Lebensraum Ostsee - Bayerischer Rundfunk

Werbung
Schulfernsehen
Schulfernsehen
Lebensraum Ostsee
Ein Film von Thomas Willers
Beitrag: Volker Eklkofer & Simon Demmelhuber
Inhalt
Das Phänomen der Bodden
Die Ostsee ist ein vom europäischen Kontinent
fast völlig abgeschlossenes, relativ stark gegliedertes flaches Nebenmeer mit einer mittleren
Tiefe von 52 Metern. Die Größe der Ostsee beträgt etwa 412.000 Quadratkilometer. Mit der
Nordsee ist sie durch Sund, Großen und Kleinen
Belt verbunden. Der Wasseraustausch mit der
Nordsee ist gering. Einzigartige Lebensformen
zwischen Meerwasser und Süßwasser können
gedeihen.
Boddenküsten sind durch die Überflutung von
Grund- und Endmoränenlandschaften entstanden. Unregelmäßig geformte, flache Meeresbuchten prägen ihr Erscheinungsbild vor allem
an der Ostseeküste Mecklenburgs. Die Boddenlandschaft ist Lebensraum für Kormorane und
Seeschwalben. Weiter im Norden trifft man auf
Eiderenten und Kegelrobben.
Die westliche Ostsee ist noch salzhaltig, weiter
nach Osten und Norden versüßen Flüsse zunehmend das Meer. Etwa 500 Kubikkilometer Flusswasser gelangen im Schnitt jährlich in die Ostsee. Die Zufuhr von Flusswasser übersteigt den
Salzwasserzufluss von der Nordsee. Mehr als die
Hälfte davon stammt von den sieben größten
Zuflüssen: Newa, Weichsel, Düna, Memel, Kemijoki, Oder und Göta Älv.
Durch die Nähe
zum Polarkreis
und den hohen
Süßwassergehalt friert zumindest
die
nördliche Ostsee im Winter
meist komplett
zu. Die Vögel
ziehen in wärmere Gefilde. Nur wenige Arten
harren hier über die kalte Jahreszeit aus. Aber
Schneehuhn und Rentier in der an die Ostsee
grenzenden Taiga kann der Frost nichts anhaben.
Die Küsten sind vielgestaltig
und abwechslungsreich
Kreidefelsen finden wir auf Rügen,
riesige Wanderdünen in Pommern,
Strände aus Versteinerungen auf
Gotland. Diese so
genannten RaukFormationen bildeten sich aus Kalkfelsen, deren oberer Teil zuerst aus dem Meer
auftauchte. Die Basis ist schmaler als der Oberteil, weil sie länger der Brandung ausgesetzt war.
© Bayerischer Rundfunk
Winterliches Zufrieren ist möglich
Die Ostsee - ein Meer
vielfältiger Möglichkeiten
Vor 1989 war die Ostsee eine frozen sea, in weiten Teilen militärisches Sperrgebiet, durchtrennt
vom Eisernen Vorhang. Seit dem Ende des Kalten Krieges ist sie als als übergreifender Raum
jedoch wieder ins Blickfeld der Europäer gerückt.
Die Ostsee erstreckt sich zwischen Skandinavien, Finnland, Russland, dem Baltikum, Polen,
1
Schulfernsehen
Schulfernsehen
Deutschland und Dänemark und ist besonders
geeignet, die Menschen, Kulturen und Volkswirtschaften dieser Region miteinander zu verbinden.
Fakten
Die Ostsee im Überblick
Fläche: 412.560 Quadratkilometer
Zum Vergleich: Die Fläche der Bundesrepublik
Deutschland beträgt 356.957 Quadratkilometer.
Mit der Nordsee ist die Ostsee durch Sund,
Großen und Kleinen Belt verbunden.
Wasservolumen: 21.631 Kubikkilometer
(ca. die Hälfte des Nordseevolumens)
Süd-Nord-Ausdehnung: 1.300 Kilometer
(54° - 66° N)
West-Ost-Ausdehnung: 1.000 Kilometer
(10° - 30° E)
Maximale Breite: ca. 300 Kilometer
Mittlere Tiefe: 52 Meter
Salzgehalt im Oberflächenwasser sehr gering:
5-20 g/l (im Schnitt 7 Prozent)
Gezeiten:
minimal; die Gezeitenwelle aus dem Atlantik, die an der
Nordsee kräftige
Strömungen verursacht,
wird
durch die enge
Verbindung
zwischen Nord- und Ostsee stark abgeschwächt. Da
die Ostsee ein salzarmes Brackwassermeer ist,
kann es zur Bildung von Wintereis kommen. Erdgeschichtlich betrachtet ist die vor knapp 10.000
Jahren entstandene Ostsee sehr jung. In mehreren Kältephasen türmten sich über dem Gebiet
des heutigen Norwegen/Schweden Eismassen
bis zu 3.000 Meter hoch auf und dehnten sich allmählich in südlicher Richtung aus. Es entstand
ein tiefer Einschnitt ins Land, der sich später mit
dem Schmelzwasser der Gletscher füllte. Das
nun „erleichterte“ Skandinavien, das sich auf einer Erdplatte der Magma befindet, hob sich um
einige hundert Meter. Die an den einstigen Eisrändern von den Gletschern aufgeschobenen
Geröll- und Schutthügel versanken. Schließlich
entstand die dänische Inselgruppe, die Verbindung zu den Weltmeeren war hergestellt.
Die Ostsee ist nach wie vor ein unruhiges Meer.
Ihr südlicher Rand sinkt jährlich um etwa einen
Zentimeter. Im Norden steigt hingegen das Land
empor. Der Skuleberget bei Örnskölsvik an der
schwedischen Ostküste ist heute 300 Meter
hoch. Als er von ca. 8.000 Jahren von den abschmelzenden Gletschern freigegeben wurde,
war er eine kleine Insel, die kaum aus dem Meer
ragte. Heute kann ein Mensch im Laufe seines
Lebens beobachten, wie im Norden neue Ostseeinseln aus dem Wasser auftauchen und
Flussmündungen sich ins Land zurückziehen.
Größte Tiefe: 459 Meter
Nutzung: Schiffsverkehr, Fischfang, Tourismus
Maximale Tiefe von Einzelbecken: Arkona Becken (48 Meter), Bornholm Becken (92 Meter),
Danziger Becken (112 Meter), Westliches Gotland Becken (459 Meter), Östliches Gotland Becken (248 Meter)
Im Ostseeraum leben mehr als 80 Millionen
Menschen.
Wie die Ostsee regeneriert
Etwa 500 Kubikkilometer Flusswasser gelangen
im Schnitt jährlich in die Ostsee. Die größten Zuflüsse sind Newa, Weichsel, Düna, Memel, Kemijoki, Oder und Göta Älv.
Die Zufuhr von Süßwasser übersteigt den Salzwasserzufluss von der Nordsee. So bleibt der
© Bayerischer Rundfunk
Zwischen Ostsee und Nordsee findet ein – wenngleich bescheidener – Wasseraustausch statt.
Salzwasser gelangt über den Sund und die engen, flachen Belte in die Ostsee. Daher ist der
Salzgehalt in der westlichen Ostsee am Höchsten: An der Küste Schleswig-Holsteins beträgt er
2
Schulfernsehen
15-18 Prozent. Nach Osten und Norden hin süßt
das Wasser zunehmend aus, im Bottnischen
Meerbusen wird nur mehr ein Salzgehalt von
etwa fünf Prozent gemessen.
Die Salzig-Süß-Veränderung findet nicht nur von
West nach Ost, sondern auch von unten nach
oben statt. Das Salzwasser breitet sich entsprechend seiner höheren Dichte in den tieferen
Wasserschichten aus. Das Oberflächenwasser
(bis zu 50 Meter Tiefe) dagegen enthält Niederschlag und den Zustrom aus den Flüssen. Es ist
deshalb weniger salzig und leichter. So kommt
es zu einer ganzjährig vertikalen Dichteschichtung. Austauschprozesse zwischen den beiden
Wasserkörpern gibt es kaum.
Der Selbstvergiftung (Sauerstoffmangel
durch
Abbau
von Algen und
organischen
Rückständen in
tieferen Schichten, in der Folge
Schwefelwasserstoffbil dung) entgeht die Ostsee nur, weil im Winter und
Frühjahr bei stürmischem Wetter mächtige
Schübe von salz- und sauerstoffreichem Nordseewasser eindringen. Ideal ist folgende Konstellation: Über einen längeren Zeitraum herrscht ein
kaltes Kontinentalklima mit starkem Ostwind.
Dieser drückt Oberflächenwasser nach Westen
und durch den dänischen Archipel aus der Ostsee hinaus. Dann dreht sich der Wind, belebende Nordseefluten mit hohem Sauerstoffgehalt
werden hineingepresst, es kommt zum Austausch von Oberflächen- und Tiefenwasser.
Schulfernsehen
Blasentang. Auch Heringe, typische Salzwasserfische, wachsen in der Ostsee schlechter.
Seesterne, deren Hauptnahrung Miesmuscheln
sind, können im Brackwasser zwar überleben,
sich aber nicht fortpflanzen. Ohne den Zustrom
von Larven aus der Nordsee gäbe es keine
Seesterne in der Ostsee. Seeigel weichen in die
tiefen Regionen aus und meiden das salzarme
Oberflächenwasser.
Die Dünenlandschaft
An Stränden, die von der Ostsee ausreichend
Sand erhalten, können sich mithilfe des Windes
Dünen bilden. Aus kleinen, aufgewehten Sandhügeln werden Primärdünen. Pionierpflanzen wie
Strandroggen und Sandhafer fassen Fuß. Mit ihren Wurzeln festigen sie das Fundament der Dünen und verhindern, dass der feinkörnige Sand
von Wind und Wellen abgetragen wird. Schließlich formieren sich bewachsene Weißdünen.
Tiefer im Landesinneren entstehen Graudünen,
bei denen sich der Sand mit Humus vermischt.
Leben zwischen Süß- und Meerwasser
Im Ostseeraum ist trotz der widrigen Bedingungen eine ansehnliche Tier- und Pflanzenwelt zu
finden. Die westliche Ostsee besiedeln „Salzliebhaber“ aus der Nordsee (z. B. Seenelken, Röhrenkalkschwamm). Aus den Flüssen des Nordens und Ostens kommen Süßwasserarten wie
der Hecht, die in den salzarmen Regionen leben.
Den meisten Salz bevorzugenden Arten ist gemein, dass sie kleiner sind, als ihre Verwandten
in der Nordsee. Ostsee-Miesmuscheln haben
sich angepasst und sind bis in die ausgesüßten
Gegenden vorgerückt. Beim Größenvergleich
können sie mit Wattenmeer-Miesmuscheln nicht
konkurrieren. Ähnlich verhält es sich mit dem
© Bayerischer Rundfunk
Silber- und Schillergras sind typische Graudünenpflanzen. In den Braundünen dominiert der
Humus. Hier breiten sich Heide, Krähenbeere
und Sanddorn aus. Dieses Gestrüpp ermöglicht
es höheren Pflanzen und Bäumen (Kiefer, Eberesche, Birke, Buche, Eiche) anzuwachsen, ihre
Samen bleiben hängen und treiben aus. Moore,
3
Schulfernsehen
Schulfernsehen
Sümpfe und Tümpel können sich in tief gelegenen Dünentälern bilden.
Steile und flache Küsten
Kliffs nennt man
Steilküstenwände, die durch Abtragung entstanden sind. Vor allem
Lockergesteinsküsten
in
S ch l e swig - Ho l stein und Mecklenburg-Vorpommern eignen sich für die Kliffbildung: Hänge werden in Wellenhöhe durch die Brandung unterhöhlt. Aktive Kliffs werden ständig landeinwärts
zurückverlegt. Immer wieder bricht Gestein ab,
wird von der Brandung zerkleinert und weggespült. Kies, Geröll und größere Gesteinsbrocken
bleiben am Fuß der Steilwand liegen. In einem
Lebensraum, der derartigen Veränderungen unterworfen ist, wachsen nur einjährige krautige
Pflanzen. Bäume und Sträucher entwickeln sich
erst, wenn ein Kliff zur Ruhe gekommen ist.
Bodden
Boddenküsten, z. B. zwischen Darß und Rügen
in Mecklenburg-Vorpommern, sind durch die
Überflutung von Grund- und Endmoränenlandschaften entstanden. Das Wasser spülte immer
wieder Land fort, das an anderer Stelle als Nehrung, Halbinsel oder Insel hängen blieb. Unregelmäßig geformte, flache Meeresbuchten prägen
das Erscheinungsbild der Boddenküsten.
An die Bodden schließen sich landeinwärts Salzwiesen an, die vor allem während der Wintermonate und bei Stürmen überspült werden. Einige Pflanzen und Tiere haben sich an diesen Lebensraum angepasst. So blühen von Mai bis Oktober auf den Salzwiesen Strandastern, Strandflieder und Löwenzahn. Zahlreiche Vögel – Graureiher, Milane, Bussarde, Möwen, Enten - nutzen
die Salzwiesen als Brut- oder Rastplätze oder
finden hier Nahrung. Salzwiesen werden auch
mit Rindern und Schafen beweidet.
Vogelparadies Ostsee
Der reich strukturierte Ostseeraum bietet vielen
Vögeln gute Existenzbedingungen: offenes Meer,
flache Buchten, Brackwasserbereiche, Salzwiesen, Dünen, Sümpfe, Wälder und Lichtungen. Im
Küstenbereich mischen sich die Lebenswelten
des Festlandes und des Meeres, Nahrungsketten
der Pflanzen- und Tiergemeinschaften verbinden
sich. Die Tiere finden Rast- und Brutplätze sowie
Nahrung. So verwundert es nicht, dass wichtige
Zugvogelrouten in die Ostseeregion führen. Allein in der Frischen Nehrung, einer 70 Kilometer
lagen Landzunge östlich von Danzig, wurden bislang 230 Vogelarten beobachtet.
Im Frühjahr und Herbst fallen in Mecklenburg-Vorpommern zehntausende Kraniche ein und
machen auf dem Weg zu den Sommer- bzw.
Winterquartieren in der Region einen mehrwöchigen Zwischenstopp. An der Ostsee halten sich
auch Tausende Grau-, Saat- und Nonnengänse
auf. Die Nonnengänse, die über 60 Zentimeter
lang werden und deren Laute wie Hundegebell
klingt, sind zwar gesellige Tiere, mischen sich
aber nicht unter andere Wildgänse.
Gänzlich von der Ostsee abgetrennte, mit Brackwasser gefüllte Bodden süßen im Laufe der Zeit
aus. Dornenbesetzte Armleuchteralgen bilden
auf schlickigem Grund bis zur Wasseroberfläche
reichende Rasen.
© Bayerischer Rundfunk
In den Küstenbereichen leben u. a. Große Brachvögel, Bekassinen, Uferschnepfen und Säbelschnäbler. Natürlich dürfen Brandseeschwalben
nicht fehlen. Diese enorm anpassungsfähigen
Vögel sind in allen Erdteilen und Klimabereichen
zuhause – von den Tropen bis in die kühlen Zo4
Schulfernsehen
nen Schwedens. Bis ins 20. Jahrhundert wurden
die Eier von Brandseeschwalben gesammelt und
wie Hühnereier gehandelt.
Schulfernsehen
Weltkrieg nachließ, kam es im Süden und Westen zur Wiederbesiedelung (Dänemark ab 1954,
Schleswig-Holstein ab 1960). Der Bestand blieb
jedoch instabil. Eine Rolle spielte die Umweltbelastung durch giftige Chemikalien, die die Vögel
mit der Nahrung aufnahmen. Embryonen starben
ab, Eierschalen zerbrachen. Als weitere Bedrohung erwiesen sich Eiersammler und Jäger, in
deren Fuchsfallen die Adler gerieten. Zudem
störten Vogelbeobachter die Tiere während der
Brutzeit (Seeadler sind Fels- und Baumbrüter, 23 Eier, Brutdauer ca. 40 Tage). Seit 1970 werden
die Seeadler in Deutschland streng bewacht.
Robben in den Küstengewässern der Ostsee
An den Küsten brüten Kormorane in Kolonien.
Die großen, schlanken und dunkel gefärbten Vögel (Länge ca. 90 Zentimeter, Spannweite 1,40
Meter) sind hervorragende Fischer und Unterwasserschwimmer. Ihr Tagesbedarf wird auf
etwa ein Pfund Fisch geschätzt. Vor allem im 19.
Jahrhundert wurde der Kormoran als Fischereischädling bekämpft, das Vorgehen gegen die
Tiere glich Kriegszügen. Die preußische Regierung schickte sogar Militär zur Kormoranjagd.
Mitte des 20. Jahrhunderts zählte der Kormoran
in Deutschland zu den gefährdeten Arten und
wurde geschützt. Inzwischen haben sich die Bestände erholt, in einigen Gegenden nehmen die
Kormorane sogar überhand. Fischer klagen über
die Kormorane und fordern ihren Abschuss.
Ein häufiger Vogel ist die Eiderente, eine plump
wirkende Tauchente mit kurzem Hals, die sich
gern zwischen vorgelagerten Inseln und in der
Nähe geschützter Meeresbuchten aufhält, die sie
bei stürmischer See als Ruheraum nutzt.
Mit einer Spannweite bis 2,40 Meter
und einer Länge bis
80 Zentimeter ist
der Seeadler ein
mächtiger Greifvogel, der Fische bis
zu einem Gewicht
von
acht
Kilogramm
erbeuten
kann. Im 19. und
frühen 20. Jahrhundert wurde er als „Schädling“
intensiv bejagt, der Bestand brach zusammen.
1875 verschwand der Seeadler aus Schleswig-Holstein, 1912 aus Dänemark. Nur im nördlichen Ostseeraum hielten sich noch einige Brutpaare. Als der Jagddruck nach dem Zweiten
© Bayerischer Rundfunk
In der westlichen
Ostsee, etwa in
der
Wismarer
Bucht, leben Seehunde
(Länge
1,45–1,95 Meter,
Gewicht 50-100
Kilogramm). Sie
ernähren sich von
Fischen, Weichtieren und Krebsen, die sie unzerkaut verschlingen. Die Brunft findet im
Juli/August statt. Nach elf Monaten kommt ein
Junges („Heuler“), selten zwei, zur Welt.
In der östlichen Ostsee ist die kleinere
Ringelrobbe zu finden; sie brunftet im
Juni und wirft im
März. In der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts kehrte die
wuchtige Kegelrobbe (Länge bis 2,30 Meter, Gewicht bis 300 Kilogramm), die seit dem 15. Jahrhundert verschwunden war, in die Ostsee zurück.
Gefährdung der Ostsee
Überdüngung: Etwa 40 Prozent des Einzugsgebiets der Ostsee werden intensiv landwirtschaftlich genutzt. Über die Flüsse kommt es zum
Stickstoff- und Phosphateintrag ins Meer. Nach
Angaben des World Wide Fund for Nature
(WWF) werden jährlich eine Million Tonnen
Stickstoff und 35.000 Tonnen Phosphor ins Meer
eingeleitet. Es kommt zur verstärkten Algenproduktion, die zum ohnehin problematischen Sauerstoffmangel in der Ostsee beiträgt. Am Meeresboden entstehen in Folge der Algenblüte sauerstoffarme „Todeszonen“. Laut WWF ist bereits
ein Sechstel des Ostseebodens tot.
5
Schulfernsehen
Schulfernsehen
Vergiftung und Sauerstoffauszehrung durch
gering geklärte Industrie- und Hausabwässer.
Altlasten: Vor der schwedischen Küste lagern
tausende Fässer mit hochgiftigem Quecksilber.
In den 1950er und 60er Jahren wurden die Behälter im Auftrag der Papierindustrie in der Ostsee „entsorgt“. Gelangt das Quecksilber ins Wasser, kann es sich in der Nahrungskette anreichern und die Nerven-, Herzkreislauf- und Fortpflanzungssysteme von Lebewesen schädigen.
Außerdem wurden nach dem Zweiten Weltkrieg
große Mengen Munition und chemische Kampfstoffe in der Ostsee versenkt.
Überfischung der kommerziell wichtigsten Arten
Hering und Dorsch.
Verschmutzung durch Schiffe, vor allem durch
havarierte Öltanker.
Einschleppen von Pflanzen und Tieren aus anderen Gewässern. Eindringen anpassungsfähiger
Invasoren (z.B. Schiffsbohrwurm, Quallen).
Bauwerke (Brücken über den Großen Belt und
den Öresund, Tunnel, Offshore-Windanlagen)
behindern den wichtigen Austausch zwischen
Ostsee-Brackwasser und frischem, sauerstoffreichem Nordseewasser.
Klimawandel: Der Report "Assessment of Climate Change for the Baltic Sea Basin" (2008)
war die erste groß angelegte Bestandsaufnahme
zum Klimawandel im Ostseeraum. Beteiligt waren 80 Wissenschaftler aus 13 Ländern. Sie gehen davon aus, dass sich die Luft im Ostseeraum bis zum Ende des Jahrhunderts um drei bis
fünf Grad, das Oberflächenwasser um zwei bis
vier Grad erwärmen wird. Die Niederschläge
könnten im Winter um bis zu 75 Prozent zunehmen, im Sommer um bis zu 45 Prozent zurückgehen. Das Wintereis wird um 50 bis 80 Prozent
abnehmen - und dann ist u. a. die Ringelrobbe in
Gefahr, die ihre Jungen auf Eis zur Welt bringt.
Zudem verändert sich die Lage an den Küsten.
Im Süden der Ostsee ist mit einem Anstieg des
Meeresspiegels um 20 bis 60 Zentimeter zu
rechnen, in Norden ist der Anstieg wegen der natürlichen Landhebung geringer.
Die Forscher befürchten auch, dass sich das
Problem der Algenblüte verschärfen wird. Neue
Arten, z. B. Vögel aus dem Mittelmeerraum, werden einwandern.
Didaktische Hinweise
Die Sendung ist für den Einsatz im GSE- und Erdkundeunterricht ab der 5. Jahrgangsstufe geeignet.
Sie kann auch im PCB- und Biologieunterricht sowie im Fach Natur und Technik eingesetzt werden.
Lehrplanbezüge (Bayern)
Mittelschule
PCB
6. Jahrgangsstufe
6.2 Lebensraum Wasser
6.2.2 Angepasstheit von Lebewesen an den Lebensraum Wasser
GSE
7. Jahrgangsstufe
7.8 Deutschland
7.8.1 Deutschland im Überblick
- naturräumliche Gliederung
Realschule
Erdkunde
5. Jahrgangsstufe
5.5 Orientierung in Deutschland und in Bayern
- Deutschland: Großlandschaften
© Bayerischer Rundfunk
6
Schulfernsehen
Schulfernsehen
6. Jahrgangsstufe
6.2 Natur- und Kulturraum Europa
Biologie
8.4 Lebensgemeinschaft Gewässer
Gymnasium
Geographie
5. Jahrgangsstufe
5.2 Naturräume in Bayern und Deutschland
- naturräumliche Gliederung Deutschlands
- Natur- oder Nationalparks
- Küste: ausgewählte Küstenformen im Überblick
Natur und Technik
6.1 Schwerpunkt Biologie
6.1.1 Wirbeltiere in verschiedenen Lebensräumen
Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel
Lernziele
Die Schülerinnen und Schüler sollen
•
erfahren, wie die Ostsee entstand;
•
wissen, dass die Ostsee ein besonderer Lebensraum ist, der seinen Bewohnern ein hohes Maß an
Flexibilität abfordert;
•
ausgewählte Tiere und Pflanzen kennen lernen;
•
über die Gefährdung der Ostsee informiert werden;
•
verstehen, dass der Schutz der Ostsee eine gemeinsame Aufgabe der Anrainerstaaten ist.
Anregungen
Der Film bietet vielerlei Einsatzmöglichkeiten im GSE-/Erdkunde- bzw. PCB-/Biologieunterricht.
Wichtig ist es zunächst, den Schülerinnen und Schülern die Bedeutung des Wasseraustausches zwi schen Nord- und Ostsee zu verdeutlichen. Nur wenn brackiges, sauerstoffarmes Ostseewasser abfließt und sauerstoffreiches Nordseewasser durch den Kattegat eindringt, bleibt der Lebensraum Ostsee erhalten, eine Selbstvergiftung wird verhindert. Tiere und Pflanzen müssen sich an die extremen
Bedingungen anpassen.
Die Gefährdung der Ostsee sollte ebenfalls thematisiert werden: Das Meer ist mit Nährstoffen über sättigt und mit Schadstoffen vergiftet. Nur durch gemeinsame Anstrengungen der Anrainerstaaten ist
die Ostsee noch zu retten.
Am Beispiel der im Film gezeigten Kormorankolonien kann der Konflikt zwischen Mensch und Tier
exemplarisch aufgezeigt werden. Ein ausgewachsener Kormoran benötigt täglich bis zu einem Pfund
Fisch. Die Fischer betrachten die Tiere als lästige Konkurrenten, klagen über einen Rückgang der
Fänge und fordern unterstützt von manchen Politikern ihren Abschuss.
Arbeitsblätter zur Ostsee sind bei Planet Schule zu finden.
© Bayerischer Rundfunk
7
Schulfernsehen
Schulfernsehen
Literatur- und Internettipps
Küster, Hansjörg. Die Ostsee. Eine Natur- und Kulturgeschichte. München: Verlag C.H. Beck, 2002
(ISBN: 3-406-49362-9).
Schories, Dirk und Wilhelmsen, Ute. Die Ostsee. Tiere und Pflanzen. Stuttgart: Verlag FranckhKosmos, 2006 (ISBN: 4-440-10224-6).
Links
http://www.planet-schule.de/wissenspool/natur-nah/inhalt/sendungen/lebensraum-ostsee.html
Informationen von Planet Schule zur Sendung; mit Linkliste und Arbeitsblättern
http://www.ostsee.de/
Tourismus-Informationen zur Ostsee
http://www.io-warnemuende.de/
Das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
http://www.io-warnemuende.de/forum/splitter05/lem1.html
Entstehungsgeschichte der Ostsee
http://www.ostseeschutz.de/
Die Arbeitsgruppe Ostsee des BUND
http://www.ozeaneum.de/aquarien/ostsee.html
Ozeaneum Stralsund
© Bayerischer Rundfunk
8
Herunterladen