Wege der klinisch-psychologischen und gesundheitspsychologischen Behandlung zur Prävention und Versorgung psychischer Erkrankungen Ilse Kryspin-Exner Seit nunmehr 18 Jahren besteht in Österreich das Psychologengesetz, in dem auch der Begriff „Psychologische Behandlung“ festgeschrieben ist. Dies stellt eine ausreichende Zeitspanne dar, um über Vorgehensweise und Inhalte dieses Interventionszugangs zu reflektieren, der im Gesetz selbst nicht weiter ausgeführt ist. Da es sich um eine spezifisch österreichische Rechtslage handelt, existiert wenig internationale Bezugsliteratur bzw. muss eine Anleihe bei Konzepten erfolgen, die andernorts in anderen formalen Rahmenbedingungen stattfinden. Im Folgenden wird ausgeführt, in welcher Form bei der Psychologischen Behandlung aus dem Grundwissen der Psychologie geschöpft wird und diese bei der Therapie, Vorbeugung und Rehabilitation psychischer Probleme sowie psychischer Reaktionen bei körperlichen Erkrankungen eingesetzt wird. Psychopathologie und Pathopsychologie Vorangestellt seien Modellannahmen der Psychopathologie und Pathopsychologie, die bereits verschiedene Herangehensweisen an Ätiologie und Behandlung psychischer Probleme und Reaktionen sowie gesundheitsförderlicher Maßnahmen nahe legen. Die Betrachtung der Entstehung, Aufrechterhaltung und Behandlung psychischer Probleme vor dem Hintergrund des so genannten bio-psycho-sozialen Rahmenmodells ist heute sowohl „State of the Art“ als auch allgemein akzeptiert. Weiters spiegelt dies die geglückte wechselseitige Akzeptanz des organischen und sozialen Rahmenmodells wider. Eingebettet in ein bio-psycho-soziales Modell wurde aus dem historischen Kontext – die Wurzeln der Klinischen Psychologie liegen in der Medizin und in der Philosophie – der Psychopathologie ein vorrangiger Stellenwert eingeräumt. Die Psychopathologie ist aus der Verbindung zwischen Psychiatrie und Philosophie an der Wende des 20. Jahrhunderts hervorgegangen und wurde von unterschiedlichen philosophischen Richtungen beeinflusst, wobei der Bezug zur Existenzphilosophie (Heidegger, Bins- wanger, Jaspers) sehr wichtig ist. Jaspers prägte den Begriff „Psychopathologie“, hierbei bedarf es im Sinne eines idiographisch-kasuistischen Zugangs des „Einlebens“, d.h. dem einzelnen Individuum im Sinne der Begegnung, des Dialogs, der Interaktion zugewandt sein. Im Sinne des nomothetischen Forschens geht es aber gleichzeitig auch um die Suche nach regelhaften Zusammenhängen. Dieses Eingehen auf den Einzelnen, ohne die Perspektive dafür zu verlieren, das Wissen auch zu kommunizieren, ist gleichermaßen notwendig für das Erfassen und Erkennen psychischer Störungen und bildet somit die Grundlage der Psychopathologie. Psychopathologische Symptome sind Zeichen der PatientInnen, deren Bedeutung wir verstehen sollen, und die je nach Grundannahme („Menschenbild“: Psychodynamisches, Humanistisches, Existenzialistisches, Interpersonales, Verhaltenstheoretisches & Kognitives Modell – siehe Abbildung 1) hinsichtlich der Ätiologie und dem daraus abgeleiteten therapeutischen Vorgehen unterschiedlich interpretiert werden (Kryspin-Exner 2000, 2001a, 2003). Paradigmen: Psychopathologie und Therapie Organische Prozesse Psychologische und persönliche Dimensionen des menschlichen Erlebens und Verhaltens Gesellschaft, Kultur PSYCHODYNAMISCHES MODELL Biologisches Modell EXISTENZIALISTISCHES MODELL HUMANISTISCHES MODELL Soziokulturelles Modell INTERPERSONALES MODELL VERHALTENSTHEORETISCHES MODELL KOGNITIVES MODELL Abbildung 1: Paradigmen in Psychopathologie und Therapie In der Psychologie existiert jedoch darüber hinaus eine Vielzahl an fundiertem Wissen, das aus den verschiedenen Zweigen der Psychologie abgeleitet wird und ebenso Berücksichtigung finden soll. Im Kontrast zum primär an Auffälligkeiten orientierten Begriff der „Psychopathologie“ liegt der Pathopsychologie die Annahme zu Grunde, dass psychologische Gesetzmäßigkeiten für so genanntes „normales“ und auffälliges Verhalten gleichermaßen Bedeutung haben, wie etwa Erkenntnisse aus der Entwicklungs-, Lern-, Motivations-, Emotionspsychologie usw. (siehe Abbildung 2). Weiters werden Ursachenzuschreibungen (Attributionen) sowie subjektive Annahmen zu Gesundheit, Krankheit und zu deren Behandelbarkeit in ein Interventionskonzept integriert. Pathopsychologische Modelle für Diagnostik und Behandlung Organische Prozesse Biologisches Modell Psychologische Dimensionen des menschlichen Erlebens, Verhaltens und Wissens (!) der Patienten einbeziehen! Entwicklungspsychologie Sozialpsychologie Persönlichkeitspsychologie Differentielle Psychologie Kognitionspsychologie, Attributionstheorien Emotionspsychologie Neuropsychologie Motivationspsychologie Gesundheitspsychologie Subjektive Theorien: Gesundheit und Krankheit Laientheorien Abbildung 2: Pathopsychologische Modelle Gesellschaft, Kultur Soziokulturelles Modell Den Ausdruck „Pathopsychologie“ wurde von Münsterberg 1912 geprägt, und in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg gab es auch eine wissenschaftliche Zeitschrift mit diesem Titel (Bastine, 1998). Im Sinne der Psychologie als Wissenschaft, die das menschliche Erleben und Verhalten beschreibt, stellt die Pathopsychologie jenen Bereich dar, in dem psychologische Modelle zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Probleme sowie Störungen und daraus folgernd auch aus der Psychologie abgeleitete Methoden zur Behandlung eingesetzt werden. Gegenstand der Pathopsychologie ist die Analyse der Erscheinungsweise (Phänomenologie, Symptomatologie), der Entwicklung (Genese oder Pathogenese), der Verursachung (Ätiologie), des Verlaufs (Prognose), der Ordnung und Einteilung (Klassifikation) sowie der Verbreitung (Epidemiologie) klinisch-psychologischer Phänomene. Dabei werden, wie weiter oben erwähnt, Erkenntnisse aus verschiedenen Fachdisziplinen der Psychologie (z.B. Entwicklungs-, Sozial-, Kognitions-, Emotions-, Neuro-, Motivations- und Gesundheitspsychologie) herangezogen, um menschliches Erleben und Verhalten möglichst umfassend beschreiben zu können. Die Pathopsychologie ist weiters nicht an einzelnen Grundhaltungen (siehe „Menschenbilder“) orientiert. Störungen sind in allen psychischen Funktionsbereichen möglich (Motorik, Wahrnehmung, Gedächtnis, Lernen, Denken und Problemlösen, Emotionen, Motivation). Psychologische Dimensionen des menschlichen Erlebens und Verhaltens werden auch insofern einbezogen, als das „Wissen“ im Sinne von subjektiven Gesundheits- und Krankheitsvorstellungen von KlientInnen – und damit auch Laientheorien – Berücksichtigung finden. Klinische PsychologInnen und GesundheitspsychologInnen orientieren sich im Rahmen der psychologischen Behandlung vornehmlich am pathopsychologischen Modell, ohne jedoch psychopathologische Phänomene aus den Augen zu verlieren. Sie wenden sich den ureigensten Gebieten der Psychologie zu. Aus Beobachtung, Einteilung und Ordnung psychischer Funktionen (von Wahrnehmung bis hin zu Problemlöseprozessen) – zusätzlich zur Diagnostik psychischer Störungen mittels gängiger Klassifikationssysteme (ICD; DSM) – sollen Informationen und Interpretationen gewonnen werden, um daraus Interventionen abzuleiten. Kriterien Psychologischer Behandlung Unter Psychologischer Behandlung werden jene Interventionen subsumiert, die sich originär aus der Psychologie als Wissenschaft heraus ergeben. Deshalb weist die Psychologische Behandlung eine sehr hohe Affinität zur empirischen Grundlagenforschung auf und schöpft somit – wie bereits weiter oben im pathopsychologi- schen Modell diskutiert – aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen verschiedenster Fachbereiche der Psychologie (siehe Abbildung 2). Es entspricht dem methodischen Vorgehen der Psychologie, die angewandten Methoden einer Erfolgsüberprüfung und Evaluation zu unterziehen. In diesem Zusammenhang stehen Fragen hinsicht- lich der Wirksamkeit und Effizienz im Vordergrund. Dies ist insofern von entscheidender Bedeutung, als zur Psychologischen Behandlung Aussagen getroffen werden müssen, welche Methoden bei welcher bestimmten Person oder Population zu welchem Zeitpunkt und mit welchen Effekten wirken. Zudem soll erfasst werden, wie stabil diese Effekte sind, das heißt, ob und wie lange sie über die Behandlungszeit hinaus aufrecht erhalten bleiben (Katamnese). Der Fokus ist also auf Überschaubarkeit, Überprüfbarkeit, Nachvollziehbarkeit und Wiederholbarkeit wirkungsvol- ler psychologischer Interventionen gerichtet. Psychologische Behandlung arbeitet gleichfalls wie Psychologische Beratung zielorientiert, wobei zwischen Ist- und Soll-Zustand zu differenzieren ist. Der Ist- Zustand bezieht sich auf das Hier und Jetzt, beispielsweise welche verbesserungswürdigen Defizite, aber auch Stärken/Ressourcen bei KlientInnen vorhanden sind. Der Soll-Zustand meint die Gesamtheit der Merkmalswerte, die angestrebt und erwünscht werden und beschäftigt sich somit mit der Frage, wie KlientInnen gerne sein möchten. Es gilt zwischen Ziel- und Verhaltensproblemen zu differenzieren. Während unter Zielproblem verstanden wird, dass der Sollzustand von Personen nicht realisierbar ist, bezieht sich ein Verhaltensproblem auf den Umstand, dass ein spezifisches Ziel durchaus erreichbar wäre, es den betroffenen KlientInnen jedoch an entsprechendem Know-How fehlt, zu diesem erfolgreich zu gelangen. Ein weiteres wesentliches Kriterium Psychologischer Behandlung ist die so genannte Problem- und Ressourcenanalyse. Bei einem Individuum sollen nicht nur, wie be- reits vorhin erwähnt, Defizite, Schwierigkeiten und Schwächen erfasst werden, sondern auch die vorhandenen Ressourcen. Diese stellen im Behandlungsprozess einen wichtigen Zugang dar, und es kann an sie angeknüpft werden, wobei deren Auswei- tung anzustreben ist. Das Vorgehen in der Psychologischen Behandlung erfolgt hypothesengeleitet. Das impliziert, dass mit den KlientInnen tunlichst gemeinsam eine Hypothese über die mögliche Entstehung des Problems oder ihrer momentanen Lage erstellt wird, um daraus Behandlungsbausteine abzuleiten. Im Behandlungsprozess selbst kommt es zur stetigen Überprüfung der Stimmigkeit der vorab formulierten Hypothesen bzw. zur Abklärung, ob sich Elemente und Bestandteile finden lassen, die in einer Unterstützung oder Verwerfung der Hypothese resultieren. Die Expertise der KlientInnen spielt also eine wesentliche Rolle: Die KlientInnen sind ExpertInnen über sich selbst, die PsychologInnen hingegen Fachpersonen hinsichtlich psychologischen Wissens bzw. psychologischer Gesetzmäßigkeiten! Erst der Austausch führt dazu, dass ein bestmöglicher Behandlungserfolg ge- währleistet ist. Das hypothesengeleitete Vorgehen basiert weiters auf einer operationalen Einheit von Diagnostik und Therapie – die diagnostischen Schritte sind zugleich auch Interventionen und aus deren Erkenntnissen kann überprüft werden, ob die zugrunde liegenden Hypothesen stimmen. Entsprechend des Leitbildes Psychologischer Behandlung soll Erfahrungswissen aus Fallarbeiten eingebaut werden, eine Vorgangsweise, die unter dem Fachbegriff „evidence based“ subsumiert wird. Aus diesem Grund hat der ständige Bezug zu aktueller Fachliteratur, die vorgesehene kontinuierliche Fortbildung sowie Supervision wesentliche Bedeutung, in die das eigene Erfahrungswissen aus der angewandten therapeutischen Arbeit einfließen soll. Im Rahmen einer Psychologischen Behandlung werden sowohl im Sinne der Psychoedukation viele Informationen gegeben als auch konkrete Hilfsmaßnahmen ge- plant. Außerdem steht die Fertigkeiten- und Funktionsorientierung (z.B. soziales Kompetenztraining, Stressmanagement) im Vordergrund. Eine gute Psychologische Behandlung funktioniert niemals ohne Motivationsförderung, was bedeutet, die Erhöhung der Eigenmotivation der KlientInnen im Behandlungskonzept ständig im Auge zu behalten. Außerdem gilt es, subjektive Krankheitstheorien und Gesundheitsvorstellungen zu inkludieren, da jeder Mensch Wissen und Überlegungen da- zu hat oder zu haben glaubt, wie die eigene Gesundheit gewährleistet werden kann und welche Faktoren zu Krankheit führen (health beliefs). Auch Vorstellungen über die Behandelbarkeit und in Frage kommende Methoden sind einzubeziehen. In diesem Zusammenhang steht auch die so genannte Compliance (Einhalten von Vorschriften und Vorgaben), die erst dann gegeben sein wird, wenn die subjektiven Mo- delle des Betreffenden berücksichtigt werden. Es wird ein kooperatives Arbeitsbündnis zwischen den PsychologInnen auf der einen und den KlientInnen auf der anderen Seite angestrebt, der Stil der Beziehung ist adaptiv: zuhören, üben, motivieren, emotional unterstützen bis hin zu Anregungen, mit bestimmten Denk- oder Verhaltensweisen zu experimentieren, können sich abwechseln und werden der jeweiligen Situation angepasst. Das oben erwähnte „Gleichgewicht“ – „Klient/in ist Experte/in über sich selbst, Psychologe/in über das Fachgebiet –, bestimmt die Beziehungsform. Im Rahmen einer Psychologischen Behandlung ist die aktive Mitarbeit der KlientInnen ein tragendes Element, und es wird früh an Selbstkontrolle und Selbstmanagement appelliert, das heißt, der geringst nötige Behandlungseinsatz ist vorgesehen, wodurch auch eine ökonomische Vorgehensweise in zeitlicher und finanzieller Hinsicht angestrebt wird. Kontinuierliche Kosten-Nutzen-Analysen charakterisieren demnach die Psychologische Behandlung ebenfalls. Anwendungsfelder Psychologischer Behandlung Psychologische Behandlung bietet ein sehr breites und offenes Betätigungsfeld, ihr Einsatz kann in mannigfacher Weise erfolgen. Beispiele Psychologischer Behandlung – und diese Auswahl kann durch viele Beispiele ergänzt werden, die die im letzten Abschnitt angeführten Kriterien erfüllen –, reichen von PatientInnenbehandlung über Angehörigenbetreuung bis hin zu Prävention, Vorsorgemaßnahmen und Gesundheitsförderung. Ausdrücklich sei festgehalten, dass sich Psychologische Behandlung zwar am Diagnostizieren psychischer Störungen orientieren kann, dass sie aber noch viel mehr Schwerpunkte in der Betreuung psychischer Reaktionen bei körperlich Erkrankten hat, und auch unter dem gesamten Aspekt der Lebensspanne einzusetzen ist. Hierbei sei als derzeit besonders wichtiger Bereich jener der Gerontopsychologie genannt. Was in den letzten Jahren nach Auffassung der Autorin des Artikels bedauerlicherweise in den Hintergrund getreten ist, stellt die Tatsache dar, dass durch rechtzeitige Psychologische Behandlung die Entwicklung pathologischer Verläufe hintan gehalten oder zumindest in der Entwicklung hinausgezögert werden kann. Stand diese Diskussion in den 1980er Jahren im Vordergrund (damals unter dem Motto: „Wie lange braucht es, bis jemand mit einem psychischen Problem die für seine Störung adäquate Behandlungsstelle findet?“), so wird sie heute im Sinne der Prävention im Zusammenhang mit ökonomischen Behandlungsformen viel zuwenig geführt! Als Auswahl von Beispielen in der PatientInnenbehandlung sollen folgende Bereiche angeführt werden: Bewältigung bei Belastungssituationen insbesondere bei somatischen Erkrankungen, genetischer Prädisposition etc. Dieser Gegenstandsbereich um- fasst psychische Vorgänge, die mit Entstehung, Prävention, Bewältigung, Behandlung und Rehabilitation körperlicher Erkrankungen zusammenhängen (neurologische, endokrinologische, respiratorische, gastrointestinale kardiovaskuläre, Erkrankungen immunologische, etc.). In diesem Zusammenhang muss festgehalten werden, dass von Seiten der Psychologie zu allen körperlichen Erkrankungen Beiträge geleistet werden können. Speziell soll an dieser Stelle auf die Schmerzbehandlung hingewiesen werden: Bezüglich Schmerz existieren keine objektivierbaren Parameter, mit denen das Schmerzempfinden gemessen werden kann. Ergo dessen wird Schmerz stets subjektiv empfunden und ausgedrückt, ist demnach vorwiegend über verbale Mitteilungen bzw. Interpretation des Verhaltens kommunizierbar. Bezüglich der Epidemiologie chronischer Schmerzsyndrome lässt sich festhalten, dass 5 bis 10% der Bevölkerung davon betroffen sind (KrönerHerwig, Frettlöh, Klinger & Nilges, 2007). Am häufigsten werden chronische Rücken-, Nacken-, Gelenks- und Kopfschmerzen berichtet. Chronische Schmerzsyndrome stehen oft in Verbindung mit Depressionen, Hilflosigkeit, Irritierbarkeit sowie Beeinträchtigungen im Familienleben, am Arbeitsplatz und bei sozialen sowie Freizeitaktivitäten. Wichtige Bausteine sind unter anderem Entspannungsverfahren und Biofeedback sowie die Vermittlung eines Schmerzkonzepts und Schmerzbewältigungsstrategien (Ablenkungsverfahren, Veränderung des inneren Dialogs während Schmerzepisoden, Training in Problemlöseverfahren etc.). In der klinisch-psychologischen Behandlung erfolgt einerseits die kognitive Auseinandersetzung mit Schmerz und andererseits die Vorbereitung auf mögliche kommende Schmerzattacken, Emotionsregulation und Antizipation spielen hier eine große Rolle. Neuropsychologische Rehabilitation, z.B. im Zusammenhang mit SchädelHirn-Traumen (SHT) nach schweren Unfällen (vorwiegend als Folge von Ver- kehrsunfällen oder Stürzen). Die erwähnte Fertigkeiten- und Funktionsorientierung ist hier vordergründig, es geht hier gleichermaßen darum, das vorhandene Leistungspotential bestmöglich auszuschöpfen und adäquat einzusetzen wie darum, die Patienten zu unterstützen, das Leben mit Defiziten im Sinne einer bestmöglichen Lebensqualität zu gestalten. Die Inzidenz von SHT beträgt im Jahr ca. 8000 Fälle pro 1 Million Menschen. 20% der Erwachsenen nach einem SHT bleiben schwer behindert, 1 bis 14% davon im apallischen Syndrom. Oberste Maxime im Rahmen klinisch-(neuro)psychologischer Interventionen ist die Wiederherstellung unterbrochener oder gestörter funktionaler Systeme. Klinisch-psychologische Interventionen umfassen Rehabilitationsmaßnahmen, neben der Förderung elementarer psychischer Funktionen („Skills-Training“, zum Einsatz kommen Merkfähigkeits-, Konzentrationstrainings ebenso wie Emotionstrainings) erfolgt eine Orientierung an intakten Hirnfunktionen und die Einbeziehung der Störung in den Prozess der Informationsverarbeitung. Im Rahmen neuropsychologischer Evaluation werden Leistungsverläufe abgebildet und festgehalten. Weitere Ziele sind die Verbesserung der zentralen Integrität und die Entwicklung alternativer Verhaltensstrategien (Training anderer Sinnesbereiche, Reglementierung der Routinetätigkeit etc.). Zudem sollen sowohl neue Ziele, z.B. berufliche Umschulung, als auch ein bestmöglicher Umgang mit den beeinträchtigten Funktionen (Coping-Strategien) erarbeitet werden (Lehrner, Pusswald, Fertl, Kryspin-Exner & Strubreither, 2006). Die Fertigkeiten und Funktionsorientieung ist auch ein wesentliches Element bei Lern- und Leistungsstörungen bei Kindern, z.B. im Sinne der Vermittlung von Memotechniken und Lernstrategien, Förderung des Selbstwertgefühls etc. Der Bereich der Kinder- und Jungendpsychologie ist insgesamt jener, wo im Sinne von Psychologischer Behandlung als Vorbeugemaßnamen jahrzehntelange Erfahrung gesammelt werden konnte, die hier auszuführen den Rahmen dieses Artikels sprengen würde und einer eingeständigen Reflexion Wert wäre. Um nochmals ausdrücklich auf die wichtige Funktion der Psychologischen Behandlung bei körperlichen Erkrankungen hinzuweisen, seien zusätzlich noch 3 Bereiche angeführt, wo sich diese längst – auch mit gut dokumentierten Effizienzstudien – bewährt hat: Kardiopsychologie: Im Volksmund finden sich viele Sprichwörter und Redewendungen, die zeigen, wie stark Psychologie mit somatischen Erscheinungen verhaftet ist, z.B. „Das zerbricht einem das Herz“ oder „Sich etwas zu Herzen nehmen“, etc. Herz-Kreislauferkrankungen zählen zu den häufigsten Erkrankungen in den westlichen Industrienationen. In Österreich stehen 43,3% aller Todesfälle (Zahl aus dem Jahr 2005) mit Herz-Kreislauferkrankungen im Zusammenhang. Es handelt sich um „Lebensstilerkrankungen“, die häufig mit einer ungünstigen Lebensführung, z.B. Rauchen, Übergewicht und/oder Stress verbunden sind (Ehlert, 2002). Akuter Herzinfarkt, angeborene Herzkrankheiten (auch in der Kinderkardiologie), Herzoperationen und -transplantationen bedürfen einer psychologischen Vorbereitung sowie psychischen Verarbeitung. Psychologische Behandlung ist in diesem Bereich vor allem in allgemeinen kardiologischen sowie internistischen Abteilungen, Herzstationen, Rehabilitationseinrichtungen aber auch in freier Praxis und in Unternehmen (zwecks Prävention kardiopsychologischen von Herz-Kreislauferkrankungen) Diagnostik werden erprobt. individuelle In der psychosoziale Risikoprofile erstellt und Ressourcenanalysen durchgeführt, aus denen umfassende Behandlungspläne abgeleitet werden. Das Erkennen psychischkörperlicher Zusammenhänge durch Information bzw. Psychoedukation steht im Vordergrund: Der Zusammenhang von psychologischen Faktoren und Herz-Kreislauferkrankungen soll transparent gemacht werden. Konkrete Beispiele für psychologische Behandlungsmöglichkeiten in der Kardiologie sind Hilfe bei der Krankheitsbewältigung, Stressmanagement, Entspannung, Raucherbehandlung, Ernährungspsychologische Behandlung, psychologische Operationsvorbereitung vor einem Herzeingriff und Techniken zur Angstreduktion, z.B. hinsichtlich Ängsten und Sorgen vor einer Operation oder vor einem erneuten Herzinfarkt. Im großen Bereich der Psychoonkologie lassen sich zum Wohle des Betroffenen alle Maßnahmen einsetzen, die oben erwähnte Kriterien der Psychologi- schen Behandlung erfüllen. Hier geht es insbesondere um einen Einsatz bewältigungsorientierter Strategien, worauf am Ende dieses Beitrags noch kurz eingegangen werden wird In Österreich erkranken pro Jahr ca. 35.000 Menschen an Krebs (Statistik Austria, 2008). Bezüglich der Ätiologie ist von multifaktorieller Genese auszugehen: Neben genetischen exogenen Einflussfaktoren psychoneuroimmunologischen Psychologischen Faktoren (Viren, (genetischer Strahlen Zusammenhängen Behandlung bei – Disposition), etc.) worauf eindimensionalen und in einer subjektiven Erklärungsmodellen einzugehen ist – , spielen auch psychologische Einflussvariablen wie Stressoren, Verhalten (z.B. Sonnenschutzverhalten), Persönlichkeitsmerkmale und Bewältigungsstrategien eine Rolle. Ziel der psychologischen Interventionen bei TumorpatientInnen ist die Verringerung der affektiven Belastung durch die Diagnose Krebs, wodurch eine Verbesserung der Befindlichkeit angestrebt wird. Weiters soll durch die Reduzierung der Beeinträchtigungen aufgrund medizinischer Therapiemaßnahmen eine Ermöglichung der beruflichen und sozialen Wiedereingliederung erfolgen. Die Verlängerung des rezidivfreien Intervalls und der Überlebensdauer sowie das Training bezüglich gesundheitsfördernden Verhaltens stellen ebenfalls wichtige Themen in der Psychologischen Behandlung dieses Krankheitsbildes dar wie auch die Begleitung der Patienten sowie ihrer Angehörigen, wenn es keine medizinischen Behandlungsmöglichkeiten mehr gibt. Konkrete klinisch-psychologische Interventionen sind beispielsweise kognitivbehaviorales Stressmanagement, Emotionsverarbeitung und -regulation, Informationsvermittlung über die Erkrankung und die Therapie mit dem Ziel, die Vorhersagbarkeit und Kontrollierbarkeit des Behandlungsablaufs zu erhöhen sowie soziale Unterstützung zu gewährleisten (Angenendt, SchützeKreilkamp & Tschuschke, 2007). • Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus spielen in der heutigen Zeit aufgrund des steigenden Lebensalters und der sich verändernden Ernährungsgewohnheiten eine zunehmend wichtige Rolle. Die Prävalenz beträgt in den westlichen Industrienationen 2 bis 3%, wobei 10 bis 15% der Betroffenen unter Typ I Diabetes und 85 bis 90% unter Typ II Diabetes („Altersdiabetes“) leiden (Ehlers, 2002). Komorbide psychische Störungen sind v. a. Depressionen, Angst- und Essstörungen; Diabetes wird als Modellkrankheit der Schnittstelle von Psychologie und Medizin angesehen. Von Seiten der Psychologie wird bei PatientInnen versucht, das Selbstmanagement (Hilfe zur Selbsthilfe) zu unterstützen und zu fördern. Interventionen zielen auf Krankheitsverarbeitung und -bewältigung ab und neben einem optimierten Einbau der nötigen Maßnahmen in den Alltag, wird auf eine Unterstützung bei Verhaltensänderungen (Ernährung, Übergewicht, Rauchen etc.) geachtet. Weitere Betätigungsfelder sind Interventionen bei Hypoglykämieangst, z.B. Blood Glucose Awareness Training. Psychologische Interventionen können weiters Ärztlich-medizinische Eingriffe vorbereiten, sie begleiten sowie in der Nachbetreuung eingesetzt werden. Unter anderem ist es sehr wichtig, Kinder in Hinblick auf Eingriffe mit Informationen zu versorgen, wie sich beispielsweise der Ablauf bei Blutabnahmen, EEG- und fMRI-Untersuchungen bis hin zur Vorbereitung auf Transplantation gestaltet. Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zeigen, dass optimale Operationsvorbereitungen gewährleisten, dass Betroffene viel angstfreier an Eingriffe herangehen und auch geringere Dosen an Narkosemittel benötigen (Höfling & Dworzak, 1989) – hier kommen Elemente der erwähnten Psychoedukation zum Tragen. Weitere Möglichkeiten bestehen in der problemorientierten Beratung und Betreuung von Angehörigen und anderen („significant others“). Vor allem Nahestehende von geriatrischen Patienten, von Menschen mit intellektueller Behinderung oder mit schweren somatischen Erkrankungen brauchen vorübergehend oder begleitend Unterstützung, Entlastung, Beratung und Betreuung (Schaffen eigener Freiräume zum Wohle des betreuten Angehörigen, Umgang mit Schuld und Verpflichtung, usw.). Diese Population benötigt primär Psychologische Behandlung mit Stärkung, Ziel- und Ressourcenorientierung. Schließlich ergibt sich eine weitere bedeutsame interdisziplinäre Schnittstelle mit der Medizin: Das medizinische Personal kann von problemorientierter psychologischer Schulung sehr profitieren (Kryspin-Exner, 1993). Psychologischer Vorsorgebereich Im Zuge der explodierenden Kosten für das Gesundheitssystem scheint der Bereich der Vorsorge und Prävention einen immer wichtigeren Stellenwert einzunehmen. Da es sich jedoch hierbei um keine Frage der „Krankenversorgung“ im engeren Sinn handelt, ist die Diskussion darüber größer als deren tatsächliche finanziell unterstützte Umsetzung. Prävention rechnet sich immer nur unter langfristigen Gesichtspunkten. Die psychologische Gesundheitsförderung stellt einen wichtigen Bereich in der Gesundheitspsychologie dar und definiert sich als sozial-ökologisches Gesundheitsund Präventivmodell, im Rahmen dessen Gesundheit nicht Ziel, sondern Mittel zur positiven Lebensgestaltung ist. Wenn nur kurz Überlegungen angestellt werden, wie wichtig in diesem Bereich Einstellungen (jedes einzelnen und der Bevölkerung insgesamt), Fragen der Motivation und der Antizipation sind (z.B. Hintanstellen eines unmittelbar positiven Verstärkers zugunsten eines längerfristigen erwünschten Effekts), so wird kaum jemand bezweifeln, dass dies originär psychologische Fragestellungen sind! Psychologische Gesundheitsförderung schlägt zwei Richtungen ein, nämlich einerseits einen verhältnisorientierten bzw. institutionellen Ansatz (Situationen, Betriebe) und anderseits einen verhaltensorientierten Ansatz (Ausgangspunkt bildet das Individuum). Angestrebt wird auf institutioneller Ebene das Fördern von Selbstwirksamkeit, das Erreichen eines Belastungsabbaus, das heißt, das Schaffen von kontrollierbaren Bedingungen, z.B. das Einlegen von Pausen und eine adäquate Arbeitspatzgestaltung. Stressmanagement, individuell Entspannungs- Auf und individueller Ebene Selbstsicherheitstrainings personenorientierte werden sowie verhaltenszentrierte Gesundheitsförderungsprogramme angeboten. Der psychologische Vorsorgebereich beschäftigt sich mit Prävention im Rahmen von Risikofaktoren (z.B. Tabakprävention und Raucherentwöhnung, schädlicher Alko- hol- & Drogengebrauch, Bewegungs- & Sportprogramme, Stressbewältigung), dem Umgang mit Angst, Stimmungsbeeinträchtigungen, Verlusten, Katastrophen und traumatisierenden Erlebnissen (Notfallpsychologie). Auch in der Geron- to(psycho)logie gewinnt er zunehmend an Bedeutung (Gehirnjogging, Aktivitätspla- nung, Finden von Lebensformen, Unterstützung bei Benützung von technischen Hilfsmitteln aus der Produktsparte der Gerontotechnik). Auf das mannigfache Wissen Psychologischer Behandlung im Bereich der Kinder- und Jungendpsychologie und dessen Bedeutung in der Vorbeugung des Ausbruchs pathologischer Entwicklungen im weiteren Leben bis hin zu schwerwiegenderen psychischen und somatischen Störungen wurde bereits weiter oben hingewiesen ebenso wie auf die Notwendigkeit, dieses Wissen systematisch aufzuarbeiten bzw. im Sinne der Erfahrungsorientierung (siehe Stichwort evidence based) als wichtiges Argument für die Notwendigkeit Psychologischer Behandlung noch mehr in die Diskussion einzubringen. Counsel(l)ing Psychology In der wissenschaftlichen Betrachtung von Entwicklungen ist es notwendig, Modelle im Kontext der „Scientific Community“ zu betrachten. Gesetzliche Bestimmungen hierbei zu betrachten ist notwendig aber nicht ausreichend, den Stellenwert von Erkenntnissen oder Maßnahmen richtig einzuordnen (Kryspin-Exner, 2001b). Es wurde bereits einleitend erwähnt, dass es aufgrund dessen schwierig ist, die „Psychologische Behandlung“ hinsichtlich dieses Gesichtspunkts zu beleuchten. Während in Österreich entsprechend der Gesetzeslage Beratung und Behandlung voneinander abgrenzt werden, ist dies im angloamerikanischen Raum beispielsweise nicht der Fall. Counsel(l)ing Psychology, ein Begriff, der von Frank Parsons 1908 geprägt wurde, umfasst sowohl Beratung als auch Behandlung (ohne strikte Trennung) (Cormier & Hackney, 2005). Als ein weiterer wichtiger Proponent des Counsel(l)ing gilt Carl Rogers, der die Klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie entwickelte und ein Vertreter der humanistischen Psychologie ist. Ohne jetzt allzu viel in diese Tatsache hinein zu interpretieren, drängt sich doch die Schlussfolgerung auf, dass Rogers gerade aus dem Blickwinkel seines Ansatzes, in dem Selbstverwirklichung, Ganzheitlichkeit und Aktualisierungstendenz in den Vordergrund gestellt wird, die Notwendigkeit einer eingegrenzteren Behandlungsform für spezifische psychische Probleme sah (eben ein bewältigungsorientiertes, auf Fertigkeiten und Funktionen ausgerichtetes therapeutisches Vorgehen). Bezüglich Counsel(l)ing ist das kontextuelle Paradigma das vorherrschende. Das bedeutet, es kommt zur Rücksichtnahme auf die sich verändernde Welt, die durch Entwicklung und Verbreitung neuer Technologien sowie durch neue Verfügbarkeit von Information und Kommunikation (z.B. WWW) geprägt ist (Ivey, Ivey & Simek-Morgan, 1997). Counsel(l)ing wird in den unterschiedlichsten Bereichen betrieben und eingesetzt, z.B. Mental Health Counsel(l)ing bei psychischen Störungen, School Counsel(l)ing bei schulbezogenen Problemen, als Vorbeugemaßnahmen oder Family und Marriage Counsel(l)ing im Zusammenhang mit Familien-/Eheberatung und -behandlung. Das Hauptaugenmerk ist stets auf den Einbezug ökonomischer, ökologischer, kultureller und anderer Lebensdimensionen gerichtet. Resümee und Plädoyer für die Psychologische Behandlung Der Psychologie als Wissenschaft folgend wurde von einem Modell („Pathopsychologie“) ausgegangen, das sich aus der Psychologie heraus entwickelt hat und die vielfältigen Erkenntnisse der verschiedenen Fachbereiche dieses Wissenschaftszweiges bei der Klärung der Ätiologie und zur Behandlung psychischer Probleme inkludiert. Daraus wurden verschiedene Kriterien der Psychologischen Behandlung abgeleitet und aufgezeigt, dass es zahlreiche Anwendungsfelder für diese Interventionsform gibt, in denen das Wissen von Klinischen PsychologInnen und GesundheitspsychologInnen zum Wohle der Betroffenen auf Basis guter Effizienz- und Wirksamkeitsstudien zur Anwendung kommt. Das Psychologengesetz entstand seinerzeit auch unter dem Motto des Konsumentenschutzes. Insofern ist es dringend erforderlich, öffentlich darzustellen, welche Angebote die Berufsgruppe der Klinischen PsychologInnen und GesundheitspsychologenInnen offerieren kann bzw. zu leisten imstande ist und unter welchen Bedingungen sie dies vornimmt. Psychologische Behandlung ist ein zeitund damit auch finanzökonomisches Vorgehen, welches das Selbstmanagement der KlientenInnen stark einbezieht und fördert. Im Zusammenhang mit Konsumentenschutz und Berufszuordnung kommt diesbezüglich ein wesentliches Argument zum Tragen: Personen, die wegen psychischer Probleme ProfessionistInnen aufsuchen, können – abgesehen davon, dass in der Bevölkerung an sich über die verschiedenen Berufsgruppen, die mit der Silbe „Psych“ beginnen, Verwirrung herrscht – nicht entscheiden, ob es sich primär um eine ziel-, problembzw. bewältigungsorientierte oder um eine klärungsorientierte Intervention handeln wird/soll. Oft ist das für die TherapeutInnen selbst auch nicht von Beginn an eindeutig. Das bedeutet, dass hier die Auswahl der Professionistin / des Professionisten unter Umständen eine größere Weichenstellung bedeutet als die zugrunde liegende Fragestellung. Der Zugang zu den verschiedenen Berufsgruppen und damit auch Interventionsformen ist ergo dessen weitgehend „willkürlich“, das impliziert, es fehlt eine differentielle Interventionsindikation. Bei den meisten Menschen mit psychischen Problemen, insbesondere im Zusammenhang mit körperlichen Erkrankungen, bedarf es mehrheitlich an bewältigungsorientierten Maßnahmen. Im Zusammenhang mit Prävention sowie Gesundheitsförderung steht vor allem die Ressourcen- und Motivationsförderung, sowie darüber hinaus die Psychoedukation im Vordergrund. Bezüglich psychischer Störungen ist die Überschneidung von Klärung und Bewältigung bereits wesentlich größer, das heißt, noch mehr als bei den vorhin genannten Fragestellungen nur individuell und im Zeitverlauf zu treffen. Hierbei spielt auch die Frage der Stellung von Diagnosen (damit einhergehend Fragen der Etikettierung) und in der derzeitigen Situation in Österreich eine potentielle Refundierung von Therapiekosten eine Rolle (die es für die Psychologische Behandlung zurzeit gar nicht gibt!). Die Enquete, im Rahmen derer die Autorin dieses Artikels einen Vortrag zum „Plädoyer für die Psychologische Behandlung“ hielt, trug den Titel „Der Schlüssel ist die Seele“. Auf dieser Metapher aufbauend, soll abschließend darüber reflektiert werden, welches „Schloss“ dazu geeignet ist, mit dem Schlüssel „Seele“ aufzusperren. Die Psychologie als Wissenschaft baut auf systematischen Erkenntnissen über eine Zeitspanne von ungefähr 150 Jahren auf, im Rahmen der Philosophie existieren sie länger, und „Erfahrungsseelenheilkunde“ gibt es wahrscheinlich seit Anbeginn der Menschheit. Ebenso reichen philosophische Betrachtungen zu Phänomenen psychischer Auffälligkeiten oder Störungen bis in die Antike zurück, wahrgenommene systematische Interventionen werden jedoch erst in der Zeit um und nach Freud datiert, diesbezügliche Erfahrungen umfassen also einen Zeitraum von ungefähr 100 Jahren (Kryspin-Exner, 2004). Dieser Umstand bringt mit sich, dass das „Schloss“ für den Schlüssel „Seele“ – analog der technischen Entwicklung in diesem Zeitraum – mannigfache Entwicklungen durchgemacht hat. Und auch wenn wir uns analog dem Fingerprint einen entsprechenden „Gehirnprint“ als „Schloss“ auch gar nicht wünschen sollten, so ist dennoch der Zugang zu psychischen Mechanismen vielfältiger geworden, das Wissen umfassender, wodurch differentielle Interventionsindikationen notwendig werden – in diesem Zusammenhang stellt unter dem Aspekt der Ökonomisierung und Marktorientierung der gesamten Gesundheits- und psychosozialen Versorgung die Psychologische Behandlung eine ausgezeichnete Option dar! Literatur1 Angenendt, G., Schütze-Kreilkamp, U. & Tschuschke, V. (2007). Praxis der Psychoonkologie: Psychoedukation, Beratung und Therapie. Stuttgart: Hippokrates. Bastine, R. H. E. (1998). Klinische Psychologie. Band 1. (3. Auflage). Stuttgart: Kohlhammer. Cormier, S. & Hackney, H. (2005). Counseling Strategies and Interventions (6th ed.). Boston: Pearson Education. Ehlert, U. (2002). Verhaltensmedizin. Berlin: Springer. Höfling, S. & Dworzak, H. (1989). Psychologische Operationsvorbereitung. In I. Florin, K. Hahlweg, G. Haag, U. B. Brack & E. M. Fahrner (Hrsg.), Perspektive Verhaltensmedizin (S. 90–99). Berlin: Springer. Ivey, A.E., Ivey, M.B. & Simek-Morgan, L. (1997). Counselling and Psychotherapy: A Multicultural Perspective (4th Ed). Boston: Allyn & Bacon. Kröhner-Herwig, B., Frettlöh, J. , Klinger, R. & Nilges, P. (2007). Schmerzpsychotherapie: Grundlagen – Diagnostik – Krankheitsbilder – Behandlung. Berlin: Springer. Kryspin-Exner, I. (2000). Psychopathologie und Klassifikation psychischer Störungen. In J. Straub, A. Kochinka & H. Werbik (Hrsg.), Psychologie in der Praxis. Anwendungs- und Berufsfelder einer modernen Wissenschaft (S. 129– 146). München: Deutscher Taschenbuch Verlag. Kryspin-Exner, I. (2001 a). Psychotherapy and Clinical Psychology in Austria. European Psychotherapy, 2 (1), 20–24. Kryspin-Exner, I. (2001 b). Beratung, Behandlung, Psychotherapie: Szenen einer Ehe. Psychologie in Österreich, 21 (5), 350–358. Kryspin-Exner, I. (2003). Das Bild des Menschen in der Psychotherapie. In H. Hinterhuber, M. P. Heuser & U. Meise (Hrsg.), Bilder des Menschen (S. 110– 130). Innsbruck: Integrative Psychiatrie. Kryspin-Exner, I. (2004). Wien, Freud und die Globalisierung: Folgerungen für die rechtliche Regelung von Psychologie und Psychotherapie. Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis, 36 (3), 639–648. Kryspin-Exner, I., Barth, D., Günther, V., Kaufmann, L., Gössner, B. & Moritz, C. (1993). Schulungsprogramm für Pflegepersonal und Angehörige geriatrischer Patienten. Verhaltensmodifikation und Verhaltensmedizin, 14 (4), 356–378. Lehrner, J., Pusswald, G., Fertl, E., Kryspin-Exner, I. & Strubreither, W. (Hrsg.). (2005). Klinische Neuropsychologie. Grundlagen – Diagnostik – Rehabilitation. Wien: Springer. Statistik Austria (2007). 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