Die Auswahl der richtigen Klinik ist entscheidend

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DA S I NT E RVIE W
* Ovarialkarzinom
„Die Auswahl der richtigen
Klinik ist entscheidend“
Unsere Gesprächspartnerin:
Studium der Humanmedizin in Regensburg
sektion und der Oberbauchchirurgie be-
Eierstockkrebs, vor allem wenn diese Er-
und München sowie Facharztausbildung in
stehen, es muss ein Blutdepot vorhanden
krankungen bei den Verwandten vor dem
Gynäkologie und Geburtshilfe an der Frau-
sein und auch die Möglichkeit der post-
Wechsel aufgetreten sind. In diesen Fällen
enklinik der TU München; Habilitation im
operativen Intensivüberwachung. Zudem
ist eine genetische Beratung mit ggf. Blut-
Jahr 2000 über „Invasions- und Proliferati-
muss die Voraussetzung gegeben sein,
untersuchung auf eine Genmutation bei
onsfaktoren bei der malignen Progression
dass jederzeit auch bei unerwartet ausge-
entsprechenden Risikopatientinnen sinn-
von Ovarialtumoren“; leitende Oberärztin
dehntem Befund die notwendigen operati-
voll.
gynäkologische Onkologie an der Frauenkli-
ven Maßnahmen durchgeführt werden
Bisher gibt es für die nicht hereditären
nik der TU München; Schwerpunktgebiete:
können. Diese Voraussetzungen bieten Kli-
Ovarialkarzinome kein Screeningverfah-
Klinik und Therapie des Ovarialkarzinoms.
niken, die als Gynäkologisches Krebszen-
ren, das in der Routine eingesetzt werden
trum von der Deutschen Krebsgesellschaft
kann. Es gibt aber erste Daten aus einer
zertifiziert wurden. Die entsprechenden
großen Screeningstudie, die derzeit in
Zentren sind über die Homepage der
Großbritannien durchgeführt wird, dass
Deutschen Krebsgesellschaft zu erfahren.
möglicherweise die jährliche Bestimmung
Weiterhin haben Daten gezeigt, dass das
des Tumormarkers CA 125 und die Aus-
Überleben in Kliniken, die Studien durch-
wertung der relativen Veränderungen die-
führen, für die Patientinnen günstiger ist.
ses Tumormarkers einen Beitrag zur Früh-
Diese Studien sind auf der Homepage der
erkennung leisten kann. Ob dies wirklich
AGO-Studiengruppe (ago-ovar.de) zu er-
zu einer Senkung der Sterblichkeit an Eier-
fahren. Selbstverständlich spielt auch die
stockkrebs führt, wird sich erst zeigen,
Erfahrung des Operateurs eine entschei-
wenn die Daten der Kontrollgruppe ausge-
Prof. Schmalfeldt:
dende Rolle, ebenso die Zahl der Operatio-
wertet sind, was voraussichtlich noch bis
Die Daten der Qualitätssicherungserhe-
nen. In Kliniken, in denen weniger als eine
2014 dauern wird.
bung der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologi-
Ovarialkarzinompatientin pro Monat ope-
sche Onkologie (AGO) zeigen, dass sich die
riert wird, ist die Erfahrung sicherlich ge-
operative Qualität in den letzten Jahren
ringer.
DZO: Studienergebnisse vor 5 Jahren zeigten, dass Patientinnen mit Ovarialkarzinom
nicht immer die optimale Therapie er-
DAS INTERVIEW
hielten. Hat sich seitdem bezüglich den
Qualitätsunterschieden an deutschen Kliniken Positives bewegt? Worauf sollten
einweisende Ärzte achten, welche Qualitätskriterien sollten erfüllt sein? Wo gibt es
noch Verbesserungsbedarf?
deutlich verbessert hat. Die Rate an erzielter Tumorfreiheit bei fortgeschrittenen
Ovarialkarzinomen hat deutlich zugenommen. Ebenso erhalten nahezu alle Patientinnen eine Kombinationschemotherapie
mit Carboplatin und Taxol beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom.
Auftreten eines Ovarialkarzinoms bei?
DZO: Häufig wird ein Ovarialkarzinom erst
in fortgeschrittenen Stadien erkannt. Gibt es
neuere Untersuchungsmethoden oder klinische Hinweise, die auf ein Ovarialkarzinom
hinweisen? Gibt es erste Ansätze für Screeningverfahren?
Prof. Schmalfeldt:
Der am besten bekannte und stärkste Risikofaktor
ist
sicher
die
Mutation
im
BRCA1-, BRCA2- oder BRCA3-Gen. Ein weiterer Risikofaktor ist die Hormonsubstitution, hier hat sich ein erhöhtes Risiko für
Prof. Schmalfeldt:
das Auftreten eines Ovarialkarzinoms ge-
ist entscheidend, dass die Klinik die Vo-
Wir wissen heute, dass 10–15 % der Ovari-
zeigt. Außerdem sind Frauen, die viele
raussetzungen erfüllt, um diese ausge-
alkarzinome durch angeborene genetische
Ovulationen in ihrem Leben hatten, stär-
dehnten Operationen beim Ovarialkarzi-
Veränderungen
Hinweis
ker gefährdet, an einem Ovarialkarzinom
nom durchführen zu können. Das bedeu-
hierfür ist eine positive Familienanamne-
zu erkranken. Umgekehrt wissen wir, dass
tet, es muss die Möglichkeit der Darmre-
se, d.h. enge Verwandte mit Brust- und
die „Pille“ das Erkrankungsrisiko reduziert.
Bei der Auswahl der richtigen Klinik
30
DZO: Welche Risikofaktoren tragen zum
Das Interview Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2011; 43: 30–32
bedingt
sind.
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PRAXIS
Frau Prof. Dr. med. Barbara Schmalfeldt
DZO: Gibt es Prognoseparameter, die einen
deutlich ungünstigere Prognose und spre-
mit mehr Komplikationen einhergeht. Wel-
Einfluss
chen nur wenig auf die Chemotherapie
che Erfahrungen haben Sie gemacht?
die
Überlebenswahrschein-
lichkeit haben?
mit Carboplatin und Taxol an.
Prof. Schmalfeldt:
DZO: Was raten Sie Patientinnen, die eine
Die Entfernung der Lymphknoten entlang
Der stärkste Prognoseparameter für das
fertilitätserhaltende Operation wünschen?
der Aorta und im Becken verlängert die
Überleben der Patientinnen ist der post-
In welchem Stadium ist dies grundsätzlich
Dauer des Eingriffs und erhöht auch die
operativ verbliebene Tumorrest. Dabei ha-
möglich?
Radikalität. Die Rate an postoperativen
ben Patientinnen, bei denen sämtlicher
Tumor entfernt werden konnte, die beste
Prognose. Patientinnen, bei denen Tumorrest zurückbleibt, haben demgegenüber
eine deutlich ungünstigere Prognose. Das
Alter ist ebenso ein unabhängiger Risikofaktor. Hier kommt hinzu, dass bei älteren
Patientinnen häufig Komorbiditäten vorliegen, sodass ihnen eine sehr ausgedehnte Operation in einigen Fällen nicht
zugemutet werden kann.
Prof. Schmalfeldt:
Darmatonien kann erhöht sein, ebenso
Prof. Schmalfeldt:
Eine fertilitätserhaltende Operation ist im
Stadium I möglich, d.h. wenn die Erkrankung nur auf die Eierstöcke begrenzt ist.
Das Risiko für ein Rezidiv ist jedoch abhängig
vom
Differenzierungsgrad
der
Zellen, Patientinnen mit schlecht differenzierten Tumoren haben ein höheres Rezidivrisiko. Darüber muss die Patientin gut
aufgeklärt werden.
kann es langfristig zu Lymphabflussstörungen kommen mit Beinödemen und erforderlicher Lymphdrainage. Zudem ist
bisher nicht bekannt, inwieweit Patientinnen durch mögliche Irritationen der sympathischen und parasympathischen Nerven bei der Lymphknotenentfernung beeinträchtigt
werden.
Im
Bereich
der
Lymphknotenentfernung laufen die sympathischen und parasympathischen Ner-
Der häufigste histologische Subtyp
DZO: Eine Studie um Pancini zeigte 2005,
ven für das äußere Genitale und die
beim Ovarialkarzinom ist das seröse Karzi-
dass eine systematische Lymphadenektomie
Darm- und Blasenfunktion.
nom, die selteneren muzinösen fortge-
das Gesamtüberleben bei fortgeschrittenem
Bezüglich des therapeutischen Effekts
schrittenen Ovarialkarzinome haben eine
Ovarialkarzinom nicht verbessert, sondern
der Lymphadenektomie gibt es Daten der
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auf
27.01.2010 19:03:39 Uhr
AGO-Studiengruppe, in denen retrospektiv
pletten Tumorresektion im Vergleich zur
grammen der naturheilkundlichen Ambu-
gezeigt werden konnte, dass die Lymph-
Standardchemotherapie für die Patientin
lanz. Als Innovation hat die Technische
knotenentfernung bei kompletter Tumor-
beiträgt.
Universität
fekt hat. Dies wird derzeit prospektiv im
Rahmen einer Studie untersucht.
PRAXIS
der
Kom-
DZO: Wie beurteilen Sie den Stellenwert
nen an zusätzlichen unterstützenden Maß-
von örtlichen Therapieverfahren wie der
nahmen?
ein
eigentliches
zielten Angeboten für Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren und Mammakarzinom.
Bezüglich
der
operativen Therapie
wird der therapeutische Stellenwert der
Prof. Schmalfeldt:
Lymphonodektomie
Wichtig sind eine gute und umfassende
deutschlandweiten Studie evaluiert. Eben-
Prof. Schmalfeldt:
Information der Patientinnen, ein Angebot
so wird im Rahmen eines beantragten
Zur alleinigen intraperitonealen Chemo-
an psychoonkologischer Unterstützung so-
EORTC-Projektes ein Verfahren zur Stan-
therapie gab es in den letzten Jahren meh-
wie eine sozialmedizinische Beratung. Die
dardisierung und Qualitätssicherung der
rere Schemata, die zum Teil eine Verbesse-
Patientinnen werden durch diese Erkran-
Operation evaluiert. Im Rahmen der The-
rung des Überlebens bei Patientinnen mit
kung komplett aus ihrem bisherigen Be-
rapie werden neue tumorbiologische Sub-
fortgeschrittenem
und
rufs- und Familienleben gerissen und das
stanzen, die die Gefäßneubildung hem-
Tumorrest < 1 cm zeigen konnten. Die an-
soziale Umfeld ändert sich. Hier muss Un-
men, immunologische Ansätze, innovative
gewandten Schemata waren jedoch sehr
terstützung angeboten werden. Genauso
Substanzen wie die PARP-Inhibitoren und
toxisch, sodass nur 58 % der Patientinnen
gehört eine Beratung hinsichtlich Verrin-
Substanzen, die die tumorassoziierte Pro-
die Therapie in dieser Form durchführen
gerung der Nebenwirkungen und Folgen
teolyse hemmen, erprobt. Die Grundlagen-
konnten. Nebenwirkungen waren vor al-
der Operation und Chemotherapie in die
forschung untersucht neben dem BRCA1, 2
lem durch Katheter-assoziierte Probleme
Nachsorge sowie eine sexualmedizinische
und 3 weitere genetische Faktoren, die für
bedingt sowie durch zahlreiche hämatolo-
Beratung.
die Erkrankung prädisponieren bzw. deren
intraperitonealen Hyperthermie?
DAS INTERVIEW
Verfahren
plementärmedizin sind aus Ihrer Sicht
empfehlenswert? Was raten Sie Patientin-
intraperitonealen Chemotherapie oder der
32
DZO: Welche
München
Sport- und Rehabilitationszentrum mit ge-
Ovarialkarzinom
im
Rahmen
einer
Verlauf beeinflussen.
gische und neurologische Toxizitäten so-
Generelle komplementärmedizinische
wie durch Resorption der intraperitoneal
Empfehlungen sind nicht sinnvoll. Es gibt
gegebenen Chemotherapie, sodass die bis-
aber zahlreiche Verfahren, von denen Pa-
her verwendeten intraperitonealen Sche-
tientinnen profitieren können. Generell
mata nicht für die Routine empfohlen wer-
kann sicherlich die regelmäßige Bewegung
den können. Weitere Studien mit anderen
bzw. Sport, soweit möglich, empfohlen
Prof. Schmalfeldt:
Substanzen bzw. anderen Schemata sind
werden, zur allgemeinen Stärkung des
Ich habe eine optimistische Lebenseinstel-
jedoch sinnvoll.
Wohlbefindens und der Abwehr. Des Wei-
lung, habe sehr große Freude an Familie
DZO: Zum Schluss noch eine persönliche
Frage: Was tun Sie für sich, um gesund zu
bleiben?
Zur intraperitonealen hyperthermen
teren sollte den Patientinnen eine Bera-
und Beruf und das hält mich fit und ge-
Chemotherapie gibt es inzwischen mehre-
tung in einer speziellen komplementär-
sund.
re Daten aus Studien. Hierbei wurden un-
medizinischen
terschiedliche Patientinnen mit Rezidiv
werden, um geeignete zusätzliche komple-
und auch Ersterkrankung eingeschlossen.
mentäre Therapien herauszufinden.
Voraus ging in diesen Studien immer die
sehr radikale Entfernung des gesamten Tumors mit kompletter Deperitonisierung,
sodass in einem hohen Prozentsatz der
Sprechstunde
angeboten
DZO: Welche innovativen neuen Verfahren
werden an der Technischen Universitäts-
Prof. Schmalfeldt:
lag. Der eigentliche Einfluss der intraperi-
Sämtlichen Patientinnen mit Eierstock-
tonealen
Chemotherapie
krebs wird eine eigene komplementärme-
gegenüber einer intravenösen Standard-
dizinische Sprechstunde in der Frauenkli-
chemotherapie
überprüft,
nik angeboten mit Beratung über komple-
deshalb ist bisher nicht abzuschätzen, wel-
mentäre Maßnahmen. Zudem besteht an
chen Nutzen die intraperitoneale hyper-
der Technischen Universität die Möglich-
therme Chemotherapie additiv zur kom-
keit der Teilnahme an Gesundheitspro-
wurde
nie
für das Gespräch.
online:
http://dx.doi.org/10.1055/s-0030-1257602
klinik in München bereits erprobt?
Fälle eine komplette Tumorresektion vorhyperthermen
DZO: Frau Prof. Schmalfeldt, vielen Dank
Das Interview Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2011; 43: 30–32
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. Barbara Schmalfeldt
Frauenklinik der Technischen Universität
München
Ismaningerstr. 22
81675 München
E-Mail:
[email protected]
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resektion auch einen therapeutischen Ef-
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