Schulfernsehen Schulfernsehen Lebensraum Ostsee Ein Film von Thomas Willers Beitrag: Volker Eklkofer & Simon Demmelhuber Inhalt Das Phänomen der Bodden Die Ostsee ist ein vom europäischen Kontinent fast völlig abgeschlossenes, relativ stark gegliedertes flaches Nebenmeer mit einer mittleren Tiefe von 52 Metern. Die Größe der Ostsee beträgt etwa 412.000 Quadratkilometer. Mit der Nordsee ist sie durch Sund, Großen und Kleinen Belt verbunden. Der Wasseraustausch mit der Nordsee ist gering. Einzigartige Lebensformen zwischen Meerwasser und Süßwasser können gedeihen. Boddenküsten sind durch die Überflutung von Grund- und Endmoränenlandschaften entstanden. Unregelmäßig geformte, flache Meeresbuchten prägen ihr Erscheinungsbild vor allem an der Ostseeküste Mecklenburgs. Die Boddenlandschaft ist Lebensraum für Kormorane und Seeschwalben. Weiter im Norden trifft man auf Eiderenten und Kegelrobben. Die westliche Ostsee ist noch salzhaltig, weiter nach Osten und Norden versüßen Flüsse zunehmend das Meer. Etwa 500 Kubikkilometer Flusswasser gelangen im Schnitt jährlich in die Ostsee. Die Zufuhr von Flusswasser übersteigt den Salzwasserzufluss von der Nordsee. Mehr als die Hälfte davon stammt von den sieben größten Zuflüssen: Newa, Weichsel, Düna, Memel, Kemijoki, Oder und Göta Älv. Durch die Nähe zum Polarkreis und den hohen Süßwassergehalt friert zumindest die nördliche Ostsee im Winter meist komplett zu. Die Vögel ziehen in wärmere Gefilde. Nur wenige Arten harren hier über die kalte Jahreszeit aus. Aber Schneehuhn und Rentier in der an die Ostsee grenzenden Taiga kann der Frost nichts anhaben. Die Küsten sind vielgestaltig und abwechslungsreich Kreidefelsen finden wir auf Rügen, riesige Wanderdünen in Pommern, Strände aus Versteinerungen auf Gotland. Diese so genannten RaukFormationen bildeten sich aus Kalkfelsen, deren oberer Teil zuerst aus dem Meer auftauchte. Die Basis ist schmaler als der Oberteil, weil sie länger der Brandung ausgesetzt war. © Bayerischer Rundfunk Winterliches Zufrieren ist möglich Die Ostsee - ein Meer vielfältiger Möglichkeiten Vor 1989 war die Ostsee eine frozen sea, in weiten Teilen militärisches Sperrgebiet, durchtrennt vom Eisernen Vorhang. Seit dem Ende des Kalten Krieges ist sie als als übergreifender Raum jedoch wieder ins Blickfeld der Europäer gerückt. Die Ostsee erstreckt sich zwischen Skandinavien, Finnland, Russland, dem Baltikum, Polen, 1 Schulfernsehen Schulfernsehen Deutschland und Dänemark und ist besonders geeignet, die Menschen, Kulturen und Volkswirtschaften dieser Region miteinander zu verbinden. Fakten Die Ostsee im Überblick Fläche: 412.560 Quadratkilometer Zum Vergleich: Die Fläche der Bundesrepublik Deutschland beträgt 356.957 Quadratkilometer. Mit der Nordsee ist die Ostsee durch Sund, Großen und Kleinen Belt verbunden. Wasservolumen: 21.631 Kubikkilometer (ca. die Hälfte des Nordseevolumens) Süd-Nord-Ausdehnung: 1.300 Kilometer (54° - 66° N) West-Ost-Ausdehnung: 1.000 Kilometer (10° - 30° E) Maximale Breite: ca. 300 Kilometer Mittlere Tiefe: 52 Meter Salzgehalt im Oberflächenwasser sehr gering: 5-20 g/l (im Schnitt 7 Prozent) Gezeiten: minimal; die Gezeitenwelle aus dem Atlantik, die an der Nordsee kräftige Strömungen verursacht, wird durch die enge Verbindung zwischen Nord- und Ostsee stark abgeschwächt. Da die Ostsee ein salzarmes Brackwassermeer ist, kann es zur Bildung von Wintereis kommen. Erdgeschichtlich betrachtet ist die vor knapp 10.000 Jahren entstandene Ostsee sehr jung. In mehreren Kältephasen türmten sich über dem Gebiet des heutigen Norwegen/Schweden Eismassen bis zu 3.000 Meter hoch auf und dehnten sich allmählich in südlicher Richtung aus. Es entstand ein tiefer Einschnitt ins Land, der sich später mit dem Schmelzwasser der Gletscher füllte. Das nun „erleichterte“ Skandinavien, das sich auf einer Erdplatte der Magma befindet, hob sich um einige hundert Meter. Die an den einstigen Eisrändern von den Gletschern aufgeschobenen Geröll- und Schutthügel versanken. Schließlich entstand die dänische Inselgruppe, die Verbindung zu den Weltmeeren war hergestellt. Die Ostsee ist nach wie vor ein unruhiges Meer. Ihr südlicher Rand sinkt jährlich um etwa einen Zentimeter. Im Norden steigt hingegen das Land empor. Der Skuleberget bei Örnskölsvik an der schwedischen Ostküste ist heute 300 Meter hoch. Als er von ca. 8.000 Jahren von den abschmelzenden Gletschern freigegeben wurde, war er eine kleine Insel, die kaum aus dem Meer ragte. Heute kann ein Mensch im Laufe seines Lebens beobachten, wie im Norden neue Ostseeinseln aus dem Wasser auftauchen und Flussmündungen sich ins Land zurückziehen. Größte Tiefe: 459 Meter Nutzung: Schiffsverkehr, Fischfang, Tourismus Maximale Tiefe von Einzelbecken: Arkona Becken (48 Meter), Bornholm Becken (92 Meter), Danziger Becken (112 Meter), Westliches Gotland Becken (459 Meter), Östliches Gotland Becken (248 Meter) Im Ostseeraum leben mehr als 80 Millionen Menschen. Wie die Ostsee regeneriert Etwa 500 Kubikkilometer Flusswasser gelangen im Schnitt jährlich in die Ostsee. Die größten Zuflüsse sind Newa, Weichsel, Düna, Memel, Kemijoki, Oder und Göta Älv. Die Zufuhr von Süßwasser übersteigt den Salzwasserzufluss von der Nordsee. So bleibt der © Bayerischer Rundfunk Zwischen Ostsee und Nordsee findet ein – wenngleich bescheidener – Wasseraustausch statt. Salzwasser gelangt über den Sund und die engen, flachen Belte in die Ostsee. Daher ist der Salzgehalt in der westlichen Ostsee am Höchsten: An der Küste Schleswig-Holsteins beträgt er 2 Schulfernsehen 15-18 Prozent. Nach Osten und Norden hin süßt das Wasser zunehmend aus, im Bottnischen Meerbusen wird nur mehr ein Salzgehalt von etwa fünf Prozent gemessen. Die Salzig-Süß-Veränderung findet nicht nur von West nach Ost, sondern auch von unten nach oben statt. Das Salzwasser breitet sich entsprechend seiner höheren Dichte in den tieferen Wasserschichten aus. Das Oberflächenwasser (bis zu 50 Meter Tiefe) dagegen enthält Niederschlag und den Zustrom aus den Flüssen. Es ist deshalb weniger salzig und leichter. So kommt es zu einer ganzjährig vertikalen Dichteschichtung. Austauschprozesse zwischen den beiden Wasserkörpern gibt es kaum. Der Selbstvergiftung (Sauerstoffmangel durch Abbau von Algen und organischen Rückständen in tieferen Schichten, in der Folge Schwefelwasserstoffbil dung) entgeht die Ostsee nur, weil im Winter und Frühjahr bei stürmischem Wetter mächtige Schübe von salz- und sauerstoffreichem Nordseewasser eindringen. Ideal ist folgende Konstellation: Über einen längeren Zeitraum herrscht ein kaltes Kontinentalklima mit starkem Ostwind. Dieser drückt Oberflächenwasser nach Westen und durch den dänischen Archipel aus der Ostsee hinaus. Dann dreht sich der Wind, belebende Nordseefluten mit hohem Sauerstoffgehalt werden hineingepresst, es kommt zum Austausch von Oberflächen- und Tiefenwasser. Schulfernsehen Blasentang. Auch Heringe, typische Salzwasserfische, wachsen in der Ostsee schlechter. Seesterne, deren Hauptnahrung Miesmuscheln sind, können im Brackwasser zwar überleben, sich aber nicht fortpflanzen. Ohne den Zustrom von Larven aus der Nordsee gäbe es keine Seesterne in der Ostsee. Seeigel weichen in die tiefen Regionen aus und meiden das salzarme Oberflächenwasser. Die Dünenlandschaft An Stränden, die von der Ostsee ausreichend Sand erhalten, können sich mithilfe des Windes Dünen bilden. Aus kleinen, aufgewehten Sandhügeln werden Primärdünen. Pionierpflanzen wie Strandroggen und Sandhafer fassen Fuß. Mit ihren Wurzeln festigen sie das Fundament der Dünen und verhindern, dass der feinkörnige Sand von Wind und Wellen abgetragen wird. Schließlich formieren sich bewachsene Weißdünen. Tiefer im Landesinneren entstehen Graudünen, bei denen sich der Sand mit Humus vermischt. Leben zwischen Süß- und Meerwasser Im Ostseeraum ist trotz der widrigen Bedingungen eine ansehnliche Tier- und Pflanzenwelt zu finden. Die westliche Ostsee besiedeln „Salzliebhaber“ aus der Nordsee (z. B. Seenelken, Röhrenkalkschwamm). Aus den Flüssen des Nordens und Ostens kommen Süßwasserarten wie der Hecht, die in den salzarmen Regionen leben. Den meisten Salz bevorzugenden Arten ist gemein, dass sie kleiner sind, als ihre Verwandten in der Nordsee. Ostsee-Miesmuscheln haben sich angepasst und sind bis in die ausgesüßten Gegenden vorgerückt. Beim Größenvergleich können sie mit Wattenmeer-Miesmuscheln nicht konkurrieren. Ähnlich verhält es sich mit dem © Bayerischer Rundfunk Silber- und Schillergras sind typische Graudünenpflanzen. In den Braundünen dominiert der Humus. Hier breiten sich Heide, Krähenbeere und Sanddorn aus. Dieses Gestrüpp ermöglicht es höheren Pflanzen und Bäumen (Kiefer, Eberesche, Birke, Buche, Eiche) anzuwachsen, ihre Samen bleiben hängen und treiben aus. Moore, 3 Schulfernsehen Schulfernsehen Sümpfe und Tümpel können sich in tief gelegenen Dünentälern bilden. Steile und flache Küsten Kliffs nennt man Steilküstenwände, die durch Abtragung entstanden sind. Vor allem Lockergesteinsküsten in S ch l e swig - Ho l stein und Mecklenburg-Vorpommern eignen sich für die Kliffbildung: Hänge werden in Wellenhöhe durch die Brandung unterhöhlt. Aktive Kliffs werden ständig landeinwärts zurückverlegt. Immer wieder bricht Gestein ab, wird von der Brandung zerkleinert und weggespült. Kies, Geröll und größere Gesteinsbrocken bleiben am Fuß der Steilwand liegen. In einem Lebensraum, der derartigen Veränderungen unterworfen ist, wachsen nur einjährige krautige Pflanzen. Bäume und Sträucher entwickeln sich erst, wenn ein Kliff zur Ruhe gekommen ist. Bodden Boddenküsten, z. B. zwischen Darß und Rügen in Mecklenburg-Vorpommern, sind durch die Überflutung von Grund- und Endmoränenlandschaften entstanden. Das Wasser spülte immer wieder Land fort, das an anderer Stelle als Nehrung, Halbinsel oder Insel hängen blieb. Unregelmäßig geformte, flache Meeresbuchten prägen das Erscheinungsbild der Boddenküsten. An die Bodden schließen sich landeinwärts Salzwiesen an, die vor allem während der Wintermonate und bei Stürmen überspült werden. Einige Pflanzen und Tiere haben sich an diesen Lebensraum angepasst. So blühen von Mai bis Oktober auf den Salzwiesen Strandastern, Strandflieder und Löwenzahn. Zahlreiche Vögel – Graureiher, Milane, Bussarde, Möwen, Enten - nutzen die Salzwiesen als Brut- oder Rastplätze oder finden hier Nahrung. Salzwiesen werden auch mit Rindern und Schafen beweidet. Vogelparadies Ostsee Der reich strukturierte Ostseeraum bietet vielen Vögeln gute Existenzbedingungen: offenes Meer, flache Buchten, Brackwasserbereiche, Salzwiesen, Dünen, Sümpfe, Wälder und Lichtungen. Im Küstenbereich mischen sich die Lebenswelten des Festlandes und des Meeres, Nahrungsketten der Pflanzen- und Tiergemeinschaften verbinden sich. Die Tiere finden Rast- und Brutplätze sowie Nahrung. So verwundert es nicht, dass wichtige Zugvogelrouten in die Ostseeregion führen. Allein in der Frischen Nehrung, einer 70 Kilometer lagen Landzunge östlich von Danzig, wurden bislang 230 Vogelarten beobachtet. Im Frühjahr und Herbst fallen in Mecklenburg-Vorpommern zehntausende Kraniche ein und machen auf dem Weg zu den Sommer- bzw. Winterquartieren in der Region einen mehrwöchigen Zwischenstopp. An der Ostsee halten sich auch Tausende Grau-, Saat- und Nonnengänse auf. Die Nonnengänse, die über 60 Zentimeter lang werden und deren Laute wie Hundegebell klingt, sind zwar gesellige Tiere, mischen sich aber nicht unter andere Wildgänse. Gänzlich von der Ostsee abgetrennte, mit Brackwasser gefüllte Bodden süßen im Laufe der Zeit aus. Dornenbesetzte Armleuchteralgen bilden auf schlickigem Grund bis zur Wasseroberfläche reichende Rasen. © Bayerischer Rundfunk In den Küstenbereichen leben u. a. Große Brachvögel, Bekassinen, Uferschnepfen und Säbelschnäbler. Natürlich dürfen Brandseeschwalben nicht fehlen. Diese enorm anpassungsfähigen Vögel sind in allen Erdteilen und Klimabereichen zuhause – von den Tropen bis in die kühlen Zo4 Schulfernsehen nen Schwedens. Bis ins 20. Jahrhundert wurden die Eier von Brandseeschwalben gesammelt und wie Hühnereier gehandelt. Schulfernsehen Weltkrieg nachließ, kam es im Süden und Westen zur Wiederbesiedelung (Dänemark ab 1954, Schleswig-Holstein ab 1960). Der Bestand blieb jedoch instabil. Eine Rolle spielte die Umweltbelastung durch giftige Chemikalien, die die Vögel mit der Nahrung aufnahmen. Embryonen starben ab, Eierschalen zerbrachen. Als weitere Bedrohung erwiesen sich Eiersammler und Jäger, in deren Fuchsfallen die Adler gerieten. Zudem störten Vogelbeobachter die Tiere während der Brutzeit (Seeadler sind Fels- und Baumbrüter, 23 Eier, Brutdauer ca. 40 Tage). Seit 1970 werden die Seeadler in Deutschland streng bewacht. Robben in den Küstengewässern der Ostsee An den Küsten brüten Kormorane in Kolonien. Die großen, schlanken und dunkel gefärbten Vögel (Länge ca. 90 Zentimeter, Spannweite 1,40 Meter) sind hervorragende Fischer und Unterwasserschwimmer. Ihr Tagesbedarf wird auf etwa ein Pfund Fisch geschätzt. Vor allem im 19. Jahrhundert wurde der Kormoran als Fischereischädling bekämpft, das Vorgehen gegen die Tiere glich Kriegszügen. Die preußische Regierung schickte sogar Militär zur Kormoranjagd. Mitte des 20. Jahrhunderts zählte der Kormoran in Deutschland zu den gefährdeten Arten und wurde geschützt. Inzwischen haben sich die Bestände erholt, in einigen Gegenden nehmen die Kormorane sogar überhand. Fischer klagen über die Kormorane und fordern ihren Abschuss. Ein häufiger Vogel ist die Eiderente, eine plump wirkende Tauchente mit kurzem Hals, die sich gern zwischen vorgelagerten Inseln und in der Nähe geschützter Meeresbuchten aufhält, die sie bei stürmischer See als Ruheraum nutzt. Mit einer Spannweite bis 2,40 Meter und einer Länge bis 80 Zentimeter ist der Seeadler ein mächtiger Greifvogel, der Fische bis zu einem Gewicht von acht Kilogramm erbeuten kann. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde er als „Schädling“ intensiv bejagt, der Bestand brach zusammen. 1875 verschwand der Seeadler aus Schleswig-Holstein, 1912 aus Dänemark. Nur im nördlichen Ostseeraum hielten sich noch einige Brutpaare. Als der Jagddruck nach dem Zweiten © Bayerischer Rundfunk In der westlichen Ostsee, etwa in der Wismarer Bucht, leben Seehunde (Länge 1,45–1,95 Meter, Gewicht 50-100 Kilogramm). Sie ernähren sich von Fischen, Weichtieren und Krebsen, die sie unzerkaut verschlingen. Die Brunft findet im Juli/August statt. Nach elf Monaten kommt ein Junges („Heuler“), selten zwei, zur Welt. In der östlichen Ostsee ist die kleinere Ringelrobbe zu finden; sie brunftet im Juni und wirft im März. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kehrte die wuchtige Kegelrobbe (Länge bis 2,30 Meter, Gewicht bis 300 Kilogramm), die seit dem 15. Jahrhundert verschwunden war, in die Ostsee zurück. Gefährdung der Ostsee Überdüngung: Etwa 40 Prozent des Einzugsgebiets der Ostsee werden intensiv landwirtschaftlich genutzt. Über die Flüsse kommt es zum Stickstoff- und Phosphateintrag ins Meer. Nach Angaben des World Wide Fund for Nature (WWF) werden jährlich eine Million Tonnen Stickstoff und 35.000 Tonnen Phosphor ins Meer eingeleitet. Es kommt zur verstärkten Algenproduktion, die zum ohnehin problematischen Sauerstoffmangel in der Ostsee beiträgt. Am Meeresboden entstehen in Folge der Algenblüte sauerstoffarme „Todeszonen“. Laut WWF ist bereits ein Sechstel des Ostseebodens tot. 5 Schulfernsehen Schulfernsehen Vergiftung und Sauerstoffauszehrung durch gering geklärte Industrie- und Hausabwässer. Altlasten: Vor der schwedischen Küste lagern tausende Fässer mit hochgiftigem Quecksilber. In den 1950er und 60er Jahren wurden die Behälter im Auftrag der Papierindustrie in der Ostsee „entsorgt“. Gelangt das Quecksilber ins Wasser, kann es sich in der Nahrungskette anreichern und die Nerven-, Herzkreislauf- und Fortpflanzungssysteme von Lebewesen schädigen. Außerdem wurden nach dem Zweiten Weltkrieg große Mengen Munition und chemische Kampfstoffe in der Ostsee versenkt. Überfischung der kommerziell wichtigsten Arten Hering und Dorsch. Verschmutzung durch Schiffe, vor allem durch havarierte Öltanker. Einschleppen von Pflanzen und Tieren aus anderen Gewässern. Eindringen anpassungsfähiger Invasoren (z.B. Schiffsbohrwurm, Quallen). Bauwerke (Brücken über den Großen Belt und den Öresund, Tunnel, Offshore-Windanlagen) behindern den wichtigen Austausch zwischen Ostsee-Brackwasser und frischem, sauerstoffreichem Nordseewasser. Klimawandel: Der Report "Assessment of Climate Change for the Baltic Sea Basin" (2008) war die erste groß angelegte Bestandsaufnahme zum Klimawandel im Ostseeraum. Beteiligt waren 80 Wissenschaftler aus 13 Ländern. Sie gehen davon aus, dass sich die Luft im Ostseeraum bis zum Ende des Jahrhunderts um drei bis fünf Grad, das Oberflächenwasser um zwei bis vier Grad erwärmen wird. Die Niederschläge könnten im Winter um bis zu 75 Prozent zunehmen, im Sommer um bis zu 45 Prozent zurückgehen. Das Wintereis wird um 50 bis 80 Prozent abnehmen - und dann ist u. a. die Ringelrobbe in Gefahr, die ihre Jungen auf Eis zur Welt bringt. Zudem verändert sich die Lage an den Küsten. Im Süden der Ostsee ist mit einem Anstieg des Meeresspiegels um 20 bis 60 Zentimeter zu rechnen, in Norden ist der Anstieg wegen der natürlichen Landhebung geringer. Die Forscher befürchten auch, dass sich das Problem der Algenblüte verschärfen wird. Neue Arten, z. B. Vögel aus dem Mittelmeerraum, werden einwandern. Didaktische Hinweise Die Sendung ist für den Einsatz im GSE- und Erdkundeunterricht ab der 5. Jahrgangsstufe geeignet. Sie kann auch im PCB- und Biologieunterricht sowie im Fach Natur und Technik eingesetzt werden. Lehrplanbezüge (Bayern) Mittelschule PCB 6. Jahrgangsstufe 6.2 Lebensraum Wasser 6.2.2 Angepasstheit von Lebewesen an den Lebensraum Wasser GSE 7. Jahrgangsstufe 7.8 Deutschland 7.8.1 Deutschland im Überblick - naturräumliche Gliederung Realschule Erdkunde 5. Jahrgangsstufe 5.5 Orientierung in Deutschland und in Bayern - Deutschland: Großlandschaften © Bayerischer Rundfunk 6 Schulfernsehen Schulfernsehen 6. Jahrgangsstufe 6.2 Natur- und Kulturraum Europa Biologie 8.4 Lebensgemeinschaft Gewässer Gymnasium Geographie 5. Jahrgangsstufe 5.2 Naturräume in Bayern und Deutschland - naturräumliche Gliederung Deutschlands - Natur- oder Nationalparks - Küste: ausgewählte Küstenformen im Überblick Natur und Technik 6.1 Schwerpunkt Biologie 6.1.1 Wirbeltiere in verschiedenen Lebensräumen Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel Lernziele Die Schülerinnen und Schüler sollen • erfahren, wie die Ostsee entstand; • wissen, dass die Ostsee ein besonderer Lebensraum ist, der seinen Bewohnern ein hohes Maß an Flexibilität abfordert; • ausgewählte Tiere und Pflanzen kennen lernen; • über die Gefährdung der Ostsee informiert werden; • verstehen, dass der Schutz der Ostsee eine gemeinsame Aufgabe der Anrainerstaaten ist. Anregungen Der Film bietet vielerlei Einsatzmöglichkeiten im GSE-/Erdkunde- bzw. PCB-/Biologieunterricht. Wichtig ist es zunächst, den Schülerinnen und Schülern die Bedeutung des Wasseraustausches zwi schen Nord- und Ostsee zu verdeutlichen. Nur wenn brackiges, sauerstoffarmes Ostseewasser abfließt und sauerstoffreiches Nordseewasser durch den Kattegat eindringt, bleibt der Lebensraum Ostsee erhalten, eine Selbstvergiftung wird verhindert. Tiere und Pflanzen müssen sich an die extremen Bedingungen anpassen. Die Gefährdung der Ostsee sollte ebenfalls thematisiert werden: Das Meer ist mit Nährstoffen über sättigt und mit Schadstoffen vergiftet. Nur durch gemeinsame Anstrengungen der Anrainerstaaten ist die Ostsee noch zu retten. Am Beispiel der im Film gezeigten Kormorankolonien kann der Konflikt zwischen Mensch und Tier exemplarisch aufgezeigt werden. Ein ausgewachsener Kormoran benötigt täglich bis zu einem Pfund Fisch. Die Fischer betrachten die Tiere als lästige Konkurrenten, klagen über einen Rückgang der Fänge und fordern unterstützt von manchen Politikern ihren Abschuss. Arbeitsblätter zur Ostsee sind bei Planet Schule zu finden. © Bayerischer Rundfunk 7 Schulfernsehen Schulfernsehen Literatur- und Internettipps Küster, Hansjörg. Die Ostsee. Eine Natur- und Kulturgeschichte. München: Verlag C.H. Beck, 2002 (ISBN: 3-406-49362-9). Schories, Dirk und Wilhelmsen, Ute. Die Ostsee. Tiere und Pflanzen. Stuttgart: Verlag FranckhKosmos, 2006 (ISBN: 4-440-10224-6). Links http://www.planet-schule.de/wissenspool/natur-nah/inhalt/sendungen/lebensraum-ostsee.html Informationen von Planet Schule zur Sendung; mit Linkliste und Arbeitsblättern http://www.ostsee.de/ Tourismus-Informationen zur Ostsee http://www.io-warnemuende.de/ Das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde http://www.io-warnemuende.de/forum/splitter05/lem1.html Entstehungsgeschichte der Ostsee http://www.ostseeschutz.de/ Die Arbeitsgruppe Ostsee des BUND http://www.ozeaneum.de/aquarien/ostsee.html Ozeaneum Stralsund © Bayerischer Rundfunk 8