Energieeffizientes Bauen Physikalische Grundlagen energieeffizienten Bauens Urs-Peter Menti Urs-Peter Menti Dipl. Masch. Ing. ETH/SIA, MAS-BA Leiter Zentrum für Integrale Gebäudetechnik Dipl. Masch. Ing. ETH/SIA, MAS-BA Leiter Zentrum für Integrale Gebäudetechnik Zentrum für Integrale Gebäudetechnik Hochschule Luzern – Technik & Architektur Zentrum für Integrale Gebäudetechnik Hochschule Luzern – Technik & Architektur 13. November 2009 13. November 2009 Voraussetzungen, Faktoren, Gedanken Folie 3, 14. November 2009 - Dipl. Masch.Ing.-ETH, MAS-BA - Hochschule Luzern – Technik & Architektur - Leiter Zentrum für Integrale Gebäudetechnik - Hauptamtlicher Dozent für Gebäudetechnik - Leiter Zertifizierungsstelle Minergie-P - 1995 – 2004 Amstein + Walthert AG - 2004 – heute Hochschule Luzern Folie Projekte ENERG IEEFFI ZIE N Z - Urs-Peter Menti Organisation Zur Person 4, 14. November 2009 Zielsetzung Energieeffizienz im Bau: Ist jemand dagegen? - Energieeffizientes Bauen: was heisst das eigentlich? Definitionen und Abgrenzungen - Gegen energieeffizientes Bauen ist (hoffentlich) niemand… - Einflussfaktoren auf die Energieeffizienz – und mögliche Lösungsstrategien - Fragen aber sind: Zu welchem Preis? Wer bezahlt diesen Preis? Mit welchen Einschränkungen und Kompromissen? - Zusammenhänge, Gedanken, Denkanstösse für die Diskussion heute – und in Zukunft Mit welchen Strategien und Massnahmen? … - Erwarten Sie keine Patentrezepte – denn die gibt es nicht! - Wir bewegen uns in einem Spannungsfeld… Folie Folie 5, 14. November 2009 6, 14. November 2009 1 Aussage A: Aussage B: „Das beste Gebäude ist das Gebäude, welches keine (Gebäude)Technik braucht„ „Die (Gebäude / Energie-)Technik wird es dann schon irgendwie richten…“ >>> >>> Einschränkungen für Architektur Völlige Freiheit für die Architektur Folie 7, 14. November 2009 Nachhaltigkeit und Energieeffizienz Energieeffizienz 2000 Watt-Gesellschaft Folie 8, 14. November 2009 2000 Watt-Gesellschaft Nutz-, End- und Primärenergie - Eine mögliche Messlatte für Energieeffizienz Nutzenergie Endenergie Primärenergie - Bewertung erfolgt auf Stufe Primärenergie und CO2-Ausstoss - Gesamtenergiebeurteilung (im Bereich Wohnen: Betriebsenergie, Graue Energie, gebäudeinduzierte Mobilität) - Energie-Effizienzsteigerung gegenüber heute um Faktor 3 - Massive Reduktion beim CO2-Ausstoss um Faktor 8 - peronenbezogene Bewertung: 2000 Watt pro Person • Wärme im Raum • Licht im Raum • Warmes Wasser aus der Duschbrause • Elektrizität beim Stromzähler • Gas beim Gaszähler • Heizöl im Öltank • Rohöl • Uran • Wind • Sonne • Erdwärme - (“traditionell”: m2-bezogene Bewertung) Nutzungs-/Wirkungsgrad Folie 9, 14. November 2009 Folie 10, 14. November 2009 Folie 12, 14. November 2009 Primärenergiefaktoren Nutz-, End- und Primärenergie Nutzenergie Endenergie Primärenergie • SIA 380/1 • Betriebskosten • Lifecyclecosts • Energiebedarfsnachweis • Energierechnung • Gesamtkosten inkl. externe Kosten • Minergie(-P) Primäranforderung •… •… 2000 Watt-Gesellschaft Folie 11, 14. November 2009 2 Einflussfaktoren auf die Gesamtenergie(effizienz) Weitere Einflussfaktoren Weitere Einflussfaktoren …wie sieht nun das energieeffiziente Gebäude aus…? Gebäudeinduzierte Mobilität Graue Energie Verdichtung Kompaktheit Gesamtenergieeffizienz Beleuchtung Sommerlicher Wärmeschutz Verluste (T/L) Solarer Eintrag (G/L) Tageslichtnutzung Betriebsenergie Raumheizung Raumkühlung Folie 13, 14. November 2009 Weitere Folie 14, 14. November 2009 Es gibt (leider) kein Patentrezept - Heizwärmebedarf (Raumheizung, Warmwasser) - Beleuchtungsenergiebedarf - Kühlenergiebedarf - Lüftungsenergiebedarf - Hilfsenergiebedarf - Prozessenergiebedarf - Graue Energie - Gebäudeinduzierte Mobilität Wird durch architektonische Entscheide unwesentlich beeinflusst Folie 15, 14. November 2009 Folie 16, 14. November 2009 Folie 18, 14. November 2009 Wird durch architektonische Entscheide wesentlich beeinflusst Gesamtheitliche Betrachtung nötig! (Gesamt-)Energie Viele Faktoren beeinflussen die richtige Strategie - Viele Einflussfaktoren (es wurde nur ein Teil gezeigt…) - Komplexe Zusammenhänge zwischen den Faktoren - Kompaktheit / Verdichtung sind wichtige Faktoren… - … sie sind aber nicht die einzigen Faktoren - Hohe Energieeffizienz hat viele Lösungsstrategien: - Welche Strategie ist die “beste”? (Energiebedarf…) - Welche Strategie können wir uns leisten? (Grenzkosten…) - Welche Strategie gefällt uns am besten? (Akzeptanz…) - Objektspezifische Lösungen! Folie 17, 14. November 2009 3 Einfluss der Dichte Einfluss der Dichte (Beispiel Masdar City) Wind (Mikroklima, Auskühlung) Beschattung / solare Gewinne Tageslichtnutzung Folie 19, 14. November 2009 Folie 20, 14. November 2009 Folie 22, 14. November 2009 Vor- und Nachteile einer hohen Dichte Vorteile: Nachteile: Bessere Beschattung (Sommer) Stärkere Verschattung (Winter) Beeinträchtigte Tageslichtnutzung Geringere Windexposition (Reduktion Verluste) Mikroklima mit hohen Temperaturen (Sommer!) Graue Energie? Graue Energie? Kürzere Distanzen, weniger Verkehr Zunahme der „LenzerheidFahrten“? Folie 21, 14. November 2009 Einfluss der Kompaktheit Einfluss der Kompaktheit Kompaktheit definiert durch: Oberfläche : Volumen = A/V A/V=0.48 A/V=0.60 Nicht zu verwechseln mit Gebäudehüllzahl: Ath/AE A/V=0.85 Ath = thermische Gebäudehüllfläche AE = Energiebezugsfläche Folie 23, 14. November 2009 Folie A/V=1.10 24, 14. November 2009 4 Vorteile: Nachteile: Minimale Verluste bei maximalem Volumen Weniger gute Tageslichtnutzung Tiefere solare Lasten pro Quadratmeter Nutzfläche Schlechtere nat. Lüftung bei hohen Raumtiefen Kürzere Wege für Technik (z.B. Lüftungskanäle) Wenig Aussenfläche für Energiegewinnung (passivsolar, Photovoltaik etc.) Einfachere Konstruktionsdetails, weniger Wärmebrücken Graue Energie Folie Ist kompakt nun energieeffizient oder nicht? Energiebedarf total Energiebedarf Vor- und Nachteile einer hohen Kompaktheit Energiebedarf Raumheizung Energiebedarf künstliche Beleuchtung Unwirtschaftliche Grundrisse 25, 14. November 2009 hoch Folie Kompaktheit tief 26, 14. November 2009 Forschungsprojekt: „Das Klima als Entwurfsfaktor“ - Forschungsprojekt der Hochschule Luzern - Leitung: Prof. Christian Hönger (Architekt) - Ziel: Handlungsempfehlungen für eine energieeffiziente Architektur unter Berücksichtigung des lokalen Klimas - Teilprojekt: Überprüfung verschiedender Handlungsempfehlungen mittels Simulationen betreffend ihrer Gesamtenergieeffizienz (Heizen, Kühlen, Beleuchtung; z.T. auch Graue Energie) Folie 27, 14. November 2009 Folie Forschungsprojekt: „Das Klima als Entwurfsfaktor“ 28, 14. November 2009 Kompaktheit des Gebäudes - Wohnhaus (8 Wohneinheiten) - Jahresenergiebedarfsberechnung mittels Simulationen - Raumtemperaturen: 20-26°C - Heizwärmebedarf (H) - Kühlenergiebedarf (K) Nutzenergie - Beleuchtungsenergiebedarf (B) - Umrechnung auf Primärenergie (Gesamtenergiebedarf) Æ Unterschiedliche Gewichtung der Energieträger! Folie 29, 14. November 2009 Folie 30, 14. November 2009 5 Kompaktheit des Gebäudes Kompaktheit des Gebäudes Folie Folie 31, 14. November 2009 32, 14. November 2009 Kompaktheit des Gebäudes Kompaktheit des Gebäudes Folie Folie 33, 14. November 2009 34, 14. November 2009 Kompaktheit des Gebäudes Einfluss Beschattung durch Balkon Folie Folie 35, 14. November 2009 36, 14. November 2009 6 Einfluss Beschattung durch Balkon Einfluss Beschattung durch Balkon Folie Folie 37, 14. November 2009 38, 14. November 2009 Einfluss Beschattung durch Balkon Einfluss Beschattung durch Balkon Folie Folie 39, 14. November 2009 40, 14. November 2009 Einfluss Beschattung durch Balkon Einfluss Glasanteil Fassade Folie Folie 41, 14. November 2009 42, 14. November 2009 7 Einfluss Glasanteil Fassade Einfluss Glasanteil Fassade Folie Folie 43, 14. November 2009 44, 14. November 2009 Einfluss Glasanteil Fassade Einfluss Glasanteil Fassade Folie Folie 45, 14. November 2009 Einfluss Glasanteil Fassade 46, 14. November 2009 Erkenntnisse aus Forschungsprojekt - Die 2000 Watt-Gesellschaft fordert eine Beurteilung auf Ebene Primärenergiebedarf - In die Beurteilung müssen beim Gebäude der gesamte Betriebsenergiebedarf, die Graue Energie und die gebäudeinduzierte Mobilität einfliessen - Die Beurteilung von Heiz-, Kühl- und Beleuchtungsenergiebedarf führt zu teilweise überraschenden Erkenntnissen / neuen Lösungsansätzen - Im Bürobau ist das Tageslicht gegenüber der Raumheizung noch bedeutender als im Wohnbau Folie 47, 14. November 2009 Folie 48, 14. November 2009 8 Neubau Bettenhaus Stadtspital Triemli, Zürich Folie 49, 14. November 2009 Folie 50, 14. November 2009 Das Spital zur 2000 Watt-Gesellschaft Ausgangslage Fragestellung - Stadt Zürich realisiert mehr und mehr Neubauten nach den Anforderungen der 2000 Watt-Gesellschaft („Leuchttürme“) - Fassade als zentrales Element für die Erreichung der energetischen Zielsetzungen (2000 WG) - Optimierung der Fassade unter Berücksichtigung des Energiebedarfs für Heizen, Kühlen, Beleuchtung - Neubau Bettenhaus Triemli als besondere Herausforderung: Folie - Steigende Ansprüche an ein Spital - inkl. Berücksichtigung der Energieträger (Analyse auf Stufe Primärenergie!) - Reduktion Energiebedarf um Faktor 3 gegenüber heute - Mittels Simulationen wird die aus Sicht Gesamtenergiebedarf (Betrieb) optimale Fassade ermittelt! - Minergie-P-Eco - Glasanteil, Glaswahl, Balkontiefe, Balkonbrüstung, Sonnenschutz 51, 14. November 2009 Folie Ergebnisse: Nutzenergie 52, 14. November 2009 Ergebnisse: Primärenergie I Primärenergiefaktoren: Strom 2.0 (Minergie); Wärme 1.0 Jahresarbeitszahl Kälte: 2.0 (konventionelle Erzeugung) Nutzenergie Licht Licht Kälte Kälte Wärme Folie 53, 14. November 2009 Wärme Folie 54, 14. November 2009 9 Erkenntnisse Ergebnisse: Primärenergie II - Je nach Energieversorgungsvariante (ergo Gewichtung der Nutzenergie) sieht die energieoptimierte Fassade anders aus Primärenergiefaktoren: Strom 3.0; Wärme 1.0 Jahresarbeitszahl Kälte: 9.0 (hoher Freecooling-Anteil) Licht Kälte Wärme Folie 55, 14. November 2009 - Bei “konventioneller” Kälteerzeugung Æ hohe Relevanz des Energiebedarfs für die Kälteerzeugung Æ Massnahmen zur Reduktion des Kühlenergiebedarfs stehen im Vordergrund - Kälte z.B. über Erdsonden (erneuerbare Energiequelle) Æ wenig Relevanz des Energiebedarfs für die Kälteerzeugung Æ Massnahmen zur Reduktion des Beleuchtungsenergiebedarfs stehen im Vordergrund (Maximierung der Tageslichtnutzung) Folie 56, 14. November 2009 Folie 58, 14. November 2009 Optimale Balkontiefe aus energetischer Sicht CO2-optimiert Balkontiefe [m] Tiefe Balkon Primärenergie-optimiert Balkon vorteilhaft 2.5 Balkon nicht vorteilhaft 2 2.5 2 1.5 Der Energieträger beeinflusst die Fassade… - Abhängigkeit der optimalen Balkontiefe von der Art der Kälteerzeugung 1.5 1 1 Kühlenergie dominant 0.5 Kühlenergie marginal 0 0.5 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 Jahresarbeitszahl Kälteerzeugung Folie 57, 14. November 2009 Neue Monte Rosa-Hütte Neue Monte Rosa-Hütte: „Inselbetrieb“ Keine Energieversorgung Folie 59, 14. November 2009 90% Energieautarkie Kein Wasser-/Abwasseranschluss Erreichbarkeit eingeschränkt Folie 60, 14. November 2009 10 Neue Monte Rosa-Hütte: Lösungsstrategie Monte Rosa-Hütte in der Stadt Zürich?? Gebäude als System Energiemanagement Minimierung Verluste Energiespeicher Passiv-solare Gewinne Das Gebäude als Kraftwerk Solarkollektoren (therm.) Photovoltaik-Anlage Folie Ansammlung von Kraftwerken… (Zukunftsszenario) Energieeffiziente Anlagen / Geräte 61, 14. November 2009 Folie Heute: Kraftwerke Æ Verbraucher 62, 14. November 2009 Zukunft: Kraftwerke = Verbraucher = Kraftwerke ? Gebäude als Energieproduzent und Energiekonsument Kraftwerke Netz für unidirektionalen Energietransport Netz als Speicher / „Ausgleichsbecken“ Hohe Redundanz Verbraucher Wie sieht die Stadt aus lauter „Kraftwerk-Häusern“ aus? Wie dicht und kompakt soll diese Stadt dann sein? Folie 63, 14. November 2009 Folie 64, 14. November 2009 Fazit - Die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäude wird von den verschiedensten Faktoren beeinflusst - Es gibt unzählige “Stellschrauben” zur Beeinflussung der Energieeffizienz - Die Architektur kann / sollte / muss einen Beitrag leisten… - … es gäbe aber auch andere Ansätze (doch sind diese sinnvoll???) Folie 65, 14. November 2009 Folie 66, 14. November 2009 11 Fazit Energiequellen ArchitekGebäudetonischer technik Entwurf - Zielführend ist sicher ein integraler Ansatz mit einer Systemoptimierung (“Gebäude als System”) Besten Dank - “Kompakt & dicht” kann, muss aber nicht das Nonplusultra sein - Die Frage ist doch komplexer, als dass sie so einfach beantwortet werden könnte Folie 67, 14. November 2009 Folie 68, 14. November 2009 12