~ (~r) = −∇U
d~r
dr
Zr
0
f (r ) dr
0
(7)
r0
Aus der Differentialgleichung für die Relativkoordinate mit der Zentralkraft durch das
Potential ausgedrückt, folgt mit einem oft verwendeten Trick, dass die Energie der Relativbewegung E = 12 µ~r˙ 2 + U (r) eine Erhaltungsgröße ist. Beweis: Multiplikation der
Bewegungsgleichung mit ~r˙ .
d
d
1
d~r
dU (r)
dU
2
~ (r) bzw.
µ~r¨ · ~r˙ = −~r˙ · ∇U
µ~r˙ = − · ~er
= − (r~er ) · ~er
(8)
dt 2
dt
dr
dt
dr
dr
d~er
d 1 ˙2
dU
=−
+r
· ~er
→
µ~r + U (r(t)) = 0
(9)
dt
dt
dr
dt 2
2.2 Drehimpuls und effektives Potential
Definition des Drehimpulses ~li :

ypz − zpy
~li = ~ri × p~i = zpx − xpz  = mi~ri × ~r˙i
xpy − ypx

(10)
~
Eine zeitliche Änderung des Drehimpulses ist ein Drehmoment m
~ i = ddtli . Im Zweikör~ = R
~ × MR
~˙ + ~r × µ~r˙ = L
~ S + ~l wieder in
persystem kann der Gesamtdrehimpuls L
Schwerpunkts- und Relativkomponente getrennt werden. Aus den Bewegungsgleichun~ S in jedem Inertialsystem eine Erhaltungsgröße ist und ~l, falls eine
gen folgt, dass L
Zentralkraft vorliegt. Beweis:
d~l
d
f (r)
= µ (~r × ~r˙ ) = µ(~r˙ × ~r˙ + ~r × ~r¨) =
~r × ~r = 0
dt
dt
r
(11)
Daraus folgt, dass der Orts- und Geschwindigkeitsvektor in einer Ebene senktrecht zu
~l stehen. Das heißt man kann die Bewegung durch ebene Polarkoordinaten beschreiben
(eigentlich Zylinderkoordinaten mit z = const. und ~l = l~ez ) ausdrücken. Für den Betrag
des Drehimpulses l ergibt sich
3/6
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l = µr2 Φ̇ = const. , bzw. Φ̇ =
l
µr2
(12)
1
µṙ2
2
Die Energie kann man in ebenen Polarkoordinaten nun E =
1
µṙ2 + V (r) schreiben, mit dem effektiven Potential
2
V (r) = U (r) +
l2
.
2µr2
+
l2
2µr2
+ U (r) =
(13)
Für gegebene Energie E sind durch die Bedingung E − V (ri ) = 0 die sogenannten
Umkehrpunkte definiert. Klassische Teilchen können sich nur in Bereichen E ≥ V (r) bewegen. Die Bewegungsgleichung für das effektive Potential können wir mit Gleichung 4
nach r(t) auflösen und daraus Φ(t) mithilfe von Gleichung 12 durch Integration bestimmen. Man kann auch direkt dt aus Gleichung 4 mit Hilfe von Gleichung 12 eliminieren
und erhält so Φ(r), bzw. r(Φ) durch Inversion.
Zr
Φ − Φ0 =
r0
l
q
r0 2 2µ(E − U (r)) −
l2
r0 2
dr
0
(14)
2.3 Das Kepler-Problem
Den Planetenbahnen liegt das Newton’sche Gravitationsgesetz zugrunde. Daraus ergibt
sich das Potential zu
U (r) − G
m1 m2
k
=−
t
r
(15)
Da es sich bei der Gravitationskraft um eine Zentralkraft handelt, können wir das effektive Potential (Gleichung 13) aufstellen und die Bewegungsgleichung mit Hilfe von
Gleichung 14 lösen. Es ergibt sich
Φ − Φ0 = arccos
p/r − 1
− C,
q
wobei p =
der sogenannte Bahn-Parameter und = 1 +
Für Φ0 = C folgt
l2
kµ
4/6
(16)
2El2
µk2
die Exzentrität ist.
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r(Φ) =
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p
,
1 + cos Φ
(17)
die Polarkoordinaten-Darstellung eines Kegelschnitts. Für E > 0 ergeben sich offene
Bahnen und für E < 0 gebundene Bahnen. Es gibt folgende mögliche Bahnen und
Spezialfälle:
p
k
< 1 (E < 0): Die Bahn ist eine Ellipse mit der großen Halbachse a = 1−
2 = 2|E| und
√
p
l
pa = 2µ|E|
. Für = 0 ergibt sich der Spezialfall
der kleinen Halbachse b = √1−
2 =
eines Kreises (a = b = p).
> 1 (E > 0): Die Bahn ist eine Hyperbel mit dem kleinsten Abstand zum Brennpunkt
p
rmin = 1+
. Für = 1 (E = 0) ergibt sich der Spezialfall einer Parabel.
Aus diesem Ergebnis folgen die drei Kepler’schen Gesetze.
2.4 Das Streuproblem
Streuexperimente sind wichtig um Informationen über Teilchen und ihre Wechselwirkungen zu erhalten. Bei diesen Experimenten misst man den sogenannten differentiellen
Wirkungsquerschnitt
dσ =
in dΩ gestreute Teilchen
dN
dF =
,
einfallendeTeilchen
n
(18)
dabei ist dN die Zahl der in den Winkelbereich [θ, θ + dθ] pro Zeit gestreuten Teilchen,
n die Zahl der pro Zeit und pro Fläche dF einfallenden Teilchen und dΩ das Raumwinkelelement. In unserem Fall gilt dΩ = 2π sin θ dθ. Der Streuwinkel θ ist der Winkel um
dθ
.
db
Φ0 Φ0
θ
b
dF
dΩ
Abb. 1: klassische Streuung
5/6
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den das Teilchen von seiner ursprünglichen Bahn abgelenkt wurde. Der Streuparameter
b ist die Strecke des Lotes vom Streuzentrum auf die ursprüngliche Bahn des Teilchens.
Falls b = b(θ) eindeutig ist folgt dN = n2πb db und mit dΩ
dσ
b db =
dΩ
sin θ dθ (19)
Im Folgenden betrachten wir elastische Streuung, bei der Impuls- und Energieerhaltung gilt. Wir betrachten die Streuung als Zweiteilchenproblem in dem für das Streu2
(v∞ = |~v |r→∞ )
potential U (r → ∞) → 0 gilt. Für die Energie ergibt sich E = 21 mv∞
und für den Drehimpuls l = mbv∞ . Mit Gleichung 14 folgt
Z∞
Φ0 =
r0
b
q
r0 2 1 − (b/r)2 −
Verwenden wir nun das Potential U (r) =
17 und dem Ausdruck für herleiten
b(θ) =
α
r
0
2U (r)
2
mv∞
dr =
π−θ
.
2
(20)
kann man unter Verwendung von Gleichung
|α|
cot(θ/2).
2E
(21)
Daraus ergibt sich mit Gleichung 19 der Rutherford-Wirkungsquerschnitt
α 1
dσ
=
.
4
dΩ
4E sin (θ/2)
6/6
(22)
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