Angststörungen

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ANGSTSTÖRUNGEN
&
ZWANGSSTÖRUNGEN
Vorlesung
Dipl. Psych. A. Koutala
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Was ist Angst?
Biologische Reaktion mit hohen
Überlebenswert, die sich auf vier Ebenen
manifestiert:
1. Subjektive Ebene: Gefühle, subjektives
Empfinden
2. Kognitive Ebene: Gedanken und kognitive
Symptome
3. Physiologische Ebene: körperliche
Veränderung, Hormonausschüttung
4. Motorische Ebene: motorisches Verhalten
2
Pathologische Angst
Angstreaktionen sind der Situation nicht
angemessen und/oder unbegründet
Angstreaktionen sind überdauernd
keine Möglichkeit zur Erklärung, Reduktion
oder Bewältigung der Angst
Angstzustände führen zu einer massiven
Beeinträchtigung des Betroffenen
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Störungsübergreifende Modelle
Modelle der Konditionierung
Operante Modelle / d.h. psychische
Störungen, die durch Konsequenzen
gesteuert werden
Kognitive Theorien
Psychodynamisches Konfliktmodell
Psychophysiologisches Modell
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Prinzip der Klassischen
Konditionierung nach Pawlow (1927)
UCS
(traumatische
Situation)
UCR
(Angst /
Schreckreaktion)
CS
CR
(vorher neutrale
Situation, und zum Teil
räumliche und zeitliche
Koppelung)
(konditionierte
emotionale
Reaktion)
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Modelle des instrumentellen /
operanten Konditionierens
Darbietung
Entfernung
+
C
-
C
Belohnung
Wegfall der Belohnung
Bestrafung
Negative Verstärkung
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Zwei-Faktoren-Modell n. Mowrer (1960)
CS
UCR (=C-)
S
_
R
Vermeidungsreaktion
CNegative Verstärkung
durch Ausbleiben der
erwarteten aversiven
Stimulation
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Kognitive Theorien
Vertreter: Beck, Ellis, Meichenbaum
Als Kognitionen werden alle Prozesse des Denkens,
der Wahrnehmung der Bewertung, des
Gedächtnisses – kurz gesagt, alles Prozesse der
menschlichen Informationsverarbeitung angesehen.
Diese Prozesse sind sozusagen „Vermittler“
zwischen externalen Ereignissen (Stimuli) und
konkreten Verhaltensweisen oder Handlungen.
Kognitionen tragen zur „Färbung“ von Emotionen
bei und somit zur Diathese bzw. Aufrechterhaltung
von Angststörungen.
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Psychodynamische Modelle –
Konfliktmodell (Freud 1926)
Der Angstaffekt hat Signalfunktion.
Bei psychischen Störungen steht die äußere
Bedrohung symbolisch für eine
innerpsychische, unbewusste Bedrohung
Durch einen äußeren Auslöser wird ein
intrapsychischer Konflikt angestoßen. Häufig
wird dabei ein „alter“ infantiler Konflikt
reaktualisiert.
Die damit verbundene Angst kann nicht
abgewehrt werden.
Angst ist dann neurotische Symptombildung.
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Psychodynamische Modelle Konfliktmodell
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Psychophysiologische Erklärungsmodelle
Interne oder externe
Stressoren
Körperliche und
kognitive
Wahrnehmung
Veränderungen
Assoziation mit
Gefahr
Individuelle
Situationale
Prädisposition
Faktoren
Angst / Panik
(Ehlers & Margraf, 1989)
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Risikofaktoren
Frauen doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Inzidenz deutlich nach 45. Lj. verringert.
Familienstand: Risiko bei getrennt lebenden, geschiedenen und
verwitweten Personen; für GAS bei Hausfrauen ohne eine
Berufstätigkeit (2.5faches Risiko)
Familiengenetische Belastungen: Risiko vermutlich bei Panikstörung
und Generalisierter Angststörung
Live events: bei Panikstörung 38-81% in klinischen Stichproben
spezifische Lebensereignisse vor der Panikattacke; häufig bedrohliche
Ereignisse sowie Tod, plötzlich schwere Erkrankungen eines
Angehörigen oder Freundes, Schwangerschaft oder Geburt
Keine Unterschiede hinsichtlich ethnischer Zugehörigkeit, Einkommen,
Beschäftigungsverhältnis, Bildung oder ländlichem vs. städtischem
Lebensraum.
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Diathese-Stress-Modell
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Bedingungen bei Angststörungen
Prädisponierend:
Angeboren: hohe vegetative Reaktionsbereitschaft
Lernerfahrung: z.B. ängstliche Elternmodelle, tödlich
verlaufende Herzerkrankungen im nahen Umfeld,
dadurch Erwerb ungünstiger Einstellungen, erlebte
Gefahren
Auslösend:
Anhaltend und/oder akute Stressfaktoren, erste
Panikattacken
Aufrechterhaltend:
Ängstliche Selbstbeobachtung, Vermeidung potentiell
angstauslösender Situationen, keine Überprüfung der
katastrophisierenden Befürchtungen.
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Ursachen symptomatischer
Panikattacken
Hyperthyreose
Koronare Herzerkrankung
Schläfenlappentumor
Phäochromozytom (Nebennierentumor)
Psychomotorische Epilepsie
Koffeinintoxikation
Amphetaminintoxikation
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Angststörungen im ICD-10
Agoraphobie (mit und ohne Panikstörung)
Panikstörung
Spezifische Phobien
Soziale Phobie
Generalisierte Angststörung
Reaktionen auf schwere Belastung und
Anpassungsstörungen
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Epidemiologie
Störung
Life-time Prävalenz
Panikstörung mit/ohne Agoraphobie
1,5 – 3,5%
Spezifische Phobie
10 – 11,3%
Soziale Phobie
3 – 13%
Zwangsstörung
2,5%
PTBS
1 – 14%
GAS
5%
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„Teufelskreis“ bei Angstanfällen
Äußere Reize
Körperliche
Empfindungen
Aufschaukelung
der Angst bei
Panikanfällen
(nach Margraf
und Schneider,
1990).
Wahrnehmung
Physiologische
Veränderung
Gedanken
„Gefahr“
„ANGST“
Sichtbares Verhalten
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Spezifische Phobie
Unbegründete Ängste, die durch spezifische
Gegenstände oder Situationen bzw. deren
Antizipation ausgelöst werden.
Blut, Spritzen, Verletzungen (Muskelanspannung
indiziert – keine Entspannung, sonst Ohnmacht!)
Situationen (z.B. Flugzeuge, geschlossene
Räume)
Tiere
Umwelt (z.B. Höhen, Wasser)
Therapie: Konfrontation mit dem Ziel, eine
Habituation mittels Modelllernen, Reizüberflutung
und Abbau des Vermeidungsverhaltens zu
erreichen.
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Soziale Phobie
Anhaltende irrationale Ängste, die an die
Anwesenheit anderer Menschen gebunden
sind. Die Befürchtung der Personen
umfassen in der Regel die Bewertung durch
Andere. Es werden mehrere oder bestimmte
Situationen vermieden, in der sie sich kritisch
beobachtet fühlen, ihre Angst verraten oder
sich bloßstellen könnten (generalisierte oder
spezifische Soziale Phobie).
Therapie: Abbau der Sicherheitsverhaltensweisen, Verhaltensexperimente, kognitive
Neubewertung, Aufmerksamkeit
externalisieren u. Videoeinsatz.
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Generalisierte Angststörung (GAS)
Persistierende Ängstlichkeit in vielen
Lebenssituationen, die mit einer chronischen
und unkontrollierbaren Sorge einhergeht und
mind. 3 körperlichen Symptomen aufweist:
Leere im Kopf oder Konzentrationsschwierigkeiten, schnelle Ermüdung,
Ruhelosigkeit, Gereiztheit, starke
Muskelverspannung und Schlafstörungen.
Mögliche Therapie: Sorgenkonfrontation –
hiermit soll die Ablenkung von der Angst
unterbrochen werden. Bearbeitung der MetaSorgen wesentlich.
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Panikstörung
Wiederholte Panikanfälle, die oft spontan
auftreten und nicht ausschließlich auf eine
spezifische Situation, ein spezifisches Objekt,
eine reale Gefahr oder besondere
Anstrengungen bezogen sind.
Eine Panikattacke ist eine einzelne Episode
intensiver Angst oder Unbehagens. Sie
beginnt abrupt und erreicht innerhalb weniger
Minuten ein Maximum und dauert mind.
einige Minuten an. Es müssen mind. 4 von 12
Symptome vorhanden sein und eines davon
Herzklopfen /-rasen, Schweißausbrüche,
Tremor oder Mundtrockenheit.
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Behandlung einer Panikstörung
Vermittlung eines Erklärungsmodells mittels
geleitetem Entdecken – Teufelskreis der
Angst
Korrektur der Fehlinterpretationen
körperlicher Symptome – Sichtweise des
Patienten aufgreifen und jegliche Fragen und
Zweifel aktiv ermutigen und ausgiebig
besprechen (z.B. Hyperventilationsübung,
Schwindelübung, Angsttagebuch)
Verhaltensexperimente – der Patient macht
die Erfahrung, dass gefürchtete Symptome in
Situationen auftreten und nicht gefährlich sind
Rückfallprophylaxe
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Agoraphobie
Zusammenhängende, sich häufig
überschneidende Gruppe von Phobien,
mit der Angst, das eigene Haus zu
verlassen, Geschäfte zu betreten, sich in
eine Menschenmenge oder auf öffentliche
Plätze zu begeben oder alleine in Zügen,
Bussen oder Flugzeugen zu reisen.
Therapie: Konfrontation mit den
Situationen – Ziel „Angst vor der Angst“ zu
verlieren.
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Systematik der Expositionsverfahren
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Pharmakologische Behandlung
- erst wenn therapeutischen Maßnahmen keine
Erfolge zeigen, sollte über pharmakologische
Behandlung nachgedacht werden – Problem:
Versorgungslücken
- eingesetzt werden
• Benzodiazepine (cave: Abhängigkeitspotential)
• trizyklische Antidepressiva
• SSRI
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Psychotherapie vs. Pharmakotherapie Empirie
Wirksamkeit von Psychotherapie (insbesondere
VT) und von Pharmakotherapie (Antidepressiva)
gut belegt.
Es gibt aber nur wenige direkte Vergleichstudien.
Überlegenheit der KVT in vielen Studien bestätigt
Psychotherapie (KVT) ist auch nach
Therapieende wirksam, der Effekt nimmt sogar zu
Psychopharmako-Therapie wirkt vor allem
kurzfristig (während der Einnahme) und es
werden hohe drop-out Raten angegeben
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Vielen Dank für ihre
Aufmerksamkeit!
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