Angststörungen Wenn Angst zur Krankheit wird Dr. med. T. Heinsius, Leitender Arzt Heinsius Poliklinik Angststörungen • Allgemeines – • Angst als natürliche Reaktion zur Sicherung des Überlebens Klassifikation – – • Angst als Gefühl, Denken und Verhalten Moderne Unterteilung in verschiedene Erkrankungen Häufigkeit, Verlauf – • Häufige psychische Störung, chronischer Verlauf Entstehung/ Erklärungsmodelle – • Psycho-bio-soziales Modell Therapiemöglichkeiten – – Psychotherapie Behandlung der 1. Wahl Medikamente Heinsius Poliklinik Angststörungen • Allgemeines • • • • Klassifikation Häufigkeit, Verlauf Entstehung/ Erklärungsmodelle Therapiemöglichkeiten Heinsius Poliklinik Heinsius Poliklinik Heinsius Poliklinik Angststörungen Angst bei Rhesusaffen Hilfelaute Kalin, 2002 Heinsius Poliklinik Angststörungen Angst bei Rhesusaffen Erstarren Kalin, 2002 Heinsius Poliklinik Angststörungen Angst bei Rhesusaffen Drohschrei Kalin, 2002 Heinsius Poliklinik Heinsius Poliklinik Heinsius Poliklinik Angst und Gehirn LeDoux, Emotion, memory and the brain 2002. Heinsius Poliklinik Angststörungen vegetatives Nervensystem Heinsius Poliklinik Angststörungen Normale Ängste im Kinder- und Jugendalter Alter Angstinhalt 0-6 Monate Laute Geräusche 6-9 Monate Fremde 9-12 Monate Trennung, Verletzung 2. Lebensjahr Tiere (Hunde), Alleinsein 3. Lebensjahr Dunkelheit 6-12 Jahre Schule, Krankheit, sozial Situationen, Gewitter 13-18 Jahre Krankheit, sozial Situationen, Sexualität Aus Blanz: Angststörungen in Herpertz-Dahlmann. Entwicklungspsychiatrie 2003 Heinsius Poliklinik Angststörungen • Allgemeines • Klassifikation • • • Häufigkeit, Verlauf Entstehung/ Erklärungsmodelle Therapiemöglichkeiten Heinsius Poliklinik J.W. Goethe S. Freud Heinsius Poliklinik Angststörungen 4 Ebenen der Angst Asleben et. al. 2004 Heinsius Poliklinik Angststörungen Panikattacke Asleben et. al. 2004 Heinsius Poliklinik Angststörungen: Panikattacke • Plötzlich auftretende Angst oder Unwohlsein mit Höhepunkt innerhalb 10 Minuten Mindestens 4 der folgenden Symptome • – – – – – – – – – – – – Herzpalpitationen, schneller Herzschlag Schwitzen Zittern Gefühl von Atemnot Brustschmerz Übelkeit, Bauch- und Magenschmerzen Schwindel Derealisation, Depersonalisation Angst, Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden Angst, zu sterben Taubheitsgefühl Hitze-/Kälteschauer Heinsius Poliklinik DSM IV, 1995 • „Bald nach der Entziehung kamen leidlich Tage...; da kam plötzlich ein großes Herzelend, größer als je beim Rauchen. Tollste Arrhythmie, beständig Herzspannung - Pressung - Brennung, heißes Laufen in den linken Arm, etwas Dyspnoe von verdächtig organischer Mäßigung, das eigentlich in Anfällen,... S. Freud, Brief 1894 Heinsius Poliklinik Angststörungen: Panikstörung mit Agoraphobie/ ohne Agoraphobie • DSM IV, 1995 1. und 2. 1. Wiederkehrende unerwartet Panikattacken 2. nach Attacke mindestens 1 Monat • • • • • • anhaltende Besorgnis über Wiederauftreten Sorgen über Bedeutung der Attacke und ihre Konsequenzen deutliche Verhaltensänderung in Folge der Attacken Es liegt keine Agoraphobie vor. / Es liegt eine Agoraphobie vor. Nicht durch Substanzen oder medizinische Krankheit verursacht. Panikattackenwerden nicht durch andere Störung erklärt. Heinsius Poliklinik Heinsius Poliklinik Angststörungen Agoraphobie - Platzangst Asleben et. al. 2004 Heinsius Poliklinik Angststörungen: Agoraphobie (Platzangst) – Furcht oder Vermeidung von mindestens 2 der folgenden Situationen • Menschenmengen • Öffentliche Plätze • allein Reisen • Reisen mit weiter Entfernung von zuhause – Mindestens einmal muss es in der gefürchteten Situation zum Auftreten von Panikattacken gekommen sein Deutliche emotionale Belastung durch das Vermeidungsverhalten oder die Angstsymptome. Die Betroffenen haben Einsicht, dass die Ängste übertrieben sind. – ICD-10, 1994 Heinsius Poliklinik Angststörungen: Fallbeispiel Panikstörung mit Agoraphobie • Patient: – – – – – – – – 52jäh. Pat., als jüngstes von 5 Kindern in Türkei geboren. 10jähriger Schulbesuch. 15 J. bis 24 J. Tätigkeit als Chauffeur in Türkei. 24 J. Einreise in die Schweiz. Arbeit in Spinnerei. 24 J. Heirat mit Italienerin, aus der Ehe 2 Söhne. 29. J. Tätigkeit als Fabrikarbeiter 39 J. eigene Firma als Transportdienst. 41 J. Konkurs. Neue Firma auf Namen der Ehefrau. Wechselhafte Arbeitsfähigkeit. Zunehmende Belastung der Ehe. – 50 J. vollständige Arbeitsunfähigkeit wegen agoraphobischer Symptomatik Heinsius Poliklinik Angststörungen: Fallbeispiel Panikstörung mit Agoraphobie • Krankheitsentwicklung: – Immer schüchtern und zurückhaltend gewesen. Sei leicht nervös geworden. – Seit 39 J. mit Firmengründung erhebliche Belastung (14 h Tage, Probleme mit Fahrten, innerer Druck). Erhöhte Nervosität. – 43 J. erstmalig Hospitalisation wegen körperlichen und psychischen Beschwerden. – 49 J./ 50 J. Erneute Hospitalisation. Hinzuziehen eines Psychiaters. Diagnose: schwere Panikstörung mit Somatisierung, depressive Symptome • Aktuelle Probleme: – Situatives Auftreten (Restaurants, Familientreffen, Fahrstuhl, Zug, Autobahn etc.) von Angstzuständen mit umfangreichen körperlichen Beschwerden (Hyperventilation, Herzrasen, Krämpfe, abdominale Beschwerden, Gefühl zu ersticken, Schwitzen) – allgemeine Hoffnungslosigkeit, Perspektivlosigkeit – schlechte finanzielle Situation – starke Belastung der Ehefrau mit offener Kritik des Pat. Heinsius Poliklinik Angststörungen soziale Phobie Asleben et. al. 2004 Heinsius Poliklinik Angststörungen: soziale Phobie - soziale Angststörung – Entweder 1. oder 2. • • – Mindestens einmal Auftreten von typischen Angstsymptomen sowie zusätzlich eines der folgenden • • • – Deutliche Furcht im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder sich peinlich zu verhalten Deutliche Vermeidung solcher Situationen Erröten, Zittern Angst, zu erbrechen Stuhl- oder Harndrang Deutliche emotionale Belastung durch das Vermeidungsverhalten oder die Angstsymptome.ICD-10, Die 1994 Betroffenen haben Einsicht, dass die Ängste übertrieben sind. Generalisiert: soziale Ängst betreffen viele verschiedene Situationen (öffentlichle Leistungssituationen und soziale Interaktionen) Heinsius Poliklinik Angststörungen spezifische Phobien Asleben et. al. 2004 Heinsius Poliklinik Angststörungen spezifische Phobien Heinsius Poliklinik Angststörungen spezifische Phobien Asleben et. al. 2004 Heinsius Poliklinik Angststörungen: spezifische Phobie – – – Entweder 1. oder 2. 1. Deutliche Furcht vor einem bestimmten Objekt oder Situation 2. Deutliche Vermeidung des Objektes oder der Situation Mindestens einmal Auftreten von typischen Angstsymptomen in der gefürchteten Situation Deutliche emotionale Belastung durch das Vermeidungsverhalten oder die Angstsymptome. Die Betroffenen haben Einsicht, dass die Ängste übertrieben sind. ICD-10, 1994 Heinsius Poliklinik Angststörungen: Fallbeispiel spezifische Phobie • Patientin – 69jährige Pat., verwitwet, lebt seit Tod des Ehemannes vor 11 Jahren alleine in 3-Zimmerwohnung. Ausser Kontakten zu ihren drei Kindern und zu ihrem Bruder kaum soziale Kontakte. • Biografie und Herkunftsfamilie – 7 Jahre Schule, 2 Jahre Haushaltslehre. – 17. bis 19. Lebensjahr 1. Ehe wegen ungewollter Schwangerschaft. – 27jäh. bis Tod des Ehemannes (Krebs) (Pat. 59jäh.) 2. Ehe. Aus der 2. Ehe zwei Kinder. Berufstätigkeit langjährig Verkäuferin in Juweliergeschäft. Heinsius Poliklinik Fallbeispiel: spezifische Phobie • • • • • Krankheitsentwicklung Vereinsamung seit Tod des Ehemanne. Ca. 5 Jahre nach Tod vermehrter Alkoholkonsum. Belastung durch schwere Krankheit der Mutter. 3 Jahre später wegen depressiver Episode in Psychiatrischer Klinik. Stopp des Alkoholkonsums. Seitdem ambulant medikamentöse und gesprächspsychotherapeutische Behandlung. 68jäh. Tod der Mutter. Erneute Zunahme ängstlichdepressiver Symptomatik. In Wohnung schwere Angstzustände. 2. Hospitalisation: Gerontopsychiatrische Klinik für einen Monat. Besserung der depressiven Symptomatik. Medikation Efexor 300 mg/die. Seit Rückkehr in Wohnung phobisches Vermeidungsverhalten bezogen auf Kochherd. Heinsius Poliklinik Angststörungen Klassische Konditionierung Heinsius Poliklinik Angststörungen: generalisierte Angststörung ICD-10, 1990 Heinsius Poliklinik Angststörungen: generalisierte Angststörung • Über einen Zeitraum von mehreren Wochen, meist mehrere Monate an den meisten Tagen: • Befürchtungen (Sorge über Unglück, Nervosität, Konzentrationsschwierigkeiten) Motorische Spannung (körperliche Unruhe, Spannungskopfschmerz, Zittern, Unfähigkeit sich zu entspannen) Vegetative Übererregbarkeit (Benommenheit, Schwitzen, Tachykardie, Oberbauchbeschwerden, Schwindel, Mundtrockenheit) • • • • Ausschluss Panikstörung, Depression, Phobie und Zwangsstörung Heinsius Poliklinik DSM IV, 1995 Angststörungen: Posttraumatische Belastungsstörung • Erleben eines Ereignisses, das lebensbedrohlich ist oder zu schwerer körperlicher Verletzung führen kann Leitsymptome: • – – – Wiedererleben (Nachhallerinnerungen, Alpträume) Vermeiden (Orten, ähnlichen Ereignissen aus dem Weg gehen) Übererregbarkeit (Schlafprobleme, Schreckhaftigkeit, übertriebene Wachsamkeit) DSM IV, 1995 Heinsius Poliklinik Angststörungen Komorbidität Brown in Textbook of Anxiety disorders 2002 Heinsius Poliklinik Angststörungen • • Allgemeines Klassifikation • Häufigkeit, Verlauf • • Entstehung/ Erklärungsmodelle Therapiemöglichkeiten Heinsius Poliklinik Angststörungen Häufigkeit: Schweiz (Basel) Wacker 1992, 1995 Punkt in % 1-JahresQuerschnitt in % Lebenszeiterkrankung in % Panikstörung ohne Agoraphobie 0,8 0,8 1,3 Agoraphobie Panikstörung 5,7 8,7 13,0 0 0,2 1,9 Spezifische Phobie 2,5 3,2 4,5 Soziale Phobie 7,7 9,1 16,0 Art der Angststörung nach DSMIIIR mit und Generalisierte Angststörung ohne Angststörungen insgesamt • • • • 1989 bis 1991 Stadtbevölkerung, mindestens 5 Jahre in der Schweiz 18 bis 65 Jahre Ausschöpfung 470 von 900 Heinsius Poliklinik 28,7 Angststörungen Häufigkeit: Deutschland 1998/99 Bundesgesundheitssurvey Jacobi et al., Psychological Medicine 2004 14,5 % Angststörung, insgesamt Panikstörung Phobien GAD Zwangsstörungen Heinsius Poliklinik Angststörungen Komorbidität • Etwa die Hälfte aller Menschen mit einer Angststörung leiden an mindestens einer weiteren psychischen Störung. Heinsius Poliklinik Angststörungen: Verlauf • Spontanverlauf im Durchschnitt negativ. – – • Spontanheilungen sind seltener als früher angenommen. In der Münchner Verlaufsstudie ergab sich bei einer Nachuntersuchung nach 7 Jahren eine Spontanheilungsrate von weniger als 20% für alle Angststörungen. Der Verlauf ist meistens mild-persistent, phasenweise sogar relativ symptomfrei. Eine fortlaufende Verschlechterung trat vermehrt nur bei Panikstörungen (51%) auf. Durchschnittlicher Verlauf: • – – Insgesamt zeigte sich für reine Angststörungen ein günstiger Verlauf bei 50%, ein chronischer Verlauf bei 39%. Bei Mehrfacherkrankungen hatten nur 28% einen günstigen Verlauf, 50 % dagegen einen chronischen Verlauf H. Morschitzky, www.panikattacken.at Heinsius Poliklinik Angststörungen • • • Allgemeines Klassifikation Häufigkeit, Verlauf • Entstehung/ Erklärungsmodelle • Therapiemöglichkeiten Heinsius Poliklinik Angststörungen Entstehung: Zwillingsstudien Eineiige Zwillinge Zweieiige Zwillinge Torgersen, 1983 31 % 0% Skre, 1993 42 % 17 % Perna, 1997 73 % 0% Kendler, 1993 24 % 11 % Übereinstimmung betreffend Diagnose einer Panikstörung Heinsius Poliklinik Angststörungen Entstehung: frühe Belastungen Patienten Kontrolpersonen Tod des Vaters 15 % 6% Vater schlug Kinder 59 % 33 % Alkoholmissbrauch Vater 60 % 29 % Sexuelle Belästigung nicht genital 18 % 6% Sexuelle Belästigung genital 10 % 3% Heinsius Poliklinik Angststörungen Häufigkeit: Dresdner Studie 1993 (Margraf, Poldrack 2000) • Angststörung bei 8,8 % der Deutschen Frauen/ Männer 66% / 33% junge 13,5% alte 13,4% Geschiedenen oder getrennt Lebende 12,1% Verwitwete 12,9% in Ausbildung 13,5% Arbeitslose 10,8% fehlender Schulabschluss 18,9% un- oder angelernten Arbeiter 12,1% niedriges Einkommen 12,7% hohes Einkommen 16,4% kleiner Wohnort 15,3% Heinsius Poliklinik Wer hat ein grösseres Risiko: Vater mit Panikstörung oder jemand mit schweren traumatischen Kindheitserfahrungen? Heinsius Poliklinik Risikofaktoren: Panikstörung Risiko p Schwere Kindheitstraumata 1,58 0,009 Ungünstiges elterliches Interaktionsverhalten 1,05 0,003 Geburtsrisiken 0,85 0,38 Verwandte 1. Grades mit Panikstörung 4,25 0,008 Heinsius Poliklinik Angststörungen B J Psychiatry 2009 (2801 Zwillingspaare, Norwegen) A genetische Faktoren C geteilte Umfeltfaktoren E nicht geteilte Umweltfaktoren Tambs et al., Bri J Psychiatry 2009 Heinsius Poliklinik Angststörungen Bio-psycho-soziales Modell Gilbert 2007 Heinsius Poliklinik Angststörungen • • • • Allgemeines Klassifikation Häufigkeit, Verlauf Entstehung/ Erklärungsmodelle • Therapiemöglichkeiten Heinsius Poliklinik Therapeutische Möglichkeiten: • Selbsthilfe (Information) • Psychotherapie • Medikamente – Wirksamkeit nachgewiesen: • Antidepressiva • Benzodiazepine – Sonstige • Pflanzliche Medikamente • Beta-Blocker Heinsius Poliklinik Angsterkrankungen weiterführende Literatur Heinsius Poliklinik Therapeutische Möglichkeiten: Professor Gallagher und seine umstrittene Methode der gleichzeitigen Konfrontation von Höhenangst, Schlangen und Dunkelheit Heinsius Poliklinik Therapeutische Möglichkeiten: Psychotherapie • Wirkkomponenten Kognitive Verhaltenstherapie – Edukation des Patienten – Hyperventilationskontrolle – Expositionsverfahren (introzeptiv und situativ) in Wirksamkeit gut belegt ¾ Nach heutigem Wissensstand Methode der 1. Wahl bei unkomplizierter Panikstörung, sozialer Phobie, spezifischen Phobien und Agoraphobie Heinsius Poliklinik Angststörungen Expositionstherapie: spezifische Phobie Asleben et. al. 2004 Heinsius Poliklinik Angststörungen Angstkurve Asleben et. al. 2004 Heinsius Poliklinik • Dergleichen Angst und Qual wiederholte ich so oft, bis der Eindruck mir ganz gleichgültig ward... Ich habe es auch wirklich darin soweit gebracht, daß nichts dergleichen mich jemals wieder aus der Fassung setzen konnte... J. W. Goethe, Dichtung und Wahrheit, 1811-1832 Heinsius Poliklinik Fallbeispiel: spezifische Phobie • • Therapie Sitzung 1-3: Anamneseerhebung, Störungserhebung, grobe Erläuterung des geplanten kognitiv-behavioralen Vorgehens • Sitzung 4 bis 7: Erarbeitung eines individuellen Teufelskreises; Erarbeitung eines individuellen Modells zur Störungsentstehung (klassische Konditionierung); Modell für Phobien im allgemeinen; Mitgabe Informationsblatt zum Teufelskreis und zur psychophysiologischen Angstreaktion; Erläuterung Angstkurve bei Flucht und bei Verbleiben in phobischer Situation; Erläuterung des Therapierationals für Exposition bei Phobien; Erstellen einer Angsthierarchie betreffend verschiedener Handlungen am Kochherd und für Bügeleisen. Anhand der Hierarchie Planung des weiteren therapeutischen Vorgehens. Heinsius Poliklinik Fallbeispiel: spezifische Phobie • Sitzung 8 (2 1/2 h): Exposition in der Küche der Pat. Exposition am ausgeschalteten Herd ohne Töpfe. Bei Berühren des Herdes starke psychophysische Reaktion mit grobschlägigem Tremor, Schwindel und Schwächegefühl in den Beinen. Therapeut steht direkt neben Pat. und ermutigt sie. Andauern der Reaktion ca. 15 Minuten. Nach Pause zweimalige Wiederholung der Annährung an Herd. Beim 2. Mal kurze Angstreaktion, beim 3. Mal keine Angstreaktion. HA: tgl. mehrmaliges an den Herd Gehen. • Sitzung 9 (1 1/2 h): Nach drei Tagen erneuter Termin in der Wohnung der Pat. Pat. konnte Herd allein Berühren. 2. Stufe der Expostion mit Töpfen (zunächst mit lauwarmen Wasser gefüllt). Bei 1. Exposition erneut Auftreten einer sehr starken Reaktion wie beim ersten Termin, ca. 10 Minuten Dauer. Dreimalige Wiederholung. Bei Heben des Topfes noch diskretes Zittern. HA: tgl. Benutzen des Topfes. Heinsius Poliklinik Angststörungen Expostionstherapie bei Agoraphobie Asleben et. al. 2004 Heinsius Poliklinik Angststörungen Expositionstherapie bei sozialer Phobie Asleben et. al. 2004 Heinsius Poliklinik Angststörungen Teufelskreis der Angst Asleben et. al. 2004 Heinsius Poliklinik • • • • • • • • • • 1 Denken Sie daran, daß Panik eine normale Körperreaktion ist, nur übertrieben. 2 Panik ist nicht schädlich oder gefährlich, nur sehr unangenehm. 3 Achten Sie darauf , was gerade hier und jetzt passiert, nicht auf das,was Sie fürchten, was passieren könnte. 4 Konzentrieren Sie sich darauf, was Sie hören, sehen und riechen können, nicht aber auf Ihre Körperempfindungen. 5 Verschlimmern Sie die Angst nicht durch angsterzeugende Gedanken. 6 Warten Sie ab und lassen Sie der Angst Zeit, von selbst zu vergehen. Bekämpfen Sie sie nicht und laufen Sie nicht vor ihr davon. 7 Denken Sie daran, daß jedes Auftreten von Angst eine gute Gelegenheit ist , Fortschritte zu machen. 8 Atmen Sie ruhig und langsam, aber nicht zu tief. 9 Wenn Sie bereit sind, mit dem weiterzumachen, was Sie eigentlich tun wollten, fangen Sie langsam und besonnen an. Es ist nicht nötig sich zu beeilen. 10 Erzählen Sie jemanden von dem, was Sie gerade erlebt haben Heinsius Poliklinik Therapeutische Möglichkeiten: Verhaltenstherapie Wirksamkeit Heinsius Poliklinik Therapeutische Möglichkeiten: Psychotherapie • Psychodynamische Therapien - Schwierigkeit der Vergleichbarkeit der Studien (Design) - Prinzipiell Wirksamkeit nachgewiesen, allerdings wenig spezifische Ergebnisse für Angsterkrankungen - Panikstörung: 1 Studie psychod. Therapie + Med. besser als nur Med. - Panikstörung: 1 Studie psychod. Therapie + Exposition besser als nur Exposition Nach Bandelow: Panik und Agoraphobie 2001. Grawe et al. Psychotherapie im Wandel. 1994 Heinsius Poliklinik Therapeutische Möglichkeiten: Psychotherapie • Psychotherapie mit Achtsamkeit • MBSR (Kabat Zinn) • Akzeptanz + Commitment Therapie (ACT) Heinsius Poliklinik Therapeutische Möglichkeiten: Psychotherapie • Zusammenfassung • Kognitive Verhaltenstherapie ist wissenschaftlich die am • besten gesicherte psychotherapeutische Methode zur Behandlung der Angsterkrankungen. Dennoch muss für den einzelnen Betroffenen eine Verhaltenstherapie nicht unbedingt die Methode der Wahl sein (zusätzliche Aspekte, eigene Vorlieben). H. Morschitzky: Angststörungen 2002. Heinsius Poliklinik Fallbeispiel: Panikstörung mit Agoraphobie • Therapieplanung – Einbeziehen und Motivierung der Familie; mittelfristig mit Ziel der verbesserten Akzeptanz des Pat. durch Familie; Entlastung des Pat. vom eigenen Erwartungsdruck und dem der Familie; gemeinsames Erarbeiten eines Krankheitsmodells – Erarbeiten eines Modells für psychsomatische Zusammenhänge (Stressmodell, Panikkreislauf) mit Ziel verbessertes Kompetenzerleben des Pat. – Einleitung einer medikamentösen Therapie gegen Panikstörung und Agoraphobie Heinsius Poliklinik Fallbeispiel: Panikstörung mit Agoraphobie • • Therapieverlauf 1 ½ jährige Therapie mit 53 Sitzungen in zunächst wchtl. Abstand, während des letzten halben Jahres ca. alle 3 bis 4 Wochen. Davon 8 Paarsitzungen, einmal mit Teilnahme des älteren Sohnes. Heinsius Poliklinik Therapeutische Möglichkeiten: Antidepressiva Substanz Tagespreis minimale Dosis Dosis in mg Zulassungsstatus Trizyklika Imipramin 25 mg Tofranil CHF 0.39 CHF 0.68 Clomipramin 25 mg Anafranil CHF 0.54 CHF 0.88 75-200 Panikattacken 75-200 Zwangssyndrome Phobien und Panikattacken 20-40 Panikstörung (Sozial Phobie) 300-600 soziale Phobie MAO-Hemmer Tranylcypromin 10 mg Rev. MAO-Hemmer Moclobemid 300 mg Aurorix Moclo A CHF 1.55 CHF 1.50 CHF 1.41 NS-Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin 75 mg Efexor CHF 1.27 Heinsius Poliklinik 75 CHF 1.65 Generalisierte Angststörung Substanz Tagespreis minimale Dosierung Wirksamkeit Dosis in mg Therapeutische Möglichkeiten: CHF 1.11 Fluvoxamin 100 mg Flox-ex Floxyfral CHF 1.19 CHF 1.58 Paroxetin 20 mg Deroxat Parexat Paroxetin-Mepha CHF CHF CHF CHF 1.92 2.43 1.78 1.82 Sertralin 50 mg Alutan Citaprolam ecosol Citalopram HelvePharm Citalopram-Mepha Claropram Rudopram Seropram CHF CHF CHF CHF CHF CHF CHF CHF 1.94 1.04 1.20 1.18 1.22 0.93 1.49 2.45 Zoloft Gladem CHF 1.78 CHF 2.45 CHF 2.45 Antidepressiva Fluoxetin 20 mg Fluctine Fluocim Fluoxetin Axapharm Fluoxetin Helvepharm Fluoxetin-Mepha Fluoxetin Spirig Fluoxetin Teva CHF CHF CHF CHF CHF CHF CHF ++ Zulassungsstatus 100-300 Zwangsstörung ++ 20-60 Panikstörung Soziale Phobie GAD Zwangsstörung PTSD ++ 20-60 Panikstörung Zwansstörung 50-200 Panikstörung PTSD Sozial Phobie 20-60 Keine Zulassung bei Angststörungen ++ 1.78 0.79 0.79 ++ 0.76 0.79 Heinsius Poliklinik 0.74 0.79 Therapeutische Möglichkeiten: Antidepressiva Heinsius Poliklinik Therapeutische Möglichkeiten: andere Medikamente Part. 5-HAT-1AAgonist Buspiron 10 mg Buspar CHF 2.22 CHF 2.92 ++ 20-60 Generalisierte Angstzustände Benzodiazepine Alprazolam 2 mg Xanax CHF 1.20 CHF 1.52 +++ 4-6 Phobien und Panikstörung Antihistaminika Hydroxyzin 25 mg Atarax CHF 0.22 CHF 0.50 25-75 GAD Psychosomatik Betablocker 0 keine Zulassung Valproat 0 keine Zulassung Lithium 0 keine Zulassung Heinsius Poliklinik Benzodiazepin, Abhängigkeitsrisiko Häufig von Internisten verwendet, in Studien unwirksam bei dieser Indikation Heinsius Poliklinik Angststörungen Therapie Vergleich Psychotherapie und Medikamente: Gibt es Unterschiede in der Wirkung? Heinsius Poliklinik Angststörungen Therapie Practice guidelines Neuseeland 2003 Heinsius Poliklinik Angststörungen Zusammenfassung • • • Angst ist eine natürliche Reaktion und kommt bei allen Menschen vor Ängste von Erkrankungswert sind in der Bevölkerung häufig (1-Jahresprävalenz bei 15 %) Die Entstehung wird heute multikausal (verschiedene Ursachen wirken zusammen) im Rahmen des bio-psycho-sozialen Models erklärt Heinsius Poliklinik Angststörungen Zusammenfassung • Therapiemöglichkeiten – Psychotherapie ist die Behandlung der 1. Wahl – Kognitive Verhaltenstherapien am besten untersuchte Therapieform • Medikamente – – Antidepressiva Benzodiazepine sind wirksam gegen Ängste, Einsatz muss aufgrund Nebenwirkungen abgewogen werden Heinsius Poliklinik Spezialsprechstunde Angst- und Zwangsstörungen Psychiatrische Poliklinik am Kantonsspital Winterthur Haldenstrasse 63 Tel.: 052 266 28 84 [email protected] Heinsius Poliklinik Gruppenprogramm Angstbewältigung Heinsius Poliklinik Angsterkrankungen weiterführende Literatur Heinsius Poliklinik Angsterkrankungen weiterführende Literatur Selbsthilfe Bücher H.-U. Wittchen Hexal-Ratgeber Angst. Karger 1995 H.-U. Wittchen Panik-Ratgeber. Karger 1995 Isaac Marks Ängste. Verstehen und bewältigen. Springer 1993 Doris Wolf Ängste verstehen und überwinden. PAL 2000 Kenneth Hambly Am liebsten ginge ich nicht mehr aus dem Haus. Agoraphobie und Panikattacken überwinden. Beltz Verlag 2000 André Marchand und Andrée Letarte Keine Panik mehr. Selbsttherapie bei Panikattacken Herder 2000 Hans Morschitzky Angststörungen. Diagnostik, Erklärungsmodelle, Therapie und Selbsthilfe bei krankhafter Angst Springer Verlag 2000 Sigrun Schmidt-Traub Angst bewältigen. Selbsthilfe bei Panik und Agoraphobie Springer Verlag 2000 Heinsius Poliklinik