Strahlenkrankheit und Co. OpenScience > Wissen > Medizin - Mensch - Ernährung > Strahlenkrankheit und Co. Nicht zu unrecht fürchten sich heute Japan und der Rest der Welt vor radioaktiven Strahlern. In jenen traurigen Tagen, in denen Reaktorkerne schmelzen oder hoffentlich auch nicht, und radioaktive Wolken über den Pazifik ziehen, eine kleine Erläuterung, was daran so schlimm für uns Lebewesen ist. Am 11. März 2011 bebte die Erde vor der Küste Japans. Automatisch schalteten sich die drei aktiven Reaktorblöcke des Kernkraftwerks Fokushima I ab. Dieselmotoren liefen an, sie sollten Strom für die Kühlung der sogenannten Nachzerfallswärme liefern. Doch die von dem Beben ausgelöste Flutwelle setzte die Motoren außer Kraft, und trotz verzweifelter Versuche konnten die Reaktoren nicht mehr ausreichend gekühlt werden. Radioaktiver Dampf strömte durch ein Notventil, und mehrere Explosionen und Brände führten dazu, dass Radioaktivität unkontrolliert austritt. ArbeiterInnen und Hilfskräfte sind einer erhöhten Strahlendosis ausgesetzt. Zunächst drei, dann zehn und zwanzig Kilometer rund um das Kraftwerk mussten die Menschen ihre Häuser verlassen, der Regierungschef Japans rief den atomaren Notstand aus. Leider kann diese kurze Zusammenfassung bei Weitem keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Das Kraftwerk liegt direkt am Meer, aus dem es sein Kühlwasser bezieht, und 250 km nördlich von Tokio, der bevölkerungsreichsten Stadt Japans. Zunächst wehte der Wind in Richtung Meer und brachte unter anderem die zur Hilfe eilende US-Navy dazu, einen Umweg in Kauf zu nehmen, nachdem ihre USSRonald Reagan durch eine radioaktive Wolke gefahren war. Doch am 15. März drehte der Wind nach Süden und bringt damit Tokio in das Einzugsgebiet der radioaktiven Wolke. Und jeder bangt vor Schlimmerem. Ionisierende Strahlung und Lebewesen Wir hören, sehen, riechen sie nicht, nur mit geeigneten Messgeräten können wir sie aufspüren, aber sie macht uns ab einer gewissen Dosis krank und kann uns töten. Energiereiche Teilchen oder elektromagnetische Strahlung, die entstehen, wenn radioaktive Elemente wie Caesium-137, Iod-131 oder Uran-235 zerfallen. Man nennt sie ionisierende Strahlung, weil sie aus Atomen die negativ geladenen Elektronen herausschießen kann, sodass positiv geladene Ionen übrig bleiben. Diese Ionen nennt man nicht zu unrecht chemische Radikale, sie sind instabil und holen sich die verlorenen Elektronen aus ihrer Umgebung. Hier liegt ihre schädliche Wirkung auf Lebewesen. Biologische Moleküle werden zerstört oder verbinden sich mit anderen Seite 1 von 2 Molekülen, verlieren ihre Funktion oder tun Falsches. Die Dosis macht den Effekt Auch Erdkruste und Weltall strahlen, auf diese Dosis ist unser Körper gut eingestellt und leidet keinen Schaden. Doch erhöhte Strahlung, etwa nach Reaktorunfällen, bei Kernwaffentests oder dem Einsatz derselben, gefährdet unsere Gesundheit. Wobei eine moderate Strahlendosis vorwiegend Langzeitfolgen nach sich zieht, starke Strahlung die akute Strahlenkrankheit auslöst. Maß für die Gefährlichkeit der Strahlung ist das Sievert (Sv). Die Einheit berücksichtigt die Energie der Strahlung und ihre Wirkung auf unsere Organe. Darum nennt man sie auch Organdosis. Die natürliche Strahlung belastet uns MitteleuropäerInnen mit etwa 2,4 tausendstel Sievert (mSv) pro Jahr, in der unmittelbaren Nähe des brennenden Reaktors von Tschernobyl waren die Menschen bis zu 500 mSv ausgesetzt. Langzeitwirkungen - Erbfehler und Krebs Ionisierende Strahlung kann das Erbgut verändern, das kann zu Erbfehlern an den Nachkommen führen, und erhöht das Krebsrisiko. Bei Kindern entstehen die bösartigen Erkrankungen, meist Blut- oder Schilddrüsenkrebs, oft innerhalb einiger Monate bis Jahre, bei Erwachsenen erst Jahrzehnte später. Akute Strahlenkrankheit Ab einer gewissen Strahlendosis (1-2 Sievert) werden unsere Organe stark geschädigt. Die Strahlung tötet die Zellen meist nicht sofort ab, sondern zerstört ihre Fähigkeit, sich zu teilen und zu regenerieren. Organe, die das schnell und ständig tun, wie das Blut, die Haut und die Magen-Darmschleimhaut gehen daher am schnellsten zugrunde. In Knochen hingegen tauchen Strahlenschäden erst nach vielen Monaten auf. Je höher die Strahlendosis, desto schlimmer sind die Auswirkungen, sie treten schneller auf, und die Überlebenschancen schwinden. Die häufigsten Symptome sind Übelkeit und Erbrechen, Haarausfall, Anfälligkeit für Infektionen, weil das Immunsystem geschwächt ist, und Verletzungen heilen schlecht. Männer und Frauen werden unfruchtbar und leiden an inneren Blutungen. Oft erholen sich Strahlenopfer für kurze Zeit, die MedizinerInnen nennen dies Walking-Ghost-Phase, bevor sie an massiven inneren Blutungen oder Infektionen sterben. Je nach der Schwere der Strahlenkrankheit können die MedizinerInnen versuchen die PatientInnen durch Knochenmarkstransplantationen und andere Maßnahmen zu retten, oder nur mehr ihre Schmerzen lindern. Seite 2 von 2 Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)